Monat: Dezember 2023

Nathan & David

Warum hast du das Wort Jehovas verachtet, indem du tatest, was übel ist in seinen Augen? Urija, den Hethiter, hast du mit dem Schwerte erschlagen, und sein Weib hast du dir zum Weibe genommen; ihn selbst hast du ja umgebracht durch das Schwert der Kinder Ammon.
Elberfelder 1871 – 2.Samuel 12,9

Warum hast du das Wort Jehova’s verachtet, und gethan, was böse ist in seinen Augen? Uria, den Hethiter, hast du durch’s Schwert erschlagen; und sein Weib hast du dir zum Weibe genommen, und ihn hast du erwürgt durch das Schwert der Söhne Ammons.
van Ess 1858 - 2.Samuel 12:9

Warum hast du das Wort des Ewigen verachtet, zu tun das Böse in Seinen Augen? Urijah, den Chitti hast du erschlagen durchs Schwert, und seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durch das Schwert der Söhne Ammon.
Zunz 1997 - 2.Samuel 12,9

Warum hast du das Wort Jehovahs verachtet, daß du tatest, was böse in Seinen Augen ist, den Chethiter Urijah hast du mit dem Schwert geschlagen, und sein Weib dir zum Weibe genommen, und ihn mit dem Schwerte der Söhne Ammons erwürgt! 2Sam 11,3.15.27; 1Mo 39,9; 1Sam 15,23; 1Kön 15,5; Ps 51,6.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 2.Samuel 12:9

Eigentlich ist es gemein, diesen Vers aus dem Zusammenhang zu reißen, um daraus einen Tagestext zu machen, oder gar eine Theologie zu begründen. Aber so wie bei Samuel & Saul werde ich wohl weitere Stellen im Laufe der Zeit wieder aufgreifen – und so ergänzen….

vor seinen Augen böse Der gleiche Ausdruck steht in 11,25.27.
Urija … hast du … erschlagen Weil David dafür sorgte, dass Urija in der Schlacht stirbt, ist er genauso schuldig, als hätte er ihn mit eigener Hand ermordet.

Reformations-Studien-Bibel

Diese Sünde war gegen den Herrn, wie David durch das Wort des Herrn hätte wissen müssen (vgl. Ps. 51,4). Mit dem Schwert ist ein allgemeiner Ausdruck für einen gewaltsamen Tod, wie in 2 Sam. 11:25, nicht unbedingt ein Hinweis auf die konkrete Todesart (vgl. 11:24).

Die ESV Studienbibel

Du hast das Gebot des Herrn verachtet: David hatte das zehnte, das siebte und das sechste Gebot (Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21) gebrochen, also die Gebote über Habgier, Ehebruch und Mord. Das Wort „verachtet“ bedeutet „auf die leichte Schulter nehmen“. Das ist derselbe Begriff, der für Esau verwendet wurde, der sein Erstgeburtsrecht verachtete (1. Mose 25,34). tötete ihn mit dem Schwert des Volkes Ammon: Obwohl Davids eigenes Schwert sauber war, klebte noch Blut an seinen Händen.

Die Nelson Studienbibel

Du bist der Mann: Nathan wechselt abrupt von einem indirekten Ansatz zu einer sehr direkten Aussage gegenüber David. Der König soll sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben, das er selbst für völlig inakzeptabel hält und das den Tod verdient. In einigen Sprachen müssen die Übersetzer vielleicht sagen: „Du bist dieser reiche Mann!“ oder „Du bist die Person, von der ich gesprochen habe!“

So spricht der HERR. Hier verwendet Nathan die übliche prophetische Formel, um eine feierliche Erklärung an den König einzuleiten. Über die Bedeutung dieser Formel im Allgemeinen, siehe 7:5, 8 sowie 1 Sam 10:18 und 15:2. Das eigentliche Wort des HERRN, das folgt, ist in den meisten englischen Versionen ein Zitat innerhalb eines Zitats, was in anderen Sprachen gewisse Probleme bereiten kann. In einigen Fällen können die Probleme dadurch gelöst werden, dass die Worte des HERRN, die bis zum Ende von Vers 12 reichen, eingerückt werden. In anderen Sprachen kann das direkte Zitat der Worte des HERRN indirekt wiedergegeben werden, indem das Pronomen der dritten Person anstelle der ersten Person verwendet wird, beginnend mit „Der HERR, der Gott Israels, sagt, dass er dich zum König von Israel gesalbt hat ….“. Aber wenn möglich, ist es besser, die Kraft und Direktheit der ersten Person beizubehalten.

Er hat dich zum König über Israel gesalbt. Zu dem Verb „gesalbt“ in diesem Zusammenhang, siehe 1 Sam 2:10; 9:16; und 10:1. Siehe auch 1 Sam 15:17wo Samuel denselben Ausdruck verwendet, als er Saul anprangert.

Er hat dich aus der Hand Sauls befreit. Das ist eine Erinnerung an Davids frühere Erfahrung, dass Gott ihn von Saul befreit hat. Hier, wie auch an anderen Stellen, steht das Wort „Hand“ für die Macht von Saul. Siehe 1 Sam 23:12 und 27:1.

Roger L. Omanson – Ein Handbuch zum zweiten Buch Samuel

Gott fasst die Anklageschrift zusammen: David hat Gott verachtet, indem er tat, was in Gottes Augen böse ist (12,9). Das Orakel wiederholt hier die letzte Zeile aus 2. Samuel 11, als David glaubte, dass seine Geschichte mit Batseba glücklich abgeschlossen war, aber der Erzähler uns mitteilte, dass die ganze Angelegenheit „böse in Gottes Augen“ war (11:27). Jetzt erfährt David, dass Gott sich von dem Komplott, Urija zu ermorden, nicht hat täuschen lassen. Die Ammoniter waren nur Instrumente, um Davids Intrige zu vollenden. Die doppelte Anklage des Mordes an Urija – „Du hast Urija, den Hethiter, mit dem Schwert erschlagen“ und „[du] hast ihn getötet“ – umrahmt den Kern des Orakels: „[du] hast dir seine Frau zur Frau genommen“. Gott nennt Batseba nie beim Namen; sie bleibt Urias Frau. Gott lehnt auch den Begriff „sammeln“ (ʾsp) ab, der in 11:27 auftaucht, um Davids Aufnahme von Batseba in den Palasthaushalt in Vorbereitung auf seine Heirat mit ihr zu beschreiben, und zieht stattdessen das Verb „nehmen“ (lqḥ) vor: So wie David Batseba in sein Bett „nahm“ (11:4) und der reiche Mann das Lamm des armen Mannes „nahm“ (12:4), so wirft Gott David vor, Urias Frau „genommen“ zu haben.

Craig E. Morrison - Berit Olam

David erkannte sofort die Gemeinheit und Grausamkeit, um die es in der Geschichte ging, und war entsetzt und wütend, dass so etwas in seinem Königreich passieren konnte. Er zweifelte nicht im Geringsten daran, dass ein solches Verhalten in Gottes Augen völlig inakzeptabel war. Jeder, der sich so verhalten würde, verdiente die härteste Strafe. In typischer Übertreibung spricht er von der Todesstrafe, obwohl die eigentliche Strafe eine Geldstrafe in Höhe des vierfachen Wertes des Lammes war (für den reichen Mann keine großen Kosten, aber für den armen Mann lebensverändernd). Nathans knappes „Du bist der Mann!“ muss für David ein großer Schock gewesen sein, aber die Geschichte hatte ihn auf die eigentliche Botschaft Gottes vorbereitet. Dass er fast sofort erkannte, wovon Nathan sprach, könnte bedeuten, dass sein Gewissen bereits zu ihm gesprochen hatte. Sind wir genauso bereit, die unangenehme Botschaft zu hören und sie auf uns selbst anzuwenden?

David hatte sowohl Ehebruch als auch Mord begangen – es mag schwierig gewesen sein, zu beweisen, dass Urias Tod Mord war, aber David wird nicht in Zweifel gezogen, dass Gott es so sah. Diese Vergehen werden eindeutig verurteilt, aber die Geschichte hilft, die Tatsache zu verdeutlichen, dass der damit verbundene Machtmissbrauch und die verachtenswerte Gemeinheit dessen, was David getan hatte, für Gott ebenso abscheulich waren. Gott hatte David so viel gegeben, und trotzdem dachte er, er hätte das Recht, sich das zu nehmen, was einem anderen gehörte. Indem er das Gesetz brach, verachtete er nicht nur das Wort des Herrn, sondern auch Gott selbst, indem er so tat, als seien die Gaben, die Gott ihm gegeben hatte, nicht ausreichend. Derjenige, dem das Privileg einer besonderen Beziehung zu Jahwe zuteil geworden war, hatte Gott faktisch ins Gesicht gespuckt. Endlich dämmert David das Ausmaß seiner Sünde. Er hat nicht nur gegen Batseba und Urija gesündigt, was schon schlimm genug gewesen wäre, sondern auch gegen den HERRN (13). Er hatte so gehandelt, als ob Gott und sein Wort keine Rolle spielten. Als Konsequenz aus seinem Verhalten wird ihm gesagt, dass das Schwert nie mehr von deinem Haus weichen soll (10). Das Buch der Könige, in dem die Geschichte der Monarchie nach Davids Tod aufgezeichnet wird, könnte als ein Bericht über die anhaltende Spannung zwischen dieser Vorhersage und Gottes Versprechen in 7,15, dass „meine Liebe niemals von ihm weichen wird“, gesehen werden.

