Monat: Januar 2023

einige wenige – oder alle?

Und sie wurden alle mit Heiligem Geiste erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen (O. Zungen) zu reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
Elberfelder 1871 – Apg 2,4

Sie wurden alle mit heiligem Geist erfüllt und fingen an, in verschiedenen Sprachen zu sprechen, so wie der Geist sie dazu befähigte.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Apostelgeschichte 2:4

Und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt. Und sie fingen an, in anderen Sprachen zu reden, so wie der Geist es ihnen auszusprechen gab.
Jantzen & Jettel – Apg. 2,4

Hat nur eine kleine Gruppe in deiner Gemeinde „das Vorrecht“ vom „heiligen Geist“ erfüllt zu sein? Nun schauen wir uns die Geschichte im 1.Jahrhundert an: obwohl nur 11 Apostel Jesus treu blieben, waren zu Pfingsten es mindestens die 120 Jünger, die in Apostelgeschichte 1,15, die ALLE mit dem Geist erfüllt wurden. Wer wird aufgeführt, dass er nicht den Geist bekam? Genau niemand!
Jehovah kehrte die Sprachenverwirrung von Genesis um, und sorgt dafür das Seine Botschaft bekannt wird.

ἐ-πλήσθησαν Aor. Pass. πίμπλημι207 erfüllen, anfüllen, m. τινός mit etwas (A165). πνεῦμα ἅγιον wohl auch ohne Art. best. (vgl. 1,5.8; wahrscheinl. eigennamenartig gebraucht [vgl. A108; BDR § 254; B πνεῦμα 5cα/β]). ἤρξαντο Aor. Med. ἄρχω. λαλεῖν Inf. λαλέω, hier m. ἑτέραις γλώσσαις (wohl dat. instr., A176 [evtl. dat. modi, A180]) mit anderen „Zungen“ reden = in fremden Sprachen reden (B ἕτερος 2); gemeint sind wirkl. Sprachen, die den Sprechern nicht bekannt waren (V. 5ff; vgl. auch 1Kor 14,2ff). ἐ-δίδου Ipf. δίδωμι hier τινί m. Inf. jmdm. gestatten, jmdn. befähigen etwas zu tun (vgl. B 1bβ) bzw. jmdm. eingeben. ἀπο-φθέγγεσθαι Inf. -φθέγγομαι (vgl. A3359ff) gerade heraussagen, laut erklären (v. Äußerungen v. Weisen, Propheten, Wahrsagern o.ä.), hier etwa sich äußern, sich ausdrücken; καθὼς τὸ πνεῦμα ἐδίδου ἀποφθέγγεσθαι αὐτοῖς wie der Geist sie befähigte, sich auszudrücken od. (einfach) wie es der Geist ihnen eingab (Einh.).

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Das „Erfülltwerden“ mit dem Heiligen Geist ist nicht dasselbe wie die Taufe mit dem Geist. Die Taufe mit dem Geist erlebt jeder Gläubige nur einmal im Leben, zum Zeitpunkt seiner Rettung (vgl. Apg 11,15-16; Röm 6,3; 1Kor 12,13; Kol 2,12), doch mit dem Geist erfüllt wird er auch danach noch des öfteren (Apg 4,8.31;6,3.5;7,55;9,17;13,9.52).
Die andern Sprachen (heterias glOssais; vgl. Apg 11,15-16), die die Apostel plötzlich beherrschten, waren ein Zeichen für die Taufe mit dem Heiligen Geist. Zweifellos handelte es sich dabei um lebende Sprachen; in Apg 2,6 und 8 wird das Wort dialektO verwendet, es bedeutet „Sprache“, nicht „ekstatische Äußerungen“. Das gibt uns auch Aufschluß über die „Zungen“ in Kap. 2,10.19 und in 1Kor 12-14.
Das Ereignis, das hier beschrieben ist, war praktisch die Geburtsstunde der Kirche. Bis jetzt wurde von ihr immer nur als von etwas Zukünftigem gesprochen (Mt 16,18). Die Kirche bildet einen Leib, der durch die Taufe mit dem Heiligen Geist ins Leben gerufen wurde (1Kor 12,13), also muß das erstmalige Auftreten des Geistes, die Taufe mit dem Heiligen Geist, als die Geburtsstunde der Kirche betrachtet werden. Zwar wird in Apg 2,1-4 nicht ausdrücklich gesagt, daß die Taufe mit dem Heiligen Geist an Pfingsten stattfand. Doch in Apg 1,5 wird sie antizipiert, und Apg 11,15-16 ,wo von Pfingsten die Rede ist, bezieht sich zurück auf sie. Daraus schließen wir, daß die Kirche tatsächlich an Pfingsten gegründet wurde.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Dann geschahen drei Dinge: ein Geräusch, das man hören konnte, ein Anblick, den man sehen konnte, und ein Wunder, das man erleben konnte.
Das zu hörende Geräusch war ein Wind (V. 2). Der Vers unterstreicht die Schnelligkeit, mit der er kam: Es erschien „plötzlich“, ein Begriff, der nur in der Apostelgeschichte verwendet wird
(2,2; 16,26; 28,6). Die Quelle war der Himmel, und es war ein Geräusch wie das Rauschen eines gewaltigen Windes. Der Vers sagt nicht, dass das, was die Apostel hörten, ein Wind war. Er besagt nur, dass das Geräusch wie ein Wind war. In der Heiligen Schrift ist der Wind ein gängiges Symbol für den Heiligen Geist. Eine wörtlichere Übersetzung dieses Teils des Verses würde lauten: „Und es geschah plötzlich ein Brausen wie von einem gewaltigen Wind, der heftig getragen wurde.“ Der Wind tobte und verursachte eine Erschütterung oder einen Nachhall wie das Zischen eines Tornados. Obwohl die Anwesenden dieses Geräusch hörten, spürten sie nie einen Windstoß. Das Ergebnis war, dass das Geräusch das ganze Haus, in dem sie saßen, erfüllte. Die Tatsache, dass Lukas den Begriff „Haus“ verwendet, schließt aus, dass es sich bei dem Ort um den Tempel handelte; es war wohl eher der obere Raum.

Der Anblick, den es zu sehen gab, war Feuer (V. 3). Die Erscheinung war die von „Zungen“. Die Handlung war die des „Zerteilens“. Das griechische Verb (diamerizomenai) bedeutet „zerteilen“ oder „in Stücke schneiden“. Die mittlere Gegenwartsform bedeutet, dass sich die Zungen „zerteilen“; sie verteilen sich. Was die Menschen sahen, war etwas wie Feuer. Auch hier sagt der Vers nicht, dass es Feuer war, sondern nur, dass es wie Feuer aussah, aber die Apostel spürten kein Brennen. Jede der Zungen hatte ein flammenähnliches Aussehen und einen flammenden Glanz. Zunächst sahen die Jünger ein Bündel von Flammen, die miteinander verbunden waren. Dann löste sich der Haufen auf und verteilte sich in einzelne flammenartige Zungen. Dies war eine Erscheinung der Schechinah-Herrlichkeit, der sichtbaren Manifestation der Gegenwart Gottes. Das Ergebnis war, dass sie sich auf jeden einzelnen von ihnen setzte; mit anderen Worten, eine Zunge, die wie Feuer aussah, ruhte auf jedem Apostel.

Das letzte Wunder, das es zu erleben galt, war die Gabe der Zungen, also das Reden in anderen Sprachen (V. 4). Zungen sind das, was das Feuer aussah, und das Wunder war, dass die Apostel auch in anderen Zungen redeten. Die Ursache dafür war, dass sie alle mit dem Heiligen Geist erfüllt waren. Vom Heiligen Geist erfüllt zu sein bedeutet, „von ihm beherrscht zu sein“ (Eph 5,18); die Apostel waren plötzlich vom Heiligen Geist beherrscht. Obwohl nur die Erfüllung mit dem Heiligen Geist erwähnt wird, umfasste dieses Ereignis auch andere Dienste des Heiligen Geistes. Es umfasste zum Beispiel den Dienst der Innewohnung des Geistes (Joh 14,17). Es umfasste auch den Dienst der Geistestaufe, wie ein Vergleich von Apostelgeschichte 1,5 mit Apostelgeschichte 11,15-16 zeigt. All dies erfüllte die Verheißung, die Jeschua in Johannes 16,7-15 gegeben hatte. Das Wort „Zungen“ bedeutet, dass die Apostel begannen, in einer anderen Sprache als ihrer eigenen Muttersprache zu sprechen. Es war eine echte, bekannte, gesprochene Sprache mit allen Regeln der Grammatik, Diktion und Syntax, die allen Sprachen gemeinsam sind. Es handelte sich nicht nur um die schnelle Wiederholung von drei oder vier Silben, die man heute als Zungenrede bezeichnet. Die Quelle dieser Gabe der Sprachen war der Heilige Geist: Der Geist gab ihnen das Sprechen. Mit anderen Worten: Der Heilige Geist sorgte für die Gabe der Zungen oder Sprachen, die eine seiner geistlichen Gaben ist.

Offensichtlich gingen die Apostel nach dem Erlebnis im Obergemach in die Öffentlichkeit und sprachen weiter in den Sprachen der Juden, die aus verschiedenen Ländern nach Jerusalem gekommen waren, um Schawuot zu feiern. Dieses anschließende Ereignis könnte auf dem Tempelgelände stattgefunden haben, denn die in Apostelgeschichte 2,41 erwähnte große Menschenmenge hätte nicht in den Obersaal gepasst. In diesem Kapitel der Apostelgeschichte wird jedoch nicht angegeben, wo die beiden Ereignisse stattfanden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei dieser Gelegenheit ein neues Wirken des Heiligen Geistes stattfand, das wiederum ein neues Gebilde hervorbrachte: die kehillah, die ekklēsia, die Kirche, den Leib des Messias. Diese Tatsache wird in Apostelgeschichte 11,1-18 weiter verdeutlicht.

