Tag: 11. Januar 2022

Paraklet

Wenn ihr mich liebet, so haltet meine Gebote; und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Sachwalter (O. Fürsprecher, Tröster) geben, daß er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt. Ihr aber kennet ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
Elberfelder 1871 – Johannes 14,15–17

Dann werde ich den Vater bitten, daß er an meiner Stelle jemanden – Wörtliche Bedeutung: Der Herbeigerufene, der einem anderen beistehen soll; der Anwalt, der Fürsprecher, der Tröster – zu euch senden soll, der euch helfen wird und euch nie verläßt.
Dies ist der Geist der Wahrheit. Die Welt kann ihn nicht aufnehmen, denn sie ist blind für ihn und erkennt ihn deshalb nicht. Aber ihr kennt ihn, denn er lebt schon jetzt bei euch, und einmal wird er in euch sein. – Wörtlich: Ihr kennt ihn; denn er bleibt bei euch und wird in euch sein –
Hoffnung für alle – 1996 – Joh 14,16–17

Dann will ich den Vater bitten, und er wird euch einen andern Helfer-das gr. Wort -+parakletos- heißt genau: ein (zur Hilfe) Herbeigerufener (lat. -+Advocatus-), daher zunächst im eig. gerichtlichen Sinne «Anwalt» (der eines andern Sache führt); geht dann über in die allgemeine Bed. «Beistand, Helfer».- geben, damit er ewig bei euch bleibe:
den Geist der Wahrheit. Den kann die Welt nicht empfangen, denn sie hat für ihn kein Auge und erkennt ihn nicht -1 Kor 2,14-. Ihr erkennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
Ludwig Albrecht – Johannes 14,16–17

Dies ist die erste mehrerer Äußerungen über den Heiligen Geist, die im Zusammenhang mit den Lehren in jenem „oberen Raum“, in dem das letzte Abendmahl stattfand, fielen. Bisher wurde im Johannesevangelium wenig über den Geist ausgesagt. Die Worte an Nikodemus (Joh 3,5-8) waren nur für diesen bestimmt, und Joh 7,39 ist ein Vorverweis auf Pfingsten. Der Heilige Geist soll ein Tröster (paraklEtos; vgl. Joh 14,26; 15,26; 16,7; s. a. den Kommentar zu Joh 16,7) sein. In gewissem Sinn ersetzt er uns heute die physische Anwesenheit Jesu; er bringt den Gläubigen Gott nahe. Der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit (vgl. Joh 15,26; 16,13) und Führer der Apostel, wird in Ewigkeit bei den Menschen sein (vgl. Röm 8,9). Er ist unsichtbar (den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht), und doch ist er real und bewirkt vieles. Wie Radiowellen ohne Radio unbemerkt bleiben, wird auch der Heilige Geist von den Verlorenen, die keine „Antenne“ für ihn haben, nicht wahrgenommen. Die Jünger hatten bereits einige Erfahrung mit dem Geist (wenn sie predigten und Wunder vollbrachten) gemacht, doch jetzt sollte ihnen sein Wirken sehr viel vertrauter werden.
Warum sagte Jesus, daß der Heilige Geist bei ihnen sein wird (Futur)? Im Alten Testament kam der Geist nur für bestimmte Aufgaben auf ganz bestimmte Gläubige herab, doch nach Pfingsten wird er für immer in jedem Gläubigen wohnen (Röm 8,9; 1Kor 12,13).

Walvoord Bibelkommentar

Ja, der heilige Geist wohnt in den Gläubigen – und dies zeichnet diese aus. Sie müssen nicht mit angelesen Wissen protzen, und sie fühlen sich auch nicht größer als andere – weil sie wissen, das Jehovahs Geist sie erfüllt hat, und dadurch zu dem geworden sind, was sie sind.

Aber ab welchem Zeitpunkt würde sich Jesu Worte erfüllen? Gab es nicht schon die Gemeinde im AT (so wie einige vor ein paar Tagen in einer Telegrammgruppe diskutierten)? Wo war der Unterschied, den hatten die Apostel nicht schon Gottes Geist????