Mary J. Evans – Die Botschaft von Samuel – Persönlichkeiten, Potenzial, Politik und Macht

Aus diesen Überlegungen geht klar hervor, dass David Gottes Gunst oder Anerkennung nicht wegen eines sündlosen Lebens erlangte. Obwohl sein Verhalten größtenteils vorbildlich war und sein Mut und seine Fähigkeiten als Anführer unvergleichlich waren, gefiel er Gott nicht wegen dieser Dinge besonders. Vielmehr wurde sein Herz als šālēm (KJV, „vollkommen“; NASB, „ganz und gar hingegeben“; NIV, „voll und ganz hingegeben“) mit Jahwe, seinem Gott, bezeichnet (1. Könige 11:4; 15:3), weil er so sehr an die Macht und Gnade Gottes glaubte. Das Adjektiv šālēm bedeutet im Grunde „vollständig, ganz, gesund, fertig“ oder auch „in Frieden mit [ʿim] jemandem.“ (Das Wort ist verwandt mit šālóm, „Frieden, Wohlergehen“.) Das heißt, Davids Herz war ganz für Gott da, und Gott war der Grund für sein Leben. Viele seiner Psalmen bringen seine tiefe Verbundenheit mit dem Herrn, seine Freude an der Gemeinschaft mit Gott und sein volles Vertrauen in seine erlösende Kraft zum Ausdruck.

Außerdem konnte David nie lange ohne Gemeinschaft mit Gott bleiben. Psalm 32 offenbart, welche unerträglichen Qualen er nach der Affäre mit Batseba durchlebte, bis schließlich der Prophet Nathan zu ihm kam und seine Verbrechen im Namen Jahwes verurteilte (2 Sam. 12:7-10). Ein unbedeutenderer Mann hätte sich gegen diesen kühnen Propheten aufgelehnt und ihn hinrichten lassen. Aber einer der größten Vorzüge von Davids Charakter war seine Fähigkeit, Zurechtweisung anzunehmen, seine völlige Sündhaftigkeit anzuerkennen (vgl. Ps 51,3-5) und sich der Barmherzigkeit Gottes anzuvertrauen, der ihm vergibt, ihn reinigt und ihn wieder in die heilige Gemeinschaft einführt.

Der Gläubige, der sich Schuld und Versagen in der Weise stellen kann, wie David es tat, ist in einem tiefen Sinn ein Mann nach Gottes eigenem Herzen – ein Mann, von dem Gott Samuel sagte, dass er nach ihm Ausschau halten würde, nachdem Saul durch seinen Ungehorsam seine Gunst verwirkt hatte (1. Sam. 13,14). David war diese Art von Sohn und Diener des Herrn; er war ein ʾîš kilbābôe („ein Mann nach seinem Herzen“). Als solcher wurde er zum Vorbild für alle Gläubigen, die sich von ganzem Herzen dafür einsetzen, dem Herrn zu gefallen, seinem Wort zu gehorchen und die Sache seines Reiches auf Erden voranzubringen. Gott konnte ihm große Verantwortung und beständige Siege auf dem Schlachtfeld anvertrauen, weil Davids Hauptziel darin bestand, Gott zu verherrlichen, und nicht darin, sich selbst zu verherrlichen oder zu gefallen. Der Apostel Paulus erinnerte an diese vorherrschenden Züge in Davids Leben und lobte ihn vor der Gemeinde in Antiochia Pisidiae mit den Worten: „Und nachdem er ihn [Saul] abgesetzt hatte, erweckte er David zu ihrem König, von dem er auch Zeugnis ablegte und sagte: Ich habe David, den Sohn Isais, gefunden, einen Mann nach meinem Herzen [kata tēn kardian mou], der alles tun wird, was ich will“ (Apostelgeschichte 13:22, NASB).

Die Herrlichkeit Gottes, der Wille Gottes und die liebevolle Gemeinschaft mit ihm waren für König David das Wichtigste, auch wenn es in dieser Beziehung zeitweise Schwankungen gab. Aber selbst nachdem er in Sünde und Versagen gefallen war, wusste David der Gnade und vergebenden Liebe Gottes genug zu vertrauen, um seine Schuld in einer Haltung wahrer Reue zu bekennen und zu verlassen, um auf dem Weg der Heiligkeit wieder mit dem Herrn Schritt zu halten. Ein solcher Gläubiger ist mit Sicherheit ein Mann oder eine Frau nach Gottes eigenem Herzen!

Gleason L. Archer – Neue Internationale Enzyklopädie der Bibelschwierigkeiten

Na klar kann man David auf Grund dieses einen Falls – der nur an einer Stelle der Bibel erwähnt wird – Gier unterstellen. Aber ich würde behaupten, dass der David der Bibel eben nicht auf diesen einen großen schweren Fehler beschränkt werden sollte! Oder möchten die Menschen, die David Gier als Eigenschaft unterstellen, auch auf die gemachten Fehler reduziert werden? Oder sind diese Menschen vielleicht selbst sehr gierig, und wollen dass du als Leser und Hörer ihrer Botschaften ihnen „dein Geld schenkst“ – und auch deine persönliche Beziehung soll nicht mehr direkt, sondern nur noch über diese Personen laufen??   Denken wir bei David immer daran, wie Jehovah das Leben von David zusammenfasst: „ein Mann nach meinem Herzen“!

mit großer lauter Stimme

Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist! Und als er dies gesagt hatte, verschied er.
Elberfelder 1871 – Lukas 23,46

Und nachdem Jesus mit großer, ‹lauter› Stimme gerufen hatte, sagte er: „Vater, in deine Hände werde ich meinen Geist übergeben.“
Und als er dieses gesagt hatte, hauchte er aus (näml. den Geist).
Jantzen & Jettel 2017 – Lukas 23:46

Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: „Vater, deinen Händen vertraue ich meinen Geist an.“ Als er das gesagt hatte, verschied er.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – Lukas 23,46

Matthäus und Markus betonen, wie grausam Jesu Tod war. Lukas weist dies nicht zurück, aber er berichtet Jesu Worte – zitiert nach Psalm 31,6 –, wodurch angezeigt wird, dass sein Tod in Übereinstimmung mit dem Willen des Vaters stand.

starb er Dies ist nicht die normale Art und Weise, den Tod zu beschreiben. Keines der Evangelien verwendet normale Ausdrücke im Hinblick auf den Tod Jesu.

Reformations-Studien-Bibel

Ich übergebe meinen Geist! Jesu eigener menschlicher Geist kehrte in die Gegenwart Gottes, des Vaters, zurück (siehe V. 43 und Anmerkung zu Johannes 19:30; auch Ps. 31:5; Prediger 12:7; Apg. 12:7; Apostelgeschichte 7:59; 1. Petr. 4:19). nachdem er dies gesagt hatte, hauchte er seinen letzten Atemzug. Selbst im Tod hat Jesus noch die Kontrolle über die Dinge (siehe Anmerkung zu Johannes 10,17).

Die ESV Studienbibel

in deine Hände: Die letzten Worte Jesu stammen aus Ps. 31,5, wo es sich um das Vertrauensgebet eines rechtschaffenen Leidenden handelt. Jesus hat diesen Glauben hier ausgeübt.

Die Nelson Studienbibel

Wird ein emotional aufwühlendes Ereignis 2.000 Jahre lang von Millionen Leuten nach- und weitererzählt – wie viele Versionen gibt es dann? Wenn Sie alle Gemälde, Skulpturen, Romane, Gedichte, Sachbücher, Choräle, Theaterstücke, Filme, Opern und Oratorien über die Kreuzigung Jesu – von Bachs »Matthäuspassion« über die »Passionsspiele Oberammergau« bis zu »Jesus Christ Superstar« – studieren wollen, reicht ein Leben nicht aus.
Wie Jesus starb, erzählen vier Evangelien nüchtern und fast deckungsgleich. Was seine letzten Worte waren, erinnern die Zeugen abweichend als »Es ist vollbracht« (Johannes 19,30), »Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist« (Lukas 23,46) oder »Mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matthäus 27,46; Markus 15,34). Die Mutmaßungen, was das bedeutet, gehen schon währenddessen los, die symbolträchtigen Schrecken auch. Drei namentlich genannte Frauen »unter den vielen Frauen, die ihm nachfolgten«, sollten einer männerdominierten Kirche zu denken geben. Wo sind eigentlich die männlichen Jünger?
Auffällig, was alles nicht passiert: kein empörter Protest von Jesus-Sympathisanten. Keine Engel-Heerscharen zur Rettung in letzter Minute. Kein geisterhaftes Verschwinden des Gequälten. Nur Sterben. Banal final. Und wo ist Gott? Warum antwortet er seinem Gesandten nicht, der gerade alles erleidet, was Prophet Jesaja voraussah (Jesaja 52–53)? Die Antworten darauf sind so zahllos wie die Kunstwerke darüber. Die radikalste wäre paradox plausibel: Gott ist in ihm am Kreuz. Gott ist mit dem Leidenden. Kein Sterbender ist »gottverlassen«. Kapiert hat das nur ein »heidnischer« römischer Militär.

Andreas Malessa – 111 Bibeltexte, die man kennen muss

In dem Bericht über seine Verhaftung wird sehr deutlich, wer die Kontrolle hat. Es waren nicht die jüdischen Führer, die die Kontrolle hatten; es waren nicht die Römer, die die Kontrolle hatten; es war nicht Satan, der die Kontrolle hatte; vielmehr war Jesus in totaler Kontrolle.

In Lukas 23,46 heißt es zum Zeitpunkt seines Todes, dass er „seinen Geist“ aus seinem Körper entließ. Wenn Jesus gewollt hätte, hätte Er für immer lebendig an diesem Kreuz hängen können! Er würde nur an dem Punkt sterben, an dem er sich entschied zu sterben, und so war er es, der seinen Geist aus seinem Körper entließ.