Die Bedeutung von Schawuot, dem Fest der Wochen, lässt sich in neun Punkten zusammenfassen.
Erstens markierte es das Kommen des Heiligen Geistes für eine neue Art des Dienstes, seinen neutestamentlichen Dienst, gemäß Johannes 16,7-15.
Zweitens wurde das Kommen des Heiligen Geistes durch die drei Zeichen in Apostelgeschichte 2,1-4 gekennzeichnet: das Rauschen des Windes, das Erscheinen von Feuer und die Gabe der Zungenrede.
Drittens ist dieses Pfingsten der Zeitpunkt, an dem die Gabe des Heiligen Geistes gegeben wurde, denn er ist die Gabe (Joh 14,16; Apg 2,38; 10,45). Vor dieser Zeit wohnte der Heilige Geist einigen Gläubigen inne, aber nicht allen Gläubigen. Selbst für die wenigen, die die Innewohnung erfuhren, war sie nicht unbedingt von Dauer. Jetzt wohnt der Heilige Geist allen Gläubigen inne, und diese Innewohnung ist von Dauer.
Viertens bedeutet es, dass die Kraft des Heiligen Geistes jetzt zur Verfügung steht, damit jeder Gläubige den Auftrag, den Gott ihm gegeben hat, erfüllen kann (Apg 1,8).
Fünftens: Pfingsten markiert den Beginn – die Geburt – der Kirche. Das wird deutlich, wenn man vier Bibelstellen vergleicht. Kolosser 1,18 lehrt, dass die Kirche der Leib des Messias ist. In 1. Korinther 12,13 heißt es, dass der Eintritt in diesen Leib, die Kirche, durch die Geistestaufe erfolgt. In Apostelgeschichte 1,5 heißt es, dass die Geistestaufe noch in der Zukunft liegt. In Apostelgeschichte 11,15-16 heißt es, dass die Geistestaufe in Apostelgeschichte 2,1-4 begann. Da die Kirche nicht ohne die Geistestaufe existieren kann, bedeutet dies, dass die Kirche bei dieser Gelegenheit geboren wurde.
Sechstens: Pfingsten öffnete das Evangelium sowohl den Juden als auch den Proselyten (Apg 2,10).
Siebtens bedeutete es, dass Petrus nun zum ersten Mal die Schlüssel des Reiches Gottes benutzen würde. Wie in der Einleitung zu dieser Arbeit erwähnt, wurden ihm diese Schlüssel in Matthäus 16,19 gegeben, um die Tür der kirchlichen Seite des Reich-Gottes-Programms für drei Gruppen zu öffnen: für Juden, Samariter und Heiden. Jetzt war er im Begriff, die Tür für die Juden zu öffnen (Apostelgeschichte 2,14).
Achtens: Pfingsten ist eine Veranschaulichung der zukünftigen Ausgießung des Heiligen Geistes über ganz Israel, die in Joel 2:28-32a vorausgesagt und in Apostelgeschichte 2:16-21 verkündet wird.
Neuntens bedeutet Pfingsten, dass die weltweite Verkündigung des Evangeliums nun ernsthaft beginnt (Apostelgeschichte 2,9-11).


Nach dem rabbinischen Judentum war der Empfang des Heiligen Geistes eine gemeinschaftliche Angelegenheit und abhängig von einer würdigen Generation. In Sifre Devarim zu Deuteronomium 18,12 wird die Frage „Warum ist der Heilige Geist in Israel so wenig sichtbar?“ mit einem Zitat aus Jesaja 59,2 beantwortet: „Weil eure Missetaten euch von eurem Gott getrennt haben.“ [Die Jüdische Enzyklopädie weist auf den Zusammenhang zwischen dem Heiligen Geist und der „Stimme Gottes“, dem Bat Kol, hin und kommentiert auch die Tatsache, dass das Erscheinen des Heiligen Geistes von einer würdigen Generation abhängt:
Nach dem rabbinischen Judentum war der Empfang des Heiligen Geistes eine gemeinschaftliche Angelegenheit und abhängig von einer würdigen Generation. In Sifre Devarim zu Deuteronomium 18,12 wird die Frage „Warum ist der Heilige Geist in Israel so wenig sichtbar?“ mit einem Zitat aus Jesaja 59,2 beantwortet: „Weil eure Missetaten euch von eurem Gott getrennt haben.“ [Die Jüdische Enzyklopädie weist auf den Zusammenhang zwischen dem Heiligen Geist und der „Stimme Gottes“, dem Bat Kol, hin und kommentiert auch die Tatsache, dass das Erscheinen des Heiligen Geistes von einer würdigen Generation abhängt:
Aus dem Vorangegangenen geht hervor, dass die Bat Ḳol mit dem Heiligen Geist, ja sogar mit Gott identifiziert wurde; aber sie unterschied sich wesentlich von den Propheten, obwohl diese als Medium des Heiligen Geistes sprachen. Der Heilige Geist ruhte auf den Propheten, und die Verbindung war persönlich und intim, während diejenigen, die das Bat Ḳol hörten, in keiner Beziehung zum Heiligen Geist standen. Die Propheten wiederum besaßen den Heiligen Geist; aber die Bat Ḳol konnte nicht besessen werden: Gott sprach durch sie, wie er es durch die Propheten tat. Aus diesem Grund richtete sich das Bat Ḳol nicht nur an begünstigte Sterbliche, sondern auch an Sünder, Einzelne oder Scharen, innerhalb oder außerhalb des Heiligen Landes (B. M. 86a; B. B. 73b, 74b). Sie offenbarte den höheren Willen … in vollkommen verständlichen Worten. „Nach dem Tod der letzten drei Propheten, Haggai, Sacharja und Maleachi, verließ der Heilige Geist Israel; aber das Bat Ḳol wurde noch gehört“ (Tos., Soṭah, xiii. 2 . . .). Die Prophezeiung war eine Gabe, der nicht nur der Prophet, sondern auch seine Generation würdig sein musste. Ein Bat Ḳol erklärte Hillel und Samuel den Kleinen für würdig, den Heiligen Geist auf sich ruhen zu lassen, wäre da nicht ihre Generation gewesen.
Das rabbinische Judentum sprach zwar vom Heiligen Geist, aber man darf nicht vergessen, dass es den Heiligen Geist nicht als Gott ansah, sondern als einen göttlichen Einfluss von Kraft oder Macht.

Arnold G. Fruchtenbaum – Apostelgeschichte

Das waren die Zeichen, die die Gabe des Christus kundmachten; nun wird diese selbst beschrieben. 2,4: Und alle wurden von heiligem Geist voll und begannen, mit anderen Zungen zu reden, wie der Geist es ihnen gab zu sprechen. Nun war ihr Inneres durch göttlichen Antrieb bewegt; aus Gottes Licht flossen ihre Gedanken, und unter seiner Wirkung hob sich ihr Herz nach oben, und ihr Begehren und Lieben wurde rein und stark an Gottes Kraft und eins mit seinem Willen.
Der neue Geist wirkte ein neues Wort; er gab ihnen nun andere Zungen als diejenigen, welche die natürliche Geisteskraft dem Menschen gibt. Was sie sprachen, formten sie sich nicht mehr selbst mit des eigenen Herzens Dichten, an dem viel Eitelkeit hängt, sondern sprachen aus, was sie inwendig aus Gott empfangen hatten. Es folgt aus dem Wesen des Geists als der Gegenwart und Wirkung Gottes in uns, daß die neue Zunge vor allem in Gebet bestand. Wenn Gott uns das Wort gibt, so verherrlicht es ihn. Die Jünger sprachen in Anbetung von Gottes Herrlichkeit, nicht mit dunklen, allgemeinen Begriffen, sondern im Blick auf sein Werk und Reich; jene Größe Gottes priesen sie, die sich in der Sendung des Christus offenbart. Über die Form und den Laut ihrer Worte ist in Vers 4 noch nichts gesagt; nur das, daß sie deutlich das Merkmal an sich trugen, sie stammten nicht aus den Jüngern, sondern aus dem Geist, und Seien von Gott empfangen, nicht von ihnen selbst gemacht.
Damit hat uns Lukas das Erlebnis der Jünger so weit beschrieben, als es die Jünger selbst ergriff und ihre Hoffgnung in Besitz, ihre Bitten in Dank und Anbetung verwandelte. Christus hatte sie, als er zum Vater ging, nicht verlassen; vom Throne Gottes her gab er ihnen das Gut, das all ihr Bitten und Verstehen überstieg: Geist Gottes legte er in sie und gab ihnen damit das höchste Pfand der Gnade und die gewisseste Bezeugung Gottes, eine Lebensgemeinschaft mit ihm, die sie innerlich und darum ganz mit Gott verband. Allein weil sie Jesu Jünger waren, kam bei ihnen nie bloß das in betracht, was sie für sich selbst an Erfahrung der Gnade und an himmlischen Gaben erlangten; denn sie haben einen Beruf, ein Werk ist ihnen aufgetragen, und auch dafür wurde ihnen die Pfingstgabe gegeben. Im unmittelbaren Zusammenhang mit ihr begann ihr Aposteldienst. Würden wir die eine von der anderen Bedeutung des Vorganges abscheiden, so wäre die Meinung des Berichts verletzt. Weder nur eine Amtsgnade noch nur ein persönlicher Besitz, weder nur Ausrüstung zum Werk noch nur eigene innerliche Heiligung und Glaubensfähigkeit war die Gabe des Geistes, sondern beides zusammen in untrennbarer Einigung. Die Jünger wären nicht zweierlei, Christen und auch noch Apostel, hatten nicht ein doppeltes Ziel, für sich im Glauben zu leben und auch noch den Leuten zu helfen. Das lag für sie völlig ineinander: als Jesu Jünger waren sie die Apostel, und in der Durchführung ihres Berufes hatten und behielten sie den Glaubensstand. So wurde auch durch das eine und selbe Erlebnis am Pfingsttag beides bewirkt, daß ihr Aufblick zu Gott neu wurde und ebenso neu auch ihr Verhalten gegenüber der Judenschaft.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Die Zungen werden als „sich zerteilende“ bezeichnet. Vielleicht sollten wir sofort übersetzen: sich „verteilende“. Nicht das Bild gespaltener Flammen ist gemeint, sondern die persönliche Zuwendung des Geistesfeuers zu jedem einzelnen der großen Schar. Darum fährt Lukas trotz der eben genannten Mehrzahl von Zungen fort: „… und er ließ sich auf jeden einzelnen von ihnen nieder.“ Treffend kommt in dieser scheinbar ungeschickten Formulierung zum Ausdruck, daß es der eine unteilbare Heilige Geist ist, der nun doch persönlich jedem einzelnen zuteil wird. „Und sie wurden erfüllt alle von Heiligem Geist.“ Es ist der Geist wie ein von oben kommendes Feuermeer, das mit seinen „Zungen“ nach allen Versammelten greift. Nicht etwa nur die Apostel, die „Amtsträger“, erhalten den Geist. Auch die anderen Jünger werden mit ihm beschenkt, auch die Frauen. Jawohl, es gilt in der Gemeinde Jesu von Anfang an: „Hier ist nicht Mann noch Weib“ (Gal 3, 28). Darum blickt Petrus bei seiner Rede auf das Wort Joels, das ausdrücklich die „Mägde“ und „Töchter“ mit den „Söhnen“ und „Knechten“ zusammen als Empfänger des Geistes und seiner Wirkungen nennt.
Was aber wirkt der Geist? Nur innere Erfüllung und Freude bei den Beschenkten selbst? Das widerspräche der Grundlinie der gesamten Schriftoffenbarung. Niemals sind Gottes mächtige Taten nur zu unserer persönlichen inneren Beglückung da! Immer bereiten sie Menschen für Gott, zur Ehre Gottes und zur Mitarbeit in Gottes Heilsgeschichte unter den Menschen. So erfahren es nun auch die Jünger: „Sie begannen zu reden mit anderen Zungen, wie der Geist es ihnen auszusprechen gab.“ Der Heilige Geist gibt „auszusprechen“. Das dafür verwendete Wort meint ein feuriges oder begeistertes Sprechen. Die Jünger „predigen“ nicht etwa! Lukas hat sehr klar dargestellt, wie eine eigentliche „Predigt“ mit ihren ruhigen (wenn auch zum Durchbohren von Herzen bevollmächtigten!) Darlegungen dann erst die Sache des Petrus ist. Wie sollten auch 120 Menschen zu gleicher Zeit „Predigten halten“ können! Wer sollte da folgen. Es ist auch beachtlich, daß Mißgünstige unter der Menge von den Jüngern den Eindruck haben konnten: „Sie sind voll jungen Weins.“ Das macht deutlich, daß es sich nicht um „Predigen in verschiedenen Sprachen oder Dialekten“ handeln konnte. Wie hätte dabei jeder der Zuhörer gerade an den Jünger kommen sollen, der seine Heimatsprache redete. Und ein Predigen in verschiedenen Sprachen macht auch nicht den Eindruck der „Trunkenheit“. Nein, es wird dies „Reden mit andern Zungen“ das erste urchristliche „Zungenreden“ gewesen sein. Bei ihm konnte der Außenstehende achselzuckend sagen: „Wahnsinnige!“ (1 Ko 14, 23) oder eben hier „Betrunkene!“ Es ist doch auch recht wichtig, daß später Petrus das „Zungenreden“ der mit dem Geist beschenkten Heiden ausdrücklich zu dem Pfingstgeschehen in Parallele setzt: Apg 11, 15 in Verbindung mit Kap. 10, 44–46; 15, 8. Das „Zungenreden“ aber war kein „Predigen“, sondern ein Anbeten, Loben, Rühmen, Danken (Apg 10, 46; 1 Ko 14, 14–17). So preisen hier die Jünger im Zungengebet die Großtaten Gottes. Das konnten sie in der großen Schar gleichzeitig tun. Wir sind von bitteren Erfahrungen her mit Recht40 mißtrauisch gegen alle „enthusiastischen“ Erscheinungen. Das darf uns aber doch nicht hindern zu sehen, daß in der Apostelgeschichte die „Zungenrede“ als besonderes Zeichen der Wirksamkeit des Geistes betrachtet wird und daß auch Paulus selbst viel in Zungen redete (1 Ko 14, 18). Ganz gewiß, Lukas steht in der Wertung der Geistesgaben genauso wie Paulus in 1 Ko 14, 5. Nicht das jubelnde Beten der Jüngerschar in Zungen schafft die Bußbewegung, die zur Bildung der Urgemeinde führt, sondern die Verkündigung des Petrus (das „Weissagen“). Dennoch bleibt es etwas Großes, was hier am Pfingstmorgen geschah. Von Gott gewußt, an Gott geglaubt haben die Jünger auch vorher schon. Sie konnten auch vor Pfingsten mit einem Ernst und einer Ausdauer beten, die uns beschämt. Nun aber steht im Heiligen Geist Gottes Wirklichkeit und Herrlichkeit so einzigartig vor ihnen, daß sie vollständig sich selber und alles um sich her vergessen und nur noch Gott anbeten und preisen können. Was sie im Geist von Gottes Weisheit, Heiligkeit, Liebe und Erbarmen vor sich sehen, das sprengt alles menschliche Denken und Reden. Alle Worte üblicher Sprache versagen davor. Nur noch „in anderen Zungen“ kann die „Großartigkeit“ (mögliche Übersetzung für die „großen Taten“ Gottes) des Wesens, der Gedanken und der Taten Gottes angebetet werden.

