Früher habe ich des öfteren „Diskussionen“ über die Zeit, wo Gott noch nichts erschaffen hatte, und wie viel Zeit Er allein war. Habe in den letzten Tagen ein Buch gehört, und möchte einen Gedanken hier zitieren:
Die meiner Ansicht nach beste Definition Gottes ist schon etwas älter und stammt vom Theologen Anselm von Canterbury (1033–1109). Sinngemäß schreibt er in seinem Werk Proslogion: Gott ist das in jeder Hinsicht größte vorstellbare Wesen. Wenn wir von etwas noch größer als von Gott denken können, ist das Gott (id quo nihil maius cogitari potest).
Stephan Lange – Begründet glauben: Denkangebote für Skeptiker und Glaubende
Wenn Theisten sagen, Gott sei der Schöpfer, meinen sie ja nicht nur, dass er feste Gegenstände wie Planeten oder Pflanzen erschaffen hat. Sie meinen damit, dass er wirklich alles erschaffen hat. Alles, was man sich vorstellen kann: Nichts war, bevor Gott es erschuf. Das heißt, dass Gott sogar Ideen erschuf. Er erschuf nicht nur das konkrete Universum aus Quantenfeldern, Gasen, festen Körpern und Flüssigkeiten; er erschuf auch alle abstrakten Wirklichkeiten wie Güte oder Sinn. Diese Ideen existierten nicht, bevor er sie erschuf. So wie es keine Pflanzen gab, ehe Gott die erste Pflanze erschuf, so gab es auch keinen Anfang, ehe Gott den ersten Anfang erschuf. Der Einwand beruht also auf einem Missverständnis. Man kann schlecht fragen »Wer erschuf Gott?«, weil bereits die Idee des Erschaffens Gottes Idee war. So etwas wie die Schöpfung gab es nicht, bevor Gott sie erschuf. In den Ausführungen spiegelt sich auch die anfangs skizzierte Definition Gottes von Anselm wider: Wer fragt, wer Gott erschaffen hat, der spricht eben noch nicht von Gott, dem in jeder Hinsicht größten vorstellbaren Wesen, sondern denkt noch an eine Zwischeninstanz, eine Art »Weltenbaumeister« – einen Demiurgen.
Stephan Lange – Begründet glauben: Denkangebote für Skeptiker und Glaubende
Was aber die Toten betrifft, daß sie auferstehen, habt ihr nicht in dem Buche Moses’ gelesen, „in dem Dornbusch“, wie Gott zu ihm redete und sprach: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“? (2Mose 3,6) Er ist nicht der Gott der Toten, (O. Gott ist nicht ein Gott der Toten) sondern der Lebendigen. Ihr irret also sehr. Elberfelder 1871 – Markus 12,26–27
Und was sonst die Auferstehung der Toten betrifft, habt ihr nicht im Buch Mose gelesen, wie Gott bei dem Dornbusch zu ihm sagte*: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott ist nicht ein Gott von Toten, sondern ein Gott von Lebenden. Ihr irrt euch also völlig.“ Bruns 2013 – Markus 12:26–27
Betreffs der Gestorbenen aber, dass sie erweckt werden: Laset ihr nicht in dem Buch Mose von dem Dornbusch, wie Gott zu ihm sprach, sagend: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Er ist nicht der Gott der Gestorbenen, sondern der Lebenden. Ihr irrt viel. Das neue Testament – Grundtextnah übersetzt von W. Einert – Mk 12,26–27
Auch mit ihrer Behauptung, daß im Pentateuch von der Auferstehung nicht die Rede sei, waren die Sadduzäer im Irrtum. In seiner zweiten Frage, die ebenfalls nur zu bejahen war, berief sich Jesus im Gegenteil auf das Buch des Mose, und zwar auf das Wunder mit dem brennenden Dornbusch (2Mo 3,1-6). Damals hatte Gott selbst sich Mose zu erkennen gegeben und ihm bestätigt, daß er der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs sei (2Mo 3,6). Damit gab er ihm zu verstehen, daß die Patriarchen noch am Leben waren und er als ihr