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  1. Jule sagt:

    Klagelieder 1 – 5

    Klagelieder 1:21-22

    Man hat gehört, wie ich selbst seufze gleich einer Frau. Es gibt keinen Tröster für mich.
    Alle meine Feinde, sie haben von meinem Unglück gehört. Sie haben frohlockt, weil du selbst [es] getan hast.
    Du wirst bestimmt den Tag herbeiführen, den du ausgerufen hast, damit sie werden mögen wie ich.

    22 Laß all ihre Schlechtigkeit vor dich kommen, und verfahre streng mit ihnen,
    So wie du mit mir streng verfahren bist wegen all meiner Übertretungen.
    Denn meiner Seufzer sind viele, und mein Herz ist krank.

    Klagelieder 2:14

    Deine eigenen Propheten haben für dich in Visionen wertlose und unbefriedigende Dinge geschaut,
    Und sie haben deine Vergehung nicht aufgedeckt, um deine Gefangenschaft abzuwenden,
    Sondern sie schauten für dich in Visionen ständig wertlose und irreführende prophetische Sprüche.

    Klagelieder 2:19

    Mache dich auf! Wimmere bei Nacht zu Beginn der Morgenwachen.
    Schütte dein Herz aus wie Wasser vor dem Angesicht Jehovas.
    Hebe deine Handflächen zu ihm empor wegen der Seele deiner Kinder,
    Die vor Hunger verschmachten am Eingang aller Straßen.

    Beten wir ebenso inbrünstig?

    Klagelieder 3:7-8

    Er hat mich abgesperrt wie mit einer Steinmauer, damit ich nicht herauskomme. Er hat meine kupfernen Fesseln schwer gemacht.

    8 Auch wenn ich um Beistand rufe und um Hilfe schreie, hemmt er tatsächlich mein Gebet.

  2. Jule sagt:

    Klagelieder 3:19-27

    Gedenke meiner Trübsal und meines heimatlosen Zustandes, des Wermuts und der Giftpflanze.

    20 Ganz bestimmt wird deine Seele [dessen] gedenken und sich tief über mich beugen.

    21 Dies ist, was ich in mein Herz zurückrufen werde. Darum werde ich eine wartende Haltung bekunden.

    22 Es sind die Taten liebender Güte Jehovas, daß es mit uns nicht zu Ende gegangen ist, denn seine Erbarmungen werden gewiß kein Ende nehmen.

    23 Sie sind jeden Morgen neu. Sehr groß ist deine Treue.

    24 „Jehova ist mein Teil“, hat meine Seele gesagt, „darum werde ich ihm gegenüber eine wartende Haltung bekunden.“
    25 Gut ist Jehova gegen den, der auf ihn hofft, gegen die Seele, die ihn ständig sucht.

    26 Gut ist es, daß einer wartet, ja in Stille, auf die Rettung Jehovas.

    27 Gut ist es für einen kräftigen Mann, daß er das Joch in seiner Jugend trägt.

    Jehova beugt sich voller Mitgefühl und Liebe tief über uns (Vers 20) – was für ein tröstlicher Gedanke!

    Ja, auch wir wollen eine wartende Haltung bekunden.

    Es gibt Dinge, die sich in diesem System scheinbar nicht lösen lassen, wie sehr sie uns auch schmerzen mögen.

    So müssen wir warten, bis für Jehova die Zeit gekommen ist, die Dinge in Ordnung zu bringen, so dass auch uns wieder Gerechtigkeit widerfährt.

    Sind wir bereit auf Jehova zu warten? Egal, wie lange es auch dauern mag?

    Oder posaunen wir überall herum, was uns für ein Unrecht widerfahren ist und noch widerfährt, damit uns andere helfen?

    Nehmen wir dafür in Kauf, dass eine nicht unerhebliche Unruhe in einigen Versammlungen entsteht und vielleicht der eine oder andere strauchelt und sich von Jehova und seiner Organisation abwendet? Hauptsache, wir bekommen endlich Recht?

    Ist uns Jehova und sein Name wichtig? Ist es uns wichtig, dass wir weder ihm noch seiner Organisation Schaden zufügen?

    Warten wir in Stille auf Jehova?

    Wie denkt Jehova wohl über uns?

    Was empfindet ER wohl dabei, wenn er sieht, wie wir weiter ruhig und geduldig auf ihn warten – darauf, dass ER uns dann zu seiner Zeit Recht verschafft?

    Wenn er sieht, dass wir trotzdem weiterhin schweigen über das Unrecht, das uns widerfährt – obwohl wir manchal denken, wir ersticken, wenn wir nicht langsam darüber reden?

    Wie mag Jehoa wohl empfinden, wenn er uns beobachtet und zuhört, wenn wir reden?

    Wenn wir mitbekommen, wie man schlecht über uns redet obwohl wir wirklich alles daran setzen, IHM auch weiterhin zu gefallen. Wenn wir am liebsten vor Schmerz und Enttäuschung aufschreien würden „es ist ja garnicht so, wie ihr denkt! In Wirklichkeit war es ja so…“ und es dann doch schnell wieder runterschlucken weil wir wissen „es würde nichts nützen. Es würde nur Schmach auf Jehovas Namen und seine Organisation werfen, wenn die Leute wüssten, was wirklich passiert ist.“ und dann doch nichts sagen.

    Wenn wir lieber an dem was uns über die Lippen will ersticken, wenn wir es wieder herunter schlucken und auch diesmal nicht davon reden, wie schwer es uns auch fällt und wie stark der Druck auch ist.

    Wie mag Jehova dann empfinden?

    Ist es uns persönlich soviel wert, dass sein Name und seine Organisation unbeschmutzt bleiben?

    Denken wir, wir sind Jehova egal?

    Wir wissen, dass wir ihm nicht egal sind und dass er auch unsere Gefühle und unseren Kampf sieht und voller Liebe zu uns runtersieht.

    Jehova gibt uns seit Jahren die Kraft schlimme Dinge herunterzuschlucken und nicht davon zu reden – um seinen Namen sauber zu halten.

    Er hat uns in all den Jahren niemals verlassen und uns immer wieder Mut gemacht und die nötige Kraft gegeben.

    Lohnt es sich nun, „in Stille auf Jehova zu warten“?

    Wir denken „ja“!

    Wie denkst du darüber?

    Klagelieder 3:25-27

    Gut ist Jehova gegen den, der auf ihn hofft, gegen die Seele, die ihn ständig sucht.

    26 Gut ist es, daß einer wartet, ja in Stille, auf die Rettung Jehovas.

    27 Gut ist es für einen kräftigen Mann, daß er das Joch in seiner Jugend trägt.

  3. Jule sagt:

    Klagelieder 3:36

    Daß man einen Menschen veranlaßt, in seinem Rechtsfall krumme Wege zu gehen, [dafür] hat Jehova selbst keinen [billigenden] Blick gehabt.

    neigen wir dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – oder warten wir auf Jehova?

    Klagelieder 3:56-57

    Meine Stimme sollst du hören. Zu meiner Erleichterung verbirg dein Ohr nicht vor meinem Hilferuf.

    57 Du hast dich genaht an dem Tag, an dem ich dich unablässig anrief. Du sprachst: „Fürchte dich nicht.“

  4. Jule sagt:

    Klagelieder 3:58-66

    Du, o Jehova, hast den Rechtsstreit meiner Seele geführt. Du hast mein Leben zurückgekauft.

    59 Du, o Jehova, hast das an mir verübte Unrecht gesehen. O führe doch das Gericht für mich.

    60 Du hast all ihre Rache gesehen, all ihre Gedanken gegen mich.

    61 Du hast ihr Schmähen gehört, o Jehova, all ihre Gedanken gegen mich,
    62 Die Lippen derer, die gegen mich aufstehen, und ihr Flüstern gegen mich den ganzen Tag lang.

    63 Schau doch auf ihr Sitzen selbst und auf ihr Aufstehen. Ich bin das Thema ihres Liedes.

    64 Du wirst ihnen [ihre] Handlungsweise zurückerstatten, o Jehova, gemäß dem Werk ihrer Hände.

    65 Du wirst ihnen Unverschämtheit des Herzens geben, deinen Fluch für sie.

    66 Du wirst ihnen nachjagen im Zorn und sie vertilgen unter den Himmeln Jehovas hinweg.

    JARIBA

    ein Name hat sich erfüllt!

    Klagelieder 5:15-22

    Das Frohlocken unseres Herzens hat aufgehört. Unser Reigentanz ist in bloße Trauer verwandelt worden.

