Logos März II

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Gemeinsam Jesus nachfolgen – das ist das Thema unserer Aktion „Buch des Monats“ im März.

Wie jeden Monat gibt es für Sie ein kostenloses Buch bei Logos. Dieses Mal: Training Jüngerschaft von James G. McCarthy – ein Kurs mit 24 Stunden-Einheiten für Zweierschaften oder Kleingruppen. Hier lernen Sie alles, was ein Jünger Jesu wissen und praktizieren sollte.

Warum fällt es vielen so schwer?

Christ-Sein ist nur vordergründig ein Bekenntnis, in seiner Tiefe ist es ein Wandlungsweg. Jesus war kein Meister einer neuen Theorie, sondern eines neuen Lebens. Er hat seine Jünger nicht nur gelehrt, er hat sie auf (s)einen Weg gerufen. Sie sollten Tag für Tag bei ihm sein und an seiner Seite lernen, was es bedeutet und was geschieht, wenn Gottes Reich nahekommt. Dabei ging es um nicht weniger als um eine Umwandlung ihrer Wertvorstellungen, ihres Fühlens, ihrer Ziele und ihrer Lebensweise. In dieses Abenteuer eines Lebens, das Maß zu nehmen lernt an Jesus selbst, sind auch wir gerufen.

Anke Lechtenberg, – Die Sonntagsevangelien im Lesejahr B: Auslegungen für Predigt und Meditation

im Himmel??

Wo ist das „Reich Gottes“ zu finden? Und warum glauben so viele Christen, dass sie dafür „in den Himmel“ kommen?


Beginnen wir mit einigen Statistiken. Das Wort basileia (Reich) erscheint im gesamten Neuen Testament 162-mal, davon 121-mal in den synoptischen Evangelien. Die Formel basileia tou theou / ton ouranon (Reich Gottes / der Himmel) kommt bei den Synoptikern 104-mal vor: 51-mal bei Matthäus, 14-mal bei Markus, 39-mal bei Lukas. Diese häufige Verwendung sowie der Inhalt rechtfertigen, die Formel als theologisches Thema zu betrachten.

Das Reich Gottes in den frühen Schichten der Evangelien

Wenn wir uns nun einem einzelnen Evangelium zuwenden, dem Markusevangelium, können wir uns leicht ein Bild von der Art und Weise machen, wie Jesus den Begriff des Reiches Gottes verwendete. Es ist das Thema seiner ersten öffentlichen Predigt:
„Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,14–15).

