Wie groß deine Werke sind, o Jehova! Sehr tief sind deine Gedanken.

Wie groß sind deine Werke, Jehova! sehr tief sind deine Gedanken.
Elberfelder 1871 – Psalm 92,6

Wie großartig ist doch dein Tun und Walten, HERR,
unendlich tief sind deine Gedanken!
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Psalm 92:6

Wie groß sind deine Taten, DU,
gar tief sind deine Planungen!
Buber & Rosenzweig – Ps 92,6

Der Psalmist lobt Gott für seine Macht und für seine Weisheit. Jahwes Werke sind groß, das heißt, sie sind mächtig, wunderbar; und seine Gedanken sind sehr tief, das heißt, tiefgründig, geheimnisvoll, schwer zu verstehen. NJV übersetzt „subtil“. Und anstelle von „Gedanken“ könnte „Pläne, Entwürfe“ angemessener sein (siehe das Wort in 33:10b); Gottes Pläne sind jenseits des menschlichen Verständnisses. Der Ausdruck „deine Gedanken sind sehr tief“ kann in einigen Sprachen mit „die Dinge, die du denkst, Herr, sind für uns schwer zu verstehen“ wiedergegeben werden.
Der Psalmist spricht vor allem von der unausweichlichen Bestrafung der Bösen, die zwar eine Zeit lang Erfolg haben, aber ihrer endgültigen Vernichtung nicht entgehen können.

In Vers 6 sind „dumm“ und „dumm“ die Worte, die in 49:10b verwendet werden; es ist nicht der Mangel an Intelligenz, von dem der Psalmist spricht, sondern der Mangel an Einsicht in Gottes Macht und Gerechtigkeit (vgl. 10:4). tevs „Dies“ weist auf Vers 7 hin. Es ist jedoch nur der Doppelpunkt nach „verstehen“ in der zweiten Zeile, der den Beginn dessen signalisiert, worauf sich „dies“ bezieht. RSV hat den Vorteil, dass er dies beibehält: am Ende von Vers 6. SPCL reduziert die beiden Zeilen auf eine und sagt „Nur Narren können es nicht verstehen“, was auf Vers 5 zurückverweist. Aber RSV und TEV lassen Vers 6 nach vorne zu Vers 7 weisen, was besser zu sein scheint.

Bratcher – Ein Übersetzerhandbuch zum Buch der Psalmen

Nachdem der Prophet im Allgemeinen von Gottes Wirken geredet, wendet er sich jetzt zu einer besonderen Erscheinungsform desselben, nämlich dass Gott ins seiner gerechten Weltregierung zwar die Strafe für Verbrechen eine Weile verschiebt, doch endlich zeigt, dass er nicht blind ist, wie lange er auch die Augen schließt; auch hat er nicht vergessen, seine Knechte zu retten, wenn er sie auch unter dem Kreuze übt. Darauf weist der Prophet meines Erachtens besonders hin, weil die hässliche Verwirrung, die im menschlichen Leben waltet, die Ordnung der göttlichen Vorsehung am meisten verdunkelt. Sehen wir doch gottlose Leute sich übermütig gebärden, als wäre kein Richter im Himmel, und sich selbst in ihrem Glück Beifall klatschen: Gottes Schonung schafft ihnen nur einen Vorwand für größere Zügellosigkeit, als wären sie seiner Hand entronnen. Zu dieser Anfechtung gesellt sich unsere gedankenlose Stumpfheit, in der wir uns einbilden, dass Gott sich um die Welt nicht mehr kümmere und müßig im Himmel sitze. Des Weiteren kennen wir ja die Verweichlichung unseres Fleisches, die nicht gern Beunruhigung auf sich nimmt. Darum greift der Prophet mit Absicht dieses Stück heraus, um daran zu zeigen, dass Gott zum Schutze des Menschengeschlechts auf der Wacht steht. Er hebt aber mit einem Ausruf an, weil uns eine verkehrte Aufregung derartig verwirrt, dass wir den Sinn des göttlichen Wirkens, wenn er auch noch so durchsichtig ist, nicht mehr fassen. Es gilt vor allem darauf zu achten, dass der Prophet hier nicht von dem Wunderwerk des Himmels und der Erde redet, noch auch von dem allgemeinen Vorsehungswalten Gottes im Weltregiment: seine Rede beschränkt sich auf die Gerichte, die Gott unter den Menschen ausübt. Der Prophet ruft aus, dass hier seine Werke großartig und seine Gedanken tief sind, weil sein Walten über dem Menschengeschlecht weit über unser Begreifen geht. Wenn es in unsrer Macht stände, würden wir nur zu gern Gottes Ordnung umstürzen. Weil wir das nicht vermögen, machen wir ihm törichte Vorwürfe, weshalb er nicht eiliger die Gläubigen befreie und sich an den Verworfenen räche. Scheint es doch ganz ungereimt, dass er still sitzt, während man gegen ihn wütet, mit ungezügelter Frechheit sich in jegliches Verbrechen stürzt, nach Laune gute und einfältige Leute quält. Wie kann Gott zugeben, dass seine Wahrheit sich in den Winkel ducken muss und sein heiliger Name schmählich mit Füßen getreten wird? Das ist die Großartigkeit der Werke Gottes und die Tiefe seiner Gedanken, die der Prophet bewundert. Er heißt uns in Ehrfurcht annehmen, was nicht nach unsrem Wunsch geht und vom gemeinen Urteil sich so weit entfernt. Gott führt seine verborgenen Gerichte über Höhen, die unser Begreifen nicht erreicht, um unsern Gehorsam zu erproben.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

Nun gab es aber Menschen, wahrscheinlich in der Gemeinde selbst und dann unter den Feinden des Volkes, die für solch eine Erhebung zu Gott und für solch eine Beurteilung der großen Geschichtsereignisse kein Verständnis hatten. Wo man aber erst die Glaubensschau für Gottes Handeln und Offenbarung verloren hat, da schweigt die Anbetung. Der Mensch kniet hinfort nur noch vor sich selbst und bewundert die große Babel, die er sich als die Schöpfung seines eigenen Geistes erbaut hat. Der Psalmist nennt solche Menschen trotz all ihrem Wissen doch Vernunftlose. Sie haben sich dem Erkennen Gottes und der Schau für die letzten Wirklichkeiten verschlossen.

Jakob Kroeker – Ausgewaehlte Psalmen

Der Sänger erkennt, dass Gottes Werke groß sind, und er versteht, dass vor jedem Werk der Gedanke war (siehe Joh 1,1–3), weshalb er bekennt: »Sehr tief sind deine Gedanken!« Wir werden an Paulus erinnert, der angesichts der Wege Gottes, auf denen er Israel und den Nationen zum Heil zu führt, vor Gott niederfällt und bekennt: »O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege!« (Röm 11,33).

Benedikt Peters – Die Psalmen