Monat: Juli 2021

„sei das Zentrum“

Aber ich nehme keine Rücksicht auf mein Leben, als teuer für mich selbst, auf daß ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes.
Elberfelder 1871 – Apg 20,24

Doch was liegt schon an meinem Leben! Wichtig ist nur, dass ich bis zum Schluss den Auftrag erfülle, den mir Jesus, der Herr, übertragen hat: die Gute Nachricht zu verkünden, dass Gott sich über die Menschen erbarmt hat.
Gute Nachricht Bibel – Apostelgeschichte 20,24

Doch es liegt mir nichts an meinem Leben; mein persönliches Ergehen hat keinerlei Bedeutung. Wichtig ist nur, dass ich das Ziel meines Laufes erreiche und den Auftrag voll und ganz erfülle, den ich von Jesus, dem Herrn, erhalten habe – den Auftrag, allen Menschen die gute Nachricht von Gottes Gnade zu bringen.
Neue Genfer Übersetzung – Apg 20:24

Mein Leben ist dabei echt egal, solange ich es hinkriege, die Order, die Jesus Christus mir gegeben hat, auszuführen. Er will nämlich von mir, dass ich die gute Nachricht davon verbreite, dass Gott alle Menschen wahnsinnig liebt und ihnen ihre Schuld verzeihen will.
VolxBibel – Apostelgeschichte 20:24

Wie schnell singt man in der Gemeinde ein Lied wie „Jesus, sei mein Zentrum“, vergißt dann aber schnell wieder das, was man gerade gesungen hat?
Nicht so Paulus!

Trotz der Tatsache, dass er wusste, dass etwas passieren würde, traf Paulus in Vers 24 eine Entscheidung: „Aber ich halte mein Leben nicht für wertvoll, damit ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, um das Evangelium der Gnade Gottes zu bezeugen.

Für Paulus hatte die Erhaltung seines Lebens keine Priorität. Sein Ziel war es, seine Berufung vor dem Herrn zu erfüllen. Sein Ziel war es, sein Lebenswerk zu vollenden (2. Tim. 4,7) und die besondere Berufung, die er von dem Herrn Jesus erhalten hatte, was eine Anspielung auf seine Berufung auf der Straße nach Damaskus ist (1. Tim. 1,12). Er wollte [von] dem Evangelium der Gnade Gottes Zeugnis geben. Er war berufen worden, das Evangelium zuerst den Juden und dann auch den Griechen zu verkündigen (Röm. 1,16). Das Evangelium, das er predigte, war das Evangelium der Gnade Gottes. Seine besondere Berufung erforderte diese Reise nach Jerusalem.

Arnold Fruchtenbaum – Die dritte Missionsreise

Der Apostel bemüht sich nicht, sein Leben zu erhalten; er hat es in den Dienst des Herrn gestellt und hält es nur so lange für kostbar, als er diesem zu seinem Werk brauchbar ist.

Für ihn ist nur eins wichtig, nicht aus der Rennbahn auszutreten, nicht vor dem Ziel den Lauf aufzugeben, sondern seine ganze Kraft daran zu setzen, dass er das vom Herrn ihm gesteckte Ziel erreiche. Den Lauf vollenden heißt, den Dienst zum Ende führen, den er vom Herrn bekam, als er zum Zeugen der Botschaft bestellt wurde, durch die sich die Gnade Gottes der Menschheit offenbart. Dazu gehört auch der Besuch in Jerusalem; dorthin hat Jesus seine Boten gestellt, und Paulus kann davon für seine Person keine Ausnahme machen. Er wäre nicht mehr der Apostel Jesu, weigerte er sich, das Evangelium in Jerusalem zu vertreten, etwa der Bande wegen, in die ihn sein Dienst dort bringt.

Für die Gemeinden, unter denen Paulus in den letzten Jahren gearbeitet hat, ergibt sich daraus, dass er jetzt für immer von ihnen Abschied nimmt.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Hinter der Wendung »den Lauf vollenden« stehen Metaphern aus dem Sport, wie sie vor allem Philosophen gern gebrauchten, wenn sie ihre Sendung beschrieben.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Der Apostel kannte keine Rücksicht auf sein Leben; selbst der Tod als Folge seines Weges konnte ihn nicht schrecken. Später konnte er den Philippern schreiben, daß es ihnen „in bezug auf Christum geschenkt worden“ sei, „nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden“ (Phil 1,29). Und er selbst war wohl mehr als irgendeiner in der Lage, sich in seinen Leiden für die Heiligen zu freuen und die „Drangsale des Christus für seinen Leib, das ist die Versammlung“ (natürlich nicht Christi sühnende Leiden), in seinem Fleische zu ergänzen (Kol 1,24). Hätte der Apostel Rücksicht auf sein Leben genommen, dann, so war er überzeugt, hätte er seinen Lauf und den vom Herrn Jesus empfangenen Dienst nicht in der rechten Weise „vollenden“ können. – Sind auch wir bereit, für unseren Herrn und die Seinen zu leiden und unseren Weg zu Seiner Ehre zu gehen und zu beenden, „hinschauend auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Heb 12,2)?
Der Dienst des Apostels bestand vornehmlich darin, das Evangelium der Gnade Gottes zu bezeugen. Das war mehr als die Bezeugung der Buße zu Gott und des Glaubens an unseren Herrn Jesus Christus (V. 21). Unter den Bezeichnungen für das Evangelium im Neuen Testament und auch in den Schriften des Apostels ist die hier gebrauchte wohl eine der umfassendsten und auch die, die in besonderer Weise der Erfahrung und dem Herzen des Apostels entsprach. Wenn auch der Herr Jesus – wie in anderen Bezeichnungen – hier nicht genannt wird, so werden Seine Person und Sein Werk doch durchaus vorausgesetzt, denn in wem und durch wen kann Gottes Gnade ausstrahlen außer in Ihm oder durch Ihn?

Ermunterung und Ermahnung 1989

Wie weit sind diese Sätze vom Denken unserer Zeit entfernt! Für Paulus war das Leben tatsächlich nicht das höchste Gut. Er stellte sich selbst nicht an die Spitze der »Wertepyramide«. Das konnte er, weil in ihm (und später bis in die Neuzeit, bis ins 18. /19. Jahrhundert hinein) noch die Hoffnung auf das ewige Leben höher rangierte als der Wert, den er diesem irdischen Leben beimaß. Aber mit zunehmender Hochschätzung des Individuums, also faktisch seit dem Zeitalter der Aufklärung, ging ein Verlust an Jenseitshoffnung Hand in Hand, der zwangsläufig dazu führen musste, alles mögliche Gute in das diesseitige Leben hineinzulegen. Christliches Reden von der »anderen Welt« hat für allzu viele unserer Zeitgenossen im Windschatten des Philosophen Ludwig Feuerbach immer gleich den Klang nach Wunschdenken und Weltflucht bei sich. Ob es uns gelingt zu zeigen, dass wir Christen noch mit beiden Füßen auf dieser Erde stehen und gerade deshalb die Hoffnung auf Gottes Welt verkünden?

In einem anderen Sinn hat damit die Bereitschaft zum Einsatz des Lebens neu Raum gewonnen: Heute opfert man sein Leben für den Fortbestand der Firma, für den persönlichen Profit und die Verbesserung der sog. »Lebensqualität«, zu deren Gunsten man sogar auf »Lebensquantität« (= Lebenslänge) zu verzichten bereit ist.

Für Paulus war klar: Er würde sein Leben (qualitativ und quantitativ!) für seinen Auftrag in die Waagschale werfen. »Wenn ich nur meinen Lauf vollenden kann und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe«, sagt er. Die Demut des Werkzeugs spricht aus diesen Worten. Mehr wollte der Apostel nicht sein als Gottes brauchbares Werkzeug. Von »Selbstverwirklichung« wusste er noch nichts. Gleich bei seiner Berufung wurde ihm das Leiden um Jesu willen verordnet (Apg 9,16). Aber auch seinen Lebensauftrag erhielt er damals in Damaskus, den er hier mit einem Wettlauf vergleicht, nämlich »vor allen Menschen Zeuge zu sein« (Apg 22,15). Der Auftragsempfang lässt sich somit in seinem Leben genau festmachen. Noch genauer beschreibt der Apostel ihn Apg 26,17ff., wo unausgesprochen auch das »Evangelium von der Gnade Gottes« (V. 24) eingeschlossen ist. In seiner Rede an die Gemeindeleiter von Ephesus, so liest man manchmal, sei Paulus am »paulinischsten« in der Apg. Die Erlösung des Menschen durch die Gnade Gottes, die durch den Opfertod Christi am Kreuz zu Stande kommt und von der Paulus in seinen Briefen an vielen Stellen schreibt, tritt hier hervor.

Gerhard Maier – Edition C

Keines Wortes wert halte ich mein Leben für mich selbst, damit ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich empfing von dem Herrn Jesus.“ Im Bild des „Laufs zum Ziel“ hat Paulus die Existenz des Christen vielfach gesehen (1 Kor 9,24-27; Phil 3,13-14; 2 Tim 4,7); mit tiefem Ernst lag ihm am „Vollenden“ des Laufes bis zum Ziel. Und der „Dienst“ war ihm nicht lästige Pflicht, sondern der Ausdruck staunenswerter Gnade, die er von seinem Herrn „empfangen“ (1 Tim 1,12.13; 2 Kor 4,1) hat – Sehen wir alle, die wir das Glück haben, unser Leben ungeteilt der Verkündigung des Evangeliums widmen zu dürfen, unsern Dienst auch so an? – . Dieser Dienst ist in aller Vielseitigkeit seiner Ausrichtung doch nur ein einziger: „zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes.“ Dass dieser anvertraute Dienst ausgerichtet wird, an dem das ewige Leben von Menschen hängt, darauf allein kommt es an. Das persönliche Lebensschicksal ist der Größe und Wichtigkeit dieses Dienstes gegenüber „keines Wortes wert“. Es hat für Paulus keinen Wert in sich selber erhalten unter Beeinträchtigung seines Dienstes. Hier ist das Wort Jesu Mk 8,35 in echter Weise und nicht als „christliche Moral“ erfüllt.

Wuppertaler Studienbibel

Wenn ich ein Leben MIT Christus führe, wenn ER das Zentrum sein soll, dann kann man dies in all meinen Handlungen und Entscheidungen sehen! Dann geht es nicht um mich, meine, mir, sondern um IHN!

zuerst Mirjam Magdalit

Maria Magdalene kommt und verkündet den Jüngern, daß sie den Herrn gesehen, und er dies zu ihr gesagt habe.
Elberfelder 1871 – Joh 20,18

Da ging Maria aus Magdala zu den Jüngern zurück. »Ich habe den Herrn gesehen!«, verkündete sie und erzählte ihnen, was er zu ihr gesagt hatte.
Neue Genfer – Johannes 20,18

Maria Magdalena rannte sofort zu seinen Freunden und erzählte denen brühwarm, was sie gerade erlebt hatte: „Leute, ich hab gerade Jesus getroffen!“ Dann sagte sie ihnen, was er ihr aufgetragen hatte.
VolxBibel – Joh 20:18

Mit diesem Vers schließt der erste Auferstehungsbericht des Johannesevangeliums.

Zweierlei ist hier bemerkenswert. Erstens der Gehorsam der Maria. »Sie verkündet den Jüngern« das, was »er ihr gesagt habe.«

Dass die »Brüder« von V. 17 tatsächlich »die Jünger« sind, wird noch einmal bestätigt. Zweitens ist bemerkenswert, dass Maria sagt: »Ich habe den Herrn gesehen«. »Der Herr« ist eindeutig Jesus. »Ich habe gesehen« ist ein schlichter Ausdruck für das Zeugnis, das Maria ablegt. Hier werden keine weitschweifigen Erklärungen abgegeben. Wir kommen nicht in eine Märchenwelt. Hier spricht die Realität. Aber mit dieser schlichten Aussage: »Ich habe den Herrn gesehen« beginnt eine neue Welt. Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort. Jesus hat ihn überwunden. Jesus ist auferstanden. Kein Grab, kein Hoher Rat, kein Pilatus und keine Römermacht konnte dies verhindern. Damit ist zugleich eine ganze Kette von Auferstehungen eingeleitet (1 Kor 15,21ff.; Offb 20), wie es das Osterlied beschreibt: »Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken?« (EKG 89, 1). Vgl. Mk 16,10.

Gerhard Maier – Edition C

Jesus hat mit ernster und doch zarter Liebe Maria aus einer falschen Stellung zu ihm gerissen und in ein neues Leben gestellt, das der neuen Lage seit Kreuz und Auferstehung entspricht. Maria hört und gehorcht. „Maria von Magdala kommt und bringt den Jüngern die Botschaft: Ich habe den Herrn gesehen, und dies habe er ihr gesagt.“ Nun ist an ihr erfüllt, was Jesus seinen Aposteln in Joh 14,21;15,10 gesagt hatte: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt.“ Nicht in stürmischen Gefühlen, nicht in äußeren Berührungen und Huldigungen, sondern in der Erfüllung seiner Sendung lebt die echte Liebe zu Jesus.

