Schlagwort: Jesus

»Dann sorge dafür, dass meine Schafe Nahrung finden!«

Wiederum spricht er zum zweiten Male zu ihm: Simon, Sohn Jonas’, liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe.
Elberfelder 1871 – Johannes 21,16

Sagt er wiederum zum zweitenmale zu ihm: Simon Johannes‘, hast du mich lieb? Er sagt zu ihm: ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Sagt er zu ihm: leite meine Schäfchen.
Kautsch/Weizsäcker – Johannes 21:16

Dann fragte er ihn ein zweites Mal:
»Simon, Sohn des Johannes,
liebst du mich?«
Petrus antwortete:
»Ja, Herr,
du weißt,
dass ich dich lieb habe!«
Da sagte Jesus zu ihm:
»Führe meine Schafe zur Weide!«
BasisBibel – Joh 21,16

Wiederum sagt er ein zweites Mal zu ihm: „Schimon, Sohn von Johannes, gilt mir deine Hingabe?“ Er sagt ihm: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebhabe.“ Er fordert ihn auf: „Sei du Hirte meiner Schafe!“
Gottes Agenda – Joh 21:16

Dann fragte er noch einmal: »Simon, Sohn von Johannes, hast du mich lieb?« Der antwortete: »Ja, Herr, du weißt doch, dass ich dein Freund bin!« Da sagte Jesus: »Dann sorge dafür, dass meine Schafe Nahrung finden!«
Roland Werner – Das Buch – Johannes 21,16

In der Nacht der Gefangennahme Jesu hatte Petrus ihn neben einem Feuer stehend verleugnet (Joh 18,17.25.27). An einem anderen Feuer wurde er nun öffentlich rehabilitiert.
Jesus nannte ihn, wie bei ihrer ersten Begegnung (Joh 1,42), Simon, Sohn des Johannes, und fragte ihn: Hast du mich lieber, als mich diese haben? Wen meinte er wohl mit „diese“? Angesichts Petrus‘ stolzer Aussage, daß er niemals von ihm abfallen werde, ganz gleich, was die anderen taten (Mt 26,33.35; Lk 22,33; Joh 13,37), sprach er wohl von den Jüngern. Jesu dreiteilige Frage und der dreiteilige apostolische Auftrag bilden das Gegenstück zu Petrus‘ dreifacher Verleugnung. Dreimal hatte Petrus behauptet, daß er den Herrn nicht kenne (Joh 18,17.25.27); jetzt bestätigte er dreimal, daß er ihn liebe (Joh 21,15-17). Ganz gleich, wie groß der Glaube eines Menschen ist, er kann wankend werden (vgl. 1Kor 10,12). Doch Gottes Gnade und Vergebung werden den Reuigen wiederherstellen. Diese Verheißung der Gnade war sehr wichtig, denn schon bald würde die Kirche unter Verfolgungen leiden, die sogar die Leiter der Gemeinden in ihrer Treue erschütterte.
Dreimal gab Jesus Petrus den Auftrag, für seine Herde zu sorgen: Weide meine Lämmer (V. 15), weide meine Schafe (V. 16.17). Die römisch-katholische Kirche leitet daraus einen Führungsanspruch des Petrus ab, doch im Text selbst deutet nichts darauf hin (vgl. 1 Petrus 5,2). In seiner dreimaligen Frage, ob Petrus ihn liebe (agapas, agapas und phileis), und seinem anschließenden dreifachen Gebot (boske, „hüten“; poimaine, „weiden“; boske) benutzte Jesus mehrere synonyme Wörter. Da nicht mehr erkennbar ist, ob Johannes damit jeweils etwas Unterschiedliches meinte, sehen die meisten Forscher darin lediglich stilistische Variationen.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Der Vorgang beim »zweiten Mal« läuft fast genauso ab wie beim ersten Mal (V. 15). Warum, werden wir bei V. 17 noch sehen. Wir beschränken uns hier auf die Besonderheiten gegenüber V. 15.
Die Frage Jesu lautet jetzt einfacher: »Liebst du mich?« Nicht mehr: »Liebst du mich mehr als diese?« Jesus verzichtet also auf das »mehr« – vielleicht, weil es zum Hochmut führen könnte.
Interessant ist, daß Jesus wieder zu dem »lieben« (agapan) zurückkehrt, das die Liebe zu Gott ausdrückt (vgl. auch Mt 22,37f.). Petrus hatte vom »liebhaben« (philein) gesprochen. Offenbar bevorzugt Jesus das agapan, obwohl er auch dem philein zustimmt. Hätte Jesus jenes »liebhaben« (philein) abgelehnt, dann hätte er auch die Vergebung und die Beauftragung nicht ausgesprochen.
Die Antwort des Petrus bleibt wörtlich dieselbe wie in V. 15.
Daraufhin gibt Jesus zum zweiten Mal den Auftrag: »Weide meine Schafe!« Hier tauchen aber im Urtext zwei neue Worte auf. Für »weiden« steht jetzt ein Wort, das mehr die Herrschaft bezeichnet. Will Jesus beim zweiten Mal also eher die Leitungsaufgabe betonen, nachdem er zuerst die Fürsorge betont hatte? Beide gehören allerdings im Gesamtbild des Hirten zusammen.
Statt der »Lämmer« (V. 15) ist hier von »Schafen« die Rede. Die Verbindung mit der Hirtenrede in Joh 10,1ff. wird dadurch enger. Und noch etwas ist bemerkenswert: Wie die Würde des Petrus durch den Wechsel vom einen »weiden« zum anderen »weiden« betont wird, so wird auch die Würde der Gemeinde durch den Wechsel von den »Lämmern« zu den »Schafen« betont. Beider Würde steigt in gleichem Maße.
….

Menschen suchen möglichst günstige Voraussetzungen für einen Neuanfang zu schaffen – Viele sehen sogar im Neubeginn nur eine Fortsetzung des Alten – Bei Jesus völlig anders! Hier ist ein Neubeginn nur möglich, wenn die alte Selbstgerechtigkeit total zerbrochen wird – Jesus geht mit Petrus ein Stück von den anderen weg – Er fragt nach seiner Liebe – Er setzt am zentralen Punkt an – Das ist Seelsorge, die nicht mit dem Hammer zuschlägt – Das ist aber auch Seelsorge, die nicht über Sünde hinwegsieht – Eine wunderbare Art der Vergebung: Vergebung, indem Jesus den Auftrag schenkt! – Schon die Anrede in Parallele mit 1,42 macht klar, daß Jesus hier einen Neuanfang beabsichtigt – Dreimal muß Petrus die Frage nach seiner Jesusliebe aushalten – Dreimal hat er verleugnet – Dreimal wird er mit dem Hirten- und Leitungsamt beauftragt – Er hat Jesus »mehr« lieb, weil er ihn mehr braucht als die anderen – Doch beim dritten Mal heißt es: »Petrus wurde traurig« (V. 17) – Damit ist seine Selbstgerechtigkeit völlig zerbrochen.

Gerhard Maier – Edition C

»Simon, Sohn Jonas, liebst du mich?«: Die erste Frage hatte Petrus genötigt, sich zu fragen, ob er den Herrn mehr liebe als die anderen. Er hatte erkannt, dass das nicht der Fall war. Jetzt aber fragt der Herr, ob er ihn überhaupt liebe. Der Herr lässt das Licht noch tiefer in Petrus’ Inneres dringen. Er muss sich fragen, ob er den Herrn wirklich liebe. Eine heilsame Frage! Und Petrus kann nur gleich antworten wie auf die erste Frage. Er stellt sich erneut unter das Urteil seines allwissenden Herrn; und wieder wird ihm indirekt bestätigt, dass er den Herrn trotz allem liebt: »Hüte meine Schafe!« Hier steht das Verb poimainō (wie in Mt 2,6; Apg 20,28; Offb 2,27), nicht das in V. 15 und V. 17 für »weiden« verwendete boskō (wie in Mt 8,33; Lk 15,15). In 1Petr 5,2 verwendet Petrus ebenfalls das Verb poimainō, wenn er seinen Mitältesten aufträgt: »Hütet die Herde Gottes …« Er gibt damit den Befehl weiter, den er selbst vom Herrn empfangen hatte, und das konnte er nur, weil er selber der Weisung des Herrn seit diesem Tag bis an sein Lebensende gehorsam gewesen war. Mit diesem Gehorsam bewies er, dass er den Herrn liebte (siehe 14,15.21).

Benedikt Peters – Kommentar zum Johannes-Evangelium

Das Gespräch fand statt „als sie […] gefrühstückt hatten“. Die leiblichen Bedürfnisse wurden zuerst gestillt, bevor man sich ohne Ablenkung der tief geistlichen Seite zuwenden konnte. So wurden ebenfalls die 5000 gespeist, bevor die geistliche Lektion erteilt wurde (Joh 6,5.26). Wiederum hatte man das Abendmahl eben beendet, als der Herr im Obersaal Seine Abschiedsreden anfing (13,2).
 Die V.15-17 scheinen die Wiederherstellung des Apostels Petrus darzustellen. Einzig Johannes hat diese Unterredung mit dem Herrn aufgezeichnet (der V.20 läßt annehmen, daß der Apostel, den Jesus liebte, Zeuge des Gesprächs war). Wie der Gedanke fortschreitet, indem der Herr mit Petrus spricht, kann aus der Tafel entnommenen Unterscheidungen ersehen werden.