Das Reich Gottes ist Inhalt und Zweck der Gleichnisse (Mk 4,11.26.30). Es ist das Ziel im Tod und der Beweggrund für ethisches Handeln (9,1.47). Man muss sich dem Reich Gottes wie ein Kind nähern; es ist weit weg von den Reichen (10,14–15.23–25). Jemand, der um das höchste Gebot der Liebe weiß, ist ihm nahe (12,34). Die Eucharistie ist dessen Vorwegnahme und Erwartung (14,25). Der Mann, der sich um den Leichnam Jesu sorgt, ist auf der Suche nach dem Reich (15,43). Kurzum kann man sagen, dass das Reich Gottes der endgültige Horizont der Verkündigung Jesu ist – endgültig sowohl im Sinne des Wertes als auch der Zeit und der Ewigkeit.
Was bedeutet der Ausdruck Reich Gottes in der Verkündigung Jesu? Er gibt nirgendwo eine Definition dafür, und so bleibt zwangsläufig ein Rest von Unsicherheit oder gar Rätselhaftigkeit (Mk 4,11), da Jesus es vorzog, darüber in Gleichnissen zu sprechen. Und doch bleiben wir nicht gänzlich ohne Hilfsmittel. Wir müssen das Alte Testament sowie jüdisch-apokalyptische, rabbinische und targumische Literatur und einen einzigen, aussagekräftigen Vers des Paulus als Hilfe beiziehen. Aber zuerst sollten wir einen genaueren Blick auf die programmatischen Verse Markus 1,14–15 werfen.
Markus 1,14 beinhaltet zwei Aussagen. Der Vers beginnt mit einem deutlichen Zeitbezug („nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte“) und bezeichnet die Verkündigung Jesu als Evangelium Gottes. Diese beiden Aussagen dienen dann als Rahmen für den nächsten Vers. „Die Zeit (kairos) ist erfüllt“ deutet darauf hin, dass ein bedeutender Wendepunkt in der sich entfaltenden Heilsgeschichte erreicht worden ist, ein besonderer Moment, der einen neuen Äon einführt.
Hinter dieser Überzeugung liegt die jüdisch-apokalyptische Vorstellung, dass die Geschichte nicht lediglich eine endlose Wiederholung immer gleicher Abläufe darstellt, sondern einen unter Gottes Führung ablaufenden, zielgerichteten Prozess. Die Geschichte durchläuft verschiedene Stadien oder Äonen. Diese werden unterschiedlich gezählt, doch ist eine Periodisierung mit sechs Zeitaltern üblich: von Adam bis Abraham, von Abraham bis Mose, von Mose bis David, von David bis zum Exil, vom Exil bis zum Messias, dessen Kommen das letzte Zeitalter einleitet. Eine alternative Unterteilung basiert auf der Abfolge von Weltreichen: Assyrien, Babylonien, Persien, Griechenland, Rom. (Diese Aufzählungen variieren je nach Autor. Der gemeinsame Nenner ist dabei jeweils, dass die Geschichte sich auf ein Ziel hin bewegt, und dass dieser Prozess sich unter Gottes Fürsorge und Führung abspielt; in anderen Worten, die Geschichte ist nicht rein zufällig oder zyklisch; sie ist nicht sinnlos.)
Gemäß Markus 1,15a sind die Menschen nun bereit für ein neues Stadium, da die Zeit „erfüllt“ ist. Gott ist bereit, denn die Voraussetzungen sind nun gegeben (vgl. Gal 4,4). Dieses neue Stadium wird eingeleitet durch die Festnahme Johannes des Täufers und durch das öffentliche Wirken Jesu. Der Vers endet (15b) mit einem Aufruf, an das Evangelium zu glauben. Somit sind die Verkündigung Jesu und die Ankunft des neuen Zeitalters nichts Sichtbares, sondern eine Sache des Glaubens (unter Beimischung einer guten Portion Hoffnung), und die angemessene Reaktion eines Menschen ist es, darauf zu vertrauen.
Wenden wir uns nun dem Kern des Verses zu: „[D]as Reich Gottes ist nahe. Kehrt um.“ Jesus spricht über den neuen Äon als eine Zeit, in welcher der gerechte und heilige Gott Israels so vollends auf Erden regieren wird, dass dieser neue Äon schlicht Reich / Herrschaft Gottes genannt werden kann. Sein Wille zur Gerechtigkeit und Heiligkeit wird in diesem Zeitalter auf Erden so vollumfänglich verwirklicht sein wie im Himmel. Mit dieser Tat Gottes konfrontiert, wird der Mensch mit Reue über begangenes Unrecht und einer neuen Hinwendung zum Willen Gottes antworten.
Ein Problem bleibt bestehen, nämlich die Interpretation der Zeitform des Verbs „ist nahe“ (im Griechischen ein Wort: eggiken, von eggizo). Die Übersetzung ist bewusst unklar formuliert. Wenn man das Verb weiter analysiert, kann man auf zwei ziemlich verschiedene Übersetzungen kommen: (1) Das Reich Gottes ist gekommen, sprich, es ist bereits da. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Perfekt des Verbs sich auf eine vergangene Handlung mit anhaltender Auswirkung auf die Gegenwart bezieht. Dies ist die Leseart von C. H. Dodd. (2) Das Reich Gottes kommt, d. h. es ist schon nahe, aber es hat noch nicht begonnen. Es wird in der nahen Zukunft erst kommen. Diese Auffassung (von J. Weiß und A. Schweitzer)4 geht ebenfalls davon aus, dass das Perfekt des Verbs sich auf eine vergangene Handlung mit anhaltender Auswirkung auf die Gegenwart bezieht, doch die besagte vergangene Handlung tritt nicht ein, sondern nähert sich lediglich an. Dies ist die wirkliche Bedeutung des Verbs eggizo. Dodd kann seinen Standpunkt nur durch einen Verweis auf Matthäus 12,28 und die Parallelstelle bei Lukas 11,20 verteidigen: „[W]enn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes schon zu euch gekommen (ephthasen)“. Hier steht das Verb phthano, nicht eggizo, und phthano bedeutet tatsächlich kommen.
Wir sind hier mit einer echten Schwierigkeit konfrontiert, doch ist sie nicht unüberwindbar. Das Verb in Markus 1,15 bedeutet tatsächlich „ist nahe“, nicht hingegen „ist angekommen“. Dass diese auf die Zukunft bezogene Erwartung das dominante Motiv der Verkündigung Jesu ist, wird im Folgenden deutlicher werden. Vorläufig beziehen wir uns auf den allgemeinen apokalyptischen Rahmen und Hintergrund dieses Verses, der bereits dargelegt wurde, sowie auf das Gebet, das Jesus seine Jünger zu beten gelehrt hatte. Dort (Mt 6,10) werden wir unterwiesen zu beten: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe“, d. h. wir bitten, dass zukünftiger Segen kommen möge. Was ist nun mit Matthäus 12,28? Die gängige Erklärung, die dem Verfasser zufriedenstellend scheint, ist die folgende: Im Kontext dieses Verses – eine Dämonenaustreibung – sagt Jesus, seine Wundertätigkeit sei ein Zeichen dafür, dass Gott innerhalb der Geschichte kraftvoll am Werke sei; dass Gott eine neue Epoche anbrechen lasse, deren erklärtes Ziel das Reich Gottes ist – ein Reich, dass als Saat, Symbol und Person in Jesus gegenwärtig ist, obwohl die volle soziopolitische Umsetzung noch aussteht. Folglich haben J. Weiß und seine Anhänger in der Behauptung Recht, dass der grundlegende zeitliche Verweis der Botschaft über das Reich Gottes zukünftig ist, wie auch im programmatischen Vers Markus 1,15, dass Jesus jedoch dessen Gegenwärtigkeit im Zeichen und der Vorwegnahme gelegentlich wahrnimmt.
Obwohl im Alten Testament der Ausdruck „Reich Gottes“ nicht vorkommt (mit Ausnahme von Weish 10,10), findet man darin durchgehend die grundlegende Überzeugung, dass der Gott Israels König ist. Diese göttlich-königliche Herrschaft bedeutet, dass er Herr seiner Schöpfung ist, dass er in seiner uneingeschränkten Freiheit ein bestimmtes Volk aus der Menschheit heraus erwählt hat, um mit ihm einen Bund zu schließen, wie es die Israeliten von den orientalischen Herrschern her kannten. Als göttlicher Herrscher ist er gerecht und sorgt für endgültige Gerechtigkeit; wen er auserwählt hat, muss ihm nicht nur durch Opferkulte oder poetische Loblieder dienen, sondern durch eine Gerechtigkeit, die der seinen entspricht. Dies ist die Botschaft der Propheten und des Gesetzes Israels. Im Buch Deuteronomium erhalten die Richter Israels folgenden Auftrag: „Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – ihr sollst du nachjagen“ (Dtn 16,20). In der frühen Apokalyptik wird diese göttliche Herrschaft auf den Menschensohn übertragen, der sie zur Erde bringen und dort umsetzen soll (Dan 7,13–14) – diese Vision war bestimmend für das Handeln Jesu. In rabbinischen Texten und der späteren Apokalyptik wird der Menschensohn als davidischer Messias identifiziert und mit den politischen und dynastischen Hoffnungen Israels verbunden. Diese Kombination religiöser und nationalistischer Ziele war derart mit zerstörerischen utopischen und rachedurstigen Elementen behaftet, dass Jesus sich davon distanzieren musste. In der Zwischenzeit spielte sich jedoch in der Liturgie der einfachen Dorfsynagogen etwas Eigenartiges ab. Da Hebräisch für den gewöhnlichen palästinischen Juden immer weniger verständlich wurde, hat man die Bibellesungen in der aramäischen Volkssprache paraphrasiert, nachdem sie zuerst laut auf Hebräisch vorgelesen worden waren. Diese paraphrasierenden Übersetzungen wurden später niedergeschrieben und Targumim („Übersetzungen“) genannt. In diesen Übersetzungen wird u. a. versucht, anthropomorphe Charakterisierungen der Gottheit zu vermeiden sowie Gott nicht zum Subjekt eines aktiven Verbs zu machen. Um diese Ziele zu erreichen, entwickelte man kleine ehrfürchtige Wendungen und „Pufferwörter“. Somit zog man es beispielsweise vor, „das Reich Gottes ist hier“ zu sagen, anstelle von „Gott regiert“. Zweifellos lernte Jesus den Begriff „Reich Gottes“ als Junge während seiner Synagogenbesuche und verband ihn ganz selbstverständlich mit dem Königreich (oder Königtum), das dem Menschensohn in Daniel 7 überreicht wird.
Jetzt wissen wir etwas über den Ursprung des Ausdrucks, aber was wissen wir über seine Bedeutung? Seltsamerweise kommt die Bibel einer Definition nirgends näher als an einer Stelle, wo man sie am wenigsten erwarten würde: in Römer 14,17. „[D]enn das Reich Gottes ist nicht [ritualgetreues] Essen und Trinken, es ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Dieser Vers wird meist als ausschließlich auf den privaten, individuellen, inneren und rein spirituellen Segen bezogen missverstanden, also z. B. im Sinne einer Gerechtigkeit vor Gott, eines Seelen- und Herzensfriedens durch die Sündenvergebung, der Freude eines erlösten Kindes. Obwohl diese Art des Segens nicht ausgeklammert werden soll, wird sie der Botschaft, die in diesen Worten steckt, dennoch nicht gerecht. Letzten Endes bedeutet Frieden in erster Linie das Gegenteil von Krieg: die Ruhe der Ordnung, der gesellschaftlichen Ordnung. Und Gerechtigkeit bedeutet soziale Gerechtigkeit: die allen gesellschaftlichen Beziehungen angemessene Tugend. Freude, obwohl sie eine individuelle Dimension hat, kann gerade ein Frohlocken über den Segen sein, den man durch Frieden und Gerechtigkeit erhalten hat. Diese Formen des Segens können so verstanden werden, dass sie die Gesamtheit aller wertvollen Errungenschaften der Zivilisation miteinbeziehen, beispielsweise die Freiheit, die Wahrheit kennen zu lernen und daraufhin anzubeten, in Seinem Dienst alle Künste und Wissenschaften zu pflegen, die Gesellschafts-, Familien- und Wirtschaftsziele durch freie Diskussion und Zusammenarbeit zu verfolgen. Obwohl es, auf diese Weise ausgedrückt, Gefahr läuft, anachronistisch zu wirken, ist dies doch ein vernünftiges modernes Verständnis vom Inhalt der Botschaft des Reiches Gottes. Es können jedoch noch einige weitere Fragen durch die Schrift geklärt werden, nämlich: Wo wird das Reich verwirklicht, wann wird es kommen, wer wird es ins Leben rufen und was können wir dazu beitragen?
Wo ist nun das Reich Gottes? Aus der Vision Daniels, die vom Neuen Testament aufgegriffen wird, ist ersichtlich, dass Gottes Reich ursprünglich beim Hochbetagten, beim himmlischen Vater ist; wenn es aber kommt, so kommt es auf die Erde herab. Somit ist das Reich Gottes in seiner endgültigen Verwirklichung eine diesseitige Realität, obwohl seine Herkunft im Jenseits liegt. Dies ist unter Christen keine verbreitete Ansicht, denn viele setzen das Reich Gottes mit dem Himmel gleich und verstehen es als unser individuelles und gemeinsames Ziel nach dem Tod. Rein himmlische, mystische oder spirituelle Vorstellungen des Reiches Gottes finden ihren Ursprung in erster Linie in Lukas 17,20–21 sowie in Johannes 18,36, wo Jesus sagt: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.“ Die Revised Standard Version gibt dem durchschnittlichen Leser den Eindruck, Jesu Königtum habe nichts mit dieser Welt zu tun. Der griechische Text zeigt jedoch, dass das Königtum hier keine andere Bedeutung hat als in der üblichen synoptischen Lehre, denn die griechische Präposition ek bedeutet von. Folglich lautet der Vers: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ D. h., es kommt nicht von hier, stammt nicht von hier, aber die Möglichkeit, dass es hierhin kommen könnte, bleibt offen – diese Möglichkeit wird in den synoptischen Evangelien ausdrücklich gelehrt, und es wird für sie gebetet. Wir müssen hier auch die fromme Tendenz des Matthäus als irreführend erwähnen, den Ausdruck „Reich Gottes“ in das ehrfürchtig indirekte Reich der Himmel umzuwandeln. Ihm wie auch seinen palästinisch-jüdischen Lesern war klar, dass damit das Reich Gottes gemeint war (auf die Erde hinab gekommen), spätere nicht-jüdische Leser verstanden darunter jedoch nur noch „Himmel“. Somit funkten fromme jüdische Umschreibungen in den Übersetzungsprozess hinein, und dies führte, wenn missverstanden, zu einer gefährlichen Vergeistigung grundlegender biblischer Konzepte. (Nur eine differenzierte Kenntnis der Targume kann uns vor derartigen Missverständnissen bewahren.)
Wann wird das Reich kommen? Was an dieser schwierigen Frage, zu der die Heilige Schrift in gewisser Hinsicht verschiedene Antworten gibt, feststeht, ist, dass das Reich Gottes für das gesamte biblische Zeugnis ein eschatologisches (d. h. endzeitliches) Geschenk Gottes ist, das nicht direkt durch Menschen errichtet werden kann. Unbeantwortet bleibt die Frage, ob uns dieses Geschenk in Jesus bereits überreicht wurde (gegenwärtig ist) oder ob es mit dem Menschensohn erst noch kommen muss (also zukünftig ist). Dies ist die Grundlage der wissenschaftlichen Debatte hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine „präsentische“ oder eine zukünftige, apokalyptische Eschatologie handelt; eine Diskussion, die nun schon fast ein Jahrhundert anhält – mit sich stets verändernden Gefechtslinien. Der Verfasser ist der Meinung, dass der Schlüssel zu jener Frage im Vaterunser (Mt 6,10) zu finden ist, in dem uns zu beten gelehrt wird: „Dein Reich komme.“ Dieses Gebet wäre überflüssig, wenn das Reich schon gegenwärtig wäre. Wenn Jesus sagt: „Das Reich Gottes ist nahe“, oder noch wörtlicher: „nähert sich“, bedeutet dies nicht, dass es schon in ganzer Fülle gekommen ist, sondern, dass es unmittelbar bevorsteht. Dennoch ist der Kern der Aussage, dass es in der nahen Zukunft kommen wird. Weitere Klärung diesbezüglich finden wir mit der nächsten Frage.
Wer verwirklicht das Reich Gottes auf Erden? Nach Daniel 7 ist es eindeutig der Menschensohn. In den Evangelien ist der Fall weniger klar, da die Problematik des Menschensohns und seines Verhältnisses zu Jesus hinzukommt. Traditionellerweise glaubte man, dass Jesus sich selbst mit dem Menschensohn identifizierte, und dass er bei seiner glorreichen Wiederkunft das Reich mitbringen würde. Heute ist diese Ansicht nur noch schwer aufrecht zu halten. Durch einen genauen Blick auf Markus 8,38 und den darauffolgenden Vers Markus 9,1 entsteht der Eindruck, (1) dass Jesus und der Menschensohn – obwohl Jesus davon ausging, dass zwischen ihnen eine nahe, ja maßgebliche Verbindung existierte – doch nicht völlig identisch sind, (2) dass eine Verbindung, wenn auch nicht explizit, besteht zwischen dem Kommen des Menschensohns „mit den heiligen Engeln in der Hoheit seines Vaters“ und dem Reich Gottes, wenn es „in (seiner ganzen) Macht gekommen ist“. Wir müssen also feststellen, dass die frühesten Quellen eine gewisse Unsicherheit beinhalten. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, mögen wir dem Weg folgen wollen, den die letzten Redaktoren der Evangelien und das Buch der Offenbarung vorgezeichnet haben. Wir würden dann sagen, dass das Reich in Jesus als Zeichen, Vorwegnahme (prolepsis) und Vorgeschmack eingeführt wird, und dass diese Elemente durch den Heiligen Geist und die Kirche fortgesetzt werden, bis das Reich Gottes durch den Menschensohn – identisch mit Jesus als auferstandenem Herrn – endgültig errichtet wird.
Wir können aus diesem ersten Abschnitt zusammenfassend folgern, dass das Reich Gottes in der Verkündigung Jesu eine soziale und nicht eine primär oder ausschließlich individuelle, innere, spirituelle Realität ist. Das Anzeichen für die Gegenwärtigkeit des Reiches in seiner Fülle wird die irdische Gerechtigkeit sein, also die Aufhebung der großen sozialen Übel. Das ist die Verwirklichung der Herrschaft Gottes auf Erden.
Wie können wir zum Kommen des Reiches etwas beitragen? Laut Matthäus 6,10 müssen wir beten: „Dein Reich komme.“ Wir folgern daraus, dass das Reich Gottes eine göttliche, transzendente Realität ist, die wahrhaftig Gott gehört und daher nicht unmittelbar durch den Menschen aufgerichtet und schon gar nicht durch ihn gelenkt werden kann. Es ist wichtig, dies zu verstehen, da im Laufe der Geschichte viele Menschen das Reich Gottes mit ihren politischen oder kirchlichen Lieblingsprojekten identifiziert haben; diese allzu enge Identifikation führt zwangsläufig zu Enttäuschung und Verzweiflung, oft auch zur Katastrophe. Wir müssen daher darauf achten, die Unterscheidung zwischen unseren Bemühungen und dem endgültigen Geschenk Gottes aufrechtzuerhalten. Kein menschliches politisches Programm, so wichtig oder vornehm es auch sein mag, kann mit dem Reich Gottes einfach gleichgesetzt werden. Dennoch bleibt die Frage: Was sollen wir dafür tun? Offensichtlich sollen wir dafür beten, und zwar im Bewusstsein, dass es das größte Geschenk ist, das Gott für uns bereit hält. Dies ist der erste Punkt, der nie vernachlässigt werden sollte. Wir müssen uns nach ihm sehnen, wir müssen „hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“ (Mt 5,6). Darüber hinaus können wir bei den Rabbinern einen Hinweis finden, der auch im Neuen Testament widerhallt. Sie sagten, dass gute Taten, vor allem wenn sie von ganz Israel verrichtet werden, das Kommen des Reiches beschleunigen. So verkündete der Rabbiner ben Levi (ca. 300 n. Chr.): „[W]enn die Israeliten den Sabbat so einhalten würden, wie er eingehalten werden sollte, dann käme der Sohn Davids sofort“ (j. Ta’anit 1, 64a). Als die frühen Christen anfingen, sich über die verzögerte Parusie Sorgen zu machen, schickte ihnen der Autor des Zweiten Petrusbriefs Ermutigung und Rat; er gebrauchte den rabbinischen Ausdruck „den Tag Gottes erwarten und seine Ankunft [Parusie] beschleunigen“ (2 Petr 3,12). Wir können annehmen, dass der Autor die rabbinische Vorstellung teilte, dass wir zwar nicht den Tag Gottes oder sein Reich unmittelbar herbeiführen, dass wir ihm aber im Gebet und durch die Schaffung der Grundlage resp. der menschlichen Voraussetzungen – d. h. die immer vollständigere Annäherung an sein hohes Ideal – den Weg bereiten (Mt 3,3) können. Wir können die Parusie also beschleunigen.
Letztlich wird die Art und Weise, wie wir das Verhältnis zwischen unserer und Gottes Rolle im Kommen des Reiches darstellen, davon abhängen, wie wir die umfassendere Frage beantworten: die des klassischen theologischen Problems der wechselseitigen Beziehung zwischen Gottes Gnade und unserer freien Antwort im Glauben im gesamten Prozess unserer Erlösung. Beide sind nötig. Aber wir sind Gott nicht ebenbürtig. Er gibt den Anstoß, er ist der Herr. In Jesus Christus hat er die Initiative bereits ergriffen. Es ist auch seine Aufgabe, das Reich in seiner ganzen Fülle herbeizuführen. Aber er wird es einer unwilligen und unreifen Menschheit nicht aufzwingen. In der Zwischenzeit ist es unsere Aufgabe, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um die Welt auf sein Reich vorzubereiten.
Demnach sehen wir, wie das Motiv des Reiches Christen trotz allem eine theologische Basis liefert für die Theorie und Praxis der sozialen Gerechtigkeit, indem es auf ein Reich göttlicher Gerechtigkeit hier auf Erden verweist. Dennoch sollte das Reich Gottes, wie wir es vorgestellt haben, nicht mit einem rein menschlichen Programm gleichgesetzt werden, obwohl menschliche Handlungen es vorbereiten sowie seine Ankunft beschleunigen können und müssen. Es bleibt in Gottes Händen. Aber ein Christ muss unruhig und unzufrieden bleiben, bis das gesamte Ausmaß von Gottes Plänen sich erfüllt hat. Folglich sollten Christen mit Hoffnung, Sehnsucht und aufrichtigem Gebet voranschreiten, aber auch mit Klugheit, Plänen und Taten. All dies mag das eigentliche Reich nicht herbeiführen, es bereitet ihm dennoch den Weg.

