Monat: April 2023

Studie zu „Abgrund“ im NT

Nachdem wir gestern abend beim Seminar mit Gerd über die Offenbarung das Thema gestreift haben:

12 a-bussos
√ G1 (priv.) und NF von 1037, (w. ohne-Grund); Subst.fem. (9)
Gräz.: bodenlos, unergründlich.
LXX: Gen 1,2 Dtn 8,7 Hiob 36,16; 41,22 Ps 33,7 Jes 44,27
I.) d. Abgrund
Im Unterschied zu Strong Nr. G5020 ein vorübergehender Ort für
die Verdammten bis zum Gericht.
1) d. bodenlose Tiefe, d. Unterwelt als d. Aufenthaltsort der
Toten und Verdammten. Dtn 30,13 Röm 10,7
2) Verbannungsort der Dämonen. Lk 8,31 Offb 9,1.2; 17,8; 20,1.3
3) Sitz des Antichrist. Offb 11,7
4) Sitz des Engels der Unterwelt Abaddon (siehe dort). Offb 9,11

Kautz – Griechisch-Deutsch Strong Lexikon

ἄβυσσος abussos; aus 1 (als neg. Präf.) und βυσσός bussos = 1037; grenzenlos, bodenlos:-abyss(7), bodenlos(2).

New American Standard Hebrew-Aramaic and Greek dictionaries : updated edition

ἄβυσσος (abyssos), ου (ou), ἡ (hē): n.fem.; ≡ DBLHebr 9333; Str 12; TDNT 1.9-LN 1.20 der Abgrund, der ganz tiefe Ort; „der bodenlose Abgrund“ in einigen Versionen (Lk 8:31; Röm 10:7; Offb 9:1, 2, 11; 11:7; 17:8; 20:1, 3+)

Dictionary of Biblical Languages with Semantic Domains: Greek (New Testament)

Als Substantiv (Röm 10:7; Offb 9:1 usw.) ist ἄ. in den magischen Papyri üblich, z.B. P Lond 121261 (iii/A.D.) (= I. S. 93) ἐπὶ τῆς ἀβύσσου, ib.517 (= I. S. 100) τῇ καλουμένῃ ἀβύσσῳ. Siehe auch Nägeli, S. 46.

The vocabulary of the Greek Testament

abussos (ἄβυσσος, 12), „bodenlos“ (von a, intensiv, und bussos, „eine Tiefe“; verwandt mit bathus, „tief“; dt. „Bad“), wird als Substantiv verwendet und bezeichnet den Abgrund (KJV, „bodenloser Abgrund“). Es beschreibt eine unermessliche Tiefe, die Unterwelt, die unteren Regionen, den Abgrund des Scheol. In Römer 10:7, das aus Dtn 30:13 zitiert wird, wird der Abgrund (der Aufenthaltsort der verlorenen Toten) durch das Meer ersetzt (die Änderung des Zitats ist auf die Tatsachen des Todes und der Auferstehung Christi zurückzuführen); in der KJV steht hier und in Lukas 8:31 „tief“; der Verweis bezieht sich auf die unteren Regionen als Aufenthaltsort von Dämonen, aus denen sie losgelassen werden können, Offb. 11:7; 17:8, es kommt siebenmal in der Apokalypse vor, 9:1-2, 11; 11:7; 17:8; 20:1, 3; in 9:1, 2 hat die RV „die Grube des Abgrunds“. Siehe DEEP.

Vine’s Complete Expository Dictionary of Old and New Testament Words

ἄβυσσος abussŏs, ab‘-us-sos; von 1 (als neg. Partikel) und einer Var. von 1037; abgrundtief, d.h. (spez.) (höllischer) „Abgrund“:-tief, (bodenlose) Grube.

A Concise Dictionary of the Words in the Greek Testament and The Hebrew Bible

ἄβυσσος
Kommt von 1 und einer Variante von 1037; TDNT 1.9; TDNTA 2; GK 12; n f.
LSG – Abgrund (9 Vorkommen).
1. bodenlos.
2. unendlich.
3. der Abgrund.
a. die Grube.
b. die unermessliche Tiefe.

Lexique Strong grec-français du Nouveau Testament

Eine Beschreibung der Unterwelt als a. der „Ort der Gefangenschaft für ungehorsame Geister“ (Lk. 8:31; Offb. 9:1, 2, 11; 11:7; 17:8; 20:1, 3) und b. das „Reich der Toten“ (Röm. 10:7).
ἡ ἄβυσσος (ursprünglich Adj. zu einem γῆ, das aufgefüllt werden soll, aber nie ganz bedeckt ist == „unergründlich tief“) wird im späteren Griechisch verwendet, um die Tiefen der Urzeit zu beschreiben (Preis. Zaub., III, 554; IV, 2835; Corp. Herm., III, 1, XVI, 5), das Urmeer (Test. Sol., II, 8, B. C. MacCown, 15*) und die Welt der Toten (Diog. L. 4, 5, 27). In der LXX wird es meist für תְּהוֹם verwendet, das im Alten Testament die ursprüngliche Flut oder die Wasserfluten beschreibt, und wird einmal im Plural verwendet, um das Reich der Toten zu bezeichnen (Ps. 71:20). Im späteren Judentum bezeichnete תְּהוֹם 1. die ursprüngliche Flut;1 2. die Tiefe der Erde oder das Innere der Erde, in der sich Leichen befinden, die Verunreinigungen verursachen;2 und 3. unter dem Einfluss persischer und hellenistischer Vorstellungen3 den Ort, an dem die Runengeister gefangen sind (Jub. 5:6 ff.; Eth. En, 10:4 f.), 11 ff.; 18:11 ff. usw.; Jd. 6; 2 Pt. 2:4).
Im NT wird 1. ἄβυσσος als „Gefängnis für Geister“ gedacht (Offb. 9:1; 20:1, 3 → κλείς; vgl. Pray. Man. 3). Ein brunnenartiger Abgrund4 bildet den Eingang, aus dem, wenn er geöffnet wird, der Rauch des Höllenfeuers aufsteigt (Offb. 9:1-2).5 Seine Insassen bis zu ihrer Freilassung in der Trübsal vor dem Ende sind Antichrist (Offb. 11:7; 17:8 → θηρίον vgl. Act. Thom, 32), der Fürst der Unterwelt (Offb. 9:11 → Ἀβαδδών), Dämonen (Lk. 8:31) und Skorpion-Zentauren (Offb. 9:3 ff.).6 Nach der Parusie wird Satan während des Tausendjährigen Reiches darin eingeschlossen sein (20:1, 3). Die Tatsache, dass Gott Macht und Kontrolle über die Welt der feindlichen Geister hat, kommt in dieser Vorstellung von einem Geistergefängnis deutlich zum Ausdruck.

2 R. 10:7 bedeutet der Begriff תְּהוֹמוֹת (LXX ἄβυσσοι, ψ 106:26) das „Totenreich“,7 in das hinabzusteigen der Auffahrt in den Himmel gegenübergestellt wird; hier, wie in b. Git, 84a, Bar.,8 ist τίς καταβήσεται εἰς τὴν ἄβυσσον ein Ausdruck für etwas, das unmöglich ist.

Theological dictionary of the New Testament – Kittel

ἄβυσσος, ου f: (eine figurative Bedeutungserweiterung von ἄβυσσος ‚Grube‘, die im NT nicht vorkommt) ein Ort der Toten und ein Ort, an dem der Teufel festgehalten wird (Offb 20,3), der Wohnsitz des Tieres als Antichrist (Offb 11,7) und von Abaddon, als Engel der Unterwelt (Offb 9,11) – ‚Abgrund, Wohnstätte der bösen Geister, sehr tiefer Ort. ‚ τίς καταβήσεται εἰς τὴν ἄβυσσον; τοῦτ‘ ἔστιν Χριστὸν ἐκ νεκρῶν ἀναγαγεῖν ‚wer kann hinabsteigen in den Abgrund? das heißt, Christus von den Toten auferwecken“ Röm 10:7; καὶ ἔβαλεν αὐτὸν εἰς τὴν ἄβυσσον „und er warf ihn in den Abgrund“ Re 20:3.
ἄβυσσος wird manchmal als „ein sehr tiefes Loch“ übersetzt, in anderen Fällen als „ein Loch ohne Boden“ oder „das tiefste Loch der Erde“.

Griechisch-Englisches Lexikon des Neuen Testaments: basierend auf semantischen Domänen – Louw, Johannes P. und Nida, Eugene Albert

Abaddon (hebr. ‚abaddon), eig. Verderben, Untergang. Das Wort findet sich im AT 5mal und hat die Bedeutung Ort des Untergangs, Abgrund, bes. das Totenreich, Scheol, wo die Toten fern von Gott, aber nicht verborgen vor ihm, existieren. So wird A. mit der Hölle parallelisiert und meint das Totenreich, das vor Gott unverdeckt liegt (Hi 266; vgl. Spr 1511). Es ist auch gleichbedeutend mit dem Grab (Ps 8812) und der Schicht unter dem Erdboden (Hi 3112). A. und Tod werden sogar als Personifikationen redend eingeführt (Hi 2822). Im NT steht das Wort nur einmal, und zwar in der 5. Posaunenvision (Off 911; Erstes Wehe: 91–12). Es ist der Name eines Unterweltsengels, der als König an der Spitze eines dämon. Wunderwesenheeres steht und die Menschen in der Endzeit quält. Im Hintergrund steht die apokal. Bildersprache mit ihrer Konzeption eines höllischen Engels als Unterweltsfürsten (vgl. 1 Hen 202; b Sanh 52 a; b Sabat 104 a). A. wird dabei gr. als s. Apollyon »Verderber« gedeutet.
• Lit.: ThW I, 48ff – Komm. zu Off.

Biblisch-historisches Handwörterbuch – BHH

Abgrund. Nach israelitischer Volksvorstellung zieht sich das Meer in der Tiefe unter der Erde hin, so daß die Erde gleichsam auf dem Wasser schwimmt (Ps. 24, 2 [Grundtext]: er hat den Erdboden auf die Meere gegründet, Ps. 136, 6). Diese Wasserflut unter der Erde heißt der A. oder die Tiefe (s. d.); von dort, heißt es in dichterischen Stellen, kommt den Gewächsen der Erde ebenso Gedeihen zu wie vom Himmel herab (1 Mo. 49, 25; 5 Mo. 33, 13). Bei der Sintflut brachen die Brunnen dieser Tiefe auf (1 Mo. 7, 11; 8, 2, vgl. Spr. 8, 28). Der „Abgrund“ wird als Bild der abgelegensten und unzugänglichsten Verborgenheit gebraucht (Hi. 28, 14; 38, 16; Sir. 42, 18). In der Offenbarung Johannis ist der „Abgrund“ als Ausgangsort finsterer Verderbensmächte (9, 1.2.11; 11, 7. Lu. 8, 31, vgl. Abaddon), sowie als zeitweiliger Aufbewahrungsort für den Satan (Off. 20, 1–3) genannt.
Th. Hermann.

Calwer Bibellexikon: Biblisches Handwörterbuch illustriert

Abgrund Im Alten Testament Aufenthaltsort der Toten (Hiob 26,6; Spr 15,11; 27,20; →Abaddon); in der Offenbarung (9,1.11; 11,7; 17,8; 20,1.3) Gefängnis des Teufels und der abtrünnigen Geister (vgl. Lk 8,31)

Kleines Lexikon zur Lutherbibel

Abgrund I) Im AT bezeichnen A. (hebr. tehom) oder Tiefe die Meerestiefe (1Mo 1,2; Hiob 28,14; 38,16; Ps 107,26) und nach israelit. Vorstellung die Orte unter der Erde, aus denen die Brunnen und Wasser emporsteigen (1Mo 7,11; 8,2; Spr 8,28).
II) Vgl. → Abaddon.
III) In Offb bezeichnet A. den Aufenthaltsort und Ausgangspunkt der Verderbensmächte (Offb 9,1f; 11,7) und das Gefängnis, in dem der → Satan für 1000 Jahre gebunden wird (Offb 20,1–3).

Lexikon zur Bibel: Personen, Geschichte, Archäologie, Geografie und Theologie der Bibel

Abgrund (hebr. scheol). Nach bibl. Auffassung befindet sich unter der Erdscheibe das Urmeer. Ab dem 3. Jh. v. Chr. wird dieser Abgrund mit der Unterwelt, dem Totenreich und der Hölle (als Gefängnis der dämonischen Mächte) gleichgesetzt.

Herders Neues Bibellexikon

HÖLLE, ABGRUND, EWIGE BESTRAFUNG

Der Glaube an eine göttliche Bestrafung nach dem Tod war im jüdischen und griechisch-römischen Denken weit verbreitet. In unserer Literatur findet man die konkrete Erwartung ewiger Qualen durch den einen gerechten Gott, die sich gegen alle richten, die nicht zu Christus gehören. Der Kanon der Heiligen Schrift und die apostolischen Väter verzichteten auf die ausführlichen Beschreibungen der Hölle, die in anderer späterer Literatur zu finden sind.

