Schlagwort: geistig verstehen

denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten

Und sie werden nicht mehr ein jeder seinen Nächsten und ein jeder seinen Bruder lehren und sprechen: Erkennet Jehova! denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht Jehova. Denn ich werde ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken. –
Elberfelder 1871 – Jeremia 31,34

Dann muss keiner mehr den anderen belehren, niemand muss mehr zu seinem Bruder sagen: ‚Erkenne doch Jahwe!‘ Denn alle werden mich erkennen, vom Geringsten bis zum Größten“, spricht Jahwe. „Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nie mehr denken.“ (Die Verse 31-34 werden im Neuen Testament vom Hebräerbrief zitiert: Hebräer 8,8-12; und die Verse 33-34 in Hebräer 10,16-17.)
NeÜ bibel.heute Stand 2024 – Jeremia 31:34

Und nicht brauchen sie mehr zu belehren
jedermann seinen Genossen,
jedermann seinen Bruder,
sprechend: Erkennet IHN!
Denn sie alle werden mich kennen,
von ihren Kleinen bis zu ihren Großen,
ist SEIN Erlauten.
Denn ihren Fehl will ich ihnen verzeihen,
ihrer Sünde nicht mehr gedenken.
Buber & Rosenzweig – Jeremia 31,34

Jeder Plan zur Verbesserung der menschlichen Gesellschaft, der das Problem der Sünde außer Acht lässt, ist zum Scheitern verurteilt. Es reicht nicht aus, die Umwelt zu verändern, denn der Kern eines jeden Problems ist das Problem des Herzens. Gott muss die Herzen der Menschen so verändern, dass sie ihn lieben und seinen Willen tun wollen. Deshalb kündigte er einen Neuen Bund an, der den Alten Bund ersetzen sollte, unter dem die Juden seit den Tagen Moses gelebt hatten, einen Bund, der ihr Verhalten lenken, aber nicht ihren Charakter ändern konnte.

Die jüdische Geschichte ist durchzogen von einer Reihe von „Bundeserneuerungen“, die vorübergehend Segen brachten, aber die Herzen des Volkes nicht veränderten. Das Buch Deuteronomium berichtet von einer Erneuerung des Bundes unter Mose, bevor das Volk in das verheißene Land einzog. Außerdem führte Josua vor seinem Tod das Volk an, um den Bund zu bekräftigen (Jos. 23-24). Samuel rief das Volk auf, sein Gelübde gegenüber Gott zu erneuern (1. Sam. 12), und sowohl Hiskia (2. Chron. 29-31) als auch Josia (2. Chron. 34-35) inspirierten große Tage der „Erweckung“, als sie das Volk zu Gottes Gesetz zurückführten.

Die Tatsache, dass die Segnungen nicht von Dauer waren, ist kein Argument gegen Zeiten der Erweckung und Erfrischung. Als jemand Billy Sunday sagte, Erweckungen seien nicht notwendig, weil sie nicht von Dauer seien, antwortete der Evangelist: „Ein Bad dauert nicht lange, aber es ist gut, gelegentlich eines zu nehmen.“ Eine Nation, die auf geistigen und moralischen Grundsätzen aufgebaut ist, braucht häufige Zeiten der Erneuerung, sonst bröckelt das Fundament.

Aber der Neue Bund ist nicht nur eine weitere Erneuerung des Alten Bundes, den Gott am Sinai geschlossen hat, sondern ein in jeder Hinsicht neuer Bund. Der Neue Bund ist innerlich, so dass Gottes Gesetz auf das Herz und nicht auf Steintafeln geschrieben ist (2. Korinther 3; Hesekiel 11,19-20; 18,31; 36,26-27). Der Schwerpunkt liegt eher auf der persönlichen als auf der nationalen Ebene, wobei jeder Mensch, der an den Herrn glaubt, ein „neues Herz“ und damit eine neue Gesinnung zur Gottseligkeit erhält.

Der Alte Bund versuchte, das Verhalten zu kontrollieren, aber der Neue Bund verändert den Charakter, so dass die Menschen den Herrn und einander lieben können und Gottes Willen befolgen wollen. „Durch das Gesetz wird die Sünde erkannt“ (Röm 3,20), aber unter dem Neuen Bund hat Gott versprochen: „Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken“ (Jer 31,34). Diesen Bund werden die Juden in der Endzeit erleben, wenn sie ihren Messias sehen und Buße tun (Sach 12,10-13,1).

Die Grundlage des Neuen Bundes ist das Werk Jesu Christi am Kreuz (Mt 26,27-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20). Da die Kirche heute an den geistlichen Reichtümern Israels teilhat (Röm 11,12-32; Eph 3,1-6), hat jeder, der an Jesus Christus glaubt, Anteil an diesem Neuen Bund (Hebr 8,6-13; 10,14-18). Es ist eine Erfahrung der Wiedergeburt, der „Wiedergeburt“ in die Familie Gottes (Johannes 3,1-21).

Der Herr bekräftigte auch die Beständigkeit der Nation und die Treue seiner Beziehung zu seinem Volk (Jer. 31:35-37). Es wäre leichter, dass die Sonne aufhört zu scheinen und der Mond und die Sterne erlöschen, als dass Gott seine Verheißungen gegenüber seinem Volk Israel bricht. So wie Jerusalem nach der babylonischen Gefangenschaft wieder aufgebaut wurde, wird es nach der „Zeit der Not Jakobs“ wiederhergestellt werden und dem Herrn heilig sein. Aufgrund seiner alten Assoziationen mit Israel, dem Islam, Jesus und der Kirche wird Jerusalem „die heilige Stadt“ genannt, aber sie wird erst dann wirklich heilig sein, wenn der Herr sie wiederherstellt und am Ende des Zeitalters in Herrlichkeit regiert.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Vers 34a macht deutlich, dass der Neue Bund das gesamte jüdische Volk einbeziehen wird: „Und sie sollen nicht mehr lehren einen jeglichen seinen Nächsten und einen jeden seinen Bruder und sagen: Erkenne Jehova; denn sie sollen mich alle erkennen, von dem Geringsten bis zu dem Größten, spricht Jehova. Es wird nicht nötig sein, dass ein Jude einem anderen sagt, er solle den Herrn kennen. Von den Geringsten bis zu den Größten werden sie ihn alle kennen. Thompson weist darauf hin, dass das hebräische Wort für „kennen“, yada, „hier wahrscheinlich seine tiefste Bedeutung hat, nämlich das intime persönliche Wissen, das zwischen zwei Personen entsteht, die sich in einer Beziehung, die Verstand, Gefühl und Willen berührt, ganz und gar einander verpflichtet sind.“ Gott auf diese Weise zu kennen bedeutet, gerettet zu werden. In Römer 11:26a sagt Paulus: „Und so wird ganz Israel gerettet werden. Doch Jesaja 65:20 lehrt: Es wird kein Kind mehr da sein, das noch nicht alt ist, und kein Greis, der seine Tage nicht voll hat; denn das Kind wird sterben, wenn es hundert Jahre alt ist, und der Sünder, der hundert Jahre alt ist, wird verflucht sein. In der prophetischen Zukunft (d. h. im Millennium) wird es Ungläubige geben. Allerdings werden es Heiden sein – nicht Juden -, denn, wie Paulus sagte, wird ganz Israel gerettet werden.
Jeremia 34b bestätigt dies: Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken. Die Begriffe „Ungerechtigkeit“ und „Sünde“ stehen in diesem Vers in der Einzahl. JHWH erklärte, dass er ein bestimmtes Fehlverhalten vergeben und sich nicht mehr daran erinnern wird. Nach der allgemeinen Lehre der Heiligen Schrift ist die einzige Sünde des jüdischen Volkes die nationale Ablehnung der Messiasschaft Jeschuas. An diese Sünde wird sich Gott nicht mehr erinnern, denn alle Juden werden im Tausendjährigen Reich gläubig sein, während die Ungläubigen, die in Jesaja 65:20 erwähnt werden, Heiden sein werden.
Einige Rabbiner finden es schwierig, die Vorstellung zu akzeptieren, dass alle Juden Gott kennen werden und es daher nicht nötig sein wird, dass ein Jude einen anderen lehrt. Laut der Tora-Anthologie bedeutet Vers 34 zum Beispiel nicht, dass Israel aufhören wird, die Tora zu studieren. Vielmehr wird jeder die Heilige Schrift selbstständig studieren und verstehen, ohne die Hilfe anderer. Selbst dann wird es immer noch kleinere und größere Weisen geben, „je nach den individuellen Bemühungen und der angeborenen Intelligenz eines jeden“ Aber jeder wird zumindest ein grundlegendes Wissen über Gott haben. Bisher waren die Sünden Israels ein Hindernis für ihre Beziehung zu Gott. Die Vergebung ihrer Sünden wird dazu führen, dass diese Beziehung wiederhergestellt wird.
In der Mischne Tora verbindet Maimonides den Vers mit dem messianischen Zeitalter:
Deshalb sehnte sich ganz Israel, seine Propheten und Gelehrten, nach dem messianischen Zeitalter, damit sie sich von der tyrannischen Regierung erholen können, die ihnen nicht die Ruhe gibt, die Tora zu studieren und die Gebote zu befolgen, wie sie es sollten, und damit sie die Ruhe des Geistes finden, um die Weisheit zu mehren, um das Leben in der kommenden Welt zu erwerben. Denn in jenen Tagen werden Wissen, Weisheit und Wahrheit zunehmen, so wie es gesagt wird: „Denn die Erde wird voll sein von der Erkenntnis des Herrn“ (Jes. 11:9); und weiter heißt es: „Und sie werden nicht mehr lehren, ein jeder seinen Nächsten und ein jeder seinen Bruder“ (Jer. 31:34); und noch einmal heißt es: „Und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch herausnehmen“ (Hes. 36:26), denn der König, der aus dem Samen Davids hervorgehen wird, wird weiser sein als Salomo und in der Prophetie so groß wie Mose, unser Meister. Deshalb wird er das ganze Volk lehren und ihm den Weg des Herrn zeigen, und alle Völker werden ihm zuhören, so wie es heißt: „Und es wird geschehen in den letzten Tagen, dass der Berg des Hauses des Herrn auf dem Gipfel des Gebirges errichtet wird“ (Jes. 2,2). Doch das Ende des ganzen Lohns und das letzte Gut, das weder Unterbrechung noch Minderung hat, ist das Leben in der kommenden Welt. Was das messianische Zeitalter betrifft, so findet es in dieser Welt statt, und die Welt geht nach ihrer Art weiter, nur dass Israel wieder eine Regierung haben wird. In der Tat haben die alten Weisen schon vor langer Zeit gesagt: „Es gibt keinen Unterschied zwischen dieser Welt und dem messianischen Zeitalter, außer allein in der Unterdrückung durch die Regierung.“
Zusammenfassend zeigt Vers 34, dass der Neue Bund zu einer vollständigen nationalen Erneuerung Israels führen wird. Jüdische Missionen und jüdische Evangelisation werden im messianischen Reich nicht mehr nötig sein, weil jeder Jude, vom Kleinsten bis zum Größten, den Herrn kennen wird. Die Sünde Israels, die Messiasschaft Jeschuas abgelehnt zu haben, wird vergeben und vergessen sein. Während es im Königreich heidnische Ungläubige geben wird, wird es keine jüdischen Ungläubigen geben. Das bedeutet nicht, dass Juden, die während des messianischen Reiches geboren werden, von Geburt an gerettet werden, sondern dass sie zum Glauben kommen werden, wenn sie alt genug sind, um zu glauben.