    16 Die Krone unseres Hauptes ist gefallen. Wehe nun uns, weil wir gesündigt haben!

    17 Deswegen ist unser Herz krank geworden. Dieser Dinge wegen sind unsere Augen trübe geworden,
    18 Des Berges Zion wegen, der verödet ist; ja Füchse sind darauf gelaufen.

    19 Was dich betrifft, o Jehova, auf unabsehbare Zeit wirst du [auf dem Thron] sitzen. Dein Thron währt Generation um Generation.

    20 Wie kommt es, daß du uns für immer vergißt, daß du uns für die Länge der Tage verläßt?

    21 Führe uns zurück, o Jehova, zu dir, und wir wollen zurückkehren. Bringe uns neue Tage wie vor alters.

    22 Doch du hast uns ganz bestimmt verworfen. Du hast uns überaus gezürnt.

  5. Thomas sagt:

    Klagelieder 1-5
    Zitate von J.N.Darby


    Die Klagelieder des Jeremia – ein rührender Ausdruck der Teilnahme Gottes an den Trübsalen, die Sein Volk um seiner Sünden willen erfährt – werden nicht vieler Erklärung bezüglich der allgemeinen Bedeutung des Buches bedürfen. Einige wenige Bemerkungen mögen dazu dienen, den eigentlichen Charakter desselben und die Verbindung zu zeigen, in welcher es mit den anderweitig geoffenbarten Wegen und Handlungen Gottes steht. Der erste bedeutsam Punkt, auf den ich bereits hingewiesen habe, ist, daß die Trübsal Seines Volkes dem Auge Gottes nicht entgeht. In all ihrer Bedrängnis ist Er bedrängt: Sein Geist nimmt Kenntnis von derselben, und, indem Er in den Herzen der Personen, deren Mund Er benutzt, wirksam ist, gibt Er den Gefühlen, die Er in ihnen hervorgerufen hat, Ausdruck. … Und auch hier tadelt Sein Geist nicht nur, noch offenbart Er bloß zukünftige Dinge, sondern Er gibt dem Kummer derer, welche lieben, was Gott liebt, eine bestimmte Gestalt und bringt selbst diesen Kummer zum Ausdruck. Es gibt nichts Ergreifenderes als die Gefühle, die in einem Herzen durch die Überzeugung hervorgerufen werden, daß der Gegenstand der Trübsal von Gott geliebt ist, daß Er das liebt, was Er zu schlagen genötigt ist, und daß Er das schlagen muß , was Er liebt. Indem der Prophet die Bedrängnis Jerusalems offen darlegt, erkennt er an, daß die Sünde des Volkes sie veranlaßt habe. Konnte das den Kummer seines Herzens vermindern? War es auch einerseits ein Trost, so beugte es ihn doch andererseits tief nieder und gab ihm Grund, sein Angesicht zu verhüllen. Der Stolz der Feinde und ihre Freude beim Anblick der Bedrängnis der Geliebten Gottes gibt Veranlassung, um Mitleid für die Bedrängten und um Gericht über die Bosheit der Feinde zu flehen.

    Kapitel 2

    Die Verwüstung Jerusalems wird als Jehovas eigenes Werk und nicht als das des Feindes betrachtet; nie hatte es einen solchen Schmerz gegeben. Aber dieser Gedanke leitet dahin, sich an Ihn Selbst zu wenden. Es ist eine ernste Sache, wenn Jehova gezwungen ist, das zu verwerfen, was Er als Sein Eigentum anerkennt. Aber es muß geschehen, wenn die Verbindung mit Seinem Namen nur dazu dient, das Zeugnis von dem, was Er ist, zu verfälschen (V. 6. 7).

    Im 3. Kapitel drückt also der Prophet in seiner eigenen Person … alles das aus, was er fühlte, indem er an der Trübsal Israels teilnahm und zu gleicher Zeit der Gegenstand ihrer Feindschaft war…. Welches Leiden könnte den Gefühlen eines Mannes gleichkommen, der die Leiden des Volkes Gottes teilt, ohne imstande zu sein, das Unglück abzuwenden, weil das Volk sich weigert, auf die Botschaft Gottes zu hören, und der diese Trübsale mit dem Gefühl auf seinem Herzen trägt, daß, wenn das törichte Volk nur hätte hören wollen, der Zorn Gottes abgewendet worden wäre? …

    Der Prophet spricht wie einer, der in seinem eigenen Herzen den tiefen Kummer über alles das getragen hat, was Jehova über Jerusalem gebracht hatte; aber er fühlte ihn wie jemand, der Gott als seinen Gott kennt, so daß er erproben konnte, was es heißt, der Gegenstand des Zornes Gottes zu sein. Er litt mit Jerusalem, und er litt für Jerusalem. Aber die Wirklichkeit dieses Verhältnisses zu Jehova hielt ihn, während es ihn einerseits die Trübsal tiefer empfinden ließ, andererseits aufrecht (V. 22). Er beginnt zu fühlen, daß es schließlich doch besser ist, es mit Jehova zu tun zu haben, obgleich, von einer anderen Seite aus betrachtet, gerade dieser Umstand die Sache nur um so schmerzlicher machte. Er fühlt, daß es gut ist, betrübt zu sein und auf Jehova zu harren, welcher schlägt; denn er verstößt nicht auf ewig. Er plagt nicht von Herzen, sondern weil es notwendig ist. Warum sich über die Bestrafung der Sünden beklagen? Besser wäre es, zu Jehova umzukehren. Er ermuntert Israel, dies zu tun, und während er der Bedrängnis seines trauernden Volkes gedenkt, ist der Glaube in Tätigkeit, bis Jehova einschreiten wird. Es ist gut, wenn eine derartige Bedrängnis gefühlt wird; der einzige Schaden wäre der, wenn ihr gestattet würde, das Vertrauen auf den Herrn zu schwächen.

    Der Prophet ruft die Drangsal Jerusalems ins Gedächtnis zurück, und indem er der Art und Weise gedenkt, wie ihm selbst Hilfe zuteil geworden war, benutzt er die ihm widerfahrene Güte dazu, seine Zuversicht, daß Gott dem Volke dieselbe Güte erzeigen werde, zu stärken. Was aber die Stolzen und Leichtfertigen betrifft, die die Wahrheit verwerfen, deren Feindschaft gegen Gott sich in der Feindschaft gegen diejenigen, welche die Träger Seines Wortes waren, offenbart, so ruft er das Gericht Gottes auf sie herab In allem diesem steht der Geist dieser Stellen in wunderbarer Übereinstimmung mit demjenigen der Psalmen, was ja auch sehr natürlich ist. Die Art und Weise, in welcher Christus hierauf einging, ist in der Betrachtung über das Buch der Psalmen besprochen worden. Christus ging in Gnade durch alles hindurch, damit sie hinsichtlich ihres eigenen Zustandes und ihres Gefühls in einer solchen Stellung vollkommen gemacht würden. Vergleiche das, was oben folgt. . So im Geiste erleichtert, indem sein Herz von dem Bewußtsein erfüllt ist, daß gerade das, was den Kummer so tief machte (nämlich daß das Unglück von Jehova kam), zugleich ein Trost für das Herz war, kann Jeremia sich zu der Trübsal selbst wenden, indem er ihre ganze Ausdehnung überschaut, welche die Angst seiner Seele ihn nicht hatte völlig erkennen lassen, bis er zu ihrer wahren Quelle zu gelangen vermochte. Jetzt kann er, obgleich mit tiefem Schmerz, aber doch mit mehr Ruhe, auf Einzelheiten eingehen, weil sein Herz in der Gegenwart Gottes ist. Das Gefühl der Unruhe und des Schmerzes bei dem Gedanken, daß Gottes Gericht auf diejenigen fällt, die Er liebt, ist nicht sündig, obgleich in Jeremias Fall sein Herz ihn manchmal irre führte.