Das Reich Gottes in der Geschichte: Zwischen Befreiungsbotschaft und Machtlegitimation

Dieses Buch erklärt in den weiteren Kapiteln, warum heute so viele Christen das „Reich Gottes“ in den Himmel verschoben haben.

der ganz besonders krasse Gott von Israel

So spricht Jehova, dein Erlöser, der Heilige Israels: Ich bin Jehova, dein Gott, der dich lehrt, (O. Ich, Jehova, dein Gott lehre dich) zu tun, was dir frommt, der dich leitet auf dem Wege, den du gehen sollst.
Elberfelder 1871 – Jesaja 48,17

So spricht der Ewige, dein Erlöser, Jisraels Heiliger: Ich, der Ewige, dein Gott, lehre dich, was Nutzen bringt, leite dich auf dem Wege, den du gehen sollst.
Die Philippson-Bibel – Jesaja 48:17

Dies ist, was Jehova, dein Rückkäufer, der Heilige Israels, gesprochen hat: „Ich, Jehova, bin dein Gott, der [dir] zum Nutzen dich lehrt, der dich auf den Weg treten läßt, auf dem du wandeln solltest.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – Jes 48,17

Da wir den 158 schon einmal hatten, hier nur Ergänzungen…


בְּדֶ֥רֶךְ תֵּלֵֽךְ׃

„auf dem Weg, den du gehen sollst“ (Jes 48,17, ELB)
Reim entsteht durch die Wiederholung der letzten Silben von „auf dem Weg“ (בְּדֶ֥רֶךְ bdrk) und „den du gehen sollst“ (תֵּלֵֽךְ tlk).

Diskussion
„Notes on Translation and Text“ — Chris Franke, Isaiah 46, 47, and 48: A New Literary-Critical Reading, hg. von William Henry Propp, Bd. 3 of Biblical and Judaic Studies from the University of California, San Diego (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1994), 221–227.

Wortspiel in der Bibel . Faithlife

In Vers 17 ruft Gott sein Volk zum Gehorsam auf: So spricht Jehova, dein Erlöser, der Heilige Israels: Ich bin Jehova, dein Gott, der dich lehrt, was nützlich ist, und der dich auf dem Weg führt, den du gehen sollst. Als Erlöser und Heiliger Israels lehrte JHWH sein Volk, körperlich und geistig zu profitieren. Er war auch derjenige, der sie auf den Weg führte, den sie gehen sollten.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja

Daß der Prophet schaut, wie Kyrus in die Versammlung der Völker tritt, hat den Grund, diesen die Größe des Gottes Israels zu demonstrieren. Während also vor dem Angesicht Gottes sowohl Israel als auch die Völker zu erscheinen haben, wird nur das Volk Israel in besonderer Weise angesprochen: So spricht Jahwe, dein Erlöser. So spricht der Gott, der sich seinem Eigentumsvolk in besonderer Weise versprochen hat, der Heilige Israels.
Nun folgt ein Satz, der im Vergleich zu den bisherigen Worten Gottes an sein Volk neu ist: Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich lehrt. Wieso spricht der Prophet an dieser Stelle von »Lehre«? Wir erkennen aus dem Zusammenhang: »Lehre« meint die Zusammenfassung dessen, was dem Volk bis dahin von seinem Gott gesagt wurde. »Lehre« ist keine abstrakte Theorie-Bildung, sondern will das Verkündigte befestigen. Auf diese Weise soll Gottes Volk für das kommende Heil besser vorbereitet sein. »Lehre« bereitet auf die Praxis des Gehorsams vor. Dieses erkennt man aus der Fortsetzung: um (dir) zu nützen. Israel soll als gelehrtes und erleuchtetes Volk in seinem Gang durch die fernere Geschichte »gelehrt« und damit bewahrt bleiben: der deinen Weg bereitet auf der Bahn, da du gehst.

Wuppertaler Studienbibel

Gott schickt ihnen durch den Propheten eine gnädige Botschaft. Die Einleitung in diese Botschaft ist sowohl furchterregend als auch ermutigend (Vers 17): „So spricht der HERR“, der ewige Gott, „dein Erlöser“, denn er ist „der Heilige Israels“, der nicht betrügen kann. Die gleichen Worte, die das Gesetz einleiten und ihm Autorität verleihen, leiten die Verheißung ein und geben ihr Aussagekraft: „Ich bin der HERR, dein Gott“ (2.Mose 20,2; 5.Mose 5,6).
3.1 Hier haben wir das gute Werk, welches Gott in ihnen erfüllen will. Der Eine, der ihr Erlöser ist, wird ihr Lehrer sein: „ ‚Ich bin der HERR, dein Gott, der dich lehrt, was dir nützlich ist‘ (Vers 17), das heißt, der dich die Dinge lehrt, die zu deinem Frieden dienen“ (Lk 19,42). Wen Gott erlöst, den lehrt er. Wen er aus seinen Heimsuchungen retten will, den lehrt er zuerst, durch seine Heimsuchungen zu lernen. Er leitet sie zu dem Weg und auf dem Weg, den sie gehen sollen (Vers 17). Er erleuchtet nicht nur ihre Augen (Esr 9,8; Ps 19,9), sondern lenkt auch ihre Schritte. Er leitet sie durch seine Gnade auf dem Weg ihrer Pflicht. Durch seine Vorsehung führt er sie auf den Pfad der Wiederherstellung.

