Er hatte ein tatsächliches Alter und ein scheinbares Alter.

und spricht zu ihm: Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor, und wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.
Elberfelder 1871 – Johannes 2,10

und sagte zu ihm: »Jeder andere bietet seinen Gästen zuerst den besseren Wein an, und wenn sie dann reichlich getrunken haben, den weniger guten. Du aber hast den besseren Wein bis zum Schluss zurückbehalten!«
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Johannes 2:10

Er sagte zu ihm: »Normalerweise ist es so, dass man den guten Wein zuerst serviert. Und wenn die Leute dann etwas angetrunken sind, dann kann man den nicht ganz so guten Wein auftischen. Du aber hast es genau umgekehrt gemacht. Du hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt!«
Roland Werner – Das Buch – 2009 – Joh 2,10

»Eigentlich schenkt ein Gastgeber den besseren Wein zuerst aus«, sagte er. »Später, wenn alle betrunken sind und es ihnen nichts mehr ausmacht, holt er den weniger guten. Du dagegen hast den besten Wein bis jetzt zurückbehalten!«
Neues Leben – Bibel 2006 – Joh 2:10

πᾶς ἄνθρωπος ein jeder (B ἄνθρωπος 3aζ), jedermann. τίθημι hier vorsetzen (B I1bβ). μεθυσθῶσιν Aor. Konj. Pass. μεθύσκω (vgl. A33159) betrunken machen; Pass. sich betrinken. ἐλάσσων11 ον (Komp. zu μικρός) geringer (hier: an Wert); ἐλάσσω = ἐλάσσονα (A11). τε-τήρηκας Pf. τηρέω hier zurückhalten, aufheben. ἄρτι jetzt; ἕως ἄρτι bis jetzt, bis zu diesem Augenblick (B 3).

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Der Speisemeister lenkt unsere Aufmerksamkeit darauf, dass der Herr Jesus ganz anders handelt, als Menschen es gewöhnlich tun. Normalerweise war es bei einer Hochzeit üblich, den besten Wein dann zu servieren, wenn die Leute noch am besten sein Aroma wahrnehmen und genießen konnten. Nachdem sie viel gegessen und getrunken hatten, würden sie auf die Qualität des Weins nicht mehr so achtgeben. Aber auf dieser Hochzeit wurde der beste Wein zum Schluss gereicht. Das hat für uns eine geistliche Bedeutung. Die Welt bietet uns normalerweise das Beste zuerst an. Junge Leute werden durch ihre besten Angebote verlockt. Wenn sie dann ihr Leben bei leeren Vergnügungen verschwendet haben, hat die Welt im Alter nichts anderes mehr als den bitteren Bodensatz zu bieten. Das christliche Leben verläuft genau umgekehrt. Es wird immer besser. Christus hebt uns den besten Wein bis zum Schluss auf; auf das Fasten folgt ein Fest.
Dieser Schriftabschnitt kann sehr direkt auf das Volk Israel angewendet werden. Zu dieser Zeit gab es im Judentum keine wahre Freude. Die Angehörigen des Volkes unterzogen sich einer ermüdenden Reihe von Riten und Zeremonien, aber ihr Leben war geschmacklos. Sie kannten die göttliche Freude nicht. Der Herr Jesus wollte sie lehren, an ihn zu glauben. Er wollte ihr tristes Leben zur Fülle der Freude führen. Das Wasser der jüdischen Riten und Zeremonien konnte in den Wein der Freude als Realität in Christus verwandelt werden.

MacDonald – Kommentar zum Neuen Testament

Die Diener waren nicht umsonst folgsam. Sie dürfen die ersten Zeugen des Wunders sein. Der Festordner dagegen weiß nicht, woher dieser Wein ist. Er „ruft den Bräutigam und sagt zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein, und wenn sie trunken sind, den geringeren. Du hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.“ Er wird mit diesem Wort der unfreiwillige Zeuge der reichen Gabe Jesu. Jesus erfüllt, was Ps 36, 8f von Gott und seinem Hause ausspricht, und erweist sich eben darin als der Sohn dieses Hauses und als der Offenbarer dieses Gottes.
Wir beobachten etwas von der Eigenart der Darstellung bei Johannes. Wie in Kapitel 1, 11f läßt Johannes auch hier einer scheinbar abgeschlossenen Aussage sofort das Gegenteil folgen. Die Stunde Jesu ist „noch nicht gekommen“, und kommt doch im gleichen Augenblick. Solche „Widersprüche“ in ein und demselben Geschehen kennzeichnen das „Leben“ im Gegensatz zur starren Mechanik. Es ist weiter auffallend, wieviel Johannes in seinem Erzählen nur eben andeutet oder völlig übergeht, während er anderes mit großer Genauigkeit festhält. Ob nicht die Diener sofort begeistert von dem Wunder erzählt haben, was die Hochzeitsgesellschaft dazu gesagt hat, wie vor allem Maria diese alles Erwarten übertreffende Erhörung ihrer Bitte erlebt hat, von alledem erfahren wir nichts. Ist das nicht wieder ein Zeichen der Echtheit? Würde eine frei erfundene Wundergeschichte nicht sehr anders aussehen?