    … Bei Jerusalem war es etwas Ähnliches; und Jeremia, der durch den Geist Christi die Kostbarkeit dieses Verhältnisses empfand und als einer, der daran teil hatte, in dasselbe einging, leidet mit dem, was so von Gott gerichtet wurde. Nur muß er, obgleich er vom Geiste Christi getrieben wird, erst das Gleichgewicht seiner Seele wiederfinden; er muß Jehova suchen, um inmitten all seines persönlichen Kummers und der wahren, aber menschlichen Regungen eines Herzens, das durch die Umstände erschüttert und zu Boden geschmettert war, Ihn in die Trübsal hineinzubringen. Er vereinigte sich mit Jerusalem, indem er sich auf dessen Stellung vor Gott stützte, und nicht, wie unser hochgelobter Herr es tat, einzig und allein für Gott und wie Gott Selbst. Es befand sich ein Gegenstand (ein solcher zwar, der auch von Gott geliebt wurde) zwischen seiner Seele und Gott, den er nicht ausschließlich in Gott und mit der Liebe Gottes liebte. Doch die richtige Grundlage war da, und er findet Jehova, zuerst trotz der Trübsal, aber bald auch in der Trübsal selbst, und er erholt sich sofort wieder, nicht von der Trübsal, sondern in derselben durch die Kraft Gottes. …

    Nachdem Jeremia jetzt Jehova in der Trübsal gefunden hat, überschaut er ruhig ihre ganze Ausdehnung. Schon das ist ein Trost. Denn nach allem ist doch Jehova, der Unveränderliche, da, um das Herz zu trösten. Das ist der Gegenstand des 4. Kapitels. Der Prophet ruft sich alles ins Gedächtnis zurück und vergleicht das, was Jerusalem einst war, als es sich unter der Segnung Jehovas befand, mit dem, was Sein Zorn bewirkt hat. Er beschäftigt sich nicht länger nur mit den niederschmetternden Umständen der gegenwärtigen Lage, sondern auch mit dem, was sie vor Gott war. Die Nasiräer gehen an seinem Geistesauge vorüber; dann das, was Jerusalem, als die Stadt des großen Königs, sogar in den Augen ihrer Feinde gewesen war; ferner der Gesalbte Jehovas, unter dessen Schatten das Volk (wie wir schon gesehen haben) hätte leben können, trotzdem die Nationen herrschten, und der nun gefangen worden war in ihren Gruben gleich der Beute des Jägers. Aber der betrübte Geist des Knechtes Gottes, der die Last seines Volkes trägt, kann jetzt nicht nur die Trübsal, die es niederbeugt richtig würdigen, sondern auch die Stellung der Feinde Jerusalems und diejenige der geliebten Stadt. Der Becher des Zornes Gottes sollte an Edom kommen, das jetzt über die Zerstörung der Stadt Jehovas frohlockte; und was Zion betraf, so hatte es zweifelsohne diesen Becher bis zur Hefe getrunken; doch wenn es das getan hatte, so war es geschehen, damit es denselben nie mehr trinken sollte. Die Strafe für ihre Sünde ist zu Ende, es soll nicht mehr in die Gefangenschaft geführt werden. Für Zion war alles beendet; es hatte den Becher getrunken, von dem es bekannte, daß es ihn verdient hatte (siehe Klgl 4, 11; 1, 18 – 20 ). Aber die Sünde des hochmütigen Edom sollte aufgedeckt werden; Gott wollte seine Missetat heimsuchen.

    Der Prophet kann jetzt die ganze Drangsal des Volkes Gott vorstellen als einen Gegenstand des Erbarmens und der Gnade. Das ist ein Schritt vorwärts auf dem Pfade dieser tiefen Herzensübungen. Er ist mit Gott in Frieden und befindet sich in Seiner Gegenwart; wir sehen nicht länger ein Herz, das mit innerer Not zu kämpfen hat. Alles ist vor Jehova bekannt, vor Ihm, der gegen Sein Volk treu ist, so daß er zu Gott flehen kann, Er möge auf die Drangsal blicken, um Seines leidenden Volkes nach der Größe Seiner Barmherzigkeit zu gedenken; denn Jehova ist unveränderlich Derselbe (Kaptiel 5 V. 19-21). Die Trübsal wird in unveränderter Weise gefühlt, aber Gott wird mit hineingebracht, und nachdem alles vor Ihm ins Gedächtnis gebracht und gerichtet, nachdem alles Geschehene für das Herz hinweggeräumt ist, kann Jeremia in dem eigentlichen und ewig zwischen Gott und Seinem geliebten Volke bestehenden Verhältnis ruhen; und indem er sich selbst in seine unmittelbaren Beziehungen zu seinem Gott einschließt, benutzt er Dessen Güte, die sich in diesen Beziehungen offenbart, um in der Trübsal des geliebten Volkes einen Anlaß zu finden, Ihn auf dasselbe aufmerksam zu machen. Das ist die wahre Stellung des Glaubens, welche derselbe als das Ergebnis seiner Übungen vor Gott im Blick auf die Trübsal Seines Volkes erlangt – eine Trübsal, die um so tiefer ist, weil sie durch die Sünde verursacht wurde.

  6. Jule sagt:

    Das Wort Jehovas ist lebendig

    Höhepunkte aus dem Buch Klagelieder

    DER Prophet Jeremia erlebt, wie sich die Gerichtsbotschaft erfüllt, die er 40 Jahre lang verkündet hat. Wie fühlt er sich, als er mit ansieht, wie seine geliebte Stadt zerstört wird? In der Septuaginta heißt es in der Einleitung zum Buch Klagelieder, „dass sich Jeremia weinend setzte und dieses Klagelied über Jerusalem klagte“. Eineinhalb Jahre hat die Belagerung Jerusalems gedauert, und nun wird die Stadt niedergebrannt. Als Jeremia im Jahr 607 v. u. Z. die Klagelieder verfasst, sind all die Eindrücke bei ihm noch ganz frisch. Daher wirkt sein quälender Schmerz in den Liedern sehr lebensnah (Jeremia 52:3-5, 12-14). Keine andere Stadt in der Geschichte ist mit so bewegenden und herzergreifenden Worten betrauert worden wie Jerusalem.

    Das Buch Klagelieder setzt sich aus fünf lyrischen Gedichten zusammen: Die ersten vier sind Wehklagen und das fünfte ist ein Bittgebet. Bei den ersten vier Liedern handelt es sich um Akrostichen, das heißt, jeder Vers beginnt der Reihe nach mit einem der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets. Das fünfte Lied hat zwar entsprechend der Zahl der Buchstaben des hebräischen Alphabets 22 Verse, es ist aber nicht alphabetisch angeordnet (Klagelieder 5:1, Fußnote).

    ‘MEINE AUGEN SIND IN TRÄNEN VERGANGEN’
    (Klagelieder 1:1 bis 2:22)

    „O wie ist es gekommen, dass sie einsam sitzt, die Stadt, die an Volk so zahlreich war! Wie ist sie einer Witwe gleich geworden, sie, die volkreich war unter den Nationen! Wie ist sie, die eine Fürstin war inmitten der Gerichtsbezirke, zwangsarbeitspflichtig geworden!“ So beginnt Jeremia seine Wehklage über Jerusalem. Der Prophet nennt auch den Grund für das Unglück: ‘Jehova selbst hat sie in Kummer gebracht wegen der Menge ihrer Übertretungen’ (Klagelieder 1:1, 5).

    Wie eine Witwe, die Mann und Kinder verloren hat, fragt die Stadt Jerusalem: „Gibt es irgendeinen Schmerz gleich meinem Schmerz?“ Was ihre Feinde betrifft, so bittet sie Gott: „Lass all ihre Schlechtigkeit vor dich kommen, und verfahre streng mit ihnen, so wie du mit mir streng verfahren bist wegen all meiner Übertretungen. Denn meiner Seufzer sind viele, und mein Herz ist krank“ (Klagelieder 1:12, 22).

    Todunglücklich sagt Jeremia: „In der Glut des Zorns hat . . . [Jehova] jedes Horn Israels abgehauen. Er hat seine rechte Hand vor dem Feind zurückgewandt, und in Jakob brennt er weiterhin wie ein flammendes Feuer, das ringsum verzehrt hat.“ Sein tiefer Schmerz spiegelt sich in der Wehklage wider: „Meine Augen sind in lauter Tränen vergangen. Meine Eingeweide sind in Gärung. Zur Erde verschüttet ist meine Leber.“ Auch alle, die vorübergehen, fragen ungläubig: „Ist das die Stadt, von der man zu sagen pflegte: ‚Sie ist der Schönheit Vollkommenheit, ein Frohlocken für die ganze Erde‘?“ (Klagelieder 2:3, 11, 15).

    Antworten auf biblische Fragen:

    1:15 — Inwiefern hat Jehova „die wahre Weinkelter getreten, die der Jungfrau, der Tochter Juda, gehört“?
    Als die Babylonier die Stadt, die als Jungfrau bezeichnet wird, zerstörten, vergossen sie dermaßen viel Blut, dass sich das mit dem Pressen von Trauben in einer Kelter vergleichen ließ. Jehova hatte die Zerstörung vorausgesagt und zugelassen. Daher kann man sagen, er habe ‘die Weinkelter getreten’.