1.1. Apostelgeschichte. In Apostelgeschichte 1,25 wird angedeutet, dass Judas Iskariot an seinen „eigenen Ort“ ging, also in die Hölle, obwohl ho idios topos in anderen Zusammenhängen Himmel oder Hölle sein kann (Ign. Magn. 5.1; Pol. Phil. 9.2). Im Vergleich zum Lukasevangelium werden in der Apostelgeschichte jedoch kaum die Hölle oder die ewige Strafe erwähnt.
1.2. Hebräer. Der Autor des Hebräerbriefs kündigt denen, die von Christus abfallen, das Verderben an (Hebr 10,39). Diese Abtrünnigen werden wie die Israeliten unter Mose umkommen, aber ihr Ende ist nicht nur der physische Tod. Vielmehr wird ein Feuer die Feinde Gottes verzehren (Hebr 10,26-27; vgl. Hebr 12,9). Diejenigen, die das Wort hören, aber „unfruchtbarer Boden“ sind (Hebr 6,7-8), werden verflucht und verbrannt werden, ein Bild, das der Autor offenbar als feuriges eschatologisches Gericht versteht. Keine dieser Stellen mit ihrem Fluchen, Verderben und Brennen lässt sich ohne Weiteres auf das Feuer der Zurechtweisung in diesem Leben (wie in Herm. Sim. 6-7) oder auf das Prüfungsfeuer in 1. Korinther 3,13-15 beziehen (Ellingworth, 535).
1.3. Jakobus. Gott hat die Macht, „zu retten und zu zerstören“ (Jak 4,12). In Jakobus 5,3 spricht der Autor (siehe Jakobus) möglicherweise vom Feuer der Hölle, und in Jakobus 3,6 tut er das mit Sicherheit: „Die Zunge ist ein Feuer … und sie wird von der Hölle (geenna) entzündet.“
1.4. 1 Petrus. Was ist mit dem verblüffenden Hinweis darauf gemeint, dass Christus den „Geistern im Gefängnis“ in 1 Petrus 3:19 predigt (siehe 1 Petrus)? Wenn es mit 1. Petrus 4,6 und Epheser 4,9-10 zusammenhängt, könnte es bedeuten, dass Christus zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung „in die Hölle hinabgestiegen“ ist. Diese Lehre war im zweiten Jahrhundert fest etabliert und wird zum Beispiel von Justin Martyr und Irenäus sowie im apokryphen Nikodemusevangelium erwähnt (Goppelt, 260-63).
In letzter Zeit geht der Trend dahin, in 1 Petrus 3,18-22 eine chronologische Abfolge zu sehen. Diese Verkündigung fand nach dem Tod (siehe Tod Christi) und der Auferstehung Christi statt und bevor er zur Rechten Gottes inthronisiert wurde (siehe Erhöhung). Vielleicht war dies ein Teil seiner Himmelfahrt, bei der er den Toten oder den Engeln seinen Sieg über Tod und Dämonen verkündete (Michaels, 194-222).
1.5. Judas und 2. Petrus. Sowohl Judas als auch 2. Petrus stimmten mit der Tradition überein, dass die bösen Engel seit ihrer urzeitlichen Rebellion gefangen gehalten werden. Sie haben „gesündigt“ (2 Petr 2,5) oder ihre Positionen der himmlischen Autorität verlassen (Judas 6), aber es gibt keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, ob ihre Sünde darin bestand, mit menschlichen Frauen zu verkehren, wie in der jüdischen Tradition (z. B. 1 Henoch 12, basierend auf Gen 6). In 2 Petrus 2,5 bedeutet das Verb tartaroō „in den Tartaros sperren“, was in der griechischen und jüdischen Literatur den tiefen Abgrund bezeichnete, in den die Engel verbannt wurden. Sie sind mit Ketten gefesselt, ein Merkmal, das in griechischen, jüdischen und christlichen Schriften häufig vorkommt (siehe vor allem 1 Henoch 10,5). Sowohl 2 Petrus 2,17 als auch Judas 13 verbinden ihr Schicksal mit dem der Irrlehrer/innen. Denn auch den Irrlehrern sind die Ketten der Finsternis vorbehalten, da sie vom wahren Glauben abgefallen sind. Judas 23 spielt auf Sacharja 3,2 an, wenn es darum geht, die Irrlehrer dem „Feuer“ zu entreißen, d. h. ihr Abgleiten in das eschatologische Gericht aufzuhalten.
Das Ende der Gottlosen ist „Vernichtung“ in 2 Petrus 2:1, 3; 3:16 (apōleia) und 2 Petrus 2:12 (phthora). 2 Petrus und Judas, ebenfalls der Tradition folgend, verwenden die Zerstörung Sodoms als Beispiel für ein feuriges Gericht (Judas 7; 2 Petr 2,6-10; vgl. Mt 10,15; 1 Clem 11,1-2). Genauso wird Gott die Gerechten aus dem Feuer retten, wie er es mit Lot tat. Er wird Himmel und Erde mit Feuer vernichten (2 Petr 3:7, 12).
1.6. Offenbarung
1.6.1. Abgrund, Hades. In der hier betrachteten Literatur bezieht sich der Begriff „Abgrund“ (abyssos) nur in der Offenbarung auf die höllischen Regionen (siehe Offenbarung, Buch der). Andernorts bezeichnet er die Tiefen der Meere. Trotz seiner Etymologie ist dieser Abgrund kein „bodenloser Abgrund“ (Offb 9,1 KJV), sondern eine geschlossene unterirdische Kammer. Die Formulierung „der Schacht [phrear] des Abgrunds“ in Offenbarung 9:1 kann bedeuten, dass der Abgrund selbst ein Schacht ist oder, was wahrscheinlicher ist, dass sein Eingang ein Schacht ist (siehe Offb 9:2; 11:7; 17:8). Für die Handlung des Buches ist es entscheidend, dass der Abgrund von außen verschlossen werden kann. Einmal gesichert, kann er mit einem Schlüssel verschlossen und versiegelt werden (Offb 20,1-3), sodass er als Gefängnis dient (phylakē, Offb 20,7; vgl. Lk 8,31; 1 Petr 3,19). In Offenbarung 9,1-2 wird einem Engel vom Himmel der Schlüssel zum Abgrund gegeben, aus dem er die „Heuschrecken“ in einer Rauchwolke entkommen lässt. In der griechischen Version von 1 Henoch 20,2 wird der gute Engel Uriel über den Tartarus gesetzt, aber in der Offenbarung ist der König des Abgrunds ein Engel namens Abaddon oder Apollyon, „der Zerstörer“. Möglicherweise ist in Offenbarung 14:18 ein anderer Engel für das „Feuer“ zuständig, aber seine Beziehung zum Abgrund wird nicht deutlich. Indirekt wird uns auch gesagt, dass das erste Tier aus dem Abgrund kommt (Offb 11:7; 17:8).
Der Abgrund spielt seine Hauptrolle in Offenbarung 20:1-3. Satan wird in Ketten gelegt und in den Abgrund geworfen, und seine unterirdische Zelle wird für tausend Jahre verschlossen und versiegelt.
Wo der Begriff „Abgrund“ bei den apostolischen Vätern auftaucht (1 Clem.; Diogn.), hat er die andere Bedeutung, nämlich „die Wassertiefe“ (basierend auf dem hebräischen ṯehôm, „die Tiefe“).
1.6.2. Tod und Hades. In der Offenbarung kann es eine implizite Verbindung zwischen dem Abgrund und dem Hades oder der Hölle geben (wie in Ps 71,20; Röm 10,7; und im Apok. des ersten Jahrhunderts Zeph 6,15). So wie der Himmel den Schlüssel zum Abgrund hat, besitzt Jesus die Schlüssel zum Tod und zum Hades oder zur Hölle (Offb 1,18; siehe auch Offb 6,8).
1.6.3. Der Feuersee. Der endgültige Aufenthaltsort der bösen Engel und Menschen liegt „außerhalb“ des neuen Jerusalem (Offb 21:27; 22:14-15), genauer gesagt im „Feuersee“. Der Begriff „Feuersee“ oder „brennender Schwefel“ ist in der apokalyptischen Literatur keine Seltenheit und wird im Neuen Testament mit „Gehenna“ gleichgesetzt.
Die Zerstörung Babylons nach dem Vorbild des Untergangs von Sodom ist eine Vorahnung des ewigen Feuers (Offb 18:9, 18; 19:3). Das Tier und der falsche Prophet sind die ersten, die hineingeworfen werden (Offb 19,20), gefolgt vom Teufel (Offb 20,10), dem Tod und dem Hades (Offb 20,14) und den Gottlosen, die dort den „zweiten Tod“ erleiden (Offb 20,15; 21,8).
Der Glaube an eine göttliche Bestrafung nach dem Tod war im jüdischen und griechisch-römischen Denken weit verbreitet. In unserer Literatur findet man die konkrete Erwartung ewiger Qualen durch den einen gerechten Gott, die sich gegen alle richten, die nicht zu Christus gehören. Der Kanon der Heiligen Schrift und die apostolischen Väter verzichteten auf die ausführlichen Beschreibungen der Hölle, die in anderer späterer Literatur zu finden sind.

1.1. Apostelgeschichte. In Apostelgeschichte 1,25 wird angedeutet, dass Judas Iskariot an seinen „eigenen Ort“ ging, also in die Hölle, obwohl ho idios topos in anderen Zusammenhängen Himmel oder Hölle sein kann (Ign. Magn. 5.1; Pol. Phil. 9.2). Im Vergleich zum Lukasevangelium werden in der Apostelgeschichte jedoch kaum die Hölle oder die ewige Strafe erwähnt.
1.2. Hebräer. Der Autor des Hebräerbriefs kündigt denen, die von Christus abfallen, das Verderben an (Hebr 10,39). Diese Abtrünnigen werden wie die Israeliten unter Mose umkommen, aber ihr Ende ist nicht nur der physische Tod. Vielmehr wird ein Feuer die Feinde Gottes verzehren (Hebr 10,26-27; vgl. Hebr 12,9). Diejenigen, die das Wort hören, aber „unfruchtbarer Boden“ sind (Hebr 6,7-8), werden verflucht und verbrannt werden, ein Bild, das der Autor offenbar als feuriges eschatologisches Gericht versteht. Keine dieser Stellen mit ihrem Fluchen, Verderben und Brennen lässt sich ohne Weiteres auf das Feuer der Zurechtweisung in diesem Leben (wie in Herm. Sim. 6-7) oder auf das Prüfungsfeuer in 1. Korinther 3,13-15 beziehen (Ellingworth, 535).
1.3. Jakobus. Gott hat die Macht, „zu retten und zu zerstören“ (Jak 4,12). In Jakobus 5,3 spricht der Autor (siehe Jakobus) möglicherweise vom Feuer der Hölle, und in Jakobus 3,6 tut er das mit Sicherheit: „Die Zunge ist ein Feuer … und sie wird von der Hölle (geenna) entzündet.“
1.4. 1 Petrus. Was ist mit dem verblüffenden Hinweis darauf gemeint, dass Christus den „Geistern im Gefängnis“ in 1 Petrus 3:19 predigt (siehe 1 Petrus)? Wenn es mit 1. Petrus 4,6 und Epheser 4,9-10 zusammenhängt, könnte es bedeuten, dass Christus zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung „in die Hölle hinabgestiegen“ ist. Diese Lehre war im zweiten Jahrhundert fest etabliert und wird zum Beispiel von Justin Martyr und Irenäus sowie im apokryphen Nikodemusevangelium erwähnt (Goppelt, 260-63).
In letzter Zeit geht der Trend dahin, in 1 Petrus 3,18-22 eine chronologische Abfolge zu sehen. Diese Verkündigung fand nach dem Tod (siehe Tod Christi) und der Auferstehung Christi statt und bevor er zur Rechten Gottes inthronisiert wurde (siehe Erhöhung). Vielleicht war dies ein Teil seiner Himmelfahrt, bei der er den Toten oder den Engeln seinen Sieg über Tod und Dämonen verkündete (Michaels, 194-222).
1.5. Judas und 2. Petrus. Sowohl Judas als auch 2. Petrus stimmten mit der Tradition überein, dass die bösen Engel seit ihrer urzeitlichen Rebellion gefangen gehalten werden. Sie haben „gesündigt“ (2 Petr 2,5) oder ihre Positionen der himmlischen Autorität verlassen (Judas 6), aber es gibt keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, ob ihre Sünde darin bestand, mit menschlichen Frauen zu verkehren, wie in der jüdischen Tradition (z. B. 1 Henoch 12, basierend auf Gen 6). In 2 Petrus 2,5 bedeutet das Verb tartaroō „in den Tartaros sperren“, was in der griechischen und jüdischen Literatur den tiefen Abgrund bezeichnete, in den die Engel verbannt wurden. Sie sind mit Ketten gefesselt, ein Merkmal, das in griechischen, jüdischen und christlichen Schriften häufig vorkommt (siehe vor allem 1 Henoch 10,5). Sowohl 2 Petrus 2,17 als auch Judas 13 verbinden ihr Schicksal mit dem der Irrlehrer/innen. Denn auch den Irrlehrern sind die Ketten der Finsternis vorbehalten, da sie vom wahren Glauben abgefallen sind. Judas 23 spielt auf Sacharja 3,2 an, wenn es darum geht, die Irrlehrer dem „Feuer“ zu entreißen, d. h. ihr Abgleiten in das eschatologische Gericht aufzuhalten.
Das Ende der Gottlosen ist „Vernichtung“ in 2 Petrus 2:1, 3; 3:16 (apōleia) und 2 Petrus 2:12 (phthora). 2 Petrus und Judas, ebenfalls der Tradition folgend, verwenden die Zerstörung Sodoms als Beispiel für ein feuriges Gericht (Judas 7; 2 Petr 2,6-10; vgl. Mt 10,15; 1 Clem 11,1-2). Genauso wird Gott die Gerechten aus dem Feuer retten, wie er es mit Lot tat. Er wird Himmel und Erde mit Feuer vernichten (2 Petr 3:7, 12).
1.6. Offenbarung
1.6.1. Abgrund, Hades. In der hier betrachteten Literatur bezieht sich der Begriff „Abgrund“ (abyssos) nur in der Offenbarung auf die höllischen Regionen (siehe Offenbarung, Buch der). Andernorts bezeichnet er die Tiefen der Meere. Trotz seiner Etymologie ist dieser Abgrund kein „bodenloser Abgrund“ (Offb 9,1 KJV), sondern eine geschlossene unterirdische Kammer. Die Formulierung „der Schacht [phrear] des Abgrunds“ in Offenbarung 9:1 kann bedeuten, dass der Abgrund selbst ein Schacht ist oder, was wahrscheinlicher ist, dass sein Eingang ein Schacht ist (siehe Offb 9:2; 11:7; 17:8). Für die Handlung des Buches ist es entscheidend, dass der Abgrund von außen verschlossen werden kann. Einmal gesichert, kann er mit einem Schlüssel verschlossen und versiegelt werden (Offb 20,1-3), sodass er als Gefängnis dient (phylakē, Offb 20,7; vgl. Lk 8,31; 1 Petr 3,19). In Offenbarung 9,1-2 wird einem Engel vom Himmel der Schlüssel zum Abgrund gegeben, aus dem er die „Heuschrecken“ in einer Rauchwolke entkommen lässt. In der griechischen Version von 1 Henoch 20,2 wird der gute Engel Uriel über den Tartarus gesetzt, aber in der Offenbarung ist der König des Abgrunds ein Engel namens Abaddon oder Apollyon, „der Zerstörer“. Möglicherweise ist in Offenbarung 14:18 ein anderer Engel für das „Feuer“ zuständig, aber seine Beziehung zum Abgrund wird nicht deutlich. Indirekt wird uns auch gesagt, dass das erste Tier aus dem Abgrund kommt (Offb 11:7; 17:8).
Der Abgrund spielt seine Hauptrolle in Offenbarung 20:1-3. Satan wird in Ketten gelegt und in den Abgrund geworfen, und seine unterirdische Zelle wird für tausend Jahre verschlossen und versiegelt.
Wo der Begriff „Abgrund“ bei den apostolischen Vätern auftaucht (1 Clem.; Diogn.), hat er die andere Bedeutung, nämlich „die Wassertiefe“ (basierend auf dem hebräischen ṯehôm, „die Tiefe“).
1.6.2. Tod und Hades. In der Offenbarung kann es eine implizite Verbindung zwischen dem Abgrund und dem Hades oder der Hölle geben (wie in Ps 71,20; Röm 10,7; und im Apok. des ersten Jahrhunderts Zeph 6,15). So wie der Himmel den Schlüssel zum Abgrund hat, besitzt Jesus die Schlüssel zum Tod und zum Hades oder zur Hölle (Offb 1,18; siehe auch Offb 6,8).
1.6.3. Der Feuersee. Der endgültige Aufenthaltsort der bösen Engel und Menschen liegt „außerhalb“ des neuen Jerusalem (Offb 21:27; 22:14-15), genauer gesagt im „Feuersee“. Der Begriff „Feuersee“ oder „brennender Schwefel“ ist in der apokalyptischen Literatur keine Seltenheit und wird im Neuen Testament mit „Gehenna“ gleichgesetzt.
Die Zerstörung Babylons nach dem Vorbild des Untergangs von Sodom ist eine Vorahnung des ewigen Feuers (Offb 18:9, 18; 19:3). Das Tier und der falsche Prophet sind die ersten, die hineingeworfen werden (Offb 19,20), gefolgt vom Teufel (Offb 20,10), dem Tod und dem Hades (Offb 20,14) und den Gottlosen, die dort den „zweiten Tod“ erleiden (Offb 20,15; 21,8).