Gott, der seinen Bund mit ihnen hielt, noch immer in Verbindung mit ihnen stand, auch wenn sie schon vor langer Zeit gestorben waren. Das beweist, so schloß Jesus, daß Gott nicht ein Gott der Toten ist, in dem Sinn, wie die Sadduzäer den Tod verstanden, nämlich als ein Auslöschen, sondern ein Gott der Lebenden. Er war noch immer der Gott der Väter Israels, was er nicht sein könnte, wenn sie mit dem Tod aufgehört hätten zu existieren, d. h. wenn mit dem Tod alles enden würde. Seine Bundestreue war letztlich die Garantie für ihre leibliche Auferstehung.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Jesus geht noch weiter. Er führt gegenüber den Sadduzäern den Schriftbeweis exakt aus jenen biblischen Büchern, die sie als einzige voll und ganz anerkennen, nämlich aus den Mosebüchern: »Aber über die Toten, dass sie auferstehen, habt ihr da nicht gelesen im Buch des Mose, beim Dornbusch, wie Gott zu ihm sagte: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs?« (Mk 12, 26). Das »Buch des Mose, beim Dornbusch« ist das zweite Mosebuch. Jesus bezieht sich hier auf die Berufung »Moses beim Dornbusch« nach 2 Mo 3,1ff. Man könnte übrigens an dieser Stelle auch übersetzen »zur Zeit des Dornbuschs« (d. h. der Dornbuschberufung). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Aussage, die »Gott« dabei machte: »Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs« (2 Mo 3,6.15). Jesus liest also 2 Mo 3 so, dass er es als geschichtlich zuverlässigen Bericht betrachtet. Außerdem setzt er voraus, dass das 2.Mosebuch (mit dem Fremdwort: Exodus) »Mose« selbst zurückgeht. Schließlich führt er »Mose« wie in Joh 5,45 ff. als Zeugen für sich an. Er beurteilt also Mose nicht als seinen Gegner oder als seine Kontrastfigur, sondern als seinen Zeugen und Vorgänger. Man beachte auch die Erscheinung Moses auf dem Verklärungsberg (Mk 9,2ff.). Aber was ergibt sich nun aus der Gottesaussage am Dornbusch? Gott »ist«, erklärt Jesus, »nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden« (Mk 12, 27). Er stellt sich hier ja nicht vor als ein »Gott« längst vergangener Menschen, sondern als ein »Gott« der noch »Lebenden«. Was wäre das auch für ein Gott, dem der Tod die Seinen aus der Hand nehmen könnte! Nein, Gott behält sie in seiner Nähe, auch wenn sie gestorben sind. Sie existieren also nach dem Tode weiter und werden auferstehen (vgl. Mk 9,2ff.; Mt 2,18; 8,11; Lk 16,19ff.; Joh 8,56).
»Ihr irrt sehr«: Noch einmal stellt Jesus fest, dass die Sadduzäer in punkto Auferstehungslehre eine Irrlehre vertreten. Er macht unmissverständlich klar, dass es eine Totenauferstehung gibt, die auch die früher lebenden Menschen einbezieht (vgl. 1 Petrus 4,6; Offb 20,11ff.). Darin ist er mit den Pharisäern einer Meinung (vgl. Mk 12, 28; Lk 20,39; Apg 23,6ff.). Sogar in der Art des Schriftbeweises gibt es eine Ähnlichkeit zwischen Jesus und den Pharisäern. So bewiesen z. B. die pharisäischen Rabbinen die Totenauferstehung aus 5 Mo 32,39 (babylonischer Traktat Sanhedrin 91 b).
Ergebnis: Jesus betont, dass es eine Totenauferweckung gibt. Er wagt es, den mächtigen Sadduzäern, die sich großenteils aus der Priesterschaft rekrutierten, einen Irrtum nachzuweisen. Im Verlauf seiner Beweisführung wird ein Doppeltes klar: a) Dass er das AT als wörtlich von Gott eingegeben betrachtet, b) dass er den Propheten und den übrigen Teilen der Schrift denselben Rang einräumt wie den Mosebüchern.
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