Logos April II

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kostenloses Buch im April von logos



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Ein deurtsches Buch als „kostenloses Buch des Monats“ Mit Gott auf dem Weg
by J. C. Ryle –

Ryle zeigt in diesem Buch, wie wichtig ein echter, von Gott gewirkter Glaube ist, der nicht aus oberflächlicher Religiosität besteht, sondern aus einem Leben in Gemeinschaft mit Gott. Das Buch enthält Themen, wie das Gebet, das Wort Gottes, wahre Frömmigkeit, Erwählung und das ewige Leben.

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Mit Logos können Sie auch nach theologischen Begriffen suchen, die nicht ausdrücklich in der Heiligen Schrift vorkommen, wie z. B. „hypostatische Union“. Benötigen Sie Verse zu praktischen Themen wie Evangelisation? Selbst wenn ein Begriff nicht direkt in der Bibel erwähnt wird, hilft Ihnen Logos dabei, relevante Erkenntnisse zu finden.

niemand zu lästern, Kämpfe zu meiden, freundlich zu sein und volle Sanftmut gegen alle Menschen zu beweisen.

niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, gelinde, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen.
Elberfelder 1871 – Titus 3,2

Ermahne sie, über niemand schlecht zu reden und nicht zu streiten, sondern friedfertig zu sein und allen Menschen freundlich zu begegnen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Titus 3:2

 niemanden schlechtzumachen, keinen Streit zu suchen, freundlich zu sein und allen Menschen gegenüber Milde walten zu lassen.
Zürcher Bibel 2007 – Tit 3,2

Veränderungen sichtbar? und Weil wir uns in Jesu Menschwerdung …getragen wissen

Beim scharfen Gegensatz gegen die Juden und Heiden in der religiösen Frage hatte jedes dieser Worte Tag um Tag für den Verkehr der Christen mit ihrer Umgebung die größte Wichtigkeit.
Nun folgt ähnlich wie 2,11 wieder ein Wort, in das Paulus das ganze Evangelium zusammenfaßt, um an ihm zu zeigen, daß sie mit denen, die der Gemeinde feindlich bleiben, nicht anders verkehren können als so, wie es die vorangehenden Worte beschrieben haben. Es so und nicht anders zu machen, dazu sind sie durch die Grundwahrheit des Evangeliums berufen und fähig gemacht.

Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament

Vom speziellen Verhältnis der Christen in Kreta zu übergeordneten Instanzen, kommt Paulus zu allgemeineren Dingen, die Titus in Erinnerung rufen soll, nämlich, nicht schlecht über andere zu reden, nicht auf Streit mit anderen aus zu sein, sondern im Gegenteil, mild und sanftmütig gegen alle Menschen auftretend und ihnen diese Eigenschaften, die der Herr Jesus in Vollkommenheit hat, praktisch zu zeigen.

Peter Streitenberger – Der Titus-Brief

In diesem Zusammenhang bedeutet „zu jedem guten Werke (agathon ergon) bereit zu sein“, voll und ganz mit staatlichen Behörden darauf hinzuarbeiten, daß all das gefördert wird, was für Staat und Gesellschaft gut (agathon) ist, und dennoch den Grundsatz zu wahren, daß unser Tun dem Willen Gottes entsprechen muß.
V. 2 bringt unsere sozialen Beziehungen ins Spiel. Hier gibt es zwei negative und zwei positive Anordnungen.
Die Ermahnung, „niemand“, wörtlich „nicht einmal einen Menschen“, „zu lästern“ (hlasphemeo), war vermutlich in erster Linie an unterdrückte Gläubige gerichtet, die von Natur aus dazu neigten, ihre Herren zu lästern (siehe 2.Petr. 2,10 und Judas 1,10 zu diesem Prinzip), wurde dann aber als allgemeiner Grundsatz erweitert. Der Ausdruck bedeutet natürlich nicht, daß wir nie über die Schlechtigkeiten von Menschen reden noch sie bloßstellen sollen, doch es steht uns gewiß nicht zu, andere zu verleumden oder verletzend über sie zu sprechen.
In der Wendung „nicht streitsüchtig zu sein“ bedeutet das griechische Adjektiv amachos „sich des Streits enthaltend“, „nicht streitlustig“. Wir kommen mit solchen in Kontakt, deren Lebensstil dem der Christen total entgegengesetzt ist, dabei sollen wir nicht streitsüchtig sein. Es ist sehr schwer für diejenigen, welche die Wahrheit kennen und schätzen, in den Augen ihrer Leugner nicht als Streithahn zu gelten.
Die Konjunktion „sondern“ ist in der Elberf. weggelassen. Das Wort „gelinde“ (epieikes) bedeutet mild oder sich aktiv enthaltend – das genaue Gegenteil von streitsüchtig sein. Der gleiche Ausdruck, hier mit „nicht streitsüchtig zu sein, gelinde“ wiedergegeben, wird in umgekehrter Reihenfolge in 1.Tim. 3,3 „gelinde, nicht streitsüchtig“ übersetzt. Dort befindet er sich unter den für einen Ältesten erforderlichen Eigenschaften, hier sollen alle Gläubigen so gekennzeichnet sein.
Das griechische Verb endeiknumi vermittelt die Vorstellung des Vorzeigens und der Lieferung eines Beweises (siehe Erläuterungen zu 2,10). Wir sollen diese Eigenschaft als etwas aufweisen, das uns gehört, jetzt in uns ist. Die Bedeutung von Trautes wird in unserer deutschen Sprache nicht sauber ausgedrückt. Negativ beschrieben ist sie das genaue Gegenteil von Hochmut und Überheblichkeit. Diese Gnade der Sanftmut soll nicht nur im Umgang mit unseren Glaubensgeschwistern, sondern „gegen alle Menschen“ offenbar werden. Daran zeigt sich eindeutig, daß wir wahre Jünger dessen sind, der sagen konnte: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt. 11,29). Diese letzten beiden positiven Eigenschaften werden in 2.Kor. 10,1 zusammengebracht, wo der Apostel sagt: „Ich selbst aber, Paulus, ermahne euch durch die Sanftmut und Gelindigkeit des Christus“. Christus selbst ist das vollkommene Beispiel.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

»Gegen alle Menschen« (V. 2): In Tit 2,11 sagt Paulus, daß die »heilsame Gnade Gottes allen Menschen« gelte. Deshalb müssen auch alle Menschen sie erfahren. Darum ist die für die Gemeinde Jesu Missionsaufgabe erstrangig. Doch auch das Gesamtverhalten der Nachfolger Jesu gegenüber ihren Mitmenschen in nah und fern muß dem entsprechen, daß auch die noch nicht Glaubenden von Gott geliebt und von seinem Retterwillen mitumfaßt sind (1 Tim 2,4); demgemäß gilt es ihnen zu begegnen:
a) »Zu allem guten Werk bereit«: Dieses Wort bezieht sich sowohl auf das Verhalten der Christen gegenüber der Obrigkeit (V. 1) wie auch gegenüber »allen Menschen« (V. 2). Es geht hier nicht um eine jüdische oder griechische »Moral« etwa der Gesetzeslehrer oder Philosophen. »Gute Werke« der an Jesus Glaubenden sind solche, die im Glauben an Jesus wurzeln und die nun im Glaubensgehorsam (Röm 1,5; 16,26) gegenüber Jesus geschehen, in der Kraft seines Geistes und in den Bahnen von Gottes Wort, der Jesus-Art, wie sie uns in der Schrift gezeigt wird: etwa, wie Jesus sich über einen einsanjen, sich darniederliegenden Menschen beugte (Joh 5,5), wie er das Ohr des Malchus heilte (vgl. Lk 22,51; Joh 18,10), wie er noch sterbend für seine Feinde betete (Lk 23,34; vgl. Apg 7,59). Dieses Leben »in Christus« allein ist rechte Gesetzeserfüllung, ist die »bessere Gerechtigkeit«, von der unser Herr spricht (Mt 5,17–20). Die Frage ist in jedem Fall: Was will hier Jesus? Welchen Weg geht Jesus hier mit mir?
b) »Niemanden verleumden«: Nachfolger Jesu treten vielmehr für andere ein – sowohl vor Gott in der Fürbitte wie auch vor Menschen in Wahrheit und Liebe. Auch wo sie, etwa in einem Gespräch über einen Abwesenden, dadurch zu »Spielverderbern« werden, machen sie in jedem Fall auch das geltend, was für die andern spricht. Es gilt, »Gutes von ihnen zu reden und alles zum Besten zu kehren« (M. Luther in der Erklärung zum achten Gebot).
c) »Nicht streiten«, »nicht streitsüchtig sein«: Sünde zerstört den Frieden zwischen Gott und Menschen und den der Menschen untereinander (1 Mo 3; 4; Jes 59,2). Und nun hat es Gott in seinem Sohn unternommen, wieder Frieden zu schaffen, beginnend mit dem Kreuz und mit der Verkündigung des durch das Kreuz ermöglichten Friedens mit Gott (2 Kor 5,19f.; Eph 2,17; Kol 1,20). Gott heißt wiederholt in seinem Wort »der Gott des Friedens« (Röm 15,33; 16,20; 1 Thes 5,23; Hebr 13,20); das ist geradezu die »Berufsbezeichnung«, die Gott sich selbst zugelegt hat. Und nun gehört es zum Wesen seiner Kinder, daß auch sie Menschen zum Frieden zu führen versuchen, mit Gott und mit den andern Menschen, und auch selbst den Frieden mit allen suchen (Röm 12,18). »Selig sind die Friedfertigen«, die Friedensstifter, »denn sie werden Gottes Kinder heißen« (Mt 5,9).
d) »Gütig« oder »freundlich« sein: In einer so harten Welt, damals und heute, war und ist dieses Verhalten überaus hilfreich und eine besonders wirksame Einladung zu dem gütigen, freundlichen Gott, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat. »Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich«: Zu diesem Lobpreis werden wir dadurch um so mehr miteinander kommen.
e) »Alle Sanftmut beweisen«: Wo doch unser Herr selbst als der Erhöhte noch immer geduldig und unaufdringlich an den Türen der Menschen steht und klopft (Offb 3,20) und sich nicht aufdrängt, sondern fragt, ob man ihn überhaupt haben will, und wo er so auch uns begegnet ist, da können wir doch nicht anders als auch behutsam zu sein, Geduld zu üben und linde Hände zu haben, insbesondere da, wo wir den Menschen den Frieden Gottes anbieten, und ebenso auch da, wo wir die zerrissenen Bande zwischen Menschen wieder zu knüpfen versuchen.

Edition C Bibelkommentar

Schickst die weg, die uns nerven!

Gepriesen sei der Herr! Tag für Tag trägt er unsere Last; (Eig trägt er Last für uns) Gott (El) ist unsere Rettung.
Elberfelder 1871 – Psalm 68:20

Gesegnet mein Herr!
Tagtäglich lädt er sichs für uns auf,
die Gottheit ist unsre Befreiung!
Buber & Rosenzweig – Psalm 68,20

Gesegnet sei Jehova, der täglich die Last für uns trägt,
Der [wahre] Gott unserer Rettung.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – Ps 68,19

Nun unterbricht der Psalmist die Beschreibung der Prozession, um zu loben: „Gelobt sei der Herr“ (בָּרוּךְ אֲדֹנָי; s.v. Ps. 5:12). Und der Grund für diese Lobpreisung ist, dass „er Tag für Tag unsere Last (יַעֲמָס) trägt, nämlich der Gott, der unser Heil ist.“ Dies ist eine Beschreibung der Fürsorge, die der Herr seinem Volk zukommen lässt, das er erlöst hat und für das er da ist. Alles, was auf dem Marsch nach Zion geschah, diente ihrem Wohl; es war alles Teil seines Erlösungswerkes.

Die Aussage, dass Gott ihre Rettung ist, veranlasste den Psalmisten, seine großen Heilstaten mit Lob zu beschreiben. Er sagt: „Unser Gott ist ein Gott der Heilstaten“. Zu dieser Erklärung fügt er hinzu, dass der HERR das Mittel zur Flucht (תּוֹצָאוֹת von יָצָא, „hinausgehen“) aus dem Tod besitzt („zu Jahwe, dem Herrn, gehört“). Der Herr hat Israel aus der Knechtschaft geführt, hat es durch die Wüste und die Eroberung bewahrt und rettet es treu, wenn es im Glauben zu ihm schreit. Es liegt in seiner Natur, Menschen zu befähigen, vom Tod zum Leben zu gelangen. Im Neuen Testament lesen wir, dass unser Herr die Schlüssel des Todes hat (Offb. 1,18).

Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen

Ein erstes Ergebnis ist, dass er uns »Tag für Tag die Last« trägt. Damit beweist sich täglich, dass »Gott unsere Rettung« ist. Er ist uns, seinen Erlösten, Rettung; er ist uns zum Gott geworden, und wir sind sein Besitz. Und dann fährt David präzisierend fort und sagt, Gott sei »ein Gott der Rettungen«, Mehrzahl; denn der Gefahren, Widerwärtigkeiten und Versuchungen sind viele, und aus allen errettet uns der Herr (Ps 34,19; 2Tim 3,11; 4,18).

Benedikt Peters – Kommentar zu den Psalmen

Die sechste Strophe V 20–24 beginnt mit einer Baruk-Formel, mit der jemand eine Gottheit preist. Diese Form der Benediktion ist biblisch wie außerbiblisch seit vorexilischer Zeit belegt und hat im Psalter durch die Häufigkeit ihres Vorkommens einen Schwerpunkt (vgl. F.-L. Hossfeld, Art. Benediktionen, in: RGG4 1, 1998, 1295–1297). In Kontextstellung wie hier (vgl. Ps 18,47; 28,6; 31,22; 124,6) leitet sie Lob- und Dankabschnitte ein; sie kann den Einfluß der Tempelliturgie anzeigen (vgl. Ps 66,8.20). Was der Baruk-Formel nachfolgt, ist eine Durchführung des Gotteslobes: Gott ist Israels Lastenträger (seltene Übertragung auf Gott, vgl. noch Ps 81,7 und Jes 46,3); er ist »der Gott für uns«, was an den Immanuel von Jes 7 erinnert; er ist der Gott für Hilfen, vgl. Ps 65,6, der Auswege vom Tod findet (singuläre Bezeichnung für die Rettung aus Todesgefahr). JHWH packt die Feinde am Haarschopf, bevor er sie erschlägt – die Szene ist häufig Gegenstand altorientalischer Ikonographie. Der Grund für die Todesstrafe ist die Schuld der Gottesfeinde (der Plural bei Schuld zeigt die vielen Sündentaten an).

Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament

David sah in der Anwesenheit des Herrn auf dem Zion vor allem einen Segen für diejenigen, die belastet waren und sich in Gefahr befanden. Jehova, unser König, trägt unsere Lasten und besiegt unsere Feinde. Sicherlich sah David, wie der Herr große Siege für Israel errang, so dass sich die Grenzen des Königreichs stark vergrößerten.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

nicht von dieser Welt

Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, auf daß ich den Juden nicht überliefert würde; jetzt aber ist mein Reich nicht von hier.
Elberfelder 1871 – Johannes 18,36

Jesus sagte: »Mein Königtum stammt nicht von dieser Welt. Sonst hätten meine Leute dafür gekämpft, dass ich den Juden nicht in die Hände falle. Nein, mein Königtum ist von ganz anderer Art!«
Gute Nachricht Bibel 2018 – Johannes 18:36

Jesus antwortete: Meine Königsherrschaft ist nicht aus dieser Welt. Wenn meine Königsherrschaft aus dieser Welt wäre, (Jesus dachte offenbar nicht von ferne daran, behaupten zu wollen, daß sein Reich ein außeriridsches, rein jenseitiges Reich sei, sondern was er sagt, das ist: Meine Königsherrschaft stammt nicht aus der jetzigen sündigen Welt(zeit) und hat damit die Art des römischen Weltreiches, das auf Waffengewalt beruht, sondern die von mir beanspruchte (Gottes)herrschaft gründet sich ganz nur auf die göttliche Wahrheit. Sie ist die Herrschaft der Wahrheit.) so würden meine Diener kämpfen, daß ich den Juden nicht überliefert würde, nun aber ist meine Königsherrschaft nicht von daher.
Die vier Evangelien des Reinhardt – Joh 18,36

Jesus gab ihm die Antwort: »Meine Königsherrschaft stammt nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum seinen Ursprung in dieser Welt hätte, dann hätten meine Diener dafür gekämpft, dass ich nicht in die Hände der judäischen Führung gerate. Nun ist aber mein Königtum nicht von hier.«
Werner – das Buch – Joh 18:36

Dieser Vers wurde irrtümlicherweise so ausgelegt, als ob Christus leugnete, dass sein Reich auf Erden aufgerichtet werden würde. Neben der Unvereinbarkeit einer solchen Ansicht mit dem ganzen Zeugnis der Heiligen Schrift (vgl. 1,33; Offb 11,15) würde sie mit dem Rest des Verses in Widerspruch stehen. Irdische Reiche beginnen, sie werden aufrechterhalten und endlich durch menschliche Gewalt beendet, aber sein Reich wird herbeigeführt und erhalten durch seine persönliche Erscheinung und durch seine Allmacht.

Scofield-Bibel

»Was hast du getan?«, hatte Pilatus am Ende von V. 35 gefragt. Jesus gibt darauf die Antwort. »Mein Reich ist nicht von dieser Welt« (V. 36). Man versteht diese Antwort nur, wenn man auf V. 33 zurückblickt, wo Pilatus aufgrund der jüdischen Anklage wissen wollte, ob Jesus »der König der Juden« sei. Wahrscheinlich überrascht Jesus den Statthalter völlig, indem er nun aussagt: Ich habe ein »Reich«. Jeder Verbrecher hätte sich herausgewunden. Jesus aber sagt: Ja, »mein Reich« existiert. Aber es ist ganz anders, als du – Pilatus – es dir vorstellst. »Mein Reich ist nicht von dieser Welt.« Man könnte auch übersetzen: »Mein Reich (meine Herrschaft, mein Königtum) stammt nicht aus dieser Welt.« So wenig übrigens, wie seine Jünger »von dieser Welt« sind (Joh 15,19; 17,14). »Von dieser Welt« sind dagegen seine Gegner (Joh 8,23) und die Verfolger seiner Jünger (Joh 15,19; 17,14). Auch Pilatus und der Kaiser in Rom sind »von dieser Welt«. Die Parallele zu Joh 3 drängt sich auf. Dort war vom »Reich Gottes« die Rede, das nur der sieht, der wiedergeboren ist (Joh 3,3.5). Mit einem Male treten sich Gottesreich und Weltreich universal gegenüber. Die Spannung zwischen beiden war ein Teil der danielischen Prophetie und des Lebensschicksals Daniels (vgl. Dan 2; 3; 4; 6; 7; 12). Sie sind völlig verschiedene Größen. Die Weltreiche vergehen mit »dieser Welt«. Denn »diese Welt« ist die vergehende, die alte, die gottvergessene, die dem Gericht entgegeneilende. Sie ist die, von der Paulus schreibt: »Das Wesen dieser Welt vergeht« (1 Kor 7,31). Aber wie kommt Jesus dazu, das Gottesreich als »mein Reich« zu bezeichnen? Die Lösung gibt wieder Daniel. Dort empfängt der göttliche Menschensohn das Gottesreich zur ewigen Herrschaft (Dan 7,13ff.; Dan 7,27; vgl. Ps 2,8ff.; Offb 12,5; 19,15 und 2Sam 7,12ff.). Deshalb spricht Jesus auch in seinen Gleichnissen vom »Reich des Menschensohnes« (Mt 13,41; 25,31ff.; vgl. 1 Kor 15,24ff.).

Den Beweis, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist, gibt Jesus auf der Stelle: »Wenn mein Reich von dieser Welt wäre, hätten meine Diener darum gekämpft, dass ich nicht den Juden ausgeliefert würde.« Stattdessen hat er seinen »Dienern« = Jüngern befohlen, das Schwert in die Scheide zu stecken (Joh 18,11; vgl. Mt 26,52). Übrigens macht die Formulierung »nicht den Juden ausgeliefert« noch einmal klar, dass das Verhaftungskommando nur aus Juden und nicht aus Römern bestand. Dass eine messianische Bewegung nicht »kämpft«, ist für Pilatus eine ganz neue Erfahrung. Sonst »kämpften« die jüdischen Messiasanwärter mit allen Mitteln (vgl. Apg 5,36ff.; Apg 21,38). Und gerade daraus ergibt sich der Schluss: »Nun aber ist mein Reich nicht von hier« = aus der hiesigen Welt. Vielleicht schwingt sogar in der Wendung »von hier« ein sehr spezieller Ton mit: »Von hier« = von diesem Lande, von dieser Judenschaft ausgehend, wie es die Römer sonst erlebten.

Gerhard Maier – Edition C

Dies ist einer der großartigen Verse, die das Volk Gottes von jeder politischen Einmischung absondert. Das Reich Gottes ist etwas ganz anderes als alle nationalen und politischen menschlichen Organisationen. Der Herr anerkannte diese und war ihnen sogar untertan (Mt 17,27), wie es die Gläubigen in der Tat auch sein sollen (Röm 13,1); aber Er beteiligte sich nicht an diesen Organisationen. Der göttliche und himmlische Botschafter bleibt dem Stand und Charakter Seines himmlischen Reiches treu und gleicht sich nicht dem Land (der Welt) an, in dem Er als Botschafter tätig ist. Wenn die Gläubigen das begriffen, dann wären sie glücklich, abgesondert von den politischen Ambitionen der Völker zu bleiben. Es wurde nicht gekämpft, da Er dem Hohenrat untertan war, wie unrecht dessen Urteil auch sein mochte. So wenig die Knechte des Herrn für Ihn kämpften, so wenig sollten Christen sich heute in Wahlkämpfe und ähnliches verstricken lassen. Der Christ hat gewiß keine Berechtigung, militärische oder politische Mittel zu gebrauchen, um damit geistliche Ziele zu erreichen.
 Der Herr machte es ganz deutlich, daß Sein Reich „nicht von dieser Welt“ war, war doch auch der Herr selbst „nicht von dieser Welt“ (8,23; 17,14.16), wie auch Seine Jünger nicht (17,14.16). Die Bibel zeigt es sehr klar, daß die Reiche der Welt einen absoluten Gegensatz bilden zum Reich Gottes in dessen gegenwärtiger wie auch zukünftiger Gestalt. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß die Leute Ihn mit Gewalt zum König machen wollten (6,15). Aber das war nicht möglich, denn Gott selbst würde Seinen König auf Seinem Heiligen Berge einsetzen. Es ist der Gott des Himmels, der ein Reich aufrichten wird, das ewig nicht vergeht, während alle irdischen Reiche zermalmt werden (Dan 2,44). Auf geistlicher Ebene sind wir aus der Gewalt der Finsternis errettet und in „das Reich des Sohnes seiner Liebe“ versetzt worden (Kol 1,13). Gewiß, im AT bewahrte Gott das Reich Juda mit militärischen Mitteln, aber Seine Wege sind heute nicht dieselben. Mit Waffengewalt für christliche Rechte zu kämpfen, widerspricht neutestamentlicher Lehre; denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich (2Kor 10,4-5).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Nachdem die Frage geklärt war, gab Jeschua eine konkrete Antwort: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wäre mein Reich von dieser Welt, so würden meine Knechte kämpfen, dass ich den Juden nicht überliefert würde; nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt (Johannes 18:36). Aus zwei Gründen war Jeschua kein Konkurrent von Caesar. Erstens sagte er: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Dies ist eine Lieblingsstelle für Ersatztheologen, besonders für die der amillennialen Schule, die diesen Vers benutzen, um ihr Argument zu stützen, dass Jeschua bei seiner Wiederkunft kein buchstäbliches, irdisches Reich aufrichten wird. Sie glauben an sein zweites Kommen, aber nicht, dass er bei seiner Wiederkunft sein irdisches Reich aufrichten wird. Stattdessen interpretieren sie Jeshuas Aussage so, dass sein Reich nicht in dieser Welt sein wird. Greg L. Bahnsen merkt an:
Die viel missbrauchte Aussage Jesu in Johannes 18,36, „Mein Reich ist nicht von [ek: aus] dieser Welt“, ist eine Aussage über die Quelle, nicht über die Natur seiner Herrschaft, wie das epexegetische Ende des Verses deutlich macht: „nun aber ist mein Reich nicht von daher [enteuthen]“ (kjv). Die Lehre ist nicht, dass das Reich Christi gänzlich jenseitig ist, sondern dass es seinen Ursprung bei Gott selbst hat, nicht bei irgendeiner Macht oder Autorität, die in der Schöpfung zu finden ist

Es gibt einen Unterschied zwischen „von der Welt“ und „in der Welt“. Jeschua machte diese Unterscheidung in Johannes 17:11, 14, 16 und 18, wo er zum Vater sagte, dass er und die Gläubigen in der Welt sind, aber nicht von der Welt. Von der Welt zu sein bedeutet, von der Natur dieser Welt zu sein, und die Gläubigen sind nicht mehr von der Natur dieser Welt. Solange die Gläubigen am Leben sind, sind sie in dieser Welt, aber nicht mehr von der Natur dieser Welt. Wenn Jeschua auf die Erde zurückkehrt, wird Er nicht den Cäsar absetzen und sich auf seinen Thron setzen. Er wird mit seinem eigenen Thron kommen, dem Thron Davids, und mit seinem eigenen Königreich, dem messianischen Königreich. Sein Reich wird eines Tages in der Welt sein, aber es wird niemals von dieser Welt sein. Zweitens sagte er: „Aber jetzt ist mein Reich nicht von jetzt an“, was „nicht von jetzt an“ bedeutet. Infolge der Ablehnung Seiner Messiasschaft würde Jeschuas Reich nicht zu dieser Zeit errichtet werden. Aus diesen beiden Gründen war Er kein Konkurrent für Caesar.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Die jungen Männer sollen „besonnen sein“, d. h. sich unter Kontrolle haben. Dies ist eine umfassende Forderung, die jeden Aspekt ihres Lebens einschließt.

Die Jünglinge desgleichen ermahne, besonnen zu sein
Elberfelder 1871 – Titus 2,6

Die jüngern Männer ermahne ebenfalls zu einem sittsamen Betragen!
van Ess – Titus 2:6

Ebenso musst du die jungen Männer ermahnen, beherrscht und maßvoll zu leben.
Hoffnung für Alle – Tit 2,6

Ermutige in gleicher Weise immer wieder die jüngeren Männer, ausgewogen zu sein
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Tit 2:6

Desgleichen soll Titus die jungen Männer zur Besonnenheit ermuntern eine Tugend, die gerade jungen Leuten oft abgeht. Der Apostel gebraucht im Zusammenhang mit jeder der vier Gruppen, denen er hier Verhaltensanweisungen gibt, in irgendeiner Form das Wort „Besonnenheit“ (V. 2.5.6). Der Begriff zieht sich geradezu wie ein roter Faden durch alle Pastoralbriefe, ein Zeichen dafür, wie wichtig Mäßigung, Vernunft und Rücksichtnahme für die Christen sind.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

»Desgleichen ermahne die jungen Männer – das soll Titus wieder selbst tun; er ist ja selbst noch ein junger Mann, »dass sie besonnen seien in allen Dingen« (»zuchtvoll in allen Dingen« kann auch übersetzt werden; V. 6). Das Wort für »ermahnen«, das hier steht, bedeutet »zurufen«, »herbeirufen«, »anspornen«, »einladen«, auch »anfeuern« im Sportstadion und »Seelsorge üben« in der Gemeinde Jesu. In der Verkündigung und in Einzelgesprächen soll also Titus darauf hinwirken, dass die jungen Männer »in allen Dingen«, »rundherum«, »besonnen«, beherrscht, zuchtvoll seien, sich zügeln lassen durch unseren Herrn, sein Wort und seinen Geist. Und das in allen Lebensbereichen: gegenüber dem Ehegatten, in der täglichen Zusammenarbeit, auch in sexueller Hinsicht, in der gemeinsamen Kindererziehung, in der Begegnung mit den beiderseitigen Verwandten, im Umgang mit Untergebenen, etwa den Sklaven im Haus, und auch sonst, wo die Männer tätig waren. Nie sollten sie sich gehen , nie ihrem alten Wesen »die Zügel schießen« lassen.

