Tag: 24. März 2022

Christus für uns gestorben, deshalb

Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß er für uns sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen.
Elberfelder 1871 – 1 Joh 3,16

Christus gab sein Leben für uns hin; daran haben wir erkannt, was Liebe ist. Auch wir müssen deshalb unser Leben für unsere Brüder und Schwestern einsetzen.
Gute Nachricht Bibel – 1.Johannes 3,16

Wir haben echte Liebe erst durch Jesus kennengelernt und verstanden. Weil er für uns gestorben ist, müssen wir auch bereit sein, für unsere Glaubensgeschwister alles zu geben.
VolxBibel – 1.Johannes 3:16

Daran (Darin) haben wir die Liebe erkannt, dass jener für uns sein Leben (seine Seele) hingegeben (eingesetzt) hat. Auch müssen (sind verpflichtet) für die Brüder das Leben (die Seele) hinzugeben (einzusetzen).
offene Bibel – 1 Joh 3:16

Wie oft sagen Christen „Jesus starb für mich“ – und deswegen…
Ja, was DESWEGEN? Was sind die Folgen von Jesu Opfertod für uns?

Diese Liebe ist keine gefühlsmäßige, sentimentale Liebe, keine nur mit Worten zum Ausdruck gebrachte Liebe, sondern sie beweist sich praktisch. Wir erkennen tätige Liebe in der Person des Herrn Jesus: hier liegt die göttliche Definition für Liebe vor, nicht in Worten, sondern in der Tat. Selbstaufopferung ist das eigentliche Wesen der Liebe: „… daß er für uns sein Leben dargelegt hat“ (beachten wir „für uns“). Dagegen sehen wir im Bericht über Kain die entgegengesetzte Gesinnung: „… da erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und erschlug ihn“ (1Mo 4,8). Kains Tat löschte Leben aus. Die Tat unseres Herrn Jesus besteht darin, daß Er Sein Leben für uns (uns zugute) dargelegt hat (siehe Joh 10,11.15.17.18;13,37.38;15,13 ). Diese Wendung „scheint in erster Linie nicht das Hinlegen, sondern das Beiseite-Legen von etwas wie der Kleidung bedeuten, indem man sich ihr entledigt“ (Westcott). „Es ist das gleiche Wort wie in Joh 13,4: ‚und legt die Oberkleider ab'“ (Stott). Er hat Sein Leben freiwillig für uns abgelegt: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst“ (Joh 10,18). Aus diesem Grund liebte Ihn Sein Vater. Der Vater fand an der aufopfernden Liebe Seines Sohnes großes Wohlgefallen. Weil daher Seine Liebe in der Hingabe Seines Lebens für uns erkennbar ist, folgt: „wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen“. Darin hat Er uns ein Beispiel hinterlassen, denn wir sind schuldig, so zu wandeln wie Er gewandelt ist (2,6); „… so sind auch wir schuldig, einander zu lieben“ (4,11).

Was die Bibel lehrt

In starkem Kontrast zu einer haßerfüllten Gesinnung steht der wahre Charakter der christlichen Liebe. Sie ist so weit von Mordgedanken entfernt, daß sie ihr Leben eher für andere hingibt, als es einem anderen zu nehmen. Das wird in einzigartiger Weise deutlich an Jesus Christus, der sein Leben für uns gelassen hat. Von diesem Vorbild her sollen die Christen bereit sein, dasselbe für ihre Brüder zu tun.