Dictionary of the later New Testament and its developments

Abgrund. Der griechische Begriff abyssos G12 (ursprünglich ein Adjektiv, „bodenlos, unergründlich“, dann ein Substantiv, „tiefer Ort“) wird in der KJV mit „die Tiefe“ (Lk. 8:31; Röm. 10:7) und „bodenloser Abgrund“ (Offb. 9:1-2, 11; 11:7; 17:8; 20:1, 3) wiedergegeben. In der NIV wird er als Eigenname „Abgrund“ verwendet (außer im Römerbrief). Im klassischen Griechisch wurde der Begriff auf die Urtiefe der antiken Kosmogonie angewandt, ein Ozean, der die Erde umgibt und unter ihr liegt. In der LXX kann er sich auf das Urwasser (Gen 1,2), aber auch auf die Welt der Toten (z. B. Ps 71,20) beziehen. Im späteren Judentum bedeutet es auch die inneren Tiefen der Erde und das Gefängnis der bösen Geister. Die Autoren des Neuen Testaments verwenden ihn in Bezug auf die Welt der Toten (Röm. 10:7) oder die Unterwelt, das Gefängnis der ungehorsamen Geister (Lk. 8:31; Offb. 9:1-2, 11; 11:7; 17:8; 20:1-3). Die Verwendung von „Abgrund“ in Röm 10:7 ist parallel zu der Verwendung von „die unteren, irdischen Regionen“ in Eph 4:9 (siehe Ps 106:28); beide stellen den höchsten Himmel und die tiefste Tiefe gegenüber. In Lk. 8:31 hatten die Dämonen große Angst vor dem ursprünglichen Abgrund; trotzdem könnten sie sich dorthin begeben haben, als die Schweine im Meer ertränkt wurden. In der Offenbarung wird der Schrecken der unendlichen Tiefen noch verstärkt. Siehe auch ABADDON.

Zondervan Illustrated Bible Dictionary

ABGRUND
Gemäß dem Handwörterbuch der griechischen Sprache (Nachdruck: Darmstadt 1983, Bd. I/1, S. 6) von Franz Passow bedeutet das griechische Wort ábyssos „sehr tief“ oder auch „unermesslich, ungeheuer“. (Siehe auch A Greek-English Lexicon von Liddell und Scott [Oxford 1968, S. 4].) In der Septuaginta wird es durchweg verwendet, um das hebräische tehṓm (Wassertiefe) wiederzugeben, zum Beispiel in 1 Mose 1:2; 7:11.
Das Wort ábyssos kommt in den Christlichen Griechischen Schriften neunmal vor, siebenmal allein in der Offenbarung. Aus dem Abgrund (ábyssos) kommen die symbolischen Heuschrecken unter ihrem König Abaddon oder Apollyon, dem „Engel des Abgrunds“ (Off 9:1-3, 11). Auch das „wilde Tier“, das gegen Gottes „zwei Zeugen“ Krieg führt und sie tötet, steigt „aus dem Abgrund“ herauf (Off 11:3-7). Offenbarung 20:1-3 beschreibt, wie Satan für tausend Jahre in den Abgrund geworfen wird. Eine Legion von Dämonen bat dagegen Jesus einmal inständig, ihnen dies nicht anzutun (Lukas 8:31).
Biblische Bedeutung. Es ist beachtenswert, daß in der Septuaginta ábyssos nicht als Wiedergabe für das hebräische Wort scheʼṓl verwendet wird, und angesichts der Tatsache, daß Geistgeschöpfe in den Abgrund geworfen werden, kann die Bedeutung richtigerweise insofern nicht auf Scheol oder Hades beschränkt werden, als diese beiden Wörter sich eindeutig auf das allgemeine Grab der Menschheit beziehen (Hi 17:13-16; siehe HADES; SCHEOL). ábyssos bezieht sich nicht auf den „Feuersee“, weil Satan nach seiner Freilassung aus dem Abgrund in den Feuersee geworfen wird (Off 20:1-3, 7-10). Die Worte des Paulus aus Römer 10:7, wo er von Christi Aufenthalt im Abgrund spricht, schließen eine solche Möglichkeit ebenfalls aus und zeigen außerdem, daß der Abgrund nicht dasselbe ist wie der Tartarus. (Siehe TARTARUS.)
Römer 10:6-7 trägt zur Klärung der Bedeutung des Wortes „Abgrund“ bei, indem es dort heißt: „Die Gerechtigkeit aber, die aus Glauben kommt, redet so: ‚Sag nicht in deinem Herzen: „Wer wird in den Himmel hinaufsteigen?“, nämlich um Christus herabzuholen, oder: „Wer wird in den Abgrund hinabsteigen?“, nämlich um Christus von den Toten heraufzuholen.‘ “ (Vgl. 5Mo 30:11-13.) „Der Abgrund“ bezieht sich hier offenkundig auf den Ort, an dem sich Christus an Teilen von drei Tagen aufhielt und von dem ihn sein Vater zurückholte, indem er ihn auferweckte. (Vgl. Ps 71:19-20; Matthäus 12:40.) In Offenbarung 20:7 bezieht sich Abgrund auf ein „Gefängnis“, und im Fall Jesu stimmt die Gefangenschaft oder die völlige Handlungsunfähigkeit zufolge seines Todes gewiß damit überein. (Vgl. Apg 2:24; 2Sa 22:5-6; Hi 38:16-17; Ps 9:13; 107:18; 116:3.)
Was die Grundbedeutung von „unermeßlich“ als Merkmal des „Abgrunds“ betrifft, so ist folgender Kommentar interessant, der in Hastings’ Encyclopædia of Religion and Ethics (1913, Bd. I, S. 54) zu Römer 10:6-7 gegeben wird: „Die Worte des hl. Paulus lassen die unermeßliche Größe dieses Bereichs vermuten, den zu erforschen ein vergebliches Unterfangen wäre.“ Paulus stellt die Unerreichbarkeit des „Himmels“ und des „Abgrunds“ der Erreichbarkeit der Gerechtigkeit durch Glauben gegenüber. Seine Anwendung des verwandten Wortes báthos in Römer 11:33 veranschaulicht dies: „O Tiefe [báthos] des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege!“ (Siehe ferner 1Korinther 2:10; Eph 3:18-19.) In Übereinstimmung mit Römer 10:6-7 müßte der als „Abgrund“ dargestellte Ort also für jedermann außer für Gott und seinen mit dem „Schlüssel des Abgrunds“ ausgestatteten Engel „unerreichbar“ sein (Off 20:1). Gemoll erklärt ábyssos unter anderem mit „Abgrund der Unendlichkeit“. (Siehe auch A Greek-English Lexicon von Liddell und Scott, S. 4.)
Die Pluralform des hebräischen Wortes mezōláh (oder mezuláh) wird in Psalm 88:6 mit ‘großer Abgrund’ wiedergegeben und bedeutet wörtlich „Abgründe“ oder „Tiefen“. (Vgl. Sach 10:11.) Es ist verwandt mit dem Wort zuláh, das „Wassertiefe“ bedeutet (Jes 44:27).

Einsichten über die heilige Schrift

Licht (Band II) erklärt, dass das Binden und In-den-Abgrund-Werfen Satans, worauf in Offenbarung 20:2, 3 Bezug genommen wird, seinen Tod bedeute. Das Buch „Dies bedeutet ewiges Leben“, Seite 271, spricht von Satan und seinen Dämonen, dass sie „in den Abgrund vollständiger, todähnlicher Untätigkeit gestürzt“ werden. Warum spricht dieses spätere Buch auf diese Weise? — R. S., Kalifornien.
Das Buch „Die Wahrheit wird euch frei machen“ zieht eine Parallele zwischen dem Abgrund von Offenbarung 20:3, in welchen Satan geworfen wird, und dem Abgrund von Römer 10:7 (NW), wo Jesus drei Tage lang tot lag. Somit wird gefolgert: „Der Abgrund, in welchen Satan, der Teufel, für tausend Jahre hinabgeworfen wird, ist derselbe Zustand, in welchem sich Christus Jesus drei Tage lang befand, nämlich der Tod.“ (Seite 352 und 353) Es stimmt, dass Satan während seines tausendjährigen Gebundenseins im Abgrund völlig aus dem Dasein geschieden ist, aber die spätere Äusserung über diesen Punkt, wie sie im Buche „Dies bedeutet ewiges Leben“ enthalten ist, gestattet einen erweiterten Sinn. Zu sagen, dass Satan „in den Abgrund vollständiger todähnlicher Untätigkeit gestürzt“ werde, erlaubt den Gedanken, dass der Körper Satans nicht gänzlich aufgelöst werden mag, und lässt die Möglichkeit offen, dass er auf irgendeine Weise bewahrt werde, wie sie geistigen Körpern entsprechend wäre, gleichwie wir einen Körper von Fleisch und Blut durch Kaltlagerung oder Tiefkühlung aufbewahren können. Satan, das Geschöpf, ist natürlich tot, soweit es ihn betrifft, da er vollständig leblos und ohne Bewusstsein und nicht bloss in betäubtem Zustand ist, während welchem die Lebensprozesse weitergingen. Der Körper dieses Geistgeschöpfes könnte von Gott leicht bewahrt und am Ende der tausend Jahre für die vorausgesagte „kleine Weile“ bloss wieder belebt werden. Nebenbei bemerkt, verweste Jesu menschlicher Leichnam nicht, als er in den Abgrund ging, sondern wurde von Jehova Gott auf übernatürliche Weise beseitigt. (Psalm 16:10; Apostelgeschichte 2:31) Die besondere Art und Weise, wie Satan im Abgrund gebunden wird, sollte nicht zu einem Streitpunkte werden. Der wichtige Punkt ist, dass er vollständig aus dem Wege geräumt ist und die gesegnete Tätigkeit des Tausendjahrreichs nicht stören kann. Dann, nach seiner Wiederbelebung für die „kleine Weile“, wird sein endgültiger Tod und seine körperliche Auflösung vollständig und bleibend sein, wie dies dadurch symbolisiert wird, dass er diesmal nicht in den Abgrund, sondern in den „Feuer- und Schwefelsee“ geworfen wird. — Offenbarung 20:10, NW.