Auch eine nichtglaubende Frau sollte am Verhalten ihres gläubigen Mannes etwas von der verwandelnden Kraft des Evangeliums, des Geistes Gottes, erfahren, so dass sie, wenn etwa ihre Freundin über ihren Mann bitter klagte, dankbar denken konnte und vielleicht auch sagte: »Mein Mann war früher ähnlich. Aber nun ist er deutlich anders, offenkundig durch seinen neuen Glauben. Ich kann nicht mehr klagen.« Und wie mögen es auch Kinder empfunden haben, die von ihren Altersgenossen hörten, welch schreckliche Auftritte bei ihnen zu Hause an der Tagesordnung waren, wenn der Vater die Mutter unbarmherzig schlug! Was mag’s für sie bedeutet haben, wenn sie sagen konnten: »Unser Vater verhält sich ganz anders, auch bei unterschiedlicher Meinung der Eltern und selbst, wenn die Mutter einen Fehler gemacht hat; er will einfach Jesus-ähnlich leben.«

Gerhard Maier – Edition C

Die Aufgabe, auf die jungen Männer einzuwirken, ist Titus selbst vorbehalten. Er soll sie „ermahnen“ (parakaleo), eine viel energischere Weisung als das „Reden“ (2,1). Parakaleo wird manchmal mit „zureden“ (z. B. in Römer 12,1; vgl. Konkordante: „Ich spreche euch nun zu …“) wiedergegeben und bedeutet wörtlich „an seine Seite rufen“. Titus soll deshalb die jungen Männer in die Gemeinschaft zu sich rufen. Folglich soll er von ihnen nicht verlangen, geistliches Gebiet einzunehmen, das er selbst nicht betreten hat. Er soll ihr Vorbild sein (dies kommt in den V. 7-8 deutlicher zum Ausdruck).
Die jungen Männer sollen „besonnen (sophroneo) sein“, d. h. sich unter Kontrolle haben. Dies ist eine umfassende Forderung, die jeden Aspekt ihres Lebens einschließt. Das Verb wird anderswo mit „denken, daß er besonnen sei“ (Römer 12,3) und „seid nun besonnen“ (1.Petr. 4,7) wiedergegeben. Wie sehr ist Besonnenheit im Volk Gottes gefragt! Wir haben schon festgestellt, daß dieses Kennzeichen bei den Aufsehern (1,8), den alten Männern (2,2), den jungen Frauen (2,5), den älteren Frauen (Folgerung aus dem Bisherigen) und jetzt bei den jungen Männern zu sehen sein muß: keine Gruppe ist ausgenommen.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

16.Nisan

ÜBER DIE AUFERSTEHUNG CHRISTI VON DEN TOTEN

DIE Geschichte des Lebens Christi auf Erden schließt mit einem Wunder, das ebenso groß ist wie das seiner Entstehung. Man kann sagen, dass das eine ein Licht auf das andere wirft. Wenn er so war, wie ihn die Evangelien darstellen, muss er von einer reinen Jungfrau ohne Sünde geboren worden sein und von den Toten auferstanden sein. Wenn die Geschichte seiner Geburt wahr ist, können wir auch die seiner Auferstehung glauben; wenn die seiner Auferstehung wahr ist, können wir auch die seiner Geburt glauben. Es liegt in der Natur der Sache, dass letztere nicht streng historisch bewiesen werden konnte; und es liegt in der Natur der Sache, dass Seine Auferstehung den vollständigsten historischen Beweis verlangte und auch liefern konnte. Wenn es einen solchen gibt, ist der Schlussstein des Bogens gegeben; die wundersame Geburt wird fast zu einem notwendigen Postulat, und Jesus ist der Christus im vollen Sinne der Evangelien. Eine weitere Parallele zwischen dem Bericht über die wundersame Geburt und dem über die Auferstehung ist das völlige Fehlen von Einzelheiten über diese Ereignisse selbst. Wenn dieser Umstand als indirekter Beweis dafür gewertet werden kann, dass es sich nicht um Legenden handelt, so erlegt er uns auch die Pflicht auf, das ehrfürchtige Schweigen zu wahren, das in diesem Fall angebracht ist, und nicht über den Weg hinauszugehen, den uns die evangelische Erzählung eröffnet hat.

Dieser Weg ist hinreichend schmal und in mancher Hinsicht schwierig, und zwar nicht in Bezug auf das große Ereignis selbst, auch nicht in Bezug auf seine Hauptmerkmale, sondern in Bezug auf die genaueren Einzelheiten. Und auch hier ergeben sich unsere Schwierigkeiten nicht so sehr aus einer tatsächlichen Unstimmigkeit, sondern aus dem Fehlen einer tatsächlichen Identität. Dies ist zum großen Teil auf die starke Komprimierung in den verschiedenen Erzählungen zurückzuführen, die teils auf den Charakter des erzählten Ereignisses, teils auf die unvollständigen Informationen der Erzähler, von denen nur einer wirklich Augenzeuge war, zurückzuführen ist, vor allem aber darauf, dass für die verschiedenen Erzähler der zentrale Punkt des Interesses in dem einen oder anderen Aspekt der mit der Auferstehung verbundenen Umstände lag. Nicht nur Matthäus,sondern auch Lukas verdichtet die Erzählung so sehr, dass die „Unterscheidung der Zeitpunkte“ fast verschwindet. Lukas scheint in die Osternacht hineinzudrängen, was er selbst vierzig Tage lang erzählt. a Er ist sozusagen der herausragende Jerusalemer Bericht über den Beweis der Auferstehung, Matthäus der herausragende galiläische Bericht darüber. Und doch impliziert und bestätigt jeder die Fakten des anderen. Im Allgemeinen sollten wir bedenken, dass es den Evangelisten und später dem heiligen Paulus nicht so sehr darum geht, die ganze Geschichte der Auferstehung zu erzählen, als vielmehr den Beweis dafür zu liefern. Und hier ist das, was jeden von ihnen auszeichnet, auch charakteristisch für seinen speziellen Blickwinkel. Matthäus schildert den Eindruck, den der volle Beweis jenes Ostermorgens auf Freund und Feind machte, und eilt dann von dem mit Christi Blut befleckten Jerusalem zurück zu dem süßen See und dem gesegneten Berg, wo er zuerst sprach. Es ist, als ob er sich danach sehnte, den auferstandenen Christus in den Szenen zu erkennen, in denen er ihn kennengelernt hatte. Markus, der sich viel kürzer fasst, gibt nicht nur eine bloße , sondern erzählt, wenn man so sagen darf, wie aus dem Schoß der Jerusalemer Familie, aus dem Haus seiner Mutter Maria. Der heilige Lukas scheint alle Tatsachen der Auferstehung gründlichst erforscht zu haben, und seine Erzählung könnte fast so lauten: Ostertag in Jerusalem“. Johannes malt solche Szenen – während der ganzen vierzig Tage, sei es in Jerusalem oder in Galiläa -, die am bedeutsamsten und lehrreichsten für diese dreifache Lektion seines Evangeliums waren: dass Jesus der Christus war, dass er der Sohn Gottes war und dass wir, die wir glauben, in seinem Namen das Leben haben. Schließlich bringt Paulus – als ein zur rechten Zeit Geborener – das Zeugnis der Hauptzeugen für die Tatsache in einer Art aufsteigendem Höhepunkt vor. Und dies umso wirkungsvoller, als er sich offensichtlich der Schwierigkeiten und der Bedeutung der Frage bewusst ist und sich bemüht hat, sich mit allen Tatsachen des Falles vertraut zu machen.

Die Frage ist sowohl für sich selbst als auch für die gesamte Geschichte von so großer Bedeutung, dass eine – wenn auch kurze und unvollständige – im Vorfeld der Betrachtung der evangelischen Erzählungen notwendig erscheint.

Welche Gedanken über den toten Christus beschäftigten Joseph von Arimathäa, Nikodemus und die anderen Jünger Jesu sowie die Apostel und die frommen Frauen? Sie hielten ihn für tot und erwarteten nicht, dass er von den Toten auferstehen würde – zumindest nicht in dem von uns angenommenen Sinn. Dafür gibt es reichlich Beweise, vom Augenblick seines Todes an, in den von Nikodemus mitgebrachten Grabbeigaben, in den von den Frauen vorbereiteten (die beide gegen den Verderb gedacht waren), in der Trauer der Frauen über das leere Grab, in ihrer Vermutung, dass der Leichnam abgenommen worden war, in der Ratlosigkeit und der Haltung der Apostel, in den Zweifeln so vieler und sogar in der ausdrücklichen Aussage: „Denn sie kannten die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsse.Und der Hinweis im Matthäus-Evangelium,b dass die Sanhedristen Vorkehrungen gegen den Diebstahl seines Leichnams getroffen hatten, um den Anschein der Erfüllung seiner Vorhersage zu erwecken, dass er nach drei Tagen auferstehen würde,2 dass sie also von einer solchen Vorhersage wussten und sie wörtlich nahmen, würde die entgegengesetzte Haltung der Jünger und ihre offenkundige Nichterwartung einer wörtlichen Auferstehung nur noch mehr unterstreichen. Was die Jünger erwarteten, vielleicht sogar wünschten, war nicht die Wiederkunft Christi in verherrlichter Gestalt, sondern seine Wiederkunft in Herrlichkeit in sein Reich.

Wenn sie ihn aber als wirklich tot und nicht als auferstanden im wörtlichen Sinne ansahen, hatte das offensichtlich keine praktische Auswirkung, nicht nur auf ihre früheren Gefühle ihm gegenüber, sondern sogar auf ihren Glauben an ihn als den verheißenen Messias. Das geht aus dem Verhalten von Joseph und Nikodemus, aus der Sprache der Frauen und aus dem ganzen Verhalten der Apostel und Jünger hervor. All dies hätte ganz anders aussehen müssen, wenn sie den Tod Christi, selbst am Kreuz, als eine Entkräftung seines messianischen Anspruchs angesehen hätten. 4 Im Gegenteil, wir haben den Eindruck, dass sie zwar tief über den Verlust ihres Meisters und den scheinbaren Triumph seiner Feinde trauerten, aber sein Tod für sie nicht unerwartet kam, sondern als innere Notwendigkeit und als Erfüllung seiner oft wiederholten Vorhersage. Wir können uns darüber auch nicht wundern, denn seit der Verklärung hatte er sich gegen all ihren Widerstand und ihr Widerstreben bemüht, ihnen die Tatsache seines Verrats und seines Todes einzuprägen. Er hatte auch – wenn auch keineswegs so häufig und deutlich – auf seine Auferstehung hingewiesen. Aber davon konnten sie sich nach ihren jüdischen Vorstellungen eine ganz andere Vorstellung machen als von einer buchstäblichen Auferstehung des gekreuzigten Leibes in einem verherrlichten Zustand und doch fähig zu einem solchen irdischen Verkehr, wie ihn der auferstandene Christus mit ihnen hatte. Und wenn man einwendet, dass Christus sie in einem solchen Fall all dies klar hätte lehren müssen, so genügt es zu antworten, dass eine solche klare Belehrung in diesem Punkt zu jener Zeit nicht nötig war; dass das Ereignis selbst sie bald und am besten belehren würde; dass es unmöglich gewesen wäre, es wirklich zu lehren, außer durch das Ereignis; und dass jeder Versuch dazu eine viel umfassendere Mitteilung über dieses geheimnisvolle Thema bedeutet hätte, als es nach dem, was uns in der Schrift gesagt wird, die Absicht Christi war, in unserem gegenwärtigen Zustand des Glaubens und der Erwartung zu vermitteln. Dementsprechend konnte sich die Vorhersage Christi aus ihrer Sicht auf die Fortsetzung seines Werkes, auf seine Rechtfertigung oder auf irgendeine Erscheinung von ihm beziehen, sei es vom Himmel oder auf der Erde – wie die der Heiligen in Jerusalem nach der Auferstehung oder die des Elias im jüdischen Glauben -, aber vor allem auf seine Wiederkunft in Herrlichkeit; sicherlich nicht auf die Auferstehung, wie sie tatsächlich stattgefunden hat. Die Tatsache selbst wäre den jüdischen Vorstellungen völlig fremd, die zwar das Weiterleben der Seele nach dem Tod und die endgültige Auferstehung des Leibes, nicht aber einen Zustand geistiger Körperlichkeit, geschweige denn unter Bedingungen, wie sie in den Evangelien beschrieben werden, umfassten. 1 Elia, der in der jüdischen Überlieferung immer wieder erwähnt wird, wird nie als jemand dargestellt, der an den Mahlzeiten teilnimmt oder seinen Körper zur Berührung anbietet; ja, die Engel, die Abraham besuchten, werden als jemand dargestellt, der nur zum Schein und nicht wirklich isst. Es ist klar, dass die Apostel die Auferstehung Christi weder aus der Heiligen Schrift – was beweist, dass die Erzählung davon nicht als Erfüllung früherer Erwartungen gedacht war – noch aus den diesbezüglichen Voraussagen Christi kannten; obwohl ohne das eine und besonders ohne das andere das leere Grab kaum die sichere Überzeugung von der Auferstehung Christi in ihnen bewirkt hätte.

Dies bringt uns zu der eigentlichen Frage, um die es geht. Da die Apostel und andere ihn offensichtlich für tot hielten und nicht mit seiner Auferstehung rechneten, und da die Tatsache seines Todes für sie keinen oder keinen nennenswerten Einwand gegen seinen messianischen Charakter darstellte, der sie hätte veranlassen können, eine Auferstehung zu erfinden oder sich einzubilden, wie sollen wir dann die Geschichte der Auferstehung mit all ihren Einzelheiten in allen vier Evangelien und bei Paulus erklären? Die Einzelheiten oder „Zeichen“ sind eindeutig als Beweise für die Realität der Auferstehung gedacht, ohne die sie nicht geglaubt worden wäre; und ihre Vervielfältigung und Vielfalt muss daher als Hinweis auf das angesehen werden, was sonst nicht nur zahlreiche, sondern unüberwindliche Schwierigkeiten gewesen wären. In ähnlicher Weise lässt die Sprache des heiligen Paulus auf eine sorgfältige und gründliche Untersuchung seinerseits schließen, die umso vernünftiger ist, als die Einwände gegen die Tatsache, abgesehen von den inneren Schwierigkeiten und den jüdischen Vorurteilen, die dagegen sprechen, ihm so oft und grob aufgedrängt worden sein müssen, sei es in Disputationen oder durch die Sticheleien der griechischen Gelehrten und Studenten, die seine Predigt verspotteten.

Die Frage, die sich stellt, ist also folgende: Wie ist der Sinneswandel der Jünger in Bezug auf die Auferstehung zu erklären, wenn man ihren früheren Geisteszustand und das Fehlen jeglicher Beweggründe berücksichtigt? Es steht zumindest außer Frage, dass sie mit absoluter Gewissheit an die Auferstehung als geschichtliche Tatsache glaubten; auch nicht, dass sie die Grundlage und den Inhalt ihrer gesamten Verkündigung des Reiches Gottes bildete; auch nicht, dass der heilige Paulus, bis zu seiner Bekehrung ein erbitterter Feind Christi, voll und ganz davon überzeugt war; auch nicht – um einen Schritt zurückzugehen – dass Jesus selbst sie erwartete. In der Tat hätte sich die Welt nicht zu einem toten jüdischen Christus bekehrt, wie sehr auch seine engsten Jünger sein Andenken weiterhin geliebt haben mögen. Aber sie predigten überall und zuallererst die Auferstehung von den Toten! In der Sprache des heiligen Paulus: „Ist Christus nicht auferweckt worden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Ja, und wir werden als falsche Zeugen Gottes befunden … ihr seid noch in euren Sünden.’Hier müssen wir das zurückweisen, was wahrscheinlich dem Haupteinwand gegen die Auferstehung zugrunde liegt: ihr wunderbarer Charakter. Der Einwand gegen das Wunder als solches geht von jenem falschen Supranaturalismus aus, der ein Wunder auf den unmittelbaren Willen des Allmächtigen zurückführt, ohne dass es dazwischen liegende Glieder gibt.Und wie bereits gezeigt, beinhaltet er eine bösartige petitio principii. Aber schließlich ist das Wunderbare für uns nur beispiellos und unerkennbar – eine sehr schmale Basis, auf der man die historische Untersuchung ablehnen kann. Und der Historiker muss die unzweifelhafte Tatsache berücksichtigen, dass die Auferstehung die grundlegende persönliche Überzeugung der Apostel und Jünger war, die Grundlage ihrer Predigt und die letzte Stütze ihres Martyriums. Welche Erklärung kann man also dafür anbieten?