Der Neue Matthew Henry Kommentar

wie auch der Messias der Ursprung der Gottesgemeinde ist

Denn der Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist; er ist des Leibes Heiland.
Elberfelder 1871 – Epheser 5,23

Denn der Mann ist das Haupt der Frau, genauso wie Christus das Haupt der Gemeinde ist – er, der sie errettet und zu seinem Leib gemacht hat.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Epheser 5,23

Denn in der Schöpfung ist ja der Mann der Ursprung der Frau, wie auch der Messias der Ursprung der Gottesgemeinde ist. Und er, der Messias, ist ja auch noch der Erlöser des Körpers.
Roland Werner – Das Buch – 2009 – Eph 5,23

Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter. (V. 22 LB) Keine politisch korrekte Aufforderung heutzutage. Aber die Bibel ist oft nicht politisch korrekt. Sie hat ihre eigene Agenda.
Zunächst einmal ist hervorzuheben, dass der griechische Text von Vers 22 das Verb unterordnen nicht aufweist, wie die Elberfelder Bibel korrekt zeigt. Er enthält gar kein Verb. Es muss, darin sind sich die Übersetzer einig, vom Partizip des Verbs unterordnen im vorigen Vers ergänzt werden. Er bildet den Rahmen für den ganzen Abschnitt von Kap. 5,22 bis 6,9, wo wir es mit drei verschiedenen Kategorien von Unterordnung zu tun haben: Ehefrauen ihren Männern, Kinder ihren Eltern und Sklaven ihren Herren gegenüber.
Das Verb unterordnen wird „in militärischen Zusammenhängen für das Verhältnis eines Untergebenen zu seinem Vorgesetzten in der Hierarchie einer Armee gebraucht“, erklären Robert Bratcher und Eugene Nida. „Es wird [im NT] verwendet in Bezug auf das Verhältnis einer Frau zu ihrem Mann (in Kol 3,18; Tit 2,5; 1 Pt 3,1), von Sklaven zu ihren Herren (in Tit 2,9 und 1 Pt 1,12) sowie gegenüber staatlichen Würdenträgern (in Rö 13,1). Es bedeutet ,unterworfen sein, gehorchen [oder] regiert werden von‘ und impliziert den Sinn von Unterordnung gemäß den Normen der [damaligen] Zeit. Das kann kein noch so eloquentes Plädoyer verschleiern.“
Wenn wir also um das Wort selbst nicht herumkommen, müssen wir fragen, was es im Zusammenhang des Epheserbriefes bedeutet. Eines wird schnell deutlich: Paulus verwendet es im Rahmen einer Liebesbeziehung statt im Rahmen von Dominanz oder brutaler Autorität, wie sie beim Militär üblich war. „Er ermahnt weder hier noch an anderer Stelle die Ehemänner, ihre Frauen zu beherrschen“, stellt Peter O’Brien klar. „Nirgends wird ihnen gesagt: ,Übt eure Leitung aus!‘Sie werden vielmehr wiederholt aufgefordert, ihre Frauen zu lieben (siehe V. 25.28.33). Dazu gehört, dass jeder Ehemann seiner Frau unaufhörlich Fürsorge und liebevollen Dienst zu ihrem Wohl angedeihen lässt.“
Im Gegensatz zu der falschen Sichtweise, dass Männer von Paulus im obigen Abschnitt aufgefordert werden, Autorität über ihre Ehefrauen auszuüben, geht es hier eigentlich um eine Warnung vor einer unangebrachten Anwendung von Autorität, die „ihnen verbietet, ihre Stellung auszunutzen, und sie stattdessen ermahnt, an ihre Verantwortung und die Rechte der anderen [Ehe-]Partei zu denken. Daher sollen Ehemänner ihre Frauen lieben und für sie sorgen.“ An keiner Stelle werden in der Bibel Männer dazu aufgefordert, über Frauen zu herrschen oder zu dominieren. Klyde Snodgrass erklärt: Diese Verse „sind sicher eine der am meisten diskutierten und missbrauchten Texte im Neuen Testament. Es geht in ihnen nicht um ein Privileg oder die Dominanz des Ehemannes, und Paulus beabsichtigte nie zu behaupten, dass Frauen Dienerinnen sind, die gezwungen seien, jeden Wunsch des Mannes zu erfüllen. Der Text verlangt weder von den Frauen, ihren Ehemännern zu gehorchen, noch gibt er den Ehemännern die Freiheit, sich ihre Unterordnung zu erzwingen zu suchen.“
Die Art der Unterordnung, von der Paulus spricht, war dem christlichen Glauben nicht fremd, denn es ist eine wesentliche neutestamentliche Lehre, dass Christus sich dem Vater unterstellte (siehe z. B. 1 Ko 15,28). Die Ergebenheit kann deshalb „eine funktionale Unterordnung sein, ohne Unterlegenheit oder weniger Ehre und Herrlichkeit zu bedeuten“. In Epheser 5 geht es in Bezug auf Männer und Frauen in der Ehe nicht um Unterlegenheit, sondern um die Rollenverteilung. „Gleichheit des Wertes bedeutet nicht Gleichheit der Rolle“, stellt John Howard Yoder klar. Das trifft ebenso auf die Familie zu wie auf die Gottheit. Mann und Frau sind einander nicht dem Wert nach untergeordnet, auch wenn sie verschiedene Aufgaben haben, von denen sich einige aus ihrer Physiologie ableiten.
Der Hauptgrund für das Eintreten des Apostels Paulus für eine Unterordnung der Frau unter den Mann ist der Vergleich mit der Gemeinde, die sich in der Beziehung zu Christus ihm unterordnet. Die Männer sollen ihre Frauen so lieben, wie auch Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat (V. 25), um sie segnen zu können. Wenn wir verstehen wollen, worauf Paulus hinaus will, wenn er vom Mann als dem Haupt der Frau spricht, müssen wir auf Jesus sehen, dem es um Liebe und Fürsorge ging und nicht ums Beherrschen.
Dieser Gedanke bildet den Rahmen für einen der tiefgründigsten Abschnitte des Neuen Testamentes über die Ehe. „Kein Mensch, der heutzutage diesen Abschnitt liest, kann erkennen, wie großartig er ist“, meint William Barclay. „Im Verlauf der Zeit ist die christliche Sicht der Ehe akzeptiert worden“, wenn auch die Menschen oft nicht diesem Ideal entsprechen oder sich heute wieder von ihm abwenden.
Kern des Problems der niedrigen Wertschätzung der Ehe in der vorchristlichen Welt war die geringe Achtung vor Frauen. Jüdische Männer dankten Gott zum Beispiel täglich dafür, weder ein Heide, ein Sklave noch eine Frau zu sein. Unter dem jüdischen Gesetz hatte eine Frau wenige Rechte. Ihr Mann konnte sie aus geringfügigem Anlass entlassen, z. B. wenn sie sein Essen anbrennen ließ oder ihn respektlos ansprach. Sie aber hatte mit wenigen Ausnahmen kein Recht, sich von ihm zu trennen. Der Mann brauchte ihr nur in Gegenwart zweier Zeugen eine Scheidungsurkunde zu geben, dann war er geschieden.
In der griechischen Welt stand es um die Ehe sogar noch prekärer, denn Prostitution war überall verbreitet. Der Redner Demosthenes (384–322 vor Chr.) beschrieb die akzeptierte Lebensweise mit den Worten: „Wir haben Hetären [Kurtisanen] als Freundinnen zu unserem Vergnügen; wir haben Konkubinen für den täglichen Beischlaf; wir haben Ehefrauen, um legitime Kinder und eine treue Hüterin aller Angelegenheiten des Haushalts zu haben.“ Eine achtbare griechische Frau trat nie öffentlich in Erscheinung. Sie hatte ihr eigenes Zimmer, getrennt von den Räumen ihres Mannes. Sie hatte keine Rechte und da die griechische Gesellschaft keine gesetzlichen Vorschriften für eine Scheidung hatte, konnte der Mann eine Ehe nach Lust und Laune auflösen, ohne dass jemand Fragen stellte.
In der römischen Gesellschaft stand es noch schlechter um die Ehe als in Griechenland oder Palästina. Zur Zeit des Apostels Paulus war die Einrichtung der Ehe zerrüttet. Seneca schrieb sogar, einige Frauen würden die Jahre nach den Namen ihrer Ehemänner datieren. Treue wurde nicht praktiziert und die Atmosphäre war am besten als ehebrecherisch zu bezeichnen. Mit solchen Zuständen vor Augen schrieb Paulus den obigen Abschnitt.
Leider konzentrieren sich manche Leute dabei nur auf die Unterordnung. Ihnen entgeht das schöne, aber radikale Bild der Ehe, das Paulus in diesen Versen malt. Wenn wir durch das Prisma der Liebe sehen, die Jesus zur Gemeinde hat, entdecken wir wenigstens fünf Lektionen über die Ehe und die Rolle des Mannes in der ehelichen Beziehung.

George R. Knight 2005 – Studienreihe zur Bibel – Der Brief an die Epheser

Manche Männer kennen nur einen Bibelvers auswendig, und das ist Eph 5,22. Zu ihnen ist dieser Vers aber nicht gesagt. Er ist auch kein Gutschein, um Paschaansprüche an seine Frau zu richten. Der Vers ist der christlichen Ehefrau gesagt und zeigt ihr, wie sie sich ihrem Ehemann gegenüber in rechter Weise zuordnen soll. Das entsprechende Tätigkeitswort, das angibt, wie diese Zuordnung erfolgen soll, fehlt in V. 22. Es ist von V. 21 her zu ergänzen. Es geht darum, sich »unterzuordnen« (vgl. V. 24). Diese Unterordnung bedeutet, wie V. 23 deutlich macht, anzuerkennen, dass der Mann von Gott her die Verantwortung hat, Haupt der Ehe und Familie zu sein. Bevor wir erklären, was das bedeutet, müssen wir uns klarmachen, was es nicht bedeutet. Wenn sich die Ehefrau dem Haupt -Sein ihres Ehemannes unterordnet, bedeutet das nicht, dass sie weniger wert wäre oder weniger wüsste oder könnte als er. Im Frühjudentum zeigt sich immer wieder eine Abwertung der Frau. Josephus meinte: »Die Frau ist in jeder Hinsicht geringer als der Mann« (c. Ap. 2, 24). Noch schlimmer war Rabbi Jehuda, der lehrte: »Drei Lobsprüche muss man an jedem Tag sprechen: Gepriesen sei Gott, dass er mich nicht als Heiden geschaffen hat! Gepriesen, dass er mich nicht als Frau geschaffen hat! Gepriesen, dass er mich nicht als Unwissenden geschaffen hat!« (t. Berakh. 7, 18). Solch eine Haltung gegenüber Frauen findet man im NT nicht.