Dr Arnold G. Fruchtenbaum – Ariels Bibelkommentar

144 000 aus allen Stämmen Israels

Und ich hörte die Zahl der Versiegelten: 144000 Versiegelte, aus jedem Stamme der Söhne Israels.
Elberfelder 1871 – Offenbarung 7,4

Ich hörte, wie viele Menschen das Siegel bekamen: Es waren 144.000 aus allen Stämmen Israels:
NeÜ bibel.heute Stand 2024 – Offenbarung 7:4

Dann vernahm ich die Zahl derer, denen das Siegel aufgedrückt wurde. Die Gesamtzahl der auf diese Weise Gekennzeichneten betrug hundert-vier-und-vierzig-tausend; sie gehörten allen Stämmen der Kinder Israels an:
Johannes Greber NT – 1936 – Offb 7,4

Johannes hörte die Namen der zwölf Stämme, aus denen jeweils zwölftausend versiegelt, d. h. geschützt wurden. Die zwölf Stämme Israels sind also keineswegs „verloren“, wie manchmal behauptet wird.
Es gab in der Exegese Ansätze, die zwölf Stämme mit der Kirche zu identifizieren, um die Folgerung zu vermeiden, daß es sich bei diesen Versiegelten tatsächlich um Israel handelt. Die Tatsache jedoch, daß die Stämme namentlich aufgezählt werden und zudem aus jedem dieser Stämme eine konkrete Zahl genannt wird, scheint die Aussage von der symbolischen auf die Realitätsebene zu verlagern und eine wörtliche Deutung zu rechtfertigen. Wenn Gott gewollt hätte, daß ganz deutlich wird, daß mit diesen Versen Israel gemeint ist, dann hätte er es sicherlich auf genau diese Weise ausgedrückt. Im übrigen stehen nirgendwo sonst in der Bibel die zwölf Stämme Israel für die Kirche. Es liegt auf der Hand, daß Israel die Zeit der Trübsal durchlaufen wird, und wenn die Menschen heute auch noch nicht wissen, welcher Stamm dazugehören wird, so weiß es doch Gott auf jeden Fall.
Es ist viel darüber spekuliert worden, warum der Stamm Dan an dieser Stelle ausgelassen wurde. Josef und der eine seiner beiden Söhne, Manasse, sind in die Liste aufgenommen, wohingegen Ephraim, der zweite Sohn Josefs, nicht erwähnt wird. Wäre Dan ebenfalls genannt, so wären es dreizehn Stämme gewesen. Nach J. B. Smith enthält die Heilige Schrift im Alten und Neuen Testament zusammen 29 Aufzählungen der Stämme Israels, wobei in keiner mehr als zwölf aufgeführt werden (A Revelation of Jesus Christ, S. 130). Gewöhnlich wurde der Stamm Levi, aus dem sich die Priesterschaft rekrutierte, weggelassen. Wenn also ganz einfach die Zwölferzahl nicht überschritten werden sollte, so ist die Auslassung des Stammes Dan ohne Bedeutung. Möglicherweise wurde der Stamm jedoch auch nicht erwähnt, weil er als einer der ersten dem Götzendienst verfiel ( Ri 18,30; vgl. 1Kö 12,28-29 ). In Hes 48,2 gehört der Stamm Dan allerdings zu denen, die im Tausendjährigen Reich das Land in Besitz nehmen werden.
Die entscheidende Lehraussage dieser ganzen Passage bleibt auf jeden Fall bestehen: Gott wird auch in dieser letzten schrecklichen Zeit über Israel wachen. Überlegungen über die Anzahl oder die Namen der Stämme, die lediglich darauf abzielen, das hier Gesagte mit der Kirche in Verbindung zu bringen, entbehren also jeglicher biblischen Grundlage.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Die 144.000 aus Offenbarung 7 und 14

Buswell nimmt Offenbarung sieben ganz wörtlich und sieht die 144.000 als Juden, die in der Großen Trübsal gläubig werden. Er sieht dies als „Bild der jüdischen Evangelisation“. Abgesehen von seinem Timing bezüglich der Entrückung stimmt der Dispensationalismus mit dieser Ansicht überein. Wie bei Offenbarung 7 sieht Buswell die 144.000 in Offenbarung 14 als buchstäbliche Juden aus allen zwölf Stämmen, die während der Trübsal gerettet werden.

Ladd versucht jedoch, die Jüdischkeit der 144.000 zu beseitigen. Wenn Ladd behauptet, „dass diese zwölf Stämme im Alten Testament nirgends in irgendeiner Auflistung der zwölf Stämme Israels auftauchen“, erweckt er fast den Eindruck, dass dies für die gesamte Namensliste gilt; es trifft jedoch nur auf einen Namen zu: Daniel Die Tatsache, dass Johannes sich die Mühe machte, die Namen aufzulisten, würde eindeutig darauf hindeuten, dass er von buchstäblichen Juden spricht. Ladds Frage: „Wie können diese zwölf Stämme dann buchstäbliche Juden sein, wenn sie nicht die buchstäblichen zwölf Stämme Israels sind?“ kann ziemlich einfach beantwortet werden: Sie sind die buchstäblichen zwölf Stämme Israels, und das Fehlen von Dan disqualifiziert die anderen Namen nicht als die buchstäblichen Stämme Israels. Gott hat sich einfach entschieden, keine 12.000 aus dem Stamm Dan für seinen Zweck bezüglich der 144.000 auszuwählen. Mit solch einer fadenscheinigen Begründung ist Ladd gezwungen, diese 144.000 zum Symbol für „das wahre Israel, das wahre Volk Gottes“ zu machen, was für Ladd die Gemeinde bedeutet. Da es wieder keine klare Aussage gibt, dass Israel die Gemeinde ist, ist Ladd gezwungen, diesen Ansatz durch die Hintertür zu verwenden: die 144.000 sind die Gemeinde; die 144.000 sind in der Trübsal; deshalb ist die Gemeinde in der Trübsal.

Ladd stellt seine Ansicht über die 144.000 in einem späteren Werk ausführlicher dar, aber wegen seines Bundes-Prämillennialismus und Nachtrippulationismus betreibt er eine schlampige Exegese von Offenbarung sieben. Eine einfache Lesung der Passage würde offensichtlich ergeben, dass diese 144.000 Juden sind, aber Ladd erklärt, dass „es unmöglich ist, dass diese buchstäblich Juden sind.“ Das ist im besten Fall eine reine Vermutung und im schlimmsten Fall eine Lobhudelei. Der Text sagt eindeutig, dass diese 144.000 aus den zwölf Stämmen Israels kommen, und die aufgeführten Stämme sind die üblichen jüdischen Namen aus dem Alten Testament. Die natürliche Lesart der Passage würde diese zu Juden machen; Ladd versucht jedoch zu beweisen, dass sie es nicht sind. Seine Aussage, dass „die zwölf aufgeführten Stämme einfach nicht die zwölf Stämme Israels sind“, ist viel zu pauschal. In der Tat ist jeder in Offenbarung sieben aufgeführte Stamm unter den zwölf Stämmen Israels zu finden. Es stimmt zwar, dass der Stamm Dan fehlt, aber das reicht kaum aus, um zu behaupten, dass alle anderen aufgeführten Stämme „einfach nicht die zwölf Stämme sind.“ Es ist nicht wahr, dass der Stamm Ephraim weggelassen wird. Der Name wird einfach durch den Namen seines Vaters, Joseph, ersetzt. Es gibt auch keinen Grund für die Annahme, dass „der Stamm Manasse zweimal enthalten ist.“ Der Stamm Josephs steht für den Stamm Ephraim, während der Stamm Manasse für sich selbst steht. Selbst wenn Manasse zweimal eingeschlossen ist, schließt das nicht aus, dass sie buchstäblich Juden sind. Wiederum ist dies nachlässige Exegese. Ladd versucht mit aller Kraft, seine posttribulationale Theologie in den Text zu drücken. Offenbarung 7,4 sagt eindeutig, dass diese 144.000 aus jedem Stamm der Kinder Israels kamen, doch Ladd behauptet, dass sie „einfach nicht die zwölf Stämme Israels sind.“ Wem soll der Leser also glauben: Johannes, der das Buch geschrieben hat, oder Ladd? Die Namen, die Johannes aufführt, sind: Juda, Ruben, Gad, Asser, Naftali, Manasse, Simeon, Levi, Issaschar, Sebulon, Joseph und Benjamin. Sind das nicht die bekannten jüdischen Namen aus dem Alten Testament, die von den Stämmen Israels sprechen? Ladd erklärt, dass „die zwölf aufgeführten Stämme einfach nicht die zwölf Stämme Israels sind“, aber mit nur einer Ausnahme (Dan) sind es genau diese Stämme Israels. Die Tatsache, dass der Stamm Dan fehlt, ist kaum ein exegetischer Beweis dafür, dass alle genannten Stämme nicht jüdisch sind.

Ladd benutzt den fehlenden Dan, um zu seinem eindeutigen Schluss zu kommen, dass diese 144.000 die Gemeinde sind. Er erklärt: „Wir können glauben, dass Johannes die 144.000 absichtlich in einer unregelmäßigen Auflistung von Stämmen aufführte, um zu sagen, dass hier diejenigen sind, die wahre geistliche Juden sind, ohne buchstäbliche Juden zu sein: mit anderen Worten, die Gemeinde.“ Es ist wirklich schwierig, Ladd ernst zu nehmen, denn das ist eine sehr phantasievolle Exegese. Er macht Überstunden, um zu versuchen, das Jüdischsein der 144.000 zu beseitigen. Nur wegen des Ausschlusses von Dan besteht Ladd darauf, dass es sich nicht um buchstäbliche Juden handelt, sondern um die Gemeinde. Für ihn sind „die 144.000 die Gemeinde an der Schwelle der großen Trübsal“. Ladd, ein Posttribulationist, hat keinen einzigen Vers, der die Gemeinde tatsächlich in die Trübsal versetzt, also muss er einen Ansatz durch die Hintertür verwenden; dies ist eine solche Hintertür. Die 144.000 sind eindeutig in der Trübsal. Indem er die 144.000 zur Gemeinde macht, ist Ladd in der Lage, die Gemeinde in die Trübsal zu bringen.

Außerdem ist das Fehlen eines Stammes keine Besonderheit des Buches der Offenbarung. In Deuteronomium 33 spricht Mose die Stämme einzeln an. Jeder Stamm wird genannt, außer einem: Simeon. Nicht einmal Ladd würde behaupten, dass eine solche „unregelmäßige Auflistung“ durch Mose bedeutet, dass es sich nicht um buchstäbliche Juden, sondern um die Kirche handelt.

Nachdem er in Offenbarung 7,1-8 von den 144.000 geschrieben hat, spricht Johannes dann in Offenbarung 7,9-17 von einer anderen Schar, die kein Mensch zählen konnte und die aus jeder Nation und Sprachgruppe kam. Bei einer einfachen Lektüre des Textes würde man diese beiden unterschiedlichen Gruppen in zweierlei Hinsicht voneinander unterscheiden. Die erste Gruppe ist jüdisch, aber die zweite ist heidnisch. Die erste Gruppe wird mit genau 144.000 gezählt, wobei 12.000 aus zwölf Stämmen kommen. Die zweite Gruppe ist eine riesige Schar, die kein Mensch zählen kann. Wenn man den Text so stehen lässt, wie er lautet, ist dies die einfache Bedeutung; aber das kann Ladd nicht tun. Er behauptet, dass die Zahl 144.000 „eine symbolische Zahl ist, die die Vollständigkeit darstellt.“ Die meisten Theologen sind sich jedoch einig, dass die symbolische Zahl für Vollständigkeit sieben ist. Nachdem er die Zahl 144.000 als buchstäblich bedeutungslos abgetan hat, identifiziert er dann die unzählige Schar aus allen Nationen als dieselbe Gruppe wie die 144.000, trotz der beiden widersprüchlichen Beschreibungen der beiden: Israel und Nationen (Heiden); und, gezählt und unzählig. Das ist keine Exegese. Das ist das Aufzwingen der eigenen Theologie auf den Text. In diesem Fall ist es Ladds Beharren darauf, dass beide Gruppen die Kirche bilden, das ihn dazu zwingt, die Details zu ignorieren. Es ist Ladds Voraussetzung, dass die Kirche das neue Israel ist, die zu einem solch lässigen Umgang mit dem Text führt. Ladd ist nicht nur der Meinung, dass das Neue Testament das Alte Testament „umgedeutet“ hat, sondern er benutzt seine Bundestheologie auch, um das Neue Testament umzudeuten.