Arnold Fruchtenbaum – Die Agonie von Gethsemane

Die Evangelien berichten auf verschiedene Weise von mehreren ungewöhnlichen Ereignissen, die sich in Verbindung mit dem Tod und der Auferstehung Jesu ereigneten: das Zerreißen des Tempelvorhangs, ein Erdbeben, die Öffnung der örtlichen Gräber und die Auferstehung ihrer Insassen sowie die Finsternis, die das Land bedeckte (Mt 27,51-56; Mk 15,38-41; Lk 23,44-49). Warum haben die Schreiber diese Details aufgenommen? Obwohl Ausleger Theorien für jedes Ereignis vorgeschlagen haben, sind diese Ereignisse am besten als Ganzes zu verstehen, da sie zusammen ein Bild von Gottes Gericht über eine Welt darstellen, die durch den Sündenfall ins Chaos gestürzt wurde, und gleichzeitig die Verheißung der Wiederherstellung des Eden bekräftigen.
Die meisten Ausleger betrachten das Zerreißen des Vorhangs und die damit verbundene Finsternis und das Erdbeben als Zeichen dafür, dass das alte System des Gesetzes und des Opfers mit dem Tod und der anschließenden Auferstehung des Messias obsolet geworden war. Während dieses Verständnis später in der Geschichte der frühen Kirche deutlich werden sollte, ist es keineswegs klar, dass die Menschen im ersten Jahrhundert diese seltsamen Ereignisse auf diese Weise interpretiert hätten. Es ist wahrscheinlicher, dass diejenigen, die das erlebten, was die Schreiber der Evangelien beschreiben, an die kosmischen Kräfte des Chaos gedacht hätten – die Unordnung, die vor Gottes Schöpfungsakt in Genesis 1 angedeutet wird und die die Welt nach der Rebellion in Eden überwältigt hat.

Die Ereignisse, die den Tod Jesu begleiten – die Finsternis, das Erdbeben, der zerrissene Schleier, die geöffneten Gräber – bilden die Bühne für die wiederherstellende Kraft seiner Auferstehung, die die Rückkehr Edens im globalen Maßstab signalisiert.

Michael S. Heiser – Die Bibel ungefiltert – Annäherung an die Heilige Schrift nach ihren eigenen Bedingungen

Lukas reiht an diese beiden Ereignisse den letzten Ausruf Jesu, worauf Er dann sogleich verschied. Die Bitte: „Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!“ erinnert an Ps 31, 6, in dem aber die Anrede „Vater“ fehlt. Die Begründung im 31. Psalm: „Denn Du hast mich erlöst, Herr, getreuer Gott!“ betet Jesus nicht mit. Es ist in jenem Psalm das völlige Vertrauen auf Gott, den Retter aus der Lebensgefahr, ausgesprochen. Jesus spricht dagegen das volle Bewußtsein ungetrübter Einheit mit dem Vater im Himmel aus, Dessen Obhut Er im Sterben Sein irdisches Leben anvertraut.

Wuppertaler Studienbibel

Indem der Herr die ihm angebotene körperliche Erfrischung annahm, deutete er einmal mehr die Vollendung seines Leidenswerkes an. Denn so wie Er es nicht mit durch narkotisierten Wein betäubten Sinnen und körperlichem Bewusstsein betreten wollte, so wollte Er es auch nicht mit durch den absoluten Ausfall der Lebenskraft betäubten Sinnen und körperlichem Bewusstsein wieder verlassen. Daher nahm Er das, was für den Augenblick das körperliche Gleichgewicht wiederherstellte, das für Gedanken und Worte notwendig war. Und so ging Er sofort weiter, um „den Tod für jeden Menschen zu schmecken“. Denn nun folgten in rascher Folge die beiden letzten „Aussprüche“ des Heilands: erstens der mit lauter Stimme, der zum Ausdruck brachte, dass das ihm aufgetragene Werk, soweit es sein Leiden betraf, „vollendet“ war, und zweitens der mit den Worten von Psalm 31,5, mit dem er seinen Geist in die Hände des Vaters empfahl. Versuche eines Kommentars könnten die feierlichen Gedanken, die die Worte wecken, nur abschwächen. Dennoch sollten einige Punkte für unsere Lehre beachtet werden. Sein letzter Schrei „mit lauter Stimme“ war nicht wie der eines Sterbenden. Der heilige Markus schreibt, dass dies einen tiefen Eindruck auf den Hauptmann machte. In der Sprache des frühchristlichen Hymnus war es nicht der Tod, der sich Christus näherte, sondern Christus der Tod: Er starb ohne den Tod. Christus begegnete dem Tod nicht als Besiegter, sondern als der Überwinder. Und auch das war Teil seines Werkes, und zwar für uns: der Beginn seines Triumphes. Und damit stimmt auch die eigentümliche Sprache des Johannes überein, dass Er „das Haupt beugte und den Geist aufgab“ (τὸ πνεῦμα).

Wir sollten auch die Besonderheiten Seiner letzten Ansprache nicht übersehen. Der „Mein Gott“ des vierten Psalms war wieder in den „Vater“ der bewussten Gemeinschaft übergegangen. Und doch kommt weder im hebräischen Original dieses Psalms noch in seiner griechischen Übersetzung durch die LXX das Wort „Vater“ vor. Auch in der Übersetzung des hebräischen Textes durch die LXX. steht dieses Wort, das die Beauftragung ausdrückt, im Futur; im Munde unseres Herrn steht es im Präsens. Und das Wort bedeutet im neutestamentlichen Sinn nicht nur empfehlen, sondern auch hinterlegen, zur sicheren Aufbewahrung übergeben. Dass er im Sterben – oder besser gesagt, als er dem Tod begegnete und ihn überwand – diese Worte wählte und anwandte, ist Anlass zu tiefster Dankbarkeit für die Kirche. Er hat sie für sein Volk in einem doppelten Sinn gesprochen: für sie, damit sie fähig sind, sie zu sprechen, und „für sie“, damit sie sie fortan nach ihm sprechen können. Wie viele Tausende haben sich auf sie gestützt, wenn sie zur Ruhe gehen wollten! Es waren die letzten Worte eines Polykarp, eines Bernhard, eines Huss, eines Luther und eines Melanchthon. Und auch für uns mögen sie das passendste und sanfteste Wiegenlied sein. Und in „dem Geist“, den er Gott anvertraut hatte, stieg er nun hinab in den Hades „und predigte den Geistern im Gefängnis“. – 1 Petr. 3:18, 19 – Aber hinter diesem großen Geheimnis haben sich die zweiflügeligen Tore aus Messing verschlossen, die nur die Hand des Eroberers aufsprengen konnte.

Alfred Edersheim – Das Leben und die Zeiten von Jesus dem Gesalbten

Aber so verfahren diese Leute ja auch mit den übrigen Heiligen Schriften

Und achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen seinen (W. den) Briefen, wenn er in denselben von diesen Dingen redet, von denen etliche schwer zu verstehen sind, welche die Unwissenden und Unbefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben.
Elberfelder 1871 – 2.Petrus 3,15–16

Genau dasselbe hat euch auch unser lieber Bruder Paulus geschrieben, dem Gott viel Weisheit gegeben hat. Er sagt das in allen seinen Briefen, wenn er über dieses Thema schreibt. Es gibt in ihnen allerdings einige schwierige Stellen. Die werden von unverständigen Leuten missdeutet, die im Glauben nicht gefestigt sind. Aber so verfahren diese Leute ja auch mit den übrigen Heiligen Schriften. Sie verurteilen sich damit selbst zum Untergang.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 2.Petrus 3:15b–16

So hat es euch ja auch unser lieber Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben, und dasselbe sagt er in allen Briefen, wenn er über diese Dinge spricht. Einiges in seinen Briefen ist allerdings schwer zu verstehen, was dazu führt, dass die Unbelehrbaren und Ungefestigten es verdrehen. Aber das tun sie auch mit den übrigen Heiligen Schriften, und sie tun es zu ihrem eigenen Verderben.
(An welchen Paulusbrief hier gedacht ist, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, aber vergleiche zu Vers 15a (Gottes Geduld) z. B. Römer 2,4 und zu den Versen 11 bis 14 (Vorbereitung auf das Kommen von Jesus Christus) z. B. Römer 13,11–14; 1. Korinther 1,7–9; 7,29–35; 2. Korinther 5,6–10; Galater 6,7–10; Epheser 4,30–32; Philipper 2,14–16; 4,5; Kolosser 3,1–6.23–25; 1. Thessalonicher 5,4–11.)
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 2.Petrus 3,15b–16

Verse oder sogar Teile eines Verses aus dem Zusammenhang reißen, um die „eigene Lehre“ zu untermauern – oder um diese dann „zu vergeistigen“. Ist das etwas neues? Nein! Diesen Fehler gab es schon in der Zeit des Petrus – und er nennt diese Menschen, die Verse aus dem Zusammenhang reissen ganz nett „Unwissende und Ungefestigte“. Also was können wir gegen solche „Irrlehrer“ tun? Die Menschen auffordern, die Bibel als ganzes Buch zu lesen – und beim Lesen unbedingt durch Gebet um den „heiligen Geist“ bitten!

Ein Fehler den ich heute beobachte: Jehovah wird nicht mehr in den Mittelpunkt der Predigt gestellt – auch Jesus Christus rückt in den Hintergrund. Statt dessen ist der Leser/Hörer der Mittelpunkt der Predigt/des Lesestoffs – es geht nur noch darum, dass ich mich gut fühle, dass es mir gut geht, dass ich ewiges Leben erhalte, dass ich mich ändere. Aber in der Bibel geht es um den Schöpfer und die Lösung die ER anbietet: das ist das Opfer Jesu! – und ER verändert die Gläubigen – nicht die Gläubigen ändern sich selbst. Der Gläubige kann sich nicht ändern, der Gläubige kann nicht die Wunden der Vergangenheit heilen – dass kann nur Jehovah!

DIE Geistlichkeit der Christenheit bildet zwei allgemeine Klassen: die Positiven (Fundamentalisten) und die Liberalen (Modernisten) oder höheren Kritiker. Sie haben verschiedene Ansichten über die Bibel. Der Positive faßt sie ganz buchstäblich auf, der höhere Kritiker reißt sie ganz auseinander. Der Positive befleckt sie mit Heidentum, indem er Lehren lehrt wie die Dreieinigkeit, die ewige Qual, das Fegfeuer und andere Glaubensansichten, wie sie die Heiden lange vor der Zeit Christi lehrten. Als das abtrünnige Christentum vom vierten Jahrhundert an katholisch oder universell wurde, nahm es heidnische Lehren an, um den Heiden zu gefallen und sie zum Namenchristentum zu bekehren. In dem eitlen Bemühen, einen Zusammenprall mit Gottes Wort zu vermeiden, verdrehen positive Geistliche gewisse Texte, damit sie in ihr Heidentum hineinpassen, wie Petrus es gesagt hatte: „Deren Sinn die Ungelehrten und Unbefestigten verdrehen, wie sie es auch mit den übrigen Schriften tun, zu ihrem eigenen Verderben.“ (Matthäus 15:6-9; 2 Petrus 3:16, NW) Obwohl die Positiven behaupten, auf biblischer Wahrheit aufzubauen, stützen sie ihren Glauben auf heidnische Sagen. Ihre falschen Darstellungen über Gott und Christus veranlassen viele, sich von der Bibel wegzuwenden. So geben sie sich als Werkzeuge hin, um den Glauben an Gott und sein Wort niederzureißen.