Wuppertaler Studienbibel

Warum sollten IHN alle preisen?

Die Sanftmütigen werden es sehen, sie werden (O. Wenn die Sanftmütigen es sehen, so werden sie usw.) sich freuen; ihr, die ihr Gott suchet, es lebe euer Herz! (O. euer Herz wird leben)
Denn Jehova hört auf die Armen, und seine Gefangenen verachtet er nicht.
Ihn sollen loben Himmel und Erde, die Meere, und alles, was in ihnen wimmelt!
Denn Gott wird Zion retten und die Städte Judas bauen; und sie werden daselbst wohnen und es besitzen.
Elberfelder 1871 – Ps 69,33–36

Himmel und Erde sollen ihn loben, die Meere und alles, was darin lebt!
Denn der Herr wird den Berg Zion befreien und die Städte in Jerusalem wieder aufbauen. Sein Volk wird sich darin niederlassen und das Land erneut in Besitz nehmen.
Hoffnung für alle – 1996 – Ps 69,35–36

Himmel und Erde singen ihm Lob, das Meer und alles, was sich darin regt.
Fürwahr, Gott wird Zion erretten, Judas Städte wird er neu erbauen. Sie werden dort wohnen und besitzen das Land.
Seiner Knechte Stamm wird es erben. Darin wohnen werden, die seinen Namen lieben.
Paderborner Bibel – Psalm 69,34–36

Himmel und Erde sollen IHN preisen?? Warum? Was passiert hier in diesem Psalm?

Das eine ist die Schlußfolgerung des anderen. Zuerst wird der Tod des Gesalbten verheißen – mit all dem Leid …

Der Sprecher der letzten sieben Verse ist der auferstandene Erlöser. Zunächst gelobt er, Gott zu erheben, weil er ihn von Tod und Grab befreit hat. Er will den Namen Gottes im Lied preisen und ihn durch Danksagung groß machen. Das wird dem HERRN viel besser gefallen als die aufwendigsten Opfer. Und die unterdrückten Sanftmütigen werden Mut fassen, wenn sie begreifen, dass der HERR auf die Armen hört und die Gefangenen befreit, genauso wie er die Gebete des Heilands erhörte und ihn befreite.
Und was ist mit dem Volk Israel? Die letzten drei Verse sagen ihm eine wunderbare Zukunft voraus. Obwohl für eine Zeit beiseitegesetzt, wird Israels Segensstellung wiederhergestellt werden. Wenn die Israeliten auf den blicken, den sie durchstochen haben, werden sie wehklagen, wie man um den Erstgeborenen weint, wenn sie sagen: »Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn«, dann wird Gott Zion retten und die Städte Judas wieder bauen. Sie sollen nicht länger unter den Völkern zerstreut sein; denn seine Knechte werden im Land wohnen, und ihre Kinder werden es besitzen. Dies ist natürlich ein Ausblick auf das Tausendjährige Reich, wenn der Herr Jesus als Messias-König regieren und Israel sicher in seinem Land wohnen wird.

MacDonald – Kommentar zum Alten Testament

Der Psalm schließt mit der kosmischen Antwort auf Gottes Wirken für seinen Knecht: Der Himmel, die Erde, die Meere und alles, was sich in ihnen bewegt, sollen Gott loben (V. 34). Der Grund dafür wird in V. 35-36 genannt: „Denn Gott wird Zion retten und die Städte Judas aufbauen. Sie werden dort wohnen und es in Besitz nehmen. Die Nachkommen seiner Knechte werden es erben, und die, die seinen Namen lieben, werden darin wohnen.“ In V. 35 taucht der Begriff „Heil“ zum vierten Mal im Psalm auf und bildet einen Inclusio mit V. 1. Die Rettung, um die der Bittsteller bittet, ist nun für diejenigen garantiert, die ihn lieben, denn der Leidende spiegelt die Realität einer leidenden Gemeinschaft wider. Wenn Jahwe seinen Knecht rettet, wird er auch Zion und die Gemeinschaft des Glaubens retten. Oder vielleicht gibt es aufgrund des Werkes Gottes durch und für den Knecht eine Erwartung eines Werkes Gottes für die Knechte. Die Schmach, die der Knecht getragen hat, bedeutet Rettung und Sicherheit für seine Knechte, auf denen die Schmach hätte landen können. Letztlich beruht die Hoffnung, die der Psalter zum Ausdruck bringt, auf dem Werk eines anderen – des Gesalbten, des Sohnes, des leidenden Knechtes.

Moody Handbuch messianische Prophezeiungen

Mit Ausnahme von Ps 22 wird Ps 69 im Neuen Testament häufiger zitiert als jeder andere Teil der hebräischen Bibel. Acht Verse aus Ps 69 werden im NT zitiert oder angeführt: 69:4 → Joh 15:25; 69:9 → Joh 2:17; Röm 15:3; Heb 11:26; 69:21 → Mk 15:23, 36; Joh 19:29; 69:22-23 → Röm 11:9-10; 69:24 → Offb 16:1; 69:25 → Apg 1:20; 69:28 → Phl 4:3; Offb 3:5; 13:8; 17:8; 20:12, 15; 21:27. Nicht alle diese Texte werden verwendet, um Jesus als Messias oder in einem messianischen Kontext zu bezeichnen. Wenn Ps 69 jedoch zur Theologie eines messianischen Psalters beigetragen hat, sollte die Aneignung dieser Theologie durch das NT ganz natürlich erscheinen. Ein Beispiel dafür ist das Johannesevangelium, das diese messianische Lesart des Textes deutlich macht.

Moody Handbuch messianische Prophezeiungen

Wir oder der Christus?