Liebe. Zweimal verwendete der Herr das angemessene Wort für die Antwort der Liebe von einem Jünger. Petrus verwendete in seinen Antworten zweimal ein anderes Wort, das den Erwartungen des Herrn nicht genügte. Der Herr verstand die Schwierigkeit des Petrus, so daß er in der dritten Frage den Maßstab etwas senkte und das gleiche Wort wie Petrus verwendete. Petrus wußte, warum der Herr das getan hatte, weshalb er „traurig“ wurde, daß der Herr die Frage geändert hatte, um Petrus entgegenzukommen, und daß er der Erwartung des Herrn nur aufgrund dieser veränderten Frage genügen konnte. Der entscheidende Unterschied zwischen dem vom Herrn zweimal verwendeten agapao und dem einmal verwendeten phileo, welches Petrus dreimal gebrauchte, kann nur entschieden werden, indem man umfangreiche Wörterbücher konsultiert. agapao wird im Johannesevangelium viel häufiger verwendet als phileo. Eine bemerkenswerte Tatsache ist die, daß im Ausdruck „der Jünger, den Jesus liebte“ immer agapao steht, außer in 20,2, wo phileo gebraucht wird. In seinem Dictionary sagt Vine, daß die beiden Verben „nie wahllos gebraucht werden im gleichen Abschnitt“. Godet hat den Unterschied auf den Punkt gebracht: „Mit einer durch die Erinnerung an seinen Fall inspirierten Demut läßt Petrus in seiner Antwort zuerst die letzten Worte ´mehr als diese‘ fallen; dann ersetzt er den Begriff agapan – lieben im Sinne von Verehrung, von vollständiger, tiefer, ewiger Liebe – durch das Wort philein, lieben im Sinne von Freundschaft pflegen, jemandem persönlich verbunden sein, ergebene Zuneigung haben.“ Eines ist tief geistlich, das andere berührt dem Zusammenhang gemäß mehr die Emotionen. In der ersten Frage des Herrn befand sich der Vergleich „mehr als diese“. Liebte Petrus den Herrn mehr als die anderen Jünger Ihn liebten? Denn Petrus war von sich eingenommen gewesen, als er selbstsicher und auf die anderen herabschauend gesagt hatte: „Wenn sich alle an dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern“ (Mt 26,33). Offensichtlich lernte Petrus die Lektion, denn später schrieb er: „Welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebet ( agapao)“ (1 Petrus 1,8).
 2. weiden; hüten
. Den beiden deutschen Wörtern (nach Elberf) in den V.15.16.17 entsprechen auch im Griechischen zwei Wörter. In der Antwort auf die erste und letzte Antwort des Petrus verwendet der Herr das Wort bosko, („weiden“) was so viel wie für Nahrung sorgen bedeutet, wie Er getan hatte, als Er den Jüngern Brot und Fisch bereitgestellt hatte. Natürlich ist damit geistliche Nahrung gemeint (alle übrigen Stellen im NT verwenden das Wort im Sinne biologischer Nahrung). Aber das nach der zweiten Antwort des Petrus verwendete Wort ist poimaino (dessen entsprechendes Hauptwort poimän, „Hirte“ im natürlichen wie im geistlichen Sinn ist). Das Wort bezieht sich auf das Werk des Hirten im Wachen und Hüten der Schafe. Im geistlichen Sinn kommt das Verb in Apg 20,28 vor: „die Herde Gottes zu weiden“, und in 1 Petrus 5,2: “ Weidet die Herde Gottes“ (Zürcher). Mit anderen Worten, dem Petrus wurden vom auferstandenen Herrn viele Aufgaben als Hirte übertragen. Das Wort kommt auch in Offb 2,27;12,5 und 19,15 vor, wo es jedesmal mit „weiden“ übersetzt wird und sich auf die Regierung des Herrn über die Nationen bezieht.
 3. Lämmlein, Schafe
. Das Wort arnion kommt im Johannesevangelium nur einmal vor, aber sehr oft in der Offenbarung: 28mal bezeichnet es das Lamm, einmal das zweite Tier, den falschen Propheten (13,11). Obwohl das Wort im Griechischen der Form nach ein Diminutiv ist, hatte es gemäß Vine diesen Sinn verloren (weshalb Rev.Elberf und Zürcher mit „Lämmer“ übersetzt). Auf den Herrn angewendet, können wir sagen, daß Sein Opfer bereits vollbracht ist; was die Gläubigen betrifft, so sollte Petrus sie als jung und der Fürsorge bedürftig ansehen. Aber das Wort „Schaf“ ( probaton) wird zweimal verwendet (und sehr oft in Kap. 10) und bezeichnet offenkundig die reiferen Gläubigen. (Es bedeutet wörtlich „das Voranschreitende“, B.P.) Alle müssen geweidet und gehütet werden, und dem wiederhergestellten Petrus wurde diese Verantwortung unter den Gemeinden übertragen. Zweifelsohne bezeichnet ersteres Wort sein Wirken in der Apostelgeschichte, während letzteres sich auf seinen späteren in den Briefen entfalteten Dienst bezieht. (Andere griechische Texte verwenden das Diminutiv probation, womit ausgedrückt wird, daß sie der Gegenstand zärtlicher Fürsorge durch den Herrn waren.)
 4. wissen; erkennen
. Es sind zwei verschiedene Wörter, die Petrus gebraucht. Ersteres ( oida) kommt im NT einige hundertmal vor und hat oft die Bedeutung von „sehen“. Letzteres ( ginosko) wird von Petrus hier nur einmal gebraucht, aber es kommt im NT sehr häufig vor. Ersteres enthält den Gedanken der Vollständigkeit: „Du weißt alles“, was sich auf die Allwissenheit Gottes anwenden läßt. Letzteres beinhaltet Wachstum und Wahrnehmung; Petrus bat den Herrn, daran zu denken, daß er während all der Jahre seines Dienstes in Gnade und Liebe gewachsen war, ungeachtet der zahlreichen Fälle von Schwachheit. Petrus wandte sich an die Erkenntnis des Herrn, die Er aus dem täglichen Beobachten seines Lebens, Dienstes und Zeugnisses gewonnen hatte.
 5. spricht; sprach
. Zwei Zeitformen werden in diesen Versen gebraucht, die in der AV, JND, Elberf, Rev.Elberf, Zürcher und Luther ebenso wiedergegeben werden. (Die Vergangenheit „sagte“ und „sprach“ kommt in V.17 zweimal vor.) Die häufige Verwendung der Gegenwart „er spricht“ (oder „sagt“), obwohl die Handlung streng genommen Vergangenheit war, ist für das neutestamentliche Griechisch charakteristisch. Die Grammatiker nennen das „historisches Präsens“, das verwendet wird, um einem Geschehen Unmittelbarkeit und Lebendigkeit zu vermitteln. Darum tun die Übersetzungen gut daran, das auch im Deutschen mögliche historische Präsens zu gebrauchen. So ist beispielsweise „des folgenden Tages sieht er Jesum zu sich kommen“ (29) unendlich lebendiger, als das blasse: „Am anderen Tag sah er, wie Jesus auf ihn zukam“ (NEB).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Petrus weinte

    Und Petrus gedachte des Wortes Jesu, der zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
    Elberfelder 1871 – Matthäus 26,75

    Und so erinnerte Petrus sich an den Ausspruch von Jesus, als er bereits kundgetan hat: »Bevor ein Hahn kräht, hast du mich dreimal verleugnet.» Und nachdem er nach draußen hinausgegangen war, weinte er bittere Tränen.
    Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Matthäus 26:75

    Da erinnerte sich Petrus an das, was Jesus gesagt hatte: »Bevor der Hahn seine Stimme hören lässt, wirst du schon dreimal bestritten haben, dass du mich kennst!« Und Petrus ging hinaus und weinte sehr.
    Roland Werner – Das Buch – Mt 26,75

    Der Hahn hat in gewissem Sinne die Weltgeschichte verändert: Und Petrus erinnerte sich an das Wort Jesu, wie er gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen (V. 75). Von der dreimaligen Verleugnung (τρὶς ἀπαρνήσῃ με [tris aparnēsē me]) war tatsächlich in Mt 26,34 wortwörtlich sowie in Mk 14,30; Lk 22,34 und Joh 13,38 die Rede. So genau erfüllt sich die Prophetie Jesu! Man vgl. mit unserem Vers die Rolle des זכר [zkr] (sich erinnern) im AT. Unter diesen Stellen steht Hes 6,9 Mt 26,75 parr. besonders nahe. Man wird aus jenem er erinnerte sich des Petrus auch unmittelbar den Schluss ziehen dürfen, dass jede Gemeinde darauf hinwirken muss, dass das Gedenken an das Wort Jesu jederzeit möglich bleibt. Jede Verunsicherung dieses Wortes hat Mt 26,75 gegen sich.
    Bei Petrus bleibt die Erinnerung nicht auf den intellektuellen Bereich beschränkt. Die Selbsterkenntnis erschüttert seine ganze Persönlichkeit: Und er ging hinaus und weinte bitterlich. Für er ging hinaus setzt Matthäus nur ein Partizip: ἐξελθών [exelthōn]. Wie unwichtig werden da die Umstände, unter denen er aus dem Palast hinausgelangt! Nicht einmal die Bewahrung vor weiteren Ausforschungen, die er vermutlich erlebte, wird hier erwähnt. Petrus entrann. Sein äußeres Leben war gerettet. Aber er stand vor der Erkenntnis, dass er seinen Herrn verleugnet, ja ihm abgeschworen hatte. Wie oft wird sich dies alles in der Geschichte der Christen wiederholen! Und doch liegt schon die Wende vor: er weinte bitterlich (ἔκλαυσεν πικρῶς [eklausen pikrōs], auch Lk 22,62). Die Formulierung erinnert an Jes 22,4: „Lasst mich bitterlich weinen. Dringt nicht darauf, mich zu trösten“ (vgl. Jes 33,7). Im Hintergrund seht also das hebr. מרר [mrr]. Man kann sagen, dass in jenem Augenblick die Selbstgerechtigkeit des Petrus zerbrach. Es sind Tränen der Reue, und zugleich Tränen, die nach der Hilfe des Herrn rufen (Ps 39,13).
    Man hat bei den Berichten aller vier Evangelien den Eindruck, dass Petrus selbst ihre Quelle ist. Man meint noch die Bewegung zu spüren, in der dies alles erzählt ist.