Die Bedeutung von Johannes 7:37-39 wird durch Johannes 14:16-17 erklärt: Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, nämlich den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht empfangen kann; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht; ihr aber kennt ihn; denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
Nach dieser Passage war der Heilige Geist zu diesem Zeitpunkt bei dem Gläubigen. Später würde er in dem Gläubigen sein. Während der Heilige Geist bereits bei den Jüngern war, zu denen Jeschua (Jesus) sprach, würde der Heilige Geist in der Zukunft in ihnen sein. Das ist der entscheidende Unterschied.
Ab Apostelgeschichte 2 wohnt der Heilige Geist allen Gläubigen bei. Vor Apostelgeschichte 2 bewohnte er nicht alle Gläubigen, obwohl er einige bewohnte (Num. 11:17, 25; 27:18). Es gab eine ausgewählte Innewohnung, indem der Heilige Geist einigen Gläubigen im Alten Testament innewohnte, aber nicht allen. 2 Könige 2,9-12 lehrt deutlich, dass sein Dienst der Innewohnung im Alten Testament nicht universell unter den Gläubigen war.
Außerdem hatten diejenigen, die die Innewohnung des Heiligen Geistes hatten, diese Innewohnung nicht unbedingt dauerhaft. In 1 Samuel 16,14 zum Beispiel ging der Heilige Geist von Saul weg. In Psalm 51,11 betete König David: Nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir. Der Heilige Geist wohnte zwar in David, aber der Heilige Geist konnte David auch verlassen. Davids Gebet war also ein gültiges alttestamentliches Gebet, aber es ist kein gültiges neutestamentliches Gebet.
Der Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament ist ein zweifacher. Erstens, im Alten Testament wohnte der Heilige Geist einigen Gläubigen bei; im Neuen Testament, ab Apostelgeschichte 2, wohnt er allen Gläubigen bei. Ein zweiter Unterschied ist, dass im Alten Testament diejenigen, die den innewohnenden Geist hatten, ihn nicht unbedingt dauerhaft hatten. Im Neuen Testament, ab Apostelgeschichte 2, wohnt der Heilige Geist dem Gläubigen für immer inne. Mehr zu diesem Punkt wird in Abschnitt IV gesagt werden.

Arnold Fruchtenbaum – Die Ämter des Heiligen Geistes

Mit V. 16 taucht erstmals ein Wort auf, das für die johanneischen Schriften typisch ist und das wir zuerst erklären müssen. Wo wir übersetzen: »Beistand«, da hat die Lutherbibel »Tröster«. Manche Ausleger belassen es beim griechischen Ausdruck »Paraklet«. Dieses griechische Wort »Paraklet« haben auch die Juden als Fremdwort übernommen. Die deutsche Bedeutung ist: »Beistand«, »Mittler«, »Fürsprecher«, »Helfer«. Im NT deckt die Übersetzung »Beistand« alle Seiten ab. Wie schon angedeutet, kommt dieses Wort im NT nur bei Johannes vor und bezeichnet entweder Jesus (Joh 14,16; 1 Joh 2,1) oder den Heiligen Geist (Joh 14,16.26; 15,26; 16,7). Aus dieser Beobachtung kann man schließen, dass Johannes und Jesus dieselbe Überzeugung hatten wie Paulus: »Der Herr ist der Geist« (2 Kor 3,17). Der Einheit von Vater und Sohn entspricht also die Einheit von Sohn und Geist.
Was aber der »Beistand« im Einzelnen ist, ergibt sich aus den Versen 16ff.
In V. 16 sagt Jesus: Für die Jünger, die ihn lieben und seine Gebote halten (V. 15), »werde ich den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben«. Er will also ganz gezielt um diesen »anderen Beistand« »bitten«. Wenn er selbst den Vater bittet, ist die Zusage des Vaters absolut sicher. Aber wer ist der geheimnisvolle »andere Beistand«?
Schon die letzten Worte von V. 16 »damit er in Ewigkeit bei euch sei«, schließen aus, dass es sich um einen Menschen handelt. Es gibt also keinen menschlichen »Stellvertreter Christi«, der sich auch nur entfernt mit diesem Beistand vergleichen dürfte. Ferner wird uns klar, dass die Jünger keinen wechselnden Beistand erhalten, sondern bis zur Vollendung des Reiches Gottes (»in Ewigkeit«) immer denselben. Das ist ein Trost. Sodann hat die Bezeichnung »Beistand« einen mutmachenden Charakter. Als Helfer kommt der Betreffende, nicht als Tyrann oder Verkläger, und wir erinnern uns unwillkürlich an Sach 9,9 bzw. Joh 12,15, wo der Messias »ein Gerechter und ein Helfer« genannt wird. Und schließlich bedeuten die Worte »einen anderen Beistand«, dass er ähnlich wie Jesus wirken wird. Denn wenn Jesus vom »anderen« (= zweiten) spricht, dann bezeichnet er sich selbst stillschweigend als den ersten. Merken wir noch die Parallele zu Mt 28,20 an, wo Jesus sagt: »Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« Aus dieser Parallele geht wiederum die Einheit von Sohn und Geist hervor, die allerdings verschiedene Personen der einen Gottheit darstellen.
V. 17 nennt jetzt einen zweiten Namen: »den Geist der Wahrheit«. Jesus hat diese Bezeichnung offenbar gerne gebraucht (vgl. Joh 15,26; 16,13). Weil »Wahrheit« in der Bibel die Übereinstimmung mit dem Willen Gottes bedeutet, steckt in dem Namen »Geist der Wahrheit« zweierlei: a) Es ist der Geist, der ganz mit Gott übereinstimmt, also der Heilige Geist; b) es ist der Geist, der Gottes Willen bekannt macht. Beiden Dimensionen werden wir später begegnen. Doch müssen wir noch eine dritte Beobachtung anfügen. Wenn Jesus sich in V. 6 selbst »die Wahrheit« nennt, dann ist klar, dass der »Geist der Wahrheit« zugleich auch sein Geist ist.