Weshalb wir auch allezeit für euch beten, auf daß unser Gott euch würdig erachte der Berufung und erfülle alles Wohlgefallen seiner Gütigkeit und das Werk des Glaubens in Kraft, damit der Name unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht werde in euch, und ihr in ihm, nach der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus.
Elberfelder 1871 – 2. Thess 1,11–12

Wir bitten unseren Gott, der euch zum Glauben gerufen hat, dass er euch hilft, ein Leben zu führen, das dieses Rufes würdig ist, und dass er in seiner Macht alles Gute, das ihr vorhabt, zustande kommen lässt und alles, was ihr auf der Grundlage des Glaubens tut, zur Vollendung bringt. Dann wird der Name unseres Herrn Jesus für all das geehrt werden, was durch ihn in eurem Leben geschehen ist, und weil ihr mit ihm verbunden seid, werdet auf diese Weise auch ihr geehrt werden. Das alles verdanken wir der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus.
Neue Genfer Übersetzung – 2. Thessalonicher 1,11–12

Gerade zu diesem Zweck beten wir tatsächlich allezeit für euch, daß unser Gott euch [seiner] Berufung für würdig erachte und alles Gute, das ihm gefällt, und das Werk des Glaubens mit Macht vollbringe, damit der Name unseres Herrn Jesus in euch verherrlicht werde und ihr in Gemeinschaft mit ihm, gemäß der unverdienten Güte unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – 2.Thess 1:11–12

Was ist wirklich wichtig? Der Name unserer Gemeinde? Der eigene Ruf?
Wenn man sich heute so in sozialen Netzwerken umschaut, so ist wohl der eigene Ruf das allerwichtigste? Und dann kommt die „Firma“ für die man arbeitet – ob Gemeinde oder weltliche Arbeitgeber. Aber was ist mit dem himmlischen Vater? Und was ist mit Christus?
Gerade in den letzten Tagen leider so oft beobachtet: da wurde auch von anderen Christen der verstorbene Papst in allen Möglichkeiten schlecht gemacht, anstatt die wichtigen Schriften von ihm hochzuhalten. Eine Ausnahme war der Pastor Ulrich Parzany, der unter anderem schrieb:

Ich hätte mir gewünscht, ein evangelischer Kirchenführer hätte die 3 Jesus-Bücher geschrieben, die Benedikt verfasst hat. Nichts haben wir heute nötiger, als Jesus Christus bekanntzumachen, wie ihn die Evangelien darstellen. Das bleibt unsere wichtigste Aufgabe auch in diesem Jahr.

Ulrich Parzany

Statt dessen lese ich, dass Pastoren mit KI Predigten aufpeppen wollen – anstatt die wichtige Botschaft in den Mittelpunkt zu rücken.
Andere „Glaubensgemeinschaften“ drehen sich nur noch um „den Selbstschutz“, indem es ständig darum geht, andere Meinungen zu meiden, und wie man sein eigenes Leben führen sollte.
Aber Gottes Wort? Gottes Name? Der Name und das Leben des Messias? – naja im Namen trägt man es schon noch, oder im „Glaubensbekenntnis“ und im „Gebet“ – aber ansonsten??

Und Paulus?

Paulus und seine Mitarbeiter beten beständig für die Thessalonicher, denn das geistliche Wohl der Gemeinde liegt ihnen in besonderer Weise am Herzen.
Sie bitten Gott, die Gemeindeglieder der Berufung, die sie von ihm empfangen haben, würdig zu machen, so daß sie durch ihren Glauben an Jesus Christus zu Gott finden (vgl. Röm 8,30; Eph 4,1; 1Thes 4,7). Wenn Paulus für seine Gemeinden um die Befähigung zu einer wahrhaft christlichen Lebensführung bat, so ging er dabei von dem aus, was Gott bereits für die Gläubigen getan hatte: Christen leben ja nicht nach dem Willen Gottes, um erlöst zu werden, sondern weil ihnen die Erlösung bereits geschenkt ist.
Eine zweite Bitte der Apostel richtet sich darauf, daß Gott alles Wohlgefallen am Guten in der Gemeinde wecken und das Werk des Glaubens in ihr zur Vollendung bringen möge. Beides hat seinen Ursprung in Gott (Phil 2,13) und kann daher nur in seiner Kraft erreicht werden.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

»Damit« oder »auf das« ( hopôs ) drückt das Ziel des Gebets aus, nämlich daß in der Gegenwart und als Folge des Wirkens Gottes »der Name unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht werde in euch«. Es ist immer noch ihre Stellung in der Gegenwart, über die er zu ihnen spricht, daß sie nämlich – zurückblickend auf die Berufung Gottes und vorausblickend auf deren Ziel in der Herrlichkeit – durch die in ihnen wirkende Kraft Gottes (vgl. Kol 1,29) Wohlgefallen an Gütigkeit haben und den Glauben in praktischer Handlung ausleben sollten. Dies ist aber nicht möglich, wenn sie zulassen, daß die falschen Lehrer sie zu einer Haltung von Schwermut und Verzweiflung verleiten. Es ist ein Gebet um die gegenwärtige Erfahrung eines Lebens, geprägt durch den Sieg des Königreiches. Der König herrscht noch nicht hier, aber sie sollten durch die Kraft Gottes in ihrem Leben die zukünftige Gewißheit dessen zeigen, indem sie dieser Welt einen Vorgeschmack, ein Muster des kommenden Tages präsentieren, indem sie Ihn zum Ausdruck brächten in einem vom Heiligen Geist erfüllten Leben, gekennzeichnet von Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.
»Der Name« wird in der LXX verwendet, um den Charakter Jahwes in Seiner Offenbarung den Menschen gegenüber zu beschreiben. Siehe dazu 2.Mo 34,6 und weiter auch Joh 17,6. Der Name bezeichnet, was eine Person in sich selbst ist. In seinem Kommentar zu diesem Vers zitiert Bloomfield Schott und Bengel und sagt: »Das Wort kann nichts anderes bedeuten als eine Bezeichnung der Würde und Majestät Jesu Christi, vgl. Phil 2,9.10; Hebräer 1,4. Daß das Wort diese Bedeutung bei den klassischen griechischen Schriftstellern hat, steht außer Zweifel«. Eine praktische Illustration ist bei uns der geläufige Ausdruck, daß ein Produkt »einen guten Namen« hat, wobei wir natürlich nicht sein Etikett meinen, sondern seine Qualitäten. Deshalb sollen die Heiligen also durch die Wirksamkeit göttlicher Gnade und Kraft – denn es gibt keinen anderen Weg – in ihrem Leben genau das offenbaren, was »unser Herr Jesus Christus« (lieblicher Ausdruck) in Sich Selbst ist, auf daß Er »in euch verherrlicht werde«.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Das letzte Ziel der Berufung und Vollendung der Gemeindeglieder ist die Verherrlichung Jesu Christi (vgl. Eph 1,12): »Damit der Name unseres Herrn Jesus unter euch verherrlicht werde, und ihr bei ihm.« Auch hier lehnt sich die Sprache an Jesaja (Jes 66,5) an, wobei »der Herr« erneut auf den »Herrn Jesus« übertragen wird. Indem Gott die Thessalonicher zur Vollendung bringt, sind sie an dem in V. 10 geschilderten Geschehen beteiligt, der Verherrlichung Jesu bei seiner Parusie.
Das Gebet wird abgeschlossen durch den Hinweis auf die Grundlage von Heil und Herrlichkeit: »nach der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus« (vgl. ähnlich Röm 4,4.16; 12,6; 1Kor 3,10). Die Gnade Gottes, die sich in Jesus Christus erweist, umschließt alles, was an und durch Menschen geschieht.

Gerhard Maier – Edition C

Noch einmal geht der Blick zum Ziel: „damit verherrlicht werde der Name unseres Herrn Jesus in euch und ihr in Ihm.“ Wieder ist das Ziel ebenso selbstlos wie gewaltig gesehen. Es geht nicht um „Seligkeit“, so wie wir heute dies Wort meist egoistisch und gefühlig mißverstehen. Es geht um „Herrlichkeit“. Sie allein ist das eigentliche „Ziel“. Aber auch da nicht zuerst unsere Herrlichkeit! Daß der Name Jesu verherrlicht werde, darin sieht unser Brief das hohe Ziel der ganzen Weltgeschichte mit ihrem entscheidenden Kern, der Geschichte der Gemeinde. Wer Jesus kennt, wer der Liebe Jesu seine ewige Errettung verdankt und darum den Namen Jesu über alle anderen Namen liebt und ehrt, stimmt von Herzen unserem Brief zu. Die Gemeinde Jesu kommt ihrerseits nicht zu kurz dabei! Denn hier ist die Verherrlichung Jesu in Seiner Gemeinde und die Verherrlichung der Gemeinde in Jesus genauso doppelseitig miteinander verknüpft wie die Verherrlichung des Vaters im Sohn und des Sohnes im Vater durch Jesus im Johannesevangelium. Wenn Gottes Wirken in einer Gemeinde „jeden Entschluß der Güte und Werk des Glaubens kraftvoll zur Vollendung bringt“, dann ist in dieser Gemeinde und an ihr „der Name Jesu verherrlicht“, wie umgekehrt die Gemeinde in Jesus verherrlicht ist.
Daß es dahin wirklich kommt, das geschieht „nach der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus“. Die Gnade ist dabei nicht als „Lückenbüßer“ aufgefaßt. Das Ziel ist hier — ob uns das theologisch richtig erscheint oder nicht — nicht so gesehen, daß eine versagende, leere und kraftlose Gemeinde aus lauter Gnade dann doch in den Himmel kommt, sondern so, daß der Name Jesu aus einer kraftvoll zur Vollendung gebrachten Gemeinde hell herausleuchtet, wodurch umgekehrt diese Gemeinde ihrerseits tatsächlich und nicht nur dogmatisch eine in Jesus „herrliche“ Gemeinde ist.

Wuppertaler Studienbibel

mein Teil ist Gott auf ewig

Wen habe ich im Himmel? Und neben dir habe ich an nichts Lust auf der Erde.
Vergeht mein Fleisch und mein Herz, meines Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf ewig.
Elberfelder Bibel 1905 – Ps 73,25–26

Wen habe ich im Himmel außer dir?
Und auch auf der Erde habe ich nach nichts Verlangen, wenn ich nur dich bei mir weiß!
Wenn auch meine Kräfte schwinden und mein Körper mehr und mehr verfällt,
so gibt doch Gott meiner Seele Halt.
Er ist alles, was ich brauche – und das für immer!
Neue Genfer Übersetzung – Psalm 73,25–26

Wen habe ich in den Himmeln?
Und neben dir habe ich keine andere Lust auf der Erde.
Mein Organismus und mein Herz haben versagt.
Gott ist der Fels meines Herzens und mein Teil auf unabsehbare Zeit.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – Psalm 73:25–26

Wen habe ich im Himmel außer dir?
Du bist mir wichtiger als alles andere auf der Erde.
Bin ich auch krank und völlig geschwächt,
bleibt Gott der Trost meines Herzens, er gehört mir für immer und ewig.
Neues Leben Bibel – Ps 73,25–26

Was ist wirklich wichtig? Was ist wirklich bleibend?