    Gerhard Maier – Historisch-Theologische Auslegung Neues Testament

    Während Jesus vor dem Hohen Rat stand, hatte auch Petrus eine Prüfung zu bestehen. Er war dem Herrn gefolgt, hatte sich Zutritt zum Haus des Hohenpriesters verschafft (Joh 18,15-16) und saß draußen im Hof (Mt 26,58), um den Ausgang des Prozesses abzuwarten. Dabei hätte er dreimal die Gelegenheit gehabt, für seinen Herrn einzustehen. Doch alle drei Male leugnete er, den Angeklagten auch nur zu kennen oder in irgendeiner Weise mit ihm in Verbindung zu stehen. Das erste Mal verleugnete er ihn, als eine Magd vor den anderen sagte, daß er zu den Leuten gehöre, die mit Jesus zusammengewesen seien (V. 69). In der Torhalle dann deutete eine andere direkt auf ihn und sagte ebenfalls, daß er zu Jesu Gefolgsleuten gehöre (V.71). Schließlich traten einige der Herumstehenden hinzu und beschuldigten Petrus, einer von denen zu sein, die mit Jesus gewesen waren, denn seine Sprache, sein galiläischer Akzent, verriet ihn (V.73). Bei der dritten Anklage fing Petrus an, sich zu verfluchen und zu schwören (V.74). Sich selbst zu verfluchen war ein üblicher Weg, seine Unschuld zu versichern; wenn die Unglücksfälle dann nicht eintraten, wurde man für unschuldig gehalten (vgl. Hi 31).
    Unmittelbar nachdem er den Herrn zum dritten Mal öffentlich verleugnet hatte, krähte der Hahn. Das rief ihm die Worte des Herrn in Erinnerung: „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“ (Mt 26,34). Petrus wußte sofort, daß er den Herrn im Stich gelassen hatte. Obwohl er ihm noch vor kurzem versichert hatte, daß er ihn nie verleugnen werde, hatte er genau das nun öffentlich und mehrmals getan. Voller Scham und Kummer verließ er den Hof und weinte bitterlich. Seine Tränen entsprangen echter Reue, daß er den, den er liebte, verraten hatte.

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Doch nun erleben wir auch verschiedene Mittel der göttlichen Bewahrung, die Petrus wieder auf den rechten Weg zurücklenkt. Das eine Mittel ist der Blick Jesu, von dem Lk 22,61 berichtet. Das andere ist der »Hahn«. Der krähende Hahn ruft das Wort Jesu aus Mt 26,34 in die Erinnerung des Petrus zurück. Wohl dem Menschen, der sich »des Wortes Jesu« erinnern kann! Worte des Herrn, und d. h. ganz praktisch: Worte der Bibel, die wir einmal gelernt haben, können lebensrettend und lebenswendend sein. In diesem Augenblick wird Petrus klar: Sein gedemütigter Herr, der scheinbar hilflos in den Fesseln hängt, angespuckt, geschlagen und gehöhnt, behält recht. Sein Wort ist ein ewiges Wort, ein »Wort des Lebens« (Joh 6,68). Und er kehrt zu seinem Herrn zurück. Aber das geschieht mit der bitteren Erfahrung des Verrats, der Unwürdigkeit. Klassischer hat man nirgendwo in der Welt formuliert, was Erkenntnis der Sünde bedeutet: »Und er ging hinaus und weinte bitterlich.« Auch von Judas heißt es: »er ging hinaus« (Joh 13,30). Aber in die Nacht weiterer Sünde! Petrus dagegen ging hinaus, nicht um seine Sünde fortzusetzen, sondern um sich von ihr zu trennen. Mit seinem bitterlichen Weinen ist Petrus weiter gekommen als mit seiner großspurigen Versicherung, Jesus niemals zu verleugnen (vgl. Mt 26,35 sowie Ps 51,19; 1 Joh 3,20).

    Dass alle vier Evangelisten den bitteren Verrat des größten menschlichen Führers der Gemeinde berichten, gibt zu denken. Ein solches Urchristentum hatte keinen Platz für Personen oder Heiligenkult. Dieses Christentum zeigte weg von allen Menschen und lehrte uns »aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens« (Hebr 12,2) allein.

    Gerhard Maier – Edition C

    Der Hahn kündigte das Morgengrauen des letzten Tages des Herrn auf der Erde an. Es war Nacht gewesen, als der Herr Petrus angekündigt hatte, er werde Ihn innerhalb weniger Stunden verleugnen. In Mk 14,68 lesen wir, daß der Hahn bereits nach der ersten Verleugnung krähte, als hätte er Petrus zur Besinnung rufen wollen. Er gedachte aber erst am Ende der dritten Verleugnung der Worte des Herrn. Der Herr hatte Petrus, der ihm Hof saß, angeblickt. Während Seine Augen an anderer Stelle wie eine Feuerflamme sind, blickten sie hier den armen, gestrauchelten Jünger mit Liebe und Mitgefühlt an.
     Petrus weinte Tränen der Buße, was die drei Synoptiker alle überliefert haben, und er mußte sich aus der Gegenwart des Herrn wegbegeben. Seine Buße aber wurde vom Herrn in Seiner dreimal wiederholten Frage: »Liebst du mich?« (Joh 21,15-17) bestätigt. Petrus gewann wiederum völlige Freimütigkeit, da der Herr ihn wiederhergestellt und in seinem Glauben und Dienst bekräftigt hatte (Apg 4,29.31), wenn er auch später wiederum strauchelte (Gal 2,12). Am Ende seines Lebens wurde er um seines Meisters willen gekreuzigt (Joh 21,18). Nach seinen Erfahrungen von Straucheln und wieder Aufgerichtetwerden konnte er später schreiben: »auf daß die Bewährung eures Glaubens…erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre« (1 Petrus 1,7).

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Wieder einmal „lustig“ wenn eine „bibelerklärende Zeitschrift“ erzählt, dass Jesus dem Petrus erst in Johannes 21:15-17 erscheint, und dem Petrus dann erst die Möglichkeit gibt, sich „auszusprechen“! Schön, dass da selbst die KI schlauer ist:

    GENAU! Das „klärende Gespräch“ zwischen Petrus und Jesus findet direkt nach Jesu Auferstehung statt!!! – und wird, wie die KI richtig meldet in Lukas 24,34 erzählt!

    wie ein Dieb

    Denn ihr selbst wisset genau, daß der Tag des Herrn also kommt wie ein Dieb in der Nacht
    Elberfelder 1871 – 1.Thessalonicher 5,2

    Denn ihr selbst wißt sehr wohl, daß Jehovas Tag genauso kommt wie ein Dieb in der Nacht.
    neue Welt Übersetzung – Bi 12 – 1.Thessalonicher 5:2

    Denn ihr wisst ja ganz genau, dass der große Gottestag kommen wird, wie ein Dieb in der Nacht kommt.
    Das Buch – 2009 – 1.Thess 5,2

    denn selbst wisst ihr höchst genau, dass, was Tag des Kyrios heißt, also kommt, wie ein Dieb in der Nacht.
    Pfleiderer Übersetzung – 1.Thess 5:2

    αὐτοὶ γὰρ ἀκριβῶς οἴδατε, ὅτι [ἡ] ἡμέρα κυρίου ὡς κλέπτης ἐν νυκτὶ οὕτως ἔρχεται.
    Von Soden – Die Schriften des Neuen Testaments – 1. Thess 5,2

    הֲרֵי אַתֶּם יוֹדְעִים הֵיטֵב שֶׁיּוֹם יהוה יָבוֹא כְּגַנָּב בַּלַּיְלָה.
    ha-Berit ha-ḥadashah_2000 – 1.Thess 5:2

    Paulus stellt hier eine Reihe von Gegensätzen zwischen den Christen und den Verlorenen vor:

    A. Licht/Dunkelheit.
    Das Kommen Christi wird für die Welt plötzlich und unerwartet sein, wie ein Dieb in der Nacht; aber nicht für den Gläubigen. Wir warten darauf, dass er kommt. Die Ungläubigen tappen im Dunkeln: Ihr Verstand ist verfinstert (Eph 4,18; 5,8); sie lieben die Finsternis (Joh 3,19-21; Eph 5,11); sie werden von der Macht der Finsternis beherrscht (Eph 6,12); und sie sind auf dem Weg in die ewige Finsternis (Mt 8,12). Der Christ aber ist mit dem Licht verbunden, denn Gott ist Licht, und Christus ist das Licht der Welt (Johannes 8,12). Der Christ ist ein Kind des Lichts (Eph 5,8-14), obwohl er einst selbst Finsternis war. Der Wandel, der sich vollzog, wird in 2. Korinther 4,1-6, Kolosser 1,13 und 1. Petrus 2,9 beschrieben. Da Christen dem Tag angehören, sollten sie im Licht leben und für die Wiederkunft Christi bereit sein.

    B. Wissen/Ignoranz.
    Satan mag es, Menschen im Dunkeln zu lassen (Apostelgeschichte 26:18). Judas tappte im Dunkeln (Johannes 13:27-30), ebenso Ananias und Sapphira (Apostelgeschichte 5). Die Welt weiß nichts von Gottes Plänen, weil die Welt Christus und die Bibel abgelehnt hat. Lesen Sie Jesaja 8,20, um zu sehen, warum sogar intelligente Weltpolitiker im Dunkeln tappen, wenn es darum geht zu verstehen, was in der Welt vor sich geht. Sie richten sich nach dem äußeren Anschein und sagen: „Wo ist die Verheißung seines Kommens?“ (siehe 2. Petrus 3) Aber der Christ, der seine Bibel liest und seine Augen offen hält, weiß, wie Gott in dieser Welt wirkt, und ist nicht unwissend.

    C. Erwartung/Überraschung.
    Die unerlöste Welt lebt in falscher Sicherheit, wie die Menschen vor der Sintflut (Gen 6) oder die Bürger von Sodom und Gomorra (Gen 18-19). Paulus zieht zwei Vergleiche zum Kommen Christi: (1) den Dieb, der die Überraschung und Unvorbereitetheit der Betroffenen beschreibt; (2) die gebärende Frau, die die Plötzlichkeit und das damit verbundene Leid beschreibt. Wenn Christus die Kirche aus der Welt herausgenommen hat, wird der Tag des Herrn beginnen, eine siebenjährige Periode der Bedrängnis und des Leidens für die Welt. Der Tag des Herrn wird also für die Welt wie ein Dieb in der Nacht kommen, aber nicht für die Gläubigen.

