Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Elberfelder Bibel 1905 – Joh 6,14
Als die Leute begriffen, was für ein Wunder Jesus getan hatte, sagten sie: »Das ist wirklich der Prophet, ´von dem es heißt, dass` er in die Welt kommen soll!«
Neue Genfer Übersetzung – Johannes 6,14
Als nun die Leute ein Wunderzeichen sahen, das er bewirkt hatte, behaupteten sie immer wieder: „Dieser ist tatsächlich der Prophet, der in die Welt kommt!“
Gottes Agenda – Joh 6,14
Hatten die Menschen um Jesus erkannt, wer er wirklich war? Oder waren es nur selbstsüchtige Wünsche? Und warum reagiert Jesus nicht so, wie die Menschen es erwartet hatten?
Und sind unsere Gedanken und Hoffnungen dafür offen, dass wir vielleicht die Bibel anders verstanden haben, und uns von dem Inhalt der Bibel „überraschen lassen müssen“, weil es vielleicht etwas anders kommt, als wir geglaubt hatten?
ἰδόντες Aor. Ptz. ὁράω, temp., viell. kaus. ἐ-ποίησεν Aor. ποιέω; ὃ ἐποίησεν σημεῖον = τὸ σημεῖον ὃ ἐποίησεν (BDR § 2948; A357). ἔ-λεγον V. 6. ὅτι recitativum = Doppelpunkt (A333). ἀληθῶς wahrhaftig, wirklich, tatsächlich. ὁ προφήτης Präd.-Nom. m. Art. bez. eine den Hörern bekannte Gestalt (vgl. H-S § 135a; A80). ἐρχόμενος Ptz. ἔρχομαι, attr. der kommen soll.
Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament
Die Leute wußten genug aus dem Alten Testament, um zur Überzeugung zu kommen, daß das Zeichen ein Beweis dafür war, daß der Herr „der Prophet“ war, „der in die Welt kommen soll“. (Siehe 5Mo 18,15; Mt 11,13; Joh 1,21; 7,40 ). Dieser verheißene Prophet sollte aus den Kindern Israel erweckt werden, und er würde wie Mose sein. Die Leute erinnerten sich natürlich, daß Mose eng mit dem in der Wüste gegebenen Manna verknüpft war, wie der Herr etwas später sagte: „Nicht Mose hat euch das Brot aus dem Himmel gegeben […] Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen“ (Joh 6,31.32; Ps 78,24 ,das sich auf Gott bezieht; Neh 9,15). Aber sie vermochten nicht zu sehen, daß dieser Prophet mit der Aufrichtung des Messianischen Reiches zusammenhängen würde, wie auch im nachfolgenden Vers deutlich wird, wo sie meinten, jetzt sei die Zeit gekommen, da der Herr als König geoffenbart werden sollte.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Den ganzen Tag waren sie immer mehr davon überzeugt worden. Jene krönende Handlung nun gibt ihnen die Gewißheit, daß der lang erwartete Erlöser unter ihnen weilt. Die Hoffnung aller Anwesenden wird immer größer: Er ist es, der Judäa zu einem irdischen Paradies machen wird, zu einem Land, in dem Milch und Honig fließen, er kann jeden Wunsch erfüllen; er kann die Macht der verhaßten Römer brechen; er kann Juda und Jerusalem befreien und die in der Schlacht verwundeten Soldaten heilen; er kann Heere mit Nahrung versorgen, Völker besiegen und auch Israel die lang ersehnte Herrschaft geben. In ihrer Begeisterung sind sie bereit, Jesus sofort zum König zu krönen. Sie sehen, daß er sich keinerlei Mühe gibt, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken oder sich ehren zu lassen. Hierin unterscheidet er sich wesentlich von den Priestern und Obersten, und sie befürchten, daß er nie einen Anspruch auf Davids Thron geltend machen wird. Sie beraten gemeinsam und kommen überein, Gewalt anzuwenden und ihn als König von Israel auszurufen. Die Jünger schließen sich der Menge an und erklären, daß der Thron Davids das rechtmäßige Erbe ihres Herrn sei. Nur Jesu Bescheidenheit, sagen sie, veranlasse ihn, diese Ehre auszuschlagen. Möge doch das Volk seinen Befreier erheben, dann werden die hochmütigen Priester und Obersten gezwungen sein, den mit göttlicher Macht ausgestatteten Heiland zu ehren. Es werden nun eilig Vorbereitungen getroffen, diesen Plan auszuführen. Doch der Herr bemerkt ihre Absicht und kennt besser als das Volk die Folgen einer solchen Handlung. Schon jetzt trachten die Priester und Obersten ihm nach dem Leben und beschuldigen ihn, daß er das Volk gegen sie aufwiegele. Der Versuch des Volkes, ihn auf den Thron zu setzen, würde nur Gewalttat und Aufruhr nach sich ziehen und das geistliche Reich in Gefahr bringen. Dieser Entwicklung mußte umgehend Halt geboten werden. Jesus ruft seine Jünger und befiehlt ihnen, sofort das Boot zu besteigen und nach Kapernaum zurückzufahren, während er selbst das Volk entlassen werde. Noch nie zeigten die Jünger so wenig Neigung, der Anordnung ihres Herrn nachzukommen. Sie hatten schon lange auf einen allgemeinen Volksaufstand gehofft, um Jesus auf den Thron zu heben. Sie konnten sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen, daß diese Begeisterung ohne Erfolg bleiben sollte. Die zum Passahfest versammelte Volksmenge wollte den neuen Propheten sehen, und den Jüngern schien die Zeit gekommen, ihren geliebten Meister auf den Thron zu heben. In dieser Begeisterung wurde es ihnen wirklich schwer, ohne Jesus fortzugehen und ihn an diesem einsamen Platz zurückzulassen. Sie wagten Einwände gegen seinen Befehl; aber der Herr sprach nun mit solcher Autorität, wie er sie ihnen gegenüber noch nie gezeigt hatte. Sie wußten jetzt, daß ihr weiteres Widerstreben nutzlos sein würde, und wandten sich schweigend dem See zu. Jesus gebietet nun der Menge, sich zu zerstreuen. Sein Auftreten ist so bestimmt, daß sich niemand zu widersetzen wagt.
