In der Wolkensäule redete er zu ihnen; sie bewahrten seine Zeugnisse und die Satzung, die er ihnen gegeben.
Elberfelder 1871 – Psalm 99,7
Gott sprach zu ihnen aus der Wolkensäule, und sie gehorchten den Geboten und Ordnungen, die er ihnen gab.
Hoffnung für alle – 1996 – Psalm 99:7
Aus der Wolkensäule sprach er zu ihnen.
Sie bewahrten seine Aussagen, ja, das Gebot, das er ihnen gegeben hatte.
das Buch – Ps 99,7

Die Wolkensäule gab nicht nur den Weg an, sondern bildete gleichzeitig das Zentrum. Und jeder Mensch konnte schon von weitem erkennen, dass dort etwas „unnatürliches“, etwas wunderbares geschah! Und trotzdem lesen wir in den Mosebüchern, dass die meisten Menschen nicht auf Gottes Führung reagierten!
Die Begebenheiten der Verse 6 bis 8 bestätigen, dass die Güte des HERRN nie ohne Seine Heiligkeit in Erscheinung tritt. Seine Freundlichkeit und Seine Strenge gehen immer miteinander. Dies wird in den persönlichen Erfahrungen der drei Gottesmänner Mose, Aaron und Samuel deutlich sichtbar. In Gott gemäßer Weise traten sie vor dem Höchsten stellvertretend für das ganze Volk ein, das Seinen Zorn hervorgerufen hatte. Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments berichten davon, dass diese Männer in einer besonders direkten Weise in die Nähe des Allmächtigen kamen und von Ihm angenommen und erhört wurden. Sie hatten ein tiefes Empfinden dafür, was Seine Heiligkeit erforderte. Daher konnte Er ihnen im besonderen Maß Gnade zuwenden, die anschließend dem ganzen Volk zugutekam (2 Mose 33,9–23; 4 Mose 12,7–13; 1. Sam 3,8ff; 7,9). Die heilige Gerechtigkeit Seiner Regierung blieb gewahrt und die damit verbundene Strenge wurde von diesen Knechten Gottes anerkannt (4 Mose 20,12). Auch wenn Er sich ihnen in großer Güte als der Barmherzige zuwandte, blieb Er dennoch der heilige Gott.
Karl Mebus – Die Psalmen – Eine Auslegung für die Praxis
Die Erwähnung der drei Gottesmänner unterstreicht, dass es für die Beziehungen zu Gott sehr notwendig ist, dass treue, gottesfürchtige Gläubige da sind, die als Bittende Gott angenehm sind und als betende Mittler für andere vor Ihm eintreten können, wie es auch der Herr Jesus getan hat (Lk 22,32; Joh 17,9.15.20). Gerne entspricht Gott den Bitten derer, die alles, was Sein Wort bezeugt und gebietet, bewahren und das wertschätzen, was die Gnade Seinem Volk gegeben hat (Vers 6). „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel“ (Jak 5,16). Solche gebraucht Gott zum Dienst für andere und pflegt Gemeinschaft mit ihnen. Zu ihnen wird Er Sich bekennen. Sie kennzeichnen sich auch dadurch, dass sie die heilige Sache Gottes nicht minder vertreten als die Sache der Mitgläubigen. Sie werden darauf bestehen, dass der Schuldige sich schuldig bekennt und dass die Sünde beim Namen genannt wird. Dann wird der Heilige und Wahrhaftige Sich als „ein vergebender Gott“ erweisen. Bei alledem bleibt Gott der Rächer böser Taten (Vers 8). Das Licht Seiner Heiligkeit tritt bei der Vergebung von Sünden genauso klar hervor wie das alles aufklärende Licht, das bei der Bestrafung von Bösem wirksam ist. Seine Regierung kommt sowohl durch Vergebung als auch durch Strafe in gerechter Weise zum Ausdruck. Zugleich entspricht Gottes Gerechtigkeit Seiner Weisheit, Güte und Heiligkeit. Wer den Herrn liebt, liebt und schätzt ebenso sehr Sein Licht und Seine Wahrheit, und lässt sich von ihnen zu „seinem heiligen Berg“ führen (Ps 43.3.4). Er kommt in Seine Nähe und fällt mit Ehrfurcht vor Ihm nieder (Vers 9). Die Heiligkeit Gottes ist für Ihn ein starker Anziehungspunkt, nicht etwa ein Hindernis, das er fürchten müsste. Der Psalm macht deutlich, dass Gott solche Anbeter sucht und dass der Weg dahin vorhanden ist.