    D. Nüchternheit/Betrunkenheit.
    Christen, die auf die Ankunft Christi warten, werden wach bleiben und aufmerksam sein; sie werden nicht trunken werden wie die Menschen der Welt. „Wachen“ und „schlafen“ bedeuten hier nicht „lebendig“ und „tot“ wie in 4,13-18; sie bedeuten „wachsam“ und „unachtsam“. Christen sollten ein reines, engagiertes Leben führen, wenn Jesus kommt

    Warren W. Wiersbe – Wiersbes Erläuterungen zum Neuen Testament

    Das Wort »Tag« ( hêmera ) wird im AT und im NT mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet:
    Eine Periode von 24 Stunden mit einem Teil Licht und einem Teil Finsternis (1.Mo 1,5).
    Eine von bestimmten Merkmalen geprägte Periode: z.B. der Tag des Heils (2.Kor 6,2), der Tag des Grichts (Röm 2,5).
    Eine Periode im heilsgeschichtlichen Sinn. Die folgenden sollten unterschieden werden:
    a) Der Tag des Menschen (1.Kor 4,3, englische Revised Version, Fußnote). Dieser umfaßt die gegenwärtige Periode der Rebellion des Menschen gegen Gott.
    (AdÜ: Es soll nicht bestritten werden, daß eine solche Periode in der Schrift zu unterscheiden ist; doch meint die zitierte Stelle vielleicht etwas ganz anderes: anthrôpinê hêmera, ganz wörtl. »menschlicher Tag« ist ein menschlicher Gerichtstag, hier im Gegensatz zum Gerichtstag Gottes. Sämtliche von mir nachgeschlagene 20 deutsche Übersetzungen lesen »menschlicher (Gerichts-)Tag«, »menschliches Gericht«).
    b) Der Tag Christi (Phil 1,10; 2,16), der Tag Jesu Christi (Phim 1,16), der Tag des Herrn Jesus (1.Kor 5,5; 2.Kor 1,14), der Tag unseres Herrn Jesus Christus (1.Kor 1,8). Der Textzusammenhang jedes dieser Ausdrücke zeigt, daß derselbe Tag gemeint ist, nämlich der Seiner Freude und Genugtuung, wenn Seine Gemeinde vollständig vor dem (Preis-)Richterstuhl ( bêma ) erscheint.
    c) Der Tag des Herrn
    Im AT kommt der Ausruck bei den Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Obadja, Amos, Zephanja, Sacharja und Maleachi vor. Während er sich in manchen Fällen auf örtlich und zeitlich begrenzte Umstände in Israels Kriegen gegen ihre Feinde bezieht, weist er in vielen Fällen auf einen »großen und furchtbaren Tag Jahwes« (Joe 2,31; Mal 4,5) in der Zukunft voraus. »Dieser Tag wird den endgültigen Triumph Jahwes im völligen Sieg über die heidnischen Weltmächte (Jes 13,9-11; 34,8; Dan 2,34.44; Ob 1,15) bringen, sowie die damit verbundene Errettung Israels, Seines Volkes von alters her und die Einsetzung »Seines Königs auf Zion, Seinem heiligen Berg‘ (Ps 2,6; vgl. Ps 110)« (Hogg und Vine). Sacharja 9-14 verwendet bei der Beschreibung der Ereignisse des Tages des Herrn den Ausdruck »jener Tag« achtzehnmal. Im NT findet sich der Ausdruck »Tag des Herrn« nur in Apostelgeschichte 2,20; 1.Thess 5,2; 2.Thess 2,2; 2.Petr 3,10 (vgl. Offenbarung 6,17). Ein sorgfältiges Studium all dieser Stellen zeigt, daß der Tag des Herrn Zustände und Ereignisse auf der Erde nach der Entrückung der Gemeinde beschreibt. Er ist eine Zeit des Gerichts über Israel und die Nationen. Er umfaßt die Große Drangsal, die Schlacht von Armagedon, die Erscheinung des Herrn in Herrlichkeit und Sein tausendjähriges Friedensreich, mit der letzten Rebellion an dessen Ende.
    d) Der Tag Gottes (2.Petr 3,12-13).
    Dieser Ausdruck kommt nur ein einziges Mal in der Schrift vor. Er beschreibt die Auflösung der Himmel und der Erde und den Beginn des ewigen Zustandes, in welchem Gerechtigkeit wohnt.
    Während der »Tag des Herrn« sich über eine sehr lange Zeitperiode mit vielen die Erde erschütternden Ereignissen erstreckt, beschäftigt sich Paulus hier mit seinem Beginn. Er vergleicht ihn mit einem Dieb, der in der Dunkelheit wirkt. Wenn ein Dieb in ein Haus einbricht, kündigt er sein Kommen nicht vorher an. Seine Absicht ist, zu stehlen, und zwar so unbemerkt wie möglich. Das Bild wird von unserem Herrn in Mt. 24,43 und von Petrus in 2.Petr 3,10 verwendet, wobei beide sich auf den »Tag des Herrn« beziehen. Bei der Entrückung kommt der Herr nicht wie ein Dieb (V. 4), sondern als Bräutigam. Der Dieb kommt schweigend im Dunkeln und trägt oft eine gefährliche Waffe bei sich. Sein Besuch zeitigt Verlust und Angst. Der Bräutigam kommt mit einem Siegesruf zurück und bringt die Seinen in eine Umgebung unbeschreiblichen Lichts und unsagbarer Freude (2,19.20; Jud 1,24). Das Bild des raubenden und plündernden Diebes spricht von der Plötzlichkeit des Beginns des »Tages des Herrn« und dem Charakter dieser Periode; er ist geprägt durch finstere Nacht.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

      Paulus kann auch hier auf Bekanntes zurückgreifen: »Denn ihr wisst selbst genau«. Mit dieser Formulierung erinnert er in diesem Brief mehrfach an die persönliche Unterweisung, die er während seines Besuchs den Thessalonichern vermittelt hat (1Thess 1,5 u. ö.). »Genau« wird bei Paulus außer hier nur noch in Eph 5,15 gebraucht (sonst im NT in Mt 2,8; Lk 1,3; Apg 18,25ff.; Apg 23,15.20; 24,22). Man hat vermutet, dass darin die Anfrage der Thessalonicher zitiert sein könnte: »Sag uns genau, wann die Wiederkunft erfolgt!« Sollte dies zutreffen, so würde Paulus diese Anfrage den Thessalonichern mit dem Hinweis zurückgeben, dass nicht einzelne Begleitumstände, sondern die Art und Weise von Jesu Kommen »genau« zu wissen sei: »wie ein Dieb in der Nacht«. Paulus wiederholt hier die Absage an alle Berechnungen, so wie dies Jesus zuvor gegenüber seinen Jüngern getan hat (Mt 24,36; Apg 1,7). Zwar sollen Christen keineswegs unbeteiligt an den Zeitereignissen vorübergehen; vielmehr gilt ihnen der doppelte Aufruf: »Seht zu und erschreckt nicht« (Mt 24,6). Dan die Erlösung naht, soll der Blick auf den Kommenden gerichtet werden (Lk 21,28). Doch hat die nüchterne und prüfende Begleitung des Weltgeschehens nicht zu Rechenexperimenten, sondern zur Erneuerung der Wachsamkeit zu führen. Letztlich bewirkt die Erstellung eines »Endzeitfahrplans« das Gegenteil von dem, worum es der apostolischen Verkündigung ging: Der Blick wird gefangengenommen durch die Vielzahl von Tagesereignissen, die möglicherweise als endzeitliche Zeichen von Bedeutung sein könnten. Damit wird er von Jesus selbst abgelenkt. Das Streben nach Informationen über künftige »Zeiten und Stunden« verdrängt die Gewissheit des Glaubens und die »Arbeit in der Liebe« (1Thess 1,3; 4,9). Wer nur auf einen fixierten Zeitpunkt zulebt, bleibt auf sich selbst bezogen; für ihn wird die Zeit zuvor letztlich bedeutungslos.
      Indem Paulus das Bild vom Dieb aufgreift, bringt er, wie Jesus, zum Ausdruck: Es gilt, allezeit bereit zu sein. (vgl. Mt 24,43ff.). Denn niemand weiß, wann der Dieb kommt. Außerdem bereitet ein Dieb demjenigen eine Fülle von Unannehmlichkeiten, der nicht für sein eventuelles Kommen gerüstet ist (außer bei Paulus wird derselbe Vergleich auch in 2Petr 3,10 und Offb 3,3; 16,15 aufgenommen).
      Der Vergleich vom Dieb ist bezogen auf den »Tag des Herrn«. Der Tag Jahwes im AT ist der Tag des Gerichts (Am 5,18-20; Jes 13,6-16; Hes 30,3; Joel 1,15), der zugleich Heil für die Gerechten bringt (Ob 1,15-20; Zeph 1,14; Sach 14,7). Jesus spricht vom »Tag des Menschensohns« (Lk 17,24.30). Im Griechischen wird der Gottesname Jahwe mit »kyrios«, »Herr«, übersetzt, und so redet das NT dann vom »Tag des Herrn« (Apg 2,20). Dan auch Jesus als der »Herr« bekannt wird, ist der »Tag des Herrn« zugleich der »Tag Jesu Christi« (vgl. 1Kor 1,8; 2Kor 1,14; Phil 1,6.10; 2,16). So ist der »Tag des Herrn« zunächst der Tag der Wiederkunft Jesu Christi, an dem sein Gericht und sein Heil offenbar wird (Joh 5,22; Apg 17,31; 2Kor 5,10).