    2:1 — Wie wurde ‘die Schönheit Israels vom Himmel auf die Erde hinabgeworfen’?
    Da „die Himmel höher sind als die Erde“, drückt ein ‘Hinabwerfen vom Himmel auf die Erde’ mitunter aus, dass etwas Erhöhtes erniedrigt wird. „Die Schönheit Israels“ — die glanzvolle Pracht, die mit Jehovas Wohlwollen auf Israel ruhte — wurde mit der Zerstörung Jerusalems und der Verwüstung Judas hinabgeworfen (Jesaja 55:9).

    2:1, 6 — Was ist Jehovas „Schemel“ und seine „Hütte“?
    Einst sagte der Psalmist: „Lasst uns in seine großartige Wohnstätte kommen; beugen wir uns nieder am Schemel seiner Füße“ (Psalm 132:7). Mit dem „Schemel“ aus Klagelieder 2:1 ist also Jehovas Haus der Anbetung gemeint, der Tempel. Die Babylonier verbrannten „das Haus Jehovas“, als wäre es bloß eine Hütte oder eine Gartenlaube (Jeremia 52:12, 13).

    2:16, 17 — Sollte der 16. Vers nicht mit dem hebräischen Buchstaben Ain beginnen und der 17. nach der Reihenfolge im hebräischen Alphabet mit Pe?
    In der Regel hielten sich die inspirierten Schreiber an die alphabetische Reihenfolge, wenn sie Gedichte in diesem Stil verfassten, allerdings nicht, wenn es auf Kosten der Natürlichkeit ging und gekünstelt klang. Ihnen war der gedankliche Inhalt wichtiger als das Festhalten an der dichterischen Form, die schlicht als Gedächtnisstütze diente. Im dritten und vierten Lied sind diese Buchstaben ebenfalls vertauscht (Klagelieder 3:46, 49; 4:16, 17).

    2:17 — Was genau hatte Jehova „gesagt“ und in Verbindung mit Jerusalem vollbracht?
    Hier wird offenbar auf 3. Mose 26:17 Bezug genommen. Dort steht: „Ich werde tatsächlich mein Angesicht gegen euch richten, und ihr werdet vor euren Feinden zweifellos eine Niederlage erleiden; und die, die euch hassen, werden euch einfach niedertreten, und ihr werdet bestimmt fliehen, wenn keiner euch nachjagt.“

    Lehren für uns:

    1:1-9. Des Nachts weint die Stadt Jerusalem heftig; ihre Tränen sind auf ihren Wangen. Ihre Tore sind verödet; ihre Priester seufzen. Ihre Jungfrauen sind tief betrübt; sie selbst verspürt Bitterkeit. Warum? Weil Jerusalem offenkundige Sünde begangen hat. Ihre Unreinheit ist an ihren Rocksäumen. Mit einer Übertretung stellen sich keine Freuden ein, sondern Tränen, Seufzen und Bitterkeit.

    1:18. Wenn Jehova Übertreter bestraft, geht er dabei stets völlig gerecht vor.

    2:20. Die Israeliten waren davor gewarnt worden, dass, falls sie der Stimme Jehovas nicht gehorchten, Flüche über sie kommen und sie ‘das Fleisch ihrer Söhne und ihrer Töchter essen’ würden (5. Mose 28:15, 45, 53). Einen Kurs des Ungehorsams gegenüber Gott einzuschlagen ist wirklich unklug!

    „ZU MEINER ERLEICHTERUNG VERBIRG DEIN OHR NICHT“
    (Klagelieder 3:1 bis 5:22)

    Im dritten Kapitel der Klagelieder wird das Volk Israel als „der kräftige Mann“ bezeichnet. Trotz des Unglücks, das dieser Mann erlebt, singt er: „Gut ist Jehova gegen den, der auf ihn hofft, gegen die Seele, die ihn ständig sucht.“
    Er fleht den wahren Gott an: „Meine Stimme sollst du hören. Zu meiner Erleichterung verbirg dein Ohr nicht vor meinem Hilferuf.“ Er bittet Jehova, auf das Schmähen der Feinde zu reagieren: „Du wirst ihnen ihre Handlungsweise zurückerstatten, o Jehova, gemäß dem Werk ihrer Hände“ (Klagelieder 3:1, 25, 56, 64).

    Jeremia bringt seine Gefühle wegen der schrecklichen Folgen der eineinhalbjährigen Belagerung Jerusalems offen zum Ausdruck und sagt klagend: „Die Strafe für die Vergehung der Tochter meines Volkes wird auch größer als die Strafe für die Sünde Sodoms, das wie in einem Augenblick umgekehrt wurde und dem sich keine Hände hilfreich zuwandten.“ Dann fügt er hinzu: „Besser ist es den vom Schwert Erschlagenen ergangen als den durch Hunger Hingestreckten, weil diese hinschmachten, durchbohrt vom Mangel an Ertrag des freien Feldes“ (Klagelieder 4:6, 9).

    Das fünfte Gedicht stellt die Bewohner Jerusalems als die Sprechenden dar. Sie sagen: „Gedenke, o Jehova, dessen, was uns widerfahren ist. Schau doch, und sieh unsere Schmach!“ Sie zählen auf, was sie alles erleiden, und bitten dann: „O Jehova, auf unabsehbare Zeit wirst du auf dem Thron sitzen. Dein Thron währt Generation um Generation. Führe uns zurück, o Jehova, zu dir, und wir wollen zurückkehren. Bringe uns neue Tage wie vor alters“ (Klagelieder 5:1, 19, 21).

    Antworten auf biblische Fragen:

    3:16 — Worauf spielt die Aussage an: „An Kies lässt er meine Zähne zerbrechen“?
    Laut einem Nachschlagewerk waren die Juden auf dem Weg nach Babylon gezwungen, ihr Brot in Erdmulden zu backen, weshalb es dann Kies oder Sand enthielt. Beim Essen des Brotes konnte man sich schon ein Stück vom Zahn abbrechen.

    4:3, 10 — Wieso vergleicht Jeremia ‘die Tochter seines Volkes’ mit ‘Straußen in der Wildnis’?
    Die Straußenhenne „behandelt ihre Söhne tatsächlich hart, als gehörten sie nicht ihr“, so steht es in Hiob 39:16. Zum Beispiel macht sie sich, wenn die Küken geschlüpft sind, mit anderen Hennen davon und überlässt die Sorge um die Jungen dem Hahn. Und wenn Gefahr droht? Dann flüchten Hahn und Henne vom Nest und lassen die Kleinen im Stich. Während der Belagerung durch die Babylonier wurde die Hungersnot in Jerusalem so schwer, dass Mütter, die normalerweise mitfühlend sind, mit ihren Kindern grausam umgingen — wie Strauße in der Wildnis. Das unterschied sich völlig von der mütterlichen Fürsorge von Schakalen.

    5:7 — Zieht Jehova jemanden für die Vergehen seiner Vorväter zur Rechenschaft?
    Nein. Jehova bestraft niemanden direkt für Sünden, die seine Vorfahren begangen haben. In der Bibel heißt es: ‘Jeder von uns wird für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen’ (Römer 14:12). Allerdings können weitreichende Konsequenzen begangener Fehler auch spätere Generationen noch zu spüren bekommen. Die Israeliten in alter Zeit wandten sich zum Beispiel dem Götzendienst zu. Dadurch wurde es selbst den treuen Israeliten späterer Zeiten schwer gemacht, auf dem rechten Weg zu bleiben (2. Mose 20:5).

    Lehren für uns:

    3:8, 43, 44. Während des Unglücks, das über Jerusalem kam, reagierte Jehova nicht auf die Hilferufe der Einwohner. Warum nicht? Weil sie ungehorsam waren und reuelos blieben. Wenn wir möchten, dass Jehova unsere Gebete erhört, dann müssen wir ihm gehorchen (Sprüche 28:9).

    3:20. Jehova, ‘der Höchste über die ganze Erde’, ist so erhaben, dass er sich herabneigen muss, um „auf Himmel und Erde zu schauen“ (Psalm 83:18; 113:6). Dennoch stand für Jeremia außer Frage, dass der Allmächtige gern bereit ist, sich tief über Menschen zu beugen, sich also auf ihre Ebene zu begeben, um ihnen Mut zu machen. Wir können froh und dankbar sein, dass der wahre Gott nicht nur allmächtig und allweise ist, sondern auch demütig!