Die positive Seite der Lösung war Asafs Überzeugung von seinem eigenen, ruhmreichen Schicksal. Er bekannte, daß seine Sicht durch Unverständnis getrübt worden war. Wenn er nicht so unverständig gewesen wäre, gestand er ein, wäre sein Herz nicht so erbittert worden (V. 21-22 ). ( Sich grämen heißt wörtl.: „bitter werden“; verbittert heißt wörtl.: „stechenden Schmerz fühlen“.) Asafs eigene Lage stand im Gegensatz zu den Gottlosen, denn er wußte, daß Gott immer bei ihm war (V. 23 ), ihn weise führte ( mit seinem Rat ) und ihn in die Herrlichkeit aufnahm (V. 24 ). „In die Herrlichkeit“ könnte auch mit „mit Herrlichkeit“ übersetzt werden und bedeutet, daß Gott Asaf durch seine Schwierigkeiten hindurch führte, so daß er Ehre (und nicht Schande; vgl. Ps 4,3 ) in seinem Leben empfing.
Zudem versicherte Asaf, daß er nichts außer Gott im Himmel und auf der Erde habe. Obwohl Asaf niedergedrückt war, war Gott doch seine Stärke (vgl. Ps 18,2 ) und sein Teil (vgl. Ps 16,5; 119,57; 142,6 ). Es gibt Gottlose, denen es materiell gesehen wohl ergeht, aber nur der geistliche „Besitz“ der Gerechten wird Bestand haben.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Wenn ich nur dich habe. Noch deutlicher legt der Verfasser hier dar, wie Großes er im Heiligtum Gottes gewonnen hat: Er ist imstande, alles, was sich ihm sonst darbietet, zurückzuweisen, weil er an einem genug hat, an seinem Gott. Außer ihm begehrt er nichts, weder im Himmel noch auf Erden, und verabscheut, was irgend sonst die Menschen herbeiwünschen. Und Gott empfängt auch erst dann die ihm gebührende Ehre von uns, wenn wir nicht mehr mit begehrlichem Gemüte uns bald hier, bald dorthin wenden, sondern wenn er selbst und er allein uns genügt. Ja, wenn wir auch nur das kleinste Stück von Vorliebe Geschöpfen zuwenden, stehlen wir Gott ebenso viel an der Ehre, die wir ihm schuldig sind. Und doch hat es in allen Jahrhunderten bis heute nichts Gewöhnlicheres gegeben, als diesen Raub am Heiligen. Denn wie selten findet man einen Menschen, dessen Sinnen und Trachten in Gott allein aufgeht? Wir sehen ja, wie so viele zwar mit dem Munde bekennen, dass von Gott alles abhängig sei, und doch im Leben unzählige Male sich anderweitige Hilfe verschaffen. Andere sind so hochmütig, dass sie sich oder andere Menschen Gott an die Seite stellen wollen! Desto ernster sollen wir es uns merken, dass es unrecht ist, sich an irgendjemand außer Gott zu hängen. Wenn David von „Himmel und Erde“ spricht, so bezeichnet er damit zwar alles, was Menschen sich vorstellen können, aber er denkt doch, wie mir scheint, noch besonders an zwei Dinge. Im Himmel begehrt er niemand als Gott;28 er verwirft also alle erfundenen Götter, mit denen die allgemeine Torheit und Unwissenheit der Menschen den Himmel bevölkert. Und wenn er sagt, er begehre auf Erden niemand, so beziehe ich das auf die Täuschereien, von denen so ziemlich die ganze Welt trunken ist. Denn auch solche, die sich nicht von jener ersten List Satans verführen lassen, den falschen Göttern zu huldigen, verführen sich selbst durch Anmaßung, indem sie sich auf ihren Fleiß und ihre Tüchtigkeit oder Klugheit verlassen, also das, was dem Herrn gehört, für sich in Anspruch nehmen, oder indem sie sich von trügerischen Reizen verlocken lassen, auf Menschengunst vertrauen oder auf eigene Glücksgüter oder fremde Hilfsmittel sich stützen. Die einzig richtige Art, nach Gott zu fragen, ist also die, dass wir uns nicht auf allerlei Umwege abziehen lassen, sondern allen Aberglauben sowie allen Stolz ablegen und geradeswegs nach Gott allein trachten. Damit wir aber in Gott allein unser Genüge finden, verlohnt es sich, die Fülle von Gütern, die er uns anbietet, kennen zu lernen.
V. 26. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet usw. David stellt dem Verschmachten, das er in sich fühlt, die Stärke entgegen, die ihm von Gott her zuteilwird. Er will sagen: Während ich, von Gott getrennt, nichts bin und alles, was ich habe, in nichts zerfällt, so finde ich, sowie ich zu Gott komme, volle Stärke. Und das tut uns in erster Linie not, zu erkennen, was wir ohne Gott sind. Denn niemand vertraut sich ganz dem Herrn an, als wer seinen Mangel erkennt und deshalb an seinen Fähigkeiten verzweifelt. Wir pflegen nichts von Gott zu erbitten, als was uns selbst innerlich abgeht. Soviel bekennen nun zwar alle, und die meisten halten es für genügend, dass Gott sie in der Schwachheit unterstütze oder ihrem Mangel abhelfe. Davids Bekenntnis aber hat einen viel volleren Sinn, indem er vor Gott sein Nichtssein, dass ich so sage, dargelegt und dementsprechend beifügt: So bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil. Mit dem letzteren Ausdruck bezeichnet die Schrift das Los, mit dem ein jeder sich zufrieden gibt. Wenn das also auf Gott angewendet wird, so will damit gesagt sein, dass er selbst allein uns überschwänglich genügt und die vollkommene Glückseligkeit in ihm beruht. Daraus folgt, dass wir undankbar sind, wenn wir unser Herz anderswohin wenden (vgl. auch Ps. 16, 5). Von der Seele will übrigens David an unserer Stelle nicht aussagen, dass sie in ihrem Wesen nach verschmachte, d. h. hinfällig sei, sondern nur dass ihre Kräfte zerfallen, und dass dieselben allein durch Gottes Freigebigkeit auf unser Bitten hin erhalten bleiben.

Jean Calvin

Saul & Samuel – 6

Und er wartete sieben Tage, bis zu der von Samuel bestimmten Zeit; aber Samuel kam nicht nach Gilgal. Und das Volk zerstreute sich von ihm weg.
Da sprach Saul: Bringet mir das Brandopfer und die Friedensopfer her! Und er opferte das Brandopfer.
Und es geschah, als er das Opfern des Brandopfers vollendet hatte, siehe, da kam Samuel; und Saul ging hinaus, ihm entgegen, ihn zu begrüßen.
Und Samuel sprach: Was hast du getan! Und Saul sprach: Weil ich sah, daß das Volk sich von mir weg zerstreute, und du nicht kamst zur bestimmten Zeit, und die Philister zu Mikmas versammelt waren, so sprach ich:
Jetzt werden die Philister zu mir nach Gilgal herabkommen, und ich habe Jehova nicht angefleht! und ich überwand mich und opferte das Brandopfer.
Und Samuel sprach zu Saul: Du hast töricht gehandelt, du hast nicht beobachtet das Gebot Jehovas, deines Gottes, das er dir geboten hat; denn jetzt hätte Jehova dein Königtum über Israel bestätigt auf ewig; nun aber wird dein Königtum nicht bestehen. Jehova hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen, und Jehova hat ihn zum Fürsten über sein Volk bestellt; denn du hast nicht beobachtet, was Jehova dir geboten hatte.
Elberfelder 1871 – 1 Sam 13,8–14

Saul wartete dort auf den Propheten Samuel. Er hatte Saul ja versichert, er würde in einer Woche nach Gilgal kommen. Aber als er am achten Tag immer noch nicht da war, entfernten sich die ersten Soldaten von der Front und verdünnisierten sich.
Saul beschloss darum, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. „Tiere für ein Opferritual herbringen, aber sofort!“, befahl er seinen Leuten. „Ich werde jetzt hier ein Abfackelopfer und ein paar Dankopfer alleine durchziehen!“ Nachdem die Sachen da waren, fing er an, das ganze Opferding durchzuziehen.
Als er gerade das Abfackelopfer beendet hatte, war Samuel endlich da. Saul ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.
Aber Samuel sagte zu ihm: „Verdammt, Saul! Was haben Sie für einen Blödsinn angestellt?“ – „Äh, wieso, ich musste was unternehmen“, antwortete er. „Die Soldaten waren am Weglaufen, weil Sie nicht pünktlich hier waren! Und die Philister haben auch nicht auf Sie gewartet, die stehen jetzt schon vor Michmas.
Ich hab mir ausgerechnet, dass die jetzt bald nach Gilgal runterkommen und uns angreifen würden, bevor ich Gott um Hilfe bitten konnte. Darum hab ich mich getraut und in der Zeitnot einfach das Opfer alleine durchgezogen!“
„Ganz toll, können Sie nicht mal Ihr Hirn einschalten? Damit haben Sie die Linie übertreten und sich nicht an das gehalten, was Gott Ihnen gesagt hatte. Er hätte Sie gerade jetzt als Präsident über Israel voll bestätigen können. Auch in Zukunft hätte keiner mehr was gegen Sie oder Ihre Nachfolger sagen können.
Aber jetzt wird Ihre Amtszeit nicht mehr lange dauern, weil Sie nicht das getan haben, was Gott von Ihnen wollte. Er hat sich jetzt schon einen anderen für Ihren Posten ausgeguckt. Den mag er, und den hat er schon als neuen Chef für seine Leute bestimmt.“
VolxBibel – 1.Samuel 13,8–14

 „Was hast du da getan?“, fragte Samuel, worauf Saul antwortete: „Ich habe gesehen, wie mir die Leute wegliefen, und du bist nicht innerhalb der vereinbarten Zeit gekommen. Und die Philịster haben sich in Mịchmas gesammelt. 12  Da dachte ich mir: ‚Jetzt werden die Philịster zum Angriff nach Gịlgal herunterkommen, und ich habe mich nicht um die Gunst Jehovas bemüht.‘ Deshalb sah ich mich gezwungen, das Brandopfer darzubringen.“
neue Welt Übersetzung – 2018 – 1.Samuel 13:11–12

War das nun gemein von Samuel, den Saul so vorzuführen? Wäre Samuel eher gekommen, wäre doch alles OK gewesen? oder?
Was hatte Saul denn überhaupt verkehrt gemacht? Die beste Zusammenfassung habe ich in einem der Kommentare (Teach the Text Commentary Series) gefunden:

