Tag: 25. September 2021

befreit um frei zu sein???

Jesus sprach nun zu den Juden, welche ihm geglaubt hatten: Wenn ihr in meinem Worte bleibet, so seid ihr wahrhaft meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
Elberfelder 1871 – Joh 8,31–32

[Es] sagte also {der} Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn Ihr in meinem Wort bleibt, seid Ihr wirklich (wahrhaftig) meine Jünger und Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird Euch befreien (frei machen).
offene Bibel – Johannes 8,31–32

Jesus sagte einmal zu den Menschen: „Alle, die das, was ich sage, für sich als richtig akzeptieren und ihr Leben danach ausrichten, gehören wirklich zu meinen Leuten.
Erst dann werdet ihr kapieren, was wirklich wahr ist und was nicht. Und das wird euch die Möglichkeit geben, wirklich frei zu sein.“
VolxBibel – Johannes 8:31–32

Die Wahrheit wird euch frei machen. Zur Erkenntnis seines Evangeliums lockt der Herr nun auch damit, dass er auf die Frucht oder den Erfolg davon hinweist, auf das unvergleichlich hohe Gut der Freiheit. Daraus folgt, dass es nichts Besseres gibt, nichts, wonach man inniger verlangen muss, als die Erkenntnis des Evangeliums. Alle Menschen wissen und gestehen es: Sklaverei ist ein großes Unglück. Wenn das Evangelium uns nun aus der Sklaverei befreit, so folgt daraus, dass es ein kostbares Geschenk ist, das uns ein glückseliges Leben verschafft. Doch wollen wir nicht übersehen, an welcherlei Befreiung Christus denkt: an die, welche uns aus der Gewalt der drei Tyrannen Satan, Sünde und Tod erlöst. Wird uns das durchs Evangelium zuteil, so ist klar: von Natur sind wir alle Knechte der Sünde. Weiter gilt es zu beachten, wie die Befreiung zustande kommt. So lange wir uns von den eigenen Gedanken und Einfällen regieren lassen, sind wir der Sünde leibeigen. Wenn aber der Herr aus uns durch seinen Geist neue Menschen macht, dann schenkt er uns eben damit die Freiheit; aus den Stricken des Satans, in denen wir schmachteten, sind wir nun heraus und gehorchen willig der Gerechtigkeit. Aus dem Glauben kommt die Wiedergeburt. Daraus geht hervor: aus dem Evangelium kommt die Freiheit. So schlägt Christi Wort alle Träumereien von einem eigenen freien Willen nieder: nur Christus vermag uns zu befreien. Zu bemerken ist noch, dass diese Freiheit ihre Stufen hat, und zwar nach dem Maße des Glaubens; Paulus seufzte noch nach der völligen Freiheit, als er längst aus der Knechtschaft befreit war (Röm. 7, 24).

Jean Calvin – Das Johannes-Evangelium

Bin ich frei – nur weil ich die „Wahrheit kenne“ und „in der Wahrheit bin“? Was ist denn diese Freiheit, von der Jesus redet? Meinte Jesus wirklich die Freiheit, nicht mehr Angst vor bösen Geistern und dem Tod zu haben?

Freiheit. Die Befreiung aus Ägypten, dieses wichtigste Ereignis der Heilsgeschichte, wird zur Aufforderung an Israel, Unfreiheitsverhältnisse in seinem Bereich wenigstens von Zeit zu Zeit zu lösen (Dtn 15,12–15; ➛ Erlösung). Beim jährlichen ➛ Paschafest wurde der Befreiung von allerlei bösen Mächten gedacht (vgl. Ps 2,3); solche Feiern bestärkten die Hoffnung auf endzeitliche Erlösung (Jes 25,6–9). Freiheit, um frei von äußeren Zwängen sein Leben selbst gestalten zu können, nennt das AT als Ideal meist „Ruhe“ (z.B. Ps 95,11).
In der hell. Umwelt ist die Freiheit zu einem zentralen Thema weltanschaulicher Auseinandersetzungen geworden. Nach klassischem griech. Verständnis ist frei, wer Verfügungsgewalt über sich selbst hat. Aber wie sollte man dies verwirklichen angesichts der Gebrochenheit des Menschseins (Thema der Tragödien) und der Zwänge, die Welt und Gesellschaft bestimmen? Diese Frage wurde unterschiedlich beantwortet: Freiheit als innere Freiheit des Individuums, als Freiheit des Kynikers gegenüber den Konventionen, des stoischen Weisen, der seine Freiheit durch Unterwerfung unter den Welt-Logos gewinnt, oder als Weltverneinung und Gewinnung eines Wissens um die jenseits alles Materiellen liegende ewige Heimat der Seele (in der Gnosis).
Das NT schließt sich keiner dieser Antworten an, sondern bietet eine grundsätzlich andere Position. Ausgangspunkt ist dabei nicht der Mensch, sondern Gott: Freiheit ist nicht Unabhängigkeit, sondern die Aufhebung der Entfremdung des Menschen von Gott. Indem der Mensch zu Gott nein sagt, verfällt er der Macht der Sünde und gerät damit in einen Unheils- und Unfreiheitszustand. Davon hat Jesus, der einzig freie Mensch (weil er in Gemeinschaft mit Gott steht), befreit (Joh 8,31–36). So ist Freiheit v.a. Freiheit von der Sünde (Röm 6,15–23) und vom Gesetz (Röm 7,5 f). Die wirklich Freien sind also nur die Glaubenden; diese sind aus Unfreien zu „Söhnen“ Gottes gemacht worden (Gal 4,1–7), d.h. aber zugleich: zu verantwortlichen Teilhabern an Gottes Gaben, zu Mitvollstreckern seines Willens. Christliche Freiheit ist letztlich endzeitlich: Sie nimmt – als Möglichkeit und Aufgabe! – vorweg, was der gesamten Schöpfung vorherbestimmt und verheißen ist (Röm 8,18–30). ➛