      Gerhard Maier – Edition C

      „Keine Angst! Ab jetzt wirst du Menschen für mich ins Netz holen.“

      Genauso ging es auch den anderen, die dabei waren, wie Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Die waren Mitarbeiter von Simon. Doch Jesus sagte zu ihm: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du zu einem Menschenfischer werden!«
      Roland Werner – Das Buch – 2009 – Lukas 5,10

      Desgleichen auch den Jakobus und den Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Teilhaber. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht. Von nun an sollst du ein Fänger von Menschen sein. Lk 5,7; Mt 4,19.21; Mk 1,17; Jer 16,16.
      Dr. Leonhard Tafel – Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Lukas 5:10

      So ging es auch denen aus dem anderen Boot, Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten.
      Jesus aber sagte zu Simon: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du Menschen fischen!«
      Gute Nachricht Bibel 2018 – Lk 5,10

      gleicherweise aber auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, welche Genossen (Eig Teilhaber) von Simon waren. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an wirst du Menschen fangen.
      Elberfelder 1871 – Lk 5:10

      Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes waren Jesus ein Jahr zuvor begegnet (Johannes 1:35-42), waren ihm eine kurze Zeit gefolgt und dann zu ihrem Fischereibetrieb zurückgekehrt. In V. 10 rief Jesus seine Jünger auf, alles zu verlassen und ihm dauerhaft als seine Helfer zu folgen. Es ist wahrscheinlich, dass die Jüngerschar aus sieben Fischern bestand (siehe Johannes 21,2). Fischer wissen, wie man zusammenarbeitet, sie geben nicht so leicht auf, sie haben Mut und arbeiten fleißig. Dies sind ideale Eigenschaften für Jünger Jesu Christi. Die Tatsache, dass die Männer vorhatten, nach dem Waschen ihrer Netze wieder hinauszufahren, beweist, dass sie sich durch eine Nacht des Misserfolgs nicht entmutigen ließen.

      Petrus wurde gedemütigt, nicht durch die Nacht des Scheiterns, sondern durch seinen erstaunlichen Erfolg; das ist ein Zeichen für echten Charakter. Wenn der Erfolg dich demütigt, dann wird dich der Misserfolg aufbauen. Wenn der Erfolg dich aufbläht, dann wird dich der Misserfolg zerstören. Im Glauben verließen die Männer alles und folgten Christus nach. Sie hatten lebende Fische gefangen, und wenn sie sie gefangen hatten, starben die Fische. Jetzt fingen sie tote Fische – Sünder – und die Fische lebten!

      Wiersbes Erläuterungen zum Neuen Testament

      Zwei, die besonders beeindruckt waren, werden erwähnt: »Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus« (V. 10). Neben Petrus und Andreas werden sie die fahrenden Jünger Jesu (vgl. Mt 17,1; Mk 5,37; Lk 9,54; Joh 21,2; Apg 3,1; Gal 2,9; Offb 1,9). Nun erleben wir ihre Berufung in die Jüngerschaft (vgl. Mt 4,21ff.; Mk 1,19ff.). Wir erfahren, dass sie »die Geschäftspartner des Simon waren« (V. 10). Das Genossenschaftswesen ist also älter als das Neue Testament. Auch »Jakobus«, der als der Ältere hier zuerst genannt wird, und »Johannes«, der der bedeutendere von ihnen wurde, verstanden, dass Gottes Gegenwart (»Schechina« sagt der Jude) in der Gestalt Jesu unter ihnen wohnte. »Schrecken hatte« auch sie »erfasst« (V. 9).

      Jesu Reaktion ist total anders, als Petrus erwartet haben mochte. Unendlich barmherzig »sagte er zu Simon: Fürchte dich nicht!« (V. 10). In der Bibel signalisiert dieser Zuspruch, dass Gott mit dem Betreffenden noch etwas vorhat. Im Falle des Petrus ist dies eine spezielle Aufgabe: »Von nun an wirst du Menschenfischer (wörtlich: ein Menschen Fangender) sein.« Ein Berufselement des Petrus bleibt; er wird auch künftig »Fischer sein«. Seine Person wird nicht ausgewechselt. Jesus knüpft an die natürliche Begabung als »Fischer« an.

      Gerhard Maier – Edition C

      Petrus war so erstaunt, dass er „zu den Knien Jesu“ niederfiel, einfach dort, wo er war, im Heck seines Schiffes, und sagte: „Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ (Vers 8). Er hielt sich selbst für unwürdig für die Gegenwart Christi in seinem Schiff. Es war die Sprache von Petrus’ Demut und Selbstverleugnung und hatte nicht den geringsten Ton von dem Gerede der Dämonen, die sagten: „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus, du Nazarener?“ (Lk 4,34).
      Sein Bekenntnis war absolut richtig und für uns alle angemessen, es abzulegen: „… denn ich bin ein sündiger Mensch!“ Selbst die besten Menschen sind sündig und sie sollten bereit sein, es zu allen Anlässen zu bekennen und es insbesondere Jesus Christus zu bekennen.
      Seine Schlussfolgerung hieraus hätte richtig sein können, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht war. Wenn ich ein sündiger Mensch bin, wie ich es in der Tat bin, sollte ich sagen: „Komme zu mir, oh Herr – oder lass mich zu dir kommen, sonst bin ich für immer verloren.“ Doch man kann Petrus gut entschuldigen, wenn er aus einem Bewusstsein seiner Sündhaftigkeit und Verderbtheit überstürzt ausruft: „Gehe von mir hinweg!“ Denjenigen, die Christus zu der engsten Freundschaft mit ihm zulassen möchte, macht er zuerst bewusst, dass sie es verdienen, am weitesten von ihm entfernt zu werden. Wir müssen alle zugeben, dass wir Sünder sind und dass Jesus Christus deshalb zu Recht von uns hinweggehen könnte, doch wir müssen darum zu seinen Knien niederfallen, um zu beten, dass er nicht von uns hinweggehen möge.
      Christus nahm dies als Gelegenheit, um Petrus und kurz darauf Jakobus und Johannes von seiner Absicht zu erzählen, sie zu seinen Aposteln zu machen (Vers 10; s. Mt 4,21). Er „ ‚sprach zu Simon‘: Du wirst größere Dinge als diese sowohl sehen als auch tun. ‚Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen!‘ Dies wird ein erstaunlicheres Wunder sein und unendlich viel nützlicher als dieses.“
      Die Fischer sagten ihrem Beruf Lebewohl, um unaufhörlich bei Christus zu sein: „Und sie brachten die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach“ (Vers 11). Es ist bezeichnend, dass sie alles verließen, um Christus zu folgen, als ihr Gewerbe in ihren Händen mehr florierte, als es das je getan hatte. Wenn die Reichtümer zunehmen und wir darum am meisten versucht sind, unser Herz an sie zu hängen, ist es die größte Gnade, sie um des Dienstes Christi willen zu verlassen (s. 1.Petr 2,19).

      Der Neue Matthew Henry Kommentar

      In der Geschichte vom wunderbaren Fischzug (Lk 5,1–11) fordert Jesus den Fischer Simon auf, noch einmal die Netze zum Fang auszuwerfen, obwohl alle Versuche des Tages erfolglos geblieben waren. Simon tut, was Jesus sagt und erlebt etwas, was ihn in tiefes Staunen versetzt: Er fängt so viele Fische, dass die Netze zu zerreißen drohen. Daraufhin fällt Simon Jesus zu Füßen und sagt: „Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.“
      Wann erkennt Petrus, dass er ein sündiger Mensch ist? Der Zeitpunkt ist vollkommen überraschend. Er widerspricht unseren Vorstellungen von Sünde. Naheliegend wäre gewesen: Nach den vergeblichen Fangversuchen in der Nacht zweifelt Petrus an sich selbst. Er fragt sich, ob das die Strafe sei für ein unwürdiges Leben oder eine gottlose Tat. Nach der damaligen Auffassung war ein krankhaftes Leiden oder eine Pechsträhne die Strafe für ein vorheriges Vergehen. Man nennt das den „Tun-Ergehen-Zusammenhang“. Auf Petrus trifft das nicht zu. Der berufliche Misserfolg lässt bei ihm keinen Selbstzweifel aufkommen. Im Augenblick des Glücks und des Erfolgs entsteht das Bewusstsein, ein sündiger Mensch zu sein. Es entsteht in der Begegnung mit Jesus, in der Erfahrung von dessen Zuwendung und Wertschätzung.
      Die Geschichte vom wunderbaren Fischzug gehört zu den Erzählungen, in denen etwas aufscheint von der Herrlichkeit Jesu, der Schönheit, Pracht und Gnade des Sohnes Gottes. Im Angesicht dieser göttlichen Gnade und Schönheit geht uns etwas auf von unserer Unvollkommenheit, Schwachheit und Sünde. So erklärt sich, dass Ganoven häufig kein Bewusstsein für die Sünde oder Schuld entwickeln, die Heiligen dagegen oft von einem tiefen Sündenbewusstsein erfüllt sind.
      Die Erkenntnis der eigenen Sünde ist eine fröhliche Erkenntnis. Ich erkenne die Sünde erst ganz, wenn sie mir vergeben wird. Wir gleichen dem Reiter, der den eis- und schneebedeckten Bodensee überquert, ohne es zu wissen. Erst am anderen Ufer wird ihm klar, welcher Gefahr er gerade entronnen ist. In einem anderen Bild gesprochen: Wer bisher nur in der Dunkelheit lebte, wird diese gar nicht so dunkel finden. Erst wenn er ans Licht kommt, wird ihm das vorherige Dunkel als Elend erscheinen.
      Die meisten Menschen in der Bibel haben ein Gespür für Sünde und Schuld. Das hat nichts zu tun mit einem „Wir-sind-alle-arme-Sünder-Bewusstsein“, wie es in manchen christlichen Strömungen gepflegt wird. Die Sünde ist kein Thema, das von sich aus interessant wäre. Als Christen glauben wir nicht an die Sünde oder das Sündersein. Wir glauben an die Überwindung der Sünde. Es ist kein Zufall, dass in den Glaubensbekenntnissen der Alten Kirche nur in der Verbindung „Vergebung der Sünden“ von Sünde geredet wir. Das tiefe Wissen um Sünde ist Ausdruck der wunderbaren und beglückenden Erfahrung, die wir in der Begegnung mit der Barmherzigkeit und Freundlichkeit Gottes machen. Wenn uns heute solch ein Bewusstsein abgeht, müssen wir uns fragen, ob das ein Gewinn ist oder nicht doch Ausdruck eines Mangels.
      Dass das Reden von Sünde in unserer Zeit so problematisch geworden ist, hängt damit zusammen, dass sich ein irriges Verständnis von Sünde eingebürgert hat. Die meisten Menschen haben ein moralistisches. Unter Sünde verstehen sie moralische Vergehen, vor allem auch sexueller Art. Das ist jedoch nicht die Auffassung der Bibel. Sie spricht von Sünde, wenn ein Mensch den tiefsten Sinn und das Ziel seines Lebens verfehlt. Darum erhebt Jesus nicht anklagend den moralischen Zeigefinger, wenn er die Sünde am Werk sieht. Vielmehr wird von ihm gesagt: „Es jammerte ihn.“
      Dass ein Mensch den Sinn seines Lebens verfehlt, ist nicht auf ein böses Verhalten oder eine schuldhafte Tat zurückzuführen. Paulus nennt den Grund so: „Wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden. Denn wie die Sünde herrschte und zum Tod führte, so soll auch die Gnade herrschen und durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben führen, durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ (Röm 6,21.22, EÜ) Die Sünde ist eine Macht, die uns gefangen hält und uns dazu bringt, den tiefsten Sinn unseres Lebens zu verfehlen. Einzelne Vergehen sind nur Ausdruck davon.
      Diese Auffassung des Apostels scheint vielleicht etwas altertümlich zu sein. Sie ist aber hochmodern und bringt genau zum Ausdruck, was viele Menschen unserer Zeit erfahren: Unser Leben unterliegt vielen Zwängen natürlicher oder gesellschaftlicher Art. Wir stehen unter Druck und können unser Leben oft nicht so leben, wie wir es lohnend und sinnvoll fänden. Wir haben ein starkes Gespür dafür, dass Kriminelle nicht einfach böse Menschen sind, sondern vielfach durch ein böses Schicksal so geworden sind. Entsprechend versuchen wir, mit ihnen umzugehen. Damit sollen aus Tätern keine Opfer gemacht werden. Aber besser als die Drohung mit dem moralischen Zeigefinger ist die Haltung Jesu: „Es jammerte ihn.“ Der moralische Zeigefinger wird niemanden aus der Macht der Sünde befreien. Das geschieht, indem wir uns in den Herrschaftsbereich dessen begeben, der sagt: „Ich bin gekommen, dass ihr das Leben habt, das Leben in Fülle.“ (Joh 10,10)