Deshalb sah ich mich gezwungen, das Brandopfer darzubringen. Je länger Saul wartet, desto mehr Männer desertieren (V. 8, 11). Die philistäischen Truppen sind zum Kampf angetreten und können jeden Moment angreifen. Wenn das passiert, will Saul nicht in einer Lage sein, in der er nicht „die Gunst des Herrn gesucht“ hat (das hebräische Wort kann hier die Bedeutung von „beschwichtigen“ haben; siehe HALOT, 317). Bei näherer Betrachtung ist Sauls Sichtweise in mindestens drei wichtigen Punkten fehlerhaft:
(1) Seine Sorge um seine schwindenden Kräfte offenbart den Glauben, dass menschliche Armeen und nicht der Herr die Schlacht entscheiden werden (siehe hierzu Judg. 7).
(2) Seine Sorge um ein Opfer offenbart eine fehlerhafte Theologie, die das Ritual über den Gehorsam stellt (siehe 15,22-23) und dazu neigt, zu glauben, dass das Ritual in irgendeiner Weise göttliche Gunst garantieren kann.
(3) Saul überschreitet seine Grenzen. Er ist der König, aber er steht unter der Autorität des Propheten-Priesters Samuel, der für das Volk eintritt (vgl. 7:7-11; 12:18-19, 23).
In Deuteronomium 17-18, wo die Vorschriften für das israelitische Königtum aufgeführt sind (17:14-20; vgl. 1 Sam. 10:25), wird die Rolle des Königs klar von der der Priester (Dt. 18:1-13) und der Propheten (18:14-22) unterschieden. Wie bereits erwähnt, hat Samuel deutlich gemacht, dass er die Opfer darbringen wird (vgl. 10,8) und dass er in seiner prophetischen Eigenschaft dem König Anweisungen geben wird. Sogar die Mädchen, denen Saul begegnete, als er Samuels Stadt betrat, erkannten Samuels Autorität in dieser Hinsicht an (9,13). Ironischerweise nimmt ihre Aussage, dass „das Volk nicht mit dem Essen beginnen wird, bis“ Samuel, der Mann Gottes / Seher (vgl. 9:10-11), eintrifft, um „das Opfer zu segnen“, Sauls Versagen vorweg, Samuel zu gehorchen. Dieser mangelnde Respekt vor dem prophetischen Amt wird später zu einem großen Problem in Israel und zu einem wichtigen Thema in den früheren Propheten.

Teach the Text Commentary Series – 1 & 2 Samuel

und – bin ich eher religiös, und versuche Jehovah zu manipulieren? Kann man Jehovah „einkaufen“ oder „beeinflussen“?? Wie sieht meine Theologie aus?

Hatten sie IHN erkannt?

Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Elberfelder Bibel 1905 – Joh 6,14

Als die Leute begriffen, was für ein Wunder Jesus getan hatte, sagten sie: »Das ist wirklich der Prophet, ´von dem es heißt, dass` er in die Welt kommen soll!«
Neue Genfer Übersetzung – Johannes 6,14

Als nun die Leute ein Wunderzeichen sahen, das er bewirkt hatte, behaupteten sie immer wieder: „Dieser ist tatsächlich der Prophet, der in die Welt kommt!“
Gottes Agenda – Joh 6,14

Hatten die Menschen um Jesus erkannt, wer er wirklich war? Oder waren es nur selbstsüchtige Wünsche? Und warum reagiert Jesus nicht so, wie die Menschen es erwartet hatten?
Und sind unsere Gedanken und Hoffnungen dafür offen, dass wir vielleicht die Bibel anders verstanden haben, und uns von dem Inhalt der Bibel „überraschen lassen müssen“, weil es vielleicht etwas anders kommt, als wir geglaubt hatten?

ἰδόντες Aor. Ptz. ὁράω, temp., viell. kaus. ἐ-ποίησεν Aor. ποιέω; ὃ ἐποίησεν σημεῖον = τὸ σημεῖον ὃ ἐποίησεν (BDR § 2948; A357). ἔ-λεγον V. 6. ὅτι recitativum = Doppelpunkt (A333). ἀληθῶς wahrhaftig, wirklich, tatsächlich. ὁ προφήτης Präd.-Nom. m. Art. bez. eine den Hörern bekannte Gestalt (vgl. H-S § 135a; A80). ἐρχόμενος Ptz. ἔρχομαι, attr. der kommen soll.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Die Leute wußten genug aus dem Alten Testament, um zur Überzeugung zu kommen, daß das Zeichen ein Beweis dafür war, daß der Herr „der Prophet“ war, „der in die Welt kommen soll“. (Siehe 5Mo 18,15; Mt 11,13; Joh 1,21; 7,40 ). Dieser verheißene Prophet sollte aus den Kindern Israel erweckt werden, und er würde wie Mose sein. Die Leute erinnerten sich natürlich, daß Mose eng mit dem in der Wüste gegebenen Manna verknüpft war, wie der Herr etwas später sagte: „Nicht Mose hat euch das Brot aus dem Himmel gegeben […] Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen“ (Joh 6,31.32; Ps 78,24 ,das sich auf Gott bezieht; Neh 9,15). Aber sie vermochten nicht zu sehen, daß dieser Prophet mit der Aufrichtung des Messianischen Reiches zusammenhängen würde, wie auch im nachfolgenden Vers deutlich wird, wo sie meinten, jetzt sei die Zeit gekommen, da der Herr als König geoffenbart werden sollte.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Den ganzen Tag waren sie immer mehr davon überzeugt worden. Jene krönende Handlung nun gibt ihnen die Gewißheit, daß der lang erwartete Erlöser unter ihnen weilt. Die Hoffnung aller Anwesenden wird immer größer: Er ist es, der Judäa zu einem irdischen Paradies machen wird, zu einem Land, in dem Milch und Honig fließen, er kann jeden Wunsch erfüllen; er kann die Macht der verhaßten Römer brechen; er kann Juda und Jerusalem befreien und die in der Schlacht verwundeten Soldaten heilen; er kann Heere mit Nahrung versorgen, Völker besiegen und auch Israel die lang ersehnte Herrschaft geben. In ihrer Begeisterung sind sie bereit, Jesus sofort zum König zu krönen. Sie sehen, daß er sich keinerlei Mühe gibt, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken oder sich ehren zu lassen. Hierin unterscheidet er sich wesentlich von den Priestern und Obersten, und sie befürchten, daß er nie einen Anspruch auf Davids Thron geltend machen wird. Sie beraten gemeinsam und kommen überein, Gewalt anzuwenden und ihn als König von Israel auszurufen. Die Jünger schließen sich der Menge an und erklären, daß der Thron Davids das rechtmäßige Erbe ihres Herrn sei. Nur Jesu Bescheidenheit, sagen sie, veranlasse ihn, diese Ehre auszuschlagen. Möge doch das Volk seinen Befreier erheben, dann werden die hochmütigen Priester und Obersten gezwungen sein, den mit göttlicher Macht ausgestatteten Heiland zu ehren. Es werden nun eilig Vorbereitungen getroffen, diesen Plan auszuführen. Doch der Herr bemerkt ihre Absicht und kennt besser als das Volk die Folgen einer solchen Handlung. Schon jetzt trachten die Priester und Obersten ihm nach dem Leben und beschuldigen ihn, daß er das Volk gegen sie aufwiegele. Der Versuch des Volkes, ihn auf den Thron zu setzen, würde nur Gewalttat und Aufruhr nach sich ziehen und das geistliche Reich in Gefahr bringen. Dieser Entwicklung mußte umgehend Halt geboten werden. Jesus ruft seine Jünger und befiehlt ihnen, sofort das Boot zu besteigen und nach Kapernaum zurückzufahren, während er selbst das Volk entlassen werde. Noch nie zeigten die Jünger so wenig Neigung, der Anordnung ihres Herrn nachzukommen. Sie hatten schon lange auf einen allgemeinen Volksaufstand gehofft, um Jesus auf den Thron zu heben. Sie konnten sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen, daß diese Begeisterung ohne Erfolg bleiben sollte. Die zum Passahfest versammelte Volksmenge wollte den neuen Propheten sehen, und den Jüngern schien die Zeit gekommen, ihren geliebten Meister auf den Thron zu heben. In dieser Begeisterung wurde es ihnen wirklich schwer, ohne Jesus fortzugehen und ihn an diesem einsamen Platz zurückzulassen. Sie wagten Einwände gegen seinen Befehl; aber der Herr sprach nun mit solcher Autorität, wie er sie ihnen gegenüber noch nie gezeigt hatte. Sie wußten jetzt, daß ihr weiteres Widerstreben nutzlos sein würde, und wandten sich schweigend dem See zu. Jesus gebietet nun der Menge, sich zu zerstreuen. Sein Auftreten ist so bestimmt, daß sich niemand zu widersetzen wagt.

Ellen Gould White – Das Leben Jesu

„Die Juden“ murren gegen Jesus, wenn er von sich sagt, dass er „vom Himmel herab“ gekommen ist (6:41) und sein Fleisch als Nahrung bezeichnet (6:52). Aber ist Ioudaioi hier eine Anspielung auf Juden im Allgemeinen oder auf Judäer? Jesus befindet sich in Galiläa, wo er die Menschenmenge gespeist hat (6:5-14) und sich dann mit Brot vom Himmel vergleicht (6:25-40). Es scheint also, dass „die Juden“, die murrten, in Wirklichkeit Judäer sind, im Gegensatz zu den einheimischen Galiläern. Es gibt keine Kritik am jüdischen Volk als Ganzes, sondern nur eine implizite Kritik an einigen Judäern.

Craig A. Evans – Ein Handbuch über die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens

Angesichts des Zeichens (sEmeion) der Brotvermehrung erinnerten die Menschen sich an Moses Vorhersage, daß ein Prophet, der ihm glich, in die Welt kommen sollte (5Mo 18,15). Mose hatte dem Volk zu essen gegeben und es aus der Knechtschaft geführt. Ebenso hatte Jesus den Menschen zu essen gegeben, und nun hofften sie, daß er sie auch aus der Knechtschaft der verhaßten Römer befreien würde.
Die Menschen sahen das Zeichen, doch sie deuteten es falsch. Sie versuchten, Jesus zu ergreifen, um ihn zum König zu machen. Jesus stand hier auf dem Höhepunkt seiner Popularität – eine große Versuchung für ihn. War es möglich, daß er das Gottesreich errichtete, ohne zuvor am Kreuz zu sterben? Nein. Er würde das Reich aus den Händen des Vaters empfangen (vgl. Ps 2,7-12; Dan 7,13-14), es würde nicht von dieser Welt sein (Joh 18,36). Der Weg des Vaters führte in eine andere Richtung. Bevor Jesus zum herrschenden Löwen Judas werden konnte, mußte er zum Lamm werden, das die Sünde der Welt trägt (Joh 1,29).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

und hier noch ein ganz wichtiger Kommentar von Arnold Fruchtenbaum:

Das in diesen Versen beschriebene Ereignis war eine direkte Folge des gerade von Jeschua vollbrachten Wunders, der Speisung der fünftausend Galiläer. Nach der Speisung schickte Jeschua seine Jünger mit dem Boot in das westliche Bethsaida (Markus 6:45). Er hatte vor, die Menschenmengen zu entlassen und sie nach Hause zu schicken (Matthäus 14:22), aber sie hatten gerade das Zeichen gesehen, das er getan hatte, und ihn für den Propheten aus Deuteronomium 18:15-18 erklärt (Johannes 6:14). Jetzt, da sie alle satt waren, wollten sie ihn zum König von Galiläa machen (Johannes 6,15). Ihr Motiv war, weiterhin körperlich gespeist zu werden. Als Jeschua merkte, dass sie ihn mit Gewalt zum König von Galiläa machen wollten, trennte er sich von ihnen und zog sich wieder allein auf den Berg zurück (Johannes 6,15). Es gelang ihm, dort allein zu sein (Matthäus 14,23) und er begann zu beten (Markus 6,46).