Arnold Fruchtenbaum – Israelologie – das fehlende Glied in der systematischen Theologie

Dieser Vers macht zwei Dinge bezüglich dieser Gruppe deutlich:
1 Johannes hörte die Zahl. Er sah die Gruppe, aber es wurde nicht ihm überlassen, ihre Anzahl zu schätzen. Es ist eine von Gott gegebene Anzahl und sie muss als solche behandelt werden. Die ausdrücklich angegebene Anzahl steht in unübersehbarem Kontrast zur unzählbaren Menge in der zweiten Hälfte des Kapitels. In Übereinstimmung mit allen übrigen Zahlen in diesem Buch müssen wir auch diese buchstäblich verstehen. Wir brauchen nicht einzuschränkend zu sagen, dass es um runde Zahlen gehe, dass aus jedem Stamm „mehr oder weniger“ 12 000 versiegelt werden. Alford schreibt stellvertretend für viele Ausleger: „Niemand, von dem ich weiß, hat diese Zahl je buchstäblich aufgefasst, als ob genau diese Zahl und nicht mehr gemeint sei.“ Postmillenarische und amillenarische Ausleger müssen zur symbolischen Deutung Zuflucht nehmen, da sie in den 144 000 die Gemeinde sehen. Da in den nachfolgenden Versen die nationale Herkunft dieser Versiegelten genannt wird, ist es unmöglich diese Verse auf die Gemeinde zu beziehen, und mithin haben wir alle Ursache, die Zahl buchstäblich zu verstehen. In der Zahl selbst schwingen symbolische Bedeutungen mit, aber deshalb ist sie nicht weniger exakt. Zwölf ist in der Bibel stets die Zahl vollkommener Regierung und Verwaltung, und sie steht in besonderer Weise mit dem Volk Israel in Verbindung. Zwölf Erzväter stehen am Anfang der Geschichte dieser Nation; zwölf Stämme bildeten die Gesamtheit der Nation; der Hohepriester hatte zwölf Steine auf dem Brustschild, um die ganze Nation zu repräsentieren, und aus dieser Nation wurden zwölf Apostel herausgerufen. Das Heilige Jerusalem, der Regierungssitz der neuen Schöpfung, hat zwölf Tore und zwölf Grundlagen (21,12). Die zwölftausend aus jedem der zwölf Stämme Israels sind ein Hinweis auf weltweite Regierung. Es wird ein weltweiter Dienst eingeführt, der die ganze Welt innerhalb der verfügbaren Zeit umspannen wird.

2 Der Grundsatz, dass man die Bibel das sagen lässt, was sie sagt, hätte viele Ausleger vor falscher Auslegung bewahrt. Dieser Abschnitt lehrt ganz schlicht, dass Gott Sein Heilshandeln mit dem Volk Israel wieder aufnehmen wird. Das ist aber eine Wahrheit, welche die Amillenarier ablehnen. W. Hendriksen ist ein typisches Beispiel: „Es ist daher ganz klar, dass die Versiegelten in Off 7 die gesamte kämpfende Kirche der alten und der neuen Haushaltung symbolisieren … die 144 000 versiegelten Personen aus den zwölf Stämmen des buchstäblichen Israel symbolisieren das geistliche Israel, die Gemeinde Gottes auf Erden.“ Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie vorgefasste Ideen die Auslegung festlegen. Wir sollten beachten, dass der Abschnitt selbst nichts von „Symbolen“ sagt. Wir sollten auch beachten, dass wenn immer das NT die Namen „Israel“ oder „Jakob“ nennt und mit den Nachkommen verbindet, von den irdischen Nachkommen des Erzvaters die Rede ist. Gal 6,16 ist keine Ausnahme zu dieser Regel. Das „Israel Gottes“ sind gerettete Juden, welche gezeigt haben, dass sie zur wahren Nachkommenschaft des Glaubens, des Glaubens Abrahams, gehören. Die Gruppe im vorliegenden Text besteht aus 144 000 wiedergeborenen Israeliten, die für einen bestimmten Auftrag versiegelt werden.
Die üblichen Einwände gegen eine buchstäbliche Deutung der Stämme Israels sind folgende:
a) Sogar in neutestamentlicher Zeit gab es nur Angehörige von Juda und Benjamin im Land Israel. Man hat angenommen, dass die zehn Stämme seit der Verschleppung durch die Assyrer im Jahre 722 v. Chr. „verloren“ seien. Das hat im 19. Jahrhundert zu den phantasievollen Mythen der Britisch-Israel-Theorie und ähnlichen Gebilden geführt. Lange huldigten gewisse Leute der Vorstellung, die „verlorenen“ Stämme hielten sich in einer unbekannte und entlegenen Weltregion versteckt, um zur gegebenen Zeit aufzutauchen und das Erbe zu beanspruchen. Inzwischen ist die Welt zu gründlich erforscht, als dass diese Theorie noch viele Anhänger hätte. David Baron hat in The History of the Ten „Lost“ Tribes vor vielen Jahren (1915) aufgezeigt, dass diese Ideen auf grober Unkenntnis sowohl der Bibel als auch der Geschichte fußen.
Es trifft zu, dass bei der Wiederherstellung unter Serubbabel (536 v. Chr.) und Esra (458 v. Chr.) nur ein kleiner Teil der Juden aus der Diaspora zurückkehrte, aber unter ihnen fanden sich Angehörige aller Stämme, da Babel das assyrische Reich erobert hatte. Im NT werden Angehörige aus Juda, Benjamin, Aser und Levi ausdrücklich erwähnt. Da jene Region Juda und Benjamin gehörte, hat man angenommen, nur Angehörige dieser beiden Stämme seien zurückgekehrt. Der Großteil der ganzen Nation verblieb im Zweistromland, wo das assyrische und das babylonische Weltreich gewesen waren, bis veränderte Lebensverhältnisse unter nachfolgenden Reichen sie auf das ganze Römische Imperium verteilte. Es hat nie zehn „verlorene“ Stämme gegeben.
b) Alle Aufzeichnungen von den Stämmen sind verschollen, und es ist wahr, dass bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer alle Stammbäume verloren gingen, so dass die Stammeszugehörigkeit nur noch eine Sache der Erinnerung blieb, weshalb heute nur noch wenige Juden ihre Stammeszugehörigkeit nachweisen können. Das ist aber dem Glauben kein größeres Problem als jenes der Rückkehrer in den Tagen Esras (Esr 2,61-63). Es ist keine Frage, dass ein Gott, der eine Nation trotz ihres Unglaubens in das Land ihrer Väter zurückbringen konnte, auch jene Urkunden wiederherstellen kann, welche den Nachweis der Stammeszugehörigkeit ermöglichen werden.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt


    und wie schon einmal bemerkt: die Lehre, dass es sich um besonders gesalbte ZJ handeln würde, hat sich ja nun als Falsch erwiesen, denn:

    Gemäß Offenbarung 7:4-8 und 14:1-3 ist die Zahl der geistigen Israeliten, die versiegelt werden, um mit dem Messias das himmlische Königreich zu ererben, auf 144 000 beschränkt. Daher muß die Zeit kommen, da nur noch einige, nämlich die letzten Glieder der Königreichsklasse, die erforderlich sind, um deren Zahl vollzumachen, auf der Erde sein werden. Sie würden im Glauben nicht gespalten sein wie die Religionsgemeinschaften der Christenheit, sondern sie würden im Glauben eins sein, obschon sie verschiedenen Rassen, Nationen oder Stämmen angehörten und eine unterschiedliche Hautfarbe hätten.

    Gottes „ewiger Vorsatz“ jetzt zum Wohl des Menschen glorreich verwirklicht

    Die Tatsachen zeigen, daß die allgemeine Berufung oder Einladung zu dem himmlischen Preis, die Gott ergehen ließ, aufgehört hat, da bereits die volle Zahl berufen und auserwählt worden ist. Deshalb verkündigen die christlichen Zeugen Jehovas heute weit und breit die gute Botschaft, daß man durch Gottes Königreich ewiges Leben auf einer paradiesischen Erde erlangen kann.

    Erwachet! 22.Juli 1973

    Uns fällt auf, daß der Überrest der geistigen Israeliten, die in „diese Hürde“ gehören, bis zum Frühjahr 1935 völlig damit beschäftigt war, die letzten Glieder, die benötigt wurden, um die volle Zahl von 144 000 geistigen Israeliten zu erreichen, in „diese Hürde“ einzusammeln. Das sollten die letzten sein, die in den neuen Bund aufgenommen würden, dessen Mittler der vortreffliche Hirte ist, der als das „Lamm Gottes“ starb, um das „Blut eines ewigen Bundes“ zu beschaffen (Hebräer 13:20; Psalm 50:5).

    Der Wachtturm – 15.Mai 1984

    Es gibt berechtigten Grund zu der Annahme, daß die Gesamtzahl der 144 000 gesalbten Christen bereits vor Jahrzehnten erreicht worden ist.

    Es gibt berechtigten Grund zu der Annahme, daß die Gesamtzahl der 144 000 gesalbten Christen bereits vor Jahrzehnten erreicht worden ist.

    https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1996607

    „Kein weiteres Hinzufügen!“
    Bei einer Gilead-Abschlußfeier im Jahr 1970 sprach Frederick Franz, der damalige Vizepräsident der Watch Tower Society, vor den Studenten von der Möglichkeit, daß sie, die alle zu den anderen Schafen mit der irdischen Hoffnung gehörten, jemand taufen könnten, der den Anspruch erhebt, zum gesalbten Überrest zu gehören. Kann das tatsächlich geschehen? Wie er erklärte, taufte Johannes der Täufer, der zu den anderen Schafen gehörte, Jesus und einige der Apostel. Dann äußerte er sich zu der Frage, ob immer noch der Aufruf ergeht, Glieder des Überrestes einzusammeln. „Nein, kein weiteres Hinzufügen!“ sagte er. „Der Aufruf endete seinerzeit zwischen 1931 und 1935! Es gibt kein weiteres Hinzufügen. Wer sind also die wenigen neuen Mitverbundenen, die von den Gedächtnismahlsymbolen nehmen? Wenn sie dem Überrest angehören, sind sie Ersatz! Sie sind keine Hinzufügung zu den Reihen der Gesalbten, sondern Ersatz für diejenigen, die womöglich abgefallen sind.“

    https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1999084

    der Drache wurde zornig auf die Frau und verschwand, um einen Krieg zu anzuzetteln

    Und der Drache ward zornig über das Weib und ging hin, Krieg zu führen mit den übrigen (O. dem Überrest) ihres Samens, welche die Gebote Gottes halten (O. bewahren) und das Zeugnis Jesu haben.
    Elberfelder 1871 – Offenbarung 12,17

    Außer sich vor Wut darüber, dass ihm die Frau entkommen war, wandte sich der Drache gegen ihre übrigen Nachkommen, um mit ihnen Krieg zu führen – mit allen, die Gottes Gebote befolgten und sich zur Botschaft von Jesus bekannten.
    Neue Genfer Übersetzung – Offenbarung 12:17

    Da geriet der Drache außer sich vor Wut und bekämpfte jetzt alle, die zu dieser Frau gehörten. Das sind die Menschen, die nach den Geboten Gottes leben und sich zur Botschaft von Jesus bekennen.
    NeÜ bibel.heute Stand 2020 – Offb 12,17

    Da entbrannte der Drache voller Zorn gegen die Frau und ging fort, um gegen die übrigen Menschen zu kämpfen, die zu ihren Nachkommen gehören, gegen die, die Gottes Gebote bewahren und die sich mit ihrem Lebenszeugnis ganz zu Jesus stellen.
    Das Buch – Offb 12:17

    Und der Drache wurde zornig auf die Frau und verschwand, um einen Krieg zu anzuzetteln mit den Überlebenden ihrer Nachkommenschaft, die die Anweisungen Gottes einhalten und das Zeugnis von Jesus in sich tragen.
    Gottes Agenda – Offb 12,17

    Hier stehen sich zwei Deutungen schroff gegenüber: die reichsgeschichtliche und die endgeschichtliche. Nach der ersten sind die Adlersflügel (weil Adler oft ein Sinnbild des Gerichts sind) jene Gerichtszeiten, durch welche die verdorbene morgenländische Kirche unter dem Ansturm des Islam gezwungen ward, ihre alte Kulturwelt zu verlassen und in die damals noch wüsten, kulturlosen Länder zu flüchten: Spanien, Frankreich, England und Deutschland. Dort wird von nun an der Wohnort des Weibes, der Schwerpunkt der christlichen Gottesgemeinde. Ob man das einen Bergungsort nennen darf? Der Strom, den der Drache dem geflohenen Weibe nachsendet, wäre dann das zuerst unaufhaltsame Vordringen des mohammedanischen Völkerhaufens, der Nordafrika und Spanien schon überschwemmt hat und bereits weit in Frankreich eingedrungen war. Damals konnte es so aussehen, als ob die ganze abendländische Christenheit von diesem Satansstrom verwüstet werden müsse. Da half die Kulturwelt der Kirche: d. h. im Jahre 732 schlug Karl Martell die Araber bei Tour und Poitiers, so dass 375.000 Leichen der Feinde das Schlachtfeld bedeckten. Damit war dieser Strom verschluckt. Rechnet man nun die 1260 Jahre der Bergungszeit mit dieser Jahreszahl zusammen, so ergibt sich 1992! In dem Jahre hätte man erst mit dem Hereinbrechen der Endgeschichte zu rechnen! Sehr interessant, aber, aber…

    Ich habe keine volle Freudigkeit, diesem Exempel zuzustimmen.