Herders Neues Bibellexikon

Jeschua sagte zu den Juden, die glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaftig meine Jünger (Joh. 8:31). Während ihr Glaube sie rettete, würde das Bleiben in seinem Wort sie zu wahren Jüngern machen. Wenn sie die Wahrheit kennenlernten, würde sie sie befreien (Joh. 8:32). Als neue Gläubige waren sie jedoch noch nicht frei von der pharisäischen Lehre, wie ihre Reaktion zeigt: Wir sind Avrahams Same und waren noch nie jemandem untertan; wie sagt ihr: Ihr sollt frei werden? (Joh 8,33).[63] Dies spiegelt ihr Festhalten an der grundlegenden pharisäischen Überzeugung wider, dass ganz Israel an dem kommenden Zeitalter Anteil haben wird. Beim Studium einiger weniger Quellen wird jedoch deutlich, dass sie zu dieser Zeit tatsächlich in der Knechtschaft Roms waren. In „Der jüdische Krieg“ schreibt Josephus:
„Da wir vor langer Zeit, meine großzügigen Freunde, beschlossen haben, niemals den Römern zu dienen, noch irgendeinem anderen als Gott selbst, der allein der wahre und gerechte Herr der Menschheit ist, ist nun die Zeit gekommen, die uns verpflichtet, diesen Vorsatz in der Praxis wahr zu machen.“

An die weitere Zuhörerschaft gerichtet, sagte Jeschua, wenn diese Lehre wahr wäre, wären sie nicht versklavt, wie sie es waren, denn das Prinzip lautet: Jeder, der Sünde begeht, ist der Sünde Knecht (Joh. 8:34). Sie mussten befreit werden, indem sie den Glauben an den Messias ausübten (Joh. 8:35). Wenn sie glaubten, würde das Ergebnis Freiheit sein: Wenn nun der Sohn euch frei macht, so werdet ihr wirklich frei sein (Joh 8,36). Sie waren vom physischen Samen Abrahams, nicht von seinem geistlichen Samen, was sich in ihrem Wunsch zeigte, Jeschua zu töten (Joh 8,37) und in ihrem Versagen zu erkennen, dass er die Worte seines Vaters sprach, während sie die Worte ihres Vaters, Satans, sprachen (Joh 8,38).

Als Jeschua sagte, euer Vater, führte das zu dieser Antwort: Unser Vater ist Avraham (Joh 8,39a), worauf Jeschua erwiderte: Wenn ihr Avrahams Kinder wärt, würdet ihr die Werke Avrahams tun (Joh 8,39b). Was war Abrahams Hauptwerk? Er setzte seinen Glauben auf Gott: Und er glaubte an Jehova; und er rechnete es ihm als Gerechtigkeit an (1Mo 15:6). Wahre Kinder Abrahams suchen ihre Errettung auf dieselbe Weise wie Abraham: aus Gnade durch Glauben, unabhängig von Werken. Abraham ging nicht davon aus, dass er kraft seiner Geburt automatisch Gerechtigkeit besaß. Sie versäumten es, die Werke Abrahams zu tun, was sich in ihrem Wunsch zeigte, ihn zu töten: Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit gesagt hat, die ich von Gott gehört habe; das hat Avraham nicht getan (Joh. 8:40). Ihr Wunsch, Jeschua zu töten, bewies ihre Gebundenheit an die Sünde. Hätten sie geglaubt, hätten sie entdeckt, dass Jeschua der wahre Erlöser von der Sünde war und ist: Wenn nun der Sohn euch frei macht, so seid ihr wirklich frei (Joh 8,36).

