Sorgenkind? – von wegen…

Tja, so kann der erste Eindruck täuschen *schäm*

Da ja bekanntlich die Haubentaucher „meine liebsten Kinder“ sind, beobachte ich diese ganz besonders – mit einem kleinen Fernglas, was sehr interessant ist.

Wie schon erwähnt, haben die Haubentaucher unter der Hängeweide Küken, von denen noch 2 leben. Kurioserweise ist das eine von beiden doppelt so groß wie das andere und wie das so ist, macht man sich ja Sorgen um den kleinsten, schwächsten der beiden:

Geschwister

einige Tage nach dieser Aufnahme haben wir beobachtet, wie ein Elterntier einem der Küken Tauchunterricht gab. Das zweite Elterntier blieb mit dem Kleinsten unter der Hängeweide, immer wieder nach Nahrung tauchend, wobei das Kleine immer wieder fiepend nach der Mutter Ausschau hielt. Sobald diese wieder auftauchte, legte das Kleine einen Turbogang ein, der schon witzig war. Allerdings ließ dies die Mutter scheinbar völlig unbeeindruckt, denn sie duckte jedes mal ab, sobald das Küken in ihre Nähe kam.

Was war denn hier los? Ich machte mir doch schon genug Sorgen um das arme unterentwickelte Kleine. Hatte die Mutter es verstoßen und keine Lust mehr, es zu füttern, da sie es eh nicht durchbekommen und das daher eh vergebliche Liebesmühe gewesen wäre? Sagte sie hier immer wieder zu dem Kleinen „du bist nun alt genug. Sieh her: so wie ich musst du es machen. Tauch nach dem Futter und fress, was du fängst“ und das Kleine sagte „ich kann nicht“, Antwort der Mutter „wenn du nicht willst, dann musst du sehen, wo du bleibst“.?

Thom meinte, es sähe eher wie eine Art Spiel aus – aber das konnte mich nicht wirklich beunruhigen. Einige Tage später fiel auf, dass das Kleine ständig allein in der Nähe der Fontaine war, weit und breit von den anderen keine Spur. Wurde das arme Kleine hier gemobbt? Wieder etwas später beobachteten wir die gesamte Familie in merkwürdiger Zusammenstellung: das größere nah zwischen den Elterntieren – das ganz kleine in ziemlich großer Entfernung. Ach, das Arme. Wie konnten die nur so herzlos sein und das hilflose Ding mobben?

Heute dann die Wende: bei genauerer Beobachtung stellte sich heraus, dass nicht die anderen das „arme Kleine“ mobben, sondern dass das Kleine selbst es war, das sich immer wieder absonderte, nicht mitmachte bei dem, was in der Familie gerade angesagt war. Immer wieder „ging es seine eigenen Wege“. Wen verwundert es da, wenn die anderen sich nicht weiter darüber aufregen, sondern sich sagen „wer nicht will, der hat schon.“?

Tja, so kann der erste Eindruck wohl mächtig täuschen…

Ein Kommentar

  1. Jule sagt:

    das erinnert mich irgendwie an eine Geschichte, die mein großer Bruder Ralf mal erlebt hat, als wir noch im Grundschulalter waren. In seiner Klasse war Bodo, ein Junge aus einem sozialschwachen Umfeld. Da Bodo bereits im Kindergarten mit dem Rauchen angefangen hatte, war er körperlich nicht so weit entwickelt, wie die anderen Jungs in seiner Klasse. Aber das machte er mit Einschüchterung und körperlicher Gewalt wieder wett.

    Ralf hat von jeher Gewalt verabscheut und sich daher niemals gewehrt. Ich kann mich noch an Abende in der Familie erinnern, wo mein Vater ihn trainierte, sich zu wehren, indem er versuchte, ihm das Boxen beizubringen. Aber immer wieder ohne Erfolg. Mein Bruder verabscheute jegliche Gewalt und wehrte sich nicht.

    Eines Tages im Winter, wir waren gerade auf dem nahegelegenen Ruppenteich Schlittschuhlaufen, als Bodo wieder mit seinen Kumpels ankam und anfing, meinen Bruder einzuschüchtern und verprügeln wollte. An diesem Tag reichte es Ralf und er wehrte sich. Sicherlich war er selbst mehr erstaunt darüber, als die anderen dabei stehenden Kinder.

    Just in diesem Moment kam ein älteres Ehepaar auf seinem Spaziergang daher, sah, wie Ralf sich wehrte und deutete die Zeichen völlig falsch. Sie packten meinen Bruder am Schlafittchen und schimpften „wie kannst du dich nur an so einem kleinen Jungen vergreifen. Schlag dich doch mit deinesgleichen, Jungs, die so alt sind wie du“. Sie ließen einen völlig verdatterten Jungen zurück, völlig erschrocken darüber, dass er sich erstmals in seinem Leben überhaupt gewehrt hatte – und zudem zurechtgewiesen wurde.

    Mein Bruder hat sich nie mehr gewehrt. Er gehörte später mit zu denen, die den Kriegsdienst verweigerten, obwohl damals noch nervenaufreibende Gerichtsprozesse dazu nötig waren. Mein jüngerer Bruder hatte es – nur 4 Jahre später – da viel einfacher. Er musste nur sagen, dass er lieber Zivildienst macht und gut war.

    Aber an diese Geschichte musste ich denken, als ich von dem „armen gemobbten hilflosen kleinen Haubentaucher“ hier berichtet habe…

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