Ellen Gould White – Das Leben Jesu
„Die Juden“ murren gegen Jesus, wenn er von sich sagt, dass er „vom Himmel herab“ gekommen ist (6:41) und sein Fleisch als Nahrung bezeichnet (6:52). Aber ist Ioudaioi hier eine Anspielung auf Juden im Allgemeinen oder auf Judäer? Jesus befindet sich in Galiläa, wo er die Menschenmenge gespeist hat (6:5-14) und sich dann mit Brot vom Himmel vergleicht (6:25-40). Es scheint also, dass „die Juden“, die murrten, in Wirklichkeit Judäer sind, im Gegensatz zu den einheimischen Galiläern. Es gibt keine Kritik am jüdischen Volk als Ganzes, sondern nur eine implizite Kritik an einigen Judäern.
Craig A. Evans – Ein Handbuch über die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens
Angesichts des Zeichens (sEmeion) der Brotvermehrung erinnerten die Menschen sich an Moses Vorhersage, daß ein Prophet, der ihm glich, in die Welt kommen sollte (5Mo 18,15). Mose hatte dem Volk zu essen gegeben und es aus der Knechtschaft geführt. Ebenso hatte Jesus den Menschen zu essen gegeben, und nun hofften sie, daß er sie auch aus der Knechtschaft der verhaßten Römer befreien würde.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Die Menschen sahen das Zeichen, doch sie deuteten es falsch. Sie versuchten, Jesus zu ergreifen, um ihn zum König zu machen. Jesus stand hier auf dem Höhepunkt seiner Popularität – eine große Versuchung für ihn. War es möglich, daß er das Gottesreich errichtete, ohne zuvor am Kreuz zu sterben? Nein. Er würde das Reich aus den Händen des Vaters empfangen (vgl. Ps 2,7-12; Dan 7,13-14), es würde nicht von dieser Welt sein (Joh 18,36). Der Weg des Vaters führte in eine andere Richtung. Bevor Jesus zum herrschenden Löwen Judas werden konnte, mußte er zum Lamm werden, das die Sünde der Welt trägt (Joh 1,29).
und hier noch ein ganz wichtiger Kommentar von Arnold Fruchtenbaum:
Das in diesen Versen beschriebene Ereignis war eine direkte Folge des gerade von Jeschua vollbrachten Wunders, der Speisung der fünftausend Galiläer. Nach der Speisung schickte Jeschua seine Jünger mit dem Boot in das westliche Bethsaida (Markus 6:45). Er hatte vor, die Menschenmengen zu entlassen und sie nach Hause zu schicken (Matthäus 14:22), aber sie hatten gerade das Zeichen gesehen, das er getan hatte, und ihn für den Propheten aus Deuteronomium 18:15-18 erklärt (Johannes 6:14). Jetzt, da sie alle satt waren, wollten sie ihn zum König von Galiläa machen (Johannes 6,15). Ihr Motiv war, weiterhin körperlich gespeist zu werden. Als Jeschua merkte, dass sie ihn mit Gewalt zum König von Galiläa machen wollten, trennte er sich von ihnen und zog sich wieder allein auf den Berg zurück (Johannes 6,15). Es gelang ihm, dort allein zu sein (Matthäus 14,23) und er begann zu beten (Markus 6,46).
Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive
Jeschua lehnte das Angebot des Volkes, das Königtum über Galiläa zu übernehmen, aus drei Gründen ab. Erstens hatte die Führung Israels bereits die unverzeihliche Sünde begangen, als sie Ihn ablehnten, und damit hatten sie den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab. Es war zu spät für sie, ihn zum König zu krönen. Zweitens versuchten sie, ihn zum König von Galiläa zu machen; aber alttestamentliche Prophezeiungen, wie Psalm 2, erklärten, dass Jerusalem, nicht Galiläa, der Ort der Inthronisierung des Messias sein sollte. Drittens, ihr Motiv war falsch. Sie wollten ihn nur deshalb zum König machen, weil er ihre körperlichen Bedürfnisse befriedigt hatte, und ihnen gefiel die Vorstellung, ohne Arbeit satt zu werden. Jeschua kommentierte die falschen Motive, als Er diese Galiläer zu einem späteren Zeitpunkt traf.