Ich sage aber: Wandelt im Geiste, (O. durch den Geist) und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen.
Elberfelder 1871 – Galater 5,16
Ich will damit sagen: Lebt aus der Kraft, die der Geist* Gottes gibt; dann müsst ihr nicht euren selbstsüchtigen Wünschen folgen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Galater 5:16
Was will ich damit sagen? Lasst den Geist Gottes euer Verhalten bestimmen, dann werdet ihr nicht mehr den Begierden eurer eigenen Natur nachgeben.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Gal 5,16

Die Antwort auf die Verirrungen, von denen im vorhergehenden Vers die Rede war, ist ein Leben im Geist. Das Verb peripateite steht im Imperativ Präsens und bedeutet wörtlich „geht weiter“. Ein Christ soll sich auf seinem Lebensweg auf die Führung und Kraft des ihm innewohnenden Heiligen Geistes verlassen. Doch der Geist erweist sich nicht automatisch als wirksam in ihm. Er wartet darauf, daß man sich an ihn wendet. Wenn ein Christ sich nach der Führung des Heiligen Geistes sehnt, so lautet die Verheißung, daß er die Begierden des Fleisches nicht (doppelte Verneinung, ou mE) vollbringen (telesEte) wird. Er muß also nicht vor den Begierden kapitulieren, die noch von dem Sündenfall herrühren und von denen er in seinem Leben niemals frei sein wird, sondern kann sie mit der Hilfe des Geistes besiegen.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung ist (V. 14), wird den Galatern schon durch die Jesus-Überlieferung vertraut gewesen sein, die Paulus ihnen bei Gründung der Gemeindè übergeben hatte (vgl. zu 1,9). Deswegen konnte Paulus sich damit auch so kurz fassen. Wenn er jetzt einflicht: Ich sage aber, sagt er das Nachfolgende mit erhobener Stimme, besonders nachdrücklich und gezielt. Er sieht für seine Leser im folgenden einen hochnotwendigen Punkt.
Wuppertaler Studienbibel
Die Norm der Liebe ist mit der Kraft des Heiligen Geistes zu verbinden. Wandelt im Geist, und ihr werdet das Begehren des Fleisches nicht ausführen. Das Leben als Lebensweg zu verstehen, der abzuwandern ist, ist allen Völkern wohlvertraut. Im NT begegnet solches »Wandeln« in fast allen Schriften (Ausnahme: Judasbrief). Grundbewegung menschlichen Lebens ist also der Wanderschritt. Dabei geht es um mehr als um einen motorisches links-rechts, links-rechts. Jeder Weg schließt ein Woher und Wohin ein. Man kann auch vom Weg abkommen. So ist »wandeln« sinnvolle, ausgerichtete und damit qualifizierte Bewegung. Vom Fleisch her kommen Querwirkungen. Letzteren gegenüber macht Paulus jetzt pneumatische Kräfte geltend: wandelt im Geist.
Der Abschnitt 3,1–5 zeigte, in welch gesunder Selbstverständlichkeit die Galater Pneumatiker waren (ohne die korinthische Überzogenheit!). Das galt zunächst von ihrem Christwerden vor einigen Jahren: »Im Geist habt ihr angefangen« (V. 3; vgl. 4,6), dann aber auch für ihre Gegenwart. Der Apostel bescheinigt ihnen gültige charismatische Erfahrungen: »Der euch den Geist (immer wieder) gewährt und wirkt Machterweise unter euch …« (V.5). Dennoch klaffte bei ihnen ein pneumatisches Defizit. Wirklich die ganze Reichweite geistlicher Segnungen hatte sich ihnen noch nicht aufgetan. Diese besteht eben nicht allein in pneumatischen Anfangspunkten, Wendepunkten und Höhepunkten, vielmehr soll aus dem Punktuellen eine kontinuierliche Wanderschaft »im Geist« werden, durch alle Windungen und Täler des Alltags hindurch. Das ist die neue Lektion in diesem Nachhilfeunterricht für Pneumatiker (elfmal in diesem Kapitel »Geist«!): Der Geist als Mitwanderer, der unser Tun qualifiziert, oder: der Geist als Ethiker.
Das Leben besteht nur zum kleinsten Teil aus christlichen Versammlungen, auf die sich die bekannten Charismen-Listen zum größten Teil beziehen. Es überwiegen doch die Strecken dazwischen. Dort begegnet der Ernst des Lebens in seinen Höhen und Tiefen. Für dieses Dazwischen besitzen wir die sog. Peristasenlisten des Paulus (griechisch: peristaseis, Umstände). In geraffter Form listen sie ungeschminkt seine alltäglichen Lebensumstände auf, ohne Auslassung seiner Ohnmachtserfahrungen. Hier weitet sich das klassische Feld der Ethik, und Paulus kann die pneumatische Bewältigung seines Alltags bezeugen: »Wir haben nämlich denselben Geist des Glaubens« (2Kor 4,13), oder: »Wir erweisen uns als Diener Gottes … im heiligen Geist« (2Kor 6,4–6), oder: »Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus«; er ermächtigt, »dynamisiert« mich durch seinen Geist, mit meinem Leben gottgewollt fertigzuwerden (griechisch: endynamoun, Phil 4,13). Hier ist auch Röm 8,4 zu nennen: »Unter uns, die wir nach dem Geist wandeln, wird die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt.«
Für dieses »wandeln im Geist« findet sich 6,8 das Bild vom »säen auf den Geist«. Dort wie hier spricht Paulus diesem pneumatischen Alltag eine uneingeschränkte Verheißung zu. Hier lautet sie: Ihr werdet das Begehren des Fleisches nicht ausführen, nach BDR § 365 die bestimmteste Form der verneinenden Aussage. Das fleischliche Begehren wird als ständiger Begleitumstand vorausgesetzt (vgl. V. 17). Es pocht an, findet aber keinen Eingang. Es kann nicht einströmen, weil der Hohlraum dazu fehlt. Das Wachsen der Geistesfrucht, der Dienst für den Nächsten besetzt alles (V. 22–23). Der Glaubende, für sich gesehen, ist nicht eigentlich stark, sondern eben besetzt. Er ist kein ethisches Muskelpaket, sondern die Stärke liegt beim Geist, denn der Geist ist der Herr. »Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit«, »die Sünde wird nicht herrschen können über euch« (2Kor 3,17; Röm 6,14).