Wachtturm 15.Juli 1952

Menschen, die darauf verzichten, sich rücksichtslos u. gewaltsam gegen andere durchzusetzen

Wahres Glück haben alle, die auf ihr eigenes Recht verzichten können. Gerade sie werden das beste Erbe erhalten.
Das Buch – Roland Werner – Matthäus 5,5

Freuen dürfen sich alle,
die unterdrückt sind und auf Gewalt verzichten –
Gott wird ihnen die Erde zum Besitz geben.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 5:5

Selig sind die stillen Dulder! Denn ihr Erbteil soll die Erde sein – Ps 37,11; Offb 5,10.
Ludwig Albrecht – Matthäus 5,5

weitere Übersetzungen und Gedanken – 2020

Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Sanftmütig zu sein bedeutet nicht, „feige oder schüchtern zu sein“; es bedeutet vielmehr, „ein stilles Vertrauen in Gott zu haben“, „eine Anerkennung von und Unterwerfung unter Gottes Autorität“. Diejenigen, die diese Eigenschaft haben und ein Leben der Unterwerfung unter Gottes Autorität führen, werden eines Tages Autorität über die Erde ausüben, wenn sie die Erde im messianischen Königreich erben.

Arnold Fruchtenbaum – Die Bergpredigt

Ein Studium des Wortes Jehovas wird jemand mildgesinnt machen. Jene in der alten Welt, die nicht von barscher, sondern von friedevoller Einstellung sind, werden Wahrheit und Gerechtigkeit suchen. Sie sind die Art Leute, die das Leben lieben, und Jesus sagte, daß sie die Erde ererben werden.

Wachtturm 15.Februar1953

Wird jemand, der „Ein Studium des Wortes“ durchführt, wirklich dadurch „ein stilles Vertrauen in Gott haben“???

Was bedeutet es also, sanftmütig zu sein? Es wurde schon gesagt, daß ein sanftmütiger Mensch lernbereit sei. Das stimmt, doch schließt Sanftmut noch viel mehr ein. Das kommt in den verschiedenen Definitionen des Wortes „sanftmütig“ zum Ausdruck. „Sanft oder mildherzig; beherrscht und freundlich; nicht leicht gereizt oder erzürnt; nachsichtig, wenn man dich schädigt oder belästigt.“ In modernen Bibelübersetzungen wird das in den älteren Versionen erscheinende Wort „sanftmütig“ oft durch die Ausdrücke „mild“ und „sanft“ ersetzt. Jesus war ohne Zweifel sanftmütig. Und ein weiteres bemerkenswertes Beispiel der Sanftmut, von dem wir in der Heiligen Schrift lesen, ist Mose, der von Gottes heiligem Geist inspiriert wurde, folgende Worte niederzuschreiben: „Der Mann Mose aber war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren.“ — 4. Mose 12:3.
Sanftmut oder Milde ist die Frucht des heiligen Geistes Gottes. „Die Frucht des Geistes ist Liebe . . . Milde.“ Sanftmütig zu sein bedeutet, das Gegenteil von stolz, habsüchtig, ungeduldig, unbarmherzig, streitsüchtig oder aggressiv zu sein. Wer der Milde oder Sanftmut ermangelt, brüstet sich gern, ist barsch, schroff, leicht erzürnt und schwer zu befriedigen; er weiß seine Ellbogen zu gebrauchen, um sich durchzusetzen, und ist stets zum Zanken bereit.

Wachtturm Studienausgaben 15.Mai1958

OK – dass klingt schon besser – eine Frucht der Geistes entwickelt sich nicht, indem ich mir Mühe geben! Eine Frucht des Geistes entsteht nur, wenn ich mich dem Gott unterordne und IHN machen lasse!

Die eingangs erwähnte Bergpredigt ist die längste Passage in der Bibel, in der Äußerungen Jesu ohne erzählerische oder andere Einschübe wiedergegeben werden. Jesus fordert uns in der Bergpredigt nicht einfach auf, das Richtige zu sagen und zu tun. Sein Rat geht viel tiefer. Wohl wissend, dass Worte und Taten ihren Ursprung immer in Gedanken und Gefühlen haben, rät Jesus eindringlich dazu, positive Eigenschaften zu entwickeln wie Mildgesinntheit, Gerechtigkeitsliebe, Barmherzigkeit, Friedsamkeit und Nächstenliebe (Matthäus 5:5-9, 43-48). Je besser uns das gelingt, desto angenehmer wird unser Reden und Handeln sein, und das macht nicht nur Jehova Freude, sondern kommt uns auch zwischenmenschlich zugute (Matthäus 5:16).

„Komm folge mir nach“ 2007

und Oh! Wieder zurück zum Anfang? Doch wieder selber versuchen und gaaanz viel Mühe geben?

Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land besitzen.
Die dritte Seligpreisung schließt sich eng an Ps 37, 11 an: „Die Sanftmütigen werden das Land besitzen“ (ererben) עֲנָוִים יִירְשׁוּ אָרֶץ. Wörtlich ebenso der Targum: עִנְוְתָנִין יֵרְתוּן אַרְעָא; LXX: οἱ δὲ πραεῖς κληρονομήσουσι γῆν.
Das Lob der Sanftmut ertönt nicht selten in der rabbin. Literatur; doch hat man zu beachten, daß עֲנָוָה, עִנְוְתָנוּת nicht nur „Sanftmut“, sondern zugleich auch „Demut“ u. „Bescheidenheit“ bedeutet. Gegensatz zu עִנְוְתָן, עָנָו, עַנְוָנָא ist daher nicht bloß der קַפְּדָן (קוֹפְדָּן), der „Aufbrausende“, sondern auch der גַּס רוּהַ, der „Hochmütige“, „Stolze“.
Ned 38a: R. Jochanan († 279) hat gesagt: Gott läßt seine Schekhina (Gnadengegenwart) nur auf einem Starken, einem Reichen, einem Weisen u. einem Sanftmütigen עניו ruhn, u. das alles (lernt man) von Mose. Er war stark, s. Ex 40, 19; Dt 9, 17; er war reich, s. Ex 34, 1 (die aus Saphir gehauenen u. zerbrochenen Gesetzestafeln fielen ihm zu, daher sein Reichtum); er war weise, s. Ps 8, 6; er war sanftmütig, s. Nu 12, 3: „Der Mann Mose war sehr sanftmütig עני, mehr als alle andren Menschen.“ ǁ Aboth RNathan 7: Lehre deine Hausgenossen Sanftmut ענוה: wenn ein Mensch sanftmütig ענוותן ist u. seine Hausgenossen sanftmütig sind, u. es kommt ein Armer u. steht an der Tür des Hausherrn u. spricht zu ihnen: 1st euer Vater hier? u. man antwortet ihm: Ja! komm u. tritt ein, — dann ist der Tisch zugerüstet, noch ehe er eintritt, u. er tritt ein u ißt u. trinkt u. preist den göttlichen Namen. Das gereicht dem Hausherrn zu großer Befriedigung. Wenn aber ein Mensch nicht1 sanftmütig ist u. seine Hausgenossen aufbrausend קפדנין sind, u. es kommt ein Armer u. steht an seiner Tür u. spricht zu ihnen: Ist euer Vater hier? dann antwortet man ihm: Nein! u. fährt ihn an u. wirft ihn hinaus mit Anschreien. Eine andre Erklärung. Lehre deine Hausgenossen Sanftmut. Wie denn? Wenn ein Mensch sanftmütig ist u. seine Hausgenossen sanftmütig sind, u. er verreist in eine ferne Gegend u. sagt (sagen kann): „Ich danke dir, Jahve mein Gott, daß mein Weib keinen Streit mit den andren anfängt“, dann ist sein Herz ohne Furcht in ihm u. sein Gemüt beruhigt bis zu der Stunde, da er zurückkehrt. Wenn aber ein Mensch nicht sanftmütig ist u. seine Hausgenossen aufbrausend sind u. er reist in eine ferne Gegend u. sagt (sagen muß): Es sei wohlgefällig vor dir, Jahve mein Gott, daß mein Weib keinen Streit mit den andren anfängt u. daß meine (Text: seine) Kinder keinen Streit anfangen, — dann ist sein Herz voller Furcht in ihm u. sein Gemüt hat keine Ruhe, bis er zurückkehrt. ǁ Derekh Ereç 6: Drei Dinge sind einander gleichwertig: Weisheit, (Gottes-) Furcht u. Sanftmut ענוה. ǁ Derekh Ereç Zuṭa 5: Liebe die Sanftmut ענוה, damit sie deine Hände fülle. ǁ Berakh 17a: Ein Gewohnheitsspruch im Munde des Abaje († 338/39): Immer sei der Mensch klug in (Gottes-)Furcht. „Eine sanfte (linde רך) Antwort stillt den Groll“ Spr 15, 1, u. er mehrt (dadurch) den Frieden mit seinen Brüdern u. mit seinen Verwandten u. mit jedermann, selbst mit den Fremden (Nichtisraeliten) auf der Straße, damit er beliebt sei oben (bei Gott) u. angenehm unten (bei den Menschen) u. wohlgelitten bei den Menschen. Man hat von Rabban Jochanan b. Zakkai († um 80) gesagt, daß ihm kein Mensch jemals mit dem Friedensgruß zuvorgekommen sei, selbst nicht ein Fremder auf der Straße.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

Diesmal ist es Ps 37,11 , der als Schlüssel zum Verständnis dient. Dessen griechische Übersetzung hat in der Tat die »Sanftmütigen«, auf die Mt 5,5 zielt. Doch im hebräischen Text lesen wir: »Die Elenden werden das Land erben und ihre Freude haben an großem Frieden.« Wie kommt es nun, dass die griechische Übersetzung von »Sanftmütigen« spricht? Die Erklärung ist einfach: Ps 37 schildert die Bedrückung der Leute Gottes durch die Gottlosen, die Gerechten wehren sich aber nicht, sondern sagen: »Sei stille dem Herrn und warte auf ihn« (Ps 37,7). Es ist ja jener Psalm, dessen 5. Vers Paul Gerhardt zu seinem herrlichen Lied »Befiehl du deine Wege« angeregt hat. Die Leute Gottes verharren also in der Sanftmut gegen ihre Peiniger, sind aber zugleich die Elenden, die unter dieser Peinigung leiden. So haben beide Textformen recht. Ein Beispiel jener Sanftmut und jenes Elends ist Isaak, den die Philister mehrmals von den Brunnen verdrängen und der doch im Vertrauen auf Gott in der Sanftmut verharrt (1 Mose 26,15ff.). Es genügt demnach nicht, von »Elenden« bzw. »Sanftmütigen« zu sprechen, sondern man muss hinzufügen, dass diese Leute in ihrer Bedrängnis auf den Herrn vertrauen. Damit ist klar, dass nicht die von Natur Sanftmütigen, sondern die ihres Glaubens wegen Stillen gemeint sind.
Diesen Leuten sagt Jesus: »Sie werden die Erde ererben.« Indem wir das lesen, erinnern wir uns vielleicht der Gewaltanwendung, die Thomas Müntzer und andere »christliche« Revolutionäre unter Berufung auf solche oder ähnliche Stellen vollzogen haben. Sie waren der Überzeugung, das Volk des Neuen Bundes solle am Ende der Zeiten zu den Waffen greifen und im Namen Gottes die Erde in Besitz nehmen, nachdem man alle Gottlosen totgeschlagen habe. Das ist jedoch ein völliges Missverstehen.
Schon Ps 37,11 fügte der Verheißung des Landbesitzes hinzu: »Sie werden ihre Freude haben an großem Frieden.« Damit war klargestellt, dass die Vernichtung der Gottlosen und der friedevolle Besitz allein durch Gott bewirkt werden. Nichts anderes meint auch Jesus. Hier tritt die Zukunftsbezogenheit noch stärker hervor. Gott ist es, der bei der sichtbaren Durchsetzung seiner Herrschaft den »Sanftmütigen« die Erde zum Erbe gibt. Wir müssen diese dritte Seligpreisung mit Off 21; 22 verbinden. Es handelt sich also eindeutig um die neue Erde, die die Sanftmütigen ohne Bedrohung durch die Gottlosen bewohnen werden. Darauf deutet auch die Tatsache, dass die Wortgruppe »erben«, »Erbe« usw. im NT fast immer einen endzeitlichen Klang hat.
Überlegt man den Inhalt der dritten Seligpreisung, dann stößt man sowohl auf eine Gemeinsamkeit als auch auf einen Unterschied im Vergleich mit den beiden ersten. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass in allen drei Seligpreisungen der Verse Mt 5, 3-5 Menschen mit Lasten angesprochen sind: mit der Last der Sünde, der Last des Gerichts, der Last durch gottlose Bedränger. Mit einem Wort: Es sind mehr oder minder Verlorene, die Jesus werbend einlädt. Der Unterschied ist darin gegeben, dass bei den beiden ersten Gruppen die Last durch eigene Schuld entstand, bei der dritten Gruppe aber durch fremde Schuld. Ja, man kann noch einen Schritt weitergehen und feststellen, dass bei der dritten Gruppe nicht allein die eigene Schuld fehlt, sondern sogar Vertrauen zu Gott vorhanden ist. Dieses Vertrauen wird reichlich belohnt durch das endzeitliche Erbe. Und sofort muss wieder klargestellt bleiben: Dabei geht es nicht um die Honorierung religiöser Leistung, sondern um die Erfüllung der Hoffnung der Leidenden oder – um es mit den Worten des Paulus zu sagen – um »eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit« gegenüber einer zeitlichen und verhältnismäßig leichten Trübsal (2 Kor 4,17 .)