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Haben sie nicht die Wahrheit erkannt, wenn sie zum Glauben an Jesus kamen? Glauben an Jesus auf Grund seines Wortes gibt es nicht ohne Erkenntnis. Aber wir sahen schon bei 6,69, wie aus dem „Glauben“ eine neue, eine tiefere „Erkenntnis“ erwächst. „Die Wahrheit“ ist so unerschöpflich, so groß, so umfassend, dass es für ihre Erkenntnis beim Bleiben in Jesu Wort keine Grenzen gibt. Jesus meint mit „Erkenntnis der Wahrheit“ nicht das bloße Wissen von Tatbeständen und das Feststellen von Richtigkeiten, sondern meint die wesenhafte, lebendige Wahrheit, die uns zeigt, wer Gott wirklich ist und wer wir Menschen eigentlich sind. Sie zeigt uns, wie wir zum äonischen Leben kommen, welche herrlichen Ziele Gott mit der ganzen Schöpfung hat und wie Gott diese seine Ziele verwirklicht. Diese ganze Wahrheit ist nicht mit der eigenen Verstandeskraft zu erfassen, sondern wird vom Heiligen Geist (16,13) denen immer mehr erschlossen, die im Wort Jesu bleiben. Jesus wird es seinen Jüngern später sagen, dass er selber in Person diese Wahrheit „ist“ ( Joh 14,6). Durch das Bleiben in seinem Wort kommen sie daher mit der lebendigen Wahrheit Gottes in wesenhafte Verbindung.

Daß die „Wahrheit“, von der Jesus spricht, eine Wirklichkeit ist, die ihr ganzes Leben umgestaltet, das zeigt sich in der weiteren Verheißung, die Jesus an das Erkennen der Wahrheit knüpft. Er verspricht: „Und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Die freimachende Kraft der „Wahrheit“ erfahren wir auch sonst schon in unserm Leben. Sowohl Täuschung und Irrtum wie auch Lüge und Falschheit machen unsicher und unfrei. Jeder Mensch erlebt eine tiefe Befreiung, auch unter Schmerzen, wenn in seinem Leben die Wahrheit zum Durchbruch kommt und Irrtum und Lüge überwindet. Aber was wir in Anfängen bereits abgesehen von Gott an befreiender Kraft der Wahrheit erleben können, das erfüllt sich da, wo die ganze und letzte Wahrheit auch ganze und völlige Freiheit bringt. Wieder kann Paulus uns als das Bild dieser Freiheit vor Augen stehen. Er hat an sich selbst erlebt, wie Christus uns zur „Freiheit befreit“ und will darum auch die Gemeinde in dieser „Freiheit eines Christenmenschen“ sehen (Gal 5,1).

Wuppertaler Studienbibel

»Ihr werdet die Wahrheit erkennen.« Demnach er gibt sich die Erkenntnis aus dem Glauben und nicht umgekehrt (ebenso Joh 6,69)! Aber was ist »die Wahrheit«? Diese Frage wird Pilatus später in voller Schärfe stellen (Joh 18,38). Die »Wahrheit« ist nach dem Johannesevangelium der Gott, der in Jesus sichtbar erschienen ist (Joh 14,6.9). Darin sind Gottes Wille und Plan, die Tora und die Eschatologie (Erwartung und Hoffnung der Zukunft) eingeschlossen. Entscheidend ist hier, dass »die Wahrheit« Person geworden ist. Demnach verspricht Jesus dem beständigen und treuen Jünger, dass er ihn selbst (= den Gottessohn und Messias) und den Vater, der in ihm erschienen ist, mehr und mehr »erkennen« d. h. kennen lernen und praktisch erfahren wird. Diese »Wahrheit« lehnt die Mehrzahl der Juden ab. Infolgedessen mangelt ihnen die wahre Erkenntnis Gottes und seines Sohnes, des Messias. Lohnt es sich aber nicht für die Jünger, um dieser »Wahrheit« willen alles auf sich zu nehmen?

»Die Wahrheit wird euch frei machen«, nämlich frei von Sünde, Tod, Teufel und Verdammnis. Das vollbringt »die Wahrheit« in Person, nämlich Jesus, am Kreuz (vgl. Röm 6,18.22; 1Kor 7,22; 9,1.19; 2Kor 3,17; Gal 4,31; 5,13; 1Petr 2,16). Wie flach sind demgegenüber alle Formeln und Sprichwörter, die uns ein »Frei«-werden versprechen, wie flach auch alle Begriffe politischer »Freiheit«, die nur das neue Herren – und Sklaventum verschleiern!

Gerhard Maier – Edition C

Habe ich die Wahrheit – sprich wer und was Jesus wirklich ist, erkannt? Oder folge ich, wie die Zuhörer damals den religiösen Lehrern? Wem glaube ich – den religiösen Lehrern oder dem „größten Lehrer“?