Jesus sagt von ihm, dass ihn »die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt (oder: erkennt) ihn nicht«. »Empfangen« heißt hier: annehmen und in sich aufnehmen. Der Geist wohnt also in den Empfängern. Das ist eine weitere Klärung. Sodann zeigt sich hier in aller Schärfe, dass »die Welt« gottfeindlich ist (vgl. Joh 1,10ff.; Joh 8,12). Dan die Welt aber dennoch von Gott geliebt ist, und zwar mit einzigartiger Retterliebe (Joh 3,16), gibt es für jeden Menschen die Möglichkeit, sich von der Welt zu lösen und ein Jünger Jesu zu werden. Aber eines ist dabei glasklar: Gemeinde und »Welt« sind verschiedene Größen. Wer noch zur Welt gehören will, gibt dem Heiligen Geist keinen Raum bei sich. Die Worte: »sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht« drücken eine Schuld aus und kein Verhängnis. Wir betonen also noch einmal: Man kann von der Welt zur Gemeinde überwechseln. »Ihr freilich« – und damit arbeitet Jesus den Gegensatz scharf heraus »kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.« Das besagt, dass man den Geist nur dann »kennt«, wenn man ihn aufgenommen und mit ihm Erfahrungen gemacht hat. Sonst bleibt er eine leere Formel. Das besagt ferner, dass der Geist tatsächlich »in euch«, d. h. in den Jüngern, wohnen »wird«. Es gibt also gewissermaßen nicht nur eine »Außensteuerung« durch Bibel, Gebet, Brüder usw., sondern auch eine »Innensteuerung«, d. h. ein inneres Reden des Geistes, das sich durch die Übereinstimmung mit der Bibel als solches erweist.

Edition C

Einheit zwischen Jesus und dem Geist? Eine Person oder zwei Personen? Da sind wir wieder bei meiner Frage – welches Gottesbild wir haben – und welches von den vielen christlichen Gottesbildern das Bild ist, welches wir auch in der Bibel finden. ( in dem Zusammenhang auch bitte gern die Umfrage ausfüllen…http://www.thomas-pape.de/polls )