Wuppertaler Studienbibel

Miriam wies die Diener an, alles zu tun, was er verlangte: Es waren aber sechs steinerne Wasserkrüge da, die nach der jüdischen Art der Reinigung aufgestellt waren und je zwei oder drei Fässer enthielten (Joh 2,6). Jeder dieser Töpfe konnte etwa zwanzig Gallonen Flüssigkeit fassen,[ 44 ] und sie enthielten gewöhnlich Wasser, das zu Reinigungszwecken verwendet wurde, wie zum Beispiel zum Waschen der Hände vor dem Essen.[ 45 ] Jeschua wies die Diener an, alle diese großen Töpfe mit Wasser zu füllen. Als sie jedoch wieder aus ihnen schütteten, war das, was herauskam, nicht Wasser, sondern Wein; tatsächlich war es hochwertiger Wein, was die Prozedur dieses Tages umkehrte. Da das Hochzeitsfest sieben Tage dauerte, schenkte der Gastgeber gewöhnlich zu Beginn den guten Wein aus. Dann, nachdem die Leute etwas Wein getrunken hatten und ihre Geschmacksnerven abgestumpft waren, wurde der minderwertige Wein serviert. Der Wein, den Jeschua machte, war von höherer Qualität als der, der zu Beginn des Festes serviert wurde. In der hebräischen Bibel war Wein das Symbol der Freude (Psalm 104:15), und der Psalmist lobte Gott dafür, dass er Wein macht, der das Herz des Menschen erfreut.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Der Speisemeister »wusste nicht, woher er war, die Diener aber … wussten es«: Diese Feststellung erklärt die nachfolgenden Worte des Speisemeisters, der nur sah, was die Befehle des Herrn bewirkt hatten, die Befehle jedoch nicht gehört und die Handlungen der Diener nicht bemerkt hatte. Er meinte, der Wein habe die ganze Zeit bereitgestanden und der Bräutigam habe ihn erst jetzt servieren lassen. Darüber hinaus drücken diese Worte eine Grundwahrheit aus: Wer gehorcht und dient, bekommt Einblick in den Willen und die Werke des Herrn; wer nicht dient, mag die Ergebnisse kosten, aber mehr nicht. Gott tat Mose seine Wege kund, das Volk Israel sah nur seine Taten (Ps 103,7). Darum »ruft der Speisemeister den Bräutigam«, nicht Jesus.
»Jeder Mensch«: Mit diesem Zeichen zeigt der Herr erstens, dass er ganz anders handelt als die Menschen. Jesus ist Gott; seine Werke, und vor allem das Heil, das er wirkt, sind göttlich, und darum muss alles, was mit dem Heil zusammenhängt, etwas ganz anderes sein, als was Menschen planen, begehren und tun; denn »nicht ein Mensch ist Gott« (4Mo 23,19). Bei Menschen ist es immer so, dass man sich allen von der besten Seite zeigen will, also tischt man das Beste auf, um entsprechenden Eindruck zu machen. Wenn die Leute nicht mehr beachten, was ihnen in die Becher gefüllt wird, kann man den billigen Wein hervorholen. Beim Herrn ist es umgekehrt. Er will nicht Eindruck machen (vgl. Jes 53,3), sondern den Menschen ins Licht stellen und dazu sein eigenes Wesen offenbaren (V. 11), auch wenn das dem Menschen gar nicht gefällt. Damit will er ihm aber Wohltaten erweisen, die er nie erwartet und erst recht nicht geahnt hätte.
Für »betrunken« steht hier das Verb methyō, das im Neuen Testament stets für Trunkenheit verwendet wird (Mt 24,49; Apg 2,15; 1Kor 11,21; 1Thes 5,7; Offb 17,2.6). Daraus sollten wir nicht folgern, dass die Hochzeitsgesellschaft betrunken war; der Speisemeister sagt lediglich, was Gastgeber normalerweise tun.
»du hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt«: Der zweite Wein war besser als der erste; das entspricht einem heilsgeschichtlichen Muster: Die zweite Schöpfung, die Erlösung, ist besser als die erste Schöpfung. Der zweite Mensch ist herrlicher als der erste (1Kor 15,47). Der zweite, der Gnadenbund, ist besser als der Gesetzesbund (Hebr 8,6). So wird auch das himmlische Paradies (Offb 2,7) herrlicher sein als das irdische, aus dem Adam vertrieben wurde. Darum kommt für den Gläubigen das Beste ganz am Ende seines Weges.