    3:21-26, 28-33. Wie können wir durchhalten, selbst wenn wir schweres Leid erleben? Jeremia weiß es: Wir dürfen nie vergessen, wie viel Jehova in seiner liebenden Güte für uns tut und wie oft er sich unser erbarmt. An noch etwas sollten wir denken: Schon allein die Tatsache, dass wir am Leben sind, ist Grund genug, die Hoffnung nicht aufzugeben. Wir müssen geduldig sein und still auf unseren Retter Jehova warten, ohne zu jammern. Auch gilt es, den „Mund direkt in den Staub“ zu legen, das heißt demütig eine schwere Belastung auf sich zu nehmen, weil man weiß, dass es immer aus gutem Grund geschieht, wenn Gott etwas zulässt.

    3:27. Glaubenserprobungen können für einen Jugendlichen bedeuten, dass er schwierige Situationen und Spott auszuhalten hat. Doch ist es ‘gut für einen kräftigen Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trägt’. Warum ist das gut? Wer schon in der Jugend mit einem Joch des Leidens umzugehen lernt, ist auf Schwierigkeiten später im Leben besser vorbereitet.

    3:39-42. Uns ‘in Klagen zu ergehen’, wenn wir wegen Sünden leiden, ist unklug. Statt zu jammern, weil wir die Folgen eines verkehrten Verhaltens zu tragen haben, „erkunden wir doch unsere Wege und erforschen sie, und kehren wir doch um, ja zu Jehova“. Das Klügste ist, zu bereuen und uns zu korrigieren.

    Lernen, auf Jehova zu vertrauen

    Das Bibelbuch Klagelieder macht klar, wie Jehova Jerusalem und das Land Juda sah, als die Babylonier die Stadt niedergebrannt und das Land verwüstet hatten. Jehova beurteilte die Lage so, dass das Volk selbst schuld war an seinem Unglück, was auch an den niedergeschriebenen Schuldbekenntnissen zu erkennen ist. Die inspirierten Lieder enthalten außerdem Texte, die ein Hoffen auf Jehova ausdrücken sowie den Wunsch, den rechten Weg einzuschlagen. Die Mehrheit der Menschen in den Tagen Jeremias dachte zwar nicht so, aber Jeremia und ein reuevoller Überrest schon.

    Aus Jehovas Einschätzung der Lage Jerusalems, die in dem Buch Klagelieder zum Ausdruck kommt, können wir zweierlei lernen: Die Zerstörung Jerusalems und die Verwüstung Judas dienen als Warnung davor, den göttlichen Willen zu ignorieren, und mahnen geradezu zum Gehorsam gegenüber Jehova (1. Korinther 10:11). Und aus dem Beispiel Jeremias lässt sich etwas ableiten (Römer 15:4). Selbst in einer scheinbar hoffnungslosen Lage verlässt sich der tief betrübte Prophet darauf, dass Jehova für Rettung sorgt. Es ist für uns ebenfalls unabdingbar, in allem völlig auf Jehova und sein Wort zu vertrauen und ihn zu unserer Feste zu machen! (Hebräer 4:12).

    WT 01.06.2007

  7. Jule sagt:

    Klagelieder 1 – 5

    Klagelieder 1 – Jerusalem ist zerstört!

    1 Ach, wie einsam und verlassen liegt sie da, die Stadt Jerusalem, in der sich einst die Menschen drängten! Sie war berühmt bei allen Völkern, jetzt gleicht sie einer Witwe ohne Schutz. Sie, die über andere Länder herrschte, wird nun zum Sklavendienst gezwungen.

    2 Sie weint und weint die ganze Nacht, die Tränen laufen ihr übers Gesicht. Unter all ihren Liebhabern ist niemand, der sie tröstet. Alle Freunde haben sie verlassen und sind nun ihre Feinde!

    3 Schwer musste Juda arbeiten und viel Elend erdulden, nun hat man sie gefangen fortgeschleppt. Jetzt wohnt sie unter fremden Völkern und findet keine Ruhe; ihre Verfolger haben sie überfallen, als sie sich nicht wehren konnte.

    4 Die Wege, die nach Zion führen, sind verödet, weil niemand mehr zu den Festen kommt. Alle Tore Jerusalems sind zerstört. Die Priester seufzen, und die jungen Mädchen trauern. Die Stadt leidet bitteren Schmerz.

    5 Die sie hassen, haben die Macht über sie, ihre Feinde fühlen sich sicher. Der Herr hat Leid über Jerusalem gebracht, weil er ihre vielen Sünden strafen will. Die Feinde nahmen ihre Kinder gefangen und trieben sie vor sich her aus dem Land.

    6 Zion hat all ihre Pracht verloren. Ihre Fürsten sind wie Hirsche, die keine Weide mehr finden; ihnen fehlt die Kraft, den Verfolgern zu entfliehen.

    7 Mitten im Elend, weit weg von ihrer Heimat, denkt Jerusalem an die Schätze, die sie seit langer Zeit besaß. Als sie dem Feind in die Hände fiel, war niemand da, der ihr half.

    8 Jerusalem hat große Schuld auf sich geladen, nun schüttelt man den Kopf über sie. Die sie früher verehrten, verachten sie jetzt, weil sie nackt und hilflos vor ihnen liegt. Sie aber seufzt und vergräbt ihr Gesicht in den Händen.

    9 Dass ihre Untreue aufgedeckt wird, hat sie nicht bedacht. Nun ist sie tief gefallen – und keiner ist da, der sie tröstet. »Ach Herr«, fleht sie, »sieh doch mein Elend an, und sieh auch, wie die Feinde prahlen!«

    10 Sie raubten alle ihre Schätze. Jerusalem musste mit ansehen, wie Fremde in den heiligen Tempel eindrangen. Dabei hatte der Herr ihnen verboten, den Ort zu betreten, wo sich seine Gemeinde versammelt.

    11 Das Volk seufzt und sucht nach Brot, sie geben all ihr Hab und Gut, nur um am Leben zu bleiben. Jerusalem fleht: »Herr, sieh mich an! Ich werde von allen verachtet!

    12 Schaut her, ihr Fremden, die ihr vorüberzieht! Habt ihr noch nichts davon gehört? Gibt es ein größeres Leid als meines? Der Herr hat es mir zugefügt, sein Zorn hat mich getroffen.

    13 Er ließ Feuer vom Himmel auf mich fallen, das in meinem Innern wütete. Er hat mir eine Falle gestellt und mich zu Boden geworfen. Er hat mich zu einer Trümmerstätte gemacht, die von allen gemieden wird.

    14 Schwer lasten meine Sünden auf mir wie ein Joch, das der Herr mir aufgebürdet hat. Er legte es um meinen Nacken, und ich brach darunter zusammen. Der Herr hat mich meinen Feinden ausgeliefert, die stärker waren als ich.

    15 Meine besten Soldaten hat er vernichtet. Er hat meine Feinde zu einem Fest eingeladen, und dort brachten sie unsere jungen Männer um. Der Herr hat Juda zertreten wie Trauben in der Kelter.

    16 Darüber weine ich Tag und Nacht, die Tränen verschleiern mir die Augen. Denn weit und breit habe ich keinen, der mich tröstet, niemanden, der mir wieder Mut zuspricht. Meine Söhne sind hilflos, der Feind hat uns in seiner Gewalt.«

    17 Verzweifelt streckt Zion ihre Hände aus, doch keiner ist da, der sie tröstet! Der Herr hat Israels Feinde von allen Seiten herbeigerufen. Voller Abscheu blicken sie auf Jerusalem.

    18 »Zu Recht hat der Herr mich bestraft, denn ich habe mich seinen Geboten widersetzt! Ihr Völker, hört her! Seht doch, wie groß mein Schmerz ist! Die Mädchen und die jungen Männer wurden als Gefangene verschleppt.

    19 Ich rief nach meinen Liebhabern, aber sie haben mich verlassen. Meine Priester und Ältesten sind mitten in der Stadt zusammengebrochen, als sie Nahrung suchten, um am Leben zu bleiben.

    20 Ach Herr, sieh doch, wie verzweifelt ich bin! In mir wühlt der Schmerz; mir bricht das Herz, wenn ich daran denke, wie ich mich gegen dich aufgelehnt habe. Draußen raubte das Schwert mir meine Kinder, und drinnen raffte die Seuche sie dahin.

    21 Man hört mich seufzen, doch keiner tröstet mich. Stattdessen jubeln meine Feinde, wenn sie erfahren, welches Unglück du über mich gebracht hast. Doch wenn dein Gerichtstag kommt, den du angekündigt hast, dann wird es ihnen ergehen wie mir.