Wir können hier zwei Hypothesen beiseite lassen, die heute selbst in Deutschland allgemein verworfen werden und die hierzulande wahrscheinlich nie ernsthaft in Erwägung gezogen wurden. Es handelt sich um den groben Betrug der Jünger, die den Leichnam Jesu gestohlen haben – wozu sogar Strauss bemerkt, dass eine solche Lüge mit ihrem Nachleben, ihrem Heldentum und ihrem Martyrium völlig unvereinbar ist -, und um die, dass Christus nicht wirklich tot war, als er vom Kreuz genommen wurde, und dass er allmählich wieder auferstand. Ganz abgesehen von den vielen Absurditäten, die diese Theorie mit sich bringt,verlagert sie – wenn wir die Jünger von ihrer Mitschuld freisprechen – den Betrug tatsächlich auf Christus selbst.

Die einzige andere Erklärung, die Aufmerksamkeit verdient, ist die so genannte „Visionshypothese“: dass die Apostel wirklich an die Auferstehung glaubten, aber dass bloße Visionen von Christus diesen Glauben in ihnen hervorgerufen hatten. Diese Hypothese wurde auf verschiedene Weise modifiziert. Einigen zufolge waren diese Visionen das Ergebnis einer erregten Phantasie, eines krankhaften Zustands des Nervensystems. Dagegen ist natürlich zunächst einzuwenden, dass solche Visionen eine vorherige Erwartung des Ereignisses voraussetzen, was, wie wir wissen, das Gegenteil der Tatsache ist. Außerdem stimmt eine solche „Visionshypothese“ in keiner Weise mit den vielen Einzelheiten und Umständen überein, die im Zusammenhang mit dem Auferstandenen berichtet werden, der nicht nur dem einen oder anderen in der Zurückgezogenheit der Kammer erschienen ist, sondern vielen, und zwar in einer Weise und unter Umständen, die die Vorstellung einer bloßen Vision unmöglich machen. Außerdem hätten die Visionen einer erregten Phantasie nicht durchgehalten und zu solchen Ergebnissen geführt; wahrscheinlich wären sie bald einer entsprechenden Depression gewichen.

Die „Visionen-Hypothese“ wird nicht viel besser, wenn wir die angeblichen Visionen als das Ergebnis von Überlegungen betrachten – dass die Jünger in der Überzeugung, der Messias könne nicht tot bleiben (was wiederum den Tatsachen widerspricht), sich zuerst die Überzeugung erarbeitet hatten, dass er auferstehen müsse, und dann Visionen des Auferstandenen1 hatten. Es wäre auch nicht sinnvoller, anzunehmen, dass diese Visionen direkt von Gott selbst gesandt wurden,um die Tatsache zu bestätigen, dass Christus lebte. Denn wir haben es hier mit einer Reihe von Tatsachen zu tun, die so nicht erklärt werden können, wie z. B. das Zeigen seiner heiligen Wunden, das Angebot, sie zu berühren, die Aufforderung, ihn anzufassen, um sich von seiner wirklichen Körperlichkeit zu überzeugen, das Essen mit den Jüngern, die Erscheinung am See von Galiläa und andere. Außerdem muss die „Visionshypothese“ die Ereignisse des Ostermorgens erklären, vor allem das leere Grab, von dem der große Stein weggewälzt worden war und in dem diejenigen, die es betraten, die Gerüche1 des Todes sahen. In der Tat scheint eine solche Erzählung, wie sie der heilige Lukas überliefert, geradezu darauf angelegt zu sein, die „Visionshypothese“ unmöglich zu machen. Es wird ausdrücklich gesagt, dass die Erscheinung des auferstandenen Christus, die weit davon entfernt war, ihre Erwartungen zu erfüllen, sie erschreckt hatte und dass sie sie für ein Gespenst hielten, woraufhin Christus sie beruhigte und sie aufforderte, mit ihm umzugehen, denn „ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr mich seht“. Und schließlich: Wer hat den Leib Christi aus dem Grab genommen? Sechs Wochen später verkündete Petrus in Jerusalem die Auferstehung Christi. Hätten die Feinde Christi den Leichnam entfernt, hätten sie Petrus leicht zum Schweigen bringen können; hätten seine Freunde den Leichnam entfernt, hätten sie sich eines solchen Betrugs schuldig gemacht, den nicht einmal Strauss unter diesen Umständen für möglich hält. Da die Theorien der Täuschung, der und der Visionen somit unmöglich sind und der Einwand gegen die Tatsache, dass es sich um ein Wunder handelt, eine petitio principii ist, bleibt dem Geschichtsstudenten nichts anderes übrig, als die Erzählung zu akzeptieren. Die Unvorbereitetheit der Jünger, ihre früheren Meinungen, ihr neues Zeugnis bis zum Martyrium, die Gründung der christlichen Kirche, das Zeugnis so vieler, einzeln und in Gemeinschaft, und die Reihe der aufgezeichneten Erscheinungen während vierzig Tagen und unter so unterschiedlichen Umständen, dass ein Irrtum unmöglich war, hatten bereits mit unfehlbarer Sicherheit auf diese Schlussfolgerung hingewiesen. Und selbst wenn in den Berichten, die nicht von Augenzeugen stammen, geringfügige Abweichungen, ja sogar einige nicht streng historische Einzelheiten nachgewiesen werden könnten, die das Ergebnis frühester Überlieferungen in der apostolischen Kirche gewesen sein könnten, so würde dies die große Tatsache selbst, die ohne Zögern als die am besten belegte in der Geschichte bezeichnet werden kann, gewiss nicht entkräften. Gleichzeitig würden wir uns sorgfältig davor hüten, zuzugeben, dass diese hypothetischen Fehler in den Erzählungen wirklich existieren. Im Gegenteil, wir sind der Meinung, dass sie, sofern sie nicht unter dem Druck der Hyperkritik stehen, zu einer höchst zufriedenstellenden Anordnung fähig sind.

Die Bedeutung all dessen lässt sich nicht angemessen in Worte fassen. Ein toter Christus wäre vielleicht ein Lehrer und ein Wundertäter gewesen und als solcher in Erinnerung geblieben und geliebt worden. Aber nur ein auferstandener und lebendiger Christus konnte der Retter, das Leben und der Lebensspender sein – und als solcher allen Menschen gepredigt werden. Und für diese höchst gesegnete Wahrheit haben wir den umfassendsten und unanfechtbarsten Beweis. Wir können uns daher dem Eindruck dieser Erzählungen und noch mehr der Verwirklichung dieser heiligsten und gesegnetsten Tatsache vorbehaltlos hingeben. Sie ist das Fundament der Kirche, die Inschrift auf der Fahne ihrer Armeen, die Kraft und der Trost eines jeden christlichen Herzens und die große Hoffnung der Menschheit:

Der Herr ist wahrhaftig auferstanden.‘

Aldred Edersheim – Das Leben und die Zeiten von Jesus dem Gesalbten
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    (Mt 28,1-10; Mk 16,1-11; Lk 24,1-12; Joh 20,1-18; Mt 28,11-15; Mk 16,12.13; Lk 24,13-35; 1 Kor 15,5; Mk 16,14; Lk 24,36-43; Joh 20,19-25; Joh 20,26-29; Mt 28,16; Joh 21,1-24; Mt 28,17-20; Mk 16,15-18; 1. Johannes 20,19-25; Johannes 20,26-29; Matthäus 28,16; Johannes 21,1-24; Matthäus 28,17-20; Markus 16,15-18; 1. Korinther 15,6; Lukas 24,44-53; Markus 16,19.20; Apostelgeschichte 1,3-12).

    Die GRAUE Morgendämmerung überzog den Himmel, als sie, die ihn so liebevoll zu seinem Begräbnis begleitet hatten, ihren einsamen Weg zu dem in Felsen gehauenen Grab im Garten machten. So beträchtlich die Schwierigkeiten auch sind, die Einzelheiten in den verschiedenen Erzählungen genau aufeinander abzustimmen – wenn man solchen Versuchen überhaupt Bedeutung beimisst -, so sind wir doch dankbar zu wissen, dass sich jegliches Zögern nur auf die Anordnung winziger Einzelheiten bezieht und nicht auf die großen Fakten des Falles. Und selbst diese winzigen Details würden, wie wir noch zeigen werden, harmonisch sein, wenn wir nur alle Umstände kennen würden.

    Der Unterschied in den Namen der Frauen, die am frühen Morgen zum Grab gingen, bedarf kaum einer ausführlichen Diskussion. Es könnte sein, dass es zwei Gruppen waren, die von verschiedenen Orten aus zum Grab aufbrachen, und dass dies auch den leichten Unterschied in den Einzelheiten dessen erklärt, was sie am Grab gesehen und gehört haben. Jedenfalls wird die Erwähnung der beiden Marias und der Johanna bei Lukasa durch die Erwähnung „der anderen Frauen, die bei ihnen waren“ ergänzt, während Johannes, wenn er nur von Maria Magdalena spricht,ihrem Bericht an Petrus und Johannes: „Wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben“, andeutet, dass sie nicht allein zum Grab gegangen war. Es war der erste Tag der Woche3 – nach jüdischer Zählung der dritte Tag nach seinem Tod. 1 Die Erzählung hinterlässt den Eindruck, dass die Sabbatruhe ihren Besuch am Grab verzögert hatte; aber es ist zumindest ein merkwürdiger Zufall, dass die Verwandten und Freunde des Verstorbenen die Gewohnheit hatten, bis zum dritten Tag (an dem vermutlich die Verwesung beginnen sollte) zum Grab zu gehen, um sich zu vergewissern, dass die dort Aufgebahrten auch wirklich tot waren. In ihrem Kommentar dazu, dass Abraham am dritten Tag auf den Berg Morija hinabstieg,b betonen die Rabbiner die Bedeutung des „dritten Tages“ bei verschiedenen Ereignissen im Zusammenhang mit Israel und sprechen besonders im Zusammenhang mit der Auferstehung der Toten davon, wobei sie sich zum Beweis auf Hos. 6,2.An anderer Stelle leiten sie unter Berufung auf dasselbe prophetische Wort aus 1. Mose 42,17 ab, dass Gott den Gerechten niemals länger als drei Tage in der Qual lässt. Auch in der Trauer bildete der dritte Tag eine Art Frist, denn man glaubte, dass die Seele bis zum dritten Tag um den Körper schwebte, wenn sie sich endlich von ihrer irdischen Behausung trennte.

    Obwohl diese Dinge hier erwähnt werden, brauchen wir kaum zu sagen, dass solche Gedanken nicht bei den heiligen Trauernden vorhanden waren, die im Grau jenes zum Grab gingen. Unabhängig davon, ob es zwei Gruppen von Frauen waren, die sich von verschiedenen Orten aus aufmachten, um sich am Grab zu versammeln, war die prominenteste unter ihnen Maria Magdalena – so prominent unter den frommen Frauen, wie Petrus unter den Aposteln war. Sie scheint als Erste das Grab erreicht zu haben, und als sie den großen Stein, der den Eingang des Grabes verdeckte, weggerollt sah, urteilte sie eilig, dass der Leib des Herrn weggenommen worden war. Ohne weitere Nachforschungen abzuwarten, eilte sie zurück, um Petrus und Johannes von dieser Tatsache zu unterrichten. Der Evangelist erklärt hier, dass es ein großes Erdbeben gegeben habe und dass der Engel des Herrn, der den Menschen wie ein Blitz und in einem strahlend weißen Gewand erschien, den Stein weggerollt und sich darauf gesetzt habe, als die Wächter, erschrocken über das, was sie hörten und sahen, und besonders über den Blick und die Haltung der himmlischen Macht des Engels, von tödlicher Ohnmacht ergriffen wurden. Wenn man sich an die Ereignisse im Zusammenhang mit der Kreuzigung erinnert, über die zweifellos unter den Soldaten gesprochen worden war, und wenn man sich vor Augen hält, welchen Eindruck ein solcher Anblick auf solche Gemüter macht, kann man die Wirkung auf die beiden Wachen, die in dieser langen Nacht das einsame Grab bewacht hatten, leicht verstehen. Das Ereignis selbst (wir meinen: das Wegrollen des Steins) soll sich nach der Auferstehung Christi in der frühen Morgendämmerung ereignet haben, als die heiligen Frauen auf dem Weg zum Grab waren. Es kann sich nicht um ein Erdbeben im gewöhnlichen Sinne gehandelt haben, sondern um eine Erschütterung des Ortes, als der Herr des Lebens die Pforten des Hades durchbrach, um seinen verherrlichten Leib wieder zu bewohnen, und der blitzartige Engel vom Himmel herabstieg, um den Stein wegzuwälzen. Ihn dort zu belassen, wo das Grab leer war, hätte bedeutet, was nicht mehr wahr ist. Aber es liegt eine erhabene Ironie in dem Kontrast zwischen den ausgeklügelten Vorsichtsmaßnahmen des Menschen und der Leichtigkeit, mit der die göttliche Hand sie beiseite fegen kann, und die, wie in der gesamten Geschichte Christi und seiner Kirche, an die prophetische Erklärung erinnert: „Der im Himmel sitzt, wird über sie lachen“.