Die gleiche Frau, die hier aufgefordert ist, die Ordnung anzuerkennen, dass ihr Ehemann vor Gott die Haupt -Verantwortung für diese Ehe trägt, ist nach Eph 2,5-6 ein Gotteskind, das von Christus mit ewigem Leben beschenkt ist und mit Christus in eine Herrschaftsstellung über Sünde, Tod und Teufel versetzt ist. In diesen Heilsfragen gibt es keinen Unterschied zwischen Mann und Frau (vgl. Gal 3,28). Mit Christus erhöht, achtet die christliche Frau ihren (ebenso erhöhten) Mann in der ihm gegebenen Verantwortung. – Umgekehrt bedeutet die Aussage »der Mann ist das Haupt der Frau« nicht, dass er immer Recht hätte, dass alles nach seinem Kopf gehen müsse, dass er einen Anspruch habe, sich von ihr bedienen zu lassen, oder dass er irgendwie besser sei. Haupt sein heißt, dass er vor Gott die Verantwortung trägt. Er in erster Linie wird einmal vor Gott zu verantworten haben, wie es in seiner Ehe und Familie zuging. Gott wird ihn fragen: »Adam, wo bist Du? Was hast Du mit Deiner Ehe gemacht? Was ist aus Deinen Kindern geworden?« Männer müssen lernen, vor Gott familiäre Verantwortung zu übernehmen; denn sie werden einmal von Gott zur Verantwortung gezogen werden. Und Frauen sollten anerkennen, dass Gott ihren Männern diese Verantwortung gegeben hat.

Manche bibelkritischen Ausleger meinen, Eph 5,22ff. stehe nicht auf der Höhe der neutestamentlichen Ethik. Das Haupt -Sein des Mannes sei doch eine Ordnung, die zum Fluch angesichts der Sünde des Menschen gehöre (1Mose 3,16). In Christus sei dieser Fluch aufgehoben – und entsprechend gebe es in Christus, so wird (fälschlich) aus Gal 3,28 herausgelesen, keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau. Nun sollte allerdings schon zu denken geben, dass der gleiche Paulus, der Gal 3,28 geschrieben hat, in 1Kor 11,3 ausdrücklich festhielt: »Ich lasse euch aber wissen, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist; der Mann aber ist das Haupt der Frau; Gott aber ist das Haupt Christi.« Das Haupt -Sein des Mannes ist nicht im Fluch Gottes angesichts der Sünde begründet, sondern in einer göttlichen Ordnung, die in der Gottheit selbst ihr Urbild findet. Haupt -Sein schließt Gleichheit nicht aus: Gott -Vater und Gott-Sohn sind wesensgleich Gott, und doch ist der Vater das Haupt des Sohnes. Und wenn der Mann Haupt seiner Frau ist, ist er damit nicht willkürlicher Herr über sie, sondern er übt sein Haupt-Sein in verantwortlicher Unterordnung unter Christus, als seinem Haupt, aus. – Im Übrigen geht das Haupt -Sein des Mannes nicht auf den Sündenfall (1Mose 3) zurück, sondern auf die Schöpfung (1Mose 1-2). Mann und Frau wurden – gleichwertig – im Bilde Gottes geschaffen: zuerst der Mann und dann die Frau ihm zu Hilfe als sein Gegenüber (1Mose 1,27; 2,7.18). Nach dem Sündenfall wird die Frau in 1Mose 3,16 lediglich an diese gute Ordnung zurückerinnert: Lass Dich nicht von der Schlange zum Bösen bestimmen. Dein Verlangen soll nach Deinem Mann sein. Er soll Dein Herr sein (nicht sie)! Diese Schöpfungsordnung gilt im NT immer noch, auch für Erlöste.

Wie soll dieses Zueinander von Mann und Frau nun aber in geistlicher Weise gelebt werden? Unser Text in Eph 5 macht dies ausführlich deutlich und geht damit über die vergleichsweise kurze Anweisung von Kol 3,18 hinaus. Wichtig ist hier erstens, dass sich die Frau dem Haupt -Sein ihres Mannes unterordnet »wie dem Herrn«. Es geht dabei um einen Vergleich (vgl. V. 24). Wie ordnen sich Kinder Gottes denn ihrem Herrn unter? Sicher nicht mit Angst und Schrecken (Röm 8,15: »Ihr habt nicht einen sklavischen Geist empfangen, dass ihr euch fürchten müßtet; sondern ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen, in dem ihr ruft: Abba, lieber Vater!«). In Liebe und Vertrauen – und auch ganz selbstverständlich – anerkennen und bekennen Christen Jesus als ihren Herrn. Und eben so, wie eine Frau sich ihrem himmlischen Herrn unterordnet, soll sie auch die verantwortliche Stellung ihres Mannes in der Ehe anerkennen. Zweitens ist zu sagen, dass diese Verantwortung des Mannes für das Eheverhältnis insgesamt gegeben ist, nicht nur für einen Teilbereich. »In allem«, V. 24 b, also grundsätzlich, soll die Frau das Haupt -Sein ihres Mannes anerkennen und ihn entsprechend achten und seine Verantwortung bejahen.

Drittens stellt das neutestamentliche Zueinander von Mann und Frau aber zugleich einen besonderen Anspruch an das Haupt -Sein des Ehemannes. Sein Haupt -Sein soll so ausgeübt werden, »wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist« (V. 23 b). Damit da kein Missverständnis aufkommen kann, schiebt Paulus sofort die Erklärung nach: »Er ist der Retter des Leibes« (V. 23 c). Es geht hier also um eine heilvolle Verantwortung des Hauptes für sein Gegenüber. Wie hat Christus sein Haupt -Sein seiner Gemeinde gegenüber ausgeübt? Nur segensreich, nur hilfreich, nur fürsorglich (vgl. Eph 1,23-2,10; 4,16). Auf den Mann übertragen wird damit deutlich: Beim Haupt -Sein geht es nicht um Selbstverwirklichung, sondern um Da-Sein für seine Frau in Verantwortung vor Gott. In den folgenden Anweisungen für den Mann (Eph 5,25ff.) wird der Apostel genau diesen Punkt noch ausführlich weiter vertiefen. Gewiss, es gibt auch Unterschiede zwischen der Beziehung Christus – Gemeinde und der Beziehung Mann – Frau. Das »Aber« zu Beginn von V. 24 (Aber = »Trotz aller Unterschiede«) mag das andeuten. Aber darin besteht das Gemeinsame: so, wie sich die Gemeinde der guten und heilsamen Herrschaft Christi unterordnet, soll sich die christliche Ehefrau der verantwortlichen und hilfreichen Hauptschaft ihres Mannes unterordnen, indem sie diese in Liebe und ganz selbstverständlich akzeptiert.

Gerhard Maier – Edition C

Paulus setzt das Verhältnis zwischen Christus und der Gemeinde in Beziehung zur Einheit von Ehemann und Ehefrau. Das Vorbild der Gemeinde beruht darauf, dass sie sich Christus als ihrem Haupt aus freien Stücken unterordnet (Vers 24). Er wiederum hat sich für sie aufgeopfert und dafür gesorgt, dass sie sich ihrer Bestimmung gemäß entfaltet (Vers 25–27).

Unterordnung hat etwas mit der Bereitschaft zu tun, die jeweils zugewiesene Stellung einzunehmen. Das gilt für den Menschen gegenüber Gott und für die Partner innerhalb der Ehe (Vers 22–23). Am Beispiel der Gemeinde wird klar, dass mit Unterordnung weder ein Zwang noch eine Herabstufung verbunden ist (Vers 24). Der Mann wird seiner übergeordneten Stellung nur gerecht, wenn sie wie bei Christus mit selbstloser Hingabe und Liebe verbunden ist (Vers 25–27). Der Mann wird dann letzten Endes selbst der Beschenkte sein (Vers 28–29). Ebenso wie Christen als Ganzes die Gemeinde abbilden, stellt die Verbindung zwischen Mann und Frau eine neue Einheit dar (Vers 30–32). Der Abschnitt, der mit dem Hinweis auf die Ehrfurcht vor Christus begann (Vers 21), endet mit dem Hinweis, dass die Frau ihren Mann ehren soll (Vers 33). In beiden Sätzen wird im griechischen Grundtext das gleiche Wort gebraucht.

Ralf Mühe – 2023 – Hauskreiswelt – Der Epheserbrief

Mit der Analogie zu Christus und der Gemeinde wird der christlichen Ehe eine ganz neue Dimension geschenkt und der Unterordnung der Frau ein außerordentlicher Beweggrund zur Unterordnung zugeordnet. Daß der Mann das Haupt ist über der Frau (1.Kor 11,3), nimmt innerhalb der Ehe besondere Bedeutung an. Obwohl Sara Abraham »Herr« nannte (1.Petr 3,6), wird der Ehemann nie Herr, sondern Haupt der Frau genannt. Mit »Herr« kann sich die Vorstellung von sklavischer Unterwürfigkeit verbinden; mit »Haupt« ist eher an Unterordnung aus Liebe gedacht. Christus ist nicht allein Haupt der Gemeinde, Er ist auch »des Leibes Heiland«. Denkt der Apostel an Christus als den Retter bei der Erlösung derer, die jetzt Glieder Seines Leibes sind, oder ist Er der Erhalter des natürlichen Leibes, da dieser ja ein Glied Christi ist (1.Kor 6,15), oder meint der Apostel den gegenwärtigen Dienst des Herrn als Bewahrer der Gemeinde, Seines Leibes? »Retter« (sotèr) kann Retter, Befreier oder Erhalter bedeuten; entsprechend kann auch das davon gebildete Hauptwort soterìa nicht nur Rettung (Hebräer 11,7), sondern auch Gesundheit (Apg 27,34) bedeuten. Da der Apostel im folgenden die Pflege der Gemeinde durch den Herrn aus der Analogie der Pflege des Mannes für seinen Leib (Verse 28.29) entfaltet, ist es naheliegender, daß er an Christus als den Bewahrer Seines geistlichen Leibes denkt wie in V. 30.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

dass Gott ihn ohne irgendeine Gegenleistung angenommen hat

Gleichwie auch David die Glückseligkeit (O. Seligpreisung; so auch v 9) des Menschen ausspricht, welchem Gott Gerechtigkeit ohne Werke zurechnet:
Elberfelder 1871 – Römer 4,6

Genauso nennt auch David den glücklich, dem Gott ohne irgendeine Gegenleistung Gerechtigkeit schenkt. Er sagt:
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Römer 4:6

Ganz so wie auch David von der Seligkeit des Menschen spricht, dem Gott fernab von Handlungen Gerechtigkeit zuerkennt:
Gottes Agenda – Röm 4,6

Denselben Gedanken spricht ja auch David aus, wo er den Menschen glücklich preist, den Gott ohne Rücksicht auf äußere Gesetzeswerke als ihm wohlgefällig betrachtet.
Johannes Greber – 1936 – Röm 4:6

Die Ablehnung des Neuen Testaments, Gottes Gunst durch Werke zu verdienen, und seine Betonung der Errettung aus Gnade durch den Glauben (z.B. Eph 2,8-9; Gal 2,16; Röm 4,1-12) hat viele Menschen zu der Annahme verleitet, dass das Alte Testament lehrt, dass Menschen die Errettung durch das Befolgen des mosaischen Gesetzes verdienen können. Das ist jedoch nicht der Fall.