Wachtturm – 15.November1953

In Jeremias Tagen eigneten sich falsche Propheten Jehovas Worte an, um sie anzuführen und mit ihren Lügen zu vermischen und ihrer Mischung ein Aroma der Wahrheit zu verleihen, damit so ihre Lügen eher angenommen wurden, weil etwas Wahrheit damit verflochten war. Jehova mißbilligte dies: „Darum, siehe, ich will an die Propheten, spricht Jehova, die einer vom anderen meine Worte stehlen.“ (Jeremia 23:30) Sowohl positive als liberale Glaubensrichtungen von heute tun dasselbe, indem sie gewisse Texte biegen und drehen, um ihre heidnischen Lehren oder philosophischen Theorien anscheinend zu stützen. So geben sie den trügerischen Reden, mit denen sie die Ohren derer kitzeln, die die unverfälschte Wahrheit des Wortes Jehovas nicht wirklich wünschen, ein biblisches Aroma. Durch dieses Verdrehen der Schrift wird der breite Weg zum Verderben gebahnt, wie der Apostel Petrus es sagte: „Darin jedoch sind einige Dinge schwer zu verstehen, deren Sinn die Ungelehrten und Unbefestigten verdrehen, wie sie es auch mit den übrigen Schriften tun, zu ihrem eigenen Verderben.“ (2 Petrus 3:16, NW)

Wachtturm – 15.April 1955

Aber zurück zu dem Vers aus 2.Petrus

den übrigen Heiligen Schriften Petrus sieht hier die paulinischen Briefe, die in Vers 15 erwähnt wurden, in der gleichen Kategorie wie die inspirierten, autoritativen Schriften des ATs (V. 15; 1,20f.) und diese in Übereinstimmung mit dem eigenen Anspruch des Paulus als einzigartige apostolische Autorität (Röm 1,1; 1.Kor 2,13; Gal 1,1). Dies ist ein wichtiger Vers, um zu zeigen, dass die Apostel beabsichtigten, uns neue Bundesschriften zu übermitteln, als sie ihre Werke niederschrieben.

Reformations-Studien-Bibel

Bezüglich der Verzerrung der Lehre des Paulus. Die Verzögerung der Wiederkunft Christi sollte als seine Geduld gewertet werden, mit der er die Menschen zum Heil führt (vgl. V. 9; Röm. 2,4). Der Apostel Paulus schrieb irgendwann vor der Abfassung des 2. Petrusbriefes an dieselben Leserinnen und Leser, und offenbar benutzten die Irrlehrer aus Kap. 2 eine verdrehte Version von Paulus‘ Evangelium der Freiheit (vgl. 2,19; auch Röm. 8,1-5; 2. Kor. 3,1-18; Gal. 5,1-6), um einige von ihnen zur Sünde zu verführen.

3:16 In allen seinen Briefen zeigt, dass er sich einer Art Sammlung von Paulusbriefen bewusst ist, wobei die Anzahl hier nicht genannt wird. Manche Dinge … sind schwer zu verstehen Das heißt nicht, dass alles in den Paulusbriefen schwer zu verstehen ist, und es heißt auch nicht, dass irgendetwas „unmöglich zu verstehen“ ist, aber es bedeutet, dass die richtige Auslegung einiger schwieriger Schriftstellen viel Mühe und gottgegebene Weisheit erfordert. Die Unwissenden und Unbeständigen verdrehen die Lehren des Paulus genauso wie die anderen Schriften, was darauf hindeutet, dass die Schriften des Paulus auch in der neutestamentlichen Zeit als Schrift angesehen wurden und auf der gleichen Ebene der göttlichen Autorität standen wie die alttestamentliche Schrift. Das griechische graphē, das hier mit „Schrift“ übersetzt wird, kommt im NT 51 Mal vor und bezieht sich jedes Mal auf die kanonische alttestamentliche Schrift und nicht auf andere Schriften, außer dass zweimal (hier und in 1 Tim 5,18) auch einige neutestamentliche Schriften eingeschlossen sind. Das zeigt, dass die neutestamentlichen Bücher, die von den Aposteln Christi geschrieben oder autorisiert wurden, schon sehr früh als Gottes Wort anerkannt wurden.

Die ESV Studienbibel

Beachte, dass Petrus die Briefe des Paulus mit dem Rest der Heiligen Schrift gleichsetzt, was darauf hindeutet, dass Petrus die Schriften des Apostels Paulus für das Wort Gottes hält. Beachte, dass Petrus die Schriften des Paulus über die Endzeit als schwer zu verstehen ansieht. Das sollte ein Trost für jeden von uns sein, der versucht, die Schriften des Paulus über das Kommen Christi zu interpretieren. Selbst Petrus fand sie schwierig. Deshalb sagt Petrus, dass manche Menschen, die ungelehrt und unbeständig sind, sich selbst zerstören. Ungelehrt bezieht sich auf jemanden, dessen Verstand nicht geschult und dessen Denkgewohnheiten nicht diszipliniert sind. Unbeständig ist jemand, dessen Verhalten nicht richtig auf den Wahrheiten des Wortes Gottes beruht.

Die Nelson Studienbibel

Eine der in Frage gestellten Lehren war der Glaube an die Wiederkunft des Herrn (2 Petr 3,3-4). Diese Leugnung ging mit dem Gedanken einher, dass das Leben und die Geschichte keine endgültige Bestimmung hätten. Der Autor des 2. Petrusbriefs bekräftigte angesichts dieser Skepsis nachdrücklich die traditionelle Lehre. Aber er tat dies auf eine Art und Weise, die darauf hindeutet, dass die Erwartung der Wiederkunft des Herrn sehr schwach geworden war: „Vergesst das nicht, meine Lieben, dass bei dem Herrn ein Tag wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag“ (2 Petr 3,8). Die Lehre wird als dogmatischer Grundsatz bekräftigt, aber sie hat keinen starken Einfluss auf das tägliche Leben.

Der zweite interessante Punkt ist der Hinweis darauf, dass die Paulusbriefe zu diesem Zeitpunkt einen fast offiziellen Status erlangt haben und eindeutig als „Schrift“ für die Gemeinde angesehen werden (2 Petr 3,15-18). Offensichtlich beriefen sich die Irrlehrer in der Gemeinde auf die Briefe des Paulus und nutzten sie als Unterstützung für ihre Lehre. Der Autor des 2. Petrusbriefes weist im Namen des Petrus einen solchen Missbrauch zurück und gibt den Briefen seines „geliebten Bruders Paulus“ seine Zustimmung. Die Erinnerung an die früheren Spannungen zwischen Petrus und Paulus (vgl. Gal 2,11-14) wurde durch die Ansicht späterer Jahrzehnte ersetzt, dass Petrus und Paulus die beiden Hauptfiguren der frühen Gemeinde waren.

Frederick J. Cwiekowski – Die Anfänge der Kirche

Indem Petrus den Apostel Paulus beglaubigt, weist er auf drei Dinge hin. Erstens ist in Vers 15a die Langmut Gottes das Thema; diese Langmut ist zur Rettung. Anders ausgedrückt: Die Verzögerung Gottes bei seinem Versprechen der Wiederkunft geschieht, um noch mehr Menschen Möglichkeit und Zeit zur Rettung zu geben.

Zweitens erinnert Petrus die Gläubigen in Vers 15b daran, dass Paulus ebenfalls schon über dieses Thema an sie geschrieben hat; und das Schreiben kam aus der Weisheit des Paulus. Ganz eindeutig hegt Petrus Bewunderung für Paulus und dessen Weisheit. Petrus bezeichnet Paulus als den geliebten Bruder. Trotz der Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen – trotz des negativen Zwischenfalls, der sich in Galater 2,11-21 zugetragen hat – hielt Petrus den Paulus immer noch für einen geliebten Bruder. Petrus kam zu der Erkenntnis, dass Paulus recht hatte, als er ihn rügte. Jetzt erwähnt er, dass Paulus dieselben Dinge an diese Gläubigen geschrieben hat. Wenn Petrus sagt: Paulus . . . hat euch geschrieben denkt er mindestens an das Buch der Galater; denn 2 Petrus wurde an dieselbe Gruppe von Gläubigen geschrieben wie 1. Petrus, und in 1 Petrus 1,1 wird Galatien erwähnt.

Drittens diskutiert Petrus in Vers 16 die Briefe des Paulus und sagt, dass Paulus ebenfalls von diesen Dingen geredet hat. Damit meint er, dass Paulus in seinen Briefen ebenfalls von falschen Lehrern gesprochen hat. Petrus gibt zu, dass einige der von Paulus geschriebenen Dinge schwer zu verstehen sind. Ein einziges griechisches Wort (dusnoetos) wird hier für den Ausdruck schwer zu verstehen gebraucht. Alles, was Paulus geschrieben hat, ist zu verstehen; doch einige der von ihm geschriebenen Dinge verlangen sehr viel Zeit und Mühe beim Studium. Petrus sagt noch etwas anderes über Paulus’ Schriften: Die falschen Lehrer verdrehen die paulinischen Schreiben, wie sie es auch mit den übrigen Schriften tun. Das mit verdrehen übersetzte Wort stammt vom griechischen stebloo; das bedeutet »pervertieren« oder »drehen«. Das mit andere übersetzte griechische Wort bedeutet »andere von derselben Art«. Das zeigt, dass Petrus die paulinischen Episteln für »Heilige Schrift« hielt. Wichtig ist die Erkenntnis: Es wurde nicht von irgendeinem Kirchenkonzil festgelegt, welche biblischen Bücher in den Kanon aufgenommen werden sollten und welche nicht. Wenn etwas kanonisch war, wurde es sofort als Heilige Schrift erkannt. Petrus nimmt die paulinischen Briefe eindeutig nicht nur als Sendschreiben, sondern als Heilige Schrift. Sie haben dieselbe Autorität wie die anderen Schriften – damit ist das Alte Testament gemeint. Was Petrus von Paulus schreibt, zeigt, dass sie sich trotz ihrer früheren Probleme miteinander versöhnt haben.

Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe

Wohl sind von den Dingen, die Paulus schreibt, »etliche schwer zu verstehen«, aber sie sind nicht unverstehbar. Wie wir einerseits der Herrlichkeit gewiss sein können (Röm 5,2), weil wir aus Gnade gerettet sind (Eph 2,8), und dennoch dem Ziel nachjagen müssen (Phil 3,12–14), das verdrehen viele der Unwissenden und machen aus der reinen Gnadenlehre des Apostels einen Bastard, eine Lehre, nach der Menschengebote nötig sind, um die Gnade abzusichern. Die böse Folge ist, dass damit der Mensch immer mehr in den Mittelpunkt gerückt wird, also zunehmend den Platz einnimmt, der Gott allein zusteht. Menschliche Anstrengung tritt an die Stelle der Gnade Gottes, der Wille des Menschen soll anstatt des Willens Gottes für das Heil verbürgen. Andere wiederum folgern aus der Gnadenlehre, sie könnten in der Sünde verharren, weil das Gottes Gnade nur noch größer machen müsse (Röm 5,20–6,1), und erliegen der falschen Lehre, vor der Petrus oben in 2,1–2 gewarnt hat.
Die »Unwissenden« haben keine Entschuldigung, wenn sie unwissend sind, denn Gott hat uns alles offenbart, was wir wissen müssen, und er hat uns alle Mittel in die Hand gegeben (siehe Auslegung zu 1,4), damit wir wissen und in diesem Wissen stets zunehmen können. Weil viele das nicht tun, »verdrehen« sie die Wahrheiten der Glaubenslehre. Hier steht das im NT nur an dieser Stelle belegte Wort στρεβλοω, strebloō, vom Hauptwort streblē, ein »Werkzeug zum Drehen«, eine »Walze« oder »Winde«. Das Verb bedeutet auch »foltern«, »quälen«, das dadurch geschieht, dass man dem Opfer die Gliedmaßen verdreht oder gar ausrenkt. So behandeln diese Leute Gottes Wort.
Die Unwissenden sind auch »die Unbefestigten«, denn wir können nur befestigt werden in der Wahrheit, wenn wir sie kennen. Das aber bedeutet, dass wir allen Fleiß aufwenden müssen, um im Verständnis der Heilslehre zu wachsen. Wir müssen eben, wie Petrus in 1,5–10 sagt, zusehen, dass wir unsere Berufung und Erwählung fest machen. Dann werden wir befestigt sein und uns weder von den falschen Lehrern verleiten lassen (2,14) noch die Schriften verdrehen zu unserem Schaden: Wer Gottes Gnade und die daraus fließenden Ergebnisse im Heil und im Wandel des Gläubigen verdreht und damit den Gott der Gnade verunehrt und den Willen des Menschen an die Stelle des göttlichen Heils- und Herrscherwillens setzt, tut das zu seinem eigenen »Verderben«, apōleia (das gleiche Wort wie in 2,1 [2-mal]; 2,3; 3,7).
Wir hatten in V. 15 gesehen, dass Petrus und Paulus übereinstimmten in allem, was sie lehrten. Nun stellt Petrus die Briefe des Apostels Paulus und damit auch seine eigenen Briefe auf die gleiche Ebene mit den »übrigen Schriften«, und das heißt nichts anderes als mit dem ganzen Alten Testament. Alle Schriften des Neuen Testaments sind vom gleichen Geist inspiriert wie alle Schriften des Alten Testaments. Der Geist, der Mose und die Propheten erfüllte und beim Schreiben führte (1,21), lehrte, inspirierte und führte auch die Apostel. Dass der Heilige Geist genau das tun würde, hatte der Herr vor seinem Weggang ausdrücklich angekündigt (Joh 16,13).

Benedikt Peters – Kommentar zu 2. Petrus


Der Mensch im Mittelpunkt ??

und wieder einer der vielen Höhepunkte bei Johannes Hartl:

Jetzt kann man sagen: „Was ist denn, wenn das alles so wichtig und so wunderbar ist, was ist denn in unserer Zeit ein Feind? Was ist etwas, das dem entgegensteht?“ Und mir scheint, selbst wenn man auf die christliche Kirche schaut, ein Wort wahr zu sein, das aus einer vergangenen Epoche stammt, nämlich aus dem Sozialismus. Ein Slogan der DDR war: „Der Mensch steht im Mittelpunkt der sozialistischen Gesellschaft.“ Der Satz „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ steht bei der Krankenkasse, steht bei manchen Firmen, das sagen auch manche Kirchen. Damit ist erst mal was Schönes gemeint. Damit ist gemeint: Wir kümmern uns um den Einzelnen. Das ist gut. Man muss niemanden verurteilen, der so einen Satz sagt. Und er ist doch zutiefst falsch, weil wir Menschen nicht dafür gemacht sind, nur um Menschen zu kreisen, so wie das Auge nicht dafür gemacht ist, immer Augen anzuschauen. Wenn mein Auge offen ist, dann sieht mein Auge nicht Auge, sondern mein Auge sieht Stuhl, Mensch, Wand. Das heißt, das Auge ist nicht bei sich selbst. Das Auge ist dann gesund, wenn es sich gar nicht selbst sieht, sondern es ist offen für das, was da ist. Wenn das Auge sich selbst sieht, würde ich sagen: „Oh, ich sehe mein Auge gerade.“ Wenn du dein Auge siehst, dann hast du einen grünen Star. Oder eine Trübung in der Linse. Dann siehst du dein Auge. Und dann ist dein Auge mit dir selbst beschäftigt und du denkst: „Was ist denn mit meinem Auge schon wieder los?“ Wenn der Mensch sich die ganze Zeit mit Menschen beschäftigt, verliert er seine Pointe.

Der Mensch ist geschaffen auf ein Du hin. Das trifft schon auf Menschen zu. Menschen sind dann gesund, wenn sie nicht nur an sich denken. Ehepaare sind dann gesund, wenn nicht die erste Frage die ist: Wie kriege ich alles, was ich brauche? Sondern die: Wie kann ich den anderen beschenken? Wenn beide das im Sinne haben, wird ein Paar gesund. Ein menschliches Leben wird gesund, wenn ich nicht nur schaue: „Wie bekomme ich meins, wie werde ich glücklich?“ Sondern wenn ich die Frage stelle: „Wie kann ich mich geben?“ So sagt Jesus: „Wer versucht, sein Leben zu retten, der verliert es. Wer sein Leben hingibt, wird es gewinnen.“ Wie das Auge dafür gemacht ist, sich hinzugeben für diese Farben, die da daherkommen.

Und ich möchte es so deutlich sagen, eine Kirche, die um Menschen kreist, wird keine Kraft haben und geht an der Mitte vorbei. Eine alte Geschichte, die ich schon oft erzählt habe und die einfach wahr ist: Treffen sich zwei nach dem Gottesdienst, nach dem Lobpreis, unterhalten sich, wie es ihnen gefallen hat, gehen zum Lobpreisleiter und sagen: „Das neue Lied hat mir nicht gefallen. So viele englische Lieder. Die haben mir nicht gefallen.“ Oder in der Kirche: „Heute der Organist, heute mit dem Chor, das hat mir nicht gefallen. Das Lied, das du heute gesungen hast, das hat mir nicht gefallen.“ Weißt du, was der Lobpreisleiter antworten sollte? „Ach, dir hat das Lied nicht gefallen? Ist nicht so schlimm. Wir haben es gar nicht zu dir gesungen.“ Es ist so. Wir stellen die Frage: „Was können wir tun, dass unser Gottesdienst ansprechend ist für die Leute, die kommen? Was können wir tun, das ansprechend für die jungen Familien ist? Was können wir tun, das ansprechend für die alten und auch für die neuen Leute ist?“ Die Fragen sind gut. Aber es gibt eine Frage, die bedeutend wichtiger ist. Und das ist: „Was können wir tun, dass sich Gott in unserem Gottesdienst wohlfühlt?“

Gott im Mittelpunkt

Das ist die wirklich entscheidende und wichtige Sache. Die Kirche ist die Versammlung des Herrn. Gottesdienst ist der Dienst an Gott. Das ist die Mitte von unserem christlichen Glauben. Es ist nicht, dass wir Menschen bespaßen. Ich kann es nicht anders bezeichnen. Der Mensch steht im Mittelpunkt, das ist der Feind der Furcht des Herrn. Ich nenne diesen Feind Anthropozentrik. Ich übersetze das kurz. Zentrik heißt, dass etwas im Mittelpunkt steht. Anthropos ist der Mensch. Der Feind, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, zieht sich überall durch. Ich kann gar nicht aufzählen, wie viele theologische Irrtümer einfach nur von dem kommen, wenn wir nur vom Menschen her denken. Wie kann ein guter und gerechter Gott zulassen, dass Menschen verlorengehen? Wenn du erstmal das Dogma setzt, dass es alles nur aus menschlicher Perspektive Sinn machen muss und es nur um Menschen geht, dann macht all sowas nicht mehr Sinn. Aber es ist verkehrtherum gedacht. Warum sollte ein Gott es nötig haben, dass jemand am Kreuz stirbt? Das ist doch so grausam. Es ist vom Menschen her gedacht. Wie kann einer Kirche es einfallen, Leuten zu sagen, was sie im Bett miteinander tun dürfen? Es ist vom Menschen her gedacht. Es ist gedacht: „Ich will im Bett tun dürfen, was ich will. Und dann schauen wir mal, wie Religion und Glaube da irgendwie reinpasst.“ Die Denkweise ist: „Ich richte mir meine Welt erst mal selbst ein. Und jetzt schaue ich, wie viel Gott ich da ertragen kann. Dass es mich nicht zu sehr stört.“

