Wiederum spricht er zum zweiten Male zu ihm: Simon, Sohn Jonas’, liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe.
Elberfelder 1871 – Johannes 21,16
Sagt er wiederum zum zweitenmale zu ihm: Simon Johannes‘, hast du mich lieb? Er sagt zu ihm: ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Sagt er zu ihm: leite meine Schäfchen.
Kautsch/Weizsäcker – Johannes 21:16
Dann fragte er ihn ein zweites Mal:
»Simon, Sohn des Johannes,
liebst du mich?«
Petrus antwortete:
»Ja, Herr,
du weißt,
dass ich dich lieb habe!«
Da sagte Jesus zu ihm:
»Führe meine Schafe zur Weide!«
BasisBibel – Joh 21,16
Wiederum sagt er ein zweites Mal zu ihm: „Schimon, Sohn von Johannes, gilt mir deine Hingabe?“ Er sagt ihm: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebhabe.“ Er fordert ihn auf: „Sei du Hirte meiner Schafe!“
Gottes Agenda – Joh 21:16
Dann fragte er noch einmal: »Simon, Sohn von Johannes, hast du mich lieb?« Der antwortete: »Ja, Herr, du weißt doch, dass ich dein Freund bin!« Da sagte Jesus: »Dann sorge dafür, dass meine Schafe Nahrung finden!«
Roland Werner – Das Buch – Johannes 21,16

In der Nacht der Gefangennahme Jesu hatte Petrus ihn neben einem Feuer stehend verleugnet (Joh 18,17.25.27). An einem anderen Feuer wurde er nun öffentlich rehabilitiert.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Jesus nannte ihn, wie bei ihrer ersten Begegnung (Joh 1,42), Simon, Sohn des Johannes, und fragte ihn: Hast du mich lieber, als mich diese haben? Wen meinte er wohl mit „diese“? Angesichts Petrus‘ stolzer Aussage, daß er niemals von ihm abfallen werde, ganz gleich, was die anderen taten (Mt 26,33.35; Lk 22,33; Joh 13,37), sprach er wohl von den Jüngern. Jesu dreiteilige Frage und der dreiteilige apostolische Auftrag bilden das Gegenstück zu Petrus‘ dreifacher Verleugnung. Dreimal hatte Petrus behauptet, daß er den Herrn nicht kenne (Joh 18,17.25.27); jetzt bestätigte er dreimal, daß er ihn liebe (Joh 21,15-17). Ganz gleich, wie groß der Glaube eines Menschen ist, er kann wankend werden (vgl. 1Kor 10,12). Doch Gottes Gnade und Vergebung werden den Reuigen wiederherstellen. Diese Verheißung der Gnade war sehr wichtig, denn schon bald würde die Kirche unter Verfolgungen leiden, die sogar die Leiter der Gemeinden in ihrer Treue erschütterte.
Dreimal gab Jesus Petrus den Auftrag, für seine Herde zu sorgen: Weide meine Lämmer (V. 15), weide meine Schafe (V. 16.17). Die römisch-katholische Kirche leitet daraus einen Führungsanspruch des Petrus ab, doch im Text selbst deutet nichts darauf hin (vgl. 1 Petrus 5,2). In seiner dreimaligen Frage, ob Petrus ihn liebe (agapas, agapas und phileis), und seinem anschließenden dreifachen Gebot (boske, „hüten“; poimaine, „weiden“; boske) benutzte Jesus mehrere synonyme Wörter. Da nicht mehr erkennbar ist, ob Johannes damit jeweils etwas Unterschiedliches meinte, sehen die meisten Forscher darin lediglich stilistische Variationen.
Der Vorgang beim »zweiten Mal« läuft fast genauso ab wie beim ersten Mal (V. 15). Warum, werden wir bei V. 17 noch sehen. Wir beschränken uns hier auf die Besonderheiten gegenüber V. 15.
Gerhard Maier – Edition C
Die Frage Jesu lautet jetzt einfacher: »Liebst du mich?« Nicht mehr: »Liebst du mich mehr als diese?« Jesus verzichtet also auf das »mehr« – vielleicht, weil es zum Hochmut führen könnte.
