Tag: 8. Januar 2023

Saul & Samuel – 6

Und er wartete sieben Tage, bis zu der von Samuel bestimmten Zeit; aber Samuel kam nicht nach Gilgal. Und das Volk zerstreute sich von ihm weg.
Da sprach Saul: Bringet mir das Brandopfer und die Friedensopfer her! Und er opferte das Brandopfer.
Und es geschah, als er das Opfern des Brandopfers vollendet hatte, siehe, da kam Samuel; und Saul ging hinaus, ihm entgegen, ihn zu begrüßen.
Und Samuel sprach: Was hast du getan! Und Saul sprach: Weil ich sah, daß das Volk sich von mir weg zerstreute, und du nicht kamst zur bestimmten Zeit, und die Philister zu Mikmas versammelt waren, so sprach ich:
Jetzt werden die Philister zu mir nach Gilgal herabkommen, und ich habe Jehova nicht angefleht! und ich überwand mich und opferte das Brandopfer.
Und Samuel sprach zu Saul: Du hast töricht gehandelt, du hast nicht beobachtet das Gebot Jehovas, deines Gottes, das er dir geboten hat; denn jetzt hätte Jehova dein Königtum über Israel bestätigt auf ewig; nun aber wird dein Königtum nicht bestehen. Jehova hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen, und Jehova hat ihn zum Fürsten über sein Volk bestellt; denn du hast nicht beobachtet, was Jehova dir geboten hatte.
Elberfelder 1871 – 1 Sam 13,8–14

Saul wartete dort auf den Propheten Samuel. Er hatte Saul ja versichert, er würde in einer Woche nach Gilgal kommen. Aber als er am achten Tag immer noch nicht da war, entfernten sich die ersten Soldaten von der Front und verdünnisierten sich.
Saul beschloss darum, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. „Tiere für ein Opferritual herbringen, aber sofort!“, befahl er seinen Leuten. „Ich werde jetzt hier ein Abfackelopfer und ein paar Dankopfer alleine durchziehen!“ Nachdem die Sachen da waren, fing er an, das ganze Opferding durchzuziehen.
Als er gerade das Abfackelopfer beendet hatte, war Samuel endlich da. Saul ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.
Aber Samuel sagte zu ihm: „Verdammt, Saul! Was haben Sie für einen Blödsinn angestellt?“ – „Äh, wieso, ich musste was unternehmen“, antwortete er. „Die Soldaten waren am Weglaufen, weil Sie nicht pünktlich hier waren! Und die Philister haben auch nicht auf Sie gewartet, die stehen jetzt schon vor Michmas.
Ich hab mir ausgerechnet, dass die jetzt bald nach Gilgal runterkommen und uns angreifen würden, bevor ich Gott um Hilfe bitten konnte. Darum hab ich mich getraut und in der Zeitnot einfach das Opfer alleine durchgezogen!“
„Ganz toll, können Sie nicht mal Ihr Hirn einschalten? Damit haben Sie die Linie übertreten und sich nicht an das gehalten, was Gott Ihnen gesagt hatte. Er hätte Sie gerade jetzt als Präsident über Israel voll bestätigen können. Auch in Zukunft hätte keiner mehr was gegen Sie oder Ihre Nachfolger sagen können.
Aber jetzt wird Ihre Amtszeit nicht mehr lange dauern, weil Sie nicht das getan haben, was Gott von Ihnen wollte. Er hat sich jetzt schon einen anderen für Ihren Posten ausgeguckt. Den mag er, und den hat er schon als neuen Chef für seine Leute bestimmt.“
VolxBibel – 1.Samuel 13,8–14

 „Was hast du da getan?“, fragte Samuel, worauf Saul antwortete: „Ich habe gesehen, wie mir die Leute wegliefen, und du bist nicht innerhalb der vereinbarten Zeit gekommen. Und die Philịster haben sich in Mịchmas gesammelt. 12  Da dachte ich mir: ‚Jetzt werden die Philịster zum Angriff nach Gịlgal herunterkommen, und ich habe mich nicht um die Gunst Jehovas bemüht.‘ Deshalb sah ich mich gezwungen, das Brandopfer darzubringen.“
neue Welt Übersetzung – 2018 – 1.Samuel 13:11–12

War das nun gemein von Samuel, den Saul so vorzuführen? Wäre Samuel eher gekommen, wäre doch alles OK gewesen? oder?
Was hatte Saul denn überhaupt verkehrt gemacht? Die beste Zusammenfassung habe ich in einem der Kommentare (Teach the Text Commentary Series) gefunden:

Deshalb sah ich mich gezwungen, das Brandopfer darzubringen. Je länger Saul wartet, desto mehr Männer desertieren (V. 8, 11). Die philistäischen Truppen sind zum Kampf angetreten und können jeden Moment angreifen. Wenn das passiert, will Saul nicht in einer Lage sein, in der er nicht „die Gunst des Herrn gesucht“ hat (das hebräische Wort kann hier die Bedeutung von „beschwichtigen“ haben; siehe HALOT, 317). Bei näherer Betrachtung ist Sauls Sichtweise in mindestens drei wichtigen Punkten fehlerhaft:
(1) Seine Sorge um seine schwindenden Kräfte offenbart den Glauben, dass menschliche Armeen und nicht der Herr die Schlacht entscheiden werden (siehe hierzu Judg. 7).
(2) Seine Sorge um ein Opfer offenbart eine fehlerhafte Theologie, die das Ritual über den Gehorsam stellt (siehe 15,22-23) und dazu neigt, zu glauben, dass das Ritual in irgendeiner Weise göttliche Gunst garantieren kann.
(3) Saul überschreitet seine Grenzen. Er ist der König, aber er steht unter der Autorität des Propheten-Priesters Samuel, der für das Volk eintritt (vgl. 7:7-11; 12:18-19, 23).
In Deuteronomium 17-18, wo die Vorschriften für das israelitische Königtum aufgeführt sind (17:14-20; vgl. 1 Sam. 10:25), wird die Rolle des Königs klar von der der Priester (Dt. 18:1-13) und der Propheten (18:14-22) unterschieden. Wie bereits erwähnt, hat Samuel deutlich gemacht, dass er die Opfer darbringen wird (vgl. 10,8) und dass er in seiner prophetischen Eigenschaft dem König Anweisungen geben wird. Sogar die Mädchen, denen Saul begegnete, als er Samuels Stadt betrat, erkannten Samuels Autorität in dieser Hinsicht an (9,13). Ironischerweise nimmt ihre Aussage, dass „das Volk nicht mit dem Essen beginnen wird, bis“ Samuel, der Mann Gottes / Seher (vgl. 9:10-11), eintrifft, um „das Opfer zu segnen“, Sauls Versagen vorweg, Samuel zu gehorchen. Dieser mangelnde Respekt vor dem prophetischen Amt wird später zu einem großen Problem in Israel und zu einem wichtigen Thema in den früheren Propheten.

Teach the Text Commentary Series – 1 & 2 Samuel

und – bin ich eher religiös, und versuche Jehovah zu manipulieren? Kann man Jehovah „einkaufen“ oder „beeinflussen“?? Wie sieht meine Theologie aus?