Die alttestamentliche Theologie mit ihrem komplexen Opfersystem hatte das Problem der Sünde fest im Griff, die unterschiedlich definiert wurde als rituelle Unreinheit oder Übertretung von Gottes moralischem Gesetz. Als Mitglieder einer stabilen Nation, die versuchte, mit ihrem Gott zu wandeln, konnte buchstäblich kein Tag im normalen Verlauf des Lebens Israels vergehen, an dem sie nicht daran erinnert wurden, dass sie vor einem heiligen Gott unvollkommen und unrein waren. Nichts würde die Idee aufkommen lassen, dass menschliche Güte Gottes Wohlgefallen verdienen könnte. Da jedoch das Leben nach Gottes Gesetz und die Aufrechterhaltung der Reinheit des Opferkults große menschliche Anstrengungen erforderten, wussten die Israeliten auch, dass die Errettung kein rein passiver Zustand war. Es geht nicht darum, dass menschliche Anstrengung kein Teil der Erlösung war. Es wäre dem Israeliten fremd gewesen zu denken, dass der Glaube keine grundlegende Voraussetzung für die Errettung war oder dass die eigenen Werke eines Menschen dazu führten, dass Gott jemandem die Errettung schuldete.

Daher war das alttestamentliche Heil in seiner Ausgestaltung dasselbe wie das neutestamentliche Heil. Im Neuen Testament waren Werke wesentlich für die Errettung (Jak 2,14-26), aber sie waren niemals die verdienstliche Ursache der Errettung; Gott schuldete niemandem die Errettung aufgrund von Werken. Dies steht nicht im Widerspruch zu Paulus‘ Behauptung, dass niemand durch Werke gerechtfertigt sei. Jakobus und Paulus könnte man also so zusammenfassen: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch den Glauben, der ohne Werke tot ist“ (Eph 2,8; Jak 2,17). Kein Element kann eliminiert werden. Jesus sagte, dass man einen Baum (und damit einen Gläubigen) an seinen Früchten erkennt (Mt 12,33). Wenn eine Person keine Werke („Frucht“) hat, gibt es keinen Beweis für die Errettung. Das Vorhandensein von Werken ist wesentlich, um jemanden einen Gläubigen zu nennen. Aber Werke bringen Gott nicht in die Position, die Errettung zu schulden. Die Errettung kommt durch den Glauben an Christus (ihr Gegenstand), der Werke hervorbringt. Beide müssen vorhanden sein. Die alttestamentliche Errettung kann auf dieselbe Weise formuliert werden, obwohl das Objekt des Glaubens sich unterscheidet.

In Bezug auf den alttestamentlichen Israeliten war der Glaube wesentlich, um in rechter Beziehung zu Gott zu stehen. Der Israelit musste glauben, dass Jahwe, der Gott Israels, der wahre Gott war, der allen anderen Göttern überlegen war. Dies würde Früchte in Form von treuer Anbetung nur Jahwes und keiner anderen Gottheit hervorbringen. Die Israeliten des Alten Testaments mussten auch glauben, dass Jahwe zu ihren Vorvätern – Abraham, Isaak und Jakob – gekommen war und mit ihnen einen Bund geschlossen hatte, der sie zu seinem ausschließlichen Volk machte. Dieser Bund enthielt bestimmte Verheißungen, die durch den Glauben geglaubt werden mussten. Der Glaube an den göttlichen Ursprung des Bundes und seiner Verheißungen beinhaltete Gehorsam. Die Sprache des abrahamitischen Bundes (1. Mose 12,1-3; 15,1-6) wurde häufig im Zusammenhang mit Gehorsam gegenüber Gott wiederholt (z. B. 1. Mose 17,1-6; 22,18; 26,5). Die Patriarchen hätten nicht gegen Gottes Gebote verstoßen können, indem sie die Beschneidung ablehnten, sich weigerten, dorthin zu gehen, wo Gott es befahl, und das Opfern ablehnten, und trotzdem Gottes Segen erhielten. Die Kinder der Patriarchen mussten auch glauben, dass der Gott, der sie aus Ägypten befreit hatte, derselbe Gott ihrer Vorväter war. Derselbe Gott gab Israel das Gesetz, um sie als seinen einzigartigen Besitz der Menschheit auf Erden auszuzeichnen (z. B. Exod 20-23; Lev 10-11). Ein Israelit, der glaubte, ein Kind des Gottes vom Sinai zu sein, brachte Frucht hervor, indem er das Gesetz befolgte. Das Gesetz vom Sinai war mit den Verheißungen verbunden, die Abraham gegeben wurden (Lev 26). Der Glaube an Jahwe und die Treue zu Jahwe waren im Alten Testament beides Teil der Errettung (rechte Beziehung zu Gott). Der Einzelne konnte nicht durch nur eines in rechter Beziehung zu Gott stehen.

Bei all dem konnten die Israeliten nicht die Werke des Gesetzes tun und dann annehmen, Gott schulde ihnen Erlösung. Gott hatte eine Beziehung zu Israel, weil er sich für diese Beziehung entschied – er entschied sich dafür, bevor Gehorsam ein Thema war. Gott erweiterte die Gnade, indem er Abraham berief; Abraham glaubte, und dann zeigte Abraham diesen Glauben durch Gehorsam (Röm. 4). Der Begriff „Beschneidung des Herzens“ ist aufschlussreich in Bezug auf das Gleichgewicht von Glauben und Werken. Die Beschneidung war das Zeichen des Bundes. Da ihre Durchführung menschliche Aktivität erforderte, konnte sie als ein gutes Werk angesehen werden. Gott wollte Gehorsam – die Unterwerfung des eigenen Willens – in dieser Angelegenheit. „Beschneidung des Herzens“ spricht von einem Herzen, das glaubt, nicht von einem Werk. Es ist ein Herz, das sich Gott unterwirft, nicht nur der Wille. Ein beschnittenes Herz war ein gläubiges Herz, und es war wesentlich für eine rechte Beziehung zu Gott (5. Mose 10,16; 30,6; Jer. 4,4; 31,33; 32,39.40; Hes. 11,19; 36,26.27).

Im alttestamentlichen Gesetz und dem Opfersystem war Versagen unvermeidlich; die Gemeinschaft mit Gott würde unweigerlich zerbrechen. Außerdem waren die Menschen von Natur aus unrein und unfähig, sich der vollkommenen göttlichen Gegenwart zu nähern. Das Buch Levitikus weist darauf hin, dass die Menschen die durch Sünde und Übertretung verursachte Unreinheit durch ein Opfer reinigen („sühnen“) konnten, was zur Vergebung führte (Lev 4:20, 26, 31, 35; 5:10, 13, 16, 18; 6:7; Num 15:25-28). Aber sie haben sich die Vergebung nicht verdient; Gott hat das gesamte Mittel der Vergebung – das Opfersystem – durch seine Gnade bereitgestellt. Gott war nicht gezwungen, ein Mittel zur Sühne bereitzustellen oder zu offenbaren, was er zur Sühne akzeptieren würde. Das Mittel zur Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott war eine Erweiterung von Gottes Gnade.

Michael S. Heiser – Die Bibel ungefiltert – Annäherung an die Heilige Schrift nach ihren eigenen Bedingungen

Rechnet uns Gott unsere Sünden nicht an, so bedeutet das, daß er uns Gerechtigkeit zurechnet, weil es seine Gnade nicht dabei bewenden läßt, unsere Sünde zu decken; sondern wenn er sie vergibt, so stellt er uns als die Gerechten vor sich und gibt uns allen Lohn und alle Güter der Gerechtigkeit. Zu dieser steht uns aber der Weg nach Davids Wort deshalb offen, weil Gott unsere Übertretungen bedeckt. Das will sagen: er rechnet uns Gerechtigkeit an ohne Werke, ohne daß seine Gnade von unserem Werk abhängt. Wenn unsere Übertretungen bedeckt werden, fährt Gott nicht mit uns nach unserem Werk.
Das sind zwei Worte aus dem Alten Testament, zu denen Paulus noch viele ähnliche hätte fügen können. Denn wie die Schrift die Sünde Israels mit durchdringendem Ernst bezeugt, so stellt sie nicht weniger gewaltig die Größe der göttlichen Vergebung ans Licht und zeigt die Regel der Gnade, nach der Gott die Menschen regiert. Und nun stellt Paulus die Frage: Wem macht die Schrift diese Zusage? Sagt sie, daß Gott dem Juden die Sünde verzeiht, dem Heiden aber nicht? Reicht die göttliche Gnade nur so weit, als die Beschneidung reicht?