Gerhard Maier – Edition C

Ihr seid gesegnet, wenn ihr nicht versucht, lautstark und verbissen zu eurem Recht zu kommen. Gott wird euch mehr geben, als ihr jemals erstreiten könntet.
Willkommen daheim – Matthäus 5,5

Glücklich sind, die über diese Welt trauern …

Freuen dürfen sich alle,
die unter dieser heillosen Welt leidene –
Gott wird ihrem Leid ein Ende machen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 5,4

Wie glücklich die, die ‹über Sünde› trauern und weinen, / denn Gott wird sie trösten!
Neue evangelistische Übersetzung 2019 – Matthäus 5,4

Ihr seid gesegnet, wenn ihr in Leid und Traurigkeit daran festhaltet, dass Gott selbst einmal alle eure Tränen trocknen wird.
Willkommen daheim – Fred Ritzhaupt – Matthäus 5,4

weitere Übersetzungen und Kommentare – 2020

Merkmale in Beziehung zu Gott
In den Versen 3-6 geht es um die Eigenschaften in der Beziehung zu Gott, und es sind vier.

Erstens: Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich. Das Gegenteil von arm im Geiste zu sein, ist hochmütig zu sein. Arm im Geiste zu sein bedeutet, „eine richtige und angemessene Einschätzung seiner selbst gegenüber Gott zu haben.“ Es ist die Erkenntnis, dass man keine eigene Gerechtigkeit hat, und dass die Gerechtigkeit, die man hat, eine von Gott empfangene Gerechtigkeit ist. Jemand, der arm im Geist ist, ist also völlig abhängig von Gott, was Gnade und Rettung angeht.
Erstens: Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich. Das Gegenteil von arm im Geiste zu sein, ist hochmütig zu sein. Arm im Geiste zu sein bedeutet, „eine richtige und angemessene Einschätzung seiner selbst gegenüber Gott zu haben.“ Es ist die Erkenntnis, dass man keine eigene Gerechtigkeit hat, und dass die Gerechtigkeit, die man hat, eine von Gott empfangene Gerechtigkeit ist. Jemand, der arm im Geist ist, ist also völlig abhängig von Gott, was Gnade und Rettung angeht.
Zweitens: Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Trauern bedeutet „eine Sensibilität für die Sünde entwickeln“. Diejenigen, die sensibel für Sünde sind, werden Gott natürlich ihre Sünden bekennen und über ihre Sünden traurig sein. Diejenigen, die Gott ihre Sünden bekennen, werden getröstet werden, denn 1. Johannes 1,9 verspricht das: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.

Arnold Fruchtenbaum – Die Bergpredigt

»Leid« wurde gewöhnlich entweder mit Buße oder mit einem schmerzlichen Verlust durch den Tod in Verbindung gebracht; die Verknüpfung von Leid und Trauer mit Trost im vorliegenden Vers zeigt, dass hier an die zweite Bedeutung gedacht ist. Es könnte der Kummer über Israels Sünden gemeint sein, vom Kontext ist jedoch eher an das Leid der Unterdrückten gedacht. Trost war eine der für die Zukunft, wenn Gott sein trauerndes Volk wiederherstellen würde, verheißenen Segnungen ( Jes 40,1; 49,13; 51,3.12; 52,9; 54,11; 57,18; 61,2; 66,13 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.

Wie die erste Seligpreisung vermutlich auf Jes 61, 1 zurückgeht, so die zweite auf Jes 61, 2: („Er hat mich gesandt) alle Trauernden zu trösten“ לְנַחֵם כָּל־אֲבֵלִים, LXX: παρακαλέσαι πάντας τοὺς πενθοῦντας. Unter den „Trauernden“ Mt 5, 4 hat man nach dem Zus.hang die geistig Armen zu verstehn, die ihre Unzulänglichkeit vor Gott erkannt haben u. über diese, nachdem die Nähe des Himmelreichs verkündigt ist, Bußtrauer empfinden. — Der Gedanke, daß das Kommen der messian. Heilszeit Bußschmerz auf seiten Israels voraussetze, war auch der alten Synagoge geläufig; s. die Belege bei 4, 17 S. 162 ff.; ebenso geläufig war die andre Vorstellung (wohl auf Grund des zweiten Teils des Jesaja), daß gegenüber der Not u. Trauer der Gegenwart das messian. Heil als Israels Tröstung anzusehn sei; s. bei Lk 2, 25. Man wird annehmen dürfen, daß auch der Name Menachem = Tröster, den der Messias nach einigen Gelehrten führen wird (s. S. 66. 83), mit dieser Gedankenreihe in Verbindung steht. Neue Anregung erhielt das Trauern über Israels elende Gegenwart — vgl. schon die אֲבֵלֵי צִיּוֹן Jes 61, 3 — durch die Ereignisse des Jahres 70 n. Chr. Kleinere Kreise schlossen sich zusammen, ihrer Trauer über Jerusalems Fall auch äußerlich in gewissen asketischen Bußübungen Ausdruck zu geben. R. Jehoschuaʿ b. Chananja (um 90) u. R. Jischmaʿel († um 135) waren es, die diese Bestrebungen auf ein annehmbares Maß zurückzuführen versuchten.a Vor allem aber kam die offizielle Synagoge diesen Kreisen damit entgegen, daß sie den 2. u. den 5. Wochentag, die bereits vor dem Jahre 70 Fasttage gewesen waren,b jetzt zu Fasttagen wegen der Tempelzerstörung bestimmte u. den 9. Ab, den Tag der Tempelzerstörung selbst, als nationalen Trauertag einführte.c Vereinzelt hören wir auch noch später von solchen, die um Zion trauerten.d Die in PesiqR 34 (158a. b, 159a) mehrmals erwähnten אבלי ציוןe gehören jedoch erst dem 9. Jahrh. an, s. Dalman, Der leidende u. sterbende Messias, S. 53. 55. Selbstverständlich haben diese um Zion Trauernden u. auf den Trost Israels Wartenden nichts mit den Trauernden gemein, um die es sich Mt 5, 4 handelt; immerhin sehen wir an ihnen, wie eng in der alten Synagoge der Trostgedanke mit der messian. Heilszeit verbunden gewesen ist.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

‘Glücklich die, die trauern’

WIDERSPRICHT es sich nicht, wenn man sagt, jemand, der trauere, könne gleichzeitig glücklich sein? Nicht unbedingt. Als Jesus in seiner Bergpredigt diese sich scheinbar widersprechende Erklärung abgab, hatte er anscheinend nicht die übliche Bedeutung des Wortes „glücklich“ im Sinn. Offensichtlich meinte er etwas, was mehr ist als eine unbeschwerte Fröhlichkeit. — Matthäus 5:4.
Das griechische Wort für „glücklich“ in diesem Text, makários, wurde von den Griechen gebraucht, um das höchste Entzücken zu bezeichnen, das Entzücken, dessen sich ihrer Meinung nach die Götter erfreuten. Angesichts der Art und Weise, wie das Wort in der Bergpredigt Jesu und überall in den Christlichen Griechischen Schriften gebraucht wird, lautet eine umfassendere Bedeutung des Wortes makários: „Glück jemandes, der von Gott begünstigt ist“.
Wer sind denn diejenigen, die „von Gott begünstigt“ sind, weil sie trauern? Ist es irgend jemand, der traurig ist? Nein, denn das griechische Wort für „trauern“, penthéo, bezeichnet eine tiefe Trauer, ein Gefühl, zerschmettert zu sein. Der Apostel Paulus gebrauchte dieses Wort, als er die Versammlung in Korinth tadelte, weil es ihren Gliedern nicht vor Kummer über die schwere, in ihrer Mitte verübte Unsittlichkeit durch und durch gegangen war: „Und ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr getrauert . . .?“ (1 Korinther 5:2) In einem ähnlichen Gedankengang tadelte der Jünger Jakobus gewisse Personen seiner Tage: „Reinigt eure Hände, ihr Sünder, und läutert eure Herzen, ihr Unentschlossenen. Gebt dem Elend und dem Trauern und dem Weinen Raum.“ — Jakobus 4:8-10.
Daß Jesus ein tiefes Gefühl der Trauer meinte, wird durch den Parallelbericht des Lukas bestätigt: „Glücklich seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“ (Lukas 6:21) Mit „weinen“ wird hier das griechische Wort kláio übersetzt, das „für jede laute Äußerung des Kummers, besonders bei der Trauer um die Toten, gebraucht wird“ (An Expository Dictionary of New Testament Words, W. E. Vine). Es besteht also kein Zweifel, daß Jesus in dieser zweiten in seiner Bergpredigt erwähnten Seligpreisung (Glücklichpreisung) eine tiefe Trauer, ein starkes Weinen, meinte.
Sind aber alle, die aus irgendeinem Grund tief bekümmert sind, diejenigen, die von Gott „glücklich“ gemacht oder begünstigt werden? Offensichtlich nicht, denn Jesus sagte, daß diese Trauernden getröstet würden, und doch empfangen nicht alle Trost, die im Geist des Kummers zerschmettert sind. Hier spielt der Beweggrund des Herzens eine Rolle. Da war zum Beispiel der Bruder Jakobs, Esau, der, weil er ‘heilige Dinge nicht wertschätzte’, „seine Erstgeburtsrechte im Tausch für e i n Mahl weggab“. Danach bereute er den Tausch und trauerte sehr über seinen Verlust, aber vergeblich. — Hebräer 12:15-1

Erwachet! 22.September 1971

Niemand ist gern traurig. Viele gehen traurigen Menschen am liebsten aus dem Weg. Es ist so schwierig, Worte des Trostes zu finden, wenn jemand über den Tod eines Familienangehörigen oder eines Freundes trauert.
Als der Herr Jesus in der zweiten Seligpreisung die Trauernden glückselig nannte, dachte Er nicht an die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen. Nein, als Er diese Worte aussprach: „Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden“, meinte Er etwas ganz anderes damit.
Es geht hier um das Reich Gottes, als dessen König Er gekommen war (vgl. 12,28). Aber wie wurde Er von Seinem Volk empfangen! „Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen ihn nicht an“ (Joh 1,11). Bei Seiner Geburt war kein Raum in der Herberge vorhanden, der König Herodes versuchte, Ihn umzubringen, und Seine Familienangehörigen erklärten Ihn einmal für von Sinnen. Sogar Seine Jünger, die Ihm in den drei Jahren Seines Dienstes doch am nächsten standen, verstanden Ihn oft nicht; einer verleugnete Ihn, und einer verriet Ihn schließlich sogar an Seine Feinde!
Ja, unser Herr hatte viel Grund zur Traurigkeit. Er weinte über Jerusalem und sprach über diese Stadt die Worte: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprechet: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn“ (Mt 23,37-39). Wenn Er nach Seiner Erscheinung in Herrlichkeit zur Aufrichtung des tausendjährigen Friedensreiches von Seinem Volk freudig begrüßt werden wird, dann wird Er wahrhaft „getröstet“ werden!
Auch der gläubige Überrest der Juden wird in der Drangsalszeit kurz vor dieser Erscheinung Christi durch tiefe Trauer gehen: Trauer über den verhärteten Herzens-zustand des übrigen Volkes, das dem Antichristen anhängen wird, und Trauer über die Schuld des jüdischen Volkes und ihre Mitschuld an dem Tode des Messias. Aber auch sie werden durch den Herrn selbst getröstet werden: „Jehova wird Zion noch trösten und Jerusalem noch erwählen“ (Sach 1,17). – „Wie einen, den seine Mutter tröstet, also werde ich euch trösten; und in Jerusalem sollt ihr getröstet werden“ (Jes 66,13; vgl. Kap. 40,1; 49,13; 51,3.12; 61,2).
Gibt es nicht auch in der heutigen Zeit Grund zu ähnlicher Trauer im Volk Gottes? Sehen wir, wie der Herr Jesus in der Christenheit verunehrt wird, wie das Wort Gottes auch von wahren Christen nicht mehr ernst genommen wird, wie Herzenshärte statt Liebe, Eigenwille statt Gehorsam, leerer Formalismus statt echter Abhängigkeit vom Herrn und Weltförmigkeit statt Absonderung vom Bösen sich ausbreiten? Gehen wir achtlos und gleichgültig daran vorbei, oder stellen wir uns in richtender, selbstgerechter Art und Weise darüber? Oder tun wir das, was vor unserem Herrn richtig und wohlgefällig ist: trauern wir wirklich über solche Verunehrungen unseres geliebten Herrn

Ermunterung und Ermahnung 1990 Seite 261

Und was macht DICH traurig, in diesen Tagen? Dass so wenig über Jehovah und Jesus gesprochen wird? Das es so wenige Vorträge und so wenige christlichen Zeitschriften gibt, die sich Jehovah zum Thema gemacht haben? Das die wenigen christlichen Zeitschriften, die Vorträge eher um „was du tun mußt“ oder um Politik, um Krankheit und andere „irdische Dinge“ drehen, anstatt um den Schöpfer?