    22 Zieh sie zur Rechenschaft für all ihre Bosheit! Vergelte ihnen alles, so wie du auch mich für meine Schuld bestraft hast! Denn ich seufze ohne Ende, der Kummer macht mich krank.«

    Ein Wechselbad der Gefühle!

    Zuerst hört es sich so an, als fühle sich Jerusalem ungerecht behandelt, als empfinden sie die Strafe als zu hart.

    Aber wenn die Strafe von Jehova kommt, kann sie nicht zu hart sein. Denn Jehova ist absolut gerecht und wie wir wissen sucht er nur nach Grundlagen, um seinem Volk zu verzeihen.

    Gut, dass sie dies zum Schluß hin selbst erkennen!

    Auch die Schlußfolgerung, dass dies nur zu ihrer Zucht dient und diese ja nur eine Weile dauert. Jehova kann jeden Schaden wieder gut machen und im Verhältnis zu dem, was uns erwartet, wenn wir bis zum Ende ausharren – ist das, was wir heute erdulden, nur eine Kleinigkeit! Wir hatten ja erst auf dem BZK den öffentlichen Vortrag gehört: „Die früheren Dinge werden nicht in den Sinn gerufen werden“.

    Also warten wir bitte alle geduldig auf die Rettung Jehovas!

  8. Jule sagt:

    Klagelieder 2 – Der Zorn des Herrn hat Jerusalem getroffen

    1 Der Zorn des Herrn liegt über Zion wie eine große, dunkle Wolke. Wie ein Stern vom Himmel auf die Erde stürzt, so verging Jerusalems ganze Pracht. An dem Tag, als der Zorn des Herrn losbrach, wollte er sogar von seinem Tempel nichts mehr wissen!

    2 Er hat die Dörfer und Felder Israels erbarmungslos zerstört. Die befestigten Städte Judas hat er niedergerissen, in seinem Zorn hat er über das Königreich Schande gebracht und die Mächtigen gestürzt.

    3 Der Herr hat Israel aller Macht beraubt. Als der Feind kam, zog er seine schützende Hand zurück. Er hat das Land in Brand gesteckt wie ein loderndes Feuer, das alles ringsum verzehrt.

    4 Er spannte seinen Bogen und stellte sich auf, die Hand bereit zum Schuss. Wie ein Feind hat er alle getötet, die uns lieb und teuer waren. Über die Häuser Zions goss er seinen Zorn aus wie Feuer.

    5 Der Herr ist Israels Feind geworden: Er hat das Land verwüstet und alle Paläste zerstört. Die befestigten Städte machte er dem Erdboden gleich und brachte unermessliches Leid über die Bewohner Judas.

    6 Er hat seinen Tempel niedergerissen wie eine Hütte; den Ort, an dem wir uns vor ihm versammelten, hat er zerstört. Den Festtagen und Sabbatfeiern hat der Herr ein Ende bereitet. In seinem furchtbaren Zorn hat er den König und die Priester verstoßen.

    7 Der Herr will von seinem Tempel nichts mehr wissen, seinen Altar hat er entweiht. Die Feinde ließ er bis in die Paläste eindringen, und selbst im Tempel hörte man sie lärmen wie an einem Festtag.

    8 Der Herr wollte die Mauern Jerusalems zerstören. Und so spannte er die Messschnur über sie, um sie völlig zu vernichten. Er riss Mauern und Schutzwälle nieder, nun liegen sie verödet da.

    9 Die Stadttore machte er dem Erdboden gleich, er brach die Riegel auf und zerschlug sie. Unser König und seine Beamten müssen unter fremden Völkern leben. Niemand verkündet uns die Weisungen Gottes, und die Propheten empfangen vom Herrn keine Visionen mehr.

    10 Die Ältesten sitzen stumm am Boden, sie haben sich Staub auf den Kopf gestreut und Trauerkleider angezogen. Die Mädchen von Jerusalem gehen mit gesenktem Kopf umher.

    11 Ich weine mir fast die Augen aus, der Schmerz überwältigt mich, und es bricht mir das Herz, dass ich den Untergang meines Volkes miterleben musste. Ich sah Säuglinge und kleine Kinder auf den Plätzen der Stadt verhungern.

    12 »Ich habe Hunger! Ich habe Durst!«, sagten sie zu ihrer Mutter. Dann brachen sie zusammen und lagen auf der Straße wie tödlich Verwundete. In den Armen ihrer Mutter erlosch ihr Leben.

    13 Ach, Jerusalem, was soll ich dir sagen? Hat es jemals solches Elend gegeben? Wie kann ich dich nur trösten, du einst blühende Stadt? Schrecklich war dein Untergang. Gibt es einen, der dir noch helfen kann?

    14 Deine Propheten weissagten nichts als Lug und Trug; sie deckten deine Schuld nicht auf – nur so hätten sie das Unheil von dir abgewendet. Mit ihren Botschaften haben sie dich betrogen und verführt.

    15 Wer vorübergeht, verspottet dich; er lacht verächtlich und schüttelt den Kopf beim Anblick Jerusalems: »Ist das die Stadt, die als vollendete Schönheit galt, eine Augenweide für die ganze Welt?«

    16 Deine Feinde ziehen über dich her. Sie verhöhnen dich und weiden sich an deinem Untergang: »Wir haben sie vernichtet! Auf diesen Tag haben wir lange gewartet, nun ist er endlich da, wir haben unser Ziel erreicht!«

    17 Was der Herr sich vorgenommen hatte, das hat er auch getan! Er hat die Drohung wahr gemacht, die er seit langer Zeit verkünden ließ. Erbarmungslos hat er dich zerstört, er schenkte deinen Feinden den Triumph und stärkte ihre Macht.

    18 Zion, schrei laut zum Herrn! Lass wie einen Bach die Tränen fließen Tag und Nacht, hör nicht auf damit, gönn dir keine Ruhe!

    19 Steh jede Nacht auf, flehe zu Gott um Hilfe, und schütte ihm dein Herz aus! Heb deine Hände zu ihm empor, und bitte für das Leben deiner Kinder, die an allen Straßenecken verhungern.

    20 Herr, sieh doch die Menschen, über die du solches Leid gebracht hast! Frauen aßen ihre eigenen Kinder, die sie vorher liebevoll gepflegt hatten. Und in deinem heiligen Tempel wurden Priester und Propheten totgeschlagen. Warum hast du das zugelassen?

    21 Kinder und Greise liegen auf den Straßen, Mädchen und junge Männer – durchbohrt vom Schwert der Feinde. Am Tag, als dein Zorn sie traf, hast du sie ohne Mitleid abgeschlachtet.

    22 Meine Feinde hast du von allen Seiten herbeigerufen wie zu einer Festversammlung. Dein Zorn kam über mich, da gab es kein Entrinnen! Meine Kinder, die ich mit viel Liebe großzog, sind dem Feind zum Opfer gefallen.

    Bedauernswert – aber selbst zuzuschreiben: Jehova ist keinesfalls hart und herzlos, wie es hier bei einigen Versen den Anschein hat.

    „Wie kann Jehova nur so grausam sein und unschuldige Kinder umbringen?“

    Ähnliche Gedanken mögen dem einen oder anderen kommen, wenn er sich im Geschichtsbuch das Bild ansieht, wo in der Sintflut alle umkommen und die kleinen Kinder angstvoll ihre kleinen Ärmchen nach ihren Müttern ausstrecken. Aber ist es hier wirklich Jehova, der grausam ist?

    Sind die Menschen denn nicht all die Jahre gewarnt worden? Damals von Noah „einem Prediger der Gerechtigkeit“ und seiner Familie, später von den Propheten und heute von seinen Zeugen. Jehova hat die Menschen darüber in Kenntnis setzen lassen, wie sehr er ihr schlechtes Tun verabscheut und sie gebeten, „doch bitte umzukehren“, damit er sie nicht strafen muss.

    Wer ist hier also in Wirklichkeit Schuld am Tod der unschuldigen Kinder? Sind es denn nicht viel eher ihre eigenen Eltern? Sie tragen doch die Verantwortung für ihre Kinder. Und wenn ihnen ihre eigenen egoistischen Wünsche wichtiger sind als das Wohlergehen ihrer Kinder – ist dann wirklich Jehova daran Schuld?

    Denkst du jetzt vielleicht: „aber sie finden das nicht schlecht, was sie tun. Wieso kann Jehova sie dann verurteilen?“?

    Ganz einfach: Jehova ist der Schöpfer und damit Besitzer der Menschen. Er hat das Recht, festzulegen, was gut und was schlecht ist. Wenn sie das nicht anerkennen wollen, dann müssen sie halt „die Erde verlassen“. Ähnlich wie ein Vermieter einen Mieter aus dem Haus wirft, der alles kaputt macht und sich nicht an die Hausordnung hält.