Jeschua lehnte das Angebot des Volkes, das Königtum über Galiläa zu übernehmen, aus drei Gründen ab. Erstens hatte die Führung Israels bereits die unverzeihliche Sünde begangen, als sie Ihn ablehnten, und damit hatten sie den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab. Es war zu spät für sie, ihn zum König zu krönen. Zweitens versuchten sie, ihn zum König von Galiläa zu machen; aber alttestamentliche Prophezeiungen, wie Psalm 2, erklärten, dass Jerusalem, nicht Galiläa, der Ort der Inthronisierung des Messias sein sollte. Drittens, ihr Motiv war falsch. Sie wollten ihn nur deshalb zum König machen, weil er ihre körperlichen Bedürfnisse befriedigt hatte, und ihnen gefiel die Vorstellung, ohne Arbeit satt zu werden. Jeschua kommentierte die falschen Motive, als Er diese Galiläer zu einem späteren Zeitpunkt traf.

Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

„Erbe ruiniert“

In „einer christlichen Zeitschrift“ wird die „Frage von Lesern“ aufgeworfen:
Warum sagte der Mann, der in der Bibel „Soundso“ genannt wird, dass eine Heirat mit Ruth sein eigenes Erbe ruinieren würde? (Ruth 4:1, 6).
und dann kommt eine sehr dürftige Antwort 😉

Falls dich die Frage beschäftigt, hier ein paar Kommentare:

Die Geschichte nimmt nun ein schnelles Ende. Früh am Morgen geht Boas zum Tor hinauf, dem üblichen Ort, um Recht zu sprechen oder Geschäfte zu machen. Er setzt sich wie eine Partei in einem Prozess; er ruft im Vorbeigehen den ungenannten näheren Verwandten, der den Platz der anderen Partei einnehmen soll, und zehn der Ältesten als Zeugen oder Schiedsrichter – die Zahl zehn ist nicht nur ein Symbol für Vollständigkeit, sondern seit alters her und später durch das Gesetz das, was eine Rechtsversammlung ausmacht. Um zu verstehen, was sich zwischen Boas und dem namenlosen Verwandten abgespielt hat, müssen wir die Sachlage und das geltende Recht anders erklären, als es bisher der Fall war. Denn die Schwierigkeit liegt im Verkauf des Besitzes durch Naomi – und sie wird auch nicht dadurch gemindert, dass man annimmt, sie habe nicht wirklich darüber verfügt, sondern es nur zum Verkauf angeboten. Im Allgemeinen können wir hier sagen, dass das Gesetz (Numb. 27:8, 11) keinen Fall behandelt, der dem hier betrachteten genau entspricht. Es sieht nur einen von zwei Fällen vor, nämlich den Tod eines kinderlosen Mannes, bei dem sein nächster Verwandter (im weitesten Sinne) verpflichtet ist, seine Witwe zu heiraten (Dtn 25,5), oder den Zwangsverkauf eines Grundstücks wegen Armut, bei dem der nächste Verwandte des ursprünglichen Eigentümers das Land einlösen kann (Lev 25,25). Es liegt auf der Hand, dass ersteres als eine Pflicht, letzteres als ein mit der Verwandtschaft verbundenes Privileg angesehen werden muss, wobei der Zweck beider genau derselbe ist, nämlich die Erhaltung der Familie (und nicht des Einzelnen) in ihrem ursprünglichen Zustand. Aber auch wenn das Gesetz sie nicht erwähnt, würde derselbe Grundsatz natürlich für alle analogen Fälle gelten. So könnte es zum Beispiel sein, dass ein Mann die Witwe heiratet, aber nicht in der Lage ist, das Eigentum zurückzukaufen. Andererseits könnte er niemals einen Anspruch auf Einlösung des Vermögens geltend machen, ohne die Witwe zu heiraten, der das Vermögen als Vertreterin ihres verstorbenen Ehemanns zusteht. In jedem Fall ging das Vermögen des verstorbenen Ehemannes auf eine kinderlose Witwe über. Solange die kinderlose Witwe lebte, konnte nämlich niemand Anspruch auf das Vermögen erheben, da sie potenziell die Erbin ihres verstorbenen Ehemanns war. Alle Autoritäten räumen ein, dass sie in einem solchen Fall die Nutzung des Besitzes hatte, und eine Passage in der Mischna (Yebam. iv. 3) erklärt, dass es für sie rechtmäßig war, Besitz zu verkaufen, obwohl es sehr zweifelhaft erscheint, ob der Ausdruck den Verkauf des Landes ihres verstorbenen Mannes umfasst. Dies wäre jedoch in strikter Übereinstimmung mit dem Grundsatz und dem Geist des Gesetzes gewesen. In dem uns vorliegenden Fall gehörte das Land noch immer Naomi, obwohl es an Rut als potenzieller Vertreterin von Elimelech und Machlon zurückfiel, während der Anspruch auf eine Heirat mit dem nächsten Verwandten unter den gegebenen Umständen natürlich nur auf Rut übergehen konnte. So ging das Eigentum, das Naomi noch besaß, nach Recht und Billigkeit mit der Hand Ruts, und niemand hatte Anspruch auf das eine, ohne auch das andere zu nehmen. Kein Verwandter hatte die Verwandtenpflicht gegenüber Rut erfüllt, und deshalb konnte auch kein Verwandter das mit dem Land verbundene Privileg der Erlösung beanspruchen. Mit der Hand von Rut war das Land gewissermaßen abgelehnt worden. Da aber der Verwandte sich praktisch geweigert hatte, seinen Teil zu tun, und Noomi nicht in der Lage war, ihren Besitz zu erhalten, veräußerte sie ihn, und zwar ganz im Sinne des Gesetzes. Es wurde niemandem Unrecht getan. Der einzige Grund, das Land an einen Verwandten weiterzugeben, wäre gewesen, dass er den Namen der Toten bewahren würde. Aber das hatte er sich praktisch geweigert zu tun. Andererseits stand es ihm immer noch offen, das Land einzulösen, wenn er gleichzeitig zustimmte, Rut zu heiraten. Es wäre die größte Ungerechtigkeit gewesen, dem Verwandten, der sich weigerte, als Verwandter aufzutreten, das Privileg zuzugestehen, ein Grundstück einzulösen. Anstatt einen Namen in Israel zu bewahren, hätte es ihn in Wirklichkeit für immer ausgelöscht.

Genau das war der Streitpunkt zwischen Boas und dem namenlosen Verwandten. Boas legte ihm zunächst das Privileg des Verwandten vor: die Einlösung des Landes. Dies akzeptierte er. Als Boas ihn dann aber daran erinnerte, dass dieses Privileg mit einer bestimmten Pflicht gegenüber Rut verbunden war und dass, wenn diese verweigert würde, auch die erste verwirkt wäre, trat er seine Rechte an Boas ab. – Der Grund, den er angibt (Rut 4,6), lässt verschiedene Auslegungen zu. Im Großen und Ganzen bevorzuge ich immer noch die alte Ansicht, dass sein Sohn von Rut der einzige Erbe gewesen wäre – mehr noch, dass in diesem besonderen Fall (wie wir in der Fortsetzung, 4:15, feststellen) Ruts Sohn verpflichtet wäre, „der Ernährer“ von Naomis „Alter“ zu sein. -Der Vertrag wurde nach altem Brauch in Israel durch eine symbolische Handlung bestätigt, die in Dtn 25,9 in abgewandelter Form wiedergegeben wird. Bei allen alten Völkern war der „Schuh“ ein Symbol für den Aufbruch (2. Mose 12,11) oder für die Inbesitznahme (vgl. Psalm 60,8). In diesem Fall übergab der Verwandte seinen Schuh an Boas, d. h. er trat seinen Besitz an ihn ab. Sowohl die versammelten Ältesten als auch diejenigen, die sich versammelt hatten, um dem Vorgang beizuwohnen, begrüßten seinen Abschluss herzlich, denn sie bewiesen, dass „die ganze Stadt wusste, dass Rut eine tugendhafte Frau war“, und dass sie bereit waren, die Moabiterin als Mutter in Israel aufzunehmen, so wie es Thamar in der Abstammung des Boas bewiesen hatte.