Wuppertaler Studienbibel

Nachdem die beiden Jünger den Grabbereich verlassen hatten, kehrte Mirjam zurück, immer noch in der Annahme, dass der Leichnam entfernt worden war. Markus hielt es für wichtig, hinzuzufügen, dass sie diejenige war, die von sieben Dämonen geplagt worden war und die der Herr befreit hatte (Mk. 16,9). Als sie zum Grab zurückkam, sah sie zwei Engel, erkannte sie aber nicht als solche, da sie als junge Männer erschienen (Mk. 16,5; Joh. 20,11-12). Als die Engel fragten: „Frau, warum weinst du? (Joh 20,13a), offenbarte sie ihren Glauben: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben (Joh 20,13b).

Jeschuas auferstandener Körper
Als Jeschua ihr erschien, erkannte sie ihn nicht sofort (Joh. 20:14). Er stellte ihr die gleiche Frage: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du? (Joh. 20:15a). Sie nahm an, dass er der Gärtner war und daher wahrscheinlich derjenige, der den Leichnam weggebracht hatte. Sie fragte: Herr, wenn du ihn weggetragen hast, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast, und ich will ihn wegnehmen (Joh 20,15b). Jeschua rief sie dann beim Namen, und vielleicht war etwas in seinem Tonfall oder die Art, wie er ihren Namen aussprach, vertraut, denn an diesem Punkt erkannte sie ihn schließlich und rief ihn auf Hebräisch an: Rabboni (Joh 20,16), was „mein Rabbi“, „mein Lehrer“ bedeutet. Diese Verzögerung beim Erkennen trat bei mehreren der Erscheinungen nach der Auferstehung auf. Ein Grund dafür ist, dass sich sein auferstandener Körper so sehr verändert hatte, dass eine Identifizierung nicht sofort möglich war. Allerdings blieben genug Dinge gleich, so dass diejenigen, die ihn sahen, ihn schließlich erkannten. Miriam erkannte Jeschua an der Art, wie Er ihren Namen nannte. Das könnte bedeuten, dass der Tenor Seiner Stimme derselbe blieb. Einige Dinge änderten sich, aber andere blieben gleich.

Beachten Sie, dass die erste Erscheinung des auferstandenen Messias einer Frau galt, nicht einem Mann. Das war bedeutsam, denn nach jüdischem Gesetz konnten Frauen nicht als Zeugen dienen. Die zwei oder drei Zeugen, die in einem Gericht notwendig waren, mussten Männer sein, niemals Frauen, da das Zeugnis einer Frau nicht als gültig angesehen wurde:

R. Eliezer und R. Joshua sagen: Sie dürfen nicht zulassen, daß eine Frau aufgrund des Zeugnisses eines einzigen Zeugen wieder verheiratet wird. R. Akiba sagt: Weder auf das Zeugnis eines Weibes (noch eines Sklaven oder einer Sklavin) noch von Verwandten.

„So haben wir gelernt, dass eine Frau nicht vor Gericht urteilt oder Zeugnis ablegt.“

R. Jakob bar Zabedi, R. Abahu im Namen von R. Yoḥanan: „Einer Frau ist es erlaubt, zu bezeugen: ‚Ich habe entbunden‘ oder ‚Ich habe nicht entbunden.‘ Aber es ist ihr nicht erlaubt, zu bezeugen: ‚Es ist männlich‘ oder ‚Es ist weiblich‘.“

Aber das Zeugnis der Frauen soll nicht zugelassen werden, wegen der Leichtfertigkeit und Kühnheit ihres Geschlechts.

Es gab jedoch auch sehr seltene Ausnahmen:

Sagte R. Ammi zu R. Aschi: Aber die Schule von Menasseh lehrte: Ein Zeuge, der bezeugt, was er von einem anderen Zeugen gehört hat, ist gültig bei einem Zeugnis, das eine Frau allein betrifft… – Sprich: Nur bei einem Zeugnis, bei dem eine Frau gültig ist…

(2) Eine Frau ist nur in bestimmten Angelegenheiten ein gültiger Zeuge, wozu auch der Makel eines Erstlings gehört, und auch in diesen ist Hörensagen zulässig.

Diejenigen, die nicht glauben, dass Jeschua von den Toten auferstanden ist, behaupten oft, dass die Evangelien erfunden sind. Wenn das wahr wäre, dann war es eine jüdische Erfindung, denn die Apostel waren alle Juden. Allerdings hätten sie die Geschichte nicht so fabriziert. Sie hätten versucht, sie so glaubhaft und akzeptabel wie möglich für ihr Publikum zu machen, indem sie sicherstellten, dass alle Zeugen Männer waren, keine Frauen. Aber sie mussten es so berichten, wie es wirklich passiert ist, mit einer Frau als erste Zeugin der Auferstehung. Diese Tatsache ist ein starkes Argument für die Authentizität des Auferstehungsberichts.

Arnold Fruchtenbaum . Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive


Christus oder Gemeinde

Denn Gott gefiel es,
in ihm die ganze Fülle des Heils
Wohnung nehmen zu lassen.
Durch ihn wollte Gott alles versöhnen
und zu neuer, heilvoller Einheit verbinden.
Alles, was gegeneinander streitet,
wollte er zur Einheit zusammenführen,
Gute Nachricht Bibel 2000 – Kol 1,19–20

Denn es war (Gottes) Ratschluß, in ihm die ganze Fülle wohnen zu lassen 20 und durch ihn alles (= die ganze Welt) mit sich* zu versöhnen – nachdem er durch sein am Kreuz vergossenes Blut Frieden gestiftet hat –, durch ihn (zu versöhnen) sowohl das, was auf der Erde, als auch das, was in den Himmeln ist.
Menge 2003 – Kolosser 1:19–20

Denn es hat Gott gefallen, in ihm die ganze Fülle wohnen zu lassen. 20 Durch ihn und für ihn soll alles auf Erden und in den Himmelswelten wieder versöhnt und mit Gott in Einklang gebracht werden, nachdem er durch sein Blut am Kreuz den Frieden wiederhergestellt hat.
Bruns 2013 – Kolosser 1,19–20

Diesen Vers hatten wir ja schon im November 2022 – also heute ergänzende Punkte.

»Denn es hat Gott wohlgefallen, dass in ihm alle Fülle wohnen sollte«

Bei der Herrlichkeit, Macht und Kraft, die Paulus über Christus rühmt, besteht keine »Konkurrenz« zu Gott dem Vater. Im Griechischen fehlt das Subjekt, aber es ist doch gewiss sinngemäß »Gott« zu ergänzen. Der Vater hat alles »Wohlgefallen« an dem Sohn. »Wohlgefallen« wird von Gott und seinem Willen gebraucht (vgl. Mt 3,17; Lk 12,32; 1Kor 1,21; 10,5; Gal 1,15; 2Petr 1,17; Heb 10,6.8.38). Die ganze Herrlichkeit und Macht des Sohnes ist die Freude des Vaters. Das ist sein Wille, dass in Christus »alle Fülle« da ist. »Fülle« ist für die Griechen ein wichtiges Hauptwort ihrer Religion und Philosophie: Die Fülle beschreibt das Ganze des Göttlichen in seinen verschiedensten Ausprägungen, Religionen und Abstufungen. »Fülle« (wörtlich das »Vollgefüllte«) legt den Gedanken fast zwingend nahe, dass vieles zusammenkommen muss, bis die Fülle, das Vollsein, erreicht wird.

Deshalb ist der Synkretismus, die Religionsvermischung »logische« Konsequenz solchen Denkens. Das ist bis heute ein sich immer mehr ausbreitender Weg, das Göttliche zu erfassen. »Wir glauben doch alle an den gleichen Gott«, so werden volkstümlich entscheidende Differenzen zwischen den Religionen eingeebnet (etwa christlicher Glaube und Islam heute). Damit verfehlen wir aber gerade den biblischen Gott. Die »Fülle« Gottes ist kein Additionsprodukt menschlicher Religionen – diese Gefährdung tragen wohl auch die Irrlehrer in die Gemeinde in Kolossä hinein -, »die Fülle« ist da in Christus und nur da. Dort »wohnt« sie, ist also bleibend, ewig in ihm ausgestattet. Deshalb bezeugen es die Apostel so deutlich, jeder Einebnung und falscher Toleranz entgegentretend: »Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden«, als allein der Name Jesu (Apg 4,12). Die »Fülle« ist damit Beschreibung seines Seins und Wesens und auch seines Wirkens. Jesus sagt: »Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen« (Mt 5,17; vgl. auch Jes 53,11; Lk 4,21; Joh 1,16; Eph 1,23; 4,13; Kol 2,9ff.). Und diese »Fülle«, der ganze Gott, hat sich uns Menschen zugewendet.

Kol 1,20:

»und er durch ihn alles mit sich versöhnte, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.«

Es war und ist das Wohlgefallen Gottes, dass er durch den Christus alles mit sich »versöhnte«. So wird die Christusfülle aktiv, wirksam und handelnd. »Versöhnen«, das griech. Wort, das Paulus hier bewusst gebraucht, ist verstärkend, etwas wiederzugeben in seiner wörtlichen Bedeutung »durch und durch anders machen« oder auch »völlig austauschen«. Gott hat uns durch Christus mit sich selbst »versöhnt«, das ist das Fundament der Neuschöpfung. Gott verändert die Lage des Menschen völlig. Der Mensch lebt in seiner Sünde in Feindschaft, im Kampf gegen Gott. Sein Kampfziel, »zu sein wie Gott«, ist ihm vom Satan betrügerisch eingeflüstert. In Christus beendet Gott den Krieg. Er müsste uns Feinde wegen unserer Sünde töten – doch der Sohn erleidet den Tod für uns: »Durch sein Blut am Kreuz« weist auf dieses geschichtliche Geschehen auf dem Galgenberg vor den Toren der Stadt Jerusalem hin, wo Jesus von Nazareth damals gekreuzigt wurde und qualvoll sein Leben hingab; ganz wirklich: Sein Blut floss von der Dornenkrone und dem zerschlagenen Rücken und aus den Nägelwunden. Paulus entwickelt gewiss keine Lehre; vielmehr bezeugt er Geschichte, Wirklichkeiten, Gottes Geschichte und ihre Bedeutung für uns. Am Kreuz Jesu Christi ist der Krieg zu Ende. Gott bietet uns umfassenden »Frieden« an. Das ist die Versöhnung: Nicht wir konnten Frieden machen, sondern Gott selbst hat das durch Jesus Christus getan. Versöhnung ist Friedensschluss, ist Ende der Feindschaft. »Friede« (wörtlich »Gesagtes, Festgesetztes«) ist das Friedenswort, das Gott in Jesus Christus ausspricht. Es ist biblisch nicht zuerst ein Zustand, sondern eine Setzung Gottes, ein »Machtwort« Gottes, das allem Krieg ein Ende setzt. Gott kämpft nicht mehr verderbend gegen uns Sünder. Er zieht uns zu sich (vgl. 3Mose 23,28; Jes 6,7; Röm 5,10; 2Kor 5,17ff.; Eph 2,16; 1Joh 2,2; 4,10; Heb 2,17).

Versöhnung geschieht nicht vom Menschen aus, dass er Gott etwa durch Opfer oder Werke beruhigen müsste oder könnte. Die Versöhnung, der Friedensschluss, ist ganz und gar Gottes gnädiges Handeln durch Christus. Auch im AT sollte das Blut der Opfer nicht einen beleidigten Gott ruhigstellen, gar einen Blutdürstigen befriedigen, sondern das Blut der Tieropfer führte den reuigen Israeliten vor Augen: Es müsste eigentlich mein Blut fließen, ich müsste meiner Sünden wegen getötet werden, aber Gott erinnert sich gnädig an seinen Bund und macht Frieden mit mir. Paulus hat solche Versöhnung umwerfend an sich selbst erlebt: Der auferstandene Christus rechnet mit seinem erklärten Feind nicht ab. Er bietet ihm Frieden an, ja macht ihn sogar zu seinem Diener und Botschafter der Versöhnung (vgl. 2Kor 5,20). Er darf den geschehenen Friedensschluss weiterrufen und so den Menschen in ihrem selbstzerstörerischen Gotteskrieg bezeugen: Der Krieg ist vorbei. Gott hat Frieden gemacht in und durch Jesus Christus (vgl. Ri 6,24; Ps 29,11; 119,165; Jes 9,5; 27,5; 48,18.22; 53,5; Jer 29,11; Mi 5,4; Lk 2,14; Apg 10,36; Röm 5,1.6ff.; Eph 2,14ff.; Eph 6,15; 2Thess 3,16; Offb 1,4). »Versöhnen«, »völlig anders machen«: Nicht Gott muss anders gemacht werden, sondern er macht durch Christus uns anders. Er nimmt das steinerne Herz weg und gibt das neue Herz jedem, der an Jesus Christus glaubt. Es gilt: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden« (2Kor 5,17).