    Während die Magdalena, wahrscheinlich auf einem anderen Weg, zum Aufenthaltsort von Petrus und Johannes eilte, hatten auch die anderen Frauen das Grab erreicht, entweder in einer Gruppe oder, wie es scheint, in zwei Gruppen. Sie hatten sich gefragt und gefürchtet, wie sie ihr frommes Vorhaben verwirklichen könnten – denn wer sollte den Stein für sie wegrollen? Aber wie so oft, bestand die befürchtete Schwierigkeit nicht mehr. Vielleicht dachten sie, dass die jetzt abwesende Maria Magdalena dafür Hilfe bekommen hatte. Jedenfalls betraten sie nun die Vorhalle des Grabes. Hier erfüllte die Erscheinung des Engels sie mit Furcht. Aber der himmlische Bote gebot ihnen, sich nicht zu fürchten; er sagte ihnen, Christus sei nicht dort und auch nicht mehr tot, sondern auferstanden, wie er es seinen Jüngern in Galiläa vorausgesagt hatte; schließlich befahl er ihnen, mit der Ankündigung an die Jünger zu eilen, und zwar mit der Botschaft, dass sie ihn in Galiläa treffen sollten, wie Christus es ihnen zuvor aufgetragen hatte. Nicht nur, dass dies sozusagen die wundersame Gegenwart mit der vertrauten Vergangenheit verband und ihnen zu der Erkenntnis verhalf, dass es sich um ihren eigenen Meister handelte, sondern auch, dass in der Zurückgezogenheit, Ruhe und Sicherheit Galiläas die beste Gelegenheit für eine umfassende Offenbarung an die fünfhundert Menschen und für ein abschließendes Gespräch und eine Belehrung gegeben sein würde. Aber der Hauptgrund und die Erklärung für die ansonsten seltsame, fast ausschließliche Hervorhebung der Anweisung, Ihn in Galiläa zu treffen, zu einem solchen Zeitpunkt wurde bereits in einem früheren Kapitel angegeben. Mit der Zerstreuung der Elf in Gethsemane in der Nacht, in der Christus verraten wurde, war das Apostolische Kollegium vorübergehend aufgelöst. Sie trafen sich zwar weiterhin als einzelne Jünger, aber das Band des Apostolats war für den Augenblick aufgelöst. Der apostolische Kreis sollte sich in Galiläa neu formieren und der apostolische Auftrag erneuert und erweitert werden, und zwar nicht am See, wo nur sieben der Elf anwesend gewesen zu sein scheinen,a sondern auf dem Berg, auf dem er sie angewiesen hatte, ihm zu begegnen. So sollte das Ende wie der Anfang sein. Dort, wo er sie zuerst berufen und für ihr Werk angewiesen hatte, würde er sie erneut berufen, ihnen die umfassendsten Anweisungen geben und neue und umfassende Vollmachten verleihen. Seine Erscheinungen in Jerusalem sollten sie auf all das vorbereiten, sie vollständig und freudig der Tatsache seiner Auferstehung versichern, die in Galiläa vollständig gelehrt werden sollte. Und als die Frauen, verwirrt und kaum bei Bewusstsein, dem Befehl gehorchten, hineinzugehen und die nun leere Grabnische selbst zu untersuchen, sahen sie zwei Engel1 – wahrscheinlich so, wie die Magdalena sie später sah – einen am Kopf, den anderen zu den Füßen, wo der Leib Jesu gelegen hatte. Sie warteten nicht länger, sondern eilten, ohne mit jemandem zu sprechen, zu den Jüngern, um ihnen die Nachricht zu überbringen, deren volle Bedeutung sie noch nicht erfassen konnten.

    Doch so sehr die Erzählungen der Synoptiker aufgrund ihrer starken Verdichtung auch von Unklarheiten geprägt sein mögen, so deutlich wird alles, wenn wir den Schritten der Magdalena folgen, wie sie im Vierten Evangelium beschrieben werden. Vom Grab aus eilte sie zur Herberge des Petrus und zu der des Johannes – die Wiederholung der Präposition „zu“ deutet wahrscheinlich darauf hin, dass die beiden verschiedene, wenn auch vielleicht nahe beieinander liegende Quartiere bewohnten. Ihre erschreckende Nachricht veranlasste sie, sofort zu gehen – „und sie gingen zum Grab. Aber sie begannen zu laufen, die beiden zusammen“ – wahrscheinlich, sobald sie außerhalb der Stadt und in der Nähe des „Gartens“ waren. Johannes, der Jüngere, war schneller als Petrus. 3 Als er das Grab zuerst erreichte und sich bückte, „sah“ (βλέπει) er die Leinentücher, aber aufgrund seiner Position nicht die Serviette, die für sich allein lag. Wenn Ehrfurcht und Ehrfurcht Johannes daran hinderten, das Grab zu betreten, so dachte sein impulsiver Begleiter, der unmittelbar nach ihm eintraf, an nichts anderes als an die sofortige und vollständige Klärung des Geheimnisses. Als er das Grab betrat, erblickte er an einer Stelle die Leinentücher, mit denen die heiligen Gliedmaßen umwickelt waren, und an einer anderen die Serviette, die um sein Haupt lag. Es gab kein Anzeichen von Eile, sondern alles war geordnet und hinterließ den Eindruck, als hätte Er sich in aller Ruhe dessen entledigt, was nicht mehr zu Ihm passte. Bald folgte der andere Jünger“ dem Petrus. Die Wirkung dessen, was er sah, war, dass er nun in seinem Herzen glaubte, dass der Meister auferstanden war – bis dahin hatten sie aus der Heiligen Schrift noch nicht die Erkenntnis gewonnen, dass er auferstehen müsse. Und auch das ist sehr lehrreich. Nicht der zuvor aus der Heiligen Schrift abgeleitete Glaube, dass Christus auferstehen würde, führte zur Erwartung dessen, sondern der Beweis, dass er auferstanden war, führte sie zur Erkenntnis dessen, was die Heilige Schrift zu diesem Thema lehrte. Doch welches Licht auch immer im innersten Heiligtum des Herzens von Johannes aufgegangen war, er teilte seine Gedanken der Magdalena nicht mit, ob sie das Grab erreicht hatte, bevor die beiden es verließen, oder ob sie ihnen auf dem Weg begegnete. Die beiden Apostel kehrten nach Hause zurück, weil sie entweder glaubten, am Grab nichts mehr erfahren zu können, oder weil sie auf weitere Belehrung und Führung warten wollten. Vielleicht war es aber auch der Wunsch, nicht unnötig auf das leere Grab aufmerksam zu machen. Aber die Liebe der Magdalena konnte nicht zufriedengestellt werden, solange Zweifel über das Schicksal seines heiligen Leibes schwebten. Es sei daran erinnert, dass sie nur von dem leeren Grab wusste. Eine Zeit lang gab sie sich dem Schmerz ihres Kummers hin; dann, als sie sich die Tränen abwischte, beugte sie sich vor, um noch einmal einen Blick in das Grab zu werfen, das sie für leer hielt, und als sie es „aufmerksam betrachtete“ (θεωρεῖ), schien das Grab nicht mehr leer zu sein. Am Kopf und zu den Füßen, wo der Heilige Leib gelegen hatte, saßen zwei Engel in Weiß. Ihre Frage, die aus ihrem Wissen, dass Christus auferstanden war, so zutiefst zutreffend war: „Frau, warum weinst du?“, scheint die Magdalena mit solch überwältigender Plötzlichkeit getroffen zu haben, dass sie, ohne – vielleicht im Halbdunkel – erkennen zu können, wer es war, der sie gefragt hatte, sprach, nur darauf bedacht, die gesuchte Information zu erhalten: „Weil sie meinen Herrn weggenommen haben, und ich weiß nicht , wo sie ihn hingelegt haben. So ergeht es uns oft, dass wir weinend die Frage des Zweifels oder der Furcht stellen, die, wenn wir sie nur wüssten, niemals über unsere Lippen gekommen wäre; ja, dass das dem Himmel eigene „Warum?“ uns nicht zu beeindrucken vermag, selbst wenn die Stimme seiner Boten uns sanft von dem Irrtum unserer Ungeduld zurückrufen würde.

    Aber schon sollte die Magdalena eine andere Antwort erhalten. Während sie sprach, wurde sie sich einer anderen Gegenwart nahe bei ihr bewusst. Rasch drehte sie sich um und „blickte“ (θεωρεῖ) auf Einen, den sie nicht erkannte, sondern als den Gärtner ansah, aufgrund Seiner Anwesenheit und Seiner Frage: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?‘ Die Hoffnung, dass sie nun erfahren würde, was sie suchte, beflügelte ihre Worte – mit Intensität und Pathos. Wenn der vermeintliche Gärtner den heiligen Leib an einen anderen Ort getragen hätte, würde sie ihn mitnehmen, wenn sie nur wüsste, wo er hingelegt wurde. Diese tiefe und qualvolle Liebe, die die Magdalena sogar die Beschränkungen des Verkehrs einer jüdischen Frau mit einem Fremden vergessen ließ, war der Schlüssel, der die Lippen Jesu öffnete. Ein kurzer Moment des Innehaltens, und Er sprach ihren Namen in jenen wohlbekannten Akzenten aus, die sie zuerst von der siebenfachen dämonischen Macht befreit und sie in ein neues Leben gerufen hatten. Es war wie eine weitere Bindung, ein weiterer Ruf in ein neues Leben. Sie kannte seine Erscheinung nicht, so wie die anderen ihn zuerst nicht kannten, so anders und doch so ähnlich war der verherrlichte Leib dem, den sie gekannt hatten. Aber sie konnte die Stimme nicht verkennen, besonders als sie zu ihr sprach und ihren Namen nannte. So erkennen auch wir den Herrn oft nicht, wenn er in einer anderen Gestalt zu uns kommt, als wir ihn kannten. Aber wir können ihn nicht verkennen, wenn er zu uns spricht und unseren Namen ausspricht.

    Vielleicht dürfen wir hier innehalten und aus dem Nicht-Erkennen des Auferstandenen, bis er sprach, diese Frage stellen: Mit welchem Körper werden wir auferstehen? Gleich oder ungleich der Vergangenheit? Ganz gewiss ähnlich. Unsere Leiber werden dann wahrhaftig sein; denn die Seele wird sich gemäß ihrer vergangenen Geschichte verkörpern – sich nicht nur, wie jetzt, in die Gesichtszüge einprägen, sondern sich ausdrücken, so dass ein Mensch an dem erkannt werden kann, was er ist, und als das, was er ist. So hat auch in dieser Hinsicht die Auferstehung einen moralischen Aspekt und ist die Vollendung der Geschichte der Menschheit und eines jeden Menschen. Und auch der Christus muss in seinem verherrlichten Leib all das getragen haben, was er war, all das, was selbst seine engsten Jünger nicht wussten und nicht verstanden, als er bei ihnen war, was sie jetzt nicht erkannten, aber sofort wussten, als er zu ihnen sprach.

    Genau das war es, was nun die Magdalena zu ihrem Handeln veranlasste – und was auch die Antwort des Herrn erklärt. Als sie in ihrem Namen Seinen Namen erkannte, überkam sie das alte Gefühl, und mit dem vertrauten „Rabboni!“Meister – hätte sie Ihn am liebsten ergriffen. War es der unbewusste Impuls, den kostbaren Schatz zu ergreifen, den sie für immer verloren geglaubt hatte; der unbewusste Versuch, sich zu vergewissern, dass es sich nicht nur um eine Erscheinung Jesu aus dem Himmel handelte, sondern um den wirklichen Christus in Seiner Leiblichkeit auf Erden; oder eine Geste der Verehrung, der Beginn solcher Akte der Anbetung, wie sie ihr Herz verlangte? Wahrscheinlich all das; und doch war sie sich in diesem Augenblick wahrscheinlich keines dieser Gefühle bewusst. Aber auf sie alle gab es eine Antwort, und darin eine höhere Richtung, die durch die Worte des Herrn gegeben wurde: „Rührt mich nicht an, denn ich bin noch nicht zum Vater aufgefahren“. Nicht der vom Himmel erscheinende Jesus – er war noch nicht zum Vater aufgefahren; nicht der frühere Verkehr, nicht die frühere Huldigung und Anbetung. Es gab noch eine Zukunft der Vollendung vor ihm in der Himmelfahrt, von der Maria nichts wusste. Zwischen dieser Zukunft der Vollendung und der Vergangenheit der Arbeit war die Gegenwart eine Lücke, die teils der Vergangenheit, teils der Zukunft angehörte. An die Vergangenheit konnte man sich nicht erinnern, die Zukunft konnte man nicht vorhersehen. Die Gegenwart diente der Beruhigung, dem Trost, der Vorbereitung und der Belehrung. Lass die Magdalena gehen und seinen „Brüdern“ von der Himmelfahrt erzählen. So würde sie ihnen am besten und wahrhaftigsten sagen, dass sie Ihn gesehen hatte; so würden sie auch am besten erfahren, wie die Auferstehung die Vergangenheit Seines Liebeswerkes für sie mit der Zukunft verband: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott. So kam die vollste Lehre der Vergangenheit, die klarste Offenbarung der Gegenwart und die hellste Lehre der Zukunft – alles in der Auferstehung zusammengefasst – zu den Aposteln durch den Mund der Liebe derjenigen, aus der er sieben Teufel ausgetrieben hatte.

    Noch eine andere Szene an jenem Ostermorgen schildert Matthäus, um zu erklären, wie die bekannte jüdische Verleumdung aufkam, die Jünger hätten den Leichnam Jesu weggestohlen. Er erzählt, wie der Wächter den Hohenpriestern berichtete, was geschehen war, und wie diese ihrerseits den Wächter bestachen, damit er dieses Gerücht verbreite, und gleichzeitig versprachen, dass sie sich für Pilatus einsetzen würden, falls die erfundene Geschichte, sie hätten geschlafen, während die Jünger das Grab raubten, zu ihm gelangen würde. Was auch immer sonst noch gesagt werden mag, wir wissen, dass dies seit der Zeit von Justin Martyra jüdische Erklärung war. In jüngster Zeit ist sie jedoch bei den nachdenklichen jüdischen Schriftstellern durch die so genannte „Visionshypothese“ ersetzt worden, auf die bereits ausführlich eingegangen wurde.

    Es war am frühen Nachmittag jenes Frühlingstages, vielleicht kurz nach dem Frühmahl, als zwei Männer aus diesem Kreis der Jünger die Stadt verließen. Ihre Erzählung gibt einen höchst interessanten Einblick in den Kreis der Kirche in jenen ersten Tagen. Der Eindruck, der uns vermittelt wird, ist der einer völligen Verwirrung, in der nur einige Dinge unerschüttert und fest standen: die Liebe zur Person Jesu, die Liebe unter den Brüdern, das gegenseitige Vertrauen und die Gemeinschaft, zusammen mit einer schwachen Hoffnung auf etwas, das noch kommen wird – wenn nicht Christus in seinem Reich, so doch irgendeine Manifestation davon oder eine Annäherung an es. Das Apostelkollegium scheint in Einzelteile zerbrochen zu sein; selbst die beiden Hauptapostel Petrus und Johannes sind nur „einige von denen, die mit uns waren“. Und das ist kein Wunder, denn sie sind nicht mehr „Apostel“ – ausgesandt. Wer soll sie denn aussenden? Nicht ein toter Christus! Und was wird ihr Auftrag sein, und zu wem und wohin? Und über allem schwebte eine Wolke völliger Ungewissheit und Verwirrung. Jesus war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Aber ihre Herrscher hatten ihn gekreuzigt. Wie sollte ihre neue Beziehung zu Jesus aussehen, wie zu ihren Herrschern? Und was ist mit der großen Hoffnung auf das Reich Gottes, die sie mit ihm verbunden hatten?