Alfred Edersheim – Geschichte der Bibel

Vers 6 des vierten Kapitels berichtet von der negativen Reaktion des Lösers. Mit seiner Äußerung »Dann kann ich es für mich nicht lösen« lehnt er das Angebot ab. Als goel, Verwandten-Löser, war dies sein rechtmäßiger Verzicht; nun konnte Boas seinerseits seine Zusage einlösen. Als Begründung für seine ablehnende Haltung führt der andere Löser an: ». . . sonst richte ich mein eigenes Erbteil zugrunde.« Daraufhin weist er Boas an, sein Recht als Löser wahrzunehmen: »Übernimm du für dich meine Lösungspflicht.« Als Grund nennt er: ». . . denn ich kann [wirklich] nicht lösen.« Möglicherweise bedeutete dies, dass er nicht vermögend war und er damit nicht beides – das Flurstück und Ruth – auslösen konnte. Es war nicht eine Frage ihrer Nationalität, sondern der doppelten finanziellen Last, die er nicht schultern konnte. Jede zusätzliche Belastung seiner Familie würde das Erbteil seiner Kinder vertilgen. Er hätte Naomis Besitz aufkaufen müssen, ihn seinem Besitz als Aktivposten aber nur so lange zurechnen können, bis Ruths erster Sohn seinen Anspruch auf Elimelechs Erbe geltend macht. In der Zwischenzeit würde die Sorge um das Kind und dessen Versorgung zusätzlich am Besitz des Mannes zehren. Neben der »verlorenen« Investition in Kind und Land würden durch die Versorgung von Naomi, Ruth und weiteren Kindern zusätzliche Ausgaben entstehen. Müsste er nur das Flurstück aufkaufen, würde er damit nicht nur sein Erbe ausweiten, sondern durch den zu erzielenden Ertrag seine ursprüngliche Investition mehr als ausgleichen. Die Aussicht jedoch auf eine vergebliche Investition, dazu noch weitere Münder, die ernährt werden wollen, erschien ihm zu teuer. Sein Erbe würde unter noch mehr Kindern aufgeteilt werden müssen, jedes Kind würde einen kleineren Anteil empfangen. Aus diesen Gründen sagte er: »Ich kann [wirklich] nicht lösen.«

Zunächst witterte der erste Löser eine gute Investitionsmöglichkeit; die Verflechtung mit Ruth veränderte das Angebot jedoch in eine kostspielige Investition. Fasst man Vers 6 zusammen, lassen sich zwei Beobachtungen treffen. Erstens war der eng mit Naomi verwandte Löser bereit, Naomis Land auszulösen, da es ihm die Möglichkeit bot, daraus Gewinn zu erzielen. Zweitens konnte er aufgrund der zusätzlichen Bedingung sein Recht nicht wahrnehmen. Insbesondere hätte er seine eigenen Finanzen in die Auslösung des Landes investieren müssen; indessen noch Ruth heiraten zu müssen und mit ihr einen Sohn zu zeugen bedeutete, dass dieser rechtlich als Sohn Machlons gilt und der einzige Erbe des Landes ist. Der Löser würde damit beides verlustig gehen, dem Eigentum und der getätigten Investition. Darüberhinaus würde dieser Sohn nicht nur das vom ihm im Rahmen des Lösens erworbene Land erben, sondern auch weitere Teile seines Besitzes; der Verlust seiner eigenen Investition, des ausgelösten Besitz und Teilen seines eigenen Landes würde dem Erbe seiner eigenen Söhnen entzogen. Bedingt durch diesen juristischen Sachverhalt siegte Boas.

Es sollen hier noch einige Beobachtungen aus dem weiteren Umfeld der Löser-Gesetze angemerkt werden. Sie leiten sich aus 3.Mose25, den Versen 25-31 und 47-55, und aus 5Mose 25,5-10 ab. Insgesamt bestehen die Gesetze aus vier Teilen. Erstens muss der Löser ein naher Blutsverwandter sein. Zweitens muss er über die finanziellen Mittel verfügen, die für die Auslösung des verpfändeten Eigentums nötig sind. Drittens muss er zum Rückkauf des verpfändeten Eigentums bereit sein. Viertens muss er gewillt sein, die Frau des verstorbenen Verwandten zu heiraten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Abfolge der im Buch Ruth berichteten Ereignisse wie folgt dar: Erstens wollte Naomi aufgrund ihrer Not ihr ererbtes Land veräußern. Zweitens: Damit das Land im Familienbesitz blieb, musste ein goel das Land auslösen. Indem er das Land (zurück-)erwirbt, kommt der goel selbst nicht in den Besitz des Landes, sondern verwaltet es treuhänderisch für den Sohn von Ruth, dem der Name und das Patrimonium zukommt. Obgleich Naomi engere Rechte an den goel besitzt, tritt sie diese an Ruth ab. Drittens war der nah-verwandte Löser zwar am Land, nicht jedoch an Ruth, interessiert, da er bei dieser Sache nur verlieren würde. Boas war an Ruth interessiert, nicht jedoch am Land; er verfügte auch über die finanziellen Mittel um das Geschäft abzuschließen. Diese Situation ist daher ähnlich zu beurteilen wie die Entscheidung Orpahs zu Beginn des Buches Ruth. Wie Hubbard auch hier anmerkt, ist dem Verwandten nichts vorzuwerfen. Gleich Orpah agierte er in der von ihm erwarteten und üblichen Weise. Gleich Ruth beschreitet Boas außergewöhnliche Wege und geht über das Erwartete hinaus (siehe ).

Arnold Fruchtenbaum – Das Buch Ruth

Ich kann nicht … damit ich mein eigenes Vermögen nicht gefährde Der namenlose Erlöser gibt seine Rolle als Reaktion auf unerwartete, neue Informationen auf, die seine Interessen gefährden. Was ist das für eine Information? Wenn wir die kerey-Lesart akzeptieren, dass Boas sagt: „Du erwirbst“, dann gibt der Erlöser auf, weil er gerade erfahren hat, dass er für zusätzliche Personen in seinem Haushalt sorgen muss. Wenn wir den Text gemäß der Ketiv-Lesart akzeptieren, die das Verb als „ich erwerbe“ auslegt, dann ist der namenlose Erlöser von Boas‘ Absicht überrascht, Rut zu erwerben (oder zu heiraten). Bei dieser Lesart zeigt die Erzählung an dieser Stelle Kohärenz und Konsistenz. Denn der andere Mann erkennt nun, dass der Kauf des Landes eine leichtsinnige Investition wäre: Früher oder später wird das Land durch Rut, die Boas nun zur Frau nimmt, an Elimelechs rechtmäßigen Erben zurückfallen (nach Levitikus 25 fällt das Land im Jubeljahr an den ursprünglichen Eigentümer zurück; siehe auch „Erbe“ und „Erlösung“ in der Einleitung). Der Erzähler stellt den namenlosen Erlöser als normalen, anständigen Menschen dar, nicht als Schurken. Wie Orpah versucht er, das Richtige zu tun, gibt aber schließlich auf und dient so als Gegenpol zur Großherzigkeit der Helden der Geschichte. Ein rabbinischer Midrasch vertritt diese sympathische Sichtweise. Indem er die Doppeldeutigkeit des Verbs „erwerben“ ausnutzt und auf beide Bedeutungen eingeht (als „ich erwerbe“ und „du erwirbst“), erklärt dieser Midrasch, dass der andere Mann als Gentleman sein Angebot, als Erlöser aufzutreten, zurückzieht, um Boas zu helfen (Rut R. 7.10). Nach einer anderen Midraschmeinung zieht der namenlose Erlöser sein Angebot jedoch wegen Ruts Status als Moabiterin zurück; Rabbi Schemuel wirft ihm vor, in Sachen Tora unwissend zu sein, denn er hätte wissen müssen, dass die Halacha die Passage im Deuteronomium so auslegt, dass nur moabitische Männer (mo’avi), nicht aber moabitische Frauen (mo’avit) ausgeschlossen sind (Rut R. 7.10).

Der JPS Tora-Kommentar – Ruth

Das ist natürlich etwas ganz anderes. „Ich vermag es nicht für mich zurückzukaufen“, sagt der ungenannte Verwandte, „damit ich nicht mein eigenes Erbe verderbe. Kaufe du es mit meinem Rückkaufsrecht für dich zurück, denn ich vermag es nicht zurückzukaufen“ (Ruth 4:6). Wie er dadurch ‘sein eigenes Erbe verderben würde’, sagt er nicht. Er würde aber für das Land Geld bezahlen müssen, und dadurch würde sich sein Vermögen entsprechend verringern. Auch würde dann Ruths Sohn, keiner seiner Söhne, das Feld bekommen. Das ist für den selbstsüchtigen Soundso nichts! „Kaufe es für dich“, sagt er daher zu Boas.

15.Mai 1978 Der Wachtturm

In dem Moment, in dem Rut als untrennbarer Bestandteil von Elimelechs Besitz erwähnt wurde, änderten sich die Gefühle des anonymen Verwandten und der Geist seines Traums völlig. Er „konnte“, so drückte er es aus, die Rolle des Verwandten nicht erfüllen. Es ist wahrscheinlich, dass er bereits eine Familie hatte, aber Witwer war. Wenn er also Rut zusammen mit dem Besitz ihres Schwiegervaters erwirbt, könnte seine Familie um einen weiteren, vielleicht sogar zahlreichen Zuwachs erweitert werden. Dies wäre, wie er es ausdrückte, eine „Zerstörung“ seines Vermögens, da es in unbedeutende Bruchteile zerfallen könnte. Das kann nicht, wie der chaldäische Targumist meint, auf seine Angst vor häuslichen Unruhen hinweisen. Oder wenn er tatsächlich an einen solchen Verlust dachte, hat er diesen Gedanken sicher nicht gegenüber Boas und den Beisitzern geäußert. Cassel vertritt eine andere Ansicht. „Es muss“, so sagt er, „ihre moabitische Nationalität sein, die der Grund für die Ablehnung des Verwandten ist. Elimelechs Unglück wurde im Volksmund auf seine Auswanderung nach Moab zurückgeführt, der Tod von Chilion und Machlon auf ihre Ehe mit moabitischen Frauen. Dadurch war ihr Erbe gefährdet. Der Goël fürchtet ein ähnliches Schicksal. Er denkt, dass er keine Frau in sein Haus aufnehmen sollte, deren Heirat bereits die Auslöschung einer Familie in Israel zur Folge hatte.“ Aber wenn es das war, worauf er sich bezog, als er von der „Zerstörung“ seines Erbes sprach, so stand es nicht im Einklang mit dem Wohlwollen, das er Boas schuldete und das er in der Höflichkeit seiner Ansprache so weit zum Ausdruck bringt, dass er seinen Verwandten unentgeltlich zu etwas drängte, was er für sich selbst als gefährlich ablehnte. Die Ausdrücke „für mich“ und „für dich“ (לִֽי und לְךָֽ) sind bedeutsam. Der anonyme Verwandte macht keinen Hehl daraus, dass er den Vorschlag von Naomi nur deshalb in Erwägung ziehen würde, weil er das tat, was in seinem eigenen Interesse lag. Er ging auch davon aus, dass Boas nur deshalb bereit sein würde, die Rolle des Verwandten zu übernehmen, weil es seinem eigenen Interesse dienen würde. Er wusste nicht, dass es in Boas‘ Herz eine Liebe gab, die wahrhaftig „nicht nach dem Eigenen trachtet“, sondern in der Ehre die Dinge eines anderen vorzieht.

James Morison – Ruth

Man kann gut erkennen – die Antwort ist etwas kompizierter, weil die Antwort nicht in der Bibel erwähnt wird. Aber wirkliche „Bibelforscher“ haben einige Antworten gefunden – und alle diese Punkte sind möglich. Wer aber nur eine „Zeitschrift zur Bibel“ liest, wird die Tiefe und Bedeutung wohl verpassen!