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Ist es aber richtig, aus dem Beispiel Abrahams abzuleiten, daß Gott »den Gottlosen« rechtfertigt? Der Apostel wendet sich nun der Geschichte Davids als zweite Illustration aus dem AT zu. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf einen Präzedenzfall, der bereits im Wort Gottes vorliegt und bei dem Gott einem Sünder vergeben und den Gottlosen gerechtfertigt hat. David sprach zwar von zukünftigen Segnungen durch das Kreuz, wohingegen das, was Paulus verkündete, auf dem vollbrachten Werk Christi beruhte. In Vorausschau auf das Kreuz Jesu konnte Gott zur Zeit des AT Gnade erweisen, und dafür gibt es vielleicht kein besseres Beispiel als Sein Handeln mit David. Somit gab es einen Präzedenzfall für das, was Paulus darlegte, und kein Jude konnte leugnen, daß die Schriften, auf die er sich berief, von der Wahrheit zeugten, die Paulus hier verkündete.
    Wenn die Juden einen Fehler in Paulus‘ Lehre über Sündenvergebung und Rechtfertigung des Gottlosen durch Glauben fänden, hätten ihre Einwände keinerlei Gewicht; der Präzedenzfall für Paulus‘ Botschaft war bereits in den Schriften festgelegt. Die Lektionen aus dem Leben zweier Größen der Vergangenheit, Abraham und David, die von den Juden so hoch in Ehren gehalten wurden, waren völlig eindeutig und konnten nicht geleugnet werden. Gott hatte Gerechtigkeit nach dem Prinzip des Glaubens zugerechnet. Paulus behauptete nicht, daß im Glauben Gerechtigkeit inbegriffen sei; er sagte, daß es sich bei dem Glauben, der zur Gerechtigkeit gerechnet wird, um Glauben handelt, bei dem man sich selbst persönlich als Sünder anerkennt und dann vollständig auf Gottes Gnade vertraut.
    Aus den Wegen Gottes mit zwei Seiner Diener aus früheren Zeiten hatte Paulus aufgezeigt, daß das Prinzip, aufgrund dessen Gott handelt, das Prinzip des Glaubens war. Nur auf dieser Grundlage wußte David – und konnte er beschreiben -, wie glückselig der Mensch ist, dem Gott Gerechtigkeit zurechnete. Das Zitat im nächsten Vers erwähnt zwar die Worte »ohne Werke« nicht, doch ist offensichtlich, daß es für David keine Möglichkeit gab, aus Werken gerechtfertigt zu werden. Somit ist die Zufügung von Paulus am Ende des Verses eine Bestätigung dessen, was er bereits so stark betont hat. Die Glückseligkeit, die David beschreibt, entstammte nicht menschlichen Bemühungen. Selbst der Jude mußte zugeben, daß der Bußpsalm, dem das Zitat entnommen ist, keinerlei Hinweise auf Werke irgendeiner Art gibt. Wenn Glückseligkeit erfahren wurde, dann war sie unauflösbar mit der Gnade Gottes verbunden. Es war Freude, die von Gott in Seinem Mitgefühl ohne Gegenleistung erteilt wurde.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Natürlich könnte man darauf hinweisen, dass Abraham lebte, bevor das mosaische Gesetz an Israel gegeben wurde. Deshalb musste die Erlösung für ihn anders sein, und Paulus hätte Abraham nicht als Beispiel verwenden dürfen. Diesem Einwand begegnet Paulus in den Versen 6-8, indem er das Beispiel Davids heranzieht, der unter dem Gesetz lebte:
6 So wie auch David den Mann segnet, dem Gott Gerechtigkeit unabhängig von den Werken zurechnet, 7 indem er sagt: „Selig sind die, denen ihre Schuld vergeben wird und deren Sünden bedeckt sind.

Nach der Einführung des neuen Bildes in Vers 6 zitiert Paulus Psalm 32,1-2:
1 Gesegnet ist der, dessen Übertretung vergeben ist, dessen Sünde bedeckt ist. 2 Gesegnet ist der Mann, dem Jehova keine Ungerechtigkeit zurechnet und in dessen Geist keine Arglist ist.

In diesem Psalm wies David auf die negative Seite der Erlösung hin: Gesegnet ist der Mensch, der die Anrechnung seiner Sünde nicht erfährt. Diese Seite ist genauso wichtig wie die positive Seite: Gesegnet ist der Mensch, dem Gerechtigkeit zugerechnet wird. Die beiden Segnungen sind also die Vergebung durch die Überdeckung der Sünden und die Zurechnung der Gerechtigkeit. Sowohl vor als auch nach dem Gesetz, das Mose gegeben wurde, wurde man also aus Gnade durch den Glauben und nicht durch das Gesetz gerettet.

Arnold G. Fruchtenbaum – Ariel’s Bibelkommentar

die Hand unseres Gottes war über uns

Und wir brachen auf von dem Flusse Ahawa am Zwölften des ersten Monats, um nach Jerusalem zu ziehen; und die Hand unseres Gottes war über uns, und er errettete uns von der Hand des Feindes und des am Wege Lauernden.
Elberfelder 1871 – Esra 8,31

Am 12. Tag des 1. Monats brachen wir vom Ahawa-Kanal auf zur Reise nach Jerusalem. Die gütige Hand unseres Gottes beschützte uns vor Feinden und Wegelagerern.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Esra 8:31

Und wir brachen am Zwölften des ersten Monats vom Fluss Ahava auf, um nach Jeruschalajim zu ziehen, und die Hand unseres Gottes war über uns und rettete uns aus der Hand von Feinden und Lauerern am Weg.
Die Philippson-Bibel – Esra 8,31

Die Bibel erwähnt verschiedene Fälle, in denen der von Jehova verlangte Gehorsam bewiesen wurde. Das Buch Esra, das darüber berichtet, wie die Juden aus der Verbannung nach Jerusalem zurückkehrten, um den Tempel und die Stadt wieder aufzubauen, hebt den Gehorsam mehr als einmal hervor. Der Vers 10 von Kapitel 7 des Buches Esra lautet: „Denn Esra hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz Jehovas zu erforschen und zu tun, und in Israel Satzung und Recht zu lehren.“ Esra war also ein Mann, der sich nicht auf menschliche Weisheit oder menschliche Stärke verließ, sondern der das Wort Jehovas gewissenhaft befolgte und auf den Schutz Jehovas vertraute. Als er seine lange Reise nach Jerusalem antrat, sagte er: „Ich schämte mich, von dem König eine Heeresmacht und Reiter zu fordern, um uns gegen den Feind auf dem Wege beizustehen; denn wir hatten zu dem König gesprochen und gesagt: Die Hand unseres Gottes ist über allen, die ihn suchen, zum Guten; aber seine Macht und sein Zorn sind gegen alle, die ihn verlassen.“ — Esra 8:22.
Jehova beschützte Esra und seine kleine Schar, die mit großem Reichtum nach Jerusalem zurückkehrten, tatsächlich. „Die Hand unseres Gottes war über uns, und er errettete uns von der Hand des Feindes und des am Wege Lauernden.“ (Esra 8:31) Nach der Ankunft in Jerusalem übergab Esra das Gold, das Silber und die Tempelgeräte dem Priester dort, und die Gesetze des Königs übergab er dessen Satrapen.

Wachtturm – 15.Oktober 1970

„Feindes und der Schar in dem Hinterhalt“ (Esra 8,31, ELB)
Ähnlich klingende Wörter „Feindes“ (אוֹיֵ֛ב ʾôyēb) und „und der Schar in dem Hinterhalt“ (וְאוֹרֵ֖ב wəʾôrēb) verbinden sich zu einer einzigen Idee oder einem einzigen Konzept. Die Ähnlichkeit im Klang und die konzeptionelle Verbindung schaffen das Hendiadoyn.
Hendiadyoin — Ein literarisches Mittel, das mehrere Wörter mit ähnlichem Bedeutungsinhalt paart. Das Wortpaar vermittelt in der Regel ein einziges Konzept. Die so bezeichnete Idee kann ein breiteres oder auch engeres Konzept sein als die beiden Wörter, die in das Hendiadyoin bilden, einzeln beschreiben würden. Die Beispiele, die in diesem Datensatz erfasst werden, müssen zusätzlich ein irgendwie geartetes Wortspiel zwischen den beiden Wörtern aufweisen. Dies ist in der Regel eine Alliteration oder ein Gleichklang im Auslaut.

James Parks – Wortspiel in der Bibel

Zwölf Tage, nachdem Esra den Entschluss und die Genehmigung des Königs für seine Rückkehr verkündigt hatte, war die Zeit des Aufbruchs gekommen: am 12. (Tag) des 1. Monats, also am 12. Nisan. Innerhalb dieser Zeit war es wohl möglich, die Reisevorbereitungen zu treffen, aber es wird auch deutlich, dass sich die Rückkehrer keinen Tag länger als nötig an ihrem Treffpunkt aufhalten wollten, denn sie hielten es noch nicht einmal für angebracht, das Passafest, das nur zwei Tage später (am 14. Nisan) zu datieren ist, noch in Babylon zu feiern. Über die Reise selbst, die etwas mehr als 100 Tage dauerte, wird nichts berichtet als das inzwischen bekannte Bekenntnis die Hand unseres Gottes war über uns, was sich darin konkretisierte, dass keine der gefürchteten Beduinenräuberhorden die Karawane belästigte. Das Ankunftsdatum in Jerusalem war der erste Tag des fünften Monats (Esr 7,9), also der 1. Ab – der gleiche Monat, in dem der Tempel in Jerusalem zerstört worden war.

Wuppertaler Studienbibel

Seinen Augapfel

Denn so spricht Jehova der Heerscharen: Nach der Herrlichkeit hat er mich zu den Nationen gesandt, die euch geplündert haben; denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an.
Elberfelder 1871 – Sacharja 2,12

Denn so hat ER der Umscharte gesprochen,
der mich um Ehre entsandt hat,
von den Weltstämmen, die euch beuten:
Ja, wer euch anrührt, rührt meinen Augapfel an!
Buber & Rosenzweig – Sacharja 2:12

Denn so spricht der Ewige der Heerscharen, nachdem die Herrlichkeit mich ausgesandt hat zu den Völkern, die euch geplündert: Wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an.
Die Philippson-Bibel – Sach 2,12

Denn so spricht Jehova, der Weltenherr: Nach dem Ruhme hat er mich zu den Völkern gesandt, welche euch beraubt haben; denn wer euch anrühret, rühret seinen Augapfel an.
van Ess 1858 – Sach 2:8

Gottes Augapfel
Das Auge ist ein sehr sensibles Organ. Deshalb nimmt Gott sein eigenes Auge als Vergleichspunkt, um zu zeigen, wie wichtig ihm sein Volk ist: „Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an“ (Sacharja 2,12). Gott spürt es sofort, wenn jemand den Seinen etwas antut. Hier wird deutlich, wie wertvoll die menschengestaltige Redeweise der Bibel ist: Hätte der Prophet nur davon gesprochen, wie kostbar Israel für Gott ist, wäre das eine Feststellung gewesen. Aber wenn man vom unendlich großen Gott sagen darf, er habe einen Augapfel – dann berührt das zutiefst und macht sein Erbarmen anschaulich.