Die Versöhnung bewirkt bei dem, der sie annimmt, Wiedergeburt, Neugeburt, Bekehrung; sie ist die Neuschöpfung aus dem Nichts (vgl. Jes 66,8; Joh 1,13; 3,3ff.; Röm 4,17; 1Kor 15,48; Gal 6,15; Eph 4,24; Kol 3,10; Tit 3,5; 1Petr 1,3.23; 1Joh 5,1ff.). Die Versöhnung ist Gottes Christuswerk an uns. Gottes Werk, das ist entscheidend wichtig: Gott selbst hat »durch ihn alles mit sich versöhnt«, das entnimmt dieses Geschehen aller menschlichen Wankelmütigkeit. Versöhnung beruht auf Gottes unwandelbarer Treue. Wir müssen nie wieder Angst haben, dass Gott sein Tun zurücknehmen würde. Er tat das in Christus und in ihm sind alle Gottesverheißungen Ja und Amen (vgl. 2Kor 1,20). Die Versöhnung durch Christus ist umfassend: »Alles«, sagt Paulus, und fügt erklärend hinzu: »es sei auf Erden oder im Himmel«. Damit ist die ganze Schöpfung zusammengefasst (vgl. zu V. 16) Es ist aber überzogen, von dieser Aussage eine Lehre von der »Allversöhnung« ableiten zu wollen. Das steht hier nicht, zumal »unter der Erde« nicht erwähnt ist. »Erde« und »Himmel« meint die eine, ursprünglich ganze Schöpfung. Und nirgends in der ganzen Bibel ist von einer »Zwangs«-Versöhnung, von einer »Zwangs«-Wiedergeburt oder -Bekehrung auch nur andeutungsweise die Rede. Es gilt: Glaubst du, so hast du! Oder (wie Paulus schreibt): »Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!« (2Kor 5,20).

Gerhardt Maier – Edition C

19 Denn in Ihm gefiel es Gott, die ganze Fülle wohnen zu lassen (oder: in Ihm beschloß die ganze Fülle Wohnung zu nehmen) A B C

Kol 2,9;Eph 1,23;4,10;Jo 1,16

A) Kol 2,9: Denn in Ihm wohnt die ganze Fülle der GotTheit leibhaftig.

B) Eph 1,23: … die Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt. Eph 4,10: Er, der hinab gestiegen ist, ist derselbe, der hoch über alle Himmel hinaus aufgestiegen ist, um das ganze Weltall zu erfüllen.

C) Jo 1,16: Aus Seiner Fülle haben wir ja alle empfangen, und zwar Gnade über Gnade.

20 und durch Ihn alles zu versöhnen zu Ihm hin, indem Er Frieden machte durch das Blut Seines Kreuzes, durch Ihn, ob es auf der Erde oder in den Himmeln ist. A B C

2 Ko 5,19;Eph 1,7.10;2,13;1 Jo 2,2

A) 2 Ko 5,19: Denn Gott war in Christus und hat die Welt mit Sich versöhnt, indem Er ihnen die Übertretungen nicht anrechnete und in uns das Wort von der Versöhnung niedergelegt hat.

B) Eph 1,7.10: In diesem haben wir die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung unserer Übertretungen, nach dem Reichtum Seiner Gnade. Vers 10: … sobald die Zeiten zum Vollmaß der von Ihm geordneten Entwicklung gelangt wären: Er wollte in Christus als dem Haupt alles einheitlich zusammenfassen, was in den Himmeln und was auf der Erde ist. Eph 2,13: Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr ehedem in der Ferne standet, durch das Blut Christi zu Nahestehenden geworden.

C) 1 Jo 2,2: Und Er ist die Versöhnung für unsere Sünden, aber nicht nur für die unsrigen, sondern auch für die ganze Welt.

Unser Schreiben ist ein echter Brief. Paulus dachte beim Diktieren nicht daran, ein Stück zeitlose „Bibel“ zu schreiben. Er dachte nicht daran, daß 1900 Jahre später Menschen in Deutschland, Amerika oder Australien diese Worte lesen sollten. Die Kolosser hatte er vor Augen und im Herzen. Mit allem, was er von ihnen, gerade auch von ihren Fragen und Schwierigkeiten gehört hatte, war er innerlich beschäftigt. Ihnen wollte er Antwort geben, ihnen über Gefährdungen ihres Glaubenslebens hinweghelfen. Auf ihre innere Lage, auf ihre Probleme geht er ein. Die Kolosser leben in ihrer Zeit und Umwelt. Damals in der ausgehenden Antike gab es wie heute bei uns |177| eine Fülle von „Weltanschauungen“. Wie heute konnte man damals eine Menge weltanschaulicher, philosophisch-religiöser Vorträge hören und Schriften mancher Art lesen. Bestimmte Begriffe und Vorstellungen, Kernworte und oft auch Schlagworte faszinierten die Menschen. Von dem allen waren die Christen in Kolossä nicht unberührt geblieben. Vielleicht waren sie vor ihrer Bekehrung selber suchende Menschen gewesen und trugen von daher manche Fragen und Anschauungen in sich. Oder sie stießen auf die weltanschaulichen Gedankengänge ihrer Zeit, wenn sie mit andern vom Evangelium zu sprechen begannen. Genügte denn vor all diesen Problemen und Anschauungen das „einfache“ Evangelium? Konnte Jesus, in dem ihr Glaube wurzelte, bestehen in diesem Kreuzfeuer der Weltanschauungen? Es gab in der Gemeinde selber offenbar Männer, die diese Frage mit Nein beantworteten und die darum die Jesusbotschaft durch bestimmte Gedankengänge und Vorstellungen der Zeit zu ergänzen und zu „vervollkommnen“ suchten. Darum geht nun Paulus in seinem Brief auf diese Fragen ein. Freilich nicht in Form der Diskussion! Über das Evangelium kann man nicht „diskutieren“! Das errettende Tun des heiligen, lebendigen Gottes kann und darf niemals Gegenstand menschlicher Diskussion sein! Aber er nimmt die Begriffswelt jener Weltanschauungen auf und zeigt den Kolossern, die davon bewegt und beunruhigt waren, in den Worten und Ausdrücken ihrer Umwelt, wie groß Jesus ist: so groß, daß sie auch vor den Weltanschauungsproblemen ihrer Zeit und Welt nichts anderes brauchen als Ihn und in Ihm die lebendige Antwort auf alle ihre Fragen haben.

Ist dann aber nicht dieser Teil des Briefes für uns einigermaßen wertlos geworden? Ist nicht ein echter Brief so zeitbedingt, daß er eigentlich nur seinen ursprünglichen Empfängern verständlich ist |178| und 1900 Jahre später nur noch mit Mühe und unzulänglich verstanden werden kann? Interessiert er nicht höchstens noch den Altertumsforscher, der sich in Jahren eines Gelehrtenlebens jene vergangene Welt einigermaßen rekonstruieren konnte? Müßten nicht auch wir jetzt erst einmal versuchen, uns in die Weltanschauungen jener Zeit hineinzudenken?

Es ist das mit keiner Theorie zu erfassende Wunder der Bibel, daß diese echten, konkret für ganz bestimmte Empfänger in einer ganz bestimmten Lage geschriebenen Briefe dennoch zu Menschen aller Zeiten, aller Völker, aller Klassen und aller Lebenslagen unmittelbar geredet haben und noch reden! Der Kolosserbrief ist auch in diesem unserm Abschnitt gelesen worden im Altertum, im Mittelalter, in der Neuzeit und heute, ist gelesen worden in Europa und in Afrika, von Eskimos und von Indern. Und er ist von ihnen nicht als unverständlich und nutzlos beiseite gelegt worden, sondern hat mit göttlicher Kraft ihnen das rechte Verständnis Jesu erschlossen. Er wird diesen Dienst auch an uns tun, auch wenn wir die Gedankenwelt, in der jene Kolosser lebten, nicht kennen.

Denn auch wir in einer ganz andern weltanschaulichen Lage stehen vor der gleichen Frage, ob denn das „einfache“ Evangelium von Jesus in all den geistigen Problemen, in all dem religiösen Suchen unserer Zeit und Welt genüge. Auch bei uns hat man versucht, dieses Evangelium durch allerlei Zusätze und Erweiterungen, durch philosophische und religiöse Umdeutungen und Umformungen „modern“ und „wirksam“ und „vollkommen“ zu machen. Sollen wir diesen Versuchen folgen, oder dürfen wir es weiter mit freudiger Überzeugung sagen: „Drum auch, Jesu, Du alleine sollst mein ein und alles sein“?

Dann brauchen wir einen großen Jesus! Welch kleinen Jesus haben wir oft. Wie reden wir manchmal vom „lieben Heiland“ so hin, als wäre Er fast unsresgleichen und als wäre Sein Erlösungswerk nur eben eine kleine Freundlichkeit. Welch kleinen Jesus haben wir oft auf den Bildern von Augen, einen Jesus, dem man es nicht zutrauen kann, daß vor Ihm die Dämonen zittern, die Pforten des Totenreichs aufspringen und Sturm und Wogen verstummen! |179| Wer aber ist in Wahrheit Er, „in dem wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden haben“?

Wuppertaler Studienbibel

Was hat es nun zu bedeuten, wenn Paulus Christus als das Haupt der Gemeinde bezeichnet und uns hineinschauen lässt in die ganze Autorität, die er als das Ebenbild des unsichtbaren Gottes besitzt. Paulus bezeichnet mit dem Begriff „Ebenbild“, Christus als Sohn schlechthin. Christus dient seiner Gemeinde in der Autorität des Sohnes, d. h. jenes Sohnes, dem nicht etwa nur [73] die Sohneswürde mit den damit verbundenen Vollmachten übergeben worden ist, Christus ist Sohn auf Grund des inneren Einssein mit dem Vater. Zwar kennt auch er, wie wir aus seinen Erdentagen wissen, einen Abstand zwischen sich und dem Vater. In seinem Dienst stand er in der Abhängigkeit von dem Willen seines Vaters. In seinem Wirken in Vollmacht wusste er sich abhängig von der Salbung seines Vaters. Jesus konnte. sagen, dass er als Sohn nichts von sich selber täte; nur was er den Vater tun sah, das tat auch er als Sohn, Als Ebenbild des unsichtbaren Gottes ist er aber Sohn, wie wir als zur Kindschaft Begnadete nie Söhne werden können.

Christus zur Rechten der Majestät Gottes ist nicht etwa nur als Sohn ernannt worden, sondern er ist der Sohn schlechthin. Darum handelt und wirkt er in der Autorität des Sohnes. Wie leicht lesen wir solche einzelnen Züge in der Person dessen, der das Haupt der Gemeinde ist, ohne die ungeheure Kraft und das wunderbare Evangelium solcher Worte zu erfassen. Der Mensch hat das Ebenbild als Sohn Gottes verloren. Weder in den einzelnen, noch in den Völkern konnte es wiedergefunden werden. Denn je mehr der Mensch sein Leben, sein Heil und seine Zukunft in der Erde und ihren Gütern fand, desto mehr entwickelte er sich in seinem Bilde auch zur Erde hin. Er trug in seiner Geschichte oft weit mehr das Bild des Geschöpfs als das seines Schöpfers. [74]

Da trat Jesus auf den Boden jener Menschheit, die das Bild ihres Vaters verloren hatte. In ihm sah man wieder das Ebenbild Gottes. Durch seinen Fall und durch seine Schuld war der Mensch in einen völlig neuen Zustand getreten. In diesem war es ihm unmöglich, ein Bild seines himmlischen Vaters zu sein. Als jedoch Jesus in unsere Geschichte trat, sah man sowohl in seinem Wirken als Ruhen, sowohl in seiner Liebe als Hingabe, sowohl in seinem Wesen als in seinen Vollmachten wieder ein Bild dieses himmlischen Vaters. „Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Nur er, der Sohn, konnte uns beten lehren: „Geheiligt werde dein Name! Dein Reich komme! Dein Wille geschehe auf Erden, wie er geschieht in den Himmeln!“ Nur er, der Sohn, konnte von jener Sohnschaft Zeugnis ablegen, zu der er verlorene Söhne zurückzuerlösen vermag. Denn er als Sohn hat die Autorität, uns Verirrte und Verlorene zu Söhnen und Töchtern zu erlösen. Als Glieder der Gemeinde Jesu Christi nehmen wir nicht etwa nur eine Knechtsstellung Gott gegenüber ein. Paulus führt in unserem Worte an die Gemeinde in Kolossae aus, dass Gott durch Christus alles mit sich versöhnte, was im Himmel und auf Erden und letzthin auch unter der Erde ist. Es wird mithin auch versöhnte Geschöpfe geben. Gewiss gehören nun auch wir zur Schöpfung, sind Glieder derselben. Durch den Sohn sind wir aber nicht sein erlöstes Geschöpf geworden. Wir sind in unserer neuen Stellung Söhne und Töchter, die in ihrem Umgang mit Gott sprechen: „Abba, Vater!“ Durch Ihn, den Sohn, haben wir nicht den Geist von Knechten empfangen.