      Karl-Wilhelm Steenbuck – Die 31 beliebtesten Irrtümer der Bibelauslegung: Erhellende Einsichten in die Welt der biblischen Botschaft

      Als sie die Einzigartigkeit der messianischen Person erkannten, konnten sie sich dann als das sehen, was sie waren: Sünder. Wenn wir uns mit anderen vergleichen, könnten wir ziemlich gut dastehen, denn es gibt immer jemanden, der schlechter ist als wir. Der richtige Vergleich ist jedoch mit dem einen absoluten Standard, dem Gott-Menschen, dem Messias Jeschua. Wenn wir uns mit Ihm vergleichen, muss unsere Schlussfolgerung die gleiche sein wie die von Petrus: Wir sind in der Tat sündig! Als Antwort auf Petrus‘ Aussage wich Jeschua nicht von ihnen ab, sondern er rief sie auf, das, was sie taten, zu verlassen und ihm zu folgen. Dies war ein Aufruf zur Vollzeitnachfolge: Fürchtet euch nicht; von nun an werdet ihr Menschen fangen (Lukas 5,10). In den Worten von Matthäus 4,19 und Markus 1,17 heißt es: „Folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und in der Tat verließen sie alles und folgten ihm nach (Lukas 5:11).[417] Die Folge dieses Aufrufs war, dass Petrus und die anderen ihr Fischereigewerbe aufgaben (Matthäus 4:20, 22; Markus 1:18, 20). Jeschua nachzufolgen bedeutete eine totale Verpflichtung zur Vollzeitnachfolge. Es bedeutete auch, ihm zu vertrauen, dass er für ihre Bedürfnisse sorgen würde, denn sie hatten ihre Haupteinnahmequelle verlassen.

      Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

      Petrus wurde gleich seinen Fischereigenossen, Jakobus und Johannes, von Verwunderung überwältigt, als er das Zeichen sah. An Petrus aber richtete der Herr die Worte des Zuspruchs und der gesegneten Verheißung: „Von nun an wirst du Menschen fangen.“ Welch gewaltigen Fang holte Petrus herein, als er zu Pfingsten seine große Botschaft verkündigte!  „Entsetzen“ ( thambos) ist ein Ausdruck, den nur Lukas verwendet; außer hier noch in 4,36 und einmal in Apg 3,10. W.E.Vine meint, es gehe auf eine Wortwurzel zurück, die erstarren bedeutet. Hier wird thambos mit dem Zeitwort periecho („rings umfassen“) verknüpft. So könnte man mit A.T. Robertson wörtlich wiedergeben: „Entsetzen hatte ihn rings umfaßt.“ In der Verheißung „du wirst Menschen fangen“ wählt Lukas sorgfältig das passende Verb zogreo („lebendig fangen“). Es ist schon übertragen worden: „Menschen fassen, damit sie leben“ (J.B. Rotherham). Das gleiche Wort wird in negativem Sinn in 2Tim 2,26 verwendet, wo es heißt, daß die Macht Satans viele gefangennimmt.

      Benedikt Peters . Was die Bibel lehrt

      Aber das Lamm wird sie besiegen, weil es Jesus ist, der da kämpft.

      Diese werden mit dem Lamme Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden; denn er ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind Berufene und Auserwählte und Treue.
      Elberfelder 1871 – Offenbarung 17,14

      Sie werden gegen das Lamm kämpfen. Aber das Lamm wird sie besiegen. Denn es ist der Herr über alle Herren und der König über alle Könige, und bei ihm sind seine treuen Anhänger, die es erwählt und berufen hat.«
      Gute Nachricht Bibel 2018 – Offenbarung 17:14

      Gemeinsam werden sie gegen das Lamm in den Kampf ziehen. Aber das Lamm wird sie besiegen, denn es ist Herr über alle Herren und König über alle Könige; und mit ihm siegen werden alle, die bei ihm sind – die von Gott Berufenen und Auserwählten, die treuen Mitstreiter des Lammes.«
      Neue Genfer Übersetzung 2013 – Offb 17,14

      Sie sind es, die gegen das Lamm kämpfen werden. Doch das Gotteslamm wird sie besiegen. Denn er ist der Herr aller Herren und der König der Könige, und die, die mit ihm zusammen sind, sind berufen, auserwählt und treu.«
      Roland Werner – Das Buch – 2009 – Offb 17:14

      17,12–14 Nach dem Vorbild von Dan 7,24 werden die zehn Hörner des Tieres auf zehn Könige gedeutet, die sich für kurze Zeit mit dem kaiserlichen Antichristen zum Endkampf (vgl. 19,11–21) gegen das Lamm und seine treue Gefolgschaft verbinden. Aber Christus, der „Herr der Herren“ und der „König der Könige“ (vgl. Dtn 10,17; 2Makk 13,4; Dan 2,47; 1Tim 6,15) wird sie alle besiegen.

      Herder- Bibel

      Es erscheint uns nicht sehr sinnvoll, dass jemand so töricht sein könnte, den Herrn anzugreifen. Doch jedes Mal, wenn wir sündigen, führen wir in gewisser Weise Krieg gegen Jesus. Wie viel sinnvoller ist das denn?

      The Charles F. Stanley life principles Bible: New King James Version

      Dieses Mammutbündnis des vereinigten Europa führt zu einem Höhepunkt der Rebellion des Menschen gegen das Lamm. Dieses Lamm wird hier genannt „Herr der Herren und König der Könige“. Diese Namen spiegeln seine Majestät und Erhabenheit über jede Macht und jede Gewalt auf der Erde wider. Mit einem einzigen Wort wird der Ausgang des Krieges beschrieben, den die Könige und das Tier in ihrer Vermessenheit mit dem Lamm zu führen wagen. Der Ausgang steht ohne jeden Zweifel fest: Das Lamm wird sie zusammen mit all denen überwinden, die bereits bei Ihm im Himmel waren und Ihm aus dem Himmel gefolgt sind. Das wird in Kapitel 19,11–16 beschrieben.
      Der Herr Jesus kommt nicht allein, sondern zusammen mit Berufenen, Auserwählten und Treuen. Niemand kann bei dem Lamm sein, es sei denn, er ist berufen (1Kor 1,9; 2Tim 1,9). Und wer der Berufung Gottes gefolgt ist, hat das getan, weil er von Gott auserwählt ist (Röm 8,29.30). Was ihr Leben auf der Erde betrifft, so sind die Berufenen und Auserwählten an ihrer Treue zu erkennen und an ihrem Vertrauen, das sie in Ihn gesetzt haben. Damit haben sie ihre Berufung und Erwählung festgemacht (2Pet 1,10).