Und Gott ist gnädig, der spielt da sogar ein bisschen mit. Gott lässt sich sogar manchmal verwenden. Selbst Menschen, die ihm nur so einen kleinen Spalt öffnen, Gott kommt da sogar schon rein. Aber es macht nicht frei. Es ist nicht deine letzte Berufung. Es ist wie das Auge, das sich selbst sieht. Und Gott sagt: „Furcht des Herrn! Erkenn‘erst mal an: Du bist ein Geschöpf. Es gibt einen, der millionenmal größer ist als du.“ Die entscheidende Frage ist: „Wie ist er und was will er von dir? Was ist sein Plan für dein Leben?“ Dein Glück findest du, indem du dich reinnehmen lässt in diesen Plan. Nicht, indem er in deine kleinen Pläne kommt. Nicht, indem er deine kleinen Pläne absegnet. Das tut er nämlich in seiner Gnade oft nicht. Die kleinen Boxen sagen: „Gott, wenn du wirklich gut wärst, würdest du die kleine Box füllen. Die kleine Box meiner Erwartungen.“ Und Gott sagt: „Ich bin viel besser und viel größer als du denkst. Meine Box ist 400 mal 400 Meter. Solang du deine kleine Box festhältst, wirst du in diese große Box gar nicht reingehen wollen, weil meine Perspektive größer und besser ist als alles, was du überhaupt je im Sinn hattest.“

Johannes Hartl – Lebensfragen und Herausforderungen
Bibelausstellung in Wasbüttel

Ich beeile mich und zögere nicht, deine Gebote zu halten

Ich habe meine Wege überdacht, und meine Füße gekehrt zu deinen Zeugnissen.
Ich habe geeilt und nicht gesäumt, deine Gebote zu halten.
Elberfelder 1871 – Psalm 119,59–60

Ich überdenke alle meine Wege
und lenke meine Schritte zurück zu dem, was du als richtig bezeugst.
Entschlossen und ohne zu zögern bemühe ich mich,
deine Gebote zu halten.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Psalm 119:59–60

Ich denke über alle meine Wege nach und richte sie aus nach deinen Zeugnissen.
Ich beeile mich ohne Zögern, deinen Geboten gehorsam zu sein.
Bruns – Psalm 119,59–60

Ich betrachte meine Wege. Nachdem der Prophet – dies ist in kurzem der Gedanke – über den Sinn seines Lebens nachgedacht, fasst er allein den Vorsatz, der Lehre des Gesetzes zu folgen. Dabei wirft er einen stillen Seitenblick auf die Irrwege der Menschen, die sich jämmerlich hierhin und dorthin umtreiben und in ihrer Gedankenlosigkeit völlig gehen lassen. Zwar hält ein jeder scharfen Ausblick und wendet allen Eifer an, zu erreichen, was ihm gut dünkt; aber eben in dieser Wahl zeigen sich alle blind. Mit geschlossen Augen stürzen sie kopfüber vorwärts oder verlieren sich sorglos in Eitelkeiten. Sicherlich betrachtet niemand klüglich seine Wege. Darum erklärt sich der Prophet mit gutem Grunde für den richtigen Lebensgrundsatz, dass man aus der Gedankenlosigkeit aufwache, seine Wege bedenke und endlich einmal nüchtern erwäge, was es eigentlich heißt, sein Leben richtig zu ordnen. Zweitens lehrt er dann, dass ein Mensch, der ernstlich sein Leben regeln will, nichts Besseres ergreifen kann, als dass er dem Herrn folge, wohin er ihn ruft. Wären die Menschen in ihrer Gedankenlosigkeit nicht stumpf, so würden sie sicherlich um die Wette darnach laufen, Gott allein zum Lebensführer zu erwählen.
V. 60. Ich eile usw. Jetzt berichtet der Prophet, mit welchem Eifer er dem Herrn seinen Gehorsam angeboten hat. Denn dass er eilt, ist ein Ausdruck für einen glühenden Eifer. Erläuternd und erweiternd fügt er hinzu: uns säume nicht. Wie der Hebräer sagt: „Ich rede und schweige nicht“, – um ein offenes und rückhaltloses Reden zu beschreiben, so besagt auch dieser Doppelausdruck: „Ich eile und säume nicht“, – dass David ohne jeden Verzug und Aufenthalt vorwärts strebt. Und wenn wir unsere Trägheit uns vergegenwärtigen und auf der andern Seite alle Hemmungen, die Satan unaufhörlich auf unsern Weg wirft, so werden wir schließen dürfen, dass David diesen Zusatz nicht ohne Grund gemacht hat. Denn wenn man auch wahrhaftig und von Herzen sich der Gerechtigkeit Gottes zur Verfügung zu stellen wünscht, so wissen wir doch, was Paulus sagt (Röm. 7, 15. 18 f.), dass er nicht leisten konnte, was er wollte. Wenn also auch kein äußeres Hindernis uns aufhalten sollte, sind wir doch innerlich in so viele Widerstände verstrickt, dass nichts schwerer ist, als ungesäumt zur Erfüllung des göttlichen Gesetzes zu eilen. Im Übrigen wollen wir festhalten, dass der Prophet hier vergleichsweise redet im Blick auf solche Leute, die während des größten Teils ihres Lebens im Rückstand bleiben und nicht bloß zögernd und langsam dem Herrn nahen, sondern voller Bedenken überhaupt stehen bleiben, oder die durch viel verschlungene Umwege sich am Vorwärtskommen hindern. Der Prophet war also in der Verehrung Gottes nicht etwa eifriger als Paulus, sondern will mit diesen Worten nur dartun, dass er wacker darnach ringt, seinen Lauf unbehindert zu vollenden. Sein Beispiel lehrt, dass es ein hohles Gerede ist, wenn wir unsere Trägheit mit den Hindernissen, welche die Welt uns bereitet, oder mit der eignen Schwachheit entschuldigen.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

In Vers 59 spricht der Dichter von einer Selbstprüfung. Als Ergebnis seiner Selbstkritik erwähnt er, dass er seine Füße vermehrt den Zeugnissen des Wortes zugewandt habe. Er möchte die dort vorgegebenen Richtlinien unbedingt einhalten. Nun sollte sich niemand vor der kritischen Prüfung seiner eigenen Wege scheuen. Der Herr möchte, dass man zum Ersten die Überlegungen des eigenen Herzens und zum Zweiten jeden Schritt der täglichen Praxis im Licht des Wortes und vor Seinen Augen überdenkt, wobei das Gewissen in Übung kommen muss (Klgl 3,40; Hag 1,4–7). Um Selbstvorwürfe zu umgehen, könnte man versucht sein, das Schuldbewusstsein infolge eines falschen Weges zu verdrängen. Der Aufrichtige hingegen wird mit dem Bekennen des Verwerflichen vor dem Herrn nicht zögern, damit das Denken und Handeln wieder mit Gottes Willen übereinstimmt. Sonst müsste der Herr, um Schaden abzuwenden, gegebenenfalls züchtigend eingreifen, wie es einst bei dem unentschiedenen Lot geschah (Vers 60; 1 Mose 19,15.16). Der Psalmdichter aber zögerte nicht, sondern beeilte sich, das als richtig Erkannte in die Tat umzusetzen. Er wartete nicht ab, bis die Zeit die Eindrücke seines Gewissens verblassen ließ. Er schob auch keine Hinderungsgründe vor, sondern gehorchte dem Wort sofort. Noch weniger ließ er sich durch Bedrohung seitens der Gottlosen davon abhalten, das zu tun, was Gott wohlgefällig war. Ihr Ränkespiel und ihre Fallen konnten ihn nicht zu unbedachter Gegenwehr veranlassen und erst recht nicht vom Befolgen des Gesetzes ablenken. Er

Karl Mebus – Die Psalmen – Eine Auslegung für die Praxis

»Die große Wende, die im Herzen und im Leben geschehen muss, ist die Abkehr von allen anderen Dingen hin zu Gottes Wort. Die Bekehrung kehrt uns zum Wort Gottes als unserem Prüfstein, der unseren Zustand, unsere Wege, unser Gemüt, unsere Lehre, unseren Gottesdienst und unsere Werke prüft; es ist wie unser Spiegel, damit wir uns gehörig kleiden, Jak 1; wie unsere Richtschnur, nach der wir wandeln und wirken, Gal 6,16; wie das Wasser, mit dem wir uns waschen, Ps 119,9; wie unser Feuer, uns zu erwärmen, Lk 24; wie unsere Speisen, uns zu nähren, Hi 23,12; wie unser Schwert zum Kämpfen, Eph 6; wie unser Erbe, uns reich zu machen« (Philip Henry).

Benedikt Peters – Die Psalmen

Gott ist unser Herr (V. 59-61). Das Land, das die Israeliten geerbt hatten, gehörte eigentlich dem Herrn (Lev 25,23), und er sorgte für es (Dtn 11,8-17). Wenn das Volk den Bedingungen des Bundes gehorchte, würde Gott das Volk und seine Arbeit im Land segnen, aber wenn es sich den Götzen zuwandte, würde er es züchtigen, zuerst im Land und dann in anderen Ländern. Liebevoller Gehorsam war die Voraussetzung für Gottes Segen, so wie es auch heute der Fall ist. Unser Verstand gehört Ihm („Ich habe meine Wege bedacht“) und unsere Füße gehören Ihm („Ich habe meine Schritte gewendet“). Unsere Zeit gehört ihm, und wir dürfen nicht zögern, seinem Willen zu gehorchen (V. 60). In alten Zeiten konnte kein Diener „Nein“ sagen, kein Diener konnte zögern oder den Willen des Herrn aufschieben, und kein Diener konnte sich entschuldigen oder sagen: „Ich habe es vergessen.“ Die Verantwortung des Dieners besteht darin, die Befehle seines Herrn zu hören, sich an sie zu erinnern und ihnen sofort zu gehorchen.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

„Gott ist gut, du bist schlecht. Streng dich mehr an!“ ???