Walvoord Bibelkommentar

Es geht Johannes nie um einen verschwommenen, gefühlsmäßigen, allgemeinen Liebesbegriff, sondern die biblische, christliche Liebe ist die Agape, die Gottesliebe, mit der Gott uns liebt, und die so zum Ursprung der christlichen Liebe, wie wir Christen lieben, wird. Und diese Gottesliebe haben wir »erkannt«: Wir sehen sie und sind in engste Gemeinschaft mit ihr gekommen in Jesus Christus. »Er hat sein Leben für uns gelassen« (griechisch: »jener«, und damit ist auf Jesus Christus hingewiesen). In ihm ist die Gottesliebe eindeutig, unüberbietbar da und zu erkennen. Wer wissen will, was Liebe, was Agape ist, der schaue Jesus Christus an, sein Kommen, Leben, Leiden und Sterben. »Sein Leben hat er für uns gelassen« (wörtlich: »sein Leben eingesetzt für uns«). Das griechisch Wort für »Leben« ist hier umfassender als nur das natürliche, leibliche Leben. Es bezeichnet »die Seele, die Lebenskraft« – modern gesagt: die ganze Person. Diese Hingabe des Herrn für uns mündet und gipfelt zwar in seinen Opfertod am Kreuz. Aber schon die Menschwerdung des Sohnes war Hingabe; er gab die Herrlichkeit beim Vater her für uns (vgl. Phil 2,5-8).
Sein Leben im Land Israel war ganzer Einsatz für uns, denn Jesus verzichtete auf Elternhaus, Familie, Besitz und Beruf, um gänzlich für die Menschen da zu sein (vgl. Mt 8,20; 12,48f.). Auch das »gab« in dem Wort: »… dass er seinen eingeborenen Sohn gab« (Joh 3,16) ist in so umfassendem Sinn gemeint. Jesus Christus hat alles, was er ist und hat, für uns eingesetzt. Auch sein leibliches Leben hat er für uns gegeben. Wir können nicht den Sühnetod für einen andern Menschen sterben. Das kann Johannes nicht meinen, wenn er schreibt: »… und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen.« Wohl aber geht es auch für uns um den Einsatz unserer ganzen Person und Lebenskraft für den andern, was in manchen Fällen gewiss auch bis zur Hingabe des leiblichen Lebens führen kann. Aber die christliche Liebe hält nichts zurück. Sie gibt sich ganz dem und für den andern. Der Hass nimmt dem Nächsten das Leben, missgönnt ihm das Seine; die christliche Liebe will, dass der andere lebt, gibt ihm das Seine, ja gibt sich selbst.

Gerhardt Maier – Edition C

Die Liebe bewegt sich in der entgegengesetzten Bahn.
1 Joh 3,16a: Daran erkannten wir die Liebe, dass er sein Leben für uns hergab. {Johannes 15,13}
Der Mörder nimmt dem anderen das Leben; Jesus hat sein Leben für uns gegeben. Wir sollen auf Jesus sehen, wie er zum Kreuz gegangen ist; er hat sich des Sterbens nicht geweigert, sondern hat sich Gott dargeboten, damit er durch ihn in seinem Blute die Welt mit sich versöhne. „Da,“ sagt Johannes, „haben wir die Liebe erkannt.“ So sieht die Liebe aus.

Daraus ergibt sich, was unsere Verpflichtung ist:
1 Joh 3,16b: Auch wir sind verpflichtet, für die Brüder das Leben herzugeben.
Johannes lässt für die Liebe kein geringeres Maß gelten; er sieht darin keineswegs eine besondere Groß- und Heldentat, für die wir uns selbst bewundern und bewundern lassen dürften, sondern heißt das einfach unsere Pflicht. Wir sollen füreinander sterben können. Der Apostel hat ja soeben gesagt: „Wir sind aus dem Tod ins Leben hinübergegangen „; da hat das Hingeben des Lebens keine Schrecklichkeit mehr. Zur buchstäblichen Ausführung des Gebots, mit einem einzigen Entschluss und mit einer raschen Tat das Leben für andere zu lassen, kommt es natürlich nur unter besonderen Fügungen. Dennoch gilt unser Wort für jeden Christen. Wer den Vorbehalt macht: Ich will den anderen dienen und für sie leben; nur darf es mein Wohlsein nichtbeinträchtigen, meine Gesundheit nicht gefährden, meine Kraft nicht erschöpfen, mir das Leben nicht kosten, der hat die Liebe nicht; denn er hält am entscheidenden Punkt das eigene Ich fest. Johannes straft jeden solchen Vorbehalt. Erst dann, wenn wir ihm hierin gehorsam sind und fröhlich, ohne Angst um uns selbst, dem Trieb der Liebe folgen, was sich auch für uns daraus ergeben mag, ist unsere Liebe aufrichtig und macht uns frei.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

«Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben» (1 Johannes 3,16). Das ist das Mass unserer Liebe! Sie soll nicht davon abhängen, was unsere Brüder uns gegenüber sind, sondern was sie für den Herrn sind. Sie mögen uns beleidigt, uns unrecht getan haben, aber sie sind seine Brüder, seine Geliebten. «Insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan» (Mt 25,40). Die Menschen können in gewissen Umständen, in ihrem eigenen Interesse Unterstützung leisten, um Schwierigkeiten zu vermeiden, aber das ist noch nicht die Liebe, die gütig ist und sich selbst vergisst, um an andere als an ihre Interessen zu denken. Die Liebe ist wie ein Kleid, in dem wir uns der Welt zeigen sollen, mit dieser Milde, die allen Menschen kundwerden soll. Dieses Kleid wird uns als Jünger des Herrn erkenntlich machen. «Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt» (Joh 13,35). Sie ist das sichere Zeichen unserer Herkunft. Welch ein Anstoss für die Welt, wenn wir Kinder Gottes zu sein bekennen, aber fleischliche Empfindungen offenbaren statt Liebe!

Halte fest 1971

Daran haben wir erkannt usw. Nun zeigt der Apostel, was wahre Liebe ist. Es ist nicht genug, sie zu loben, wenn man sich nicht an ihre Kraft hält. Die vollkommene Liebe zeigt er am Beispiel Christi, der sein eigenes Leben nicht geschont und dadurch bezeugt hat, wie sehr er uns liebte. Nach diesem Ziel heißt er uns streben. Kurz, darin wird unsere Liebe dargetan, wenn wir die Liebe, die wir zu uns haben, auf die Brüder übertragen, so dass ein jeder sich selbst vergisst und für die andern sorgt. Gewiss ist, dass wir Christus sehr ungleich sind; aber der Apostel empfiehlt uns seine Nachfolge, weil es sich ziemt, dass wir seinen Fußstapfen von ferne nachfolgen, wenn wir ihn auch nicht erreichen. Es ist des Apostels Absicht, den eitlen Ruhm der Heuchler zu erschüttern, die sich rühmen, Glauben an Christus zu haben, obwohl sie keine Bruderliebe haben. Deshalb sagt er mit diesen Worten, dass wir nichts mit Christus gemein haben, wenn in unsern Herzen nicht der Eifer der Liebe lebt. Dennoch hält er uns, wie gesagt, die Liebe Christi nicht so vor, dass er die gleiche von uns forderte. Was hieße das anders, als alle zur Verzweiflung bringen? Aber unser Gemüt soll darauf gestimmt sein, dass wir begehren, unser Leben oder unser Sterben in erster Linie für Gott, sodann auch für die Nächsten zur Verfügung zu stellen. Es ist auch noch ein anderer Unterschied zwischen uns und Christus, so dass unser Tod nicht dieselbe Kraft haben kann. Durch unser Blut wird nämlich nicht der Zorn Gottes gestillt, noch wird durch unsern Tod das Leben erworben, noch wird die verdiente Strafe für andere getragen. Aber der Apostel sieht bei dieser Vergleichung nicht darauf, welches der Zweck und die Wirkung des Todes Christi war; er will nur, dass unser Leben nach seinem Vorbild gestaltet werde.

Jean Calvin

Ist Jesu Leben also ein Vorbild für mich? Oder nehme ich mich viel zu wichtig?
Wie sehe ich „Verteidigung“ und „Rache“?