Kroeker – Christus, wer bist du

Genau: es ist SEINE Gemeinde, SEINE Kirche – und ER hat alle Macht erhalten! Deshalb sind menschliche Konstrukte so leer und unscheinbar dagegen! Jesu wahre Gemeinde besteht nicht aus einer eingetragenen Gemeinschaft, sondern aus allen wahren Gläubigen, weltweit. Gehöre ich, gehörtst du dazu???


der ewige Gott

Deine Wohnung ist der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme; und er vertreibt vor dir den Feind und spricht: Vertilge!
Elberfelder 1871 – Dtn 33,27

Er, der ewige Gott, breitet seine Arme aus, um euch zu tragen und zu schützen. Er hat eure Feinde besiegt und euch befohlen, sie zu vernichten.
Hoffnung für Alle – Deuteronoium 33,27

Keiner ist wie der Gott (H. El) Jeschuruns, Welcher fährt auf den Himmeln, dir beizustehen, und in Seiner Hoheit auf dem Wolkenhimmel. Ps 18,8f; 68,34f; Jes 18,4.
Die Wohnstätte des Gottes der Vorzeit und unten die Arme der Welt (H. Ewigkeit). Er hat den Feind fortgetrieben vor dir und gesprochen: Vernichte.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 5.Mose 33,26-27

Der Gott, den es immer schon gab, beschützt dich, er nimmt dich in seine Arme und passt auf dich auf. Deine Feinde hat er fertiggemacht, er hat dir gesagt: ,Töte alle!‘
VolxBibel – 5.Mose 33:27

Jeschurun (wörtl.: „der Aufrechte“; vgl. V. 5 ; 5Mo 32,15 ) war ein Name für Israel. Der Gott des Volkes ist an Macht unvergleichlich als der Eine, der auf dem Himmel und den Wolken reitet ( 5Mo 33,26 ). Egal welches Unglück Israel zustoßen würde, der Herr könnte sofort mit seiner Macht da sein, um es zu befreien. Weil Gott ewig und eine Zuflucht für sein Volk ist, würden seine immerwährenden Arme, bildlich gesprochen, Israel in Zeiten von Katastrophen schützen und seinen Feind vernichten (V. 27 ). Da das Volk einen so wunderbaren und mächtigen Gott hatte, konnte es von der Eroberung Kanaans und vom Leben in Sicherheit und Wohlstand überzeugt sein (V. 28 ). Wenn Israel nur seinem unvergleichlichen Gott diente, würde es ein an Segen unvergleichliches Volk (Oh Israel! Wer ist wie du … ?!; gerettet und geschützt von Gott) und für seine Feinde unbesiegbar (V. 29 ) sein.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Die abschließenden Verse feiern die Größe Gottes, die sich darin zeigt, wie er für sein Volk handelt. Der »Gott Jeschuruns« ist einzigartig, indem er »auf den Himmeln einherfährt zu deiner Hilfe«. Millionen sind durch die Worte von Vers 27 gestärkt worden: »Zuflucht ist bei dem alten Gott und unter den ewigen Armen« (Luther 1984). Die Vorhersage von Gottes künftiger Vernichtung der Feinde Israels und die Verheißung von Sicherheit, Frieden, Wohlstand und Sieg beschließen das Lied des Mose.

MacDonald – Kommentar zum Alten Testament

2.1 Es gab nie ein Volk, das so gefestigt oder beschützt war (Vers 27): „Eine Zuflucht ist [dir] der Gott der Urzeit.“ Das Wort Zuflucht bedeutet „Wohnort, an dem du so sicher, geschützt und ruhig bist, wie man sich in seinem eigenen Haus fühlt“. Jeder Israelit ist bei Gott in der Tat zu Hause; die Seele kehrt zu ihm als ihrer Ruhe (Ps 116,7) und ihrem Schutz (Ps 32,7) zurück.
2.2 Nie wurde ein Volk so gehalten und getragen: „Unter dir sind ewige Arme“ (Vers 27). Das ist die allmächtige Kraft Gottes. Der ewige Bund und ewige Trost, die aus ihr kommen, sind wirklich ewige Arme. Sie tragen den Gläubigen und lassen ihn in dunklen Zeiten fröhlich sein. Gottes Gnade genügt für sie (2.Kor 12,9).
2.3 Nie gab es ein Volk, das unter einem so guten Kommando stand und so gut in die Schlacht geführt wurde: „‚Er hat‘ durch seine Allmacht ‚den Feind vor dir her gejagt‘ (Vers 27), die dir vor dir den Weg bahnen wird.“ Gläubige sind durch Christus, der sie geliebt hat, mehr als siegreich über ihre geistlichen Feinde. Der Urheber unseres Heils jagte unsere Feinde vor uns her (Vers 27), als er die Welt überwand und am Kreuz die Herrschaften und Gewalten entwaffnete.

Der Neue Matthew Henry Kommentar

Sollen wir diesen Abschnitt so verstehen, dass er alle angedrohten Gerichte, die zuvor gegen Israel ausgesprochen wurden, widerruft? Nein. Aber Mose sah, dass inmitten all der Rebellion, die Israel als Nation zur Last gelegt werden sollte, und inmitten all der Rückschläge, die es infolgedessen erleben sollte, das wahre Israel bewahrt, verteidigt und versorgt werden würde. Dass sich Mose in diesen Worten an das wahre Israel, den geistlichen Samen Abrahams, wendet, geht aus dem Namen hervor, den er ihnen gibt – Jeschurun, „aufrecht“ oder „gerecht“. Er beginnt damit, dass er den Gott Jeschuruns über alle anderen Götter erhebt; und er tut dies in einer Sprache, die geeignet ist, sie mit einer Überzeugung von der völligen Ohnmacht der Götter der Nationen zu beeindrucken.Die Beschreibung vermittelt die Vorstellung von herrlicher Majestät, absoluter Souveränität, Macht, die unendlich jenseits von Verständnis oder Widerstand ist. Aber während er sie auf diese Weise an diese Ansicht des göttlichen Charakters erinnert, führt er sie in einem Zusammenhang ein, der geeignet ist, Vertrauen zu erwecken. Er sagt ihnen nicht nur, dass der Gott Jeschuruns auf dem Himmel reitet, sondern dass er dies als Jeschuruns Hilfe tut; und dass, wenn er seine eigene Vortrefflichkeit und Herrlichkeit offenbarte, so geschah dies, indem er ihre Befreiung bewirkte und seinen heiligen Arm zu ihrem Schutz entblößte. „Es gibt keinen, der ihm gleicht,“ &c. Welchen Frieden sollte diese Wahrheit einflößen! Welche Geduld sollte sie erwecken! Welche Zuversicht sollte sie erwecken und wachhalten, selbst in den düstersten und verwirrendsten Umständen! Wenn sie diese Wirkung nicht hervorruft, muss es dann nicht daran liegen, dass sie zufrieden im Zweifel bleiben, ob sie wirklich gerechtfertigt und bei Gott angenommen sind, oder dass sie schuldhaft unempfänglich für den Wert ihrer Vorrechte sind, weil alle ihre besten Interessen mit der Offenbarung seiner eigenen Herrlichkeit verbunden sind?
Die Sicherheit von Gottes gerechtfertigtem Volk wird noch weiter dargelegt. Gott wird zu ihrer Zuflucht oder vielmehr zu ihrem Wohnort erklärt – nicht als vorübergehende, sondern als immerwährende Zuflucht; und sie werden daran erinnert, dass er der ewige Gott ist, unveränderlich in seinem Wesen und ebenso unveränderlich in seinem Vorsatz. Sie mögen sich zuweilen fühlen, als ob sie einer neuen Eroberung über die Widersacher, die noch unterworfen werden müssen, gänzlich unfähig wären; aber Gott selbst sollte den Feind vor ihnen ausstoßen und sagen: „Vernichte sie.“ So ist es, und so war es immer, in Bezug auf den geistlichen Konflikt der Gläubigen. Wenn die Heiligen der Schrift von ihren Erfahrungen berichten – von ihren Ängsten und Hoffnungen, von Gefahren und Befreiungen, von Zeiten der Depression und Zeiten des Triumphs, von schmerzhaften Kämpfen mit der Versuchung und von der Kraft, mit der sie ihr erfolgreich widerstanden haben -, dann verwenden sie genau die Sprache, mit der man die Kämpfe und Eroberungen Israels in Kanaan angemessen hätte beschreiben können (Psalm 27,3.5; 91,1-4). Für alle, die den geistlichen Kampf des Gläubigen aus eigener Erfahrung kennen, wird diese Sprache nicht nur verständlich sein, sondern auch treffend beschreiben, was sie erlebt haben, und zwar in dem Maße, in dem sie in der Lage waren, erfolgreich gegen die Aufwallungen einer verderbten Natur im Innern und die Versuchungen einer sündigen Welt im Äußeren anzukämpfen, den Einflüsterungen Satans – mit allem, was ihre geistigen Interessen in Gefahr gebracht hätte, mit allem, was ihren Frieden gestört und sie ihres Trostes beraubt hätte – und insofern sie jetzt die gute Hoffnung hegen können, schließlich den Sieg über all diese, ihre geistigen Feinde zu erringen, dann deshalb, weil sie die Treue dieser Erklärung erfahren haben.

Joseph S. Exell – DER Biblische Illustrator – Deuteronomium

„Deine Wohnung ist der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme“ (5 Mose 33,27).
Mose, der große Mann Gottes, steht am Ende seines Lebensweges und zugleich am Ende der Wüstenreise des Volkes Israel. Noch einmal wendet er sich an das Volk, um ihnen Worte Gottes zu sagen. Dabei erinnert er sie an das, was Gott während der langen Reise durch die Wüste für sie gewesen war und was Er auch weiter für sein Volk sein wollte. Gott war ihre Wohnung gewesen und gleichzeitig hatte Er das Volk auf seinen mächtigen Armen getragen.
Auch wenn diese großartige Feststellung mehrere tausend Jahre alt ist, dürfen wir sie auch auf uns anwenden. Der große Gott im Himmel hat sich nicht geändert. Auch für uns möchte Er Wohnung sein und gleichzeitig das Bewusstsein im Herzen festigen, dass unter uns ewige Arme sind.
Eine Wohnung ist der Ort, wo man zu Hause ist. Dort fühlt man sich wohl, dort ist man geborgen. Mag es draußen auch stürmen, mögen Gewitter auf ziehen, in einer Wohnung fühlt man sich davon nicht bedroht. Man weiß zwar, dass es außerhalb der Wohnung gefährlich sein kann, aber drinnen ist man sicher. Dieses Bild können wir auf unser geistliches Leben übertragen. In der Welt, in der wir leben, gibt es vieles, was uns Unbehagen bereitet und vielleicht sogar Angst macht. Schwierige Situationen, Leid und Not machen auch vor Kindern Gottes nicht Halt. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen uns und den Menschen dieser Welt. Wir kennen einen Ort der Geborgenheit, eine Wohnung, wo wir Schutz finden. Diese Wohnung will Gott selbst sein Ist das nicht etwas Gewaltiges?
Es ist der Gott der Urzeit, der uns diese Zusage gibt Das erinnert uns an ein Wort aus dem Propheten Jesaja, wo Gott uns sagen lässt: „Gedenkt des Anfänglichen von der Urzeit her, dass ich Gott bin, und sonst ist keiner, dass ich Gott bin und gar keiner wie ich“ (Jes 46,9). Es ist Gott der Allmächtige, der so zu uns redet, der Gott, der sich nicht verändert, der keinen Anfang und kein Ende hat. Es ist der Gott, dem nichts und niemand zu vergleichen ist.
Aber Gott ist uns nicht nur Wohnung. Er gibt uns auch das Versprechen, dass unter uns ewige Arme sind. Wir kennen einen Gott, der uns auf Seinen starken Armen trägt. Die Arme reden von Kraft, von Stärke, von Ausdauer. Und ewige Arme sind Arme, die nie müde werden Welch ein Vertrauen hat ein kleines Kind, wenn es auf den Armen seines Vaters getragen wird. Doch die Arme eines irdischen Vaters können kraftlos und müde werden, die Arme unseres himmlischen Vaters nicht. Wenn wir auch vielleicht manchmal meinen, wir würden haltlos fallen, es ist nicht so. Wenn wir auch vielleicht manchmal meinen, dass wir keinen Boden mehr unter den Füßen haben, es ist nicht so. Gott ist bei uns, Er hebt uns und Er trägt uns. Er wird uns nicht fallen lassen, weil er uns lieb hat und für uns Sorge trägt.
Sein starker Arm – er führet mich.
Sein starker Arm – lässt nie im Stich.
Sein starker Arm – er hält mich fest.
Ich bin so froh, dass Er mich nie mehr loslässt.
Das Volk Israel hatte Gott während der 40 Jahre ihrer Wüstenreise kennen gelernt. Sie hatten wunderbare Erfahrungen mit ihm gemacht. Sie kannten Seine Allmacht. Auch wir dürfen unseren Gott kennen – und das in viel höherer Weise als das Volk Israel. Wir kennen Ihn nicht nur als den ewigen und allmächtigen Gott, nein, für uns ist Er der Vater im Himmel, der uns liebt. Zu Ihm dürfen wir eine bewusste und gekannte Beziehung haben. Es lohnt sich in der Tat, diesem Gott der Urzeit, der im Herrn Jesus jetzt unser Vater ist, völlig zu vertrauen und sich Ihm in allem anzubefehlen. E.A.B.

Ermunterung und Ermahnung 2000

„ich will so bleiben wie ich bin“?

Jetzt aber, von der Sünde freigemacht und Gottes Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber ewiges Leben
Elberfelder 1871 – Röm 6,22

Jetzt hingegen, da ihr von der Sünde befreit, aber Gott dienstbar geworden seid, habt ihr eure Frucht für die Heiligung und als das Ende ewiges Leben. (a) Ga 6:8; 1Pe 1:9
Zürcher 1931 . Römer 6,22

Aber jetzt seid ihr vom Dienst der Sünde frei geworden und dient Gott. Was dabei herauskommt, ist eine Lebensführung, durch die ihr euch als Gottes heiliges* Volk erweist, und am Ende erwartet euch ewiges Leben.
Gute Nachricht Bibel – Röm 6,22

Jetzt seid ihr aber von dieser Macht befreit! Ihr könnt als Angestellte bei Gott viele gute Sachen machen, die euch helfen werden, ein sauberes Leben zu führen, eins, wo Gott drauf steht. Und die Hauptsache ist: Ihr werdet als Gratiszugabe obendrauf für immer leben können.
VolxBibel – Römer 6,22

Darf ich als freier Mensch nicht „mich selbst entfalten“? Gibt es überhaupt „freie Menschen“?