Von jetzt an wird uns bis zum Kapitel 16 der Heilige Geist vor Augen gestellt. Es werden Sein Charakter beschrieben, wie Er aufgenommen wird und wie Er in der Seele wirkt. Die Gabe des Heiligen Geistes sollte die große göttliche Vorsorge für die Gläubigen nach dem Weggang des Herrn sein. Dieser Vers enthält die drei Personen der Dreieinheit: Der Sohn bittet den Vater, der den Geist gibt. Dieser Vers enthält nicht den Plan, den Geist zu geben; er zeigt, wie es die Mittlerschaft des Sohnes vor dem Vater ist, welche nach Seiner Himmelfahrt den Plan ins Werk setzt.
 Dieser Vers und der V.26, in denen wir lesen, daß es der Vater ist, der den Geist sendet, widersprechen 15,26 und 16,7 nicht, wo wir den Sohn sehen, der den Geist sendet. Es ist einzig durch den Geist, daß die Glaubenden mit dem Vater in Verbindung stehen können. Die Reihenfolge muß mithin sein: Der Vater trifft die Vorsorge für die Menschen; der Sohn empfängt den Geist vom Vater (Apg 2,33); der Sohn ist es, der den Gläubigen eigentlich den Geist sendet („er [hat] dieses ausgegossen“, Apg 2,33), womit Er die Menschen zum Vater in Beziehung setzt und sie befähigt, „Abba, Vater“ zu rufen.
 Das Wort „anderer“ ist allos, das heißt ein anderer der gleichen, nämlich göttlichen Art. Die Bezeichnung „Sachwalter“ (Luther: „Tröster“, wie AV „Comforter“) bezieht sich auf jemanden, der als Hilfe zur Seite gerufen wird. Es weist auch auf die beständige Gegenwart des Geistes hin. Der Titel „Sachwalter“ wird auch auf den Herrn „Jesus Christus, den Gerechten“ (1Jo 2,1) angewendet (Luther: „Fürsprecher“). Er ist unser Sachwalter oder Fürsprecher, wenn wir in Sünde gefallen sind. Der Heilige Geist ist unser Beistand und Tröster (Paraklet), der unserer Schwachheit aufhilft (Röm 8,26), und das bedeutet, daß Er uns vor Sünde bewahrt.
17 Der Titel „Geist der Wahrheit“ steht im absoluten Gegensatz zum „Geist des Irrtums“ (1Jo 4,6). Dieser Geist des Irrtums wirkt in den „falschen Propheten“, welche in die Welt ausgegangen sind (V.1); es ist der Geist des Antichrists, welcher leugnet, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist (V.3). Dieser Geist des Irrtums wirkt in den falschen Lehrern, welche den Herrn verleugnen (2 Petrus 2,1), und er verführt die Menschen, „Fluch über Jesum“ zu sagen. Der Heilige Geist befähigt hingegen die Menschen, Jesus als Herrn zu bekennen (1Kor 12,2-3).
 Der Geist der Wahrheit ist der Welt vollständig fremd. Menschen, die mit dem Weltsystem der Religion, mit Politik, Unterhaltung, gesellschaftlicher Ausschweifung und Unmoral beschäftigt sind, können Ihn weder sehen noch erkennen; Er (und die Wahrheit, die Er enthüllt) wird geistlich erkannt. Die genannten Ideale und Beschäftigungen der Menschen sind vom Glauben und allem Himmlischen getrennt. Solche Menschen können den Geist nicht empfangen, wie sie auch den Herrn Jesus nicht aufnahmen (1,11), noch können sie Dinge des Geistes Gottes annehmen (1Kor 2,14).

Was die Bibel lehrt

Johannes 14:16-17
Und ich will den Vater bitten, daß er euch einen andern Tröster gebe, daß er bei euch sei ewiglich, 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht; ihr aber kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
Beachten Sie wieder die drei Personen, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Eine Person ist der Sprecher, Jeschua, der durch das Pronomen Ich identifiziert wird. Die zweite Person ist der Vater, zu dem er beten wird. Die dritte Person ist der [Heilige] Geist, der gesandt werden wird.