„David befand sich in einer sehr schwierigen Lage“

David aber geriet persönlich in große Gefahr, weil seine Leute schon daran dachten, ihn zu steinigen; denn sie waren alle über den Verlust ihrer Söhne und Töchter ganz verzweifelt. David aber gewann neue Kraft durch sein Vertrauen auf den HErrn, seinen Gott
Hermann Menge Uebersetzung – 1949 – 1.Samuel 30,6

David befand sich in einer sehr schwierigen Lage, denn seine Männer waren über den Verlust ihrer Frauen und Kinder so verbittert, dass sie schon davon redeten, ihn zu steinigen. Doch David fand neue Kraft im Vertrauen auf den Herrn, seinen Gott.
Neues Leben – Bibel – 2006 – 1. Sam 30,6

David aber geriet persönlich in große Gefahr, weil seine Leute schon daran dachten, ihn zu steinigen; denn sie waren alle über den Verlust ihrer Söhne und Töchter ganz verzweifelt.
Menge 2003 – 1.Samuel 30:6

Kennst du solche Situationen im Leben?
Besonders nach dem wir uns gestern den Bibeltext über DEN Hirten angeschaut haben – fallen mir wieder „Geschichten“ von sogenannten Hirten ein, die eher traurig als ermuntert sind.
Da geht eine Frau völlig durcheinander zu „den HIrten“ weil ihre kleine Tochter behauptet, von dem „neuen Papa“ mißbraucht worden zu sein – und die „Hirten“ fragen nur nach zwei oder drei Zeugen für den Vorfall, und machen der Frau noch Vorwürfe, warum sie überhaupt diesen Mann geheiratet hat!
Da ist ein Familienvater gerade die Ehefrau samt Kinder weggelaufen, und die „Hirten“ suchen nur nach Fehlern, wie es die „Freunde Hiobs“ gemacht haben, anstatt zu helfen. Eigentlich wollen die „Hirten“ diesen Bruder eh aus ihrer Kirchengemeinde los werden, weil der sich viel zu viel mit der Bibel beschäftigt, anstatt immer bei „den Hirten“ nachzufragen – so ein „ich forsche selber nach – Typ“ – ein richtiger „Unruhestifter“ 🙂

Und dann kommt heute dieser Text von David dazu! Genau so! David ohne Grund ein „Feind des Königs“ – nur weil Jehovah diesen David zum nächsten König ausgewählt hat! David – zu diesem Zeitpunkt ein „vogelfreier“ – dann noch mit anderen, die ähnlich schlecht angesehen waren, im benachbarten „Feindesland“. Und dann zieht David mit seinen Männern los, um sich dem „König“ in dessen Land sie sich gerade aufhalten, im Krieg wenigstens unterstützend anzubieten. Und als dieser „König“ sie nach wenigen Tagen (ohne Kriegsbeteiligung) nach Hause schickt – da ist der gesamte Ort nur noch Schutt und Asche! Da sind die Familien verschleppt! Es sieht AUSWEGSLOS aus! Und wer ist Schuld? Na wessen Idee war es, dort in „Feindesland“ zu leben? Wessen Idee war es, sich als Soldaten anzubieten? Ja, genau alles war aus Sicht der meisten Männer: Davids Schuld! Also David steinigen! Bringt zwar weder die Familie zurück, noch steht das Haus dadurch wieder da – aber der Frust ist abgebaut???
Und was macht David? Genau das, was jemand, der ein inniges Verhältnis zu Jehovah aufgebaut hat, in solchen Situationen macht! – David sucht Hilfe bei „dem unsichtbaren Gott“! Und David erhält Hilfe! Wie? ……


ein paar andere Übersetzungen Siehe Beitrag von 2020
Hier nun noch ein paar andere Kommentare:

In einer direkten Anrede, verbunden mit der innigen Bitte und dem starken Bekenntnis findet diese Glaubenshaltung den wunderbaren Ausdruck:
Gib acht auf mich, o [starker] Gott, denn meine Bewahrung hab’ ich in dir!
Diese Sprache des Glaubens ist verständlich im Munde Davids. Durch wie viele Nöte und Ängste war sein Leben bisher geführt worden. Wie oft war er, von der Zeit an, wo er die Schafe seines Vaters Isai in der Wüste hütete, bis nach Ziklag, das im Mittagslande des Stammes Juda lag, in Nöten, in Ängsten und in Todesgefahr gewesen. In den Kämpfen mit den Philistern, auf seiner dauernden Flucht vor dem Könige Saul, in dem Misstrauen der Obersten des Philisterkönigs Achis – in allem hatte David erkannt, von welchen Gefahren sein Leben bisher umgeben gewesen war.
Welch ein Wunder, dass er noch lebte! Wollten doch zuletzt seine eigenen Freunde ihn Steinigen, als sie mit ihm vom König Achis zurückkamen und fanden, dass das kleine Zufluchtsstädtchen Ziklag von den Amalekitern überfallen, verbrannt und völlig ausgeraubt worden war. „Denn alle waren verzweifelt, ein jeder wegen seiner Söhne und wegen seiner Töchter. David aber fasste festes Vertrauen zum Herrn, seinem Gott“ (1 Sam 30,6). Ein Vertrauen, das zu sprechen vermag: „Meine Bewahrung hab’ ich in dir!“ ist nicht etwas selbstverständliches. Der Glaube gewinnt es erst, wenn dem Menschen zuvor alle Stützen genommen sind. Dass David in den Tagen, wo ihm alles zusammenbrach, dies Vertrauen zu dem Herrn, seinem Gott, fand, das war seine und seines Volkes Rettung.
Er kann nun mit der Bitte um Bewahrung das Bekenntnis verbinden:
Ich spreche zum HErrn:
„Mein Heil bist du!
Mein höchstes Gut hab’ ich in dir!“
Auch er hatte zuvor die Welt und die Menschen abgetastet in der Hoffnung, irgendwo und bei irgendwem die Grundlage seines Heils zu finden. Zuletzt war er sogar mit seinem Gefolge zu dem Philisterfürsten Achis geflohen und hatte sich ihm zur Verfügung gestellt. Der sandte ihn auf den Rat seiner Obersten hin wieder heim nach Ziklag.
Das Städtchen selbst als letzte Zufluchtsstätte fand er jedoch vernichtet. In solchen Stunden wird entweder ein ganz starker Glaube geboren, da der Mensch seinen letzten und alleinigen Halt hinfort nur noch in Gott findet, oder man zerbricht an dem Leben, das in seiner Wirklichkeit so unerbittlich hart sein kann.
Wenn der Mensch dann auch später, wie das Leben Davids es zeigt, nicht dauernd auf derselben Glaubenshöhe sich bewegt, so war solch ein Erleben Gottes doch von entscheidender Bedeutung für die Zukunft. Was sich dem Menschen in solchen Stunden an Erkenntnis Gottes, an Vertrauen und Hingabe des Glaubens erschloss, wurde ihm in der Zukunft stets neu zu einem Wege zu jenem Gott hin, den er in seiner Größe gesehen und in seiner Stärke erlebt hatte. Eine solche Seele schämt sich trotz ihrer menschlichen Schwäche nicht ihres Bekenntnisses, bezeugt vielmehr täglich neu: „HErr, mein Heil bist du!“ Weiter bezeugt der Sänger

Kroeker – Ausgewaehlte Psalmen

Der Schock muss für Davids Leute furchtbar gewesen sein: Erst werden sie von den Philistern von der Teilnahme am Krieg ausgeschlossen und so in ihrer Ehre gekränkt. Dann finden sie ihre Stadt, ihre neue Heimat, in der sie Schutz gesucht haben, mit Feuer verbrannt und stellen fest, dass ihre Frauen, Söhne und Töchter gefangen weggeschleppt sind. Was wiegt dagegen der Verlust von Hab und Gut?
Sie, d.h. David und seine Truppe, weinten, bis keine Kraft mehr in ihnen war, zu weinen. Das tatenlose, hilflose Weinen kann jederzeit in unberechenbare Wut umschlagen. David steht wie auf einem Vulkan.
Zudem ist David persönlich zutiefst betroffen: Auch seine zwei Frauen sind gefangen und haben die Sklaverei vor Augen: Ahinoam (s. 25, 43) und Abigajil (s. 25, 39ff).
David geriet sehr in Bedrängnis. Auch wenn die Arbeitsfähigen verschleppt sind, sind noch genügend vom Volk der Philister zurückgeblieben, die über David empört sind. Durch seine Überfälle hat er die Amalekiter gereizt. Das Volk von Ziklag muss das jetzt büßen. Darum wollten sie ihn steinigen. Die Seele des ganzen Volkes kochte, sie war verbittert. Auch Davids Truppe? Dafür spricht, dass anschließend 200 Mann die Verfolgung des Feindes offiziell wegen Übermüdung, in Wirklichkeit wegen seelischer Müdigkeit aufgeben. Das Ganze ist Meuterei. Hinzu kommt die Unklarheit: Wer sind die Räuber? Wohin sind sie mit ihrem Raub gegangen? Was tun in solcher Lage?
David aber stärkte sich in Jahwe, seinem Gott.a Keine exemplarische Strafe, kein hartes Durchgreifen gegen die Meuterer! Das ist sonst das Normale in dieser Lage. David dagegen flüchtet sich ins Gebet und erbittet von seinem Gott Hilfe. Der Weg nach Ziklag war von ihm eigenmächtig gewählt worden. Da hatte er gemeint, sein Schicksal in die eigene Hand nehmen zu können und zu müssen. Jetzt weiß er keine Zuflucht außer der zu Gott. Da will Gott ihn haben. Mit den Überheblichen, Selbstsicheren kann Gott nichts anfangen. Die Eigenmächtigen sind für Gottes Werk nicht geeignet. In seinem Reich zeigt Gott, was er mit den Kleinen, Schwachen, Angefochtenen machen kann. Im Gebet erfährt David, wie ihm Gott neue seelische Kraft, auch Tatkraft, neuen Mut, neue Hoffnung und damit auch den kühlen Kopf schenkt. Das ist die Hilfe, die er jetzt braucht.

Wuppertaler Studienbibel

Sehr betrübt. Siehe den ähnlichen Ausdruck in 28:15. Übersetzer können einen leichten Bedeutungsunterschied zwischen RSV und TEV erkennen, da das hebräische Verb je nach Kontext eine andere Bedeutung haben kann. RSV konzentriert sich mehr auf Davids persönliche Reaktion auf die Krise, während TEV sich auf die Reaktion der Truppen als Quelle des „Ärgers“ zu konzentrieren scheint. Der hebräische Text kann auf beide Arten verstanden werden, sodass die Übersetzer zwischen den beiden Möglichkeiten wählen müssen. NRSV und NJPS, die ähnlich wie TEV übersetzen, sagen, dass „David in großer Gefahr war“.

Das Volk. das heißt „die Truppen“ (NJPS). siehe die Kommentare zu Vers 4.

Die Steinigung wurde vom Gesetz in einigen Fällen angeordnet, um eine Person zu töten, die gegen bestimmte Gesetze verstoßen hatte. Manchmal war die Steinigung auch die Methode, die ein wütender Mob anwandte, um jemanden zu töten (siehe 1 Könige 12,18). Die Leute wollen David nicht einfach nur schaden oder verletzen, indem sie Steine auf ihn werfen. Vergleiche NCV: „Die Männer des Heeres drohten, David mit Steinen zu töten.“

Waren in der Seele verbittert: Der Gedanke scheint zu sein, dass sie „zutiefst verbittert waren“ oder „sehr wütend waren“.

Für seine Söhne und Töchter: Das heißt, „weil seine Söhne und Töchter als Gefangene genommen worden waren“ (NCV). Der Text scheint die Individualität der trauernden Männer zu betonen. Jeder der Soldaten, die bei David gewesen waren, war wegen des Verlusts seiner Kinder bestürzt. Im Hebräischen heißt es wörtlich: „ein Mann für seine Söhne und Töchter“.