Der Satz ist dem von V 21 nicht ganz parallel gebildet. Der Fragesatz fällt fort. Auch wird „die Frucht“ nicht dadurch charakterisiert, daß der Christen jetziges Urteil darüber erwähnt wird, sondern dadurch, daß das Ziel und Ergebnis ihrer Frucht mit εἰς ἁγιασμόν angegeben wird. Jetzt haben sie die echte Freiheit, und nun sind sie im rechten Dienst, nämlich als Sklaven Gottes, und so haben sie ihre „Frucht“, die auf die Heiligkeit ausgerichtet ist und in sie führt. Gal 5, 22 zählt solche Frucht (καρπός im Singular) als „Frucht des Geistes“ auf. Sie wird hervorgetrieben und reift, wenn man sich in den πράξεις vom Geist führen läßt (Röm 8, 13 bf). Und von dieser Frucht ist zu sagen, daß sie den Christen ζωὴ αἰώνιος einbringt. Jetzt ist nicht mehr vom τέλος der „Frucht“, sondern derer die Rede, die sie εἰς ἁγιασμόν haben. Ihnen stellt sich – unter der Frucht – die ζωὴ αἰώνιος ein. Ihnen wächst unter der Heiligkeit das ewige Leben zu. Der Akkusativ ζωὴν αἰώνιον ist ebenfalls von ἔχετε abhängig. Sie haben als Ziel und Ergebnis „ewiges Leben“.

Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament

Im A.T. war Israel »heilig« bzw. ausgesondert für Gott; nach jüdischer Lehre war mit dem ewigen Leben das Leben in der künftigen Welt gemeint, deren Heraufführen mit der Auferstehung von den Toten eingeleitet wurde.

Craig Keene – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Das neue Leben erst gibt richtige, ungetäuschte Freiheit. Freiheit von der Herrschaft der Sünde, von dem Zwang, sündigen zu müssen. Jetzt hängen wir am Rettungsseil der Liebe Gottes. Das ist die Freiheit der „Gottessklaven“; es ist die Freiheit der Geretteten am Rettungsseil, ja in den bergenden Armen des Retters, unseres Herrn Jesus Christus. Jetzt entsteht „Frucht“; nun aber Frucht des Heiligen Geistes (vgl. Gal 5,22ff.), Frucht, die auf Heilung gerichtet ist. Und sie vollendet sich im ewigen Leben. Noch einmal, in eindrücklicher Deutlichkeit und Kürze, stellt der Apostel das Entweder-Oder für jeden Menschen hin. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Mt 7,20), sagt Jesus. Das gilt gerade hier. An den Früchten wird sichtbar, welchem Herrn ich diene, ob ich in der Freiheit des Sklaven Gottes lebe oder unter der Zwangsherrschaft der Sünde. „Der Sünde Sold ist Tod.“ Deutlicher lässt sich die Vernichtungsherrschaft der Sünde nicht aussprechen: Der Lohn, den die Sünde gibt, ist der Tod. „Gottes Gabe aber ist ewiges Leben“ – klarer lässt sich die Rechtfertigung nicht zusammenfassen. Gott zahlt nicht nachrechnend Lohn aus. In Christus Jesus, der unser Herr geworden ist, schenkt er uns das Leben, das Leben der Ewigkeit.
Wie leicht lassen wir Menschen uns doch von der Verführung der Sünde täuschen! Wir glauben der Verlockung, dass wir Gott gleich sein können, fallen auf den Betrug der Selbstverwirklichung herein und verwirken das Leben, verfallen dem Tod. Das Wort Gottes macht uns klug, so dass wir den Betrug durchschauen. Wir haben dieses Wort im Konfirmandenunterricht auswendig gelernt: „Der Sünde Sold ist der Tod.“ Wir sollten es nicht nur lernen, sondern leben. Der ist klug, der den tödlichen Treibsand meldet und das Haus seines Lebens auf Felsen baut, auf den Felsen Jesus Christus, der Leben und Seligkeit schenkt (vgl. Mt 7,24-27).

Mögliche Überschrift: Befreit, um zu dienen
Einleitungsbeispiel: „Freiheit“ und das Zeitwort „freien“ hängen zusammen. Was heißt aber „freien“? Sich von allem und allen lösen? Ganz allein für sich sein? Gerade nicht! Wer freit, bindet sich mit Haut und Haaren an einen geliebten Menschen. Biblische Freiheit meint eben das: Wir sind gefreit, wir lassen uns ganz hineinbinden in Jesu Liebe.
a) Befreit zu rettender Bindung
Wer unter der Herrschaft der Sünde steht, muss ihr dienen. Allerdings redet der Böse mir ein, ich sei doch frei. So wird der Mensch betrogen. Er gehorcht der Sünde, er muss gehorchen, trotz vieler guter Vorsätze. Bild: Im reißenden Strom des Untergangs wird mir vorgegaukelt, wenn ich nur kräftig mit dem Strom schwimme, könne ich entkommen. Doch der Absturz ist unvermeidlich. Jesus Christus kam in den Strom. Er greift nach uns, mitten im Sog des Verderbens. Das ist Freiheit: in die Arme des Retters geklammert. Der neue Gehorsam: Ich lasse ihn nicht los und tue, was er sagt. Frei von der Sünde, unverlierbar geborgen in der Hand Jesu, das ist Freiheit. Ich darf mich an ihn halten, denn er hält mich. Gehorsam der Gerechtigkeit heißt, mich durch Gottes Geist treiben und ziehen lassen, aus dem Empfangen leben und meine Glieder ihm zum Dienst zur Verfügung stellen.
b) Befreit zu heiligendem Handeln
Wer unter der Herrschaft der Gnade steht, darf ihr dienen. Sklave der Sünde zu sein, das bestimmt alles. Freiheit des Gehorsams gegen Gott, das prägt genauso umfassend. Nicht so: die Seele für Gott, das tägliche Leben leider aber der Sünde. Niemand kann zwei Herren dienen. Gott hat uns heilig gemacht, nun können wir der Heiligung nach leben. Meine Hand für Gott – im Gebet, im Geben, im Segnen und in der Hilfe. Meine Füße für Gott – im Gehen unter sein Wort, im Besuchen, im missionarischen Gehen und im Weggehen von Orten, wo die Sünde herrscht. Meine Augen für Gott – im Sehen der Not, im Lesen seines Wortes, im helfenden Blick und im Sehen der Gefahr. Meine Ohren für Gott – im Hören auf sein Wort, in hörender Hilfe und im Verschließen vor der Lockung der Sünde. Mein Mund für Gott – in der Verkündigung seines Wortes, im helfenden Gespräch, im werbenden Zeugnis, in der Warnung vor der Sünde. So konkret ist der Gehorsam zur Heiligung.
c) Befreit zu bleibender Frucht
Wer unter der Herrschaft der Sünde steht, geht in den Tod. Hier wird jeder Schleier der Täuschung weggerissen. Frucht der Sünde ist das Vergehen. Bild: Im reißenden Strom des Untergangs wird uns vorgetäuscht, das mittreibende Holz (Besitz, Sicherungen) sei die Rettung; der andere Mensch, an den ich mich völlig binde, könne mich retten. Das ist Betrug. Sünde bringt vergiftende Frucht. Wohl uns, wenn unsre Augen aufgetan werden und wir uns des alles schämen lernen! Die Frucht des neuen Gehorsams ist die Gabe des ewigen Lebens. Nicht mehr meine Frucht, sondern von Gott durch mich gewirkte Frucht. Ich darf wachsen und reifen lassen, was Gott mir als Geschenk gegeben hat. Das ist Frucht, die bleibt. Der Sklave der Sünde muss sich das eigene Grab schaufeln; der Knecht, der befreit ist zur Liebe Jesu, pflanzt, sät und wirkt Ewigkeitswert. Die Zwangsherrschaft der Sünde ist vorbei, die Gnadenherrschaft Gottes durchwirkt uns.
Schluss: Der Ruf des Evangeliums ist klar. Er stellt uns in das Entweder-Oder. Neutralität gibt es nicht.

Gerhardt Maier – Edition C

Der Wechsel vom Tod zum Leben wird hier von Paulus in einer Weise erwähnt, die sich in den Kontext einfügt. Er schreibt: »Jetzt aber, von der Sünde freigemacht …« Das beinhaltet, daß die Ketten zerrissen und die Banden der Sünde gebrochen sind. Da es keinen Mittelweg gibt, kann es nur ein Ergebnis geben, welches Paulus hier beschreibt: Sie sind »Gottes Sklaven« geworden. Wenn sie nicht Sklaven Gottes geworden wären, dann wären sie immer noch Sklaven der Sünde, denn in diesem Gedankengang gibt es keinen dritten Herrn. Wer meint, er könne in seinem Leben ohne Gott zurechtkommen, hat sich bitter getäuscht. Ein solcher ist immer noch in den Banden der Sünde und des Teufels. Es geht nicht um das Ausmaß der Sünde, sondern darum, wem man als Sklave unterworfen ist. Nicht alle Untertanen der Sünde führen ein Leben, das der Sünde hingegeben ist, aber dennoch sind sie durch die Sünde gebunden. Sie mögen sich als tugendhafte Vorbilder sehen, doch »ihre Tugenden sind wie polierte Übeltaten« (Plummer).
    In der Zeit unter der Herrschaft der Sünde gab es keine Frucht. Für niemanden gab es irgend etwas von Wert. Doch im Dienst für Gott ist die Situation gänzlich anders. Es gibt »Frucht zur Heiligkeit« bzw. »Heiligung« (Schlachter). Die Schrift spricht nicht von »Frucht zur Gerechtigkeit«. Es geht hier nicht um das richtige Verhalten, sondern um den richtigen Zustand. Das Endergebnis ist nicht der Tod; das war der Ausgang des früheren Lebens. Im Dienst für Gott ist ewiges Leben das Ende. Der große Notanker für die Seele ist in dieser Verbindung das, was der Herr in Seinem irdischen Dienst sagte: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen« (Johannes 5,24).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Denn wie ihr eure Glieder der Unreinheit und dem gesetzlosen Verhalten als Knechte darbotet zum gesetzlosen Wesen, ebenso bietet jetzt eure Glieder der Gerechtigkeit als Knechte dar zur Heiligung. Denn als ihr Knechte der Sünde wart, wart ihr von der Gerechtigkeit frei. Was für eine Frucht hattet ihr nun damals? Solches, worüber ihr euch jetzt schämt; denn das Ende davon war der Tod. Jetzt aber, da ihr von der Sünde frei, für Gott aber Knechte geworden seid, habt ihr eure Frucht in der Heiligung, als das Ende aber ewiges Leben. Denn der Sold der Sünde ist Tod; Gottes Gnadengabe ist aber ewiges Leben im Christus Jesus, unserem Herrn. Verwenden wir unseren Willen und unsere Kraft für das Böse, so bringt uns das, was wir damit erreichen, schließlich immer die Beschämung und den Tod. Die Sünde gibt niemand einen anderen Sold und Lohn. Wer sich in ihren Dienst ergibt, dem lohnt sie seine Treue und Beharrlichkeit damit, daß sie ihn in den Tod begräbt. Aus dem Dienst der Gerechtigkeit kommt dagegen Heiligung. Wer ihr sich untergeben hat, hat sich Gott ergeben und wird darum auch von ihm als sein Eigentum anerkannt, so daß die Weihe dessen, der Gott gehört, ihm zugefallen ist. Gottes Heiligkeit legt ihren Glanz auf ihn, und sein herrliches Bild leuchtet in uns wieder auf, und das Ende ist ewiges Leben, das uns Gott als die Gabe seiner Gnade schenkt. Wie sollten wir noch schwanken, wenn wir dienen sollen? Schauen wir auf Gottes Gnadengabe. Das macht das Herz im Gehorsam gegen die Gerechtigkeit fest.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Mit dem „Jetzt“ erinnert Paulus jedoch die Leser, dass in ihrem neuen Leben nun auf Grund der durch Christus erlebten Rettung das Verhältnis genau umgekehrt sei. Aus „Sündensklaven“ wurden sie „Gottessklaven“ (nicht Gerechtigkeitssklaven). Wie in der Vergangenheit unter der Herrschaft der Sünde die Gerechtigkeit in ihrer Gesinnung und in ihrem Wandel keine Macht ausüben konnte, so ist unter der Herrschaft der Gnade in ihrem gegenwärtigen Glaubensleben die Sünde als herrschende Macht ausgeschaltet Denn jedem Menschen wurde es seit der Offenbarung Gottes in der Person Jesu zu einem Ereignis oder zum Verhängnis, mit Christus zusammenzukommen. Entweder wurde Christus Glaubenden zu jenem Felsen der Rettung, den bereits die Propheten in verschiedenen Bildern besungen haben, oder er wurde der Fels, an dem der Mensch in seinem Widerstande gegen Gott zerbrechen musste. Wer es jedoch wagte, sich im Glauben Christum hinzugeben, der wandelte sich alsbald in seinem Leben, und zwar auf Grund einer Kraft, die nicht von ihm ausging. Nun wandelte sich auch sein Urteil, seine Gesinnung, sein Wollen und sein Verlangen. Dinge, deren er sich einst rühmte, muss er sich jetzt schämen. Leben, das ihm einst ein Genuss gewesen, widert ihn jetzt an. Hoffnungen, die ihn einst beglückten und berauschten, sind ihm nun ohne Inhalt und ohne Zukunft geworden. Dass damit der Apostel nicht etwa das Leben als Leben verneinen wollte, ist vorhin bereits angedeutet worden. Er [243] redet aber in letzter Konsequenz über die Frucht, die das Leben entweder ohne Gott oder die es durch Gott zu bringen vermag. Ohne Gott kann der Mensch durch sein Leben nur Werke der Finsternis wirken (Eph 5, 11). Mit Gott wird jedoch das Leben derer, die im Geist der Kindschaft wandeln und dienen, zu einer Frucht, die da bleibt bis ins „ewige Leben“.