Arnold Fruchtenbaum – Was WIR über Gott wissen

Daß die Jünger in ihrem Dienst für Jesus nicht mehr unter dem Gesetz stehen, sondern eine ganz neue Existenz erhalten, zeigt sogleich die anschließende Verheißung. „Und ich meinerseits werde den Vater bitten, und er wird euch einen andern Anwalt geben, damit er mit euch sei in Ewigkeit.“ Wir kennen und lieben nach der LÜ in diesem Satz wie auch weiterhin in den Abschiedsreden die Bezeichnung des Heiligen Geistes als des „Trösters“. Und ganz gewiß hat der Geist auch das Trostamt. Aber es geht im Christenleben und erst recht im Jüngerdienst nicht zuerst um „Trost“. Die Jünger brauchen in der „Welt“ draußen einen „Anwalt“, also den, der ihre Sache führt, der für sie eintritt, sie leitet und schützt. Bisher war Jesus selbst dieser ihr „Anwalt“. Aber dieser Anwalt konnte als der Mensch Jesus nur eine kurze Zeit bei ihnen sein. Der „andere Anwalt“, den der Vater auf die Bitte des Sohnes hin geben wird, ist in Ewigkeit mit den Jüngern.
Er ist nicht etwa der „Anwalt“ der Jünger vor Gott! Dort brauchen sie keinen „andern Anwalt“; dort ist und bleibt Jesus selbst, das Lamm Gottes, das unsere Sünde trug, der einzige und völlig genügende Anwalt der Sünder. So sagt es Johannes selbst in 1 Jo 2, 1; Paulus in Rö 8, 34; Hbr 4, 14–16.
[17] Der „Anwalt“, den Jesus seinen Jüngern für ihren Weg verspricht, ist der „Geist der Wahrheit“. Nichts anderes braucht der Jünger und Bote Jesu in seinem Dienst und Kampf in der „Welt“. Vor dem Weg des Leidens, ja Sterbens soll er nicht bewahrt werden. Besondere Künste der Rede und Diskussion muß der Geist dem Jünger nicht verleihen. Aber jeder Bote Jesu muß es mit Paulus sagen können: „Durch Offenbarung der Wahrheit weisen wir uns aus vor aller Menschen Gewissen im Angesicht Gottes“ (2 Ko 4, 2). Ein solches „Offenbaren der Wahrheit“ mit der Kraft, das Gewissen der Menschen zu treffen, steht nicht in unserer eigenen Macht. Allein der Geist kann so wirksam die Wahrheit erschließen, weshalb er „der Geist der Wahrheit“ heißt. Dabei geht es um jene wesenhafte „Wahrheit“, die der Mensch von Natur überhaupt nicht kennen kann. Von ihr „überführt“ allein der Geist die Welt (16, 8ff).
Das heißt freilich nicht, daß die ganze Welt vom Geist Gottes erreicht und innerlich überwunden wird. Gerade weil der Heilige Geist der „Geist der Wahrheit“ ist, kann er nicht mechanisch wirken und die Welt ohne ihren Willen verändern. Die Welt, solange und so weit sie „Welt“ ist, ist „nicht imstande ihn zu empfangen, weil sie ihn nicht sieht und nicht erkennt“. Wohl erlebt die Welt das Wirken des Geistes in Menschen. Aber sie sieht darin nur „seelische Vorgänge“, die sie als Torheit oder Schwärmerei ablehnt. So verschließt sie sich gegen den Geist Gottes und kann ihn nicht „empfangen“. Und doch überwindet der Geist Gottes wieder und wieder auch Ablehnende und Spötter so, daß sie ihn „erkennen“ und aufnehmen, In dem Augenblick, wo dies geschieht, hören diese Menschen auf, „Welt“ zu sein. Sie werden aus „Welt“ zu „Gemeinde“, sie werden „Jünger“, von denen es gilt: „Ihr erkennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“ Wir erfassen das Geschehen im Heiligen Geist immer nur so, daß wir gleichzeitig sehen: nur wer den Geist aufnimmt und in sich trägt, kann ihn erkennen, und nur, wer ihn sieht und erkennt, kann und wird ihn empfangen. Logisch ist das widersprüchlich. Aber die lebendige Wirklichkeit kann nur in dieser widersprechenden Weise geschildert werden.

Wuppertaler Studienbibel

Und nun die persönliche Frage: welcher Geist beherrscht mein Leben? Was würden meine Mitmenschen von mir sagen? Durch welche Eigenschaften, durch welche Handlungen zeige ich, das Jehovahs Geist in mir wohnt und mein Leben beeinflußt? Oder verschiebe ich das ganze auf eine „geistige Gruppe“ die „allein mit Gottes Geist gesalbt ist“ – und kann deshalb leben wie „die Welt“?