David stärkte sich in dem HERRN, seinem Gott. Die hebräische Form des Verbs kann entweder bedeuten, dass David sich selbst stärkte oder dass er von jemand anderem gestärkt wurde. Beides ist möglich und die verschiedenen Übersetzungen spiegeln diese Zweideutigkeit wider. Folgt man der zweiten Interpretation, ist es in manchen Sprachen natürlicher, diesen Satz so umzuformulieren, dass Gott das Subjekt ist und nicht David (wie TEV es getan hat). In anderen Sprachen hingegen könnte es heißen: „David fand Kraft in dem HERRN, seinem Gott“ (NCV) oder „er spürte, dass Gott, der HERR, ihm Kraft gab“ (CEV). NAB versteht dies als Nebensatz, der einen Satz einleitet, der im folgenden Vers ergänzt wird: „Aber mit neuem Vertrauen auf den HERRN, seinen Gott, David….“

Roger L. Omanson – Ein Handbuch zum ersten Buch Samuel

Wer ist der gute Hirte? – II

Denn so spricht der Herr Jehova: Siehe! ich will mich selbst um meine Herde bekümmern, und sie suchen. So wie ein Hirt seine Herde sucht, wann er bei seinen zerstreuten Schafen ist; so will auch ich meine Schafe suchen, und sie retten aus allen Orten, wohin sie sich zerstreut hatten am wolkigen, düsteren Tage. Ja, ich will sie herausführen aus den Völkern, und aus den Ländern sammeln, und sie heimführen in ihr Land, und sie weiden auf den Bergen Israels, in den Thälern, und in allen bewohnten Gegenden des Landes. Auf guter Weide will ich sie weiden, und auf den hohen Bergen Israels soll ihr Weideplatz seyn; da sollen sie sich lagern auf gutem Weideplatze, auf fetter Weide sollen sie weiden auf den Bergen Israels. Ich selbst will meine Herde weiden; ich selbst will sie lagern lassen, spricht der Herr Jehova. Das Verlorne will ich suchen, und das Verirrte zurückbringen, und das Verwundete verbinden, und das Schwache stärken; die Fetten und Starken aber will ich vertilgen. Ich will sie weiden, wie es recht ist. Was euch betrifft, ihr, meine Schafe! so spricht der Herr Jehova also: Siehe! ich will richten zwischen Schaf und Schaf, zwischen Widdern und Böcken.
van Ess 1858 – Ez 34,11–17

Wer ist DEIN Hirte? Gibt es eine Organisation oder einen Menschen, der mich „weidet“ oder „hütet“?
Warum gibt es heute so viele „messianische Juden“, also Menschen, die nicht nur die Thora anerkennen sondern auch Jeschuah als Messias / als Christus anerkennen?
Aber bleiben wir zuerst bei dem Hirten!
Was macht Jehovah als Hirte?

erste Meinung aus einem Buch:

Durch den Vergleich mit einem Hirten zeigt Jehova, dass es sein inniger Wunsch ist, uns zu beschützen (Hesekiel 34:11-16). Vielleicht erinnern wir uns an die Beschreibung Jehovas in Jesaja 40:11, auf die bereits Kapitel 2 dieses Buches einging: „Wie ein Hirt wird er seine eigene Herde hüten. Mit seinem Arm wird er die Lämmer zusammenbringen; und in seinem Busen wird er sie tragen.“ Wie kommt das kleine Lamm an den „Busen“ des Hirten — in die Falten seines Obergewands? Vielleicht läuft es zu ihm hin und stupst ihn sogar ans Bein. Aber es ist der Hirte, der sich bücken, es hochheben und behutsam an seiner Brust bergen muss. Was für ein ansprechendes Bild für die Bereitschaft unseres großen Hirten, uns zu behüten und zu beschützen!
Gottes Versprechen, uns zu beschützen, ist an eine Bedingung geknüpft: dass wir seine Nähe suchen. In Sprüche 18:10 wird erklärt: „Der Name Jehovas ist ein starker Turm. Der Gerechte läuft hinein und wird beschützt.“ In biblischer Zeit wurden in der Wildnis manchmal Türme als Zufluchtsorte gebaut. Wer sich in Gefahr befand, musste allerdings selbst dorthin fliehen, um sich in Sicherheit zu bringen. Ähnlich ist es, wenn man zum Namen Gottes Zuflucht nimmt. Dazu gehört mehr, als Gottes Namen nur herzusagen, denn dieser Name ist keine Zauberformel. Das Entscheidende ist, den Namensträger zu kennen, ihm zu vertrauen und nach seinen gerechten Normen zu leben. Wie gütig von Jehova, uns zu versichern, dass er sich als schützender Turm erweisen wird, wenn wir uns glaubensvoll an ihn wenden!

Komm Jehova doch näher

Echt jetzt? Haben wir bemerkt, dass in Hesekiel 34 genau das GEGENTEIL von dem gesagt wird, als in dem unteren Absatz? Jehovah sucht Seine zerstreuten Schafe! Und nicht die Schafe müssen sich aufmachen und in Seine Hürde kommen!

Die Offenbarung von Gottes Absicht, dies zu tun, half Hesekiel, als er sich umsah und nur falsche Propheten und rücksichtslose, selbstsüchtige Herrscher sah. Seine Reaktion auf ihre Verderbtheit brachte ihm eine strenge Zurechtweisung ein:
Wehe den Hirten Israels, die sich nur um sich selbst kümmern! Sollten sich nicht die Hirten um die Herde kümmern?… Ihr habt die Schwachen nicht gestärkt und die Kranken nicht geheilt und die Verletzten nicht verbunden. Ihr habt die Verirrten nicht zurückgebracht und die Verirrten nicht gesucht. Ihr habt sie hart und brutal gezüchtigt (Hesekiel 34:2-4).
Dann folgt die Litanei der Verheißungen Gottes:
Ich werde meine Herde retten … Ich selbst werde meine Schafe suchen und für sie sorgen … Ich werde sie auf einer guten Weide hüten … Ich selbst werde meine Schafe hüten und sie lagern lassen … Ich werde die Verlorenen suchen … Ich werde die Verletzten verbinden und die Schwachen stärken (Hesekiel 34,10-16).
Das war damals. Im ersten Jahrhundert NACH CHRISTUS war nur noch eine vage, romantisierte Vorstellung vom alttestamentlichen Hirten übrig. Die Rabbiner hielten zwar immer noch eine gewisse Verehrung für dieses vergangene Bild aufrecht – viele hegten die Hoffnung, dass Gott einen Hirtenkönig erwecken würde, der sie von ihren römischen Oberherren befreien würde -, aber die Verachtung für Hirten im Allgemeinen war groß.
Der Beruf des Hirten galt als anrüchiger Beruf. Besonders verachtet wurden die Hirten wegen der Angewohnheit ihrer Herden, Privateigentum zu fressen. Es war gang und gäbe, dass die Schafe sich auf fremdes Land verirrten und dort alles verzehrten, was ihnen schmeckte. Aber wie konnte ein Hirte vollständige Wiedergutmachung leisten (eine Voraussetzung für akzeptable jüdische Reue)? Er konnte nicht wirklich Buße tun, wenn er nicht alles ersetzte, was seine Schafe gefressen hatten; aber wie konnte der Hirte den Umfang der erforderlichen Entschädigung genau kennen?
Aus der Sicht eines Pharisäers gehörten die Hirten zu den unliebsamen „Landbewohnern“, die den komplizierten Anforderungen des Gesetzes wenig Beachtung schenkten. Eine Aussage aus einem Midrasch über Rut deutet darauf hin, dass es für einen Israeliten nicht als notwendig erachtet wurde, einen Umweg zu machen, um das Leben eines Hirten zu retten, wenn dieser zum Beispiel zu ertrinken drohte.
Umso bemerkenswerter ist es vielleicht, dass Gott sich ausgerechnet den Ausgestoßenen der religiösen Gesellschaft offenbart hat, wie uns die bekannte biblische Erzählung berichtet: „Und es waren Hirten auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihre Herden. Da erschien ihnen ein Engel des Herrn, und die Herrlichkeit des Herrn leuchtete um sie herum“ (Lk 2,8-9).
Einmal mehr bewahrheitete sich das alte Sprichwort: Gottes Wege sind den Wegen der Menschen eindeutig entgegengesetzt (Jesaja 55,8). Paulus hat dieses Konzept eloquent dargelegt: „Gott hat die Toren der Welt erwählt, um die Weisen zu beschämen; Gott hat die Schwachen der Welt erwählt, um die Starken zu beschämen. Er hat das Niedrige dieser Welt erwählt und das Verachtete …“ (1. Korinther 1,27-28).
Die Schwachen und Bedürftigen sind in besonderer Weise die Sorge des großen Hirten, dessen stützende und ausrüstende Liebe in dem für mich schönsten Segensspruch der Heiligen Schrift dargebracht wird:
Der Gott des Friedens, der … unseren Herrn Jeschua, den großen Hirten der Schafe, durch das Blut des ewigen Bundes von den Toten auferweckt hat, möge euch mit allem Guten ausstatten, um seinen Willen zu tun, und er möge in uns wirken, was ihm wohlgefällig ist, durch Jeschua, den Messias, dem die Herrlichkeit in Ewigkeit gehört. Amen (13:20-21).

Die Hebräer mit den Augen eines Hebräers – Hoffnung inmitten einer hoffnungslos Welt

So ist an verschiedenen Stellen davon die Rede, daß der Herr sich der Menschen annehmen wird wie ein guter Hirte. Dass er in großer Treue sie leiten und weiden wird. Im Blick auf alle diese prophetischen Stellen des Alten Bundes sagt nun der Herr Jesus hier: Der gute Hirte, von dem die Propheten geweissagt haben, von dem die Psalmisten gesungen haben, der bin ich. Diese Verheißungen finden in mir ihre Erfüllung. Was da geweissagt steht, das mache ich wahr: Ich bin der gute Hirte! Aber nicht nur in prophetischen Worten war von Jesus als dem guten Hirten die Rede — die Bibel ist auch voll von Geschichten, die wir als Hinweise auf den verheißenen guten Hirten bezeichnen können. Was für ein Sinnbild des guten Hirten Jesus ist gleich der erste Hirt, von dem wir in der Bibel lesen: Abel! „Abel ward ein Schäfer, Kain aber ward ein Ackermann.“ So brachte Abel ein Opfer dar von den Erstlingen seiner Herde; er opferte ein Lamm. Aber das Zeugnis der Gerechtigkeit, das er von Gott infolge seines Opfers erhielt (Hebr. 11,4), das erregte seinen Bruder Kain so, daß er ihn totschlug. So wurde Abel selber zum Opfer, dessen Blut auf die Erde floss und hinaufschrie zu Gott. Ist das nicht ein wunderbares Vorbild auf Jesus, der als der große Hohepriester das Sühnopfer darbrachte für eine verlorene Welt und der selbst das Opferlamm wurde, das sein Blut vergoss, das da besser redet denn das Blut Abels?
Auch Jakob war ein Hirte. Er verließ sein Vaterhaus und zog in die Fremde, um dort große Herden zu gewinnen.
So hat auch Jesus sein Vaterhaus verlassen, um die Menschen, die wie Schafe ohne Hirten waren, zu sammeln. Und er hat Herden erworben — aus Juden und Heiden. Wie treu ist Jakob um seine Schafe besorgt!

Ernst Modersohn – Jesus, der gute Hirte

Aber die Theodizee ist nicht Hesekiels letzter Punkt. Gottes Recht, seine Verpflichtungen gegenüber Israel zu beenden, wird zum Hintergrund, um den unverdienten und unerwarteten Charakter der Wiederherstellung seines Volkes in seinen bevorzugten Status zu unterstreichen. In der neuen Wüste macht Gott dem gereinigten Überrest Verheißungen der Wiederversammlung, der Auferstehung und der Erneuerung. Die vertrockneten Gebeine Israels würden mit neuem Leben erfüllt. Anstelle ihrer Herzen aus Stein würden neue Herzen aus Fleisch schlagen, die frisch dazu befähigt wären, die Gesetze der Tora zu halten (36,26-27; vgl. 11,16-21). Anstelle von korrupten und gotteslästerlichen Führern würde ein idealer gottesfürchtiger davidischer König herrschen (34:23-24; 37:22-25). Wie die Verbannten selbst würde auch der Kêbôd JHWHs zurückkehren und sich in einem gereinigten Land niederlassen. Dort würde JHWH seinen neuen Tempel bewohnen, gereinigt von der Verschmutzung (43,4-5). Die Frage nach der Gegenwart Gottes wird durch den Namen der idealen Stadt dauerhaft beantwortet: „Der HERR ist dort“ (48,35).