Dass der Apostel sich hier besonders an die Begnadigten, nicht etwa nur an die Menschheit ganz allgemein wendet, die von keiner Rettung durch Christus weiß, beweisen seine zwei Fragen: „Wollen wir sündigen, weil wir unter der Gnade stehen?“ und „Dinge, deren wir uns jetzt schämen“. Den eingetretenen Wechsel von dem Zustand unter der Sünde und dem Versetztwordensein unter die Herrschaft der Gnade kennen nur jene Menschen, die im Kindesverhältnis zu Gott stehen. Gottes Werk in ihrem Leben war nicht Rettung in der Sünde, sondern von der Sünde. Sie wurden nicht etwa in die Freiheit vom Gesetz erlöst, um hinfort ohne sittliche Hemmungen leben und sündigen zu können. Sie wurden vom Gesetz frei, damit ihr Leben offen sei für Gott und für das Gebundensein an die Gerechtigkeit.

Daher wissen sie in ihrem Leben von einem Einst, das unter dem Gesetz stand, und von einem Jetzt, das unter der Herrschaft des Geistes steht. Auch den Gläubigen gegenüber respektiert Gott die dem Menschen zustehende Freiheit. Wenn sie wollen, können sie wiederum zurück in den Dienst der Sünde treten. Wenn nach dem Bericht der Apostelgeschichte Demas wieder die Welt lieb gewann, so bewies er damit, dass er sich im Reich der Gnade und unter der Herrschaft Christi nicht hatte heimisch gefühlt. Ihm war Gnade, d.h. die Gemeinschaft mit Gott, nicht der neue unersetzliche Inhalt seines Lebens und seiner Zukunft geworden.

Im Leben, das im Kindesverhältnis zu Gott steht, darf nun aber nicht jeder Fall bereits als ein Fall aus der Gnade angesehen werden. Nicht etwa jede Verirrung Begnadigter ist auch eine Rückkehr unter die Herrschaft der Sünde. Denn die neutestamentliche Heilsgeschichte kennt in ihrem Zeugnis und in ihrem Leben keine Menschen in Christo, die auf Grund ihrer Kindesstellung und ihres an Gott hingegebenen Dienstes etwa sündlos wären. Sie sind zwar Menschen, die vollkommen in Christo sind, sie sind aber keine vollendete Gerechte. Dass die Kirche in ihrer Verkündigung und in ihrer Glaubenslehre die beiden Begriffe „Vollkommen“ und „vollendet“ nicht immer klar und scharf voneinander unterschieden hat, ist ihr im Verlauf ihrer Geschichte oft zu einem schweren Verhängnis geworden. Nicht selten sind gerade diejenigen, die ein dem Herrn geheiligtes Leben praktisch zu verwirklichen suchten, schwersten Irrtümern verfallen. Vollkommen ist bereits jedes gesunde und [244] normal geborene Kind, es ist aber nicht ein Greis, der auf der Höhe seines Lebens sein Werk vollendet. Vollendet sind erst die Glieder der triumphierenden Kirche, vollkommen waren sie jedoch bereits seit ihrer bewussten Glaubenshingabe an Christus. Das Vollkommene beginnt bereits gegenwärtig in allen, die Christo angehören, und es ist in seinem Wachstum und in seiner Reife auf die Vollendung angelegt.

Auch ist im Leben des Glaubens nicht bereits die Versuchung zur Sünde etwa gleichzusetzen mit der Knechtschaft unter der Sünde. Dass die Möglichkeit der Versuchung in verschiedenster Form und Stärke mit jedem an Gott gebundenen Leben bis zu dessen Vollendung verbunden sein kann, gehört mit zu der Rettung des Menschen aus Schuld und Gericht. Die Rettung soll so total zum Inhalt des Heils der Menschheit und des Lebens der Zukunft werden, wie Christus mit seinem Leben total dem Vater lebt und dem Kommen des Reiches Gottes dient. Solange es mithin Unerlöstes im Leben der Gerechten bis zu ihrer Vollendung hingibt, werden sie auch von dem Ernst jener Versuchungen wissen, die von den Gegenmächten der Erlösung ausgehen. Paulus muss daher in seiner Heilsbotschaft die Frage kompromisslos aufrechterhalten. „Wir wollen sündigen, weil wir unter der Gnade stehen?“

Kroeker, Römerbrief

Job eines Christen?

Mir, dem Allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, (W. zu evangelisieren)
Elberfelder 1871 – Eph 3,8

Mir, dem Allergeringsten von allen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, hat Gott in seiner Gnade den Auftrag gegeben, den nichtjüdischen Völkern zu verkünden, was für ein unermesslich großer Reichtum uns in der Person von Christus geschenkt ist.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Epheser 3,8

Ausgerechnet mich, den letzten von allen Leuten, die zu Jesus gehören, hat Gott ausgesucht, um diesen Job zu erledigen, nämlich den anderen Menschen zu erzählen, was für wahnsinnig fette Sachen durch Jesus möglich geworden sind.
VolxBibel – Epheser 3:8

In dieser Selbsteinschätzung schwingt die Erinnerung des Apostels mit, dass er einmal ein Verfolger der Gemeinde, ein Gewalttäter und Gotteslästerer war, der sich angesichts dieser Vergangenheit als Größten der Sünder und Geringsten der Gläubigen empfand (1Kor 15,9; 1Tim 1,12-15). Er konnte von daher zweierlei gut einschätzen, nämlich welcher Macht der Gnade es bedurfte, ihn zu einem Diener des Evangeliums zu machen, und welch unverdientes Geschenk Gottes es war, gerade ihn so als ein Werkzeug der frohen Botschaft zu gebrauchen.
So wurde der Apostel aufgrund der mächtigen Gnade Gottes zum Heidenmissionar. Was nun von V. 8 b bis V. 11 beschrieben wird, schildert den Heilsplan Gottes für das neue Missionszeitalter, das mit der Offenbarung des neuen Verhältnisses von Heiden und Juden in der Gemeinde angebrochen ist. Der Auftrag zur Mission ergibt sich geradezu notwendig aus dem Wesen der Gemeinde. Solange Israel als Nation allein das erwählte Gottesvolk war, gab es keine Heidenmission größeren Stils. Allenfalls konnten sich einzelne Heiden als Proselyten dem Volk Israel anschließen. Erst für die Endzeit erwartete man ein Herzuströmen von Heiden nach Israel auf breiterer Basis. Anders jetzt im Gemeindezeitalter, wo Heiden genauso wie Juden durch Jesus gerettet und in die Gemeinde eingegliedert werden können. Heilsgeschichtlich ist jetzt ein Zeitalter der Mission angebrochen. Sein prominentester Vorkämpfer war kein anderer als der Heidenapostel Paulus.
In wenigen Versen beschreibt er hier, worum es beim Thema »Mission« geht: Mission ist Evangelisation und Belehrung mit dem Ziel, dass Gemeinde als Anschauungsbeispiel der Weisheit Gottes entsteht.
Erstens geht es bei Mission um Evangelisation. Paulus wurde von Gott die Gnade verliehen, »den Heiden den unaufspürbaren Reichtum Christi als frohe Botschaft zu verkünden« (V. 8 b). Gewiss, der Apostel hat auch seinen jüdischen Volksgenossen die Botschaft von Jesus gebracht (1Kor 9,20; Röm 1,14; 9,1ff.). Aber seine eigentliche Sendung ging zu den »Heiden«, d. h. den Angehörigen der nicht -jüdischen Völker (Gal 2,9; 1Tim 2,7). Ihnen darf er »die frohe Botschaft verkünden«, was im griech. Grundtext an dieser Stelle mit dem Wort »evangelisieren« bezeichnet ist. Inhalt dieser frohen Botschaft ist der »unaufspürbare Reichtum Christi«. Wohlgemerkt, es heißt hier nicht: den »unerschöpflichen«, sondern den »unaufspürbaren« Reichtum Christi! Welche Fülle an Heil und Segen Gott in Christus für die Menschen bereit hat, konnte kein Mensch von sich aus ergründen. Es war Gottes geheimer Ratschluss, unaufspürbar für menschliche Spekulation. Aber nun wird dieser Reichtum Christi offen als frohe Botschaft verkündet! Worum es bei diesem »Reichtum Christi« geht, kann man schon sehr gut erkennen, wenn man im Eph nur einmal nachschlägt, was uns alles »in Christus« geschenkt ist: in ihm erwählt, zur Gotteskindschaft vorherbestimmt, begnadet, erlöst; in ihm wird einmal alles zusammengefasst im Himmel und auf Erden; in ihm sind wir zu Erben Gottes gemacht, mit dem Heiligen Geist versiegelt, zu neuem Leben erweckt, in eine himmlische Stellung versetzt, zu guten Werken geschaffen, in das Gottesvolk eingefügt, mit den jüdischen Glaubensgeschwistern verbunden und mit dem gleichen Zugang zu Gott, dem Vater, beschenkt (Eph 1,3-13; 2,5-10.13.16.18). Dies alles – und gewiss noch mehr – ist in dem »Reichtum Christi« eingeschlossen, der nun den Heiden als Evangelium verkündet wird. Ohne dieses Evangelium von Christus ist christliche Mission nicht vorstellbar.
Zweitens geht es bei Mission um Belehrung: ….

Gerhardt Maier – Edition C

Mit V. 8 setzt der zweite Teil des Einschubs (V. 2-13) ein, in dem Paulus ebenfalls seine Funktion in der Bekanntmachung des göttlichen Geheimnisses beschreibt: „Mir, dem geringsten von allen Heiligen, wurde diese Gnade gegeben“. Betont setzt Paulus „mir“ an den Satzanfang. Allerdings füllt diese hervorgehobene Stellung der „geringste von allen Heiligen“ aus. Damit knüpft der Apostel an die Aufzählung der Auferstehungszeugen in 1Kor 15 an. Dort nennt sich Paulus den „geringsten unter den Aposteln“ (V. 9). Diese Aussage wird hier in doppelter Weise gesteigert: Einmal vergleicht sich Paulus in Eph 3,8 mit „den Heiligen“, d. h. allgemein den Gläubigen (Eph 1,1.15) und bezeichnet sich als deren geringsten. Zum andern benützt er für „geringster“ „ ein Ausdruck, der an sich schon einen Superlativ beinhaltet „ die Komparativform „elachisteros“ (statt „elachistos“ in 1Kor 15,9).
In 1Tim 1,15 nennt sich Paulus den „ersten der Sünder“ und bringt damit dasselbe zum Ausdruck: Derjenige, der seinen erbitterten Widerstand gegen Christus durch die Verfolgung der Gemeinde öffentlich bekanntgemacht hat, wurde von Gottes Gnade erfaßt, auf einen neuen Weg gestellt und zum Diener Christi berufen.
Die Begabung mit der Gnade ist stets mit der Aufgabe zum Zeugnis verbunden; bei Paulus war dies die Berufung in sein Apostelamt (vgl. Röm 1,5): „um den Heiden den unergründlichen Reichtum Christi zu verkündigen“.
Mit dem Hinweis auf sein Amt als Apostel „der Heiden“ hatte Paulus diesen Abschnitt begonnen (3,1; vgl. die Erläuterung dazu). Die Botschaft, die er auszubreiten hat, ist das Evangelium: „verkündigen“ ist Übersetzung für „euangelizesthai“. In diesem Evangelium ist der „unergründliche Reichtum Christi“ beschlossen. Er äußert sich im „Reichtum der Gnade“ (1,7; 2,7), durch den auch die Heiden in Christi Rettungstat aufgenommen werden. Daraus erwächst der „Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes“ (1,18) als Inhalt christlicher Hoffnung.
Solcher Reichtum ist „unergründlich“ und „nicht aufspürbar“. Das Adjektiv kommt im NT nur noch in Röm 11,33 vor, im Lobpreis des Apostels, mit dem er die Wunderwege göttlicher Weisheit im Umgang mit Israel und den Heiden rühmt. Dabei ist bemerkenswert, daß in diesem doxologischen Abschnitt im Blick auf Vokabular und Satzstruktur Berührungen mit Eph deutlich erkennbar sind: „Oh, die Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes“; „wie unergründlich sind seine Wege“; „denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (Röm 11,33-36; vgl. Eph 1,7.8.10.17; 3,18.20.21)