    Die zweite Auffassung denkt beim Weibe an die israelitische Gottesgemeinde, die sich nach Offb 12, 7-12 zu Christo bekehrt hat. Satan verfolgt sie und möchte sie mit einem Lügenstrom vernichten. Das könnte eine neue gesteigerte [119] Form des Antisemitismus sein, der jetzt um so heißer diese Juden hasst, weil sie Christi Namen angenommen haben.

    Aller Groll, der gegen sie als Juden vorhanden war, ist mit dem antichristlichen Christushass vereinigt – und so etwas kann fürchterlich genug werden. Rassenhass und Religionshass – die schlimmsten Instinkte vereint! Da wird sich die Kulturwelt ins Mittel legen und aus einer Anwandlung von Toleranz verlangen, dass man den Juden gestattet, etwa in Palästina allein sicher zu wohnen. Dann wären die Adlersflügel vielleicht die Sinnbilder einer Macht, die, wie Deutschland, Osterreich, Russland, den Adler im Wappen führt!

    In diesem Fall würde alles, was liebe gläubige Christen vom »Bergungsort« für sich gedeutet haben, falsch sein. Vor 100 Jahren sollte Russland im Kaukasus oder Turkestan den Bergungsort bereithalten; daraufhin sind viele Gläubige aus Süddeutschland und der Schweiz dorthin ausgewandert!

    Obschon sich das längst als falsch erwiesen, brachte die sogenannte ,,Clöter“sche Bewegung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein paar hundert Familien aus Deutschland dazu, nach dem Kaukasus auszuwandern, wo der Bergungsort sein sollte. Die meisten von ihnen sind verarmt und verbittert wieder zurückgekommen, als sich auch das wieder als eine grobe Irrung herausstellte. Man darf mit der Anwendung solcher Bilder der Offenbarung auf die praktischen Verhältnisse der Gegenwart nicht spielen. Wieviel Verwirrung hat das nicht schon angerichtet!
    Offb 12, 17. »Die übrigen«, das sind wohl die nicht zum geschlossenen jüdischen Volkskörper gehörigen, über die Erde verstreuten Gläubigen. Also gibt’s wieder Christenverfolgungen in jenem letzten Zeitabschnitt der Endgeschichte. Immer wieder ist der Ertrag solcher Deutungen und Erwägungen der Eindruck: wir gehen noch vor dem Ende schweren Zeiten entgegen und jeder von uns muss seinen Beruf und seine Erwählung festmachen, damit er bestehen könne. Wenn die Zeitatmosphäre zur völligen Entscheidung drängt, dann wird [120] niemand mehr neutral und passiv bleiben können. Wollen wir heute schon uns ganz auf Jesu Seite stellen und damit Ernst machen, unser Herz ihm zu geben!

    Keller – Die Offenbarung Johannis

    Bei seiner Verfolgung der Frau verursachte der Teufel, die Schlange, eine große Flut, um sie zu ersäufen, doch die Erde saugte das Wasser auf. Manche Exegeten gehen davon aus, daß es sich dabei um eine tatsächliche Überschwemmung handelt, doch da Israel in alle Richtungen fliehen konnte, bietet sich die geographische Beschaffenheit des Heiligen Landes selbst nicht für eine solche Flut an. Vielleicht versinnbildlicht die Flut auch nur die Bemühungen Satans, Israel zu vernichten. Das wird durch das unebene Terrain, das zahlreiche Schlupfwinkel bietet, vereitelt. In gewisser Weise hilft Gott den Israeliten, so daß sie nicht vollkommen aufgerieben werden, auch wenn nach Sacharja 13,8 „zwei Teile darin ausgerottet werden sollen und untergehen“.
    Obwohl also nur ein Drittel Israels im Lande bewahrt wird (die Hundertvierundvierzigtausend aus Offb 7 gehören dazu), kämpft der Drache Satan weiter gegen die Überlebenden.
    Offb 12 führt vier wichtige Gestalten und eine Gruppe von Menschen, die in der Endzeit leben, ein: Israel, Satan, Christus, den Erzengel und den gläubigen Rest der Israeliten. In Offb 13 erscheinen zwei weitere bedeutende Personen auf der Bühne des Geschehens.

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Wenn der Drache sieht, dass seine Bemühungen, den Überrest völlig auszurotten, vereitelt sind, sucht er andere Opfer, an denen er seine Wut auslassen kann. Es gibt noch „die Übrigen ihrer Nachkommenschaft“. Es scheint, dass dies die Gläubigen sind, die in Jerusalem zurückgeblieben sind (Zeph 3,12). Weil der Drache sich auf die Mehrheit konzentrierte, hat er die wenigen Gläubigen in Jerusalem noch unbeschadet gelassen. Gott kennt sie als die, die seine Gebote halten. Sie sind auf Ihn ausgerichtet. Das befähigt sie auch, „das Zeugnis Jesu“ zu haben. Sie werden mit Ihm identifiziert.

    de Koning – Eine Erklärung speziell für dich

    Offenbarung 12:17 Und der Drache wurde zornig über die Frau und zog aus, um Krieg zu führen mit den übrigen ihrer Nachkommen, die die Gebote Gottes halten (die Juden) und an dem Zeugnis Jesu festhalten (die Christen). (NASB)

    Jeder einzelne Heilige muss seine eigene Seele und die Seelen seiner Familie vor den immer lauteren und schärferen Angriffen des Feindes schützen (2Petr 3,17). Und wie? Indem man sich an die Bibel klammert. Setzen Sie Ihr Vertrauen in Gottes Wort. Es ist ein Hort der Wahrheit inmitten eines Meeres von Lügen. Es ist eine mächtige Festung gegen die Täuschungen des Feindes. Die Lehren der Dämonen und die Hinwendung zu Mythen, die für die letzten Tage vorhergesagt werden, klingen gut, und wir fühlen uns gut, …

    Ellis H. Skolfield – Dämonen in der Kirche

    warum ein Buch?

    So spricht Jehova, der Gott Israels, und sagt: Schreibe dir alle Worte, die ich zu dir geredet habe, in ein Buch,
    Elberfelder 1871 – Jeremia 30,2

    So spricht Jahwe, der Gott Israels: „Alles, was ich dir gesagt habe, schreibe in eine Schriftrolle!
    Neue evangelistische Übersetzung 2019 – Jeremia 30:2

    So spricht der Herr, der Gott Israels: Schreib alle meine Worte auf einer Buchrolle nieder!
    Hoffnung für alle – 1996 – Jer 30,2

    Jehovah wollte keine mündliche Tradition, und auch keine aus dem Zusammenhang gerissenen Verskärtchen! Da ER zu Seinen Verheißungen stehen will, und diese einhalten wird, läßt Er Jeremia das ganze prophetische Wort in Buchform bzw in Schriftrollenform schreiben – eine Möglichkeit, etwas „unveränderbar“ zu Papier zu bringen. Damals wurden Verträge halt noch eingehalten. Jehovah wird auch in der Zukunft zu Seinem Wort stehen – und wird deshalb kein „geistiges Israel“ brauchen, um die Worte in den Kapiteln 30 & 31 von Jeremia einzulösen!



    Damit in der Zeit der Gefangenschaft das angesagte Heil erhofft wird, soll Jeremia die Verheißung zu Papier bringen. Damit hat Gott sich »schwarz auf weiß« festgelegt. Seine Treue wird am Ende triumphieren.

    Dieter Schneider 2018 – Wuppertaler Studienbibel

    Jeremia empfing die in 30:1-31:25 aufgezeichneten Worte, während er schlief (31:26), denn Gott sprach manchmal durch Träume zu seinen Dienern (Dan. 10:9; Sach. 4:1). Gott beauftragte Jeremia, seine Worte in ein Buch (Schriftrolle) zu schreiben, damit das Volk eine dauerhafte Aufzeichnung der Verheißungen hatte, die Gott seinem Volk gab (siehe Jer 36,1-4).

    In seinen Anweisungen an Jeremia gab Gott das Thema seiner Botschaft an: Israel (das Nordreich, das 722 v. Chr. von Assyrien eingenommen wurde) und Juda (das Südreich) werden schließlich als geeintes Volk in ihr Land zurückkehren (30:3). Auch wenn sich diese Verheißung letztlich auf die Wiedervereinigung der Juden am Ende des Zeitalters bezieht, so war sie doch eine Ermutigung für die Verbannten in Babylon, denn wenn Gott sein Volk aus allen Völkern der Welt sammeln kann, kann er sicherlich auch Juda aus der Gefangenschaft einer Nation befreien. (Beachten Sie seine Verheißung in V. 10.)

    Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

    . Wird Jeremia gesagt, dass er die Worte aufschreiben soll, die Gott zu ihm gesagt hat, in der Hoffnung, dass diejenigen, die nicht von dem profitiert haben, was er das erste Mal gesagt hat, es vielleicht mehr beachten werden, wenn sie eine bessere Gelegenheit bekommen, indem sie es lesen und darüber nachdenken. Er muss die Verheißungen sammeln und zusammenstellen und Gott wird nun viele ähnliche Worte hinzufügen. Er muss sie für künftige Generationen aufschreiben, die sehen werden, wie sie sich erfüllen. Er soll sie nicht in einen Brief, sondern „in ein Buch“ schreiben (Vers 2), damit sie in Archiven aufbewahrt werden. Diese Prophetie muss aufgeschrieben werden, damit sie gelesen werden kann und man sehen kann, wie genau die Erfüllung mit der Weissagung übereinstimmt. Es wird angedeutet, dass sie „Geliebte um der Väter willen“ sind (Röm 11,28), denn Gott wird sie wieder nach Kanaan bringen, weil es das Land ist, „das ich ihren Vätern gegeben habe“ und das sie „in Besitz nehmen“ sollen (Vers 3).

    Der Neue Matthew Henry Kommentar

    Jeremia wird von Gott beauftragt, „alle Worte“, die er zu ihm gesprochen hat, in ein Buch zu schreiben. Ist damit alles gemeint, was Gott ihm von Beginn seines prophetischen Wirkens offenbart hat? Oder geht es speziell um die in den Kapiteln 30 und 31 überlieferten Worte? Die Begründung in Vers 3 deutet in diese Richtung. Dort ist davon die Rede, dass die Zeit kommen wird, in der Gott das Geschick seines Volkes wenden und sie wieder in ihr Land zurückbringen will. Das spricht dafür, dass Jeremia Heilsweissagungen aufschreiben soll – vermutlich um der nachfolgenden Generation, die diese Wende erlebt, zu zeigen, dass Gott alles so geplant hat.

    Mainka – Jeremia

    In Vers 1 kam das Wort Jehovas zu Jeremia, und in Vers 2 wurde Jeremia befohlen zu schreiben. Dort heißt es: Schreibe du oder, wörtlicher aus dem hebräischen Text: „Schreibe für dich selbst.“ Mit anderen Worten: Jeremia wird aufgefordert, für sich selbst und zu seinem persönlichen Nutzen alle Worte, die ich zu dir gesprochen habe, in ein Buch zu schreiben. Anstatt eine umfangreiche, negative Botschaft zu erhalten, wie es bei den ersten 29 Kapiteln seines Buches der Fall war, soll er nun eine umfangreiche, positive Botschaft erhalten, und er soll sie in einem separaten Buch zusammenfassen. Es gibt also ein separates Buch, oder richtiger gesagt, eine separate Schriftrolle, die die Kapitel 30, 31, 32 und 33 umfasst.

    Vers 3 gibt eine Zusammenfassung dessen, was diese vier Kapitel enthalten: Denn siehe, die Tage kommen, spricht Jehova. Diese Worte weisen auf die prophetische Zukunft hin. In dieser prophetischen Zukunft werde ich die Gefangenschaft meines Volkes Israel und Juda wieder wenden, spricht Jehova. Das ist das Grundthema in den vier Kapiteln im Allgemeinen und in den ersten beiden Kapiteln im Besonderen: Gott wird die Juden, beide Häuser Israels, wieder in das verheißene Land zurückbringen. Gott verspricht eine zukünftige, endgültige Wiederherstellung. Er macht dann drei unterstützende Aussagen: erstens, ich werde sie zurückkehren lassen; zweitens, er wird ihnen das Land geben, das er ihren Vätern gegeben hat; und drittens, sie werden es in Besitz nehmen. Vers 3 ist im Grunde das Thema des gesamten Buches des Trostes der Kapitel 30 bis 33.

    Arnold Fruchtenbaum – Das Buch des Trostes: Jeremia 30-33

    wohin mit dem Komma?

    Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.
    Elberfelder 1871 – Lukas 23,43

    Jesus antwortete ihm: »Ich versichere dir, du wirst noch heute mit mir im Paradies sein.«
    Gute Nachricht Bibel 2018 – Lukas 23:43

    Da gab Jesus dem, der dem andern die Vorhaltungen gemacht hatte, die Antwort: „Fasse Mut! Denn heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein!“
    Johannes Greber – Lk 23,43

    Da sagte Jesus zu ihm: «Wahrlich ich sage dir: Heute (noch) wirst du mit mir im Paradiese sein-1-!»
    -1) abzulehnen ist die Üs: «Wahrlich ich sage dir (schon) heute: Du wirst mit mir im Paradiese sein.» Diese Üs. verkennt völlig, was mit dem Paradies gemeint ist, nämlich der Ort, an dem die Gerechten der Vollendung des Reiches Gottes entgegenharren.
    Hermann Menge Übersetzung – 1926 – Lk 23:43

    Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir heute: Mit mir wirst du im Paradiese sein.
    (Die jetzt übliche Interpunktion dieser Stell ist ohne Zweifel falsch und widerspricht der ganzen Denkweise Christi und des Schächers. Sie konnte nur deshalb aufkommen und später zur allgemeinen Herrschaft gelangen, weil die Griechen und Römer kein rechtes Verständnis für die israelitische Messiashoffnung hatten und der ägyptisch = platonischen Lehre von der „Unsterblichkeit der Seele“ und dem jenseitigen „Götterhimmel“ huldigten. So machte man aus dem Paradies das mittelalterliche „Himmelreich“ im Tode oder eine Unterabteilung desselben. Christus (der Messias) hat aber unter dem Paradies sicher nicht eine Unterabteilung des Totenreiches, sondern nur die Wiederherstellung des Paradieses auf Erden, oder das Messiasreich verstanden. Auch der Schächer kann nur an dieses gedacht haben, wie er ja auch ausdrücklich gebeten hatte: „Erinnere dich meiner, wenn du in deiner (messianischen) Königsherrschaft kommst.“ Es ist darum ganz undenkbar, daß Jesus dem Schächer gesagt haben soll: Laß deine messianischen Hoffnungen fahren; du wirst nicht erst später mit mir im Messiasreich, sondern noch heute mit mir in einer Unterabteilung des Totenreiches, das ich Paradies nenne sein. Er hätte damit den Schächer nur verwirrt und ihm gar keine direkte Antwort auf seine Bitte gegeben. Der Ausdruck: „ich sage dir heute“ entspricht auch ganz der hebräischen Sprechweise, wie viele Stellen des Alten Testamentes beweisen. Er war besonders passend am Kreuz und am Todestag Jesu, weil er so die Verheißung Jesu in einzigartiger Weise bekräftigte. Da Jesus zu dem allem sogar am dritten Tage nach seinem Tode noch der Maria Magdalena erklärt: „denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater“ ( Joh 20:17 ), so kann und darf das „heute“ nicht in der üblichen Weise verstanden werden. Das „heute“ fehlt sogar in vielen alten Handschriften und Übersetzungen; ein Beweis, daß man ihm nicht die ausschlaggebende Bedeutung beimaß. Überdies beweisen aber auch noch viele Zeugen aller Jahrhunderte, das unsere Interpunktion bekämpft und verfochten wurde. Die inneren und äußeren Gründe sprechen also für die von uns angenommene Interpunktion und Auffassung.)
    Die vier Evangelien des Reinhardt – Lk 23,43

    »Da sagte Jesus zu ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein« (Lk 23, 43). Der sterbende Jesus öffnete ihm also den Weg zur Seligkeit. Der erste, den Jesus ins »Paradies« mitbrachte, war dieser Schächer. Wenn Jesus so barmherzig mit dem Schächer umging, wie sollte er dann mit uns unbarmherzig sein, auch wenn wir sagen müssen: »Nichts hab ich zu bringen, alles, Herr, bist du«? Auf Werke konnte der Schächer nicht mehr bauen. Ihm half nur die Gnade – das ist seine Botschaft für alle Zeiten (vgl. 1 Petrus 1,13).

    Zum letzten Mal benutzt Jesus auf Erden das »Amen«. Die feierliche Einleitung: »Amen, ich sage dir« sollte jeden Zweifel beim Schächer zerstreuen. »Heute« steht in einem betonten Gegensatz zu dem »wenn du in dein Reich kommst«. Also »heute noch« soll etwas geschehen – nicht erst in Zukunft! Die Übersetzung »ich sage dir heute: du wirst (irgendwann einmal später) mit mir im Paradies sein« widerspricht dem ganzen Gesprächsgang.

    Doch was ist der Inhalt dieser Zusage? Das »mit mir« ist noch wichtiger als das »im Paradies sein«. »Mit mir« bedeutet: Du wirst ewige Gemeinschaft mit mir haben, nicht in die Verdammnis kommen, am ewigen Gottesreich teilnehmen, an meiner Wiederkunft teilnehmen, an der neuen Schöpfung teilnehmen (vgl. Phil 1,23).

    Doch was ist das »Paradies«? »Paradies« kommt vermutlich von einem persischen Wort, das »Park« oder »Garten« bedeutet. Die griechische Wortform paradeisos wurde dann in der griechischen Bibel für den »Garten Eden« (1 Mo 2,8ff.) verwendet. An diesen »Garten Eden« knüpft Jesus hier an. Wie ein Vergleich mit 2 Kor 12,4; Offb 2,7 lehrt, meint Jesus einen überirdischen Ort. Wahrscheinlich ist damit derselbe Warteraum für die selig Verstorbenen gemeint, von dem Jesus in Lk 16,19ff im Zusammenhang mit dem armen Lazarus gesprochen hatte. Trifft diese Deutung zu, dann verspricht Jesus dem bittenden Schächer, er solle als geretteter Mensch in denselben Warteraum kommen, in dem Abraham und Lazarus auf die Auferstehung des Lebens (Joh 5,29) warten. »Heute noch« geschieht dies, weil Jesus und er »heute noch« sterben werden (vgl. Joh 19,31ff.). Dieses Wort am Kreuz passt ausgezeichnet zu Heb 4,14 u. a. Stellen, wonach Jesus nach seinem Sterben »die Himmel durchschritten« hat (vgl. Apg 1,9ff.; 1 Tim 3,16; Heb 9,24). Wir können uns den Vorgang so denken, dass Jesus auf diesem Weg durch überirdische Bereiche auch jenes »Paradies« durchschritt (vgl. 2 Kor 12,2ff.; Offb 6,9ff.) und den Schächer bis zum Tag seiner Auferstehung dort ließ. Wie sorgfältig war Jesus noch am Kreuz mit seinen Versprechungen! Er versprach dem Schächer nicht die Auferstehung »heute« oder das Messiasreich »heute«, noch weniger die Neuschöpfung »heute«, sondern nur das, was »heute« schon Wirklichkeit sein konnte: nämlich den Warteraum der selig Verstorbenen.

    Schließlich erinnert uns Lk 23,43 an die betonten »Heute« – Worte im Lukasevangelium: »Heute ist euch der Heiland geboren« (Lk 2,11), »heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren« (Lk 4,21), »heute haben wir Ungeheuerliches gesehen« (Lk 5,26), »heute und morgen mache ich gesund« (Lk 13,32), »heute muss ich in deinem Haus einkehren« (Lk 19,5), »heute ist diesem Hause Heil widerfahren« (Lk 19,9). Im Grunde sind es lauter JubelWorte, die die Gnadenzeit verkündigen. Wie wichtig ist es, dass wir dieses »Heute« nicht versäumen (vgl. Heb 3,7-4,13 und im EKG Nr. 169)!

    Gerhard Maier – Edition C

    In der zweiten Aussage vom Kreuz sagte Jeschua dem Verbrecher, dass er nicht bis zum Reich Gottes warten müsse, um erinnert zu werden; er würde noch am selben Tag erinnert werden: Heute wirst du mit mir im Paradies sein (Lukas 23:43b). Er würde an diesem Tag sterben, und sein Geist würde, wie Jeschuas Geist, in den paradiesischen Teil des Scheol hinabsteigen.[216] Die Wahrheit dessen würde beweisen, dass Jeschua der Messias war, der Sohn Gottes, der Punkt, den alle anderen bestritten und verspotteten.

    Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

    Nicht beide Mitgekreuzigte Jesu stimmen in den Spott ein. Der eine von ihnen begreift das Geheimnis Jesu. Er weiß und sieht, [235] dass Jesu Art von »Vergehen« ganz anders war. Dass Jesus gewaltlos war. Und er sieht nun, dass dieser Mitgekreuzigte wirklich das Antlitz Gottes sichtbar macht, Gottes Sohn ist. So bittet er ihn: »Jesus, wenn du in dein Reich kommst, gedenke meiner« (Lk 23, 42). Wie der rechte Räuber sich das Kommen Jesu in sein Reich genau vorgestellt und wie er sich daher das Gedenken Jesu erbeten hat, wissen wir nicht. Aber offensichtlich hat er gerade am Kreuz begriffen, dass dieser Ohnmächtige der wahre König ist – der, auf den Israel wartet und an dessen Seite er nun nicht nur am Kreuz, sondern auch in der Herrlichkeit stehen will.
    Die Antwort Jesu geht über die Bitte hinaus. An die Stelle einer unbestimmten Zukunft tritt sein Heute: »Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein« (23, 43). Auch dieses Wort ist geheimnisvoll, aber es zeigt uns eines mit Sicherheit: Jesus wusste, dass er direkt in die Gemeinschaft mit dem Vater eingehen werde – dass er das »Paradies« noch für »heute« verheißen konnte. Er wusste, dass er den Menschen wieder ins Paradies hineinführte, aus dem er herausgefallen war: in das Mitsein mit Gott als das wahre Heil des Menschen.

    Joseph Ratzinger – Jesus von Nazareth

    Die betont vorangestellte Zeitbestimmung σήμερον nimmt die temporale Konjunktion ὅταν auf. Sie bedeutet aber nicht ‚jetzt‘, d. h. „im Augenblick des Sprechens Jesu“ (so Schreiber* 287), sondern sie nimmt das postmortale Geschick in den Blick: Jesus sagt dem Verbrecher zu, dass er unmittelbar nach seinem Tod in das im Himmel befindliche Paradies und in die Gemeinschaft mit ihm entrückt wird.

    παράδεισος ist ein Lehnwort aus dem Persischen, das soviel wie „Garten“ oder „Park“ bedeutet (vgl. Gen 2,8.10 sowie Aune, Revelation 1–5, 154). Es fungiert hier als Bezeichnung für jenen himmlischen Heils- und Ruheort, in den die Gerechten nach ihrem Tode entrückt werden. In diesem Sinne findet sich das Wort auch in TestAbrA 11,10 („… die Pforte, die zum Leben führt; die durch sie eintreten, gelangen ins Paradies“); 14,8; äthHen 32,3 („Garten der Gerechtigkeit“); 60,8 (der „Garten, in dem die Auserwählten und Gerechten wohnen, wohin mein Großvater aufgenommen worden ist“); 60,23 („Garten der Gerechten“); ApkMos 37,5; slawHen 8,1–8; 42,3 („ich ging hinauf nach Osten in das Paradies Eden, wo Ruhe für die Gerechten bereitet ist; und es ist offen bis zum dritten Himmel, aber es ist abgeschlossen von dieser Welt“ [Übers. C. Böttrich]); vgl. auch 2.Kor 12,4; Apk 2,7.

    Dem Verbrecher wird also das postmortale Geschick eines Gerechten zuteil, weil er erkannt hat, dass Jesus es ist, der über die Zuweisung von Heil und Unheil entscheidet. Eklatanter könnte die Konfrontation der unterschiedlichen Sinnwelten, die unter den Menschen und bei Gott in Geltung stehen, wohl kaum zum Ausdruck gebracht werden: unter den Menschen ein Verbrecher – bei Gott ein Gerechter. Lukas macht damit deutlich, dass bei Gott ganz andere Vorstellungen von Gerechtigkeit in Geltung stehen als bei den Menschen. Denselben Gedanken formuliert Paulus in 1.Kor 7,22 unter Rückgriff auf das Gegenüber von ἐλεύθερος und δοῦλος.