Was braucht es denn zum richtigen Christenstand? 5,16: Ich sage aber: Durch den Geist wandelt, und ihr werdet die Begierde des Fleisches nicht vollbringen. Im Glauben an Jesus ist Geist in uns lebendig geworden. Gottes Geist faßt unser inwendiges Leben und bringt unserem Denken die Erleuchtung, unserem Willen die Erweckung. Geh nun! Geh dahin, sagt Paulus, wohin der Geist dich leitet. Bleibe nicht unbeweglich liegen, obwohl du inwendig siehst, was recht und gut ist, im Licht des Geistes und der Trieb des Herzens sich danach streckt, vom Geist bewegt. Bewege dich nun, wie der Geist dich bewegt; wolle nun, weil und wie der Geist in dir das Wollen schafft. Den Geist haben, das macht es noch nicht, sondern der Leitung des Geistes willfährig sein und den reinen Trieben des Glaubens und der Liebe Folge geben, das ist die Lösung unserer Christenaufgabe. Das ist das Große am Schluß des apostolischen Evangeliums und sein Unterschied von der Gesetzespredigt, daß der Apostel uns ein Heiliges und Göttliches, das uns inwendig nahe und uns selbst verliehen ist, zeigen kann, von dem wir uns leiten lassen dürfen in der gewissen Zuversicht, daß es uns sicher auf den Weg Gottes führt.
Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament
Sobald wir gehen, wie der Geist uns lenkt, sind wir vor uns selber gesichert. Die naturhafte Einrichtung unseres Wesens bleibt dieselbe, wie sie von unserer Geburt her an uns ist, und aus ihr entstehen mancherlei Begehrungen. Wir können ihre Wurzel nicht abschneiden; denn sie hängen unlöslich zusammen mit unserer Naturgestalt. Wir können nicht reich an Ehren werden, ohne daß uns die Überhebung nahetritt, nicht Unrecht leiden, ohne daß der bittere Zorn sich regt usw. Und dennoch sind wir gegen unsere eigene Begierde geschützt und von ihr frei gemacht. Denn durch den Geist läuft unser Trachten in einer anderen Bahn als in der des Fleisches. Da findet dessen Begierde nicht mehr bei uns Aufnahme, so daß wir in ihren Dienst treten und ihr zur Vollendung helfen. Sie fällt unfertig dahin, beiseite geschoben durch den Trieb des Geistes.
Paulus liefert den Galatern die Lösung für die internen Streitigkeiten aufgrund der gesetzlichen Einflüsse: Ein Wandel, der durch den Geist bestimmt ist. Die im Vers davor genannten Dinge erscheinen hier als Begierde des Fleisches. Diese würde in einem geistgeleiteten Wandel gar nicht erst vollbracht werden.
P. Streitenberger – Der Galaterbrief
Paulus legt den Galatern dar, daß sie den Heiligen Geist ihr Leben beherrschen lassen müssen, wenn sie wahre Freiheit und die Kraft der Liebe erleben und von gegenseitiger Selbstzerfleischung bewahrt werden wollen. Das ist der einzige Weg, um die Lust des Fleisches in Schranken zu halten. Der Empfang des Heiligen Geistes bei der Bekehrung ist noch keine Garantie für ein siegreiches Leben. Das wird uns nur dann gewährt, wenn wir Ihn uneingeschränkt regieren lassen. Das geschieht nicht durch eine noch so tiefgreifende Erfahrung, sondern einzig und allein durch täglichen willigen Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber. (Man kann im Christenleben den Geist nicht vom Wort trennen.) Man beachte, daß hier der Geist und das Fleisch einander entgegengesetzt sind, während es in Vers 18 der Geist und das Gesetz sind. Die Lust und Begierde des Fleisches haften uns immer an, und wenn wir nicht wollen, daß sie unser Leben beherrschen, müssen wir uns entschließen, tapfer und unnachgiebig in der Kraft des Heiligen Geistes zu wandeln. Hier wird deutlich vom Kampf zwischen dem Geist und dem Fleisch, zwischen der neuen und der alten, sündigen Natur des Gläubigen gesprochen. Der nächste Vers zeigt, daß dieser Kampf ein andauernder ist. Hier aber (im Vers 16) lesen wir auch, daß die Kraft des Heiligen Geistes uns befähigt, nicht unserem alten Ich, sondern dem neuen Ich zu leben.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
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