      Ger de Koning – Eine Erklärung speziell für dich

      Der vergebliche Kampf.
      »Sie werden streiten wider das Lamm« (V. 14):
      In Offb 13,7 wird gesagt, dass der Antichrist gegen die »Heiligen streitet«, das heißt gegen die Menschen, die Christus angehören, gegen die Christen; er wird sie verfolgen und töten können, es ist ihm »gegeben«, so wie es einst Pilatus gegeben war, Jesus zum Tod zu verurteilen (Joh 19,11).
      Doch schon in Offb 13,7 schlägt der Antichrist mit seinem Anhang zwar die Christen, meint aber Christus. Und nun will er in Trotz, Rausch und Größenwahn, offen und unmittelbar gegen das »Lamm« vorgehen (vgl. Offb 16,12-16; 19,17-21 und das dort Gesagte).
      Der große Zusammenschluss soll nach dem Willen des Antichrists und des Satans letztlich dazu dienen, dass Jesus Christus, und damit Gott selbst, endlich ganz ausgeschaltet wird; der Mensch soll endlich können, was er schon lange wollte:
      Gott und seine Herrschaft abschieben und abschaffen.
      (7) Der Sieg Jesu.
      a) »Das Lamm wird sie überwinden«, wörtlich »besiegen«:
      Besiegt hat unser Herr den Feind schon zuvor: Indem er auch als Menschgewordener ganz unter Gott blieb (Mt 4,11), und indem er bis zum letzten Atemzug und Blutstropfen gegen alle Gewalt und Verlockung des Feindes es durchhielt, so unter Gott zu bleiben, – damit hat er den Feind sterbend besiegt (Joh 19,30). Indem Jesus aber nun seine Herrlichkeit offenbart, offenbart er auch seinen ganzen Sieg: »Er wird ihm«, dem Antichristen, »ein Ende machen durch seine Erscheinung, wenn er kommt« (2 Thess 2,8).
      b) »Denn er ist der Herr aller Herren und der König aller Könige«:
      Das ist er schon von Ewigkeit her gewesen (Joh 1,1). Und das ist er, seitdem er als der Menschgewordene den Feind als den »Fürsten dieser Welt« (Joh 12,31), dem sich der Mensch unterworfen hatte, überwand, und ihm daraufhin der Vater neu »alle Macht im Himmel und auf Erden« übergab (Mt 28,18).
      Doch nun treten die ganze Ohnmacht des Feindes und die göttliche Überlegenheit unseres Herrn voll in Erscheinung (Offb 19,11-21). »König aller Könige und Herr aller Herren«, so heißt er (Offb 19,16).
      Und das ist er, gerade als der das Lamm Gewordene, als der, der sich geopfert hat.
      (8) Jesus gibt den Seinen teil an seinem Sieg.
      »Und die mit ihm sind, sind Berufene und Auserwählte und Gläubige«:
      Der Herr gibt ihnen teil an seinem Sieg und seinem Triumph (vgl. Offb 19,14 und das dazu Gesagte). Wer jetzt mit ihm leidet, darf dann mit ihm triumphieren. Wer jetzt ihm folgt auf Wegen des Leidens, darf dann ihm folgen auf der Straße seines Triumphes.
      Die »Berufenen, Auserwählten und Gläubigen« sind die Menschen, die er jetzt gerufen und auserwählt hat (Mt 4,19; 9,9; Joh 15,16) und die seinen Ruf und seine Wahl mit ihrem Glauben und ihrer Hingabe beantwortet haben (Joh 6,69). Indem Jesus uns ruft, begegnet uns seine von Ewigkeit her getroffene Wahl.
      Entscheidend ist, dass auch wir seinen Ruf und seine Wahl im Glauben annehmen, unser Leben ihm anvertrauen, ihn um unsere Reinigung bitten und ihm nun im Glaubensgehorsam folgen (Röm 1,5). Diese Schriftstelle hier macht deutlich, dass der Herr wiederkommt, nicht nur mit seinen heiligen Engeln (Mt 25,31), sondern auch mit den Menschen, die in dieser Welt an ihn glaubten, sein eigen sein wollten und ihm folgten.

      Gerhardt Maier — Edition C


      Seid bereit

      Deshalb auch ihr, seid bereit; denn in der Stunde, in welcher ihr nicht meinet, kommt der Sohn des Menschen.
      Elberfelder 1871 – Matthäus 24,44

      Darum seid jederzeit bereit; denn der Menschensohn wird zu einer Stunde kommen, wenn ihr es nicht erwartet.«
      Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 24:44

      Darum haltet auch ihr euch ständig bereit; denn der Menschensohn kommt zu einem Zeitpunkt, an dem ihr nicht damit rechnet.«
      Neue Genfer Übersetzung 2013 – Mt 24,44

      Lebt also auch ihr in Wachheit und Bereitschaft! Denn ihr wisst nicht von vornherein, wann der Menschensohn kommen wird.
      Das Buch – 2009 – Mt 24:44

      War das nicht der morgentliche Gruß – früher?? Seid bereit? Ja, aber da hieß es „Für Frieden und Sozialismus – seit bereit!“ – und Jesus fordert uns hier nicht auf „Für den Predigtdienst – seit bereit“ sondern „seit bereit, dass ich jederzeit kommen kann und ihr mich ständig erwartet!“
      Der Blick ist also nicht auf mich, nicht auf eine Gemeinde oder Organisation sondern auf Jesus gerichtet!

      Jesus ermahnte seine Jünger zu wachen (grEgoreite), denn ihr wißt nicht, an welchem Tag der Herr kommt (vgl. Mt 25,13). Die siebzigste Woche des Daniel wird einen bestimmten Anfang und ein genau festgesetztes Ende haben. Doch nur Gott kennt beide; die Menschen, die dann leben, werden sie nur ahnen können. Daher ist es wichtig, wachsam zu sein. Wenn jemand auch nur ungefähr die Stunde wüßte, in der der Dieb kommt, so würde er sich vorsehen und Vorbereitungen treffen. Dieselbe Grundhaltung sollen sich die Gläubigen in der Zeit der Bedrängnis zu eigen machen, wenn sie auf das Kommen des Herrn der Herrlichkeit warten. Sie werden zwar aufgrund der Zeichen am Himmel wissen, daß die Zeit da ist, doch der genaue Zeitpunkt der Rückkehr wird ihnen nicht bekannt sein.

      Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

      Ein starker Vergleich: der »Dieb« und der »Menschensohn«! Im Gleichnis kommt es aber nur auf einen Punkt an: Beide erscheinen unvermutet. Im alten Israel wurde mit 3 »Nachtwachen« zu je 4 Stunden gerechnet (2.Mose 14,24; Ri 7,19; 1 Sam 11,11). Die Römer und auch das spätere Israel rechneten mit 4 Nachtwachen zu je 3 Stunden (Mt 14,25; Mk 6,48; 13,35; Lk 12,38; Apg 12,4). Statt »einbrechen« steht wörtlich »durchgraben«. In Palästina durchgrub der Dieb die Lehmmauer des Hauses, um an die Schätze heranzukommen (vgl. Mt 6,19 und die Erklärung dort). Wie in V. 36 und V. 42 stellt Jesus jetzt zum dritten Male fest: »Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr nicht damit rechnet«. Alle werden überrascht sein, auch die wirklich Gläubigen! Nur ein Unterschied besteht: Die einen sind unvorbereitet, die anderen halten sich an Jesu Mahnung: »Seid auch ihr bereit!« Dass der »Tag des Herrn wie ein Dieb in der Nacht kommt«, halten auch Petrus, Johannes und Paulus fest (1 Thess 5,2ff.; 2 Petrus 3,10; Off 3,2ff.; Off 16,15).

      Edition C

      Die drei Gleichnisse in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Christenheit, wenn Christus für die Gemeinde wiederkommt (1 Thess 4,13-18). Es geht um dieselbe gemischte Gruppe wie in Matthäus 13 – wahre und falsche Christen, die alle behaupten, Christus zu kennen. In diesem Abschnitt wird dargestellt, dass Christus seine Wiederkunft hinauszögert (24:48; 25:5, 19), so dass er nicht in die siebenjährige Trübsalszeit im vorherigen Abschnitt passt. Es werden keine Zeichen erwähnt; denn wenn es Zeichen gäbe, wüssten die Menschen, wann er wiederkommen würde, und wären bereit! Diese Gleichnisse beschreiben die Haltung von bekennenden Christen und ermahnen uns alle, auf sein Kommen vorbereitet zu sein. Einige Christen werden sich schämen, wenn er wiederkommt.

      Warren W. Wiersbe – Wiersbes Erläuterungen zum Neuen Testament

      Tatsache ist aber, daß man nicht bloß vor diesen beiden Möglichkeiten steht und sich
      nicht in eine dieser Kategorien einordnen muß. Jesus Christus kündigte im voraus
      Personen an, die kommen und sagen würden: „Die bestimmte Zeit hat sich genähert.“
      Über sie sagte er: „Geht ihnen nicht nach.“ Weder er noch seine Apostel ermutigten
      in irgendeiner Weise dazu, Berechnungen anzustellen, um den Zeitrahmen für seine Wiederkunft zu ermitteln. Im Gegenteil, Christus mahnte dringend, „wachsam zu
      bleiben“, und betonte in diesem Zusammenhang, es sei seinen Jüngern nicht möglich,
      die Zeit für die Wiederkehr des Herrn im voraus zu wissen oder vorherzusagen.
      Gerade durch das Ungewisse und Unerwartete sei Wachsamkeit so entscheidend.
      Das spricht gegen den Gedanken, ‚wachsam zu sein‘ bedeute, Nachrichtenmedien
      oder andere Quellen auf sichtbare Beweise in Form von Weltereignissen oder -ver-
      hältnissen hin zu beobachten, die zeigten, daß Christi Wiederkehr bevorstehe oder
      das Ende nahe sei. Aus Jesu Worten geht hervor, daß seine Nachfolger wachsam
      wären, wenn sie vor den Reizen einer materialistischen Welt auf der Hut sind und
      sich nicht von den Sorgen des Lebens ablenken lassen und so ständig gewissenhaft
      bemüht sind, geistig stark und gesund zu sein und vor allem ein enges Verhältnis zu
      Gott und Christus zu bewahren. Wenn dann ohne vorherige Warnung die Zeit des
      Gerichts käme, könnten sie „vor dem Menschensohn stehen“ und würden von ihm
      anerkannt. Auch Petrus macht deutlich, wenn er über den Gerichtstag spricht, daß
      jemand durch „heilige Handlungen des Wandels und der Gottergebenheit“ zeigt, daß
      er die Zeit „fest im Sinn behält“, nicht dadurch, daß er auf chronologische Speku-
      lationen vertraut oder gespannt auf gewisse Weltereignisse oder -verhältnisse sieht.40
      Christen sollten nie den Blick dafür verlieren, daß das Gericht bestimmt und unver-
      meidlich kommt. Dieses Wissen sollte alle Entscheidungen und Handlungen lenken.
      Damit leben sie jeden Tag so, als ob an ihm die Zeit der Rechenschaft hereinbricht.