    In gewisser Hinsicht ist Jehova ja damals wie heute unglaublich barmherzig mit diesen Ungehorsamen. Denn er könnte sie ja auch sofort vernichten – ebenso wie ein Mensch unweigerlich tot ist, wenn er über den Rand einer hohen Klippe hinaus geht. Aber Jehova hat sie gewähren lassen – all die Jahre, die Noah und seine Familie predigten und an der Arche bauten. Auch die Propheten haben ja viele viele Jahre vor dem Unglück gewarnt. All die Jahre hat Jehova ihnen ja Zeit und Gelegenheit eingeräumt, ihren eigenen egoistischen Zielen nachzugehen. Auch heute predigen seine Zeugen bereits mehr als 100 Jahre und dies auf der ganzen Erde und in so vielen Sprachen. In dieser Zeit hat Jehova diejenigen gewähren lassen. Oftmals auf Kosten derjenigen, die Jehova aufrichtig dienen.

    Ist es da wirklich ungerecht, grausam und unbarmherzig, wenn diese unschuldigen Kinder sterben müssen?

    Ja, das ist es tatsächlich.

    Allerdings nicht von Jehova, sondern von den Eltern der Kinder, die diese Warnung all die Jahre ignoriert haben – nur um so leben zu können, wie es ihnen in den Kram passt!

    Daran sollten wir immer denken, wenn wir von solchen Geschichten wie hier in Klagelieder lesen oder wenn wir vielleicht über die Bilder im Geschichtenbuch geschockt sind: es müßte nicht sein. Jeder hat die Wahl und die Eltern sind für das Geschick ihrer Kinder verantwortlich. Wenn sie dem nicht nachkommen – was kann Jehova dafür?

  9. Jule sagt:

    Klagelieder 3 – Hoffnung in der größten Not

    1 Ach, wie viel Elend muss ich ertragen! Ich bin der Mann, den Gott mit seiner Rute schlägt.

    2 Er hat mich immer tiefer in die Finsternis getrieben.

    3 Tag für Tag trifft mich seine strafende Hand.

    4 Davon bin ich abgemagert, alt geworden; meine Knochen hat er zerschlagen.

    5 Bitteres Leid und Erschöpfung haben mich überwältigt, er hat es über mich gebracht.

    6 In Dunkelheit lässt er mich zurück, als wäre ich schon lange tot.

    7 Mit schweren Ketten hat er mich gefesselt und mit hohen Mauern umgeben, ich komme nicht mehr heraus!

    8 Wenn ich schreie und um Hilfe rufe, so verschließt er sich meinem Gebet.

    9 Wohin ich mich auch wende – er hat meine Wege mit großen Steinen versperrt. Ich komme nicht mehr weiter.

    10 Gott hat mir aufgelauert wie ein Bär, wie ein Löwe in seinem Versteck.

    11 Er hat mich vom Weg gedrängt, mich zerfleischt und hilflos liegen lassen.

    12 Er spannte seinen Bogen, zielte mit seinem Pfeil auf mich

    13 und schoss mir mitten durch das Herz.

    14 Mein Volk verlacht mich Tag für Tag, sie singen Spottlieder auf mich.

    15 Gott reicht mir bittere Kräuter zu essen und füllt mir den Becher mit Wermut.

    16 Er gibt mir Steine statt Brot, er tritt mich tief in den Staub.

    17 Was Frieden und Glück ist, weiß ich nicht mehr. Du, Herr, hast mir alles genommen.

    18 Darum sagte ich: »Meine Kraft ist geschwunden, und meine Hoffnung auf den Herrn ist dahin.

    19 Meine Not ist groß, ich habe keine Heimat mehr. Schon der Gedanke daran macht mich krank.

    20 Und doch denke ich ständig daran und liege am Boden.«

    21 Aber eine Hoffnung bleibt mir noch, an ihr halte ich fest:

    22 Die Güte des Herrn hat kein Ende, sein Erbarmen hört niemals auf,

    23 es ist jeden Morgen neu! Groß ist deine Treue, o Herr!

    24 Darum sage ich: Herr, ich brauche nur dich! Auf dich will ich hoffen.

    25 Denn der Herr ist gut zu dem, der ihm vertraut und ihn von ganzem Herzen sucht.

    26 Darum ist es das Beste, geduldig zu sein und auf die Hilfe des Herrn zu warten.

    27 Und es ist gut für einen Menschen, wenn er schon früh lernt, Schweres zu tragen.

    28 Wenn Gott ihm die Last auferlegt, soll er sich darunter beugen und ruhig bleiben.

    29 Geduldig ertrage er sein Leid, vielleicht gibt es noch Hoffnung.

    30 Wenn er geschlagen wird, soll er die Wange hinhalten und die Demütigung ertragen.

    31 Denn der Herr verstößt uns nicht für immer.

    32 Er lässt uns leiden, aber dann erbarmt er sich wieder, denn seine Gnade ist groß.

    33 Wenn er uns straft und Leid über uns bringt, so schmerzt es ihn selbst.

    34 Sie treten unsere Gefangenen.

    35 Sie beugen das Recht vor den Augen des höchsten Gottes.

    36 Sie betrügen uns vor Gericht. – Hat der Herr das nicht gesehen?

    37 Wer kann etwas geschehen lassen, wenn der Herr es nicht befiehlt?

    38 Kommt nicht Glück und Unglück aus seiner Hand?

    39 Warum klagen wir? Der Herr ließ uns doch am Leben! Er straft uns nur für unsere Sünden.

    40 Kommt, wir wollen unser Leben prüfen und dann zurückkehren zum Herrn!

    41 Ihm wollen wir unsere Herzen öffnen, zu ihm, der im Himmel wohnt, die Hände erheben und beten:

    42 »Herr, wir haben dir die Treue gebrochen, wir haben uns gegen dich aufgelehnt – und du hast uns nicht vergeben!

    43 Dein Zorn hat uns getroffen, du hast uns verfolgt und erbarmungslos getötet!

    44 Du hast dich in dichte Wolken gehüllt, kein Gebet ist zu dir durchgedrungen.

    45 Du hast dafür gesorgt, dass die Völker uns verachten; sie behandeln uns wie Dreck und Abfall.

    46 Unsere Feinde lästern über uns.

    47 Wir haben Schrecken und Zusammenbruch erlebt, wir haben Angst und schweben ständig in Gefahr.«

    48 Ich weine hemmungslos über den Untergang meines Volkes.

    49 Meine Tränen fließen unaufhörlich, ich finde keine Ruhe,

    50 bis der Herr vom Himmel herabschaut und uns sieht.

    51 Mir bricht das Herz, wenn ich sehe, was mit den Frauen und Mädchen in meiner Stadt geschieht.

    52 Ich habe meinen Feinden nichts getan, und doch haben sie mich gefangen wie einen Vogel.

    53 Sie warfen mich in einen Brunnen und ließen Steine auf mich fallen.

    54 Das Wasser schlug über mir zusammen, und ich dachte schon: »Das ist das Ende!«

    55 Da schrie ich zu dir um Hilfe, o Herr, unten aus der Grube:

    56 »Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Seufzen und Schreien!« Und du hast mich erhört!

    57 Als ich rief, kamst du zu mir und sprachst: »Fürchte dich nicht!«

    58 Herr, du hast mir geholfen und mein Leben gerettet.

    59 Du siehst, wie viel Unrecht ich immer noch erleide. Schaffe du mir Recht!

    60 Du kennst die Rachsucht meiner Feinde und ihre finsteren Pläne gegen mich.

    61 Herr, du hast gehört, wie sie mich schmähten, ihre bösen Verleumdungen sind dir nicht verborgen.

    62 Tagein, tagaus verhöhnen sie mich, immer ziehen sie über mich her.

    63 Herr, hör doch: Von früh bis spät singen sie ihre Spottlieder über mich!

    64 Vergelte es ihnen, o Herr! Gib ihnen den gerechten Lohn für ihre schrecklichen Taten!

    65 Lass ihre Herzen hart und gleichgültig werden, möge dein Fluch über sie kommen!

    66 Verfolge sie, bis dein Zorn sie trifft, und lass sie vom Erdboden verschwinden!

    „Du hast uns aufgelauert“ – was für eine Ironie!