Wer zu Gott gehört, steht unter besonderem Schutz Gottes:
„Ich will mich selbst als Wache um mein Haus lagern (…) denn ich sehe nun darauf mit meinen Augen“ (Sacharja 9,8). Wie ein aufmerksamer Wächter wacht Gott über sein Volk. Gott durchschaut alle Pläne, die sich gegen die Seinen richten. Und auch wenn sie noch so heimlich geschmiedet werden – Gott sieht und erkennt es und greift zugunsten des Unschuldigen ein (vgl. Psalm 64).In Jesus kommt „der Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16,13) uns Menschen ganz nah. Jesus sieht die Menschen, er sieht, wie es ihnen geht, und welche Not sie haben: „Als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren geängstet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben“ (Matthäus 9,36). Seine Augen füllen sich mit Tränen, als er mit göttlichem Blick die Stadt Jerusalem betrachtet: „Als er näherkam, sah er die Stadt und weinte“ (Lukas 19,41). Jesus hat einen klaren Blick für die verfahrene Lage der Menschen. Jesus sieht mit Gottes Augen. Deshalb kennt er unsere Herzen und unsere wahren Bedürfnisse.

Faszination Bibel 3/2023

Die folgende Weissagung Gottes scheint die praktische Konsequenz des vorher Geschauten zu sein. Sie gilt jenen Zeitgenossen Sacharjas ( Zion bezieht sich auf die Juden), die noch immer in Babel leben, und fordert sie dringend auf, nach Jerusalem zurückzukehren. Der letzte Teil von Vers 10 sollte vielleicht eher lauten: “ denn ich habe euch wie die vier Winde (und nicht in die vier Winde) unter dem Himmel zerstreut „. Das kann sich auf eine einmalige gewaltsame Zerstreuung oder auch auf jede einzelne Vertreibung der Juden aus ihrem Land beziehen. Die Exilanten lebten unversehrt in Babylon, dem Lande des Nordens – so genannt, weil die Invasoren aus Babylon sich Israel vom Norden her näherten. In Vers 12 – 13 spricht der Herr selbst (d. h. der Engel des Herrn oder der Messias), wenngleich manche Exegeten diese Passage auch als Sacharjas Erklärung seines prophetischen Auftrags deuten. “ Denn so spricht der HERR Zebaoth, der mich gesandt hat “ ist die Übersetzung einer schwierigen hebräischen Textstelle. Ihr Grundgedanke scheint zu sein, daß Gott den Messias senden wird, um die Völker, die euch beraubt haben , zu richten und Gottes Herrlichkeit zu entfalten. Das wird geschehen in dem Gericht der Heiden bei der Wiederkunft des Messias ( Mt 25,31-46 ). Das Bild vom Augapfel stammt aus 5Mo 32,10 ; „Apfel“ (wörtlich: „Tor oder Öffnung“) bezieht sich wahrscheinlich auf die Pupille – den verwundbarsten Teil des Auges, der Schutz am nötigsten hat. Hier ist er ein Bild für das von Gott beschützte Israel.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

»Nach Ehre«, ’acharé kabod: Die Frage ist, ob ’acharé (»nach, hinter«) örtlich oder zeitlich zu fassen sei. Wäre das Wort zeitlich zu verstehen, wäre der Sinn der Aussage folgender: Nachdem der Herr das Werk der Errettung an Jerusalem getan und darin seine Herrlichkeit manifestiert hat (Siehe V. 9: »[Ich werde] zur Herrlichkeit … sein in seiner Mitte.«), wird er zu den Nationen gesandt, um diese zu richten. Das stimmt aber nicht mit dem einheitlichen Zeugnis der Schrift überein, nach dem der Herr zuerst die Nationen richten wird, ehe er Israel wiederherstellt und seine Herrlichkeit unter seinem Volk wohnt. Und es stimmt auch sprachlich nicht; denn es müsste dann vor »Herrlichkeit« der Artikel stehen (»nach der Herrlichkeit«), aber der Artikel fehlt. Also müssen wir ’acharé örtlich fassen: Jahwe der Heerscharen sendet seinen Sohn, der nur einem Ziel nachjagt: der Ehre seines Gottes. Er eifert um die Ehre des Gottes Israels, wenn er sich zu den Nationen senden lässt, um sie zu richten. Auch wenn er Israel rettet und segnet, eifert er um die Herrlichkeit des Gottes Israels. Wir können den hebräischen Satz etwa so umschreiben: »Die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren, hat er mich zu den Nationen gesandt.«
»er [hat] mich zu den Nationen gesandt«: Dies geschah mit dem Ziel, diese zu richten. Das zeigt sich am Nachsatz »die euch berauben«. Im zweiten Gesicht hatten wir gesehen, dass die Nationen heimgesucht werden müssen, weil sie Israel zerstreut hatten. Ferner wird die Sendung des Gesandten begründet mit dem Satz: »… denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an«. Wer das Volk Gottes antastet, tastet »seinen«, d. h. Gottes, Augapfel an (5Mo 32,10). Es geht also um jenes Volk, auf das Gott mehr achthat als auf jedes andere (vgl. Ps 17,8; Spr 7,2). Entsprechend gilt: Wer die Heiligen verfolgt, der verfolgt den Christus Gottes (Apg 9,4–5). Die Nationen hatten Israel im Zorn angetastet, nun wird Gott sie im Zorn antasten.
Die Nationen hatten das Volk Gottes geplündert; der Herr wird im Gericht die Verhältnisse umkehren (Jes 14,2). Die Nationen werden den einst Geplünderten »zum Raub« sein. Es wird sich in der endgültigen Erlösung Israels wiederholen, was in der Erlösung aus Ägypten geschah: Damals beraubten die Kinder Israel die Ägypter (2Mo 12,36).

Benedikt Peters . Kommentar zu Sacharja

Um Ehre zu erlangen, hat er mich zu den Völkern gesandt, die euch ausgeplündert haben. Die heidnischen Völker haben Gottes Volk weggeführt und damit Gottes Ehre angetastet. Nun wird Gott seine Ehre wieder von ihnen fordern. »Er hat mich zu den Völkern gesandt.« Wer läßt sich um Gottes Ehre willen zu den Völkern senden? Unser Text läßt diese Frage unbeantwortet. Da der ganze Abschnitt in die messianische Zeit weist, liegt die Annahme nahe, daß diese Worte ein vorweggenommenes Bekenntnis des Messias sind.
Gott erweist seine Herrlichkeit darin, daß er die Heiden richtet, die sich an Israel vergreifen. Der Gedanke, der mit der Vision von den vier Hörnern und vier Schmieden verbunden war (2,1–4), taucht hier wieder auf: Wenn Gottes Volk angegriffen wird, fühlt sich Gott selbst angegriffen. Wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an. Das Bild muß ernst genommen werden: Gott reagiert sehr empfindlich darauf, wenn seinem Volk Schaden zugefügt wird. Gottes Gemeinschaft mit seinem Volk ist so fest, daß jeder Schlag gegen Israel ihn selbst trifft. (In gleicher Weise hat sich später Jesus Christus mit der Schar seiner Jünger, mit seiner Gemeinde, identifiziert; vgl. Mt 10,40; Joh 13,20; 15,20.)

Wuppertaler Studienbibel

Ermahnung (Sach. 2:6-9). Der Herr ermahnte die Juden, die sich noch in Babylon befanden, die Stadt zu verlassen und sich dem Überrest in Jerusalem anzuschließen. Warum sollten sie in der Bequemlichkeit und Sicherheit einer heidnischen Gesellschaft bleiben, wenn sie in ihrem eigenen Land dringend gebraucht wurden? Der Tag würde kommen, an dem Babylon, das jetzt unter persischer Herrschaft stand, für seine Sünden gerichtet werden würde und diejenigen, die ihm dienten, es ausplündern würden. Verlassen Sie das Land, solange es noch eine Gelegenheit gibt!

Diese Ermahnung bedeutete nicht, dass jeder Jude, der in Babylon blieb, nicht dem Willen Gottes entsprach. So wie Gott Josef nach Ägypten schickte, um den Weg für seine Familie zu bereiten, so hatte er Menschen wie Esther und Mordechai, Daniel und seine Freunde und Nehemia in heidnischen Städten in verantwortlicher Position, wo sie das Werk tun konnten, das er für sie vorgesehen hatte. Der Herr rief die Juden zusammen, die Bequemlichkeit, Berufung und Sicherheit über das Werk Gottes in ihrer eigenen heiligen Stadt stellten. (Siehe Jes. 48:20 und 52:11; Jer. 50:8 und 51:6, 9, 452. Korinther 6,14-18; und Offb. 18,4).

Die Juden sind für Gott sehr wertvoll; er hat sie „den Apfel [Pupille] seines Auges“ genannt (Sach 2,8; Deut 32,10; Ps 17,8). Die Pupille ist die winzige Öffnung in der Iris, die das Licht hereinlässt, und das ist ein sehr empfindlicher und wichtiger Bereich dieses lebenswichtigen Organs. Daher ist alles, was uns lieb und teuer ist, wie die Pupille des Auges.

Der Messias spricht immer noch, wenn er sagt: „Er [Gott, der Vater] hat mich zur Herrlichkeit gesandt“ (Sach 2:8, NKJV), d. h. „um ihm Herrlichkeit zu bringen“. Der ganze Zweck des Lebens Christi auf der Erde, seines Dienstes, seines Todes und seiner Auferstehung war es, Gott die Ehre zu geben (Johannes 1,14; 12,23, 2817:4); und ein Teil dieser Herrlichkeit wird die zukünftige Wiederherstellung Israels im Königreich beinhalten, wenn er auf Erden regiert (Jes. 61:3-11).

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series