Sind Fische stumm und taub?

Haben Tiere Gefühle? Nicht erstaunt, aber doch interessant das, was heute bei wissenschaft.de zu lesen ist:

Raubfische überhört

Zu viel Kohlendioxid macht Fische taub

Fische in saurem Wasser hören ihre Feinde nicht mehr: Diesen seltsam anmutenden Zusammenhang hat jetzt ein internationales Forscherteam an jungen Clownfischen festgestellt. Hintergrund: Kohlendioxid in der Atmosphäre sorgt nicht nur für den Treibhauseffekt, sondern löst sich auch im Meerwasser und macht es dadurch sauer. Für ihre Studie zogen die Wissenschaftler Versuchstiere unter Wasserbedingungen auf, wie sie nach Berechnungen Mitte und Ende des Jahrhunderts in den Weltmeeren herrschen werden. Diese Fische zeigten den Ergebnissen zufolge keine Fluchtreaktionen auf Unterwassergeräusche, die von Raubfischen stammen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass ein hoher Kohlendioxidgehalt den Geruchsinn von Fischen beeinträchtigt. Die neuen Ergebnisse der Forscher um Stephen Simpson von der University of Bristol lassen nun vermuten, dass niedrige PH-Werte die Entwicklung des Sinnessystems der Fische generell schädigt.

Wie wichtig der Hör-Sinn für Fische ist, erklärt Friedrich Ladich von der Universität Wien: „Sie sind weder taub noch stumm, wie viele glauben“, betont er. Tatsächlich wird unter Wasser gequietscht, gegrunzt und geknurrt. „Die Ohren der Fische sind den unseren sogar prinzipiell ähnlich“, sagt Ladich, „nur Ohrmuscheln haben sie eben keine.“ Im Prinzip müsse man sich die Lautkulisse unter Wasser ganz ähnlich vorstellen wie über Wasser, so Ladich. Auch Fische nutzen Laute, um ihr Revier zu verteidigen, Partner anzulocken oder eben Feinde zu erkennen.

Für ihre Untersuchungen hatten die Forscher einen Teil der Clownfisch-Babys zur Kontrolle unter heutigen Bedingungen aufgezogen. Bei den anderen Versuchsgruppen wurde dem Wasser dagegen soviel Kohlendioxid zugefügt, bis das errechnete Niveau für 2050 und 2100 erreicht war. „Für die Verhaltensuntersuchungen nutzten wir ein Unterwasser-Lautsprechersystem in den Labor-Aquarien“, erklärt Simpson. Damit beschallten die Wissenschaftler die Fische aller Versuchsgruppen mit den typischen Geräuschen eines von Raubfischen bevölkerten Korallenriffs.

„Unter heutigen Bedingungen aufgezogene Fische schwammen weg vom Raubfisch-Geräusch“, berichtet Simpson. „Doch Clownfische, die mit dem Kohlendioxidgehalt von 2050 und 2100 aufgewachsenen waren, zeigten diese Reaktion nicht“, so der Biologe.

Wie gut Fische in der Lage sind, sich an neue Umweltbedingungen anzupassen, sei nicht bekannt, sagt Simpson. Im Vordergrund der öffentlichen Diskussion stehen zwar die Effekte auf das Klima, doch die Studie zeige, dass „die steigenden Kohlendioxid-Werte auch auf die Lebensgemeinschaften im Meer verheerende Wirkungen haben können“.

Stephen Simpson von der University of Bristol et al.: „Biology Letters“, doi:10.1098/rsbl.2011.0293

wissenschaft.de – Martin Vieweg

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