Interessant ist, daß Jesus wieder zu dem »lieben« (agapan) zurückkehrt, das die Liebe zu Gott ausdrückt (vgl. auch Mt 22,37f.). Petrus hatte vom »liebhaben« (philein) gesprochen. Offenbar bevorzugt Jesus das agapan, obwohl er auch dem philein zustimmt. Hätte Jesus jenes »liebhaben« (philein) abgelehnt, dann hätte er auch die Vergebung und die Beauftragung nicht ausgesprochen.
Die Antwort des Petrus bleibt wörtlich dieselbe wie in V. 15.
Daraufhin gibt Jesus zum zweiten Mal den Auftrag: »Weide meine Schafe!« Hier tauchen aber im Urtext zwei neue Worte auf. Für »weiden« steht jetzt ein Wort, das mehr die Herrschaft bezeichnet. Will Jesus beim zweiten Mal also eher die Leitungsaufgabe betonen, nachdem er zuerst die Fürsorge betont hatte? Beide gehören allerdings im Gesamtbild des Hirten zusammen.
Statt der »Lämmer« (V. 15) ist hier von »Schafen« die Rede. Die Verbindung mit der Hirtenrede in Joh 10,1ff. wird dadurch enger. Und noch etwas ist bemerkenswert: Wie die Würde des Petrus durch den Wechsel vom einen »weiden« zum anderen »weiden« betont wird, so wird auch die Würde der Gemeinde durch den Wechsel von den »Lämmern« zu den »Schafen« betont. Beider Würde steigt in gleichem Maße.
….
Menschen suchen möglichst günstige Voraussetzungen für einen Neuanfang zu schaffen – Viele sehen sogar im Neubeginn nur eine Fortsetzung des Alten – Bei Jesus völlig anders! Hier ist ein Neubeginn nur möglich, wenn die alte Selbstgerechtigkeit total zerbrochen wird – Jesus geht mit Petrus ein Stück von den anderen weg – Er fragt nach seiner Liebe – Er setzt am zentralen Punkt an – Das ist Seelsorge, die nicht mit dem Hammer zuschlägt – Das ist aber auch Seelsorge, die nicht über Sünde hinwegsieht – Eine wunderbare Art der Vergebung: Vergebung, indem Jesus den Auftrag schenkt! – Schon die Anrede in Parallele mit 1,42 macht klar, daß Jesus hier einen Neuanfang beabsichtigt – Dreimal muß Petrus die Frage nach seiner Jesusliebe aushalten – Dreimal hat er verleugnet – Dreimal wird er mit dem Hirten- und Leitungsamt beauftragt – Er hat Jesus »mehr« lieb, weil er ihn mehr braucht als die anderen – Doch beim dritten Mal heißt es: »Petrus wurde traurig« (V. 17) – Damit ist seine Selbstgerechtigkeit völlig zerbrochen.
»Simon, Sohn Jonas, liebst du mich?«: Die erste Frage hatte Petrus genötigt, sich zu fragen, ob er den Herrn mehr liebe als die anderen. Er hatte erkannt, dass das nicht der Fall war. Jetzt aber fragt der Herr, ob er ihn überhaupt liebe. Der Herr lässt das Licht noch tiefer in Petrus’ Inneres dringen. Er muss sich fragen, ob er den Herrn wirklich liebe. Eine heilsame Frage! Und Petrus kann nur gleich antworten wie auf die erste Frage. Er stellt sich erneut unter das Urteil seines allwissenden Herrn; und wieder wird ihm indirekt bestätigt, dass er den Herrn trotz allem liebt: »Hüte meine Schafe!« Hier steht das Verb poimainō (wie in Mt 2,6; Apg 20,28; Offb 2,27), nicht das in V. 15 und V. 17 für »weiden« verwendete boskō (wie in Mt 8,33; Lk 15,15). In 1Petr 5,2 verwendet Petrus ebenfalls das Verb poimainō, wenn er seinen Mitältesten aufträgt: »Hütet die Herde Gottes …« Er gibt damit den Befehl weiter, den er selbst vom Herrn empfangen hatte, und das konnte er nur, weil er selber der Weisung des Herrn seit diesem Tag bis an sein Lebensende gehorsam gewesen war. Mit diesem Gehorsam bewies er, dass er den Herrn liebte (siehe 14,15.21).