    So waren sie an jenem Ostertag selbst über seine Mission und sein Werk im Unklaren: im Unklaren über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Welch ein Bedürfnis nach der Auferstehung und nach der Lehre, die nur der Auferstandene bringen konnte! Diese beiden Männer hatten sich an jenem Tag mit Petrus und Johannes unterhalten. Und es hinterlässt bei uns den Eindruck, dass inmitten der allgemeinen Verwirrung alle solche Nachrichten gebracht hatten, wie sie sie hatten, oder gekommen waren, um sie zu hören, und versucht hatten, aber gescheitert waren, alles zu ordnen oder ein Licht darum herum zu sehen. Die Frauen“ waren gekommen, um von dem leeren Grab zu berichten und von ihrer Vision von Engeln, die sagten, dass er lebe. Aber die Apostel hatten noch keine Erklärung anzubieten. Petrus und Johannes waren gegangen, um sich selbst ein Bild zu machen. Sie brachten die Bestätigung des Berichts, dass das Grab leer war, zurück, aber sie hatten weder Engel noch den gesehen, den sie für lebendig erklärt haben sollten. Und obwohl die beiden offensichtlich den Kreis der Jünger, wenn nicht sogar Jerusalem, verlassen hatten, bevor die Magdalena kam, wissen wir, dass selbst ihr Bericht nicht zur Überzeugung derer beitrug, die ihn hörten.

    Von den beiden, die an jenem frühen Frühlingsnachmittag die Stadt in Begleitung verließen, wissen wir, dass der eine den Namen Kleopas trug. Der andere, der keinen Namen trägt, wurde aus diesem Grund und weil die Erzählung dieses Werkes in ihrer Lebendigkeit den Charakter einer persönlichen Erinnerung trägt, mit dem heiligen Lukas selbst identifiziert. Wenn dem so wäre, dann würde jedes der Evangelien wie ein Bild in irgendeinem dunklen Winkel den Hinweis auf seinen Autor tragen: das erste, das des „Zöllners“; das des Markus, das des jungen Mannes, der in der Nacht des Verrats vor seinen Entführern floh; das des Lukas, in dem Begleiter des Kleopas; und das des Johannes, in dem Jünger, den Jesus liebte. Die Ungewissheit über die Identifizierung dieses Ortes ist fast genauso groß wie die über den zweiten Emmausreisenden. Aber wenn auch nicht der genaue Ort, so doch die Örtlichkeit oder vielmehr das Tal ist so wahrscheinlich, dass wir in der Vorstellung den beiden Gefährten auf ihrem Weg folgen können.

    Wir verlassen die Stadt durch das Westtor. Nach etwa fünfundzwanzig Minuten zügigen Vorankommens haben wir den Rand des Plateaus erreicht. Die blutbefleckte Stadt und der wolken- und düsterbedeckte Aufenthaltsort der Anhänger Jesu liegen hinter uns, und mit jedem Schritt vorwärts und aufwärts scheint die Luft frischer und freier, als ob wir in ihr den Duft der Berge oder sogar die ferne Brise des Meeres spürten. Weitere fünfundzwanzig oder dreißig Minuten – vielleicht ein wenig mehr, da wir hier und da an Landhäusern vorbeikommen – und wir halten inne, um zurückzublicken, jetzt auf die weite Aussicht bis nach Bethlehem. Wieder setzen wir unseren Weg fort. Wir verlassen nun die trostlose, felsige Gegend und kommen in ein Tal. Zu unserer Rechten befindet sich der angenehme Ort, der das alte Nephtoah an der Grenze zu Juda markiert und heute von dem Dorf Lifta eingenommen wird. Nach einer knappen Viertelstunde haben wir die gut befestigte Römerstraße verlassen und steigen in ein schönes Tal hinauf. Der Weg steigt sanft in nordwestlicher Richtung an, wobei die Höhe, auf der Emmaus steht, deutlich vor uns liegt. Etwa in gleicher Entfernung liegen rechts Lifta und links Kolonieh. Die Straßen von diesen beiden, die fast einen Halbkreis beschreiben (die eine nach Nordwesten, die andere nach Nordosten), treffen sich etwa eine Viertelmeile südlich von Emmaus (Hammoza, Belt Mizza). Was für eine Oase in dieser hügeligen Gegend! Entlang des plätschernden Baches, der tief im Tal von einer Brücke überquert wird, liegen duftende Orangen- und Zitronengärten, Olivenhaine, üppige Obstbäume, angenehme Einfriedungen, schattige Winkel, helle Wohnhäuser und auf der Höhe das liebliche Emmaus. Ein schönes Fleckchen, zu dem man an diesem Frühlingsnachmittag spazieren gehen konnte; ein sehr geeigneter Ort, um eine solche Gemeinschaft zu treffen und eine solche Lehre zu finden, wie an diesem Ostertag.

    Es mag dort gewesen sein, wo sich die beiden Straßen von Lifta und Kolonieh treffen, wo der geheimnisvolle Fremde, den sie nicht kannten, weil sie ihn nicht sahen, zu den beiden Freunden stieß. Doch während der ganzen sechs oder sieben Meilen2 hatten sie sich über ihn unterhalten, und selbst jetzt trugen ihre erröteten Gesichter die Spuren der Traurigkeit3 wegen der Ereignisse, von denen sie gesprochen hatten – enttäuschte Hoffnungen, umso bitterer wegen der verwirrenden Nachricht vom leeren Grab und dem fehlenden Leib Christi. So ist uns Christus oft nahe, wenn wir ihn nicht kennen, und so erfüllen Unwissenheit und Unglaube unsere Herzen oft mit Traurigkeit, selbst wenn uns die wahrhaftigste Freude zuteil würde. Auf die Frage des Fremden nach dem Thema eines Gesprächs, das sie so sichtlich berührt hatte,antworteten sie in einer Sprache, die zeigt, dass sie selbst so sehr davon eingenommen waren, dass sie kaum verstehen konnten, wie selbst ein festlicher Pilger und Fremder in Jerusalem es nicht kennen oder seine höchste Bedeutung nicht wahrnehmen konnte. Doch so seltsam unsympathisch er mit seiner Frage auch erscheinen mochte, in seiner Erscheinung lag etwas, das ihnen das Innerste ihres Herzens öffnete. Sie erzählten ihm, was sie über diesen Jesus dachten, wie er sich als ein in Tat und Wort mächtiger Prophet vor Gott und dem ganzen Volk erwiesen hatte, dann, wie ihre Herrscher ihn gekreuzigt hatten, und schließlich, wie sie durch die Nachricht, die die Frauen gebracht hatten und die Petrus und Johannes zwar bestätigt hatten, aber nicht erklären konnten, in neue Verwirrung geraten waren. Ihre Worte waren fast kindlich in ihrer Einfachheit, zutiefst wahrheitsgetreu und mit einem Pathos und einer ernsthaften Sehnsucht nach Führung und Trost, die direkt ins Herz gehen. Solchen Seelen wollte der auferstandene Heiland seine erste Lehre erteilen. Gerade die Zurechtweisung, mit der Er sie eröffnete, muss ihnen Trost gebracht haben. Auch wir sind in unserer Schwachheit manchmal sehr beunruhigt, wenn wir hören, dass gegen eine der großen Wahrheiten unseres heiligen Glaubens scheinbar unüberwindliche Schwierigkeiten aufgeworfen werden, und fühlen uns in vielleicht gleicher Schwachheit getröstet und gestärkt, wenn ein „Großer“ sie beiseite schiebt oder sich angesichts dieser Schwierigkeiten als gläubiger Jünger Christi bekennt. Als ob die mickrige Größe des Menschen bis zu den Geheimnissen des Himmels reichen könnte oder die Kraft eines großen Kindes nötig wäre, um das Gebäude zu halten, das Gott auf dem großen Eckstein errichtet hat! Aber die Zurechtweisung Christi war nicht von dieser Art. Ihr Kummer rührte von ihrer Torheit her, nur auf das Gesehene zu schauen, und zwar aus ihrer Langsamkeit, dem zu glauben, was die Propheten gesagt hatten. Hätten sie darauf geachtet, anstatt sich vom Äußeren verschlingen zu lassen, hätten sie alles verstanden. Hat die Heilige Schrift nicht mit einer Stimme diese doppelte Wahrheit über den Messias gelehrt, dass er leiden und in seine Herrlichkeit eingehen sollte? Warum sollten sie sich dann wundern – warum sollten sie nicht vielmehr erwarten, dass er gelitten hat und dass die Engel ihn wieder lebendig verkündet haben?

    Er sprach es, und neue Hoffnung keimte in ihren Herzen auf, neue Gedanken stiegen in ihren Köpfen auf. Ihr sehnsüchtiger Blick war auf Ihn gerichtet, als Er nun eine nach der anderen die Heilige Schrift von Mose und allen Propheten aufschlug und ihnen in jedem wohlbekannten Abschnitt die Dinge erklärte, die sich auf Ihn bezogen. Ach, wären wir doch dabei gewesen, um zu hören – wenn auch in der Stille unseres Herzens, wenn wir uns nur danach sehnen, und wenn wir mit Ihm wandeln, erschließt Er manchmal so aus der Schrift – ja, aus der ganzen Schrift, was uns durch kritisches Studium nicht zugänglich wird: ‚die Dinge, die sich selbst betreffen‘. Allzu schnell verflogen die Augenblicke. Die kurze Zeitspanne war vorüber, und der Fremde schien im Begriff zu sein, Emmaus zu verlassen – nicht zum Schein, sondern wirklich; denn Christus bleibt nur bei uns, wenn unsere Sehnsucht und unsere Liebe ihn dazu zwingen. Aber sie konnten sich nicht von ihm trennen. Sie drängten Ihn. Die Liebe machte sie erfinderisch. Es ging auf den Abend zu; der Tag war schon weit fortgeschritten; Er musste noch bei ihnen bleiben. Welch ein Ansturm von Gedanken und Gefühlen kommt in uns auf, wenn wir an all das denken und versuchen, uns Zeiten, Szenen und Umstände in unserer Erfahrung vorzustellen, die dem gesegneterweise ähnlich sind.

    Der Meister ließ sich fesseln. Er ging hinein, um, wie sie dachten, für die Nacht ihr Gast zu sein. Das einfache Abendmahl wurde aufgetragen. Er setzte sich zu ihnen an die schlichte Tafel. Und nun war er nicht mehr der Fremde, sondern der Meister. Keiner fragte oder stellte Fragen, als Er das Brot nahm, die Segensworte sprach und es dann brach und ihnen gab. Aber in diesem Moment war es, als wäre eine Hand von ihren Augenlidern genommen worden, als wäre plötzlich der Film von ihren Augen verschwunden. Und so wie sie Ihn kannten, verschwand Er aus ihrem Blickfeld – denn das, was Er zu tun gekommen war, war getan worden. Sie waren nun unsagbar reich und glücklich. Aber inmitten all dessen drängte sich ihnen eines immer wieder neu auf: Noch während ihre Augen gehalten wurden, brannte ihr Herz in ihnen, während Er zu ihnen sprach und ihnen die Schriften öffnete. So hatten sie also die Auferstehungslektion in vollem Umfang gelernt – nicht nur, dass Er tatsächlich auferstanden war, sondern dass es nicht seiner sichtbaren körperlichen Gegenwart bedurfte, wenn Er ihnen nur alle Schriften über sich selbst in Herz und Verstand eröffnete. Und dies, was die anderen Worte über das „Halten“ und „Berühren“ von Ihm betrifft – über das Gespräch und die Gemeinschaft mit Ihm als dem Auferstandenen – war auch die Lektion, die der Magdalena erteilt wurde, als Er ihre liebevolle, verehrende Berührung nicht dulden wollte und sie auf die Himmelfahrt vor Ihm hinwies. Dies ist die große Lektion über den Auferstandenen, die die Kirche am Pfingsttag vollständig gelernt hat.

    Am selben Nachmittag war der Herr unter uns unbekannten Umständen und auf eine uns unbekannte Weise dem Petrus erschienen. Wir können vielleicht annehmen, dass dies nach seiner Offenbarung in Emmaus geschah. Damit würde sich der Kreislauf der Barmherzigkeit schließen: zuerst dem liebevollen Kummer der Frau, dann der liebevollen Ratlosigkeit der Jünger, dann dem ängstlichen Herzen des erschütterten Petrus – und zuletzt dem Kreis der Apostel, der sich wieder um die sichere Tatsache seiner Auferstehung scharte.

    Die beiden in Emmaus hätten die frohe Botschaft nicht für sich behalten können. Selbst wenn sie sich nicht an den Kummer und die Verwirrung erinnert hätten, in denen sie ihre Mitjünger in Jerusalem an jenem Vormittag zurückgelassen hatten, hätten sie es nicht für sich behalten können, hätten nicht in Emmaus bleiben können, sondern hätten zu ihren Brüdern in der Stadt gehen müssen. So ließen sie das nicht gegessene Mahl stehen und eilten den Weg zurück, den sie mit dem nun bekannten Fremden zurückgelegt hatten – aber, ach, mit welch leichteren Herzen und Schritten!

    Sie kannten den Ort, an dem sie „die Zwölf“ – nein, jetzt nicht mehr die Zwölf, sondern „die Elf“ – antrafen, sehr gut, und auch so war ihr Kreis nicht vollständig, denn, wie schon gesagt, war er zersplittert, und zumindest Thomas war an jenem Osterabend des ersten „Herrentags“ nicht bei den anderen. Aber, wie uns Lukas sorgfältig mitteilt,waren die anderen, die sich damals mit ihnen verbanden, bei ihnen. Das ist äußerst wichtig, denn es zeigt, dass die Worte, die der auferstandene Christus bei dieser Gelegenheit sprach, nicht an die Apostel als solche gerichtet waren – ein Gedanke, den auch die Abwesenheit von Thomas verbietet -, sondern an die Kirche, auch wenn sie durch diejenigen der „Zwölf“ oder besser „Elf“, die bei dieser Gelegenheit anwesend waren, personifiziert und repräsentiert sein mag.