Heute wieder ein Zitat aus den Videos von Johannes Hartl. Mal eine andere Sicht auf die Geschichte zwischen der Schlange und Eva:

Jesus ist gekommen, um zu offenbaren, wie der Vater ist. Und das ist so entscheidend, denn wie du denkst, dass Gott sei, wird alles in deinem Leben bestimmen. Angefangen bei dem, wie du die Bibel liest. Ich mache ein Beispiel: Du liest die Bibel und du hast die Vorstellung, du hast das Paradigma von Gott als jemandem, für den du nie gut genug bist. Jemand hat mal gesagt: „Für viele ist Christentum: Gott ist gut, du bist schlecht. Streng dich mehr an!“ Das glauben viele Menschen. Da gibt es diese religiösen Ansprüche, wie ich sein sollte. Und dann gibt es mich armen, kleinen Wicht. Und als Christ zu leben heißt, irgendwie mit dieser Spannung klarzukommen, dass ich es nie schaffe. Unglaublich viele Leute glauben das. Und es ist eine Sichtweise, die bedeutend beeindruckter ist von sich selbst als von Gott. Wenn du mit diesem Paradigma die Bibel liest, kannst du die Bibel aufschlagen, wo du willst, du wirst dich immer verdammt fühlen. Du fängst an zu lesen, dass Gott gerecht ist. Dann denkst du: „Okay, er ist gerecht. Das heißt, ich habe keine Chance.“ Du kannst aufschlagen, wo du willst, wenn du ein Paradigma hast von einem Vater, an dessen Herz ein geliebter Sohn geruht hat, der Mensch geworden ist, um uns zu diesem Vater heimzuführen, dann wirst du die gleichen Bibelstellen aufschlagen. Du wirst lesen: „Gott ist gerecht.“ Und du wirst sagen: „Wahnsinn. Vater, du bist gerecht. Du siehst alles an mir, was noch nicht heil ist. Und du siehst nicht nur nach dem Schein, sondern du bist echt gut in dem, was du tust. Du willst, dass es gerichtet wird.“ Du siehst einen Vater, der will, dass dein Herz heilt, und du sagst: „Papa, schau mal her, in den Bereichen ist mein Herz noch nicht heil. Aber ich will dahin.“

Es ist entscheidend, dass Jesus mit dieser objektiven Offenbarung gekommen ist, um dieses Bild des Vaters in uns wieder herzustellen. Wo ist das zerbrochen? Erstes Kapitel in der Bibel: Gott erschafft alles. Zweites Kapitel: Er erschafft alles und setzt den Menschen in einen wunderschönen, perfekt ausgestatteten, reichen, glücklichen Zustand. Mit jeder Menge zu essen, mit Partnerschaft ohne Scham, mit Schönheit. Es ist wunderbar.

In diese Situation der Fülle kommt die Schlange, kommt der Feind mit einer interessanten Aussage. Sie kommt zu der Frau und sagt: „Gott hat gesagt, dass ihr von den Bäumen nichts essen sollt.“ Dann antwortet sie: „Doch, schon. Nur von dem einen nicht. Gott hat gesagt, dass wir sterben müssen, wenn wir von dem Baum essen.“ Und dann sagt die Schlange: „Ihr werdet nicht sterben. Gott weiß viel mehr. Wenn ihr davon esst, gehen euch die Augen auf und ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“ Das müsst ihr euch kurz vor Augen halten, was die Schlange hier eigentlich sagt. Sie sagt erst mal: „Sie weiß viel mehr.“ Sie sagt erstmal: „Gott sagt dir nicht die Wahrheit, er lügt dich an. Er lügt dich an, indem er dir was vorenthält. Erstens ist er nicht wahr, zweitens ist er nicht wirklich gut, weil er nicht das Beste für dich will. Und drittens sagt er, dass er nicht will, dass ihr wie Gott werdet. Das heißt, dass er auch klein und bedroht von dir ist. Er will dich kleinhalten.“

Die Lügen des Teufels
Der Teufel erzählt Lügen über Gott. Der erzählt der Eva nicht Lügen über Adam oder den Garten. All das kommt nicht, sondern er erzählt Lügen über Gott. Du musst das wissen. Das ist die Strategie des Feindes in jedem Augenblick deines Lebens, dass er dir Lügen über Gott erzählt. Und dann auch über dich. Das hängt zusammen. Dann geht es weiter, dass er sagt: „Ihr werdet sein wie Gott.“ Das ist dann eine Lüge über Eva. Aber er versucht, dir einzureden: „Gott meint es nicht gut. Wenn du dich auf ihn verlässt, kommst du zu kurz. Er enthält dir was vor. Dein Leben wird traurig und elend. Und das, was wirklich gut ist, da kommst du nicht rein, wenn du Gott gehorchst.“
Und er ist nicht kreativ. Der Teufel macht bis heute das Gleiche. Und er lügt über Gott immer in zwei Richtungen. Die sind beide hier drin. Er sagt erstens: „Gott ist nicht gut.“ Und zweitens: „Gott ist nicht groß.“ Erstens: „Er ist nicht gut, denn er enthält dir was vor. Vom besten Baum darfst du nicht essen. Er meint es nicht wirklich gut mit dir.“ Und dann das zweite. Er fühlt sich auch bedroht von dir. Er will dich nicht großwerden lassen. Das heißt, er ist nicht wirklich groß und mächtig, sondern er ist kleinlich und eng.

Echte Gotteserkenntnis – Löwe und Lamm
Und diese zwei Lügen sind wie die Kehrseite aller echten Gotteserkenntnisse. Und die echten Gotteserkenntnisse sind simpel. Die sind in der ganzen Bibel auf zwei Pole aufgespannt. Und die sind: Gott ist extrem groß und er ist trotzdem extrem gut. Oder anders: Er ist extrem gut, aber er ist in dem extrem mächtig. Das ist die ganze Spannung.

Johannes Hartl – Lebensfragen und Herausforderungen
Bibelausstellung in Wasbüttel

„Solange du Jehova dein Bestes gibst und den richtigen Beweggrund hast, freut er sich über das, was du tust.“

Denn Gott ist nicht ungerecht, eures Werkes zu vergessen und der Liebe, die ihr gegen seinen Namen bewiesen, da ihr den Heiligen gedient habt und dienet.
Elberfelder 1871 – Hebräer 6,10

Denn Gott ist nicht ungerecht, (Die göttliche Gerechtigkeit gewährt ihnen die Sicherheit, dass Gott sie zur Vergeltung für ihre guten Werke unter seinen Schutz genommen hat und sie zum ewigen Heile führen würde, wenn sie anders ihrerseits ihren Eifer auf das richten wollen, was ihnen jetzt not ist. Ähnlich bezieht sich Paulus [1Kor 1,9, 1Thes 5,24] und [2Thes 3,3] auf die Treue Gottes, der hl. Johannes [Joh 1,1.9] auf seine Gerechtigkeit und Treue.) dass er eures Wirkens und der Liebe vergessen sollte, (Gott vergisst im Sprachgebrauch der heil. Schrift, wenn er nicht belohnt oder nicht bestraft. – Um seines Namens willen. – Den Christen.) die ihr gegen seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen dientet und noch dient. (Das Trid. Konzil führt diese Stelle Sitz 6 Kap. 16 über das Verdienst der guten Werke an: „Den gerechtfertigten Menschen, sie mögen die Gnade beständig bewahrt oder die verlorene wieder erworben haben, sind die Worte des Apostels vorzuhalten: Denn Gott ist nicht ungerecht, dass er eures Wirkens und der Liebe vergessen sollte, die ihr gegen seinen Namen bewiesen habt. Deshalb ist denen, welche Gutes tun bis an´s Ende und auf Gott vertrauen, das ewige Leben vorzuhalten, und zwar als eine den Söhnen Gottes durch Christus Jesus aus Erbarmen verheißene Gnade, und als der Lohn, welcher nach Gottes eigener Verheißung den guten Werken und Verdiensten derselben getreulich wird gegeben werden.“)
Allioli Bibel – Hebräer 6:10

Denn Gott ist nicht ungerecht; er vergisst nicht, was ihr alles getan habt. Ihr habt bewiesen, wie groß eure Liebe zu ihm ( zu seinem Namen ) ist, indem ihr den anderen Gläubigen ( Heiligen ) tatkräftig zur Seite gestanden habt, wie ihr es ja auch weiterhin tut.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Hebräer 6:10

zuerst noch eine „fragwürdige“ Übersetzung des Verses:

Denn Gott ist nicht ungerecht und darum wird er eure Arbeit und die Liebe, die ihr seinem Namen erwiesen habt, indem ihr den Heiligen gedient habt und noch dient, nicht vergessen.

Joseph Smith Übersetzung – Hebräer 6,10

Das Vertrauen des Autors in die Errettung seiner Leser (V. 9; vgl. 10:32-34) wird durch die guten Früchte ihres Dienstes (ihrer Arbeit) und die Liebe der Heiligen (vgl. 3:1; 13:24) belegt.

Die ESV Studienbibel

Er wird nicht vergessen, wie hart du gearbeitet hast: Indem sie zeigen, dass sie Gott und sein Volk lieben, legen ihre Werke Zeugnis von ihrer wahren Beziehung zu Gott ab (Röm 2,6-7; 1 Kor 3,13-15; Jak 2,14-20). Gott erinnert sich (2. Mose 2,24; 1. Chr. 16,15; Ps. 106,45) und erkennt diejenigen an, die wirklich zu ihm gehören. – für andere Gläubige: Wörtlich: für Gottes heiliges Volk.

Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel 2008

Gott ist nicht so ungerecht, dass er deine Arbeit und die Liebe vergisst, die du ihm in deinem früheren Dienst für sein Volk gezeigt hast. Es gibt hier keinen Hinweis auf eine Rechtfertigung durch Werke; vielmehr sind die Arbeit und der „Dienst an seinem Volk“ „von Gott bereits vorbereitete gute Taten“, die diejenigen tun sollen, die „aus Gnade durch Vertrauen befreit“ sind (Eph. 2,8-10).

The Complete Jewish Study Bible: Notes

Denn Gott ist nicht ungerecht, daß er eure Arbeit und Liebe vergäße, die ihr für seinen Namen bewiesen habt. In diesen Worten begegnet uns apostolische Seelsorge. Selbst im Leben einer Gemeinde, deren geistliches Leben versandet zu sein scheint, erkennt der Blick der Liebe (vgl. V. 9 „Geliebte“) noch etwas Gutes, woran er anzuknüpfen vermag. Der Apostel weiß, daß Gott nicht vergißt, was an echter Frucht des Heiligen Geistes gewachsen ist. „Liebe“ und „Arbeit“ lassen sich nicht voneinander trennen. Die Liebe erschöpft sich nicht in einer Gemütsbewegung, sondern drängt zur helfenden Tat. Die Liebe zu Jesus will bewiesen werden im „Dienst an den Heiligen“ — das ist Ausdruck lebendigen Glaubens (Gal 5, 6; 1 Th 1, 3). Der Apostel Johannes fragt (1 Jo 3, 17): „Wer aber die Güter der Welt hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie kann die Liebe Gottes in ihm bleiben?“ Gerade darin soll das Leben Christi in seinen Jüngern und Jüngerinnen vor der Welt sichtbar werden, daß eine ständige Bereitschaft zum Dienst am Nächsten ihr Leben auszeichnet. Zum Wesen Jesu gehörte es zu dienen (Mk 10, 45), und sein Wesen will der Herr immer neu in den Gläubigen ausprägen. Die vorbildliche Dienstwilligkeit, die uns im NT gezeigt wird, bedeutet eine ernste Gewissensfrage an unsere Generation der Christenheit, aus deren Wortschatz das „Dienen“ beinahe verschwunden ist. Allein im Dienst am leidenden Menschenbruder kann sich unser Bekenntnis zu Gott bewähren.

Wuppertaler Studienbibel

Wenn der Verfasser diese Zuversicht hegen darf, so deshalb, weil er sich ihres »Werkes« und ihrer »Liebe«, die sie »dem Namen Gottes« erzeigt haben, erinnert. Auch ist diese Liebe noch wirksam und erweist sich vor allem darin, dass sie »den Heiligen« dienen. Die Gottesliebe bekundet sich eben durch stetige Opferbereitschaft gegenüber den »Heiligen«, d. h. ihren Mitchristen. (Zur Annahme verfolgter Brüder vgl. Heb 10,32-34 .) Eine solche Liebe wird Gott nicht übersehen. Gott ist »der Gerechte«; er vergisst nicht die guten Werke (vgl. Röm 3,5; 9,14). Es ist nicht davon die Rede, dass Menschen sich durch gute Werke das Wohlgefallen Gottes verdienen sollen. In seiner Barmherzigkeit wird Gott aber die Liebeswerke der Leser entgelten; denn »er kann sich selbst nicht verleugnen« (2Tim 2,13).
Der Verfasser kann also seine Leser an eine Zeit erinnern, ja, er deutet an, dass diese Zeit noch andauert, in der sie ihren christlichen Glauben und ihre christliche Liebe in die Tat umgesetzt haben. Dies gibt seiner Zuversicht ihren Grund; denn wo die Liebe wirksam ist, ist die Gnade Gottes am Werk (vgl. Phil 2,13).
So hat der Verfasser den Blick seiner Leser auf die Vergangenheit gelenkt. Dies braucht aber nicht nur bedrückend zu sein, sondern ist vielmehr ermutigend (vgl. Offb 3,10), vorausgesetzt, dass die »erste Liebe« nicht ganz nachgelassen hat.

Gerhard Maier – Edition C

Dann hat etwas sein Herz erfaßt, was jemand „eine ungestüme Gefühlsregung“ genannt hat. Obwohl es ihm zunächst auf die Warnung ankam, ist er genauso bestrebt, zu ermuntern und zu trösten. Welch herrliches Gleichgewicht wahrt er, als er sie anredet: gewissenhaft in seinen Warnungen an einige, aber gleichzeitig behutsam, um andere nicht zu entmutigen!
  Mit „Gott ist nicht ungerecht … zu vergessen“ wird etwas verneinend ausgedrückt. Wir sind dieser Form schon zuvor im Brief begegnet (4,15). Auf diese Weise sagt der Schreiber, daß Gott gerecht ist und gedenken wird. Der Gott, der unserer Sünden nicht gedenken wird, vergißt unseren Dienst nicht (8,12). In beiden Fällen gilt die gleiche Gerechtigkeit. Wir können uns voller Zuversicht auf Gott in Seiner Gerechtigkeit verlassen, der in Seiner Erinnerung jeden Gedanken an Sünden, die vergeben worden sind, getilgt hat und darin für immer das Andenken an jede kleine Tat bewahrt, die zu Seiner Ehre vollbracht worden ist. Gott denkt schon jetzt daran, und dies wird auch am Richterstuhl Christi nicht vergessen werden, wo Er in Seiner Gnade all das angemessen belohn en wird, was für Ihn und für Sein Volk getan worden ist. Wie berechtigt ist es, wenn wir singen: Sehn wir dann mit Gottes Augen unser Werk auf Erden an, ist das Kleine, längst Vergeß’ne das, was wir für Ihn getan.
 Gott würde also nicht ihr Werk noch ihre Liebe vergessen. Viele Handschriften lassen das Wort „Arbeit (der Liebe)“ (Luther ’12) aus, was auch die RV und J.N. Darby tun. Doch trotzdem wirkten sie und erwiesen sie Liebe, wobei hier ein Grundsatz gilt, der zu vor vom Herrn Jesus selbst dargelegt worden war: „Insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan“ (Mt 25,40). Das in Lauterkeit für Sein Volk Vollbrachte wird für Ihn getan. Ein ähnliches Prinzip besagt, daß sich Liebe zu Ihm wahrhaft im Dienst an Seinem Volk zeigt. Demnach liebten sie Ihn, und diese Liebe kam im Dienst an den Heiligen zum Ausdruck. Der Beweggrund ihres Werkes war die Liebe, die wiederum durch das Werk offenbar wurde. Wie auffallend ist die Ähnlichkeit zu der Aussage, worin Paulus die Thessalonicher für ihr „Werk des Glaubens und (ihre) Bemühung der Liebe“ (1 Thessalonicher 1,3) lobt! Werk und Liebe sind stets verbunden.
 Diese hebräischen Gläubigen hatten den Heiligen „gedient“. Das mit „gedient“ wiedergegebene Wort ist das Verb diakoneo, wovon wir unseren Begriff „Diakon“ ableiten. Es läßt erkennen, daß man anderen aufwartet, sie in ihren Bedürfnissen bedient, daß man Hilfe leistet, in irgendeiner Weise unterstützt, um den Interessen anderer zu dienen, für ihre Bedürfnisse sorgt und ihre Not lindert. Welche Vorrechte haben wir als Volk, daß wir so von anderen Heiligen und auch von den Engeln bedient werden, denn das gleiche Wort wird für sie in ihrem Dienst an denjenigen gebraucht, die nach 1,14 das Heil ererben (vgl. Rev. Elberf)!
  Dieser Dienst, den der Schreiber lobt, gehört nicht der Vergangenheit an. Er formuliert sorgfältig: „Ihr (habt) … gedient … und dienet.“ Wörtlich sagt er: „Ihr habt den Heiligen gedient und dient noch immer“ (vgl. Hoffnung). Wie dieser Dienst an den Heiligen genau aussah, kommt hier nicht zum Ausdruck, doch der Schreiber hatte ihre Liebe und Fürsorge persönlich erfahren. Er wird sich später (in 10,34) daran erinnern. Sie hatten Mitleid mit ihm gehabt, als er gefangen war, wobei er sich der Hilfsbereitschaft ihm gegenüber in seinen Leiden entsinnt, obwohl sie damals selbst litten. Er war für einen Dienst dankbar, den sie ihm in der Vergangenheit geleistet hatten und der, wie er wußte, noch fortdauerte. Gott würde dies nicht vergessen. Aufgrund all dessen war er im Hinblick auf sie überzeugt, daß sie tatsächlich die Kennzeichen derjenigen aufwiesen, die wahrhaft errettet waren.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Außerdem besteht der Beweis ihres erretteten Zustands laut Vers 10 in ihren früheren Werken. Sie haben bis zu einem gewissen Ausmaß gute Werke hervorgebracht und tun das immer noch. Die Warnung wird nicht deshalb ausgesprochen, weil diese guten Werke nicht beachtet würden, denn Gott ist nicht ungerecht, solche Dinge zu vergessen.
Der Verfasser zählt fünf Dinge auf, die Gott im Hinblick auf die Leser nicht vergessen wird:
1. Er wird ihr Werk nicht vergessen, ihre guten Werke, nachdem sie errettet wurden (Eph 2,10).
2. Er wird ihr Werk der Liebe nicht vergessen. Dieses Wort unterstreicht sowohl die Mühe als auch die Motivation hinter den guten Werken.
3. Er wird all das nicht vergessen, was sie im Hinblick auf seinen Namen bewiesen haben. Das zeigt, dass die Werke, die sie früher getan haben, zur Ehre Gottes geschehen sind.
4. Er wird ihren früheren Dienst an den Heiligen nicht vergessen.
5. Er wird ihren gegenwärtigen Dienst an den Heiligen nicht vergessen.
Sie haben gute Werke hervorgebracht und sie werden fortfahren, gute Werke hervorzubringen. Die Zuversicht des Verfassers in Vers 9 basiert auf ihren Werken, die als Beweis für ihre Errettung dienten.

Arnold Fruchtenbaum – Der Hebräerbrief