      Raymond Franz – Auf der Suche nach christlicher Freiheit

      Als er sich dort selber geopfert hat, hat er die Schulden aller Menschen für immer bezahlt!

      der nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die eigenen Sünden Schlachtopfer darzubringen, sodann für die des Volkes; denn dieses hat er ein für allemal getan, als er sich selbst geopfert hat.
      Elberfelder 1871 – Hebräer 7,27

      Im Gegensatz zu den levitischen Hohenpriestern muss er nicht Tag für Tag Opfer darbringen und muss auch nicht mit einem Opfer für eigene Sünden beginnen, ehe er für die Sünden des Volkes opfern kann. Nein, Jesus hat nur ein einziges Mal ein Opfer dargebracht, nämlich sich selbst, und dieses Opfer gilt für immer.
      Neue Genfer Übersetzung 2013 – Hebräer 7:27

      Christus muss nicht – wie die anderen Hohenpriester – an jedem Tag zuerst wegen der eigenen Sünden für sich selbst ein Opfer darbringen, ehe er für sein Volk opfert. Als Jesus Christus am Kreuz für unsere Schuld starb, hat er ein Opfer dargebracht, das ein für alle Mal gilt.
      Hoffnung für Alle – Hebr 7,27

      Einen solchen Hohenpriester haben die Menschen gebraucht. Sein Wesen ist völlig ohne Makel, und er ist höher … als der Himmel. Infolgedessen hatte er es nicht nötig, wie die levitischen Priester täglich zuerst für die eigenen Sünden Opfer darzubringen und dann für die des Volkes. Auf den ersten Blick scheinen die Verse 27.28 an die Zeremonie am Versöhnungsfest zu erinnern (3Mo 16), doch diese Feierlichkeiten fanden nur einmal jährlich und nicht „täglich“ statt. Wahrscheinlich sehen die beiden Verse jenes große Ritual mit der regelmäßigen Opferroutine zusammen. Nach der jüdischen Überlieferung scheint es so gewesen zu sein, daß ein Priester täglich Opfer darbrachte, eine Praxis, auf die sich möglicherweise die Vorschriften von 3Mo 6,12-13 beziehen.
      Auf jeden Fall mußte der neue Priester weder für sich selbst Opfer darbringen noch sein Opfer für die Menschen wiederholen. Sein einmaliger Akt der Selbsthingabe war endgültig und ausreichend. Die Kapitel 9; 10 des Hebräerbriefes gehen näher auf diesen Punkt ein. An dieser Stelle begnügt sich der Verfasser damit festzustellen, daß der Sohn im Gegensatz zur levitischen Priesterschaft ein vollkommener Priester ist. Die Wendung „der ewig und vollkommen ist“ nimmt die Aussage von Hebräer 5,8-10 wieder auf. Das Leiden des Sohnes, das hier als priesterliche Selbstaufopferung ein für allemal (ephapax; vgl. Hebräer 9,12;10,10; vgl. auch hapax, „einmal“, in Hebräer 9,27-28 ) dargestellt ist, hat ihn „vollkommen“ gemacht für sein Amt als Fürsprecher der Seinen vor Gottes Angesicht. Das Gesetz setzte Menschen zu Hohenpriestern ein, die Schwachheit an sich haben; dies Wort des Eides aber, das erst nach dem Gesetz gesagt worden ist, setzt diesen besonderen Hohenpriester ein. An ihn können sich die Gläubigen allezeit im vollen Vertrauen darauf, daß er alle ihre Nöte stillen kann, wenden.

      Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

      Er hat durch Auferstehung und Himmelfahrt den unmittelbaren Zugang zur Herrlichkeit Gottes gewonnen. Dieser unermeßliche Reichtum göttlichen Wesens in der Person Jesu wirkt sich schon in seinem Erdenleben, seinem irdischen Hohenpriesterdienst aus. Bewußt stellt der Apostel das tägliche Opfer des atst Hohenpriesters und das einmalige Opfer Jesu einander gegenüber. Der Hohepriester mußte zuerst für sich selbst opfern, um Sühnung für eigene Schuld zu erwirken.

      Wuppertaler Studienbibel

      Im Gegensatz zu Christus sind die aaronitischen Hohenpriester in Sünde verstrickt. Dies wird vom Gesetz selbst eingeräumt. Denn es hat ausführliche Bestimmungen für die Schlachtopfer des Hohenpriesters, und diese Opfer werden nicht nur für die Sünden des Volkes (vgl. 3Mose 16,15), sondern auch, ja »zuerst«, für seine eigenen Sünden (vgl. 3Mose 16,6) dargebracht. Wenn unser Verfasser davon redet, dass es für den Hohenpriester »täglich« notwendig ist, diese Sühnopfer darzubringen, so entspricht das der Darstellung des großen Versöhnungstages als einer jährlich wiederkehrenden Begebenheit nicht. Seine Ausdrucksweise erklärt sich daraus, dass 3Mose 6,13 ein tägliches Speisopfer erwähnt (vgl. 2Mose 29,38-46; 4Mose 28,3-8). Zugleich wird aber auch der Gegensatz zum Opfer Christi verschärft. Denn das Opfer Christi braucht keine Wiederholung, sondern ist »ein für alle Mal« dargebracht worden, »als er sich selbst opferte«. Nicht nur hatte Jesus es also nicht nötig, für sich selbst zu opfern, da er sündlos war, sondern sein Opfer reichte in seiner Einzigartigkeit völlig aus, eine ewige Erlösung zu erwirken (vgl. Heb 9,12.25ff.; Heb 10,14.18).

      Gerhard Maier – Edition C

      Das aronitische Priestertum konnte nicht einen Schritt ins Heilige wagen und noch weniger am Versöhnungstage ins Allerheiligste, ohne zunächst für sich geopfert zu haben. Wie konnte solch ein Hoherpriester vollenden, der selbst mit Schwachheit behaftet war und täglich immer wieder neue Opfer bringen musste? Wie ganz anders das königliche Priestertum unseres Herrn und Heilandes Er hat sich einst in den Tagen seines Fleisches nicht verloren in einer Menge von Opfern. Sein Leben war das Opfer. Das brachte Er dem Vater dar. Dies war ihm Schuldopfer und Brandopfer zugleich.
      Er hatte nicht nötig, tagweise zu opfern. Sein Leben war ein dauerndes Opfer. Ob Er den Unglauben seiner Jünger trug, ob Er auf dem Meer wandelte, ob man über Ihn spottete, wenn Er unter Zöllnern und Sündern saß, ob man das Heiligste seines Dienstes in den Staub zog, alles war Opfer. Alles war Hingabe, und zwar an die Heilandsmission, die Er vom Vater empfangen hatte.
      Als eine Sünderin in ihrer Not zu seinen Füßen saß, da sagten die Pharisäer, wäre Er ein Prophet, wäre Er wirklich der Gesalbte Gottes, so wüsste Er, was für ein Weib das ist. Ja, Jesus wusste es! Er war aber gekommen als Hoherpriester, die Sünde der Welt zu tragen. Er war gekommen, zu lösen, was gebunden war. Er wollte Menschen herausheben aus der Schwachheit, sie versetzen in die Kraft der Erlösung Gottes. Daher war sein Leben Opfer.
      In der Offenbarung Johannes sehen wir nun, dass Christus diesen seinen Lammescharakter auch in den Äonen der Vollendung nicht ablegen wird. Er wurde nicht erst das Lamm in den Tagen seiner Knechtsgestalt. Er hat nicht mit Golgatha seinen Lammescharakter vollendet. Er bleibt das Lamm, weil sein Dienst ewig Lammescharakter trägt. Während der Tage seines Fleisches, in seinem messianischen Dienste unter uns, in seinem großen Sterben auf Golgatha wurde für uns Menschen nur sichtbar, was Er als Sohn und als die Verkörperung der Barmherzigkeit und Erlösung Gottes ewig war und ewig sein wird. Die Welt hatte nicht nur einst in Ihm das Lamm Gottes, Er bleibt für sie das Lamm, das allein alle Siegel des Lebens und der Gerichte öffnen und sie in den Dienst der Barmherzigkeit und der Erlösung hineinziehen kann. Nicht nur in dem, was Christus als Sohn einmal war, sondern was Christus als Sohn heute ist und in Zukunft sein wird, darin liegt die ewig neue und die ewig wirksame Kraft des Evangeliums!

      Jakob Kroeker – ER sprach zu mir

      Gemäß dem, was Er ist, braucht unser HERR nicht für sich zu opfern. Aaron, mit all der Würde seines Amtes, war als Person nicht sündlos. Er mußte erst für sich opfern, bevor er für andere Opfer darbrachte. Das ist bei Dem, der sowohl unbefleckt als auch unsträflich ist, nicht der Fall. Obwohl hier der Ausdruck „Tag für Tag“ gebraucht wird, gab es kein ausdrückliches Gebot bezüglich eines täglichen Sündopfers für den Hohenpriester. Im Blick auf das Volk wurde das Sündopfer jedoch als fortwährendes, tägliches Zeremoniell vollzogen. Insbesondere am Versöhnungstag war der Hohepriester mit beteiligt (3Mo 16). Er sollte der Darbringung der beiden Ziegenböcke Beachtung schenken. Doch zuerst ging es um den Jungstier, der für ihn sowie sein Haus geschlachtet und geopfert werden mußte. Dann gab es jene traurigen Anlässe, bei denen ein Priester sündigte. Ein bestimmtes Opfer war für den in Sünde gefallenen Priester in 3Mo 4,3-12 vorgeschrieben. Tag für Tag waren die Priester damit beschäftigt, für sich und für das Volk Sühnung zu erwirken. Bei Christus trifft das nicht zu: Derjenige, dessen Reinheit untadelig ist, hatte kein Opfer für sich nötig, wobei Er in bezug auf das Volk ein für allemal ein Opfer darbrachte, als Er sich selbst opferte. Sein Werk hinsichtlich der Sünde ist vollbracht. Erneut finden wir den bereits im Brief bemerkten Grundsatz, wonach es zuvor eine Anspielung auf eine Wahrheit gibt, die später entfaltet werden wird. Dieses „Ein für allemal“ als Wesen des völlig ausreichenden Opfers unseres HERRN wird in Kap.9-10 ausführlicher dargelegt werden.

      Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt