Dies gebiete ich euch, daß ihr einander liebet. Elberfelder 1871 – Johannes 15,17
Einander zu lieben – das ist das Gebot, das ich euch gebe. Neue Genfer Übersetzung 2013 – Johannes 15:17
Und das ist mein Auftrag an euch: Begegnet einander in wahrer Liebe! Das Buch – 2009 – Joh 15,17
Das sind Meine Innenzielgebote für euch, auf dass ihr opferfähig liebet einander. Pfleiderer Übersetzung – Joh 15:17
Die Liebe der Jünger zueinander. Wir müssen seine Gebote halten und es ist eines seiner Gebote, dass wir einander lieben (s. Vers 12.17). Keine Pflicht der Religion wird von unserem Herrn Jesus häufiger eingeprägt und bei keiner werden wir leidenschaftlicher von ihm dazu angespornt als bei der der gegenseitigen Liebe. 4.1 Sie wird hier durch das Beispiel Christi empfohlen: „… gleichwie ich euch geliebt habe“ (Vers 12). Gleichwie: Wir sollten einander sowohl in dieser Weise als auch aus diesem Beweggrund lieben. „So geh du hin und handle ebenso!“ (Lk 10,37). 4.2 Sie wird durch sein Gebot gefordert. Achten Sie darauf, wie unterschiedlich es in Vers 12 und Vers 17 ausgedrückt wird und beides ist nachdrücklich. „Das ist mein Gebot“ – als wäre dies das nötigste aller Gebote (Vers 12). Christus hat, da er die Neigung der christlichen Gemeinde zur Lieblosigkeit voraussah, dieses Gebot am meisten betont. „Diese Dinge gebiete ich euch“ (Vers 17; KJV). Er sprach, als wolle er sie bitten, viele Dinge zu tun, doch dann nannte er nur dies eine, „dass ihr einander liebt“.
Der Neue Matthew Henry Kommentar
Auch hier ist das bevollmächtigte und erhörliche Beten entscheidend. Jesus wird nicht müde, den Jüngern die große Gebetsverheißung immer neu einzuprägen. Er erwählt sie zu seinen Freunden, „damit, was immer ihr den Vater bittet in meinem Namen, er es euch gebe“. Wir denken noch einmal an das in 14, 13f und 15, 7 Gehörte. Wenn Jesus gerade jetzt wiederholt: „Das gebiete ich euch, daß ihr einander liebt“, dann ist dieses „Lieben“ hier zugleich zur Bedingung des erhörlichen Betens gemacht. Nur der Liebende betet wahrhaft und erhörlich. Er hat als Liebender den unerschöpflichen Stoff für sein Beten und betet in der rechten, erhörlichen Weise. Zu dem Bitten und Flehen, das aus der Liebe kommt, kann er getrost den Namen Jesu setzen. Solches „Lieben“ quillt aus einem wahrhaft erlösten Herzen und kann nicht einfach von unserm Willen hervorgebracht werden. Von Jüngern Jesu aber, die als seine Freunde in seiner Liebe stehen, für die er seine Seele einsetzte, kann es gefordert werden. Ihnen ist es befohlen, zu lieben. Dreimal hat es Jesus seinen Jüngern gesagt (13, 14; 15, 12; 15, 17).
Wuppertaler Studienbibel
V.17-18 stellen einen Gegensatz dar: Auf der einen Seite lieben sich die Gläubigen gegenseitig, auf der anderen Seite werden sie von der Welt gehaßt. Das ist der gleiche Gegensatz, der viele Jahre später in seinem ersten Brief dargelegt wird: „Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels […] daß wir einander lieben sollen […] Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch haßt“ (1Jo 3,10-13). Johannes schrieb aus Erfahrung, hatte er doch in der Zeit, seit der Herr diese Worte gesprochen hatte lange Jahre der Verfolgung erlebt.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Der Abschnitt hatte mit dem Befehl begonnen: »Bleibt in meiner Liebe!« Er schließt mit dem Befehl, dass wir einander lieben sollen. Weil das Gebot so wichtig ist, wiederholt es der Herr (siehe V. 12); und er fügt im nächsten Abschnitt einen wichtigen Grund an, warum die Liebe unter den Jüngern unerlässlich ist. Nun sollten wir bedenken, dass dieser Befehl am Ende einer besonderen Unterweisung steht: Christus ist der Weinstock; wir sind die Reben; er hat diese erwählt und dazu bestimmt, Frucht zu tragen. Damit sie als Reben in Christus bleiben und Frucht bringen können, müssen sie einander lieben. Das können sie aber nicht aus sich heraus; aber jetzt befiehlt es der Herr, der Schöpfer und Erlöser; was er aber befiehlt, geschieht. Weil wir das glauben, bitten wir darum, dass es geschieht, wie der Apostel Paulus: »Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme« (Phil 1,9).
Benedikt Peters 2015 – Kommentar zum Johannes-Evangelium
wodurch der Heilige Geist dieses anzeigt, daß der Weg zum Heiligtum (O. zu den Allerheiligsten. -Da jetzt aber der Vorhang zerrissen ist, so sind die zwei (Heiliges und Allerheiligstes) zu einem geworden) noch nicht geoffenbart ist, solange die vordere (W. die erste) Hütte noch Bestand hat, Elberfelder 1871 – Hebräer 9,8
Der Heilige Geist weist mit alldem auf Folgendes hin: Solange noch der vordere Teil des Zeltes besteht und der Zugang zum hinteren Teil den genannten Einschränkungen unterliegt, ist dies ein Zeichen dafür, dass der Zugang zum eigentlichen – himmlischen – Allerheiligsten noch nicht eröffnet worden ist. Gute Nachricht Bibel 2000 – Hebräer 9:8
Was lehrt uns der Heilige Geist durch das alles? Er macht deutlich, dass der Weg ins ´himmlische` Heiligtum nicht offen ist, solange die Bestimmungen des irdischen Zeltes in Kraft sind. Neue Genfer Übersetzung 2013 – Hebr 9,8
Durch diese Bestimmungen macht der heilige Gottesgeist deutlich, dass der direkte Weg in die heilige Gegenwart Gottes selbst noch nicht enthüllt ist, solange das vordere Zelt noch dasteht. Roland Werner – Das Buch – 2009 – Hebr 9:8
Anhand der „Satzungen für den Gottesdienst“, von denen in Vers 1 die Rede war, unterstreicht er nochmals die Unzulänglichkeit des Gottesdienstes des Alten Bundes. Die Priester konnten zwar allezeit in den vorderen Teil der Stiftshütte gehen, doch nur am Versöhnungsfest (vgl. 3Mo 16) war es dem Hohenpriester gestattet, den andern Teil (das Allerheiligste) zu betreten, und das nicht ohne Blut, das er opferte für die unwissentlich begangenen Sünden, die eigenen und die des Volkes. Dieser eingeschränkte Zugang ist ein ganz klares Indiz dafür, daß der Weg ins Heilige (vor das Angesicht Gottes) noch nicht offenbart war, wie der Heilige Geist durch diese Anordnungen deutlich machte. Die levitischen Vorschriften sollten also nur aufzeigen, daß der wahre Weg zu Gott nicht in ihnen lag. Das bedeutet für die gegenwärtige Zeit, daß das Opfersystem des Alten Bundes dem, was die Menschen brauchten, nicht wirklich gerecht wurde, denn sie konnten nicht ihr Gewissen vollkommen machen. Die „Satzungen“, die zu den Verpflichtungen der Juden auf dieses System gehörten, galten in erster Linie äußerlichen Dingen und waren ihnen nur bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt. Die Worte von Hebräer 9,10 beziehen sich wahrscheinlich auf bestimmte jüdische Sekten, für die äußerliche Satzungen über Speise und Trank und verschiedene Waschungen von großer Bedeutung waren. Die Leser des Hebräerbriefes sollen sich dagegen an den Übergangscharakter dieser Vorschriften des „überlebten“ Alten Bundes erinnern und nicht zu ihnen zurückkehren.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Vers 8 schließt sich unmittelbar an die Verse 6-7 an. Der Fortbestand des »vorderen Teils der Stiftshütte«, d. h. des irdischen Heiligtums, bedeutet, dass »der Weg ins Heilige«, d. h. zum himmlischen Allerheiligsten (vgl. Heb 8,2; 9,12; 10,19), noch nicht offenbar geworden ist. Dies gibt uns »der Heilige Geist« zu erkennen, der das wahre Verständnis des Alten Bundes vermittelt. Wenn den Priestern nur ein begrenzter Zutritt zum irdischen Heiligtum gewährt war und das Volk ganz ausgeschlossen war, weisen diese gesetzmäßigen Schranken schon darauf hin, dass der unmittelbare Zugang zu Gott noch nicht offen steht, solange der levitische Priesterdienst und die mosaische Kultordnung Gültigkeit haben, denn es ist unmöglich, dass die alte und die neue Ordnung zugleich bestehen können. Nun ist aber auch die neue Christus -Ordnung erschienen (vgl. Heb 9,10). Damit hat zwangsläufig die alte Ordnung ihre Bedeutung eingebüßt.
Gerhard Maier – Edition C
Mit τοῦτο („durch dieses“, „wodurch“) zeigt Paulus im Hebräerbrief gewöhnlich nach links im Text (vgl. Heb 6,3; 7,27; 9,27; 13,17 etc.), sodass er damit die gerade erwähnten Sachverhalte aufgreift und die durch den Geist beabsichtigte Aussage deutlich macht, nämlich, dass dies klar macht, dass der Zugang zum Allerheiligtum verschlossen war und nur der Hohepriester einmal im Jahr diesen Zugang hatte, Christen aber diesen Zugang immer haben. Würde man die Verweisung jedoch nach rechts annehmen, müsste man zudem Ergänzungen in der Übersetzung vornehmen, wofür es keine Entsprechung im griechischen Text gäbe. Der Inhalt dessen, was der Heilige Geist deutlich macht, nämlich, dass bis Beendigung der Zeit des ersten Zeltes, nicht deutlich war, wie man direkten Zugang zu Gott im Allerheiligtum haben könnte, wird durch einen Avci geleistet mit πεφανερῶσθαι („er ist offenbart“) als Prädikat und τὴν τῶν ἁγίων ὁδόν („der Weg ins Allerheiligtum“) als Subjekt, wobei τῶν ἁγίων ein sog. Richtungsgenitiv ist, also anzeigt, wohin der Weg führt, also der Weg zu Gott im Allerheiligtum. Στάσιν ἔχειν („Bestand haben“) ist eine nominale Entsprechung für „existieren“, „stehen“, kann aber auch in Richtung „von Bedeutung sein“, „Berechtigung haben“ gehen. Vgl. Herodotus, Historiae, 9.21,8, der einen Hilferuf bedrängter Truppen beschreibt, da sie ihre zunächst bezogene Stellung aufgrund der Feinde so nicht länger halten können: „ἔχοντες στάσιν ταύτην ἐς τὴν ἔστημεν ἀρχήν“. „wenn wir diese Stellung (weiterhin) haben, zu der wir uns am Anfang aufgestellt hatten“. Genauso war es unklar, solange das erste Zelt stand, wie der bessere Zugang zu Gott aussehen würde. Das hat Gott auch plastisch deutlich gemacht, indem nicht lange nach der Abfassung des Briefs, der jüdische Tempel 70 nach Christus von den Römern zerstört wurde.
P. Streitenberger – Der Hebräerbrief
Damit zeigt der Heilige Geist an, dass der Weg zum Heiligtum noch nicht geoffenbart ist, solange das vordere Zelt noch Bestand hat. Dieses ist ein Gleichnis für die gegenwärtige Zeit, nach dem sowohl Gaben als auch Schlachtopfer dargebracht werden, die im Gewissen den nicht vollkommen machen können, der den Gottesdienst ausübt. Es sind nur – neben Speisen und Getränken und verschiedenen Waschungen – Satzungen des Fleisches, die bis zur Zeit einer richtigen Ordnung auferlegt sind.
Es ist der Heilige Geist, der die Autorität und der Ausleger des levitischen Systems ist. Drei Lektionen bezüglich der Begrenztheit des Dienstes werden hier gelehrt. Erstens lehrt der Heilige Geist in Vers 8 über das levitische System, dass die erste Stiftshütte – die irdische – keinen Zugang zu Gott schaffen konnte, denn das Allerheiligste war nur auf den Hohenpriester beschränkt. Dies galt, solange die alte Ordnung existierte. Außerdem gab es eine Reihe von Ausschließungen. Der äußere Vorhof trennte die Heiden von den Juden. Der innere Vorhof trennte die Leviten von den Nichtleviten. Das Heilige trennte die Nichtpriester von den Priestern. Und das Allerheiligste trennte den Hohenpriester von den gewöhnlichen Priestern.
Zweitens war dieses alte System nach Vers 9 nur ein Gleichnis für die gegenwärtige Zeit. Es war nur eine historische Typologie, um für die heutige Generation etwas zu illustrieren. Die Schwäche des levitischen Priestertums ist offenbar, denn es konnte den, der den Gottesdienst ausübt, im Hinblick auf sein Gewissen nicht vollkommen machen. Wenn der Priester, nachdem er sein Opfer dargebracht hatte, wegging, wusste er, dass seine Sünden bedeckt sind, doch er war sich seiner Sünde bewusst, als er ging. Dies sollte ein Gleichnis für die gegenwärtige Zeit sein. Das griechische Wort für Gleichnis bildet den Ursprung für das deutsche Lehnwort „Parabel“. Die Stiftshütte war schlicht eine fortwährende Parabel.
Arnold Fruchtenbaum – Der Hebräerbrief
Nun zeigte aber in alledem der Heilige Geist einen höchst bedeutsamen Sachverhalt an. Er lehrte eine Lektion mit größtem Nutzen. Der Weg in das Allerheiligste war versperrt. Vorhänge und Altäre, Räucherwerk und Blut, Jungstiere und Ziegenböcke waren Seine göttlich auserwählten Sinnbilder, die uns lehren, daß der Zugang in die göttliche Gegenwart, wenngleich begehrenswert, sündigen Menschen nicht ungehindert möglich war. Der Vorhang hing als Hindernis zwischen Gott und Menschen. Jenseits des Vorhangs befand sich die Herrlichkeit, die Schechina, die Heiligkeit. Auf dieser Seite des Vorhangs standen Menschen in der Schuld ihrer Fehler und Sünden. Es ist gleich, ob dies unwissend begangene Sünden sind, wie das Wort „Verirrungen“ in V.7 anzudeuten scheint. Es waren trotzdem Sünden, wobei unabsichtlich und unwissentlich begangene Sünden nur dazu dienten, den furchtbaren Zustand der gefallenen menschlichen Natur und die Verderbtheit des menschlichen Herzens zu offenbaren. Eine solche Sündhaftigkeit konnte nicht in die Gegenwart des Ehrfurchtgebietenden treten. Der Vorhang mit all seiner Schönheit bildete ein Hindernis. Beachten wir das Wort „anzeigt“ (vom Verb deloo). Es bedeutet „offenkundig machen“ (vgl. Konkordante), „deutlich machen“ (vgl. GN), „kundtun“ (vgl. Luther ’56), „zeigen“ (vgl. Schlachter). Einige haben die Wichtigkeit und den Wert, ja, die Berechtigung der Typologie in Frage gestellt. Wenn wir je eine Zusicherung in bezug auf den geistlichen Wert der typologischen Schriftstellen brauchten, dann gibt sie dieses Kapitel. Sowohl Entwurf als auch Bau des Zeltes der Zusammenkunft – die Gefäße und die Ausstattung, die Altäre und die Lade, der Leuchter und der Tisch – haben eine bestimmte Bedeutung. Sie alle dienen dazu, uns eine bestimmte Lektion zu lehren. Doch der Schreiber befaßt sich hier insbesondere mit dem trennenden Vorhang. Der im Zelt befindliche Vorhang ließ zwei Abteilungen entstehen. Er teilte das Allerheiligste ab, wo der HERR, zumindest sinnbildlich in der Schechina, zwischen den Cherubim wohnte. Der Aufenthalt in Seiner Gegenwart und die Freude daran würde die höchste Erfahrung für jeden Sterblichen sein: „Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht“ (Ps 16,11). Doch die Sündhaftigkeit des Menschen ließ das Begehrenswerte nicht zu, und der Vorhang, jenseits dessen der HERR war, ließ den Menschen diesseits davon sein. Solange wie der Vorhang hing, gab es eine „erste“ und „zweite“ Abteilung. Der Zugang war erschwert. Mit „der Weg der Heiligen“ (vgl. Konkordante) könnte man die in der Mitte von V.8 stehende Wendung wörtlich übersetzen. Der Weg zu den heiligen Stätten war unter solchen Umständen noch nicht geoffenbart worden. Nehmen wir zur Kenntnis, daß es der Heilige Geist ist, der uns hiermit diese ernste Wahrheit erkennen läßt. Er ist nicht nur der Verfasser dieser inspirierten Worte an die Hebräer, sondern Er war es auch, der die Männer inspirierte, die jenes erste Zelt der Zusammenkunft in der Wüste bauten. „Ich habe Bezaleel … berufen“, sagte der HERR, „und habe ihn mit dem Geiste Gottes erfüllt“ (2Mo 31,2-3). Bezaleel wurde durch den Geist Weisheit, Verstand, Erkenntnis (vgl. Anm. Rev. Elberf), Fertigkeiten und Vielseitigkeit bei Arbeiten in Gold und Silber, in Erz und Stein sowie in Holz zuteil. Dieser auserwählte Handwerker wurde auf göttliche Weise durch den Geist Gottes ausgerüstet, der in all dem Werk ein sinnbildliches Haus bereitete. Dadurch „machte“ Er etwas “ offenkundig“ (Konkordante). Er wollte uns Lektionen lehren. In all der Schönheit und Kunstfertigkeit jenes ersten Zeltes der Zusammenkunft mit seiner Ausstattung, seinen Riten und seinen Diensten wollte Er uns im Blick auf Gott, Christus und uns selbst lehren. Deshalb trifft die Versicherung des Schreibers des Hebräerbriefes uns gegenüber zu, daß es „der Heilige Geist“ ist, der hiermit diese Lektionen hinsichtlich der Zeltes offenkundig macht. Die besondere Lektion besteht hier demnach darin, daß – solange jener Vorhang hing – die äußere Abteilung, die vordere Hütte, noch Bestand hatte und der Weg zum Heiligtum noch nicht geoffenbart war. Der HERR wohnt hinter dem Vorhang verborgen. Der Mensch lebt in seinem sündigen Zustand außerhalb. Völlige Gemeinschaft wurde solange nicht gewährt, wie der Vorhang noch hing und jenes erste Zelt noch Bestand hatte.
Jesus sagt zu ihm: Ich sage dir: Nicht bis siebenmal, sondern bis 77mal. (a) Lu 17:3.4; 1Mo 4:24 Zürcher 1931 – Matthäus 18,22
Jesus sagte zu ihm: «Nicht sage Ich dir bis siebenmal, sondern bis siebzig mal sieben! -Mt 6,14; Mk 11,25; Kol 3,13. Abraham Meister – Matthäus 18:22
Jesus spricht zu ihm: Nicht sage ich dir, bis siebenmal, sondern bis siebzig mal sieben. Elberfelder 1871 – Mt 18,22
Petrus verdoppelte großzügig, was die Pharisäer anboten, und fügte noch einen hinzu, um die Sache zu vervollständigen. Jeschua aber antwortete: Ich sage euch nicht: Bis siebenmal, sondern: Bis siebzigmal sieben (Matthäus 18:22). Jeschuas Verwendung dieser Redewendung bedeutete nicht, dass wir genau 490 Mal vergeben müssen. In der Heiligen Schrift betont die Zahl sieben oft Vollständigkeit, Totalität und Vollkommenheit, sodass Jeschuas Aussage eine unbegrenzte Vergebung impliziert. So oft der Bruder bittet, so oft soll ihm auch vergeben werden. Schon das Zählen der Vergehen zeigt nur die äußere, nicht die innere Vergebung.
Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive
In1Mo 4,24 lesen wir, wie Lamech sich dessen rühmte, daß er sogar »siebenundsiebzigfältig« gerächt werden müsse. Aber der Herr sprach nicht von Rache, sondern von Vergebung; und diese band er an die Zahl »siebzig mal sieben«, das heißt 490mal. Das steht ohne Zweifel für die gesamte Lebensspanne, beträgt diese doch »siebzig Jahre« (Ps 90,10). So oft wiederholte Vergebung ist ein Beweis der Liebe (2Kor 2,8.10). Mit der Vergebung hängt viel mehr zusammen, als der flüchtige und nicht geübte Blick erkennen kann. Im Gleichnis hatte der Herr (kyrios) dem Knecht (doulos) vergeben, der daher seinem Mitknecht (syndoulos) hätte vergeben müssen. Die Bedeutung war die, daß Gott Seinem Knecht Petrus vergeben hatte, der deshalb auch andern vergeben müsse. An zahlreiche Gleichnisse ließe die Aufforderung anhängen: »Gehe hin und tue desgleichen« (Lk 10,37). Die Größe der Schuld von »zehntausend Talenten« kann daran ermessen werden, daß es für den Bau der Stiftshütte 29 Talente Gold und 100 Talente Silber brauchte (2Mo 38,24-25). Ein Talent war etwas mehr als 30 kg. Wenn diese zehntausend Talente Gold waren, dann wäre ihr Wert runde achtzig Millarden Mark. Solcherlei ist die göttliche Schätzung der Sünde. »Ihre viele Sünden sind vergeben« (Lk 7,47). Diese gewaltige Summe bildet einen starken Kontrast zu den dreißig Talenten Gold, welche der König von Assyrien Hiskia als Tribut auferlegte (2Kö 18,14), und zu den 666 Talenten Gold, die jährlich Salomo zuflossen (2Chr 9,13). Die andere im Gleichnis genannte Schuld von »hundert Denaren« (V.28) war damit verglichen ein Nichts, wenn sie auch hundert Taglöhnen entspracht.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
ἑβδομηκοντάκις ἑπτά in Mt 18,22 lässt sich auf zweifache Weise deuten: (1) als siebenundsiebzigmal oder (2) als siebzigmal sieben(mal). Wahrscheinlich wird in Mt 18,22 auf Gen 4,24 Bezug genommen, wo der hebräische Ausdruck der Deutung (1) entspricht (KB S. 1302; daher optiert BDR §248,2 wohl hierfür). Deutung (2) haben dagegen fast alle alten Übersetzungen (von Gen 4,24 und Mt 18,22). Unklar ist, ob der LXX-Ausdruck (Basis der NT-Stelle) zu (1) oder (2) gehört. Der in Mt 18,22 gemeinte nichtwörtliche Sinn (vgl. §314h) steht jedoch fest: »unzählige Male«/»ohne zu zählen«.
von Siebenthal – Griechische Grammatik zum Neuen Testament
Sagte Jesus zum Apostel Petrus, er solle siebenundsiebzigmal (77mal) oder siebzigmal siebenmal (490mal) vergeben? — A. L., USA. Dieser Frage liegt Matthäus 18:21, 22 zugrunde. Nach der Neuen-Welt-Übersetzung lauten diese Verse wie folgt: „Dann trat Petrus herzu und sagte zu ihm [Jesus]: ,Herr, wievielmal kann mein Bruder gegen mich sündigen und ich soll ihm vergeben? Bis siebenmal?‘ Jesus sprach zu ihm: ,Ich sage dir: Nicht bis siebenmal, sondern: Bis siebenundsiebzigmal‘ “ Nach dieser modernen und genauen Übersetzung sagte Jesus also zu Petrus, er solle siebenundsiebzigmal (77mal) vergeben, und es gibt auch stichhaltige Gründe für diese Wiedergabe. Man sollte aber hinsichtlich der Antwort Jesu auf diese Frage keine Behauptungen aufstellen. Professor A. T. Robertson, ein bekannter Gelehrter der griechischen Sprache, äußerte sich wie folgt: „Es steht nicht eindeutig fest, ob dieses Idiom als siebenundsiebzigmal aufzufassen ist oder so, wie die Revised Version es wiedergibt (490mal).“ Wenn wir die Antwort Jesu betrachten, wie sie in den griechischen Handschriften steht, erkennen wir die Schwierigkeit. Jesus benutzte den Ausdruck hebdomekontakis hepta, was, buchstäblich übersetzt, „siebzigmal sieben“ bedeutet. Die Schwierigkeit entsteht durch die dem Wort hebdomekonta hinzugefügte Nachsilbe kis. Diese Nachsilbe wird im Griechischen auf zwei Arten gebraucht. Sie kann benutzt werden, um die Multiplikation auszudrücken, im Sinne von „mal“, zum Beispiel „sieben mal sieben“ (7 × 7) wäre heptakis hepta. Kis kann aber auch als Nachsilbe im Sinne von „Male“, das heißt im Sinne von „Begebenheiten“ oder „Fälle“ verwendet werden. Zum Beispiel: „Wie viele Male ist der Junge hingefallen?“ „Er fiel siebenmal (heptakis) hin.“ Es fragt sich also, ob die Antwort Jesu „siebzigmal sieben“ als siebzig mal [multipliziert mit] sieben“ oder als „siebenundsiebzig Male [Begebenheiten]“ verstanden werden sollte. Ein Grund, weshalb in der Neuen-Welt-Übersetzung letzteres gewählt wurde, ist auch die Form der Fragestellung des Petrus. Er verwendete nicht den Ausdruck posas, „wieviel“, sondern posakis, „wievielmal“. Dann fragte er weiter „Bis heptakis?“, das heißt: „Bis siebenmal?“ Es ist vernünftigerweise anzunehmen, daß Jesus der Ausdrucksweise des Petrus entsprechend antwortete. Demnach hätte er gesagt: „Bis siebenundsiebzigMaleachi“ Die Wiedergabe „siebenundsiebzigmal“ wird ferner durch den Bericht in 1. Mose 4:24 gestützt. Jehova sagte, daß jeder, der Kain etwas antue, siebenmal gerächt werde. (1. Mose 4:15) Später sagte Lamech prahlerisch: „Denn wird Kain siebenmal gerächt, so Lamech siebenundsiebzigMaleachi“ (1. Mose 4:24, ZB) Der hebräische Text läßt deutlich erkennen, daß es 70mal und 7 oder 77mal heißen muß. Was entspricht diesem im Griechischen? Die griechische Septuaginta gebraucht den Ausdruck hebdomekontakis hepta. Da in Matthäus 18:22 der gleiche Ausdruck steht, ist anzunehmen, daß die Antwort, die Jesus Petrus gab, mit „siebenundsiebzigmal“ wiedergegeben werden sollte. Man könnte noch hinzufügen, daß Christus möglicherweise die Drohung Lamechs im Sinn hatte. Welch ein vortrefflicher Gegensatz wären in diesem Fall Jesu Worte gewesen! Statt zu prahlen und mit siebenundsiebzigfacher Rache zu drohen, sollte ein Christ siebenundsiebzigmal vergeben. Jesus hob dadurch hervor, daß wir nicht zögern sollten zu vergeben, sondern daß wir großzügig und zum Vergeben bereit sein sollten. Er hatte schon früher gesagt: „Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen wird.“ — Matthäus 5:7.
Genauso ging es auch den anderen, die dabei waren, wie Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Die waren Mitarbeiter von Simon. Doch Jesus sagte zu ihm: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du zu einem Menschenfischer werden!« Roland Werner – Das Buch – 2009 – Lukas 5,10
Desgleichen auch den Jakobus und den Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Teilhaber. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht. Von nun an sollst du ein Fänger von Menschen sein. Lk 5,7; Mt 4,19.21; Mk 1,17; Jer 16,16. Dr. Leonhard Tafel – Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Lukas 5:10
So ging es auch denen aus dem anderen Boot, Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Jesus aber sagte zu Simon: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du Menschen fischen!« Gute Nachricht Bibel 2018 – Lk 5,10
gleicherweise aber auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, welche Genossen (Eig Teilhaber) von Simon waren. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an wirst du Menschen fangen. Elberfelder 1871 – Lk 5:10
Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes waren Jesus ein Jahr zuvor begegnet (Johannes 1:35-42), waren ihm eine kurze Zeit gefolgt und dann zu ihrem Fischereibetrieb zurückgekehrt. In V. 10 rief Jesus seine Jünger auf, alles zu verlassen und ihm dauerhaft als seine Helfer zu folgen. Es ist wahrscheinlich, dass die Jüngerschar aus sieben Fischern bestand (siehe Johannes 21,2). Fischer wissen, wie man zusammenarbeitet, sie geben nicht so leicht auf, sie haben Mut und arbeiten fleißig. Dies sind ideale Eigenschaften für Jünger Jesu Christi. Die Tatsache, dass die Männer vorhatten, nach dem Waschen ihrer Netze wieder hinauszufahren, beweist, dass sie sich durch eine Nacht des Misserfolgs nicht entmutigen ließen.
Petrus wurde gedemütigt, nicht durch die Nacht des Scheiterns, sondern durch seinen erstaunlichen Erfolg; das ist ein Zeichen für echten Charakter. Wenn der Erfolg dich demütigt, dann wird dich der Misserfolg aufbauen. Wenn der Erfolg dich aufbläht, dann wird dich der Misserfolg zerstören. Im Glauben verließen die Männer alles und folgten Christus nach. Sie hatten lebende Fische gefangen, und wenn sie sie gefangen hatten, starben die Fische. Jetzt fingen sie tote Fische – Sünder – und die Fische lebten!
Wiersbes Erläuterungen zum Neuen Testament
Zwei, die besonders beeindruckt waren, werden erwähnt: »Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus« (V. 10). Neben Petrus und Andreas werden sie die fahrenden Jünger Jesu (vgl. Mt 17,1; Mk 5,37; Lk 9,54; Joh 21,2; Apg 3,1; Gal 2,9; Offb 1,9). Nun erleben wir ihre Berufung in die Jüngerschaft (vgl. Mt 4,21ff.; Mk 1,19ff.). Wir erfahren, dass sie »die Geschäftspartner des Simon waren« (V. 10). Das Genossenschaftswesen ist also älter als das Neue Testament. Auch »Jakobus«, der als der Ältere hier zuerst genannt wird, und »Johannes«, der der bedeutendere von ihnen wurde, verstanden, dass Gottes Gegenwart (»Schechina« sagt der Jude) in der Gestalt Jesu unter ihnen wohnte. »Schrecken hatte« auch sie »erfasst« (V. 9).
Jesu Reaktion ist total anders, als Petrus erwartet haben mochte. Unendlich barmherzig »sagte er zu Simon: Fürchte dich nicht!« (V. 10). In der Bibel signalisiert dieser Zuspruch, dass Gott mit dem Betreffenden noch etwas vorhat. Im Falle des Petrus ist dies eine spezielle Aufgabe: »Von nun an wirst du Menschenfischer (wörtlich: ein Menschen Fangender) sein.« Ein Berufselement des Petrus bleibt; er wird auch künftig »Fischer sein«. Seine Person wird nicht ausgewechselt. Jesus knüpft an die natürliche Begabung als »Fischer« an.
Gerhard Maier – Edition C
Petrus war so erstaunt, dass er „zu den Knien Jesu“ niederfiel, einfach dort, wo er war, im Heck seines Schiffes, und sagte: „Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ (Vers 8). Er hielt sich selbst für unwürdig für die Gegenwart Christi in seinem Schiff. Es war die Sprache von Petrus’ Demut und Selbstverleugnung und hatte nicht den geringsten Ton von dem Gerede der Dämonen, die sagten: „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus, du Nazarener?“ (Lk 4,34). Sein Bekenntnis war absolut richtig und für uns alle angemessen, es abzulegen: „… denn ich bin ein sündiger Mensch!“ Selbst die besten Menschen sind sündig und sie sollten bereit sein, es zu allen Anlässen zu bekennen und es insbesondere Jesus Christus zu bekennen. Seine Schlussfolgerung hieraus hätte richtig sein können, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht war. Wenn ich ein sündiger Mensch bin, wie ich es in der Tat bin, sollte ich sagen: „Komme zu mir, oh Herr – oder lass mich zu dir kommen, sonst bin ich für immer verloren.“ Doch man kann Petrus gut entschuldigen, wenn er aus einem Bewusstsein seiner Sündhaftigkeit und Verderbtheit überstürzt ausruft: „Gehe von mir hinweg!“ Denjenigen, die Christus zu der engsten Freundschaft mit ihm zulassen möchte, macht er zuerst bewusst, dass sie es verdienen, am weitesten von ihm entfernt zu werden. Wir müssen alle zugeben, dass wir Sünder sind und dass Jesus Christus deshalb zu Recht von uns hinweggehen könnte, doch wir müssen darum zu seinen Knien niederfallen, um zu beten, dass er nicht von uns hinweggehen möge. Christus nahm dies als Gelegenheit, um Petrus und kurz darauf Jakobus und Johannes von seiner Absicht zu erzählen, sie zu seinen Aposteln zu machen (Vers 10; s. Mt 4,21). Er „ ‚sprach zu Simon‘: Du wirst größere Dinge als diese sowohl sehen als auch tun. ‚Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen!‘ Dies wird ein erstaunlicheres Wunder sein und unendlich viel nützlicher als dieses.“ Die Fischer sagten ihrem Beruf Lebewohl, um unaufhörlich bei Christus zu sein: „Und sie brachten die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach“ (Vers 11). Es ist bezeichnend, dass sie alles verließen, um Christus zu folgen, als ihr Gewerbe in ihren Händen mehr florierte, als es das je getan hatte. Wenn die Reichtümer zunehmen und wir darum am meisten versucht sind, unser Herz an sie zu hängen, ist es die größte Gnade, sie um des Dienstes Christi willen zu verlassen (s. 1.Petr 2,19).
Der Neue Matthew Henry Kommentar
In der Geschichte vom wunderbaren Fischzug (Lk 5,1–11) fordert Jesus den Fischer Simon auf, noch einmal die Netze zum Fang auszuwerfen, obwohl alle Versuche des Tages erfolglos geblieben waren. Simon tut, was Jesus sagt und erlebt etwas, was ihn in tiefes Staunen versetzt: Er fängt so viele Fische, dass die Netze zu zerreißen drohen. Daraufhin fällt Simon Jesus zu Füßen und sagt: „Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.“ Wann erkennt Petrus, dass er ein sündiger Mensch ist? Der Zeitpunkt ist vollkommen überraschend. Er widerspricht unseren Vorstellungen von Sünde. Naheliegend wäre gewesen: Nach den vergeblichen Fangversuchen in der Nacht zweifelt Petrus an sich selbst. Er fragt sich, ob das die Strafe sei für ein unwürdiges Leben oder eine gottlose Tat. Nach der damaligen Auffassung war ein krankhaftes Leiden oder eine Pechsträhne die Strafe für ein vorheriges Vergehen. Man nennt das den „Tun-Ergehen-Zusammenhang“. Auf Petrus trifft das nicht zu. Der berufliche Misserfolg lässt bei ihm keinen Selbstzweifel aufkommen. Im Augenblick des Glücks und des Erfolgs entsteht das Bewusstsein, ein sündiger Mensch zu sein. Es entsteht in der Begegnung mit Jesus, in der Erfahrung von dessen Zuwendung und Wertschätzung. Die Geschichte vom wunderbaren Fischzug gehört zu den Erzählungen, in denen etwas aufscheint von der Herrlichkeit Jesu, der Schönheit, Pracht und Gnade des Sohnes Gottes. Im Angesicht dieser göttlichen Gnade und Schönheit geht uns etwas auf von unserer Unvollkommenheit, Schwachheit und Sünde. So erklärt sich, dass Ganoven häufig kein Bewusstsein für die Sünde oder Schuld entwickeln, die Heiligen dagegen oft von einem tiefen Sündenbewusstsein erfüllt sind. Die Erkenntnis der eigenen Sünde ist eine fröhliche Erkenntnis. Ich erkenne die Sünde erst ganz, wenn sie mir vergeben wird. Wir gleichen dem Reiter, der den eis- und schneebedeckten Bodensee überquert, ohne es zu wissen. Erst am anderen Ufer wird ihm klar, welcher Gefahr er gerade entronnen ist. In einem anderen Bild gesprochen: Wer bisher nur in der Dunkelheit lebte, wird diese gar nicht so dunkel finden. Erst wenn er ans Licht kommt, wird ihm das vorherige Dunkel als Elend erscheinen. Die meisten Menschen in der Bibel haben ein Gespür für Sünde und Schuld. Das hat nichts zu tun mit einem „Wir-sind-alle-arme-Sünder-Bewusstsein“, wie es in manchen christlichen Strömungen gepflegt wird. Die Sünde ist kein Thema, das von sich aus interessant wäre. Als Christen glauben wir nicht an die Sünde oder das Sündersein. Wir glauben an die Überwindung der Sünde. Es ist kein Zufall, dass in den Glaubensbekenntnissen der Alten Kirche nur in der Verbindung „Vergebung der Sünden“ von Sünde geredet wir. Das tiefe Wissen um Sünde ist Ausdruck der wunderbaren und beglückenden Erfahrung, die wir in der Begegnung mit der Barmherzigkeit und Freundlichkeit Gottes machen. Wenn uns heute solch ein Bewusstsein abgeht, müssen wir uns fragen, ob das ein Gewinn ist oder nicht doch Ausdruck eines Mangels. Dass das Reden von Sünde in unserer Zeit so problematisch geworden ist, hängt damit zusammen, dass sich ein irriges Verständnis von Sünde eingebürgert hat. Die meisten Menschen haben ein moralistisches. Unter Sünde verstehen sie moralische Vergehen, vor allem auch sexueller Art. Das ist jedoch nicht die Auffassung der Bibel. Sie spricht von Sünde, wenn ein Mensch den tiefsten Sinn und das Ziel seines Lebens verfehlt. Darum erhebt Jesus nicht anklagend den moralischen Zeigefinger, wenn er die Sünde am Werk sieht. Vielmehr wird von ihm gesagt: „Es jammerte ihn.“ Dass ein Mensch den Sinn seines Lebens verfehlt, ist nicht auf ein böses Verhalten oder eine schuldhafte Tat zurückzuführen. Paulus nennt den Grund so: „Wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden. Denn wie die Sünde herrschte und zum Tod führte, so soll auch die Gnade herrschen und durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben führen, durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ (Röm 6,21.22, EÜ) Die Sünde ist eine Macht, die uns gefangen hält und uns dazu bringt, den tiefsten Sinn unseres Lebens zu verfehlen. Einzelne Vergehen sind nur Ausdruck davon. Diese Auffassung des Apostels scheint vielleicht etwas altertümlich zu sein. Sie ist aber hochmodern und bringt genau zum Ausdruck, was viele Menschen unserer Zeit erfahren: Unser Leben unterliegt vielen Zwängen natürlicher oder gesellschaftlicher Art. Wir stehen unter Druck und können unser Leben oft nicht so leben, wie wir es lohnend und sinnvoll fänden. Wir haben ein starkes Gespür dafür, dass Kriminelle nicht einfach böse Menschen sind, sondern vielfach durch ein böses Schicksal so geworden sind. Entsprechend versuchen wir, mit ihnen umzugehen. Damit sollen aus Tätern keine Opfer gemacht werden. Aber besser als die Drohung mit dem moralischen Zeigefinger ist die Haltung Jesu: „Es jammerte ihn.“ Der moralische Zeigefinger wird niemanden aus der Macht der Sünde befreien. Das geschieht, indem wir uns in den Herrschaftsbereich dessen begeben, der sagt: „Ich bin gekommen, dass ihr das Leben habt, das Leben in Fülle.“ (Joh 10,10)
Karl-Wilhelm Steenbuck – Die 31 beliebtesten Irrtümer der Bibelauslegung: Erhellende Einsichten in die Welt der biblischen Botschaft
Als sie die Einzigartigkeit der messianischen Person erkannten, konnten sie sich dann als das sehen, was sie waren: Sünder. Wenn wir uns mit anderen vergleichen, könnten wir ziemlich gut dastehen, denn es gibt immer jemanden, der schlechter ist als wir. Der richtige Vergleich ist jedoch mit dem einen absoluten Standard, dem Gott-Menschen, dem Messias Jeschua. Wenn wir uns mit Ihm vergleichen, muss unsere Schlussfolgerung die gleiche sein wie die von Petrus: Wir sind in der Tat sündig! Als Antwort auf Petrus‘ Aussage wich Jeschua nicht von ihnen ab, sondern er rief sie auf, das, was sie taten, zu verlassen und ihm zu folgen. Dies war ein Aufruf zur Vollzeitnachfolge: Fürchtet euch nicht; von nun an werdet ihr Menschen fangen (Lukas 5,10). In den Worten von Matthäus 4,19 und Markus 1,17 heißt es: „Folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und in der Tat verließen sie alles und folgten ihm nach (Lukas 5:11).[417] Die Folge dieses Aufrufs war, dass Petrus und die anderen ihr Fischereigewerbe aufgaben (Matthäus 4:20, 22; Markus 1:18, 20). Jeschua nachzufolgen bedeutete eine totale Verpflichtung zur Vollzeitnachfolge. Es bedeutete auch, ihm zu vertrauen, dass er für ihre Bedürfnisse sorgen würde, denn sie hatten ihre Haupteinnahmequelle verlassen.
Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive
Petrus wurde gleich seinen Fischereigenossen, Jakobus und Johannes, von Verwunderung überwältigt, als er das Zeichen sah. An Petrus aber richtete der Herr die Worte des Zuspruchs und der gesegneten Verheißung: „Von nun an wirst du Menschen fangen.“ Welch gewaltigen Fang holte Petrus herein, als er zu Pfingsten seine große Botschaft verkündigte! „Entsetzen“ ( thambos) ist ein Ausdruck, den nur Lukas verwendet; außer hier noch in 4,36 und einmal in Apg 3,10. W.E.Vine meint, es gehe auf eine Wortwurzel zurück, die erstarren bedeutet. Hier wird thambos mit dem Zeitwort periecho („rings umfassen“) verknüpft. So könnte man mit A.T. Robertson wörtlich wiedergeben: „Entsetzen hatte ihn rings umfaßt.“ In der Verheißung „du wirst Menschen fangen“ wählt Lukas sorgfältig das passende Verb zogreo („lebendig fangen“). Es ist schon übertragen worden: „Menschen fassen, damit sie leben“ (J.B. Rotherham). Das gleiche Wort wird in negativem Sinn in 2Tim 2,26 verwendet, wo es heißt, daß die Macht Satans viele gefangennimmt.
Mein Sohn, wenn Sünder dich locken, so willige nicht ein. Elberfelder 1871 – Sprüche 1,10
Lass dich nicht von gewissenlosen Menschen verführen, Gute Nachricht Bibel 2018 – Sprüche 1:10
Mein Sohn, wenn dich Verbrecher locken, folg ihnen nicht! Grünewald – Spr 1,10
Mein Sohn, wenn die Gewalttätigen dich auf ihre Seite ziehen wollen, dann verbünde dich nicht mit ihnen! Werner – das Buch – Spr 1:10
Will diese Bibelstelle uns vor Menschen warnen, die Familien zerstören?
Manche Menschen können besonders auf junge Leute starken Druck ausüben. Daher muß man diese Einladungen der verkehrten Leute ( Sünder ) umgehen, die zur Teilnahme an Mord und Diebstahl verleiten wollen. Einem solchen Einfluß nachzugeben, ist ein Schritt nach unten (vgl. V. 15 ). Laßt uns hier liegen und auf Blut lauern (vgl. Sprüche 12,6 ) macht ihre mörderischen Absichten deutlich. (Vgl. den Kommentar zu „auflauern“ bei Sprüche 1,18 .) Diese Sünder sind bereit dazu, anderen Menschen das Leben zu nehmen, um ihnen ihr Geld wegnehmen zu können und sie so wie der Scheol ( S=?Nl ) oder die Grube (ein Synonym für Grab) zu verschlingen. In ihrer Gier nach Besitz (V. 13 ) fordern sie die jungen Leute auf (hier den Sohn des Vaters), mit ihnen zu kommen (V. 14 ). Sie versprechen, anschließend die Beute zu teilen.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Schon die Anrede mein Sohn verleiht dem ganzen Abschnitt Eindringlichkeit. Fast hört man das Herz des Vaters beben, das um den Sohn ringt. Es ist ja der für jeden Einfluß offene »Unerfahrene« aus V. 4, der »umgarnt« werden soll: Das Wort für »gewinnen« hat den gleichen Stamm. Er scheint fur die Gewalttätigen das geeignete Opfer zu sein; sie wollen ihn zum Gesellen gewinnen für einen perfekten Plan. Selbst an das Sündigen gewöhnt (sündigen heißt hier: das Ziel verfehlen; vgl. Ri 20,16), hoffen sie, in dem Sohn einen gelehrigen und willfährigen Kumpanen zu finden, den sie sich nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen zurechtbiegen können. Zunächst wird er unerfahren genug sein, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Das ahnt der Weise: Wie soll er den Gefährdeten zurückhalten? Er stößt einen ganz kurzen Schreckensruf aus: Schenke ihnen kein Gehör! Das sind im Hebr. nur drei Silben: ʾal-tobeʾ. Nie folge! könnte man diese Kürze vielleicht nachahmen.
Wuppertaler Studienbibel
Wenn du der Einladung der Weisheit folgst und an dem Fest teilnimmst, was wirst du erhalten? Zum einen werden Sie eine größere Achtung vor dem Herrn und eine tiefere Kenntnis des Heiligen haben (V. 10). Je besser du Gott kennst, desto schärfer werden dein Wissen und dein Urteilsvermögen sein, wenn es um die Entscheidungen des Lebens geht.
Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series
Den guten Einflüssen aus dem Elternhaus steht das Drängen der sündigen Natur entgegen. Bei dieser setzt der Fürst dieser Welt mit seiner List und Macht an, um alles Gute, was der Sohn von den Eltern hört, aus dem Herzen des Sohnes zu verdrängen. Wer Gott fürchtet, achtet die Eltern – die ersten Lehrer, die Gott über ihn gestellt hat –, und er gehorcht ihnen. Die Verführer hingegen behaupten, Gehorsam erniedrige den Menschen; er sei sein eigener Herr und solle sein Leben nach seinem Geschmack einrichten. Der Drang, von aller Autorität und damit von Gott selbst unabhängig zu sein, ist die Substanz der Torheit. Zu dieser Torheit wollen die Sünder den Sohn verleiten. Er solle endlich mündig werden und allen Rat der Lehrer von sich werfen. »… wenn Sünder dich locken«, pâtâh, verwandt mit pætî, »einfältig« (siehe Erläuterungen zu V. 4). In der Welt der Sünde ist Versuchung und Verführung, und der kann jeder erliegen. Der Sohn, der nicht auf seine Lehrer hört, wird unweigerlich zum Bösen verleitet werden. Deshalb darf, wer bewahrt werden will, seinem natürlichen Drang nicht folgen. Zu gern ginge er mit den Sündern, die ihn locken, doch der Sohn muss lernen, der Verlockung zu widerstehen und seine Lüste zu verleugnen. Wer das als Kind gelernt hat, wird später, wenn der Herr ihn zu Selbstverleugnung ruft, umso williger das Kreuz aufnehmen und dem Herrn nachfolgen.
In meiner Bedrängnis rief ich zu Jehova, und ich schrie zu meinem Gott; er hörte aus seinem Tempel (Eig Palast) meine Stimme, und mein Schrei vor ihm kam in seine Ohren. Elberfelder 1871 – Psalm 18,7
In meiner Verzweiflung schrie ich zum HERRN, zu ihm, meinem Gott, rief ich um Hilfe. Er hörte mich in seinem Tempel, mein Hilferuf drang durch bis an sein Ohr. Gute Nachricht Bibel 2000 – Psalm 18:7
Da mir angst war, rufe ich IHN, ich schreie zu meinem Gott: von seiner Halle hört er meine Stimme, mein Schrei zu seinem Antlitz kommt in seine Ohren. Buber & Rosenzweig – Ps 18,7
In meiner Not rief ich den Ewigen, zu meinem Gott flehte ich: Er hörte aus seinem Tempel meine Stimme, mein Flehen erreichte seine Ohren. Die Philippson-Bibel – Ps 18:7
In meiner Not muss manchmal als Satzteil wiedergegeben werden, z. B. „Als ich Not sah“ oder idiomatisch „Als die Not mich ergriff“. Bedrängnis ist das gleiche Wort wie in 4,1. Ich schrie in Zeile b übersetzt ein Verb, das mit dem Substantiv mein Schrei in Zeile d verwandt ist (siehe das Substantiv in 5,2; es kommt auch in Vers 41 dieses Psalms vor). Sein Tempel ist wahrscheinlich der Himmel (siehe 11,4), von wo aus Gott dem Psalmisten zu Hilfe kommt (Verse 9-10); manche sehen hier jedoch einen Hinweis auf den Tempel in Jerusalem. Meine Stimme ist ein Ersatz für das Sprechen, und in einigen Sprachen gibt es kein Substantiv für Stimme an sich, sondern nur ein Verb für sprechen. Daher kann diese Zeile oft mit „er hörte mich, als ich zu ihm sprach“ wiedergegeben werden. Zeile d, cry reached his ears, konkretisiert die allgemeinere Form in Zeile e heard my voice. Beachten Sie, dass TEV „um Hilfe“ hinzufügt, was ebenfalls in Richtung einer größeren Spezifität geht. Übersetzer können feststellen, dass diese Art von Bewegung im Substantiv oder im Verb gemacht werden kann. Die letzte Zeile lautet im Hebräischen „und mein Hilferuf zu seinem Angesicht drang in seine Ohren“ (die Parallele in 2 Sam 22,7 lautet nur „und mein Hilferuf in seine Ohren“). Einige sehen „zu seinem Angesicht“ (d. h. zu ihm) als redundant an und sind dafür, es wegzulassen, aber die Mehrheit behält es bei.
Bratcher – Ein Übersetzerhandbuch zum Buch der Psalmen
Als David seine Liebe zum Herrn ausdrückte, benutzte er ein besonderes Wort, das „tief lieben, Mitleid haben“ bedeutet. Es ist verwandt mit dem hebräischen Wort für „Schoß“ (siehe Jer 21,7) und beschreibt die Art von Liebe, die eine Mutter für ihr Kind empfindet (Jes 49,15), die ein Vater für seine Kinder empfindet (103,13) und die der Herr für sein auserwähltes Volk Israel empfindet (102,13; Hos 1,7; Dt 13,17). Es ist eine tiefe und glühende Liebe, die Art von Liebe, die jeder von uns für den Herrn haben sollte (31,23). David drückt seine Liebe (V. 1), seinen Glauben (V. 2), und seine Hoffnung (V. 3). Die sieben Metaphern, die er verwendet, spiegeln sicherlich das Leben eines Naturburschen und Soldaten wider. „Fels“ (Vv. 2, 31, 46) ist eine vertraute Metapher für den Herrn, die von Stärke und Stabilität spricht, ein Ort der Zuflucht (19:14; 28:1; 31:2-3; 42:9; 62:2, 6-7; 71:3; 78:20; 89:26; 92:15; 94:22; 95:1; 144:1; 1 Sam. 23:25). Er geht zurück auf Genesis 49,24 und Deuteronomium 32,4, 15, 18und 30-31 zurück. „Festung“ stellt Gott als eine Festung dar, wie die Stadt Jerusalem auf dem Berg Zion (1. Sam. 22,4; 24,22; 2. Sam. 5,17; 23,14). „Schild“ spricht von Gottes Schutz (3,3; 7,10; 28,7; 33,20; 1. Mose 15,1; Dtn 33,29), ist aber auch ein Symbol für den König (84,9; 89,18). David war Israels Schild, aber der Herr war Davids Schild. „Horn“ bezieht sich auf Stärke (Dtn 33,17; 1 Sam. 2:1, 101 Könige 22,11) und hat messianische Konnotationen (Lukas 1,69). Diese Art von Gott ist unserer Gebete und unseres Lobes würdig! (Siehe 48:1; 96:4; 145:3.)
Nachdem er seine Hingabe zum Ausdruck gebracht hatte, beschrieb David seine Not (V. 4-6) und stellte sich selbst als einen Mann vor, der von allen Seiten eingeengt, in einer Falle gefangen, mit Stricken gefesselt und zum Ertrinken ins Wasser geworfen worden war. (Siehe 88:16-17; 69:2, 15124:4; Hiob 22:11.) Aber als er rief, begann Gott, für ihn zu handeln. Die große Befreiung (V. 7-19) wird als Sturm geschildert. Der Herr war lange Zeit geduldig mit König Saul gewesen, aber nun erhob sich sein Zorn und begann die Dinge zu erschüttern, wie ein Erdbeben und ein ausbrechender Vulkan (V. 7-8; Ex 15,8; Dtn 32,22). Gott kam in einem Sturm herab, wie ein Krieger in einem Wagen, der von einem Cherub schnell getragen wurde. (Siehe 1. Mose 3,24; 2. Mose 25,18; 2. Könige 19,15; Hesek. 1, 10). Er wurde begleitet von Dunkelheit, Regen, Wind, Hagel (eine Seltenheit im Heiligen Land), Donner und Blitz (seine Pfeile, V. 14siehe 77:17, 144:6). Alles, weil David den Herrn anrief! (v. 6). Genau zum richtigen Zeitpunkt griff Gott herab und befreite David (V. 16-19). Wie Mose wurde er aus dem Wasser gezogen (2. Mose 2,10). Der Feind fiel in der Niederlage, aber David blieb standhaft, unterstützt vom Herrn (23,4). Er war nun König von Israel. Zehn Jahre Exil waren zu Ende, sein Leben war verschont geblieben, und sein Amt lag vor ihm.
Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series
David ist bedrängt; seine Feinde umlagern ihn noch. Was tut da der Gerechte? Er tut das, was er immer tut: Er kommt auf dieses eine zurück, das er vom Herrn erbeten hat (V. 4). Er sucht die Gegenwart seines Gottes und er klammert sich daran fest, dass der erste Schritt von Gott getan wurde. David hält Gott sein Wort vor (Luther): »Sucht mein Angesicht!« Gott hat David aufgefordert, sein Angesicht zu suchen; David hat sich das nicht selbst ausgedacht. Das gibt David Glauben und den Mut zu beten. Der Herr hat auch uns gelehrt, zu suchen, anzuklopfen und zu bitten (Mt 7,7). Weil er selbst es gesagt hat, wagen wir es, tun wir es und gewinnen die Gewissheit, dass er uns hört.
Benedikt Peters – Die Psalmen
David hat das auch erlebt. „In meiner Bedrängnis rief ich zu Jehova, und ich schrie zu meinem Gott; er hörte aus seinem Tempel meine Stimme und mein Schrei vor ihm kam in seine Ohren“ (Ps 18,6). David rief also in seiner Bedrängnis, er hatte Angst. „Die Ängste meines Herzens haben sich vermehrt, führe mich heraus aus meinen Drangsalen“ (Ps 25,17). „Furcht und Zittern kamen mich an und Schauder bedeckte mich. Und ich sprach: O daß ich Flügel hätte wie die Taube! Ich wollte hinfliegen und ruhen“ (Ps 55,5. 6). Das ist nur eine kleine Auswahl. David kannte Angst. In Psalm 55 wollte er am liebsten flüchten, wegfliegen, um einen Ruheplatz zu finden, weit fort von der Ursache der Angst.
Hilfe und Nahrung – 1985
Ps 18 darf (auch) “messianisch” gelesen und interpretiert werden (wie dies im NT auch geschieht, vgl. v.a. Röm 15,9). Zum einen kann das sprechende Königs-Ich mit Jesus und JHWH mit dem Vater identifiziert werden. 4–8b liest sich dann als Karfreitagsevangelium, 21–25 betont die Sündlosigkeit Jesu (vgl. Hebr 4,15) und 41ff. redet vom endzeitlichen Gericht. Zum andern kann hinter dem sprechende Königs-Ich auch der einzelne Christ oder die Gemeinde gesehen und JHWH mit Jesus identifiziert werden. Die Aussagen zur Handhabung des Kriegsgeräts wie die mit dieser Bildlichkeit (“Schild”) ausgedrückten Zuversichtsaussagen (3.31.33.35ff.) können dann z.B. in einen Zusammenhang mit der “geistlichen Waffenrüstung” (vgl. Eph 6,10–20) gebracht werden. Beliebt und zur Ermutigung dienend ist das bekannte Bildwort, dass ich “mit meinem Gott über die Mauer springen kann” (30). Auch haben wir es mit einem Gott zu tun, der seine bedrängten Menschen herausführt in die “Weite” bzw. ihren Schritten weiten Raum verschafft (vgl. 20.37).
Und die Zehen der Füße, teils von Eisen und teils von Ton: zum Teil wird das Königreich stark sein, und ein Teil wird zerbrechlich sein. Elberfelder 1871 – Daniel 2,42
Und die Zehen der Füße, teils eisern, teils aber tönern (, das bedeutet): Ein gewisser Teil des Königreiches wird stark sein und (ein anderer Teil) von ihm wird zerbrechlich sein. Septuaginta Deutsch: Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung: Alternativer Text – Daniel 2:42
Und die Zehen der Füße teils aus Eisen, teils aus Ton, dies bedeutet: Das Königreich wird einerseits fest sein, andererseits zerbrechlich. Die Philippson-Bibel – Dan 2,42
Und die Zehen der Füße zum Teil von Eisen und zum Teil von Ton: von einem Ende aus wird das Königtum stark sein, und in einem Teil wirds gebrechlich sein. Buber & Rosenzweig – Dan 2:42
Wieder ein Bibelvers über den man unterschiedlichster Meinung sein kann – und auch innerhalb der Zeit zu unterschiedlichen Meinungen kommen kann 😉 denn schließlich verändert sich die politische Lage, und so muss mancher seine Meinung immer wieder „anpassen“. Hier ein paar Ansichten:
Das »vierte Königreich« ist Rom. So hat Jesus gedeutet, so deutete der Jude Josephus, so deutete die ganze Kirche bis zum Beginn der Neuzeit, auch Luther und Calvin. Dies allein entspricht auch dem tatsächlichen Geschichtsverlauf. Rom stimmt mit Dan 2,40–43 am besten zusammen. Zu Roms militärischer Entschlossenheit und Unbeugsamkeit, zu seiner Härte im Kampf, passen »Eisen« und »Härte« vorzüglich. Die allmähliche, unaufhaltsame Ausbreitung, das Knikken jeden Widerstandes beschreibt V.40 ausgezeichnet. Nicht weniger gut passen V.41–43 auf die Nachfolgestaaten des römischen Weltreiches. Sie sind zahlreich und vielfältig wie die Zehen des Bildes. Sie haben die wechselvolle und in der Machtentfaltung schwankende Geschichte, die hier beschrieben wird. Sie sind trotz aller Feindschaft geprägt von der gemeinsamen Herkunft und Verwandtschaft, von gemeinsamer Kultur- und Rechtstradition. Sie koalieren und fallen auseinander. Ja, sie sind Ergebnis einer Völkermischung, und doch keine kulturell oder politisch dauerhafte Einheit. Man denke an Italien, Spanien, Frankreich, England, Deutschland, Portugal, Holland, Rumänien, später die Vereinigten Staaten und (als Nachfolger Ostroms) Rußland. Bis heute beherrscht diese politisch auf Rom zurückgehende, europäisch-nordatlantische Staatenwelt die Geschichte und Zivilisation der Erde.
Maier 2018 – Wuppertaler Studienbibel
Im vorigen Vers erwähnte Daniel zwar die Zehen des Standbildes, gab aber keine Auskunft über ihre Bedeutung. Das ändert sich nun in den Versen 42-43: 42 Und wie die Zehen der Füße teils aus Eisen und teils aus Ton waren, so wird das Reich teils stark und teils zerbrochen sein. 43 Und während du das Eisen mit dem Ton vermengt gesehen hast, werden sie sich mit dem Samen der Menschen vermischen; aber sie werden nicht aneinander haften, so wie Eisen sich nicht mit Ton vermischt. Nach dem Übergang von der Stufe der Einheit zur Stufe der Zweiteilung wird beschrieben, dass das Reich in seine dritte Stufe eintritt, nämlich die Stufe der Zehnteilung . Diese Stufe wird durch die zehn Zehen dargestellt. Genau wie die Füße sind auch die Zehen aus Eisen und Ton . Das bedeutet, dass sie zum Teil stark und zum Teil schwach sein werden. Der Mangel an Zusammenhalt wird besonders an den Zehen deutlich. Daniel sagte ausdrücklich, dass sie, d. h. die Herrscher der Zehn-Teilungs-Stufe, sich mit dem Samen der Menschen vermischen werden, aber sie werden nicht zusammenhalten, so wie Eisen sich nicht mit Ton vermischt. Die Aussagen Daniels scheinen kryptisch zu sein. Walvoord kommentiert: Da diese Beschreibung nicht ganz eindeutig ist, hat sie den Auslegern einen großen Spielraum für ihre Phantasie gegeben. So weist Keil darauf hin: „Die Vermischung ihrer selbst mit dem Samen der Menschen (Vers 43), beziehen die meisten Ausleger auf die Heiratspolitik der Fürsten.“ Keil weist die vielen Erklärungen zurück, die sich aus diesem Prinzip der Vermischung ergeben. Eine andere gängige Interpretation der Bedeutung des Gemischs aus Ton und Eisen ist, dass es sich auf verschiedene Regierungsformen bezieht, wie z. B. Demokratie im Gegensatz zur Diktatur. H. A. Ironside z. B. definiert es so, dass es von einer versuchten Vereinigung von Imperialismus und Demokratie spricht“. A. C. Gaebelein hat eine ähnliche Interpretation: „Aber was stellt der Ton dar? Lehm ist von der Erde. Er steht für das, was gar nicht zu der großen Statue gehört, eine fremde Zutat, die eingebracht wird. Die Metalle stehen für die Monarchien, aber der Ton steht für die demokratische Herrschaft, die Herrschaft des Volkes.“[86] Eine mögliche Erklärung für die Formulierung „Same der Menschen“ ist, dass in der letzten Phase des Vierten Reiches die Autorität wie in einer Republik in die Hände der Massen gelegt wurde. Das Ergebnis wäre, dass schließlich alle verschiedenen Gruppen ihre Rechte einfordern würden: Babylon war autokratisch, Medo-Persien war oligarchisch, und die Hellenisten herrschten mit dem Recht der Eroberung. Infolgedessen wäre das vierte Reich in die Phase der zehn Teilungen übergegangen und die Autorität wäre einer Republik übertragen worden, in der alle verschiedenen Gruppen ihre Rechte einfordern. Daniel machte in 2:43 einen weiteren Punkt, den er in 7:23-24 weiter ausführte: Die zehn Reiche werden versuchen, sich zu vereinigen, aber alle Einigungsversuche werden scheitern. Wie Walvoord hervorhebt, werden die Elemente nicht zusammenwachsen: „Die endgültige Form des Reiches wird verschiedene Elemente umfassen, sei es aus Gründen der Rasse, des politischen Idealismus oder der sektoralen Interessen, und dies wird verhindern, dass die endgültige Form des Reiches eine wirkliche Einheit hat.“[87] Letztendlich wird der Mangel an Einheit das Reich schwächen.
Arnold G. Fruchtenbaum – Das Buch Daniel
Das vierte Reich in der rabbinischen Theologie In seinem Daniel-Kommentar stellt Rabbi Goldwurm fest, dass die Identität der Reiche Daniels seit Jahrtausenden ein Streitpunkt unter den Rabbinern ist. Goldwurm stellt fest, dass die Frage über die Auslegung von Daniel 2 hinausgeht, denn das Thema der vier Reiche taucht nicht nur bei Daniel (Kap. 7), sondern auch bei anderen Propheten auf (z. B. Sach. 6). Die Kontroverse wirkt sich daher auf die Auslegung zahlreicher anderer Stellen in der hebräischen Bibel aus. Die folgenden Beispiele rabbinischer Interpretationen von Daniels Königreichen sind nicht erschöpfend, aber sie bieten interessante Einblicke. Die Midraschim identifizieren das dritte Reich durchweg als das hellenistische Reich (Griechenland ) und das vierte Reich als Rom . In einigen rabbinischen Schriften wird das Römische Reich als „das böse Reich“ bezeichnet. Die rabbinische Tradition, die Edom (Esau; Gen. 25:25, 30 ; 36:43 ) mit Rom in Verbindung bringt, ist wohlbekannt: „… teils (aus) Ton und teils (aus) Ton. Dies beschreibt Edom. Warum wurde es mit Eisen und Ton verglichen? Unsere Meister haben gesagt: Dieses böse Königreich wird Münzen aus Ton verwenden.“ Viele Rabbiner waren sich einig, dass es sich bei den Römern um die in Numeri 24:24 erwähnten Kittim handelte. Nach Genesis 10:4 stammte diese Volksgruppe von den Söhnen Javans ab, die die Griechen waren. Diese rabbinische Lehre macht die Griechen und die Römer zu Verwandten. Ibn Esra erklärte: “ Kittim ist der Name eines der Söhne Javans. Deshalb erkläre ich in meinen Kommentaren zum Buch Daniel, dass Griechen und Römer ein einziges Königreich bilden“ Ein weiteres Beispiel für diese Position stammt von Jakob ben Asher (ca. 1280-1340), einer rabbinischen Autorität des Mittelalters, der in Tur HaArokh schrieb: Bileam schloss seine Worte [in Numeri 24] mit einem Hinweis auf die Römer und ihren endgültigen Untergang, wie er durch das vierte der vier Tiere in Daniels berühmter Vision (Daniel 8) symbolisiert wurde. Nach einhelliger Meinung unserer Weisen werden das Römische Reich oder seine Nachfolger durch den Messias besiegt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach Ansicht einiger Rabbiner die Griechen und die Römer miteinander verwandt waren. Daher würden sie Daniels drittes Reich bilden. Diese Ansicht öffnete Ibn Esra die Tür für die Lehre, dass das vierte Reich von arabischen Nationen regiert werden würde. Nach Ansicht des Rabbiners würde die Auslassung des riesigen und mächtigen Königreichs der Araber andernfalls eine Erklärung erfordern. Zur Unterstützung von Ibn Esras Position schlug Goldwurm vor, dass der Einfluss Roms auf die Entstehung des arabischen und des türkischen Reiches es erlaubt, sie als Erweiterungen oder Ableger des Römischen Reiches zu betrachten. Im gleichen Zusammenhang wies der hebräische Gelehrte Isaac ben Judah Abarbanel (1437-1508), auch bekannt als Rabbi Don Isaac Abarbanel oder einfach als Abarbanel, auf einen angeblichen Einfluss des Christentums auf die Entstehung des Islam hin. Aus dieser Bemerkung ergibt sich eine weitere rabbinische Interpretation des vierten Reiches: Das Christentum. Ein Rabbiner, der diese Theorie vertrat, war Moses ben Nachman, bekannt als Nachmanides oder der Ramban (1194-1270). Er brachte das vierte Reich mit dem Römischen Reich in Verbindung, indem er lehrte, dass die Römer die ersten waren, die an die Messiasschaft von Jeschua glaubten. Daher machten sie das Christentum zur Staatsreligion. Abarbanel schlug vor, dass Rom als offizieller Vertreter des Christentums der geistige Erbe von Edom ist. So wie Isaak zwei Söhne hatte (Jakob und Esau), hat der Glaube an den einen Gott zwei „geistige Söhne“: Jakob, der jüdische Glaube, und Edom, der Varianten des Monotheismus vertritt. Goldwurm führte diese Lehre weiter aus, indem er feststellte: „Rom macht in der himmlischen Vision (7,8), die Daniel sieht und die der Engel erklärt, eine Metamorphose von der weltlichen Macht des alten Reiches zur religiösen Macht, dem Christentum, durch.“ Der Rabbiner verglich das Christentum mit einem „machtlosen Waisenkind“, das zunächst von Konstantin I. und später von seinen Nachfolgern adoptiert wurde. Es wuchs heran, um seine einzigartige Stellung als Staatsreligion des Römischen Reiches zu nutzen und erlebte eine beispiellose Expansion. Schließlich begann ihre Macht, „ob zeitlich oder geistlich“, die jeder menschlichen Regierung zu übertreffen. So wird das vierte Reich während des gesamten jüdischen Exils durch die christliche Kirche repräsentiert, die trotz ihrer vielen Formen als eine einzige Einheit betrachtet wird. Der Rabbiner schloss seine Analyse mit der Feststellung, dass das Kommen des Messias „vom Untergang [dieser] Religion abhängt und mit ihm einhergeht.“ Rabbi Meir Leibush ben Yehiel Michel Wisser (1809-1879), besser bekannt als Malbim , wies darauf hin, dass das Gebiet, das einst vom Römischen Reich besetzt war, von zwei Religionen dominiert wurde: Christentum und Islam. Die Malbim kamen zu dem Schluss, dass diese beiden Religionen zusammen das vierte Reich Daniels bilden. Die eine ist so stark wie Eisen , die andere so schwach wie Töpferware.[102] Die Lehre der Malbim könnte teilweise auf den Ansichten des einflussreichen Toragelehrten Moses ben Maimon (1138-1204) beruhen, der gemeinhin als Maimonides bekannt ist und auch unter dem Akronym Rambam bekannt ist. In seinem Kommentar zur Tora behauptete der Rambam, dass Mohammed Teil von Gottes Plan war, die Welt auf das Kommen des jüdischen Messias vorzubereiten: All diese Worte Jesu von Nazareth und dieses Ismaeliten [d.h. Muhammad], der nach ihm auftrat, dienen nur dazu, den Weg für den messianischen König zu ebnen und die ganze Welt darauf vorzubereiten, dem Herrn gemeinsam zu dienen. Denn es heißt: „Dann werde ich die Sprache der Völker in eine reine Sprache verwandeln, so dass sie alle den Namen des Herrn anrufen und ihm einmütig dienen werden“ (Zephanja 3:9). Ibn Esra , der die Ansicht vertrat, dass es sich bei Daniels viertem Reich um das arabische Königreich und damit um den Islam handelt, interpretierte die Zehen in Vers 42 als Hinweis auf die verschiedenen islamischen Mächte. Er stellte fest, dass der Verweis auf die verschiedenen Teile des vierten Reiches chronologisch und nicht geografisch ist. Zu bestimmten Zeiten würden islamische Herrscher mächtig sein und über europäische Nationen triumphieren, und zu anderen Zeiten würden sie besiegt werden. In seinem Perush HaKatzar, baute Ibn Esra auf dieser Interpretation auf, indem er feststellte, dass die verschiedenen religiösen Mächte einen Einfluss auf Jerusalem haben würden. Die Stadt würde abwechselnd vom Islam und vom Christentum regiert werden. Zusammenfassend lässt sich die umfangreiche rabbinische Lehre zu Daniels viertem Reich in zwei Perspektiven unterteilen. Das Reich kann entweder das Römische Reich oder Arabien darstellen. In beiden Fällen ist es wichtig, die Religionen, die diese Reiche repräsentieren, nicht zu übersehen. Rom steht für das Christentum, während Arabien für den Islam steht.
Arnold G. Fruchtenbaum – Das Buch Daniel
Ein drittes Merkmal ist, dass das vierte Weltreich im Laufe seiner Geschichte geteilt und geschwächt werden wird. Uns wird durch Daniel gesagt, dass „die Füße und die Zehen“ „teils aus Eisen und teils aus Ton“ waren. Dies stellt die Tatsache dar, dass es sich um „ein geteiltes Königreich“ handelt, das geschwächt sein wird, oder wie Daniel sagt: „Zum Teil wird das Königreich stark sein, und ein Teil wird zerbrechlich sein.“ „Dass du das Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast – sie werden sich mit den Nachkommen der Menschen vermischen, aber sie werden nicht aneinander haften: so wie sich Eisen nicht mit Ton vermischt“ (2,43). Der Verlust dessen, was Gottes ist und die Einführung des menschlichen Elements führen wie immer zu Zertrennung und Schwachheit. Die geschwächte Regierungsmacht kann das Reich nicht länger zusammenhalten. Das Eisen vermischt mit dem lehmigen Ton symbolisiert die Vermischung von Demokratie mit Hoheitsgewalt. Der Lehm – das demokratische Element – führt zum Zerfall des Reiches. Zwei Tatsachen werden jedoch deutlich. Erstens, obwohl das vierte Weltreich durch die Hineinmischung von Lehm geteilt und geschwächt sein wird, wird es immer wahr sein, dass „von der Festigkeit des Eisens … in ihm sein“ wird. Es wird nie eine Zeit kommen, in der es dem Lehm vollständig gleichen wird. Die Regierung des vierten Weltreiches wird nie ganz demokratisch sein. Zweitens wird uns gesagt, dass das Eisen und der Ton sich vermischen lassen, sie jedoch nie aneinander haften werden. Demokratie und Herrschaftsgewalt werden immer im Gegensatz zueinander stehen.
Hamilton Smith – Das Buch Daniel
Die „Schenkel aus Eisen“ weisen auf ein Königreich, das „stark sein“ wird „wie Eisen“. Warum Eisen? „Weil das Eisen alles zermalmt und zerschmettert …“. So wird dieses Königreich „all jene zermalmen und zertrümmern“. Die „Füße und die Zehen teils aus Töpferton und teils aus Eisen“ stehen für ein „geteiltes Königreich“. In ihm wird etwas „von der Festigkeit des Eisens“ sein. Aber es wird nicht ausschließlich aus Eisen bestehen, sondern mit „lehmigem Ton“ vermischt sein. Das bedeutet: „zum Teil wird das Königreich stark sein, und zum Teil wird es zerbrechlich sein.“ Die Vermischung von Eisen und Ton deutet Vers 43: „sie werden sich durch Heiraten untereinander vermischen, aber sie werden nicht aneinander haften, so wie sich Eisen mit Ton nicht mischen lässt.“ Wer oder was ist mit dem Königreich gemeint, dessen „Schenkel aus Eisen“ sind? Die „traditionelle“ Deutung bezieht diese Aussage auf das römische Weltreich. Diese Auslegung findet sich vielleicht schon beim jüdischen Geschichtsschreiber Josephus: „Ebenso schrieb Daniel auch über die Herrschaft der Römer, die unser Volk gewaltig bedrücken werden.“ (Jüdische Altertümer, 10, 11, 7). Die „moderne“ Deutung denkt hier an das griechische Weltreich Alexander des Großen. Vertreter dieser Auslegung weisen darauf hin, dass im Buch Daniel neben Medien und Persien auch „Griechenland“ erwähnt wird (8,21; 10,20; 11,2), was auf das römische Weltreich nicht zutrifft – und verweisen im Übrigen auf ihre Auslegungen zu den Kapitels 7, 8 und 11 (s. dort). Was ist mit dem geteilten Königreich gemeint, das „teils aus Töpferton und teils aus Eisen“ besteht? Und worauf bezieht sich die Aussage, dass diese Königreiche (erfolglos) versuchen werden, „sich durch Heiraten untereinander vermischen“? Die „moderne“ Deutung bezieht diese Aussage auf die Nachfolgereiche Alexanders des Großen (Diadochenreiche) und die in Kapitel 11 geschilderten Versuche, sich mit Hilfe einer geschickten Heiratspolitik zu verbünden: 11,6: Und nach Jahren werden sie sich verbünden; und die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens kommen, um ein Abkommen zu treffen. Aber sie wird die Kraft des Armes nicht behalten, und auch er und sein Arm werden nicht bestehen. Und sie wird dahingegeben werden, sie und die sie kommen ließen, und der, der sie gezeugt, und der, der sie zur Frau genommen hat in jenen Zeiten. 11,17: Und er wird sein Angesicht darauf richten, in den Besitz seines ganzen Reiches zu kommen, und wird mit ihm ein Abkommen treffen, und eine Tochter von seinen Frauen wird er ihm geben, um es zu verderben. Aber das wird keinen Bestand haben, und es wird ihm nicht gelingen. In der traditionellen Deutung wird das Königreich, das „teils aus Töpferton und teils aus Eisen“ besteht, oft auf die (ungeeinten) europäischen Reiche bezogen (Smith, 67; Shea, 136; so auch Maier, 133). Daneben wird aber auch die Auffassung vertreten, dass es sich eher um ein universales Reich handelt (Stefanovic, 114). Den Versuch, „sich durch Heiraten untereinander vermischen“ bezieht man dementsprechend entweder auf die Heiratspolitik europäischer Mächte (Smith, 66f.) oder auf „völkische Vermischung“ (Maier, 130.133) bzw. eine „Vermischung verschiedener Rassen“ („intermingling of diverse races“, Stefanovic, 104).
M. Mainka – Daniel
Schon aus der so ausführlichen Beschreibung geht hervor, welch eine Bedeutung diesem vierten Weltreiche in der Geschichte zukommen wird. Es ist in seinem inneren Bestand zwar noch geringer als die unmittelbar vorangehenden. Da es aber gleich der Härte des Eisens ist, wird es dennoch fähig sein, in seiner Wucht und mit seinen Schlägen alle Reiche zu zermalmen, die sich ihm widersetzen. In dieser seiner Gewalt erscheint das Reich jedoch nur in seinen Anfängen. „Schon die Füße und die Zehen, wie die Mischung aus Ton und Eisen, deuten darauf hin, dass es ein geteiltes Reich sei. Geteilt und gesondert äußerlich, wie die beiden Füße und die Ausläufer derselben, die Zehen; geteilt auch seinen inneren Bestandteilen nach. Vermöge letzterer, die beim Bilde als Eisen und Ton erscheinen, ist das Reich teils stark, teils zerbrechlich. Stark dem Eisen, zerbrechlich dem Ton nach. Denn Eisen ist das Bild der Stärke und Unnachgiebigkeit, Ton das der Zerbrechlichkeit und Schmiegsamkeit. Diese Vermischung von Ton und Eisen ist aber um so schlimmer, als sie keine wahre, innere ist, sondern rein äußerlich bleibt. Wie Eisen und Ton sich nicht durchdringen, nicht ineinander verwachsen, sondern der Lehm nur dem Eisen sich anschmiegt, bei seiner Verhärtung aber sich leicht wieder abbröckelt, so ist es mit den Bestandteilen dieses Reiches. Ob sie sich auch vermischen durch Menschensamen, d. h. ob sie (und der folgende Vers zeigt, dass hiermit die Herrscherfamilien der einzelnen Teile dieses Reiches gemeint sind) sich auch durch Wechselheiraten enge miteinander zu verbinden suchen, so kommt es zu einer wahren Einheit doch so wenig, wie zwischen Eisen und Ton .“ So erscheint die letzte Weltmacht bereits in ihrer ganzen inneren Schwäche. Trotz ihres äußeren Zusammenhangs und ihrer imposanten Erscheinung genügt dennoch nur ein Schlag, und sie bricht in sich selbst zusammen. Ihre einzelnen Wesensteile haben keine Kraft zu einer organischen Verschmelzung, sondern nur die Fähigkeit vorübergehender zweckmäßiger Zusammensetzung. Die Weltmacht kann nur knechten, organisieren, verketten, nie aber eine wahre organische Volkseinheit schaffen. Weltstaaten sind nicht Weltorganismen, sie waren immer nur Weltorganisationen mit despotischem oder föderativem Charakter. Der Wert der Weltmächte besteht nur in dem Vermögen, die einzelnen einander völlig fremden Teile zweckmäßig zu einer höheren, also staatlichen Einheit zusammenzuschließen. Dies kann auf die Dauer immer nur durch eine äußere Gewalt geschehen, da die innere und organische Verwandtschaft der einzelnen Teile fehlt. Sie streben je länger desto mehr auseinander, wie das beim vierten Reiche so plastisch in den beiden Schenkeln mit den Füßen und zehn Zehen zur Darstellung kommt. Das anfänglich eine Reich löst sich auf in zwei und letzthin in zehn. Mit Recht fragt man nun, ob dieses Monarchienbild, das Nebukadnezar als Offenbarung wurde, von der Geschichte als der Wirklichkeit entsprechend gerechtfertigt worden ist. In den Deutungen der einzelnen Reiche ist man zwar verschiedener Meinung gewesen. Durchweg gilt jedoch das erste als das Babylonische, das zweite als das Medisch-persische, das dritte als das von Alexander dem Großen begründete Griechische und das vierte als das Römische Weltreich. Mit welchen Gewaltmitteln hat man nicht versucht, letzteres in seiner äußeren Einheit zu erhalten. Ströme von Blut mussten fließen, Länder und Völker verelenden, politische Ehen geschlossen und zerrissen werden. Europäische Gleichgewichte wurden durch Bündnisse geschaffen und wieder verschoben. Jedoch die entsetzliche Weltkatastrophe der hinter uns liegenden Jahre hat gezeigt, wie Ton und Eisen sich nicht dauernd zu einer höheren Einheit verschmelzen lassen. Die Zahl zehn auf Grund der zehn Zehen der beiden Füße ist vielleicht weit mehr das Bild einer beliebigen Vielheit als das einer begrenzten Zahl. Der eigentliche Sinn der Deutung liegt zweifellos auch hier auf dem Wesensbestand der zusammengehaltenen Teile. Die Geschichte Europas gibt uns die Deutung. In ihrer Ratlosigkeit suchen die Völker nach dem politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kitt, der den völligen Zusammenbruch der bisherigen Staatsformen, Wirtschaftsordnungen und Kulturschöpfungen verhindern soll. Insoweit dieses Suchen wirklich aus einer tieferen Sehnsucht, aus dem Geiste einer höheren Gesinnung und aus dem Wunsche nach einer gerechteren Weltordnung herausgeboren ist, freuen wir uns darüber. Wir segnen es, ob es sich im Völkerbund, oder in der Kriegsächtungsfrage oder in sonstigen weltpolitischen Beschlüssen zum Gemeinwohl der Völker verkörpert. All diese Bestrebungen wird Gott segnen und rechtfertigen, so lange sie sich nicht aufs neue zu einer bewussten Feindschaft wider Gott und wider das Kommen seines Reiches verdichten. Sobald jedoch auch sie wieder bewusst ohne Gott suchen, was nur mit Gott zu finden und zu verwirklichen ist, dann teilen auch sie unerbittlich das Gerichtsschicksal, dem bisher alles aus dem Geiste der Weltmacht Herausgeborene verfallen ist. Denn alles zielt letzthin auf das fünfte Reich.
Jakob Kroeker – Das lebendige Wort Band 11
Es würde stark sein wie Eisen und die Macht besitzen, jeden Widerstand niederzuwerfen. Dies wird in den Beinen von Eisen gezeigt, denn sowohl der östliche als auch der westliche Teil war ausnehmend stark. Wenn wir zu den Füßen und Zehen kommen, so haben wir das Reich in einer Gestalt vor uns, die es in noch zukünftigen Tagen annehmen wird. In seinem Charakter in den letzten Tagen wird es aus zehn Königreichen bestehen, die durch die zehn Zehen dargestellt werden. Dies hat in der Vergangenheit niemals seine Erfüllung gefunden, denn in der Vergangenheit regierte nur einer als Diktator; aber in den kommenden Tagen, wenn Rom wieder auferstanden ist, werden zehn Könige sein, die ihre Macht dem Tier geben, aber mit ihm herrschen (Off 17,12.13). Von dem Eisen mögen wir, wie ein anderer gesagt hat, lernen, dass eine allgemeine Monarchie bestehen wird, während in dem Ton die zehn einzelnen Königreiche dargestellt sind.
H.G. Moss – Der Prophet Daniel
Die Mischung aus Ton und Eisen stellt dies treffend dar, denn es sind zwei Materialien von ganz unterschiedlichem Charakter. Eisen ist ein Metall von geringerem Wert als Gold, aber härter; Ton ist kein Metall und weist in der Schrift immer auf den Gegensatz zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen hin (Hiob 10,9; 33,6, der Mensch ist wie Ton in der Hand Gottes, des Töpfers!). Der Traum deutet also darauf hin, dass das vierte Weltreich in seinen letzten Tagen «Könige» haben wird, nämlich zehn, und dass sich, obwohl immer noch hart, ein brüchiges – ein menschliches – Element beigemischt hat. Dieses Element nennen wir in unseren Tagen Demokratie, das einst ein hochgestellter Mann wie folgt umschrieben hat: Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk. Nichts ist ungewisser und daher brüchiger, als der Wille des Volkes. Nun wird uns klar, dass wir in den Tagen leben, die den Schlussakt der Geschichte dieses Bildes darstellen.
Frank Binford Hole – Der Prophet Daniel
Wir sehen keinen Anlass, eine sehr übliche Auslegung des Tons zu bezweifeln, nämlich dass er die Vermischung populärer demokratischer mit absolutistischen Regierungsformen darstellt: Die Verbindung aus Absolutismus mit dem populären Zeitgeist, die wie diese unvereinbaren Elemente nie wirklich zusammenschmelzen können und daher genau durch ihren Versuch der Vereinigung zu einer Schwachstelle werden.
Edward Dennett – Der Prophet Daniel und die Zeiten der Nationen
Wenn wir die Geschichte betrachten, sehen wir auf der einen Ebene Fortschritt und Verbesserung, aber wenn wir tiefer gehen, sehen wir Verfall und Niedergang. Thoreau sagte, dass Amerika „verbesserte Mittel zu unverbesserten Zwecken“ hatte, und das kann man von jeder Entwicklungsnation sagen. Wir können leicht mit Menschen in fast allen Teilen der Welt sprechen, aber haben wir auch etwas Wichtiges zu sagen? Wir können schnell von einem Ort zum anderen reisen, aber wir machen kaum Fortschritte bei der Lösung der Probleme von Krieg, Gewalt, Hunger und Freiheit. Wir sind zwar dankbar für die Dinge, die das moderne Leben bequem und angenehm machen – gute Häuser, Autos und Flugzeuge, wirksame Medikamente, elektronische Geräte -, aber wir müssen zugeben, dass jedes dieser Dinge neue Probleme mit sich bringt, die gelöst werden müssen. Es ist einfacher, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, aber schwieriger, ein Leben zu führen.
Eine dritte Wahrheit ist, dass es für die Dinge am Ende des Zeitalters schwierig sein wird, zusammenzuhalten. Die Füße des Bildes bestanden aus einer Mischung aus Eisen und Ton. Eisen ist stark und haltbar, aber Ton ist schwach und bröckelt leicht. Das Eisen im Bild erweckt den Anschein von Stärke und Ausdauer, aber der Ton verkündet genau das Gegenteil. Tatsächlich raubt der Lehm dem Eisen seine Fähigkeit, die Dinge zusammenzuhalten, denn wo immer das Eisen den Lehm berührt, gibt es Schwachstellen. Die heutige Gesellschaft wird von Verträgen zusammengehalten, die gebrochen werden können, von Versprechen, die ignoriert werden können, von Traditionen, die vergessen werden können, von Organisationen, die aufgelöst werden können, und von geldbringenden Unternehmen, die scheitern können – all das ist Eisen, vermischt mit Ton! Der Mensch in seiner besten Form ist Lehm, denn Gott hat ihn aus dem Staub der Erde gemacht. Obwohl Mann und Frau beide nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, hat die Sünde uns der Herrschaft beraubt, die er uns gegeben hat (Gen 1,26). Wir sind sowohl Schöpfer als auch Zerstörer, und wir scheinen darauf aus zu sein, einander und die Welt, die Gott uns gnädigerweise gegeben hat, zu zerstören. Der Kern eines jeden Problems ist das Problem im menschlichen Herzen – die Rebellion gegen Gott.
Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series
Daniel 2,42. Midrasch über die Psalmen, Buch Eins, Psalm 18, 5. … Ebenso wird es sein, wenn der Messias kommt – möge es bald und in unseren Tagen geschehen – dass die Kinder Israels dieses Lied nicht singen werden, bis der Messias geschmäht worden ist, von dem gesagt wird: Deine Feinde … O Herr … haben die Schritte Deines Gesalbten geschmäht (Ps. 89,52); sie werden es nicht singen, bis durch seine Hand das Reich gefallen ist, dessen Männer an jeder Hand sechs Finger und an jedem Fuß sechs Zehen haben, diese Männer des bösen Rom, von dem gesagt wird: Die Zehen der Füße waren zum Teil aus Eisen und zum Teil aus Ton (Dan. 2,42) …
The Rabbinic Messiah
Das eiserne Weltreich, Rom, war bei weitem das stärkste und dauerte länger als seine Vorgänger. In der Tat, das römische Weltreich besteht noch in den Nationen Europas. Seine jetzige Zerteilung wird in den zehn Zehen des Bildes veranschaulicht. Das in den Füßen mit dem Erz vermengte Tonelement stellt die Vermischung von Kirche und Staat dar. Diese Vermischung wird in der Schrift Babylon – Verwirrung – genannt. Wie wir bald sehen werden, ist der Stein das Sinnbild des wahren Königreiches Gottes, und an dessen Stelle setzte Babylon eine Nachahmung von Stein – getrockneten Ton – welchen es mit den bruchstückartigen Überbleibseln des (eisernen) römischen Weltreiches vereinigt hat. Und dieses gemischte System – Kirche und Staat – die Namenkirche vermählt mit den Reichen dieser Welt, welche der Herr „Babylon“, Verwirrung, nennt, maßt sich an, sich „Christentum“, d.i. Christi Königreich, zu nennen. Daniel erklärt: „Dass du das Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast – sie werden sich mit dem Samen der Menschen vermischen (Kirche und Welt vermischt – Babylon), aber sie werden nicht aneinander haften: gleichwie sich Eisen mit Ton nicht vermischt.“ Sie können nicht vollständig ineinander aufgehen. „Und in den Tagen dieser Könige (der durch die Zehen dargestellten Reiche, der sogenannten christlichen Reiche, oder des „Christentums“) wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, welches ewiglich nicht zerstört, und dessen Herrschaft keinem anderen Volke überlassen werden wird; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber ewiglich bestehen.“ (Daniel 2:43, 44)
Charles Taze Russell im Jahr 1886 – Der göttliche Plan der Zeitalter
Die Festigkeit und Stärke des eisernen Teiles des symbolischen Standbildes, der mit dem Römischen Reich begann und zu der anglo-amerikanischen Dual-Weltmacht führte, stellte die Härte und Zähigkeit dar, mit der diese ihre Gewalt- und Weltherrschaft ausüben würde. Doch was veranschaulichten die zehn Zehen, in denen das symbolische Standbild auslief? Durch diesen Teil wurde gezeigt, daß die Überbleibsel der römischen oder sechsten Weltmacht in der Zeit des Endes dieses symbolischen Standbildes mit der anglo-amerikanischen oder der siebenten Weltmacht wetteifern und daß es noch weitere unabhängige politische Regierungen geben würde, die mit diesen konkurrierenden Mächten verbunden wären. Da die Zahl zehn eine biblische Zahl ist, welche irdische Vollständigkeit darstellt, sind die zehn Zehen ein Bild aller gleichzeitig bestehenden Mächte und Regierungen. Wie kam es aber, daß diese symbolischen zehn Zehen teils von Eisen und teils von lehmigem Ton waren? Dies kam dadurch, daß „sie sich mit dem [durch den] Samen der Menschen“ vermischten. Es trifft zu, daß das heidnische Römische Reich teilweise zum Heiligen Römischen Reich gemacht wurde, dessen Herrscher von den Päpsten der römisch-katholischen Kirche gesalbt wurden. Die römisch-katholische Hierarchie suchte dieses Heilige Römische Reich zu beherrschen, und zwischen den politischen Herrschern dieses Reiches und dem Papst und seinem Klerus entstand ein Machtkampf. Es kam zu einer Verbindung zwischen Kirche und Staat, ausgenommen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Unter dem Vermischen der Herrscher oder politischen Häupter mit dem „Samen der Menschen“ ist jedoch eine gegenseitige Verbindung und das Erzeugnis einer politischen Nachkommenschaft zu verstehen oder eine Popularisierung, eine Demokratisierung oder eine Sozialisierung der Regierungsformen. Im neunzehnten Jahrhundert gewann die sozialistische Bewegung in der Christenheit sehr an Boden. Im Jahre 1848 wurde von Karl Marx und Friedrich Engels das kommunistische Manifest, eine kurze, klare Darlegung der sozialistischen Lehre, veröffentlicht, und danach fegte eine Welle revolutionärer Bewegungen über Europa. Papst Pius IX. war sogar gezwungen, aus Rom zu fliehen, und konnte erst im Jahre 1850 wieder dorthin zurückkehren. Sobald das sozialistische Element einen gewissen Einfluß in den Regierungen ausgeübt hat, ist es bestrebt gewesen, die sogenannte kapitalistische Herrschaft zu schwächen und zu stürzen, während die demokratischen Elemente in den Regierungen die Macht der imperialistischen, absoluten Herrscher geschwächt haben. Diese modernen, radikalen Elemente und die älteren imperialistischen Typen der Weltherrschaft hafteten indes nicht durch Liebe oder Geistesverwandtschaft aneinander. Es ist gewesen, wie wenn man Eisen mit Ton hätte vermischen wollen.
Wachtturm 15.Juli1959
Was könnten die zehn Zehen bedeuten? Sie stellen alle heute gleichzeitig bestehenden Mächte und Regierungen auf der Erde dar, denn die Zahl Zehn ist eine biblische Zahl, die irdische Vollständigkeit versinnbildet. Ja, der Traum vom Standbild bezieht sich tatsächlich auf unsere Zeit. Wir sollten im Sinn behalten, daß die Entwicklung des symbolischen Standbildes mit dem Aufkommen der letzten Weltmacht nicht aufhörte. Sie mußte weitergehen, bis der Einfluß der demokratischen und sozialistischen Elemente stark genug war, um die Reichsregierungen und Diktaturmächte dieser Welt zu schwächen. Seit 1914 haben diese Elemente ihren schwächenden Einfluß vorwiegend auf den durch den „König des Nordens“ verkörperten eisernen Teil der Füße des Standbildes ausgeübt. Die zehn Zehen des Standbildes stellen alle Nationen dar, nicht nur die, die bis heute in die UN aufgenommen worden sind. Jetzt kommt der Traum Nebukadnezars zu seinem dramatischen Höhepunkt.
Wachtturm 15.August 1969
Natürlich gab es im 19. und 20. Jahrhundert eine Anzahl Entwicklungen auf der Weltbühne, die die eisengleiche Herrschaft der anglo-amerikanischen Weltmacht schwächten. Es kamen revolutionäre sozialistische Gruppen auf, die die Struktur, den Einfluß und die Kraft dieser siebenten Weltmacht schwächten. In der Prophezeiung heißt es: „Das Königreich selbst wird sich als geteilt erweisen, da du ja das Eisen mit feuchtem Ton vermischt erblickt hast.“ Es sollte „mit der Nachkommenschaft der Menschen vermischt sein“. Der „Ton“ in dem Bild stellt somit die proletarischen Elemente dar, die dadurch entstehen, daß sich das Volk gegen die bestehende Gewalt erhebt. Durch Gewerkschaften, Demonstrationen, Streiks und andere Protestaktionen hat das gewöhnliche Volk versucht, die traditionelle kapitalistische Regierungsform zu untergraben, die in der anglo-amerikanischen Weltmacht und ihrer Einflußsphäre zu erkennen ist. Obwohl kommunistische Regierungen anderer Nationen oft den Anlaß geben zur Entstehung des „Tons“ innerhalb des Bereichs und der Einflußsphäre der anglo-amerikanischen Weltmacht und entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, sind sie doch nicht in dem Bild vertreten. Wir dürfen nicht vergessen, daß das Standbild die Entwicklung derjenigen Weltmächte auf der Erde darstellt, die irgendeine Beziehung zu Gottes Volk haben, und zwar bis zu der Zeit, in der das Standbild vernichtet wird und in der Gottes Königreich unter Christus alle irdischen Regierungen ersetzt. Seit der Zeit Babylons sind viele mächtige Reiche entstanden, zum Beispiel im Orient, in Europa und Afrika und auch in Nord-und Südamerika. Sie sind jedoch nicht in dem Bild vertreten, da sie bis zum Ende der Heidenzeiten im Jahre 1914 keine vorherrschenden Weltmächte waren, die mit Jehovas Volk in Verbindung gestanden hätten. Im Gegensatz dazu werden in Offenbarung 13:1 alle Regierungen durch das ‘wilde Tier mit zehn Hörnern und sieben Köpfen’ dargestellt. Dieses Tier hat nicht nur die sieben Köpfe, die die sieben Weltmächte darstellen, angefangen von Ägypten bis zur anglo-amerikanischen Weltmacht, sondern es hat auch einen Körper, der alle anderen Nationen einschließt, da das Tier als Ganzes das Weltsystem der politischen Herrschaft darstellt, angefangen von den Tagen Nimrods. Der „Ton“ stellt somit nicht die kommunistischen Regierungen außerhalb des Einflußbereichs der anglo-amerikanischen Weltmacht dar, ebensowenig wie andere Teile des Bildes andere Regierungen und Reiche darstellten, die es im Laufe der Jahrhunderte gab. Doch die Tatsache, daß dieses Bild die Zeit des Endes erreicht hat und daß es keinen Platz für die Entwicklung einer weiteren Weltmacht einräumt, sowie die Tatsache, daß das „wilde Tier“ nur sieben und nicht acht Köpfe hat, zeigt, daß es keine neue Weltmacht geben wird, die die Vorherrschaft an sich reißt, bevor das gesamte politische System beseitigt wird. Der „Ton“ stellt keine sich entwickelnde Weltmacht dar, sondern nur einen schwächenden Faktor. In Offenbarung, Kapitel 17 wird gesagt, das „scharlachfarbene wilde Tier“ stelle als Ganzes ‘selbst einen achten König’ dar, doch es wird auch gesagt, daß es „den sieben“ Weltmächten entstamme. Außer der Gewalt, die ihm die „sieben“ geben, hat es keine wirkliche Herrschergewalt. Tatsächlich war die siebente Weltmacht führend darin, das „Bild“ des wilden Tieres ins Dasein zu bringen. (Vergleiche Offenbarung 13:11-18.) Dieses „scharlachfarbene wilde Tier“ als „Bild“ des wilden Tieres „mit zehn Hörnern und sieben Köpfen“, das aus dem „Meer“ der Menschheit hervorkommt, stellt offensichtlich zunächst den Völkerbund und dann die Vereinten Nationen dar. Es ist ein „achter König“, indem es eine weltweite Organisation ist, aber es ersetzt oder beseitigt nicht die siebente Weltmacht. Es ist nicht der kommunistische Nationenblock, ebensowenig wie der Ton des Bildes die Entwicklung einer neuen Weltmacht innerhalb des Bildes darstellt, das die aufeinanderfolgenden Weltmächte versinnbildlicht.
Wachtturm 1.Oktober 1978
Aus Daniel 2:41-43 erkennen wir, daß deutlich identifizierbare Weltreiche einander ablösen sollten. Stellt also jedes der zwei ‘Beine von Eisen’ eine Weltmacht dar? Nein, ebensowenig wie die beiden ‘Arme von Silber’ im oberen Teil des Bildes zur Blütezeit Medo-Persiens zwei Weltmächte darstellten. Die zwei Beine und das Eisen der Füße gingen gleichzeitig aus dem Römischen Reich hervor, und zwar besonders vom 4. Jahrhundert an, als Konstantin seine westliche Hauptstadt, Rom, aufgab und eine östliche Hauptstadt, Konstantinopel, gründete. Aus diesem geteilten Reich gingen mehrere abhängige Staaten hervor, unter denen schließlich Anglo-Amerika als Weltmacht dominierte. In den beiden Weltkriegen unseres Jahrhunderts erwiesen sich diese „Beine“ tatsächlich als ‘Beine von Eisen’, denn die Militärmacht Anglo-Amerika zermalmte feindliche Heere und setzte dabei zum erstenmal in einem Krieg Atomwaffen ein. Damit kommen wir zum untersten Teil des riesenhaften Bildes. Auch er stellt noch die anglo-amerikanische Weltmacht dar, doch weist er eine Schwäche auf. Die Füße und Zehen haben die volle mit Eisen zu vergleichende Stärke der Beine verloren, denn sie sind „teils von Eisen und teils von geformtem Ton“. Daniel gibt dazu folgende Erklärung: „Daß du Eisen mit feuchtem Ton vermischt erblickt hast: Sie werden schließlich mit der Nachkommenschaft der Menschen vermischt sein; aber sie werden sicherlich nicht aneinanderhaften, dieses an jenem, so, wie sich Eisen nicht mit geformtem Ton vermischt“ (Dan 2:33, 43). Bedeutet das, daß die heutigen sozialistischen und kommunistischen Herrscher zu einer Weltmacht werden? Nein, denn die biblische Prophezeiung deutet an, daß diese aus dem Volk hervorgegangenen Elemente nie zur Weltherrschaft gelangen werden. Der letzte Teil des schrecklichen Bildes, der im Laufe der Zeit in Erscheinung tritt, besteht auch noch größtenteils aus Eisen. Es ist immer noch die Weltmacht, die aus dem Heiligen Römischen Reich hervorgegangen ist. Aber diese eisenähnliche Macht wird am Ende des Zeitalters geschwächt durch das Eindringen eines weichen, tonähnlichen Elements — einer Bewegung, die das Volk durch Gewerkschaften, Protestaktionen und dergleichen zu einer größeren Mitsprache aufruft. Die „Nachkommenschaft der Menschen“, der sogenannte einfache Mann, strebt nach dem Mitspracherecht. Das ist heute nicht nur in den westeuropäischen Ländern allgemein zu beobachten, die einst zum Heiligen Römischen Reich gehörten, sondern vor allem im Bereich der anglo-amerikanischen Weltmacht. Das Bummeln bei der Arbeit, Streiks und Unruhen in der Arbeiterschaft haben hier die Regierungsgewalt, die einst mit „Eisen“ zu vergleichen war, weitgehend geschwächt. In dem Kampf der Arbeiterschaft gegen das Kapital versucht die „Nachkommenschaft der Menschen“, Arbeitsweise und Lebensstandard zu bestimmen. Hat dies zu einer Festigung des Verhältnisses zwischen Arbeiterschaft und Regierung geführt? Gottes Wort antwortet darauf: „Sie werden sicherlich nicht aneinanderhaften.“
Wachtturm 15.August 1980
Was wird durch „die Füße und die Zehen“ des in Daniel 2:31-45 beschriebenen „riesenhaften Bildes“ dargestellt? Diese Prophezeiung wurde von dem Einen inspiriert, „der ein Offenbarer von Geheimnissen ist“, dem großen Souveränen Herrn Jehova selbst, und sie erreicht ihren Höhepunkt im „Schlußteil der Tage“, wenn die Streitfrage der Weltherrschaft ein für allemal geklärt werden wird (Daniel 2:28). Vom Beginn der „Zeiten der Nationen“ im Jahre 607 v. u. Z. bis in unsere Zeit hat es eine Aufeinanderfolge von Weltmächten gegeben, beginnend mit dem babylonischen Imperium und fortgesetzt durch das medo-persische, griechische, römische und anglo-amerikanische Weltreich. Sie werden durch die metallischen Teile des Bildes dargestellt (Lukas 21:24). Doch am Ende der Zeiten der Nationen im Jahre 1914 ist eine Mischung verschiedener Arten von Menschenherrschaft auf der Erde entstanden (Matthäus 24:3-12). Der gewöhnliche Mensch (die aus dem Staub des Erdbodens gebildete „Nachkommenschaft der Menschen“) nimmt größeren Einfluß auf Regierungsangelegenheiten. Sozialistische und demokratische Regierungen sind in den Vordergrund getreten zusammen mit eisenähnlichen bedrückenden Regierungsformen. Sie sind wie das „Eisen mit feuchtem Ton vermischt“, woraus die Füße und die Zehen des Bildes bestehen. Über die zehn „Zehen“ sind schon verschiedene Ansichten geäußert worden. Da jedoch die Zahl Zehn in der Bibel häufig gebraucht wird, um Vollständigkeit in bezug auf irdische Dinge anzuzeigen, scheinen die „Zehen“ logischerweise das gesamte globale Herrschaftssystem am Höhepunkt der Tage darzustellen. An die Füße und Zehen dieses Bildes schlägt Gottes Königreich und zermalmt die letzten Ausdrucksformen der Menschenherrschaft zu Staub. Wie glücklich wir doch sein können, daß die durch Frieden und Wohlfahrt gekennzeichnete Herrschaft des Königreiches Christi dann die ganze Erde erfüllen wird! (Matthäus 6:9, 10; vergleiche Jesaja 11:1, 9).
Wachtturm 1.August 1985
EIN ZERBRECHLICHES GEMISCH Daniel erklärte Nebukadnezar als nächstes: „Daß du die Füße und die Zehen teils aus geformtem Töpferton und teils aus Eisen bestehend sahst: Das Königreich selbst wird sich als geteilt erweisen, aber etwas von der Härte des Eisens wird offenbar in ihm sein, da du ja das Eisen mit feuchtem Ton vermischt erblickt hast. Und was die Fußzehen betrifft, die teils aus Eisen und teils aus geformtem Ton waren: Das Königreich wird sich teils als stark erweisen und wird sich teils als zerbrechlich erweisen. Daß du Eisen mit feuchtem Ton vermischt erblickt hast: Sie werden schließlich mit der Nachkommenschaft der Menschen vermischt sein; aber sie werden sicherlich nicht aneinanderhaften, dieses an jenem, so wie sich Eisen nicht mit geformtem Ton vermischt“ (Daniel 2:41-43). Die aufeinanderfolgenden Weltmächte wurden durch die verschiedenen Teile des Standbildes in Nebukadnezars Traum dargestellt, beginnend mit dem Kopf bis hin zu den Füßen. Logischerweise stellten die Füße und Zehen aus ‘Eisen, vermischt mit feuchtem Ton’, die letzte Ausdrucksform der Menschenherrschaft in der „Zeit des Endes“ dar (Daniel 12:4). Bei Anbruch des 20. Jahrhunderts herrschte das Britische Reich über ein Viertel der Erdbevölkerung. Andere europäische Reiche übten über weitere Millionen von Menschen Herrschaft aus. Doch nach dem Ersten Weltkrieg traten an die Stelle der Reiche mehrere Nationalstaaten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigte sich diese Entwicklung. Mit dem weiter wachsenden Nationalismus stieg die Zahl der Nationalstaaten in der Welt drastisch an. Die zehn Zehen des Standbildes stellen alle diese nebeneinander bestehenden Mächte und Staaten dar, denn in der Bibel bedeutet die Zahl Zehn mitunter irdische Vollständigkeit. (Vergleiche 2 Mose 34: 28; Matthäus 25:1; Offenbarung 2:10.) Heute, in der „Zeit des Endes“, haben wir es mit den Füßen des Standbildes zu tun. Einige der Regierungen, die durch die Füße und Zehen aus Eisen, vermischt mit Ton, dargestellt wurden, haben sich wie Eisen erwiesen — autoritär und tyrannisch. Andere gleichen Ton. In welcher Hinsicht? Daniel brachte den Ton mit der „Nachkommenschaft der Menschen“ in Verbindung (Daniel 2:43). Trotz der Zerbrechlichkeit von Ton, aus dem die „Nachkommenschaft der Menschen“ gemacht ist, sehen sich die traditionellen eisenähnlichen Herrschaftssysteme gezwungen, immer mehr auf das gewöhnliche Volk zu hören, das in den Regierungen, die Herrschaftsgewalt ausüben, ein Wort mitreden möchte (Hiob 10:9). Doch die autoritäre Herrschaft und das gewöhnliche Volk bilden keine feste Verbindung — genausowenig wie Eisen und Ton. Zu der Zeit, wo das Standbild verschwindet, wird die Welt auf jeden Fall politisch zersplittert sein.
Die Prophezeiung Daniels — Achte darauf! 2009
Der Ton, mit dem das Eisen vermischt wurde, stellt Elemente innerhalb des Einflussbereichs der „eisernen“ angloamerikanischen Weltmacht dar. Sie würde gern mehr Stärke entfalten, aber der „Ton“ hat ihr das im Lauf der Zeit schwer gemacht.
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