Timothy S. Laniak – Hirten nach meinem Herzen

Wenn Jeschuas Ethik in der jüdischen Ethik verwurzelt ist und diese zur Erfüllung bringt, ist die Nachfolge Jeschuas sicherlich nicht unvereinbar mit der Loyalität gegenüber dem jüdischen Volk und seiner Lebensweise. Erstens sagte Jeschua, er sei gekommen, um Israel zu Gott zurückzuführen, indem er sich für sie opferte – ein sehr starker Ausdruck jüdischer Loyalität. Diese Loyalität kann uns helfen, Jeschuas gesamte messianische Strategie besser zu verstehen. Die Leser der Evangelien neigen dazu, Jeschuas Widerstand gegen die religiösen Torwächter seiner Zeit, die natürlich Juden waren, hervorzuheben und seine leidenschaftliche Loyalität gegenüber dem jüdischen Volk als Ganzes zu übersehen. So erklärt Jeschua zum Beispiel, dass er nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt ist (Mt 15,24). Doch bevor Jeschua von seinen jüdischen Mitbürgern als verlorene Schafe spricht, ist er durch „alle [ihre] Städte und Dörfer gezogen, hat in ihren Synagogen gelehrt und das Evangelium vom Reich gepredigt und jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk geheilt.“ Matthäus fügt hinzu: „Als er aber die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Mt 9,35-36 NKJV). Nichtjüdische Leserinnen und Leser der Evangelien neigen dazu, die Verlorenheit der Schafe zu betonen und vergessen dabei, dass die Schafmetapher auch Israels Auserwähltheit impliziert. Sie stammt von den hebräischen Propheten, die erklären, dass Israel die Herde des Herrn ist (Jer 23,1-2; Hes 34,6), die so wertvoll ist, dass er sie selbst suchen wird (Hes 34,11-16), und die nicht so sehr die Schafe tadeln, sondern die Hirten, die sie im Stich gelassen haben (Jer 50,6; Hes 34,2-10).
Jeschuas Verweis auf die verlorenen Schafe verkörpert also eine intensive Loyalität zu Israel, die Gottes Leidenschaft für sein Volk widerspiegelt, seinen Wunsch, es zu sich zurückzubringen. Andere Aussprüche des Meisters deuten auf dieselbe leidenschaftliche Loyalität hin, darunter Jeschuas Sehnsucht nach Jerusalem gegen Ende seines irdischen Dienstes: „O Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und die steinigst, die zu ihr gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel sammelt, aber du wolltest nicht!“ (Mt 23:37 NKJV). Ahavat Yisrael – die Liebe zu Israel als Volk – ist die Grundlage für Jeschuas gesamten Dienst unter seinem Volk und auch für seinen gesamten irdischen Dienst unter den Menschen.
Jeschua hat diese Loyalität nicht nur in Worten, sondern auch in seiner eigenen Praxis an entscheidenden Stellen vorgelebt. Er war offen für die jüdische Tradition, weil er offen für das lebendige, atmende jüdische Volk war, nicht nur für ein idealisiertes Bild von ihm. Die Taufe zum Beispiel, die messianische Juden oft wörtlich mit „Untertauchen“ (hebräisch tevilah) übersetzen, spiegelt jüdische Reinigungspraktiken aus Levitikus wider. In der Zeit des Zweiten Tempels wurde der Gebrauch der Mikwe, des Tauchbeckens, ausgeweitet und umfasste nun auch die allgemeine spirituelle Reinigung oder Hingabe und nicht mehr nur die Reinigung nach einer bestimmten Verunreinigung. Johannes übernahm diesen Brauch, der sowohl Tradition als auch direkte biblische Gebote enthielt, und entwickelte ihn zu einem Bußbad weiter, das er jedem ans Herz legte – nicht gerade das, was Levitikus befahl. Auch bei seinem letzten Passahfest nahm Jeschua eine jüdische Tradition auf, die in der Heiligen Schrift überhaupt nicht erwähnt wird – das Trinken von Wein während des Mahls – und machte dies zum zentralen Bestandteil seines letzten Abendmahls.

Einführung in das messianische Judentum: Sein kirchlicher Kontext und biblische Grundlagen

weitere Bibelausgaben und Kommentare

Du bleibst mir unvergessen, Israel!

Denk daran, Jakob, und Israel, daß du mein Diener bist, daß ich dich mir zum Knecht erzogen! Du bleibst mir unvergessen, Israel! Ich wische wie ein Wölkchen deine Missetaten aus, wie eine Wolke deine Sündenstrafen. Zurück zu mir! Denn ich erlöse dich!“
Grünewald – übersetzt von Paul Riessler – Jesaja 44,21–22

Des denke, Jaakob
und Jisraël, weil du mein Knecht;
hab dich gebildet
du bist mein Knecht
bleibst, Jisraël, mir unvergessen!
Wie Nebel lösch ich deine Missetaten
und wie die Wolke deine Sünden
kehr um zu mir
denn ich erlöse dich.
Neftali-Herz-Tur-Sinai – Jesaja 44:21–22

Andere Übersetzungen und erste Gedanken – 2020

Im Sinne des Verses „Gedenke dieser Dinge, o Jakob“ (Jes 44:21) sollte man sich daher an all die Gunst und Barmherzigkeit erinnern, die Gott Israel unaufhörlich erwiesen hat, von dem Tag an, an dem Er Abraham erwählte, bis zur gegenwärtigen Stunde, da Er Israel versicherte, daß ich deine Übertretungen auslösche wie eine dicke Wolke (Jes 44:22). So wie die Wolken vom Wind weggefegt werden, so werden die Sünden Israels in dieser Welt weggefegt und haben keine Macht, in der kommenden Welt aufzustehen [und Israel anzuklagen], denn der zuvor zitierte Vers ist nun zu lesen Ich habe deine Übertretungen weggefegt (maḥiti), wie eine dicke Wolke. Was ist mit den Worten „Denn ich habe dich erlöst“ (ebd.) gemeint, die diesen Vers abschließen? Sie bedeuten: Indem ich dich erlöst habe, habe ich deinen Namen aus dem Buch des Todes gestrichen und ihn in das Buch des Lebens eingetragen. Deshalb heißt es: Denn ich habe dich erlöst. Und was folgt? Singt, ihr Himmel (Jes 22,23), [und stimmt in meinen Jubel ein].

Jacob Neusner – Christentum, Judentum und andere griechish-römische Kulte

Die Vergeblichkeit des Götzendienstes wird in den Versen 21-22 mit Gottes erlösender Macht kontrastiert. Vers 21 beschreibt Israels Beziehung zu JHWH als sein Knecht: Gedenke dessen, Jakob und Israel, denn du bist mein Knecht: Ich habe dich gebildet; du bist mein Knecht: O Israel, du sollst nicht von mir vergessen werden. Gott forderte Jakob und Israel auf, sich an zwei Dinge zu erinnern: Sie sind JHWHs Diener, denn er hat sie geformt; und aufgrund ihrer Stellung als Diener werden sie nicht vergessen werden.
In Vers 22 wiederholte Gott, was er in Jesaja 43:25 gesagt hatte: „Ich habe deine Übertretungen ausgelöscht wie eine dicke Wolke und deine Sünden wie eine Wolke; kehre zu mir zurück, denn ich habe dich erlöst. Israels Sünden werden vergeben und ausgelöscht, weil JHWH sein Volk erlöst hat.

Die Lobeshymne – 44:23
Der Abschnitt über die Torheit des Götzendienstes schließt in Vers 23 mit einem Lobgesang: Singet, ihr Himmel, denn Jehova hat’s getan; jauchzet, ihr unteren Teile der Erde; singet, ihr Berge, ihr Wälder und jeder Baum darin; denn Jehova hat Jakob erlöst und will sich in Israel verherrlichen. Zwei Dinge werden die ganze Schöpfung zum Jubeln bringen: Israels Erlösung und die Verherrlichung Gottes durch Israel. Zu denen, die sich freuen werden, gehören der Himmel oben und die unteren Teile der Erde sowie das, was auf der Erde ist, wie Berge und Wälder. Es wird eine Zeit kommen, in der aller Götzendienst aufhört, weil er als das erkannt wird, was er wirklich ist: Torheit und Dummheit. Aber der eine Gott, der in der Geschichte wirkt, der ewig ist und der eine besondere Beziehung zu Israel hat, wird sich als all das erweisen, was er behauptet, zu sein, wenn die Wiederherstellung Israels kommt. Dann wird die ganze Schöpfung mit ihm jubeln.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja


Was Vergebung ist, wird uns in Jesaja 44,22 veranschaulicht: «Ich habe deine Übertretungen getilgt wie einen Nebel, und wie eine Wolke deine Sünden.» Sie sind getilgt, vergeben, weggetan. Gott gedenkt ihrer nicht mehr, und auch wir müssen nicht mehr daran denken. Christus ist einmal offenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer (Heb 9,26). Mit dankbarem Herzen erinnern wir uns der Leiden des Herrn, die zu solchen Ergebnissen führten.

Halte fest 1971

Jehovah wird SEIN Volk genauso wieder zu sich rufen, wie Er es auch schon in Ägypten „gegründet“ hat – weil und nur weil es SEIN Volk ist.

Studie zu „Sterne“ im NT

Meine Wortstudie

LEMMA
ἀστήρ astēr Stern
Kassühlke Stern, Gestirn
ThWNT
Bauer/Aland Stern
EWNT Stern
APLGNT
BDAG star, single star, planet
LSJ star; shooting star; meteor
Louw-Nida star, planet
M-M
LTW star.
DBL Greek star, planet; supernatural light for leading; supernatural beings
TDNT
EDNT star
ACGEDNT star
NASB Dictionaries a star
LEH LXX Lexicon star
AIGEL a star; a flame; light; fire
LXGRCANLEX star
VCEDONTW
TDNTA
LXLXXLEX star
FNTG star
TCGELNT
GDTNT
HGSB12:GDH
ACGEDNTRE star
LXGNTLEX star
ARLAF star; single star; planet
TGNTD
AIBG:AGERE
AWNTG star
SMGV:V A star
ACDWGTTHB star; strown
STRONG
AGELNT
EG:AELCG
AMGLNT a star
LSWSCE:SCD
AGELNT a star
AHDSC star
GLRBPFBC146AD1100 star; the malignant stars; the propitious stars; Aster Atticus; The star; Meteoric stone
OSBHEC:WTNG
GELNT:ALBA a star; wandering stars; planets; comets
HS:GH
CBTELVIXAZ
ACLCEGNT a star, a single star; spoken of fixed stars, planets, or meteors; (lxx. for כזכב, Gen. 1:16; Is. 13:10; Joel 3:15.); a constellation; gen. in pl., the stars; seldom used of a single star, as No. 1 is.
APGL star
TLALS star; כּוֹכָב; צָבָא; military service; campaign; military men, troops; heavenly bodies, heavenly entourage; service in the cult; compulsory labor


WORTBEDEUTUNGEN

Sterne 24 von 26
Substantiv. ein Himmelskörper (ungleich Sonne und Mond), der nachts von der Erde aus sichtbar ist.
כּוֹכָב kô·ḵāḇ; צָבָא ṣā·ḇā(ʾ); ἀστήρ astēr; ἄστρον astron
Mt 2,2 Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Denn wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, ihm zu huldigen.
Mt 2,7 Dann berief Herodes die Magier heimlich und erforschte genau von ihnen die Zeit der Erscheinung des Sternes;
Mt 2,9 Sie aber, als sie den König gehört hatten, zogen hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er kam und oben über dem Orte stand, wo das Kindlein war.
Mt 2,10 Als sie aber den Stern sahen, freuten sie sich mit sehr großer Freude.
Mt 24,29 Alsbald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden und der Mond seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden.
Mk 13,25 und die Sterne des Himmels werden herabfallen, und die Kräfte in den Himmeln werden erschüttert werden.

1.Kor 15,41 eine andere die Herrlichkeit der Sonne, und eine andere die Herrlichkeit des Mondes, und eine andere die Herrlichkeit der Sterne; denn es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit.
Jd 13 wilde Meereswogen, die ihre eigenen Schändlichkeiten ausschäumen; Irrsterne, denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist.
Offb 1,16 und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Munde ging hervor ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht war, wie die Sonne leuchtet in ihrer Kraft.
Offb 1,20 Das Geheimnis der sieben Sterne, die du in meiner Rechten gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Versammlungen, und die sieben Leuchter sind sieben Versammlungen.
Offb 2,1 Dem Engel der Versammlung in Ephesus schreibe: Dieses sagt, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der da wandelt inmitten der sieben goldenen Leuchter:
Offb 2,28 und ich werde ihm den Morgenstern geben.
Offb 3,1 Und dem Engel der Versammlung in Sardes schreibe: Dieses sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebest, und bist tot.
Offb 6,13 und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Winde, seine unreifen Feigen abwirft.
Offb 8,10 Und der dritte Engel posaunte: und es fiel vom Himmel ein großer Stern, brennend wie eine Fackel, und er fiel auf den dritten Teil der Ströme und auf die Wasserquellen.
Offb 8,11 Und der Name des Sternes heißt Wermut; und der dritte Teil der Wasser wurde zu Wermut, und viele der Menschen starben von den Wassern, weil sie bitter gemacht waren.
Offb 8,12 Und der vierte Engel posaunte: und es wurde geschlagen der dritte Teil der Sonne und der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne, auf daß der dritte Teil derselben verfinstert würde, und der Tag nicht schiene seinen dritten Teil und die Nacht gleicherweise.
Offb 9,1 Und der fünfte Engel posaunte: und ich sah einen Stern, der vom Himmel auf die Erde gefallen war; und es wurde ihm der Schlüssel zum Schlunde des Abgrundes gegeben.
Offb 12,1 Und ein großes Zeichen erschien in dem Himmel: Ein Weib bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupte eine Krone von zwölf Sternen.
Offb 12,4 und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne des Himmels mit sich fort; und er warf sie auf die Erde. Und der Drache stand vor dem Weibe, das im Begriff war zu gebären, auf daß er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind verschlänge.
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