    Als die beiden aus Emmaus ankamen, fanden sie die kleine Gruppe wie Schafe vor, die sich vor dem Sturm in der Herde versteckten. Ob sie nun als Jünger Verfolgung befürchteten oder weil die Nachricht vom leeren Grab, die die Obrigkeit erreicht hatte, die Sanhedristen in Angst und Schrecken versetzen würde, es waren besondere Vorkehrungen getroffen worden. Die äußeren und inneren Türen wurden verschlossen, um die Versammlung zu verbergen und eine Überraschung zu verhindern. Aber die Versammelten waren sich nun zumindest einer Sache sicher. Christus war auferstanden. Und als sie von Emmaus aus ihre wundersame Geschichte erzählten, konnten die anderen antiphonisch antworten, indem sie berichteten, wie er nicht nur der Magdalena, sondern auch Petrus erschienen war. Und doch scheinen sie seine Auferstehung noch nicht verstanden zu haben; sie betrachteten sie eher als eine Himmelfahrt, von der aus er sich offenbart hatte, denn als das Wiedererscheinen seiner wirklichen, wenn auch verherrlichten Körperlichkeit.

    Sie saßen bei Tisch – wenn wir aus der Notiz des Markus und aus dem, was unmittelbar danach geschah, schließen dürfen – und diskutierten, nicht ohne erhebliche Zweifel und Bedenken, über die wahre Bedeutung dieser Erscheinungen Christi. Die Erscheinung bei der Magdalena scheint beiseite gelassen worden zu sein – jedenfalls wird sie nicht erwähnt, und auch bei den anderen scheinen sie, jedenfalls von einigen, eher als das angesehen worden zu sein, was wir als geisterhafte Erscheinungen bezeichnen würden. Doch mit einem Mal stand Er mitten unter ihnen. Der gewöhnliche Gruß – auf Seinen Lippen nicht gewöhnlich, sondern eine Realität – erfüllte ihre Herzen zunächst eher mit Schrecken als mit Freude. Sie hatten von Gespenstererscheinungen gesprochen, und nun glaubten sie, „einen Geist zu sehen“ (θεωρεῖν). Dies berichtigte der Heiland zuerst und ein für allemal, indem er ihnen die verherrlichten Wundmale Seiner Heiligen Wunden zeigte und sie aufforderte, Ihn zu berühren, um sich davon zu überzeugen, dass Sein Leib wirklich war und das, was sie sahen, nicht ein körperloser Geist. Der Unglaube des Zweifels wich nun dem Unglauben, alles zu glauben, was es bedeutete, der Freude und der Frage, ob zwischen diesem auferstandenen Christus und ihnen in ihren Leibern nun noch eine Gemeinschaft oder ein Band bestehen könne. Um auch dies zu beseitigen, was, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt, ebenfalls Unglaube war, nahm der Heiland nun vor ihnen an ihrem Abendmahl aus gebratenen Fischen2 teil und hielt so mit ihnen wahre menschliche Gemeinschaft wie in alten Zeiten.

    Es war diese Lektion Seiner Kontinuität – im strengsten Sinne – mit der Vergangenheit, die erforderlich war, damit die Kirche jetzt sozusagen im Namen, in der Kraft und im Geist des Auferstandenen, der gelebt hatte und gestorben war, wiederhergestellt werden konnte. Noch einmal sprach Er das „Friede sei mit euch!“, und jetzt war es für sie kein Anlass zum Zweifel oder zur Furcht, sondern der bekannte Gruß ihres alten Herrn und Meisters. Danach wurde die Kirche als die Kirche Jesu Christi, des Auferstandenen, neu versammelt und konstituiert. Die Kirche des Auferstandenen sollte die Botschafterin Christi sein, so wie er der Beauftragte des Vaters gewesen war. Die Apostel hatten den Auftrag, das Werk Christi fortzusetzen und nicht ein neues zu beginnen. „“Wie mich der Vater gesandt hat [in der Vergangenheit, denn seine Sendung war vollendet], so sende2 ich euch [in der ständigen Gegenwart, bis zu seiner Wiederkunft]“. Dies kennzeichnet die dreifache Beziehung der Kirche zum Sohn, zum Vater und zur Welt und ihre Stellung in ihr. In der gleichen Weise, zu dem gleichen Zweck, ja, soweit möglich, mit der gleichen Qualifikation und der gleichen Autorität, wie der Vater Christus gesandt hatte, beauftragt er seine Kirche. Und so machte er es zu einem sehr realen Auftrag, als er sie nicht einzeln, sondern als Gemeinde anhauchte und sagte: „Nehmt den Heiligen Geist“, und dies offensichtlich nicht im absoluten Sinne, da der Heilige Geist noch nicht gegeben war, sondern als Bindeglied und Qualifikation für die der Kirche verliehene Vollmacht. Oder, um einen anderen Aspekt zu verdeutlichen, indem wir die Reihenfolge der Worte etwas umkehren: Sowohl die Sendung der Kirche als auch ihre Vollmacht, Sünden zu vergeben oder zu behalten, sind mit einer persönlichen Qualifikation verbunden: „Nehmt ihr den Heiligen Geist“, wobei das Wort „nehmen“ ebenfalls hervorzuheben ist. Dies ist die Vollmacht, die die Kirche besitzt, nicht ex opere operato, sondern in Verbindung mit dem Nehmen und der Einwohnung des Heiligen Geistes in der Kirche.

    Es bleibt noch, diese beiden Punkte zu erklären, soweit wir es können: worin diese Macht, Sünden zu vergeben und zu behalten, besteht, und in welcher Weise sie der Kirche innewohnt. Was den ersten Punkt betrifft, so müssen wir uns zunächst fragen, welche Vorstellung er denjenigen vermittelt, zu denen Christus die Worte gesprochen hat. Es wurde bereits erklärt,dass sich die Macht des „Lösens“ und „Bindens“ auf die gesetzgebende Gewalt bezog, die vom Rabbinerkollegium beansprucht und ihm zugestanden wurde. In ähnlicher Weise bezog sich die hier erwähnte Macht auf ihre juristische oder richterliche Macht, nach der sie eine Person entweder „Zakkai“, unschuldig oder „frei“, „freigesprochen“, „Patur“, oder aber „schuldig“, „Chayyabh“ (ob zur Strafe oder zum Opfer) erklärten. Im eigentlichen Sinne handelt es sich also eher um eine administrative, disziplinarische Macht, „die Macht der Schlüssel“, wie Paulus sie in der korinthischen Kirche in Kraft gesetzt hätte, die Macht der Aufnahme und des Ausschlusses, der autoritativen Erklärung der Vergebung der Sünden, in deren Ausübung (so scheint es dem Verfasser) auch die Autorität zur Verwaltung der heiligen Sakramente enthalten ist. Und doch ist es nicht, wie manchmal dargestellt wird, die „Absolution von den Sünden“, die allein Gott und Christus als Haupt der Kirche zukommt, sondern die Absolution des Sünders, die er seiner Kirche übertragen hat: „Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben. Diese Worte lehren uns auch, dass das, was die Rabbiner aufgrund ihres Amtes beanspruchten, der Herr seiner Kirche aufgrund des Empfangs und der Innewohnung des Heiligen Geistes geschenkt hat.

    Bei der Beantwortung der zweiten vorgeschlagenen Frage müssen wir einen wichtigen Punkt berücksichtigen. Die Macht des „Bindens“ und „Lösens“ war in erster Linie den Aposteln übertragen worden,und wurde von ihnen in Bezug auf die Kirche ausgeübt. c Die Macht der Sündenvergebung und des Behaltens der Sünden hingegen war in erster Linie der Kirche übertragen worden und wurde von ihr durch ihre Vertreter, die Apostel, und diejenigen, denen sie die Herrschaft übertragen hatten, ausgeübt. Obwohl also der Herr in jener Nacht diese Macht seiner Kirche übertragen hat, geschah dies in der Person ihrer Vertreter und Leiter. Die Apostel allein konnten gesetzgebende Funktionen ausüben, aber die Kirche hat bis ans Ende der Zeiten „die Macht der Schlüssel“.

    Einer der Apostel, Thomas, war an jenem Osterabend im Kreis der Jünger abwesend gewesen. Selbst als man ihm von den wunderbaren Ereignissen jener Versammlung erzählte, weigerte er sich zu glauben, es sei denn, er hätte einen persönlichen und sinnlichen Beweis für die Wahrheit des Berichts. Es kann kaum sein, dass Thomas nicht an die Tatsache glaubte, dass der Leib Christi das Grab verlassen hatte, oder dass er wirklich erschienen war. Aber er hielt an dem fest, was wir die Visionshypothese, oder in diesem Fall eher die Gespenstertheorie, nennen können. Solange aber auch dieser Apostel nicht zur Überzeugung von der Auferstehung im einzig wahren Sinne – von der identischen, wenn auch verklärten Leiblichkeit des Herrn und damit von der Kontinuität der Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft – gelangt war, war es unmöglich, den apostolischen Kreis neu zu bilden oder den apostolischen Auftrag zu erneuern, da dessen ursprüngliche Botschaft das Zeugnis über den Auferstandenen war. Dies scheint, wenn man so will, der Grund zu sein, warum die Apostel noch in Jerusalem blieben, anstatt, wie befohlen, dem Meister nach Galiläa zu folgen.

    Eine ruhige Woche war vergangen, in der – und auch das mag für unsere doppelte Lehre sein – die Apostel Thomas nicht ausschlossen,und Thomas sich auch nicht von den Aposteln zurückzog. Wieder einmal war der Tag der Tage gekommen – die Oktav des Festes. Von diesem Ostertag an mußte die Kirche, auch ohne besondere Einsetzung, das wöchentlich wiederkehrende Gedenken an seine Auferstehung feiern, als den Tag, an dem er der Kirche den Hauch eines neuen Lebens einhauchte und sie zu seiner Stellvertreterin weihte. Es war also nicht nur das Gedächtnis seiner Auferstehung, sondern auch der Geburtstag der Kirche, so wie Pfingsten der Tag ihrer Taufe war. In dieser Oktav waren die Jünger also wieder versammelt, und zwar unter ganz ähnlichen Umständen wie an Ostern, aber jetzt war auch Thomas dabei. Erneut – und wieder wird besonders darauf hingewiesen: „die Türen waren verschlossen “ – erschien auferstandene Heiland inmitten der Jünger mit der bekannten Begrüßung. Er bot Thomas nun den geforderten Beweis an; aber er wurde nicht mehr gebraucht oder gesucht. Voller Gefühlsausbruch gab er sich der gesegneten Überzeugung hin, die, einmal gebildet, sofort in einen Akt der Anbetung übergegangen sein muss: „Mein Herr und mein Gott! Dies war das vollste Bekenntnis, das er bis dahin abgelegt hatte, und es umfasste wahrhaftig das ganze Ergebnis der neuen Überzeugung von der Wirklichkeit der Auferstehung Christi. Wir erinnern uns, wie Nathanael unter ähnlichen Umständen als Erster das vollste Bekenntnis ablegte. Wir erinnern uns auch an die analoge Antwort des Erlösers. Wie damals, so wies er auch jetzt auf das Höhere hin: auf einen Glauben, der nicht das Ergebnis des Sehens war und daher durch das Sehen, sei es durch die Sinne oder durch die Erkenntnis des Verstandes, begrenzt und begrenzt wurde. Wie jemand sehr treffend bemerkt hat: „Diese letzte und größte der Seligpreisungen ist das eigentümliche Erbe der späteren Kirche „damit das treffendste Weihegeschenk dieser Kirche.

    Die nächste Szene, die uns präsentiert wird, spielt wieder am See Genezareth. Die Offenbarung an Thomas und damit die Wiederherstellung der Einheit des apostolischen Kreises hatte ursprünglich das Johannesevangelium abgeschlossen. Aber die in der frühen Kirche verbreitete Nachricht, dass der Jünger, den Jesus liebte, nicht sterben würde, veranlasste ihn, seinem Evangelium als Anhang einen Bericht über die Ereignisse hinzuzufügen, mit denen sich diese Erwartung verbunden hatte. Es ist für den Kritiker sehr lehrreich, wenn er auf Schritt und Tritt aufgefordert wird zu erklären, warum diese oder jene Tatsache nicht oder nur in einem Evangelium erwähnt wird, festzustellen, dass das vierte Evangelium ohne die Korrektur eines möglichen Missverständnisses in Bezug auf den greisen Apostel keinen Hinweis auf die Erscheinung Christi in Galiläa, ja nicht einmal auf die Anwesenheit der Jünger dort vor der Himmelfahrt enthalten hätte. Dennoch hatte der heilige Johannes sie im Sinn. Und sollten wir daraus nicht lernen, dass das, was uns als seltsame Auslassungen erscheint, die, wenn man sie mit den anderen Berichten der Evangelien vergleicht, Unstimmigkeiten zu beinhalten scheinen, der befriedigendsten Erklärung fähig sein können, wenn wir nur alle Umstände kennen würden?

    Die Geschichte selbst funkelt wie ein Edelstein in ihrer besonderen Umgebung. Sie handelt vom grünen Galiläa und vom blauen See und erinnert an die ersten Tage und Szenen dieser Geschichte. Nach dem Bericht des Matthäus gingen „die elf Jünger nach Galiläa“ – wahrscheinlich unmittelbar nach der Osteroktav. Es kann kaum bezweifelt werden, dass sie nicht nur die Tatsache der Auferstehung bekannt machten, sondern auch das Stelldichein, das der Auferstandene ihnen gegeben hatte – vielleicht auf jenem Berg, wo er seine erste „Predigt“ gehalten hatte. Und so kam es, dass „einige zweifelten “ und dass er danach den fünfhundert auf einmal erschien. Aber an jenem Morgen waren am See von Tiberias nur sieben der Jünger. Nur fünf von ihnen werden genannt. Es sind diejenigen, die am engsten mit ihm zusammen waren – vielleicht auch diejenigen, die am nächsten am See wohnten

    Die Szene wird durch Peters Vorschlag eingeleitet, angeln zu gehen. Es scheint, als ob die alten Gewohnheiten mit den alten Assoziationen zu ihnen zurückgekehrt wären. Petrus‘ Gefährten schlugen natürlich vor, sich ihm anzuschließen. In jener stillen, klaren Nacht waren sie auf dem See, aber sie fingen nichts. Erinnert sie das nicht an das frühere Ereignis, als Jakobus und Johannes sowie Petrus und Andreas zu Aposteln berufen wurden, und erinnert es Petrus nicht besonders an das Erforschen und Ausloten seines Herzens am darauffolgenden Morgen? a Aber sie waren sich ihrer selbst so wenig bewusst, und, fügen wir hinzu, diese Geschichte ist so weit entfernt von jeder Spur eines legendären Entwurfs,dass nicht der geringste Hinweis darauf zu finden ist. Der frühe Morgen brach an, und unter dem rosigen Schein des Himmels lagen die kühlen Schatten noch auf dem kieseligen „Strand“. Dort stand die Gestalt des Einen, den sie nicht erkannten, ja nicht einmal, als Er sprach. Doch Seine Worte sollten ihnen diese Erkenntnis bringen. Die Anweisung, das Netz auf der rechten Seite des Schiffes auszuwerfen, brachte ihnen, wie Er gesagt hatte, den Fang, für den sie sich die ganze Nacht vergeblich abgemüht hatten. Und mehr als das: eine solche Menge von Fischen, dass sie nicht in der Lage waren, das Netz ins Schiff zu ziehen. Das war genug für den Jünger, den Jesus liebte“, und dessen Herz ihn vielleicht vorher verraten hatte. Er flüsterte Petrus zu: „Es ist der Herr“, und Simon, der nur ehrfürchtig sein Fischerobergewand um sich schlang,2 warf sich ins Meer. Doch auch so scheint Petrus durch seine Eile nichts gewonnen zu haben, außer, dass er früher an der Seite Christi war. Die anderen verließen das Schiff und stiegen in ein kleines Boot um, das an das Schiff angehängt gewesen sein muss; sie folgten ihm, ruderten die kurze Strecke von etwa hundert und zogen das mit Fischen beladene Netz hinter sich her.