V 6–9 greift, wie bei der Analyse ausgeführt, die im zweiten Abschnitt genannte Gabe der Rechtsordnungen Israels auf und erläutert sie mit einer brennpunktartigen Rekapitulation der Ursprungsgeschichte Israels. Zugleich wird das im einführenden Abschnitt eingespielte Thema vom Gottesnamen als »Offenbarungsmedium« aufgenommen und so präzisiert, daß damit noch einmal die besondere »Rechtsliebe« des Königs JHWH zur Sprache kommt. Mit der Nennung von Mose, Aaron und Samuel, aber auch mit dem Motiv von dem aus der Wolkensäule immer wieder zu Mose und Aaron (vgl. Ex 33,7–11 sowie Ex 34,5 als Einleitung zur »Namensmitteilung« Ex 34,6f., aber auch das ganze Buch Levitikus, das als Rede aus dem Heiligtum, in das JHWH in der Wolkensäule herabgestiegen war, konzipiert ist) und über sie zu Israel redenden Gott will dieser Abschnitt Assoziationen an die Frühzeit Israels als Stiftung einer besonderen Gottesnähe wecken. Daß nicht nur Aaron, sondern auch Mose und Samuel aus der Retroperspektive zu Priestern gemacht werden, hängt sicher mit dem priesterlichen Milieu zusammen, in dem der Psalm entstand (diese Sicht konnte an »priesterliche« Handlungen anknüpfen, die die Überlieferung von beiden erzählte: vgl. u. a. Ex 24,3–8; Lev 8,1; 1 Sam 7,9f.; 9,13.22f.). Wichtiger aber ist: Mose, Aaron und Samuel werden hier genannt als die Empfänger der rechtlichen und kultischen Überlieferungen Israels, die im Kontext unseres Psalms Konkretion und Explikation der königlichen »Weltordnung« für die Erde als Königreich JHWHs sind. V 6–7 gibt dieser Toratheologie sogar noch eine besondere Pointe: Die »Zeugnisse« und die »Satzung«, die JHWH als königlicher Gesetzgeber gab, sind »Antworten« Gottes auf die Hilferufe Israels (bzw. seiner großen Mittlergestalten); damit wird die rettende und heilende Kraft der Tora unterstrichen. Da, wie wir oben gesagt haben, Ps 99 als eine Relecture von Ps 93 verstanden werden will, wird durch den Stichwortbezug von Ps 99,7 zu Ps 93,5 (»Zeugnisse«) herausgestellt, daß diese Israel gegebenen »Zeugnisse« chaosbekämpfende und kosmosrettende Kraft haben.
Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament
Der dritte Abschnitt (V. 6–9) lenkt den Blick in die Ursprungsgeschichte Israels. Er will mit der Nennung von Mose, Aaron und Samuel, aber auch mit dem Motiv von dem aus der Wolkensäule redenden Gott und vor allem mit dem Zitat aus Ex 34, 7 im Hörer/Leser des Psalms Assoziationen an diese Frühzeit als eine Zeit besonderer Gottesnähe wecken. Dass nicht nur Aaron, sondern auch Mose und Samuel aus der Retrospektive zu Priestern gemacht werden, hängt sicher mit dem priesterlichen Milieu zusammen, in dem der Psalm entstand (diese Sicht konnte an »priesterliche« Handlungen anknüpfen, die die Überlieferung von beiden erzählte: vgl. u. a. Ex 24, 3–8; Lev 8; 1 Sam 7, 9f; 9, 13.22f). Wichtiger aber ist: Mose, Aaron und Samuel werden hier genannt als die Empfänger der rechtlichen und kultischen Überlieferungen Israels, die in der Sicht unseres Psalms Konkretion und Explikation der die Welt zum Reich Gottes verwandelnden königlichen »Lebensordnung« sind. Die Sinai-Tora und ihre Ausformung in die vielen konkreten Lebensweisungen sind das »Grundgesetz«, das JHWH als der König Israels seinem Volk gegeben hat. Aber dieses Grundgesetz Israels ist zugleich das Grundgesetz, dessen Befolgung die Welt am Leben hält. Dass dieses königliche Grundgesetz freilich seine volle Lebenskraft entfalten kann, gründet in jener Großherzigkeit des Königs JHWH, mit der er am Höhepunkt der Gabe des Neuen Bundes in Ex 34 sich selbst (seinen Namen) definiert als den »die Schuld (weg-)tragenden Gott« (Ex 34, 7). Unser Psalm lässt in seinem Zitat das Objekt »Schuld« weg. Es ist gewiss mitgemeint, weshalb die Übersetzung »ein vergebender Gott« durchaus angemessen ist. Dennoch spielt der Psalm hier mit der Vieldeutigkeit des Verbums »tragen«. Ein »tragender Gott« war JHWH, indem er sein Volk zu sich an den Sinai »auf Adlersflügeln trug« (Ex 19, 4), als er Israel durch die Wüste trug wie ein Vater seinen Sohn (Dtn 1, 31). Weil er ein guter König seines Volkes ist, kann er sagen: »Hört auf mich, ihr vom Haus Jakob, und ihr alle, die vom Haus Israel noch übrig sind, die mir aufgebürdet sind vom Mutterleib an, die von mir getragen wurden, seit sie den Schoß ihrer Mutter verließen. Ich … will euch tragen … und werde euch weiterhin tragen, ich werde euch schleppen und retten« (Jes 46, 3f). So wird auch die in V. 8d gegenüber Ex 34, 7 beabsichtigte Uminterpretation der überkommenen Rede vom »strafenden Gott« wichtig. Die schwer übersetzbare kurze Zeile meint: »ein die durch ihre Taten gestörte Lebensordnung wiederherstellender Gott warst du ihnen«, d. h. JHWH selbst macht wieder gut, was sein Volk zerstört. In der Tat: Durch die Vergebung von Schuld und durch die Erneuerung der gestörten Lebensordnung erweist er sich als der »heilige König«, dem Lobpreis und Huldigung ziemt.
Zenger – Psalmen: Auslegungen
»In der Wolkensäule«: Diese erinnert uns an den Auszug aus Ägypten und an den darauf folgenden Wüstenzug. Gott selbst war in der Wolkensäule gegenwärtig, um sie Tag und Nacht zu führen (2Mo 13,21.22), und »er redete zu ihnen« aus ihr (2Mo 33,9; 4Mo 12,5; 5Mo 31,15.16). An diesem Beispiel aus der Geschichte soll das Volk Gottes lernen, dass Gott auf das Rufen seiner Knechte hört, dass diese sich aber ebendarin als seine Knechte erweisen, dass sie auf Gottes Reden hörten: »Sie bewahrten seine Zeugnisse …«. Gott verlangt Gehorsam (siehe 2Mo 25,9.40). Man beachte einmal oder zähle sogar, wie häufig in 2. Mose und 3. Mose der Satz steht: »Und Mose (oder Aaron) tat, so wie der HERR ihm geboten hatte« (2Mo 34,4); allein in 2Mose 40,16–32 acht Mal.
Benedikt Peters – Die Psalmen
Es mag einer noch so viel beten, hört er nicht auf Gottes Wort, ist sein Gebet Gott ein Gräuel (Spr 28,9).
…
»Um die Gläubigen zu ermuntern werden die Beispiele von Mose, Aaron und Samuel angeführt, Männern von gleichen Gemütsbewegungen wie wir, deren Gebete erhört wurden … Sie wurden erhört vermöge der Fürbitte des großen Mittlers, den sie repräsentierten. Durch die gleiche Fürbitte werden auch unsere Gebete erhört, wenn wir ›seine Zeugnisse bewahren und die Satzungen‹, die er uns gegeben hat« (Horne).
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