Benedikt Peters – Kommentar zum Johannes-Evangelium
Das Gespräch fand statt „als sie […] gefrühstückt hatten“. Die leiblichen Bedürfnisse wurden zuerst gestillt, bevor man sich ohne Ablenkung der tief geistlichen Seite zuwenden konnte. So wurden ebenfalls die 5000 gespeist, bevor die geistliche Lektion erteilt wurde (Joh 6,5.26). Wiederum hatte man das Abendmahl eben beendet, als der Herr im Obersaal Seine Abschiedsreden anfing (13,2).
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Die V.15-17 scheinen die Wiederherstellung des Apostels Petrus darzustellen. Einzig Johannes hat diese Unterredung mit dem Herrn aufgezeichnet (der V.20 läßt annehmen, daß der Apostel, den Jesus liebte, Zeuge des Gesprächs war). Wie der Gedanke fortschreitet, indem der Herr mit Petrus spricht, kann aus der Tafel entnommenen Unterscheidungen ersehen werden.
Liebe. Zweimal verwendete der Herr das angemessene Wort für die Antwort der Liebe von einem Jünger. Petrus verwendete in seinen Antworten zweimal ein anderes Wort, das den Erwartungen des Herrn nicht genügte. Der Herr verstand die Schwierigkeit des Petrus, so daß er in der dritten Frage den Maßstab etwas senkte und das gleiche Wort wie Petrus verwendete. Petrus wußte, warum der Herr das getan hatte, weshalb er „traurig“ wurde, daß der Herr die Frage geändert hatte, um Petrus entgegenzukommen, und daß er der Erwartung des Herrn nur aufgrund dieser veränderten Frage genügen konnte. Der entscheidende Unterschied zwischen dem vom Herrn zweimal verwendeten agapao und dem einmal verwendeten phileo, welches Petrus dreimal gebrauchte, kann nur entschieden werden, indem man umfangreiche Wörterbücher konsultiert. agapao wird im Johannesevangelium viel häufiger verwendet als phileo. Eine bemerkenswerte Tatsache ist die, daß im Ausdruck „der Jünger, den Jesus liebte“ immer agapao steht, außer in 20,2, wo phileo gebraucht wird. In seinem Dictionary sagt Vine, daß die beiden Verben „nie wahllos gebraucht werden im gleichen Abschnitt“. Godet hat den Unterschied auf den Punkt gebracht: „Mit einer durch die Erinnerung an seinen Fall inspirierten Demut läßt Petrus in seiner Antwort zuerst die letzten Worte ´mehr als diese‘ fallen; dann ersetzt er den Begriff agapan – lieben im Sinne von Verehrung, von vollständiger, tiefer, ewiger Liebe – durch das Wort philein, lieben im Sinne von Freundschaft pflegen, jemandem persönlich verbunden sein, ergebene Zuneigung haben.“ Eines ist tief geistlich, das andere berührt dem Zusammenhang gemäß mehr die Emotionen. In der ersten Frage des Herrn befand sich der Vergleich „mehr als diese“. Liebte Petrus den Herrn mehr als die anderen Jünger Ihn liebten? Denn Petrus war von sich eingenommen gewesen, als er selbstsicher und auf die anderen herabschauend gesagt hatte: „Wenn sich alle an dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern“ (Mt 26,33). Offensichtlich lernte Petrus die Lektion, denn später schrieb er: „Welchen ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebet ( agapao)“ (1 Petrus 1,8).