    Wenn ich etwas tun will, was Unrecht ist und ein Polizist vor mir steht und sagt: „keinen Schritt weiter, oder ich schieße!“, kann ich den dann verklagen, wenn er mir ins Bein schießt und ich deshalb den Rest meines Lebens schlimme Schmerzen habe und schlecht laufen kann? Wie kann ich sagen, er habe mir aufgelauert, wenn er mich doch gewarnt hat und ich selbst es war, die die Warnung ganz bewußt ignoriert habe?

  10. Jule sagt:

    Klagelieder 4 – Jerusalems Elend

    1 Das Gold hat seinen schönen Glanz verloren, stumpf und matt ist es geworden. Die kostbaren Steine des Tempels liegen verstreut an allen Straßenecken.

    2 Die jungen Männer Zions, die uns wertvoll sind wie reines Gold, werden verächtlich behandelt wie gewöhnliches Tongeschirr.

    3 Selbst Schakale säugen ihre Jungen, aber die Mütter meines Volkes sind grausam zu ihren Kindern wie ein Strauß in der Wüste.

    4 Dem Säugling klebt vor Durst die Zunge am Gaumen, kleine Kinder verlangen nach Brot, doch niemand gibt es ihnen.

    5 Wer früher nur das Feinste aß, bricht nun vor Hunger auf der Straße zusammen. Wer früher auf purpurfarbenen Kissen schlief, liegt jetzt auf einem Abfallhaufen.

    6 Mein Volk hat schwerer gesündigt als Sodom, das ohne menschliches Zutun plötzlich unterging.

    7 Wie herrlich sahen unsere Fürsten aus! Sie waren gesund und kräftig und hatten eine schöne Gestalt.

    8 Jetzt aber ist ihr Gesicht eingefallen, sie sind bis auf die Knochen abgemagert, man erkennt sie auf der Straße nicht mehr wieder.

    9 Wer vom Schwert der Feinde durchbohrt wurde, hatte es besser als jene, die überlebten. Sie starben einen qualvollen Tod, weil keine Früchte mehr vom Feld in die Stadt gebracht wurden.

    10 Und in der größten Hungersnot haben selbst liebevolle Mütter ihre eigenen Kinder gekocht und gegessen!

    11 Der Herr hat seinen Zorn gestillt und ihn über uns alle ausgegossen. Er legte in Jerusalem ein Feuer, das die Stadt bis auf die Grundmauern niederbrannte.

    12 Die Feinde sind durch die Tore Jerusalems eingezogen. Niemand hat das für möglich gehalten, auch die Könige der anderen Völker nicht!

    13 Doch es geschah wegen der Sünden unserer Propheten und Priester: Sie haben in der Stadt unschuldige Menschen umgebracht.

    14 Jetzt taumeln sie wie Blinde durch die Straßen. Sie sind so mit Blut besudelt, dass niemand sie berühren darf.

    15 »Aus dem Weg!«, ruft man ihnen zu. »Ihr seid unrein! Aus dem Weg! Rührt uns nicht an!« So müssen sie fliehen und irren umher. Sogar in anderen Ländern sagt man: »Bei uns können sie nicht bleiben!«

    16 Der Herr hat sich von ihnen abgewandt und sie aus dem Land vertrieben. Niemand nimmt noch Rücksicht auf die alten Männer.

    17 Wir warteten unentwegt auf Hilfe, doch vergeblich! Auch das Volk, auf das wir unsere Hoffnung setzten, konnte uns nicht retten.

    18 Die Feinde verfolgten uns auf Schritt und Tritt, wir konnten uns nicht mehr auf die Straße wagen. Unsere Tage waren gezählt, das Ende war da!

    19 Die Verfolger stürzten sich auf uns so schnell wie ein Adler. Auf der Flucht ins Bergland holten sie uns ein, und in der Wüste lauerten sie uns auf.

    20 Unseren König, den der Herr erwählte, haben sie uns genommen, und mit ihm unser Leben! Und wir hatten gehofft, er würde uns vor den anderen Völkern schützen!

    21 Lacht nur schadenfroh, ihr Edomiter im Land Uz! Der Kelch mit Gottes Zorn kommt auch zu euch! Ihr müsst ihn trinken, dann werdet ihr taumeln und nackt am Boden liegen.

    22 Jerusalem, deine Schuld ist gesühnt! Der Herr wird dich nie mehr in die Gefangenschaft führen. Aber eure Schuld, ihr Edomiter, bringt er ans Licht! Er wird euch zur Rechenschaft ziehen.

    was ist wirklich von Wert? Was sollte in unserem Leben oberste Priorität haben?

    All ihr Gold und Silber, all ihre Schätze sind völlig wertlos, wenn Jehova mit uns ins Gericht geht. Auch Ansehen, Ruhm und Ehre interessieren ihn nicht. Selbst Dienstämter sind bei Jehova ohne Wert – wenn sie aus dem falschen Beweggrund und „mit falschen Herzen“ ausgeübt werden.

    Wie berührt dies nun uns und unsere Einstellung zu den Dingen? Lassen wir uns vielleicht von unserem „verräterischen Herzen“ in die Irre leiten?

  11. Jule sagt:

    Klagelieder 5 – Herr, führe uns wieder zurück zu dir!

    1 Ach Herr, vergiss nicht, was man uns angetan hat! Sieh doch, wie wir gedemütigt werden!

    2 Unser Grund und Boden gehört einem anderen Volk, in unseren Häusern wohnen Fremde!

    3 Wir sind verlassen wie Waisenkinder, unsere Mütter schutzlos wie Witwen!

    4 Unser eigenes Trinkwasser müssen wir bezahlen, und auch Brennholz bekommen wir nur gegen Geld.

    5 Der Feind sitzt uns im Nacken; wir sind völlig erschöpft, doch man gönnt uns keine Ruhe.

    6 Wir unterwarfen uns den Ägyptern und Assyrern, damit wir genug Brot zu essen hatten.

    7 Unsere Vorfahren haben gegen dich gesündigt. Sie leben nun nicht mehr, wir aber müssen für ihre Schuld bezahlen.

    8 Sklaven herrschen über uns, und keiner schützt uns vor ihrer Willkür.

    9 Räuberbanden machen das Land unsicher. Wenn wir die Stadt verlassen, um draußen nach Nahrung zu suchen, setzen wir unser Leben aufs Spiel.

    10 Wir sind vom Hunger ausgezehrt, unsere Körper glühen vor Fieber.

    11 In Jerusalem haben sie unsere Frauen vergewaltigt, in den Städten von Juda waren die Mädchen ihnen hilflos ausgeliefert.

    12 Sie haben unsere Fürsten aufgehängt, und selbst den Ältesten erweist man keine Ehrfurcht mehr.

    13 Unsere Männer müssen Korn mahlen wie die Sklaven, die Jungen schleppen Brennholz und brechen unter der Last zusammen.

    14 Die Alten sitzen nicht mehr am Stadttor beieinander, und die Jungen spielen keine Instrumente mehr.

    15 Unsere Freude ist verflogen, das Singen und Tanzen ist zum Trauerlied geworden.

    16 Wir haben unseren Ruhm und Glanz verloren; die Strafe trifft uns, weil wir gegen Gott gesündigt haben.

    17 Darum ist unser Herz voll Trauer, und unsere Augen sind müde vom Weinen.

    18 Denn der heilige Berg Zion ist verwüstet, Schakale streunen durch die Ruinen.

    19 Herr, du regierst für immer und ewig, du bist König für alle Zeiten.

    20 Warum vergisst du uns? Wird sich das nie ändern? Willst du uns für immer verlassen?

    21 Herr, führe uns zurück zu dir, dann können wir zu dir umkehren! Lass unser Leben wieder so wie früher sein!

    22 Oder hast du uns für immer verstoßen? Hat dein Zorn über uns kein Ende?

    Interessant auch der Aufbau der einzelnen Kapitel: erst wird rumgejammert, wie arm sie doch dran sind und wie gemein doch Jehova zu ihnen ist – und dann kommt der Teil, wo sie es einsehen.

    Wobei ich eher vermute, dass hier einige Gänsefüßchen fehlen. Mir kommt es eher wie ein Dialog zwischen Jeremia und dem Volk vor. Das Volk klagt, fühlt sich ungerecht behandelt und Jeremia ist es, der sie immer wieder zur Vernunft bringen will. Er ist es, der sie immer wieder daran erinnert, dass sie nur die Suppe auslöffeln, die sie sich selbst eingebrockt haben. Jeremia ist es, er sie daran erinnert, dass sie bereuen und umkehren müssen, damit ihnen Jehova Barmherzigkeit erweisen kann.

    So zumindestens kommt es bei mir rüber….

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