Gottes Offenbarung in Jesus Christus, Gottes Offenbarung seiner Liebe, kommt aller unserer Liebe zu ihm zuvor. Nicht in uns, sondern in Gott hat die Liebe ihren Ursprung, nicht ein Verhalten des Menschen, sondern ein Verhalten Gottes ist die Liebe. „Darin steht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Vergebung für unsere Sünden“ (1 Joh 4,10). Was Liebe ist, erkennen wir allein in Jesus Christus und zwar in seinem Tode für uns. „Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen hat“ (1 Joh 3,16).108 Auch hier wird keine allgemeine Definition der Liebe gegeben etwa in dem Sinne, daß die Hingabe des Lebens für andere Liebe sei. Nicht dies Allgemeine, sondern das ganz und gar Einmalige der Hingabe109 des Lebens Jesu Christi für uns wird | hier Liebe genannt. Liebe ist unlösbar mit dem Namen Jesu Christi als der Offenbarung Gottes verknüpft. Auf die Frage, was Liebe sei, antwortet das Neue Testament ganz eindeutig, indem es ausschließlich auf Jesus Christus weist. Er ist die einzige Definition der Liebe. Es wäre aber wieder alles mißverstanden, wenn nun doch aus dem Blick auf Jesus Christus und sein Tun und Leiden eine allgemeine Definition der Liebe erhoben werden sollte. Nicht was er tut und leidet, sondern was er tut und leidet, ist Liebe. Liebe ist immer Er selbst. Liebe ist immer Gott selbst. Liebe ist immer Offenbarung Gottes in Jesus Christus.
Gerade die strengste Konzentration aller Gedanken und Sätze über die Liebe auf den Namen Jesu Christi darf nun diesen Namen nicht zu einem abstrakten Begriff degradieren, sondern es muß dieser immer in der konkreten Fülle der geschichtlichen Wirklichkeit eines lebendigen Menschen verstanden werden. So wird also – bei aller Wahrung des vorher Gesagten – erst das konkrete Tun und Leiden dieses Menschen Jesus Christus verständlich machen, was Liebe sei. Der Name Jesus Christus, in dem Gott sich selbst offenbart, legt sich selbst im Leben und Sterben Jesu Christi aus. Schließlich besteht ja auch das Neue Testament nicht in einer endlosen Wiederholung des Namens Jesu Christi, sondern das, was dieser Name umschließt, wird in Ereignissen, Begriffen und Sätzen, die uns verständlich sind, ausgelegt. So ist auch die Wahl des Begriffes „Liebe“ – αγαπη nicht einfach willkürlich, sondern so sehr dieser Begriff durch die neutestamentliche Botschaft eine völlig neue Bestimmung erhält, so steht er doch nicht ohne jede Beziehung zu dem, was wir sprachlich unter „Liebe“ verstehen; freilich liegt es nun doch nicht so, daß der biblische Begriff der Liebe eine bestimmte Gestalt dessen ist, was wir schon vor[her] allgem[ein] darunter verstanden haben, sondern es erweist sich vielmehr angesichts des biblischen Begriffes der Liebe gerade das Umgekehrte, nämlich | daß er und er allein die Grundlage, die Wahrheit und Wirklichkeit der Liebe ist und zwar so daß alles natürliche Denken über die Liebe nur soweit Wahrheit und Wirklichkeit hat, als es an diesem seinem Ursprung, also an der Liebe, die Gott selbst in Jesus Christus ist, teilhat.
Auf die Frage, worin die Liebe besteht, antworten wir also weiter mit der Schrift: in der Versöhnung des Menschen mit Gott in Jesus Christus. Die Entzweiung des Menschen mit Gott, mit dem anderen Menschen, mit der Welt und mit sich selbst ist zu Ende. Der Ursprung ist ihm wiedergeschenkt.
Die Liebe bezeichnet also jene Tat Gottes am Menschen, durch die die Entzweiung, in der der Mensch lebte, überwunden ist. Diese Tat heißt Christus, heißt Versöhnung. So ist Liebe also etwas, was am Menschen geschieht, etwas Passives, etwas, worüber er von sich aus nicht verfügt, weil es schlechthin jenseits seiner Existenz in der Entzweiung liegt, Liebe bedeutet das Erleiden der Umwandlung der gesamten Existenz durch Gott, das Hineingezogenwerden in die Welt, wie sie vor Gott und in Gott allein leben kann. Liebe ist also nicht Wahl des Menschen, sondern Erwählung des Menschen durch Gott.

Dietrich Bonhoeffer Werke – Ethik