    Michael Wolter – Handbuch zum Neuen Testament

    Mit dem Wort „wahrlich“ gab der gekreuzigte Herr in Seiner Gnade einem sterbenden Mann Gewißheit. Die Antwort war ganz anders, als der Schächer erwartet hätte. Er blickte in die Zukunft auf den Tag der kommenden Macht und Herrlichkeit des Reiches, aber der Herr gab ihm in Seiner Antwort unmittelbare Gewißheit, daß er an diesem gleichen Tag bei Ihm im Paradies sein werde. Sekten mißbrauchen diesen Vers, weshalb es wichtig ist, darauf hinzuweisen, daß „heute“ mit „wirst du mit mir … sein“ verknüpft ist, und nicht etwa mit „ich sage dir“, als ob der Herr hätte sagen wollen: „Ich sage dir heute.“ Diese sonderbare Lesart ermöglicht jenen, die die Trennung der Seele vom Leib beim Tode leugnen, sich selbst die trügerische Annahme einzureden, der Herr habe dem geretteten Schächer keineswegs die Verheißung gegeben, er werde noch gleichen Tages mit seinem Herrn im Paradies sein. Aber die Verheißung des Herrn ist unmißverständlich: „Heute wirst du mit mir … sein.“ „Paradies“ ist ein persisches Wort, das einen geschlossenen Garten bedeutet. Es wurde von den Juden gebraucht, um den Ort zu beschreiben, an dem die Erlösten nach ihrem Tode und vor ihrer Auferstehung sind. Aufgrund von Ps 16,9-11 und Apg 2,26-28 glauben wir, daß der Ort, an den der Herr und der Schächer gingen, der Hades war, nicht die Hölle der Pein, sondern ein Ort des Trostes (16,22), ein Ort vorübergehender Ruhe, bis der Herr aus den Toten auferweckt wurde. Wenn Eden das Paradies war, dann nicht, weil der noch unschuldige Mensch, sondern weil Gott dort war. Die Gegenwart des Herrn machte den Ort des Trostes zum Paradies. Das Paradies ist jetzt oben, denn Er ist dort (2Kor 12,1-4). Die Puritaner sagten: „‚Heute‘, welche Unverzüglichkeit! ‚Wirst du sein‘, welche Gewißheit! ‚Mit mir‘, welche Gemeinschaft!“

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Wie groß ist mein Vertrauen? – II

    Denn ich, der Herr, dein Gott, bin es, der deine Hand erfasst und zu dir spricht: Fürchte dich nicht, ich helfe dir!
    Allioli Bibel – Jesaja 41,13

    Denn ich, der Ew’ge, dein Gott, ich stärke deine Rechte, ich, der zu dir spricht: Fürchte dich nicht, ich helfe dir!
    Die Philippson-Bibel – Jesaja 41:13

    Fortsetzung von einem Vers, den wir schon einmal hatten.

    Diese Verse sollen bei Gottes Knechten in ihrer Not ihre Ängste zum Schweigen bringen und ihren Glauben ermutigen. Vielleicht sollen sie in erste Linie Gottes Israel im Exil unterstützen, doch alle, die Gott treu dienen, können „durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen“ (Röm 15,4). Wir haben hier ein Wort der Ermahnung, des Rates und des Trostes, das so oft wiederholt wird: „Fürchte dich nicht“ (Vers 10) und wieder (Vers 13.14): „Fürchte dich nicht.“ Es ist gegen Gottes Wunsch für sein Volk, wenn es ein furchtsames Volk ist.

    Sie können darauf vertrauen, dass er als ihr Gott unter ihnen gegenwärtig ist: „Ich … ergreife deine rechte Hand“ (Vers 13), „werde Hand in Hand mit dir gehen“; einige lesen es jedoch so: „Er wird unser Führer sein.“ Wenn wir schwach sind, wird er uns stützen. Er wird uns ermutigen und uns in seiner rechten Hand halten (Ps 73,23). Er wird Ängste zum Schweigen bringen. „Ich … sage dir: ‚Fürchte dich nicht‘ “ (Vers 13). Er hat es in seinem Wort immer wieder gesagt, doch er wird noch weiter gehen: Er wird es durch seinen Geist ihrem Herzen sagen.

    Der Neue Matthew Henry Kommentar

      Nimm meine Hand!

      Ich, der HERR, dein Gott, ergreife deine rechte Hand, der ich zu dir spreche: Fürchte dich nicht, ich helfe dir! (Jes 41,13).
      Ein kleiner Knabe hatte sein Bett dicht neben dem seines Vaters. Oft geschah es, dass er in der Nacht erwachte, und wenn alles so finster war, kam Angst über ihn. Dann streckte er sein Händchen nach dem Bett des Vaters hinüber und rief: «Bitte, Papa, nimm meine Hand!» Der Vater fasste dann liebevoll das Händchen des Kleinen, und sogleich verschwand die Furcht. Das Kind fiel wieder in einen ruhigen Schlaf. Es fühlte, der Vater war bei ihm, es brauchte sich nicht zu fürchten.
      So dürfen auch wir, wenn Furcht und Angst uns erfassen wollen, erfahren, dass der Herr in besonderer Weise seine allmächtige Hand ausstreckt, um uns zu beruhigen und zu trösten. Er hat noch nie eins der Seinen, das Ihm die Hand willig gab, untergehen lassen.

      Halte fest 1958 – Seite 252

      Das furchtsame Volk Gottes, das den grausamen Launen menschlicher Macht zum Opfer gefallen ist, wird gerechtfertigt werden, denn keine menschliche Feindseligkeit kann Gott besiegen.

      Die ESV Studienbibel

      Der Herr wird die rechte Hand der Exilanten halten (42,6), so wie er die Hand von Mose hielt (63,12). Der Herr ist mit ihnen; sie haben nichts zu befürchten.

      Die Nelson Studienbibel

      Nachdem Gott Israel seine unerschütterliche Unterstützung zugesichert hatte, offenbarte er als Nächstes die Niederlage der Nationen (Verse 11-13). In Vers 11 weist er auf das Scheitern dieser Völker hin: Siehe, alle, die gegen dich zornig sind, werden zu Schanden und zu Boden fallen; die mit dir streiten, werden wie nichts sein und umkommen. Vor allem die Götter der Völker, die in dem größeren Zusammenhang, der in Jesaja 40 beginnt, erwähnt werden, werden versagen. Infolgedessen werden sie gedemütigt und zuschanden gemacht, und die Völker selbst werden verschwinden.

      Vers 12 fügt hinzu, dass die heidnischen Völker nicht nur nicht mehr zu finden sein werden, sondern auch wie etwas, das nie existiert hat: „Du wirst sie suchen und nicht finden, auch nicht die, die mit dir streiten; sie, die gegen dich streiten, werden wie ein Nichts und wie ein Nichts sein. Wenn Gott die Nationen, die in den letzten Tagen der Trübsal gegen Israel aufgebracht sind, vernichtet, können sie genauso gut gar nicht mehr existieren.

      Vers 13 nennt den Grund dafür: Denn ich, Jehova, dein Gott, werde deine rechte Hand halten und zu dir sagen: Fürchte dich nicht, ich werde dir helfen. JHWH wird Israels rechte Hand ergreifen. Er wird ihr helfen, und deshalb soll sich Israel nicht fürchten.

      Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja

      Wenn ihr mit eigenen Augen seht, wie Jerusalem von Truppen umzingelt wird …

      Daß alsdann, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen, und die in ihrer (d. i. Jerusalems) Mitte sind, daraus entweichen, und die auf dem Lande (O. in den Landschaften) sind, nicht in sie hineingehen.
      Elberfelder 1871 – Lukas 21,21

      Wenn ihr aber Jerusalem von Heerlagern umringt seht, dann erkennt, daß seine Verwüstung sich genaht hat. Lk 19,43; Mt 24,15f; Dan 9,27.
      Dann sollen die, so in Judäa sind, fliehen auf die Berge, und die mitten darin sind, entweichen von dannen; und die in den Landschaften sind, gehen nicht hinein! Lk 17,31.
      Denn das sind die Tage der Rache, auf daß erfüllt werde alles, was geschrieben ist. Dan 9,26; Sach 11,1.6.
      Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Lukas 21:20–22

      Wenn ihr mit eigenen Augen seht, wie Jerusalem von Truppen umzingelt wird, dann wisst ihr, dass ihre völlige Zerstörung kurz bevorsteht. ° Dann sollen die, die in der Provinz Judäa leben, ins Bergland fliehen und die, die mitten in der Stadt wohnen, aus ihr herausgehen und die, die im Umland wohnen, nicht in sie hineingehen. ° Das sind dann die Tage der Vergeltung, wenn sich alles genau erfüllt, was in Gottes Buch vorausgesagt worden ist.
      Roland Werner – Das Buch – Lukas 21,20–22

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      Zwei Verse aus einer Rede von Jesus – weitere Verse hatten wir schon:
      Aber Gott passt auf euch auf. Kein Haar wird man euch ausreißen, wenn er es nicht zulässt. Werdet nicht weich, zieht euer Ding durch, dann werdet ihr es packen und für immer leben!

      Was meinte Jesus – und sind diese Verse auch für uns wichtig? Sollen wir auch ein „geistiges Judäa“ verlassen?