    Sie betraten den Strand, der von Seiner Gegenwart geweiht war, schweigend, als ob sie eine Kirche oder einen Tempel betreten hätten. Sie wagten es nicht einmal, das Netz mit den Fischen, das sie ans Ufer gezogen hatten, zu entsorgen, bis Er ihnen sagte, was sie tun sollten. Das einzige, was sie bemerkten, war, dass eine unsichtbare Hand das Morgenmahl zubereitet hatte, von dem sie auf die Frage des Meisters hin zugaben, dass sie es nicht selbst zubereitet hatten. Und nun wies Jesus sie an, die gefangenen Fische zu bringen. Als Petrus das beschwerte Netz heraufzog, fand er es voll mit großen Fischen, nicht weniger als hundertdreiundfünfzig an der Zahl. Es ist nicht nötig, dieser Zahl irgendeine symbolische Bedeutung beizumessen, wie es die Väter und die späteren Autoren getan haben. Wir können durchaus verstehen – ja, es scheint geradezu natürlich, dass sie unter den besonderen Umständen die großen Fische in jenem wundersamen Zug zählten, der das Netz noch unversehrt ließ. Es mag sein, dass ihnen gesagt wurde, sie sollten die Fische zählen – zum Teil auch, um die Realität des Geschehenen zu zeigen. Aber auf dem Kohlenfeuer scheint nur ein einziger Fisch gewesen zu sein, und daneben nur ein einziges Brot. 2 Zu diesem Mahl lud er sie nun ein, denn sie scheinen sich noch immer in ehrfürchtiger Furcht zurückgehalten zu haben und wagten nicht, ihn zu fragen, wer er sei, obwohl sie wussten, dass es der Herr war. Dies war, wie der heilige Johannes bemerkt, die dritte Erscheinung Christi vor den Jüngern als Körper.

    Und doch war dieser Morgen des Segens noch nicht zu Ende. Das genügsame Mahl war vorbei, mit all seiner bedeutsamen Lehre von der gerade ausreichenden Versorgung seiner Diener und dem reichlichen Vorrat in dem ungebrochenen Netz neben ihnen. Aber es bedurfte noch einer besonderen Belehrung, mehr noch als die für Thomas, für den, dessen Werk unter den Aposteln so herausragend sein sollte, dessen Liebe so glühend war und doch in ihrer Glut so voller Gefahren für ihn selbst. Denn unsere Gefahren rühren nicht nur von einem Mangel her, sondern vielleicht auch von einem Übermaß an Gefühl, wenn dieses Gefühl nicht mit der inneren Kraft übereinstimmt. Hatte Petrus nicht aufrichtig, aber, wie sich herausstellte, im Irrtum gestanden, dass seine Liebe zu Christus selbst einer Prüfung standhalten würde, die alle anderen zerstreuen würde? Und hatte er nicht fast unmittelbar danach, obwohl prophetisch davor gewarnt, seinen Herrn dreimal verleugnet? In der Tat war Jesus dem Petrus seitdem besonders als der Auferstandene erschienen. Aber diese dreimalige Verleugnung stand noch immer sozusagen unaufgehoben vor den anderen Jüngern, ja vor Petrus selbst. Darauf bezog sich nun die dreifache Frage nach dem auferstandenen Herrn. Indem er sich an Petrus wandte, wies er ihn auf die Gefahr des Selbstbewusstseins hin – eines Selbstbewusstseins, das nur aus einem Gefühl der persönlichen Zuneigung erwächst, auch wenn es echt ist – und fragte: „Simon, Sohn Jenas“ – sozusagen mit vollem Bezug auf das, was er von Natur aus war – „liebst du mich mehr als diese? Petrus hat das alles verstanden. Nicht mehr im Vertrauen auf sich selbst, die frühere Bezugnahme auf die anderen vermeidend, und sogar mit deutlicher Wahl eines anderen Wortes, um seine Zuneigung auszudrücken4 als das, das der Heiland benutzt hatte, antwortete er, eher an das Bewusstsein seines Herrn als an sein eigenes appellierend: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Und auch hier ist die Antwort Christi charakteristisch. Sie bestand darin, ihm die bescheidenste Arbeit zu übertragen, die die größte Sorgfalt und Geduld erforderte: „Weide Meine Lämmer.

    Doch ein zweites Mal kam dieselbe Frage, wenn auch jetzt ohne den Hinweis auf die anderen, und mit derselben Antwort des Petrus der nun veränderte und erweiterte Auftrag: „Weide (ποίμαινε) Meine Schafe“. Noch ein drittes Mal wiederholte Jesus dieselbe Frage, wobei er nun genau das Wort benutzte, mit dem Petrus seine Zuneigung ausgedrückt hatte. Petrus war betrübt über diese dreimalige Wiederholung. Sie erinnerte ihn nur zu bitter an seine dreimalige Verleugnung. Und doch zweifelte der Herr nicht an der Liebe des Petrus, denn jedes Mal schloss Er seine Frage mit einem neuen apostolischen Auftrag an; aber jetzt, wo Er sie zum dritten Mal stellte, wollte Petrus, dass der Herr den Tonfall ganz in die tiefste Tiefe seines Herzens hinabschickt: „Herr, Du weißt alles – Du erkennst , dass ich Dich liebe! Und nun sprach der Heiland: „Weide Meine Schafe. Seine Lämmer, Seine Schafe, die versorgt werden sollen, die als solche gehütet werden sollen! Und nur die Liebe kann einen solchen Dienst leisten.

    Ja, und Petrus hat den Herrn Jesus geliebt. Er hatte ihn geliebt, als er es sagte, nur zu sicher in der Stärke seiner Gefühle, dass er dem Meister bis in den Tod folgen würde. Und Jesus sah alles – ja, und wie diese Liebe des glühenden Temperaments, die ihn einst in wilder Freiheit umherstreifen ließ, einem geduldigen Werk der Liebe Platz machen und mit jenem Martyrium gekrönt werden würde, das, als der geliebte Jünger schrieb, bereits der Vergangenheit angehörte. Und gerade die Art des Todes, durch den er Gott verherrlichen sollte, wurde in den Worten Jesu angedeutet.

    Als er sie aussprach, verband er die symbolische Handlung mit seinem „Folge mir nach“. Dieser Befehl und die Ermutigung, im Tod buchstäblich wie er gemacht zu werden – ihm zu folgen -, waren Petrus‘ beste Kraft. Er gehorchte; doch als er sich umdrehte, sah er einen anderen folgen. Wie Johannes es selbst ausdrückt, scheint es fast zu vermitteln, dass er sich danach gesehnt hatte, den Ruf des Petrus zu teilen, mit allem, was er mit sich brachte. Denn Johannes spricht von sich selbst als dem Jünger, den Jesus liebte, und er erinnert uns daran, dass er in jener Nacht des Verrats in besonderer Weise mit Petrus geteilt hatte, ja, dass er gesprochen hatte, was der andere im Stillen von ihm verlangt hatte. War es Ungeduld, war es ein Hauch des alten Petrus, oder war es ein einfaches Erkundigen aus brüderlichem Interesse, das ihn zu der Frage veranlasste, als er auf Johannes deutete: „Herr, und dieser Mann, was? Was auch immer das Motiv war, für ihn wie für uns alle, wenn wir, verwirrt über diejenigen, die Christus nachzufolgen scheinen, danach fragen – manchmal in bigotter Engstirnigkeit, manchmal in Unwissenheit, Torheit oder Eifersucht – ist dies die Antwort: „Was geht dich das an? Denn auch Johannes hatte sein Lebenswerk für Christus. Er sollte „ausharren“, während er kam – diese vielen Jahre in geduldiger Arbeit ausharren, während Christus kam.

    Aber was bedeutete das? Unter den Brüdern verbreitete sich das Gerücht, Johannes solle nicht sterben, sondern ausharren, bis Jesus wiederkomme, um zu herrschen, und der Tod in den Sieg verschlungen werde. Aber Jesus hatte das nicht gesagt, sondern nur: „Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme“. Was dieses ‚Kommen‘ war, hatte Jesus nicht gesagt, und Johannes wusste es nicht. Es gibt also Dinge, die mit seinem Kommen zusammenhängen, über die Jesus den Schleier belassen hat, der erst durch seine eigene Hand gelüftet werden soll, und von denen er will, dass wir sie nicht kennen, und wir sollten uns damit begnügen, sie so zu lassen, wie er sie gelassen hat.

    Über diese Erzählung hinaus haben wir nur kurze Notizen: vom heiligen Paulus über die Offenbarung Christi an Jakobus, die ihn wahrscheinlich endgültig für Christus entschied, und über seine gleichzeitige Offenbarung an die fünfhundert Jünger; vom heiligen Matthäus über die Begegnung der Elf mit ihm auf dem Berg, wo er sie hingestellt hatte; vom heiligen Lukas über die Belehrung in der Heiligen Schrift während der vierzigtägigen Kommunikation zwischen dem auferstandenen Christus und den Jüngern.

    Aber dieses zweifache Zeugnis kommt uns von Matthäus und Markus, dass die anbetenden Jünger nun wieder zum apostolischen Kreis – nun zu Aposteln des auferstandenen Christus – geformt wurden. Und das war die Begründung für ihren neuen Auftrag: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“. Und das war ihr neuer Auftrag: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Und das war ihre Aufgabe: „Lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe“. Und dies ist seine endgültige und sichere Verheißung: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“.

    Wir befinden uns wieder in Jerusalem, wohin er sie gebeten hatte, auf die Erfüllung der großen Verheißung zu warten. Das Pfingstfest rückte näher. Und an diesem letzten Tag, dem Tag seiner Himmelfahrt, führte er sie in das wohlbekannte Bethanien. Von dort aus, wo Er das letzte Mal vor Seiner Kreuzigung triumphal in Jerusalem eingezogen war, würde Er sichtbar in den Himmel einziehen. Noch einmal hätten sie Ihn nach dem gefragt, was ihnen als die endgültige Vollendung erschien – die Wiederherstellung des Königreichs Israel. Aber solche Fragen wurden ihnen nicht gestellt. Sie sollten arbeiten, nicht ruhen; leiden, nicht triumphieren. Die große Verheißung, die vor ihnen lag, war geistliche, nicht äußere Macht: der Heilige Geist – und ihre Berufung, noch nicht mit ihm zu regieren, sondern für ihn Zeugnis abzulegen. Und während er so sprach, hob er seine Hände segnend über sie, und als er sichtbar emporgehoben wurde, nahm ihn eine Wolke auf. Und noch immer blickten sie mit aufgeworfenen Gesichtern auf die leuchtende Wolke, die ihn aufgenommen hatte, und zwei Engel sprachen zu ihnen diese letzte Botschaft von ihm, dass er so kommen solle, wie sie ihn in den Himmel hatten gehen sehen.

    Und so wurde auch ihre letzte Frage an ihn, bevor er sich von ihnen trennte, beantwortet, und zwar mit seliger Gewissheit. Sie beteten ihn ehrfürchtig an und kehrten dann mit großer Freude nach Jerusalem zurück. Es war also alles wahr, alles echt – und Christus „setzte sich zur Rechten Gottes“. Von nun an, ohne zu zweifeln, ohne sich zu schämen und ohne sich zu fürchten, „waren sie beständig im Tempel und priesen Gott“. „Und sie gingen hinaus und predigten überall, und der Herr wirkte mit ihnen und bestätigte das Wort durch die Zeichen die folgten. Amen.

    Amen! Es ist so. Lasst die Glocken des Himmels läuten, singt den engelhaften Willkommensgruß der Anbetung, tragt ihn bis an die äußersten Grenzen der Erde! Scheine aus Bethanien, du Sonne der Gerechtigkeit, und vertreibe den Nebel und die Finsternis der Erde, denn der goldene Tag des Himmels ist angebrochen!

    Aldred Edersheim – Das Leben und die Zeiten von Jesus dem Gesalbten

                    15.Nisan

                    Am nächsten Tag aber, der nach der Vorbereitung [dem Freitag] ist, versammelten sich die Hohenpriester und die Pharisäer bei Pilatus und sprachen: Herr, wir erinnern uns, dass dieser Verführer sagte, als er noch lebte: Nach drei Tagen werde ich auferstehen. Darum befiehl, dass das Grab gesichert werde bis zum dritten Tag, damit nicht seine Jünger kommen und ihn stehlen und zum Volk sagen: Er ist auferstanden von den Toten; so wird der letzte Irrtum schlimmer sein als der erste. Pilatus sprach zu ihnen: Nehmt eine Wache, geht hin und macht es so sicher, wie ihr könnt. Da gingen sie hin und verschlossen das Grab und versiegelten den Stein, während die Wache bei ihnen war.

                    Aber war das wirklich nötig? Erwarteten sie, die den Rest des Tages damit verbracht hatten, die Spezereien für die Salbung des toten Christus vorzubereiten, dass sein Leib weggenommen würde, oder erwarteten sie – vielleicht dachten sie in ihrer Trauer sogar an sein Wort: „Ich bin auferstanden“? Aber was dachten Josef von Arimathäa und Nikodemus, Petrus und Johannes, die anderen Jünger und vor allem die liebenden Frauen, die nur auf das erste Osterlicht warteten, um ihren letzten Liebesdienst zu tun, an jenem heiligen Sabbat, als die Sanhedristen darüber nachdachten, wie sie sich des toten Christus versichern könnten? Was dachten sie über Gott – was über Christus – was über die Worte, die er gesprochen hatte, die Taten, die er vollbracht hatte, das Heil, das er zu bringen gekommen war, und das Himmelreich, das er allen Gläubigen eröffnen sollte?

                    Hinter Ihm hatten sich die Pforten des Hades geschlossen; aber auf sie und nicht auf Ihn waren die Schatten des Todes gefallen. Dennoch liebten sie ihn – und die Liebe war stärker als der Tod.

                    Aldred Edersheim – Das Leben und die Zeiten von Jesus dem Gesalbten
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