Wuppertaler Studienbibel

Eph 3:8-11 : In manchen vorchristlichen jüdischen Schriften ist die Rede davon, dass Gott den Engeln durch sein Volk seine Macht und Herrlichkeit demonstriert und dass diese ihn dafür loben müssen. Da die »Mächte und Gewalten im Himmel« als Engel der verschiedenen Völker – und als ihre Herrscher – galten, manifestiert sich in der Einheit der Kirche die absolute Herrschaft Gottes, dessen Macht die der Engel übertrifft und alle irdischen Grenzen überwindet. Zu »Gnadenamt« (Menge) siehe die Ausführungen zu 3,1-2 ; zu »geheimen Ratschluss« siehe die Ausführungen zu 3,3-5 . Paulus sagt hier aus, dass die Kirche – ein geeintes Volk, das Gott verherrlichen soll – gleichsam die Trägerin des Heilsplanes Gottes in der Geschichte ist (s. 1,9-12 ) und dass die Christen in der Erfüllung dieser Rolle ihre höchste Lebensaufgabe finden sollen (s. 4,11-13 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Auch jetzt erweckt Paulus wieder die Erinnerung an seinen früheren Irrweg, ähnlich wie 1 Korinther 15,9,10, um sich und allen die Größe der göttlichen Gnade deutlich zu machen, die ihm gewährt worden ist, und um von der Bezeugung seiner besonderen Stellung alles fernzuhalten, was zur Verehrung seiner Person und zur Gebundenheit an sie führen könnte. Wenn er sich hier nicht nur hinter die anderen Apostel, sondern hinter alle Christen stellt, so redet er damit ähnlich wie 1 Timotheus 1,15. Um so höher erhebt sich dadurch vor seinem Blick die Herrlichkeit des ihm gegebenen Amtes.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament


Diese Haltung sehen wir immer bei Paulus. Wenn er sich mit den anderen Aposteln vergleicht, nennt er sich den „geringsten der Apostel“ (1Kor 15,9). Wenn er sich mit den Sündern vergleicht, sagt er: „… von denen ich der erste bin“ (1Tim 1,15). Die Wahrheit, die er weitergeben darf, hat Einfluss auf seine Haltung. Dass wir die Wahrheit verstehen, muss eine Sache unseres Herzens sein, und dann sehen wir auch unsere eigene Geringheit. Wenn es nur Kenntnis ist, werden wir aufgeblasen. Paulus fühlt seine Geringheit, wenn er den enormen Umfang seines Dienstes sieht („unter den Nationen“) und dessen alles übersteigenden Inhalt („den unergründlichen Reichtum des Christus“). Er, und niemand anders, bekommt den Auftrag, Dinge zu verkündigen (wörtlich: zu evangelisieren), die so reich sind, dass niemand sie je völlig ergründen kann. Auch hier geht es wieder um den Christus, das heißt um Christus zusammen mit seiner Gemeinde.

Ger de Koning – Der Brief an die Epheser


Stimmt – es geht nicht um eine Religion, nicht um eine org, nicht um das, was wir bis vorgestern gemacht haben, nicht um das, was mir gut tut! Nein. Es geht nur und ausschließlich um IHN den einen Christus!
Und unser Auftrag ist es, IHN zu verkünden, den die „anderen“ können IHN nicht von alleine finden, wenn wir IHN nicht verkünden! Unser Auftrag OHNE org und Religion!

„von Natur nicht Götter sind“

Aber damals freilich, als ihr Gott nicht kanntet, dientet ihr denen, (O. waret ihr Sklaven derer) die von Natur nicht Götter sind; (Vergl 2. Chron 13,9) jetzt aber, da ihr Gott erkannt habt, vielmehr aber von Gott erkannt worden seid, wie wendet ihr wieder um zu den schwachen und armseligen Elementen, denen ihr wieder von neuem dienen (O. Sklaven sein) wollt?
Elberfelder 1871 – Gal 4,8–9

Früher, als ihr ´den wahren Gott noch nicht kanntet, sah das ganz anders aus: Damals dientet ihr Göttern, die in Wirklichkeit gar keine Götter sind, und wart ihre Sklaven. Jetzt aber kennt ihr Gott – oder vielmehr: Gott kennt euch. Wie ist es da möglich, dass ihr wieder zu den kraftlosen und armseligen Vorstellungen ´dieser Welt zurückkehrt? Wollt ihr ihnen wirklich von neuem dienen und ihre Sklaven sein?
Neue Genfer Übersetzung – Galater 4,8–9

Aber zu der Zeit, da ihr Gott nicht kanntet, dientet ihr denen, die von Natur nicht Götter sind. 1Thess 4,5; 1Kor 8,4.5; 12,2; Ps 115,4.
Nun ihr aber Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt worden seid, wie wollt ihr euch denn wieder zu den schwachen und ärmlichen Anfängen zurückwenden und denselben wieder von neuem dienen? Gal 4,3; 1Kor 8,3; Röm 14,5; Kol 2,20; 1Joh 4,10.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Galater 4:8–9

Als ihr noch keine Ahnung von Gott hattet, habt ihr euch in irgendwelchen anderen Religionen getummelt und zu andern Göttern gebetet. Das waren in Wirklichkeit nur so Ersatzgötter, die sich irgendwelche Menschen ausgedacht hatten.
Jetzt habt ihr Gott aber kennengelernt (oder besser gesagt, er hat euch kennengelernt). Ich krieg das echt nicht gerallt, was ihr jetzt noch von diesen armen Luschen-Göttern wollt, die diese Welt euch anbietet?
VolxBibel – Galater 4,8–9

An was glaubten den die Menschen in Galter? Eine Antwort findest du hier bei wikipedia. Dorthin waren also Christen zurück gekehrt?
Ist es heute ähnlich, dass wir als Christen manchmal das „zu Hause gelernte“ nicht ablegen, und uns NUR an Gottes Wort die Bibel halten? Kannst du es vielleicht auch beobachten, dass einige von uns vielleicht keinen Karneval feiern, aber dafür Verkleidungsfeste? Oder anstatt Weihnachten, ein Lichterfest? Oder anstatt Geburtstag, einen Kindertag?

Gal 4:8 : Die Juden sagten oft, dass die Heiden »Gott nicht kannten« und dass ihre Götter, die eigentlich Schöpfungen des wahren Gottes waren, »in Wahrheit nicht Götter« seien. (Die Philosophen beurteilten den moralischen Wert einer Vorstellung oder Handlung häufig danach, wieweit sie der Natur entsprach; für Paulus und andere jüdische und christliche Schriftsteller war die Anbetung eines geschaffenen Gegenstands, als sei er der Schöpfer selbst, gleichbedeutend mit der Nichterfüllung dieses Kennzeichens. Manche heidnischen Denker, Anhänger eines griechischen Philosophen namens Euhemeros, unterschieden zwischen realen Göttern, die sich dem menschlichen Verstand aus der Natur geradezu aufdrängten (Sonne, Mond, Planeten und Sterne), und den Göttern, die die Menschen erfunden hatten (andere Gottheiten). Von sich selbst hingegen sagten die Juden, dass sie Gott wahrhaft kannten, da sie einen Bund mit ihm hatten.
Gal 4:9 : Wie in einem rhetorischen Tadel durchaus zulässig, urteilt Paulus hier sehr streng: Er ist nicht einmal sicher, ob die Galater Gott jetzt kennen. Die »Elementarmächte« (Einheitsübersetzung), denen sie wieder zuneigen, sind vermutlich die »Naturmächte« (Zürcher), die sie früher als Götter verehrten ( 4,8 ), darunter vor allem die Astralgeister ( 4,3 ), die mit besonderen Tagen und saisonalen Ritualen verbunden waren ( 4,10 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Es ist eben keine theoretische Frage, die man so oder so entscheiden könnte, um die es hier in Galatien bei dem Abfall in die Gesetzlichkeit geht, sondern hierbei steht alles auf dem Spiel, auch die persönliche Beziehung des Apostels zu seinen »Kindern im Glauben«. Deshalb wirbt er nun in ganz persönlichen, liebenden offenen Worten um die Gemeinden.

Gal 4,8:
»Aber zu der Zeit, da ihr Gott nicht kanntet, dientet ihr denen, die in Wahrheit nicht Götter sind.«
»Zu der Zeit, damals«, besser noch »vormals«, so lenkt Paulus den Blick noch einmal zurück. Als er zu den Galatern kam, da waren sie noch Heiden. Sicher ein starkes Wort, denn die Galater lebten doch im Bereich der griechischen Kultur, die sogar die Römer für sich übernommen hatten und die das geistig philosophische Leben und Denken des ganzen Reiches prägte. Und welche religiösen, philosophischen Gedankengebäude hatten doch die Griechen ersonnen: Hochleistungen des menschlichen Geistes! Aber »sie kannten Gott nicht«; selbst die Athener spürten die Bodenlosigkeit ihrer Kultur und wollten sich absichern, indem sie »dem unbekannten Gott« auch einen Altar errichteten (vgl. Apg 17,23). Wer Gott nicht kennt, der lebt bei aller Kultur und Denkleistung als Heide im »Damals« und ist Mächten »versklavt, die in Wahrheit nicht Götter sind«. Die fehlende Erkenntnis hat fatale Folgen; nicht nur eine Wissens – oder Erkenntnislücke besteht, sondern das ganze Leben gerät in eine falsche Richtung, in knechtende Abhängigkeit. Auch die heidnische »Religion« ist geprägt von Forderung und Versuchen, dem zu entsprechen, bringt in Furcht und knechtischen Dienst, genauso wie die »Gesetzesreligion« der Juden. Mächte, die keine göttliche Qualität beanspruchen können, zwingen den Menschen in ihren Bann (vgl. zu Vers 3). Darin ist das Wesen der falschen Götter entlarvt: Sie haben keinerlei göttliche Macht, die Menschen in ihrer Verblendung legen ihnen solche bei und geraten so in ihre Abhängigkeit (vgl. Röm 1,22-23).
Die Götzen sind »Nichtse« (vgl. Jes 42,17; Jer 16,19), sie gewinnen ihre Macht erst durch die Menschen, die ihren ersonnenen Götzen solche Macht zusprechen. Sie werden dann aber doch zu beherrschenden dämonischen Mächten, denn der Teufel, der Gott dieser Welt, benützt sie als Schutzmasken für sein Tun. Die Bibel bezeugt durchgängig die Nichtigkeit der Götzen, doch weiß sie auch um ihre dämonische, den Menschen irreleitende und verderbende Macht. Wo keine Erkenntnis des wahren Gottes ist, da setzen sich »Nicht -Götter« auf den Herrscherstuhl, ja werden vom Menschen in seiner Gottessehnsucht darauf gesetzt und beherrschen ihn. Das war das »Damals« der Galater. Das ist das »Damals« jedes Menschen, bevor er Gott erkennt.

Gal 4,9-10:
»(9) Nun ihr aber Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch denn wiederum zu den schwachen und dürftigen Elementen, welchen ihr von neuem dienen wollt? (10) Ihr haltet Tage und Monate und Feste und Jahre.«
Die Galater sind aus dem »Damals« herausgeführt worden, es gibt ein Neues für sie, das »Jetzt«, in dem sie »Gott erkannt haben«. Der Bedeutungsumfang des griechischen Wortes für »erkennen« ist groß und nicht auf einen Akt des Verstandes zu begrenzen. Selbst für die engste Gemeinschaft zwischen Menschen, nämlich die geschlechtlichen Begegnungen von Mann und Frau, kann das Wort gebraucht werden, wie ja auch das hebräische »jadah = erkennen« (vgl. 1 Mose 4,1). »Gott erkennen«, das meint, sich ihm ausliefern, ihm vertrauen und seinem Heimruf glaubend folgen. Das kann ein Mensch gar nicht von sich selbst aus. Gott allein macht sich bekannt, er hat sich offenbart in seinem Sohn, so korrigiert Paulus sich selbst oder verdeutlicht: »besser: Ihr seid von Gott erkannt«. Er hat die Gemeinschaft mit euch gesucht. Er ist gekommen. Er hat euch gerufen und berufen. Das geschah aber eben durch die Predigt des Apostels bei ihnen (vgl. Röm 10,17), deshalb klingt auch durch die folgende Frage der Schmerz: Wie kann es denn sein, nachdem ihnen solche Erkenntnis Gottes aufgegangen ist, nachdem Gott selbst sie gesucht und besucht hat, dass sie sich »wieder umwenden«? Indem sie auf die Irrlehrer hören, »kehren sie tatsächlich wieder um«, sie verlassen den eröffneten Weg der Nachfolge und gehen zurück. Es ist eine ganze Kehrt – und Rückwendung, so wie »umkehren« ja positiv die radikale Hinwendung zu Jesus Christus meint. So ernst ist dieser Vorgang.
Das ist der Rückschritt, die Kehrtwendung, dass sie sich wiederum »von neuem«, von vorne an die »Elemente versklaven wollen«. Dabei sind die Mächte im Licht der Erkenntnis Gottes ausdrücklich als »schwach« und »dürftig« entlarvt. »Schwach« steht hier ganz im Wortsinn, nämlich als »unvermögend sein«, »ohne Kraft und ohne Macht«, während »arm« die Bettlerexistenz dieser Elemente verdeutlicht: Sie haben so viel, wie die Menschen ihnen irregeleitet geben, sie haben nichts aus sich selbst, sind also mehr als »dürftig« und »bettelarm«. Solchen »Herren« wollen die Galater sich wieder beugen, nachdem sie den Herrn aller Herren, die neuschaffende Kraft Gottes erkannt und selbst erfahren haben? Schon die Frage macht den Widersinn deutlich.
Und doch ist es so. Die Galater sind auf dem besten Weg, eine solche Rückkehr zu vollziehen. Schon wieder lassen sie sich einfangen und »halten Tage und Monate und Feste und Jahre«. Das nicht nur im Sinne, dass sie das eben mitmachen, sondern ihr »halten« ist ein »Beobachten«, »ein pünktlich genaues Aufpassen«, wieder von der Furcht bestimmt, ja nichts zu versäumen und sich dadurch Unglück zuzuziehen. Die »Tage« sind – denken wir an die jüdischen Verführer – wohl die Sabbate, die nach jüdischer Gesetzesauslegung aufs genaueste eingehalten werden müssen, sonst ist der Schalom gefährdet. »Monate«, dabei können wir an die Neumonde denken, durch die jeder Monat dem Herrn geweiht wurde (vgl. 4.Mose 10,10). »Feste«, das sind dann die großen jüdischen Feste, und »Jahre« meint wohl die »Sabbatjahre«. Ursprünglich hatte das alles Gott lobenden und anbetenden Sinn, aber unter der Sklaverei der Gesetzesfrömmigkeit verselbständigte sich dies alles, ja kehrte sich sogar gegen Gott. Gott wurde verdrängt und auf bestimmte Jahre, Tage, Feste und Monate eingegrenzt. Der Glaube wird zur Äußerlichkeit und die lebendige, tägliche Lebensgemeinschaft mit dem Herrn geht verloren. Darum hat Paulus Angst um die Galater:

Gerhardt Maier .. Edition C

8 Um seinen Lesern bewußt zu machen, was ihr beabsichtigtes Umschwenken zum Judaismus auf sich hat, beschreibt er ihnen zunächst ihr einstmaliges Heidentum. Aber damals freilich, als ihr Gott nicht kanntet. Dies ist die deutlichste Stelle des Briefes über die heidenchristliche Zusammensetzung der galatischen Gemeinden. An Judenchristen hätte Paulus so nicht schreiben können. Von seinen jüdischen Brüdern sagt er Röm 10,2 : „Ich bezeuge ihnen, daß sie Eifer haben für Gott (nicht für die Götter!), aber ohne Einsicht.“ Sie dienen also dem wahren Gott, aber in gesetzlicher Weise. Anders die Heiden. Sie „kennen Gott nicht“, wie die Schrift mehrmals von ihnen sagt. – Ps 79,6; Jer 10,25; Apg 17,23.30; Eph 4,18; 1Petr 4,14 -. Das entschuldigt sie zwar nicht (Röm 1,19.20 ), macht aber vieles an ihnen begreiflich. Im Dunkel der Unwissenheit ist eben jeder Mensch blind, auch der scharfsichtigste, verständigste und ehrlichste.

Wer Gott nicht kennt, greift sich irgendetwas, das er kennt, und macht es zu seinem Gott, denn Gott ist nicht wegzudenken, ein Gott muß her. Der Mensch hält es nicht aus, vor nichts zu knien, das ihn selbst überragt. So dient er unterwürfig Dingen innerhalb seines Horizonts. Er vergottet Gegenstände, Naturerscheinungen, Naturnotwendigkeiten, Spitzenbegriffe oder Spitzenleistungen. Ihr dientet (als Sklaven) den Göttern, die von Natur keine sind. Diese Götter sind nach dem eben Gesagten nicht Luft, Paulus spricht ihnen nicht jede Wesenheit ab, aber sie besitzen keine göttliche Qualität. Verglichen mit dem „lebendigen und wahren Gott“ (1Thess 1,9 ) sind sie „Nichtse“, d.h. Nichtsnutze, die nicht können, was sie doch als angebliche Gottheiten können müßten. – 5Mo 32,21; Jes 37,19; Jer 2,11; 5,7; 16,20; 1Kor 8,4; 10,19 – So leben ihre Verehrer in gott-loser Frömmigkeit dahin, „ohne Gott im Kosmos“ (Eph 2,12 ).

9 Auf diesem Hintergrund sticht ihr gegenwärtiger Stand kräftig ab: Jetzt aber, wo ihr Gott kennt. In biblischer Sprache ist Erkennen einer Person nicht auf einen Verstandesakt beschränkt. Im Erkennen anerkennt man zugleich. Man bejaht diesem Gegenüber die Gemeinschaft. Wenn Petrus z.B. in Mk 14,17 über Jesus sagt: „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ behauptet er nicht mangelnde Personenkenntnis, sondern verneint Gemeinschaft mit Jesus: Ich lehne seinen Anspruch ab, dessentwegen er vor Gericht steht, ich bin nicht sein Jünger. Wenn Jesus im letzten Gericht zu gewissen Menschen sagt (Mt 7,23 ): „Ich habe euch noch nie gekannt“, bedeutet das nicht: Mein Personengedächtnis hat eine Lücke, sondern: Ihr gehörtet nicht wirklich zu meinem Jüngerkreis. Wenn es Hos 13,4 heißt: „Du sollst keinen andern Gott kennen als mich allein“, schließt das nicht theoretische Kenntnisse über andere Kulte aus, aber persönliche Hingabe an sie. In diesem Sinne haben die Galater den ihnen verkündigten wahren und lebendigen Gott erkannt, anerkannt und sich ihm ergeben. Durch diese Gemeinschaft mit dem Schöpfer – „Sohnschaft“ hieß es zuletzt immer (3,26; 4,6) – verlor die Schöpfung für sie den falschen Zauber und damit die heidnischen Götter ihre Macht. Wahre Gotteserkenntnis schafft Freiheit von den kosmischen Elementen.
Aber mit dem Erkennen Gottes hat es noch viel mehr auf sich: vielmehr aber seid ihr erkannt von Gott. Im Nachhinein überwältigt, daß das Erkennen Gottes nicht vom Menschen her begann. Der Mensch hat ja nur mit Gott Gemeinschaft, wenn Gott sie will. Aber Gott will sie. Er tut den ersten Schritt, ja eine ganze Kette von Schritten, die bis in die endgültige Rettung des Menschen hineinführen (Röm 8,29.30 ). So gibt es keine selbständige Gotteserkenntnis des Menschen. Immer wieder kehrt die Schrift, wachsam gegen Mißverständnisse, dieses Verhältnis zwischen unserm Erkennen und dem zuvorkommenden Erkennen und Erwählen Gottes heraus. – Joh 15,16; 1Kor 8,3; 13,12; 14,38; Phil 3,12 –
Jetzt kann Paulus den Galatern das Unfaßliche bewußt machen, was sie im Begriff sind zu tun: ihre Bekehrung zu diesem Gott tatsächlich rückgängig zu machen: Wie (nur) kehrt ihr wieder zu den schwachen und armseligen Elementen zurück, denen ihr wieder von neuem (als Sklaven) dienen wollt? Das Wörtchen wieder spielt im ganzen Brief eine Rolle. – Gal 2,18; 4,19; 5,1 – Hier wird es so stark betont, daß sich unwillkürlich die derbe Bemerkung aus 2Petr 2,22 nahelegt: „Der Hund frißt wieder, was er ausgespien hat; und: Die Sau wälzt sich nach der Schwemme wieder im Dreck.“
Die Frage nach ihrem wollen verrät zunächst den genauen Informationsstand des Paulus. Er weiß, wie weit die Dinge in den Gemeinden gediehen sind. Der Übertritt zum Judentum durch Beschneidung ist schon geplant, wenn auch noch nicht vollzogen (vgl. „wollen“ in 4,21; 5,4; 6,13). Doch wieso wollen sie damit wieder von neuem dorthin zurück, woher sie kamen, doch wohl ins Heidentum? Stellt Paulus den beabsichtigten jüdischen Gesetzesdienst an dieser Stelle etwa rundheraus mit ihrem früheren heidnischen Götzendienst gleich? Aber so verstanden, wären seine Worte sicher überbelichtet. Nur dies ist gesagt: Bei fundamentalen Unterschieden verbindet diese beiden Größen eines: Beide führen praktisch in den Elementendienst (s. ausführlich dazu zu 4,3). Insofern landen die Galater wieder da, wo sie schon einmal waren. Sie sind nicht mehr die freien Söhne und Töchter Gottes, sondern wieder Knechte, wieder im Gefängnis (3,23), wieder unter Aufpassern (3,24), Vormündern und Verwaltern (4,1f).
Der folgende Vers wird übrigens bestätigen, wie wenig Paulus bei den Elementen an Gestirngeister oder Dämonen oder irgendwie personhaft vorgestellte Größen dachte (vgl. Vorbemerkung 2c zu 4,1-7) statt vielmehr an das irdische Material, mit dem eben auch die jüdischen Satzungen arbeiten. Für Paulus sind diese Elemente lediglich geschaffene Dinge, schwach und armselig, d.h. sie können nichts und sie haben nichts, um im Gewissen vollkommen zu machen und zu Gott zu bringen. – 5Mo 4,28; Ps 115,4-8; Jes 44,9-20; Röm 8,3; Hebr 9,9.10; 10,1-23 -.

Wuppertaler Studienbibel

In beiden Passagen verwendet Paulus einen griechischen Begriff – stoicheia -, der gleichzeitig von Gelehrten gut verstanden wird, aber rätselhaft ist in Bezug auf das, was Paulus denkt, wenn er ihn verwendet. Der Begriff stoicheia kommt in der griechischen Literatur häufig vor, um (1) Grundprinzipien der religiösen Lehre (z. B. Regeln, Rituale); (2) rudimentäre Substanzen der physischen Welt (Erde, Wind, Feuer, Wasser); (3) astrale Gottheiten (die Vorstellung, dass himmlische Objekte göttliche Wesen waren); und (4) geistige Wesen im Allgemeinen zu beschreiben.

Verweise auf stoicheia kommen im Neuen Testament siebenmal vor. Die einzige Stelle, die hinsichtlich der Bedeutung sicher zu sein scheint, ist Hebräer 5,12, wo stoicheia das Gesetz beschreibt („Grundprinzipien der Orakel Gottes“). Wenn es um die Verwendung des Begriffs durch Paulus geht (Kol 2,8.20; und Gal 4,3.9), gibt es unter den Gelehrten keinen Konsens über seine Bedeutung. Der allgemeine Kontext von Paulus‘ Diskussion in Galater 4 und Kolosser 2 schließt geistliche Kräfte ein – Engel, Fürstentümer und Mächte, falsche Götter -, was darauf hindeutet, dass sich stoicheia auf solche Wesen beziehen könnte. Sicherlich stellt er stoicheia in gewisser Weise der Errettung in Christus gegenüber. Da Paulus sowohl zu Juden als auch zu Heiden spricht, könnte er den Begriff in Bezug auf die jeweilige Zuhörerschaft auf unterschiedliche Weise verwenden. Da er in Galater 4,1-7 ein jüdisches Publikum im Blick hat, bezieht sich Paulus‘ Verwendung von stoicheia in 4,3 wahrscheinlich auf das Gesetz und die religiöse Lehre (ähnlich wie in Hebr 5,12). Aber in 4,8-11, wo sich die Zuhörerschaft zu den Heiden verlagert, scheint es schlüssig, stoicheia in 4,9 als Bezug auf geistige Wesen zu sehen – wahrscheinlich astrale Gottheiten (die „Schicksale“). Der Hinweis auf „Zeiten und Jahreszeiten und Jahre“ (4,10) würde daher auf astrologische Überzeugungen hinweisen, nicht auf den jüdischen Kalender. Paulus verneint also die Vorstellung, dass die Himmelsobjekte (Sonne, Mond, Sterne) Gottheiten sind. Seine heidnischen Leser sollten nicht von der Vorstellung versklavt werden, dass diese Objekte ihr Schicksal kontrollierten.

In Bezug auf die „kolossische Häresie“ sind wahrscheinlich sowohl Juden als auch Heiden im Blick; daher hätte der Begriff stoicheia für beide Zielgruppen eine Bedeutung gehabt. Paulus verbindet das, was er über stoicheia sagt, mit der „Anbetung von Engeln“ (Kol 2,18). Angesichts der Tatsache, dass Paulus und andere neutestamentliche Autoren das jüdische Gesetz von Engeln austeilen lassen (Gal 3,19; Apg 7,53; Hebr 2,2), argumentieren einige Gelehrte, dass sich die stoicheia des Kolosserbriefs für jüdische Leser auf eine Häresie beziehen könnte, die Juden an das Gesetz versklavte – einschließlich der fehlerhaften Anbetung der Engel, die mit der Übergabe des Gesetzes an Israel verbunden waren. Für Nichtjuden könnten diese „Engel“ und die asketischen „Vorschriften“ von Kolosser 2,20-21 auf eine häretische Betonung der Übereinstimmung mit heidnischen Ritualen und himmlischen Gottheiten hinweisen, von denen man annahm, dass sie zornig wurden, wenn diese Rituale vernachlässigt wurden.
Was auch immer die ultimative, genaue Bedeutung war, der Kontrast zum Evangelium der Gnade war kristallklar. Gläubige in Christus sind nicht mehr versklavt von geistlichen Kräften jeglicher Art. Gesetzliche Forderungen und rituelle Verpflichtungen sind ans Kreuz genagelt worden (Kol 2,14), was zu Vergebung und Freiheit führt.

Michael S. Heiser – Die Bibel ungefiltert – Annäherung an die Heilige Schrift nach ihren eigenen Bedingungen

Kann man also wirklich, nachdem man etwas von Jehovah gehört und gelernt hat, wieder zurück zu den anderen, zu den geschaffenen Göttern, oder gar zu den nur ausgedachten Göttern???