Benedikt Peters _ Kommentar zum Johannes-Evangelium

Der Speisemeister dachte, der Bräutigam habe zusätzlichen Wein besorgt, da er nichts von der Macht des Herrn wußte, die sich unter den Gästen manifestierte. So ist es auch heute: Die Menschen können alles Mögliche in der sie umgebenden Natur sehen, aber der Herr wird ignoriert. Menschen spotten, weil sie denken, die seit der Schöpfung bestehende Kontinuität mache jeden Glauben an Gott unnötig (2 Petrus 3,3-5). Petrus wußte, daß die Bewohner Jerusalems meinten, er selbst habe die Macht zu heilen, da sie sich weigerten zu glauben, das Wunder sei ein Werk von „Jesus Christus von Nazareth“ gewesen (Apg 3,12). Wie anders sind die Worte des Psalmisten: „Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast“ (Ps 8,3). Er ignorierte nicht die Realität von Gottes Macht.
 Zudem stellte der Speisemeister fest, daß das Servieren des neuen Weines die üblichen Sitten der Leute umkehrte. Der bessere Wein wurde bis zum Schluß aufgespart, nachdem die Gäste „trunken geworden“ waren vom minderen Wein. Dem Gläubigen ist das nicht überraschend, da er weiß, daß die Gaben Gottes stets die Gaben des Menschen übertreffen. Menschen versuchen gut zu starten, und dann degenerieren sie durch ihren Mangel an sittlicher und geistlicher Kraft. Gott nimmt Menschen auf, wenn sie auf dem Tiefstpunkt sind, und erhöht sie zu den höchsten Höhen. Wir denken an Aaron, der in die Tiefen der Sünde versank, als er dem Volk den Weg zum Götzendienst wies, und doch wurde er von Gott auf die Höhen des israelitischen Priestertums erhöht. Doch sind die Menschen meist nicht bereit, den Wert einer Sache einzuschätzen, die der Herr bereitet hat; sie sagen meist: „Der alte ist besser“ (Lk 5,39).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Der Wein, der für die Hochzeitsfeierlichkeiten in Kana bereitgestellt wurde, versagte. Eine Wolke drohte sich über die Freude des eigentlich festlichen Anlasses zu legen. Jesus kam zur Rettung. Er sorgte für Wein, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Wein, den er machte, berauschend war. Es war frisch gemachter Wein. Neu hergestellter Wein ist niemals berauschend. Er ist erst dann berauschend, wenn der Gärungsprozess eingesetzt hat. Gärung ist ein Prozess des Verfalls. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass unser Herr Alkohol herstellte, der ein Produkt des Verfalls oder des Todes ist. Er erzeugte einen lebendigen Wein, der nicht durch Gärung verunreinigt war. Es ist wahr, dass es ein besserer Wein war als der, den sie zuvor getrunken hatten, aber das beweist nicht einen Augenblick lang, dass er stärker vergoren war als der, den sie zuvor getrunken hatten. Der Autor dieses Buches ist ein strikter Abstinenzler. Er hält nichts von der Einnahme alkoholischer Stimulanzien, auch nicht im Krankheitsfall, außer in den extremsten Fällen, und selbst dann nur mit größter Vorsicht. Aber er hat nicht die geringsten Einwände und glaubt nicht, dass ein vernünftiger Mensch auch nur die geringsten Einwände dagegen haben kann, wenn jemand neuen Wein, d.h. frischen Traubensaft, trinkt. Es ist ein gesundes Getränk. Selbst wenn einige der Gäste bereits betrunken waren oder reichlich (vgl. v. 10R.V.) von berauschendem Wein getrunken hatten, wäre es nicht schädlich, sondern gut, das berauschende Getränk, das sie zu sich genommen hatten, durch einen nicht berauschenden Wein zu ersetzen. Unser Herr hat, zumindest in dieser Geschichte, niemandem ein berauschendes Getränk zubereitet, sondern lediglich einen festlichen Anlass vor einer Katastrophe bewahrt, indem er ein reines, gesundes, nicht berauschendes Getränk bereitstellte. Indem er das Wasser in einen gesunden Wein verwandelte, zeigte er seine schöpferische Kraft und manifestierte seine Herrlichkeit.

R. A. Torrey – Schwierigkeiten in der Bibel – Angebliche Irrtümer und Widersprüche

andere Meinung zu selber Frage:

Bei solchen Anlässen war es üblich, dass zu Beginn der Feier der teuerste und beste Wein ausgeschenkt wurde, und wenn sich alle satt gegessen hatten, wurde die weniger teure und gewöhnliche Auswahl an Getränken gereicht. Wie der Ehrengast des Festes feststellte, war die Qualität des Weins, der am Ende der Hochzeitsfeierlichkeiten serviert wurde, jedoch außergewöhnlich, was bedeutet, dass er gealtert war.
Bei der Herstellung von Wein durchläuft der Saft nach dem Ende der Gärung in der Traube einen mehrmonatigen oder jahrelangen Reifeprozess, bevor er als hochwertig gilt. Jesus jedoch vollzog diese Verwandlung in einem Augenblick. Der Wein, der nur wenige Minuten alt war, hatte den „Geschmack“ des Alters. Er hatte ein tatsächliches Alter (neu) und ein scheinbares Alter (alt).

Dennis Gordon Lindsay – Die Geburt der ebenen Erde und das Alter des Universums