2. weiden; hüten
. Den beiden deutschen Wörtern (nach Elberf) in den V.15.16.17 entsprechen auch im Griechischen zwei Wörter. In der Antwort auf die erste und letzte Antwort des Petrus verwendet der Herr das Wort bosko, („weiden“) was so viel wie für Nahrung sorgen bedeutet, wie Er getan hatte, als Er den Jüngern Brot und Fisch bereitgestellt hatte. Natürlich ist damit geistliche Nahrung gemeint (alle übrigen Stellen im NT verwenden das Wort im Sinne biologischer Nahrung). Aber das nach der zweiten Antwort des Petrus verwendete Wort ist poimaino (dessen entsprechendes Hauptwort poimän, „Hirte“ im natürlichen wie im geistlichen Sinn ist). Das Wort bezieht sich auf das Werk des Hirten im Wachen und Hüten der Schafe. Im geistlichen Sinn kommt das Verb in Apg 20,28 vor: „die Herde Gottes zu weiden“, und in 1 Petrus 5,2: “ Weidet die Herde Gottes“ (Zürcher). Mit anderen Worten, dem Petrus wurden vom auferstandenen Herrn viele Aufgaben als Hirte übertragen. Das Wort kommt auch in Offb 2,27;12,5 und 19,15 vor, wo es jedesmal mit „weiden“ übersetzt wird und sich auf die Regierung des Herrn über die Nationen bezieht.
3. Lämmlein, Schafe
. Das Wort arnion kommt im Johannesevangelium nur einmal vor, aber sehr oft in der Offenbarung: 28mal bezeichnet es das Lamm, einmal das zweite Tier, den falschen Propheten (13,11). Obwohl das Wort im Griechischen der Form nach ein Diminutiv ist, hatte es gemäß Vine diesen Sinn verloren (weshalb Rev.Elberf und Zürcher mit „Lämmer“ übersetzt). Auf den Herrn angewendet, können wir sagen, daß Sein Opfer bereits vollbracht ist; was die Gläubigen betrifft, so sollte Petrus sie als jung und der Fürsorge bedürftig ansehen. Aber das Wort „Schaf“ ( probaton) wird zweimal verwendet (und sehr oft in Kap. 10) und bezeichnet offenkundig die reiferen Gläubigen. (Es bedeutet wörtlich „das Voranschreitende“, B.P.) Alle müssen geweidet und gehütet werden, und dem wiederhergestellten Petrus wurde diese Verantwortung unter den Gemeinden übertragen. Zweifelsohne bezeichnet ersteres Wort sein Wirken in der Apostelgeschichte, während letzteres sich auf seinen späteren in den Briefen entfalteten Dienst bezieht. (Andere griechische Texte verwenden das Diminutiv probation, womit ausgedrückt wird, daß sie der Gegenstand zärtlicher Fürsorge durch den Herrn waren.)
4. wissen; erkennen
. Es sind zwei verschiedene Wörter, die Petrus gebraucht. Ersteres ( oida) kommt im NT einige hundertmal vor und hat oft die Bedeutung von „sehen“. Letzteres ( ginosko) wird von Petrus hier nur einmal gebraucht, aber es kommt im NT sehr häufig vor. Ersteres enthält den Gedanken der Vollständigkeit: „Du weißt alles“, was sich auf die Allwissenheit Gottes anwenden läßt. Letzteres beinhaltet Wachstum und Wahrnehmung; Petrus bat den Herrn, daran zu denken, daß er während all der Jahre seines Dienstes in Gnade und Liebe gewachsen war, ungeachtet der zahlreichen Fälle von Schwachheit. Petrus wandte sich an die Erkenntnis des Herrn, die Er aus dem täglichen Beobachten seines Lebens, Dienstes und Zeugnisses gewonnen hatte.
5. spricht; sprach
. Zwei Zeitformen werden in diesen Versen gebraucht, die in der AV, JND, Elberf, Rev.Elberf, Zürcher und Luther ebenso wiedergegeben werden. (Die Vergangenheit „sagte“ und „sprach“ kommt in V.17 zweimal vor.) Die häufige Verwendung der Gegenwart „er spricht“ (oder „sagt“), obwohl die Handlung streng genommen Vergangenheit war, ist für das neutestamentliche Griechisch charakteristisch. Die Grammatiker nennen das „historisches Präsens“, das verwendet wird, um einem Geschehen Unmittelbarkeit und Lebendigkeit zu vermitteln. Darum tun die Übersetzungen gut daran, das auch im Deutschen mögliche historische Präsens zu gebrauchen. So ist beispielsweise „des folgenden Tages sieht er Jesum zu sich kommen“ (29) unendlich lebendiger, als das blasse: „Am anderen Tag sah er, wie Jesus auf ihn zukam“ (NEB).
Neueste Kommentare