      IM JAHRE 70 N. CHR. JERUSALEM VERÖDET
      Wie vorausgesagt, erweckte Jehova Kores von Medo-Persien, um Babylon zu zerschmettern und die israelitischen Gefangenen zu befreien, damit sie heimkehren und den Tempel und ihr Heimatland wieder aufbauen konnten. (Esra 1:1-4; Jesaja 44:28; 45:1-4; Daniel 5:30; 6:1) In den nachfolgenden Jahrhunderten häuften die Juden, während sie die groben Götzendienereien früherer Zeiten vermieden, eine Menge Überlieferungen auf und spalteten sich in verschiedene religiöse Sekten. Sie irrten weit vom Pfade wahrer Anbetung Jehovas ab. Im Frühling des Jahres 29 n. Chr. begann Johannes der Täufer ein Werk des ‚Bereitens des Weges Jehovas‘, um das Volk auf Jehovas Kommen, vertreten durch die Person des verheißenen Messias, aufmerksam zu machen. Johannes warnte sie vor ihren Sünden und zeigte ihnen die Notwendigkeit, zu bereuen, und wie Weizen und wie Bäume zu sein, die edle Frucht hervorbringen, statt wie Stroh und wie Bäume zu sein, die faule Frucht bringen und dazu bestimmt sind, ins Feuer geworfen zu werden, das niemand löschen könnte. Als Ergebnis erwarteten die Juden den Messias und blickten nach ihm aus. — Lukas 3:1-17, NW.
      Im Herbst des Jahres 29 n. Chr. wurde Jesus im Jordan getauft und mit Jehovas Geist gesalbt und bot sich danach als der verheißene Messias an. In ihm erfüllten sich die Prophezeiungen der Hebräischen Schriften über den Messias. Aber die jüdischen Religionsführer nahmen ihn nicht an. Jesus nährte weder ihre Eitelkeit, noch eignete er sich für ihre politischen, ehrsüchtigen Pläne. Statt dessen warnte er sie vor ihren Sünden, sagte ihnen, daß sie Gottes Wort durch ihre Überlieferungen nichtig gemacht hätten, daß sie etwas sagten und das Entgegengesetzte täten, daß sie das gewöhnliche Volk bedrückten, persönlich zu glänzen suchten, nach schmeichlerischen Titeln Verlangen trügen, die wahre Anbetung selbst zurückwiesen und andere an deren Ausübung hinderten, daß sie die kleinen geringeren Dinge aussiebten und die großen, höheren Erfordernisse des Gottwohlgefälligseins unerfüllt ließen und sich auf eine äußere Erscheinung der Gerechtigkeit beschränkten, während sie ihre vielen groben Sünden zugedeckt hielten. Er nannte sie Schlangen und Vipernbrut und verlangte zu wissen, wie sie der Vernichtung wohl zu entgehen gedächten, und er kündigte ihnen an: „Siehe! euer Haus wird euch überlassen.“ — Matthäus 23:1-39, NW; 15:3-9.
      Die Juden beherzigten jedoch weder die Warnung Johannes’ des Täufers noch diejenige Jesu. Nicht nur auf Grund des Laufes, den die Ereignisse nahmen, sondern auch auf Grund der Bibelchronologie hätten sie den Messias erwarten und Jesus als diesen erkennen sollen. (Daniel 9:24-27) Doch zogen sie es vor, sich auf Politik mit dem Römischen Reiche einzulassen, und als Pilatus Jesus als ihren König vorstellte, verwarfen sie ihn zornig, verlangten seine Hinrichtung und schrien: „Wir haben keinen König außer dem Cäsar.“ (Johannes 19:14, 15, NW) Das heidnische Rom mit seinen falschen Göttern, seinen Dämonenreligionen und Götzendienststandarten, denen es opferte, war in Jehovas Augen ein Greuel, ein abscheuliches Ding, und daß sein angebliches Volk ein politisches Bündnis mit ihm machte, konnte ihm nur Vernichtung und Verödung bringen. Pilatus wurde zusammen mit den jüdischen Religionisten mitbeteiligt am Tode Jesu, und diese Verschwörung war eine erste Erfüllung von Psalm 2:1, 2. (Apostelgeschichte 4:25-27) Die faulen Früchte dieses Bündnisses erwiesen sich für die Juden wie schlechte Bäume und wertlose Spreu, die nur zur gänzlichen Vernichtung, dargestellt durch Feuer, taugte, vor der sowohl Johannes wie Jesus gewarnt hatten. (Matthäus 7:19) Ihre Warnungen erfüllten sich in den unheilvollen Ereignissen des Jahres 70 n. Chr., als die Verödung über Jerusalem kam wegen seines greulichen, abscheulichen Bündnisses mit dem Römischen Reiche. Solch folgenschwere Ereignisse erfordern eine genaue Untersuchung.
      Während einiger Jahre hatten Unruhe und Aufwiegelung Palästina erregt, aber im Jahre 66 n. Chr. brach eine wirkliche Revolte aus, und Cestius Gallus, der römische Prätor über Syrien, marschierte mit seinem Heere ein und schloß die Juden in Jerusalem ein. Ob die treulosen Juden an Jesu Ermahnung, zu fliehen, dachten oder nicht, dachten doch bestimmt Christen, die in Jerusalem sozusagen in der Falle saßen, daran: „Wenn ihr Jerusalem von Heeren umlagert seht, dann versteht, daß seine Verödung nahe gekommen ist. Dann mögen die in Judäa sind, zu den Bergen zu fliehen beginnen, und die in ihrer Mitte sind, entweichen, und die in den umgebenden Gebieten sind, nicht in sie hineingehen, denn dies sind Tage, da das Gericht zugemessen wird, damit alles erfüllt werde, was geschrieben steht.“ Ferner: „Wenn ihr das abscheuliche Ding erblickt, das Verödung verursacht, wovon Daniel, der Prophet, geredet hat, als an heiliger Stätte stehend (der Leser wende Urteilsvermögen an), dann mögen die in Judäa sind, zu den Bergen zu fliehen beginnen.“ — Lukas 21:20-22; Matthäus 24:15, 16, NW.
      Wie aber konnten Christen in Jerusalem angesichts eines Heeres, das sie umringte, dem Gebot, zu fliehen, gehorchen? Der Weg zur Flucht wurde für sie geöffnet, als Gallus aus einem unerklärlichen Grunde sein Heer zurückzog. Der Geschichtsschreiber Josephus sagt von Cestius: „Bald würde er die Stadt, hätte er nur noch eine Weile mit Beharrlichkeit die Belagerung fortgesetzt, überkommen haben.“ Statt dessen zog er „ganz wider alle Erwartung . . . aus der Stadt ab“. Gleichwie der Rückzug der Heere Nebukadnezars die Flucht gestattete, ehe Jerusalem im Jahre 607 v. Chr. gestürzt wurde, so räumte der befremdende Rückzug des Gallus im Jahre 66 n. Chr. eine Gelegenheit zur Flucht ein, gab also Gelegenheit, die Warnung Jesu zu beherzigen. In recht buchstäblichem Sinne hatte das greuliche römische Heer mit seinen abscheulichen Götzendienst-Standarten die heilige Stätte Jerusalem samt dem Tempel umringt; bestimmt war es also an der Zeit, zu fliehen, um der Verödung zu entgehen, welche, wie Jesus es gesagt hatte, folgen mußte. Als sich somit das Heer des Gallus zurückzog, flohen die Christen nicht nur aus Jerusalem, sondern aus Judäa, überquerten den Jordan und nahmen Wohnung in den Bergen Gileads, indem sie sich besonders in Pella niederließen. So entgingen sie der Verödung, die später als ein Ergebnis des abscheulichen politischen Bündnisses mit Rom folgte, der Katastrophe, die dadurch veranlaßt wurde, daß der Cäsar abscheulicherweise in die Stellung des Königtums eingesetzt wurde, die dem Messias allein vorbehalten war.
      Wie aber ereilte das göttliche Gericht schließlich jene Juden, die sich in die Politik einmischten und die Ermahnung zur Flucht zurückwiesen? Christus Jesus, der Jerusalem eine feurige Vernichtung angekündigt hatte und dem das Gericht übergeben war, war es, den Jehova dazu gebrauchte, den Vollzug des Gerichts vom Himmel her zu überwachen; und Titus, der römische General und Fürst, Sohn des Kaisers Vespasian, war, zusammen mit seinen Heeren, das menschliche Werkzeug, sie herbeizuführen. Als der Prophet Daniel von der abscheulichen, greulichen Verwerfung des Messias und dem Vorziehen des Cäsars sprach, sagte er: „Er [der Messias] wird die Stadt und das Heiligtum zerstören mit dem Fürsten [Titus], der kommt.“ Oder: „Hernach soll er [der Messias] die Stadt und das Heiligtum verwüsten, durch den Fürsten [Titus], der kommen soll.“ (Daniel 9:26, LXX; Houbigant) Gemäß der Prophezeiung Daniels und den Worten Jesu über den Tempel, daß „keinesfalls hier Stein auf Stein gelassen werde, der nicht niedergerissen wird“, verödeten die römischen Heere unter Titus wirklich die Stadt und ihren Tempel im Jahre 70 n. Chr. — Matthäus 24:2, NW.

      AUFFALLENDE GESCHICHTLICHE EINZELHEITEN
      Als sich Cestius Gallus im Jahre 66 n. Chr. zurückzog und die Flucht in die Sicherheit möglich wurde, da galt von jener Zeit an folgende Warnung Jesu: „Mögen jene, die in den umliegenden Gebieten sind, nicht in sie hineingehen.“ (Lukas 21:21, NW) Die treulosen Juden ließen diese Worte außer acht, und demzufolge fand Titus, als er im Jahre 70 n. Chr. kam, die Stadt mit Besuchern aus ganz Palästina überfüllt: „Denn diejenigen, welche aus dem ganzen Lande zum Feste der ungesäuerten Brote gekommen waren, wurden plötzlich vom Kriege [von einem Heere] umringt . . . diese so große Volkszahl hatte sich auch aus anderen Ortschaften gesammlet; damals aber war die ganze Nation, so war des Schicksals Schluß, gleichsam in ein Gefängnis eingesperrt, und kriegerische Schaaren [römische Heerscharen] umzingelten die Stadt, welche von Menschen wimmelte.“
      Jesus warnte vor irgendwelcher Verzögerung beim Fliehen. (Matthäus 24:16-18) Dieser Warnung jedoch trotzte man, und als viele Juden wirklich zu fliehen begehrten, war es zu spät, um Gelingen zu haben. Lukas 19:41-44 (NW) erklärt: „Und als er [Jesus] nahe hinzukam, betrachtete er die Stadt und weinte über sie, indem er sprach: ‚Wenn du, ja du, an diesem Tage die Dinge erkannt hättest, die zu deinem Frieden dienen — jetzt aber sind sie vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich kommen, da deine Feinde eine Befestigung von Spitzpfählen um dich aufbauen und dich umzingeln und dich von allen Seiten bedrängen werden, und sie werden dich und deine Kinder in dir zu Boden schmettern und werden keinen Stein in dir auf dem anderen lassen, weil du die Zeit, da du inspiziert wurdest, nicht erkanntest.‘ “ Die jüdischen Religionisten erkannten die Dinge nicht, die mit dem Fürsten des Friedens in Verbindung standen, sondern schlossen widerspenstig Auge und Ohr für die ihn betreffenden Beweise und nahmen den Cäsar an. Sie erkannten nicht, daß die Zeit, da Jesus auf Erden war, eine Zeit der Musterung und des Gerichts für die Nation Israel war. Sie erwiesen sich als unfruchtbar, was edle Früchte zu Jehovas Lobpreis betrifft. (Jesaja 6:10; 9:6; Matthäus 13:14, 15; 21:19) Auch flohen sie nicht aus dem verurteilten Jerusalem, als sie die Gelegenheit dazu hatten, sondern schoben die Flucht auf, bis die römischen Heere wiederkehrten und nicht nur die Stadt selbst umzingelten, sondern sie mit einer Mauer oder „Befestigung von Spitzpfählen“ umgaben, genauso, wie Jesus 37 Jahre früher davon warnend geredet hatte. Diese 8 km lange Mauer wurde in drei Tagen vollendet. Josephus sagt darüber: „So war denn den Juden, nebst der Freyheit heraus zu gehen, zugleich alle Hoffnung zur Rettung abgeschnitten.“ Sie hatten die Flucht in die Sicherheit hinausgeschoben, bis sie unmöglich war!
      Dessenungeachtet versuchten gewisse Juden eine verspätete Flucht, doch bestanden sie immer noch darauf, gewisse Züge der Warnung Jesu außer acht zu lassen. Zum Beispiel hatte Jesus ihnen gesagt, sie sollten nicht versuchen, ihre materiellen Besitztümer mitzunehmen, da es ihre Flucht verlangsamen und deren Gelingen gefährden werde. (Mark. 13:15, 16) Als aber Überläufer die Stadt verließen, schluckten sie ihr Gold, um es mitzunehmen, ohne daß die Juden in der Stadt und die Römer draußen etwas davon wußten. Josephus sagt, was geschah: „Kaum war indessen dies wohlersonnene Mittel durch einen entdeckt worden, so ward das ganze Lager voll von dem Gerüchte, daß die Überläufer voller Gold wären; viele Araber und Syrer schnitten daher die um Schutz Flehenden auf, und durchsucheten ihre Magen. Nach meinem Bedünken ist den Juden kein größeres Leiden begegnet, als dieses; in einer Nacht wurden gegen zweytausend aufgeschnitten.“ Obwohl Titus jenen den Tod androhte, die sich dieser Schandtat schuldig machten, nahmen dennoch römische Soldaten an diesem grausigen Suchen nach Gold in den Bäuchen der Menschen teil. So „schlitzten sie dieselben auf, und zogen den schmutzigen Gewinn aus den Eingeweiden. In den wenigsten ward etwas gefunden, und die Hoffnung allein brachte dem Tode viele Schlachtopfer. Dieses Unglück indessen zog viele Überläufer wieder [in die Stadt] zurück.“
      Was zu den Schwierigkeiten der Flucht ferner beitrug, waren die Juden selbst. Jahre zuvor hatten sie Jesus fälschlich des Aufruhrs wider den Cäsar angeklagt und meinten damit, daß die ihm Gewogenen auch von fragwürdigem Patriotismus seien. Sie beschuldigten die Nachfolger Christi des Aufruhrs, obwohl Jesu Jünger nur die Politik mieden und das Königreich Christi unterstützten. (Lukas 23:2; Johannes 19:12; Apostelgeschichte 17:7; 24:5) Ums Jahr 70 n. Chr. aber waren die Juden aufrührerisch gegenüber Rom, und jeder, der durch die Flucht der Todesfalle in Jerusalem zu entrinnen suchte, wurde als aufrührerisch wider die Juden betrachtet und getötet. Wenn also die Juden Leute, die fliehen wollten, erwischten, lautete die Anklage auf Aufruhr und das Urteil auf Tod; entgingen aber die Fliehenden den Juden und erreichten sie die römischen Linien, so gab es für sie im besten Fall Gefangenschaft. Aber zurückzubleiben bedeutete den schließlichen Tod, sei es durch Schwert, Pest oder Hunger. Wenn die Juden nicht gegen die Römer kämpften, so kämpften sie unter sich selbst, da sie in verschiedene politische und religiöse Parteien aufgeteilt waren, von denen jede die verurteilte Stadt zu beherrschen suchte. Es war eine Lage, wo jedermanns Hand sich wider die Hand seines Bruders erhob. Bei ihren inneren Kämpfen zerstörten sie sogar ihre eigenen Lebensmittelvorräte und beschleunigten damit die Hungersnot und Pest und den römischen Sieg.
      Fünfzehnhundert Jahre vor den katastrophalen Ereignissen des Jahres 70 n. Chr. hatte Jehova Gott vorausgesagt, daß diese als Folge des Ungehorsams kämen: „Und sie werden dich in der Tat belagern in allen deinen Toren, bis deine hohen und befestigten Mauern, auf die du vertraust, in deinem ganzen Lande fallen, ja, sie werden dich gewißlich belagern in allen deinen Toren in deinem ganzen Lande, das Jehova, dein Gott, dir gegeben hat. Dann wirst du die Frucht deines Leibes essen müssen, das Fleisch deiner Söhne und deiner Töchter, die Jehova, dein Gott, dir gegeben hat, wegen der Einengung und Bedrängnis, womit dein Feind dich bedrängen wird. Und Jehova wird dich gewißlich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde, und du wirst dort anderen Göttern dienen müssen, die du nicht gekannt hast, weder du noch deine Vorfahren — Holz und Stein. Und unter jenen Nationen wirst du keine Rast haben, noch wird sich für deine Fußsohle eine Ruhestatt finden, und Jehova wird dir dort in Wahrheit ein zitterndes Herz geben, Erlöschen der Augen und Verzagtheit der Seele. Und du wirst gewißlich in größter Lebensgefahr sein und in Schrecken Nacht und Tag, und du wirst deines Lebens nicht sicher sein. Und Jehova wird dich gewißlich auf Schiffen nach Ägypten zurückführen, auf dem Wege, von dem ich dir gesagt habe: ‚Du wirst ihn nie wieder sehen!‘ und ihr werdet euch dort euren Feinden als Sklaven und Sklavinnen verkaufen müssen, aber da wird kein Käufer sein.“ — 5 Mose 28:52, 53, 64-66, 68, NW.
      Die Geschichte bezeugt, wie sich dieses Unheil an den Juden nach dem Jahre 70 n. Chr. in auffallender Weise erfüllt hat. Josephus gibt einen anschaulichen und erschreckenden Bericht über ein Weib während der Belagerung vom Jahre 70 n. Chr.: „Sie erwürgt ihren Sohn, verzehret selbst, wie sie ihn gekocht hat, die eine Hälfte, und verwahret unter einer Bedeckung den Überrest. Sogleich erscheinen die Aufrührer und drohen ihr, wie sie den Dampf in sich saugen, der ihnen von der ruchlosen That entgegenduftete, augenblickliche Ermordung, wenn sie das zugerichtete Essen nicht zeigen würde. Sie erwiedert: Sie habe ihnen ein gut Theil aufbewahrt und enthüllt ihrem Anblicke den Überrest ihres Kindes.“ Überrascht und entsetzt verließen die Männer zitternd die Ekel erregende Szene. Als Titus schließlich die Stadt einnahm, war der Tribut 1 100 000 Tote und 97 000 Gefangene. Die überlebenden Juden wurden nach allen Teilen der Erde zerstreut, und nirgends fanden sie Ruhe, sondern mit Furcht um ihr Leben, mit Herzen voller Verzweiflung und Schrecken irrten sie umher. Nicht nur das, sondern große Mengen dieser Gefangenen wurden in die Sklaverei nach Ägypten zurückgesandt und so wieder zum selben Stande erniedrigt, aus dem Jehova ihre Nation mehr als fünfzehnhundert Jahre zuvor befreit hatte. Josephus sagt, daß die sie Gefangennehmenden sie „gefesselt zur Arbeit nach den Bergwerken in Ägypten“ schickten. Ein jüdischer Bibelkommentar, herausgegeben von J. H. Hertz, besagt bei der Betrachtung von 5 Mose 28:68, daß „bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer sowohl Titus wie Hadrian Mengen von Juden in die Sklaverei sandten“, und daß „Ägypten einen großen Teil dieser Sklaven“ erhalten habe. Es wird dort ferner gezeigt, daß die Römer im Mittelmeer eine Flotte hatten, womit sie die Judensklaven nach Ägypten abtransportierten, und daß es für viele Juden, obwohl sie sich als Sklaven zu verkaufen gedachten, keine Käufer gab, so verachtet waren sie, und so überfüllt war der Markt. Mit welcher Wucht erfüllte sich doch die Prophezeiung von 5 Mose fünfzehnhundert Jahre später!
      Diese Katastrophe ereilte eine Generation, die wegen ihrer Bosheit berüchtigt war. Darüber sagt Josephus: „So hat weder je eine andere Stadt ähnliche Leiden erfahren, noch ist je ein Menschengeschlecht, seitdem die Welt steht, schöpferischer an Bosheit gewesen.“ Josephus war der Überzeugung, daß Gott die Römer herbeigeführt habe, um die Juden zu strafen, und er zitiert Titus, der gesagt habe: „Ja, mit Gottes Beyhülfe haben wir den Krieg geführt! Gott war es, welcher die Juden aus diesen festen Schanzen warf! Was hätten wohl Hände oder Maschinen der Menschen gegen diese Thürme vermocht?“ Gottes Rache war fällig, und zwar als Vergeltung für das abscheuliche politische Bündnis, das die Juden mit dem heidnischen Rom gemacht hatten, um die Hinrichtung Christi Jesu zu sichern. Daß sie dem Cäsar die Stellung des Königtums zuwiesen, die dem Messias vorbehalten war, das war die große offenkundige Tat, die so abscheuliche, welche ihre Verödung herbeiführte; doch ist es auch interessant, folgendes zu beachten, das sich nach Jerusalems Sturz zutrug: „Die Römer trugen nun, da die Aufrührer sich in die Stadt geflüchtet hatten, und der Tempel, so wie alles ringsherum in Flammen stand, ihre Fahnen nach dem Tempel, und . . . wie sie dieselben dem östlichen Thore gegenüber [nahe beim Altar] gepflanzt, und daselbst vor denselben geopfert [Opfer dargebracht] hatten . . .“ So standen denn in ganz buchstäblicher Weise die abscheulichen Götzen an der heiligen Stätte der Juden.
      Es besteht eine bemerkenswerte Parallele zwischen gewissen Ereignissen des Jahres 607 v. Chr. und denen des Jahres 70 n. Chr., und dies zutreffenderweise, da die Ereignisse dieser beiden Zeiten Geschehnisse vorschatteten, die jetzt der heutigen Generation widerfahren. Vor der Katastrophe in diesen beiden Zeiten, dem Jahre 607 v. Chr. und auch dem Jahre 70 n. Chr., hatte sich das Volk, das im Bunde mit Jehova zu sein beanspruchte und sich als treues „Weib“ ausgab, vieler Sünden schuldig gemacht. Dadurch, daß es religiös abgeirrt war und sich in die Politik eingemischt hatte, hatte es geistigen Ehebruch begangen und war wiederholt gewarnt worden, daß Jehova es vernichte, wenn es sich nicht bessere, und daß er sich hierzu der Nationen bediene, mit denen es Bündnisse eingegangen, denen es nun aber entfremdet war. Es konnte von Jehova eine Heimsuchung erwarten und eine von ihm veranlaßte Verödung durch die früheren politischen Liebhaber Jerusalems. In beiden Fällen erschienen die verödenden Streitkräfte zur Vernichtung, zogen sich danach aber eine Zeitlang zurück, wodurch eine gelegene Zeit zur Flucht in die Sicherheit eingeräumt wurde. Die Rebellischen schoben die Flucht auf und brandmarkten jene als aufrührerisch, welche zu entfliehen suchten. Die Gelegenheit zur Flucht ging vorbei, die Zerstörer kehrten zurück, und die Verödung ereilte die Stadt nun als rächende Wirklichkeit. Wie aber vorausgesagt, wurden die Mächte, die dazu gebraucht wurden, diese Rache auszuüben, später selbst vernichtet. Babylon fiel, nachdem es im Jahre 607 v. Chr. benutzt worden war. Das Römische Reich zerfiel und brach zusammen, nachdem es im Jahre 70 n. Chr. benutzt worden war. Offenbarung 17:10 zeigte, daß jene sechste Weltmacht nicht bestehenbleiben, sondern daß ihr eine siebente Weltmacht folgen werde.

      Wachtturm – 15.September 1954

      In diesem Abschnitt beantwortete Jeschua die erste Frage der Apostel: Was wäre das Zeichen dafür, dass Jerusalem und der Tempel zerstört werden würden? Nur Lukas hat die Antwort des Messias aufgezeichnet, was wiederum seine besondere Sorge um die Stadt Jerusalem in seinem Evangelium zeigt. Das Zeichen war: Wenn ihr aber sehen werdet, dass Jeruschalajim von Heeren umringt ist, dann wisst, dass ihre Verwüstung nahe ist (Lukas 21,20). Als im Jahr 66 n. Chr. der erste jüdische Aufstand gegen Rom ausbrach, brachte General Cestius Gallus seine Legionen aus Cäsarea, um die Stadt zu belagern und zu umzingeln. Die messianische Gemeinde Jerusalems nahm das als das Zeichen, das Jeschua gegeben hatte, und verließ im Gehorsam gegenüber seinen Anweisungen die Stadt, bevor sie zerstört wurde: Wer in Jehuda ist, der fliehe auf die Berge, und wer in ihrer Mitte ist, der gehe hinaus, und wer auf dem Lande ist, der komme nicht hinein (Lukas 21:21). Mit diesen Worten wies der Messias die jüdischen Gläubigen an, Jerusalem zu verlassen. Wenn sie in der Stadt waren, sollten sie hinausgehen. Wenn sie auf dem Lande waren, sollten sie nicht in die Stadt gehen.

      Das war genau das, was die jüdischen Gläubigen tun wollten, als sie die römischen Armeen sahen, die Jerusalem umgaben. Solange die Soldaten jedoch die Stadt belagerten, konnten sie nicht fliehen. Eine Fehleinschätzung von Cestius Gallus gab ihnen die Möglichkeit zu fliehen. Der General nahm fälschlicherweise an, dass er es mit einem regionalen Aufstand um Jerusalem zu tun hatte. Er entdeckte jedoch bald, dass es sich um einen weit verbreiteten Volksaufstand handelte, bei dem jüdische Guerillakräfte seine Nachschublinien abschnitten. Infolgedessen war er gezwungen, die Belagerung aufzuheben und sich nach Caesarea zurückzuziehen. Jerusalem sollte zwei Jahre lang nicht mehr belagert werden.

      Die messianische Gemeinde nutzte die Gelegenheit und verließ die Stadt. Über zwanzigtausend Gläubige aus Jerusalem, zu denen sich Tausende von Gläubigen aus anderen Teilen des Landes wie Judäa, Galiläa und sogar den Golanhöhen gesellten, flohen nach Pella, wo sie den Krieg abwarteten. Pella, eine der griechischen Städte der Dekapolis, lag außerhalb des Kriegsgebiets, südlich des Sees Genezareth und östlich des Jordanflusses. Infolgedessen überlebten die jüdischen Gläubigen diesen Konflikt.

      Lukas beschrieb das Gericht 70 n. Chr. als Tage der Rache und des Zorns für dieses Volk (Lukas 21,22-23). Die Rache und der Zorn waren prophezeite Urteile für die unverzeihliche Sünde. In der Tat wurden 1.100.000 Juden im ersten jüdischen Aufstand getötet und 97.000 in die Sklaverei verschleppt.[604] Weil die Gläubigen Jeschuas Befehl, das Gebiet zu verlassen, gehorsam waren, ging nicht ein einziges messianisches Leben verloren.

      Lukas schloss: Und sie werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und gefangen geführt werden zu allen Völkern; und Jeruschalajim wird von den Heiden zertreten werden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind (Lukas 21:24). Wir leben jetzt in den „Zeiten der Heiden“, dem Zeitalter der heidnischen Herrschaft über Jerusalem und das jüdische Volk. Nach dem Buch Daniel erstreckt sich dieser Zeitraum von der Zerstörung Jerusalems und der babylonischen Gefangenschaft im Jahr 586 v. Chr. bis zum zweiten Kommen des Messias – von der Entthronung des letzten davidischen Königs (Zedekia) bis zur Inthronisierung des messianisch-davidischen Königs. Vier heidnische Reiche werden während der heidnischen Zeit aufsteigen und fallen, mit dem Antichristen als letztem Herrscher, bis seine Herrschaft durch das zweite Kommen beendet wird.
      Lukas schloss: Und sie werden durch die Schärfe des Schwertes fallen und gefangen geführt werden zu allen Völkern; und Jeruschalajim wird von den Heiden zertreten werden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind (Lukas 21:24). Wir leben jetzt in den „Zeiten der Heiden“, dem Zeitalter der heidnischen Herrschaft über Jerusalem und das jüdische Volk. Nach dem Buch Daniel erstreckt sich dieser Zeitraum von der Zerstörung Jerusalems und der babylonischen Gefangenschaft im Jahr 586 v. Chr. bis zum zweiten Kommen des Messias – von der Entthronung des letzten davidischen Königs (Zedekia) bis zur Inthronisierung des messianisch-davidischen Königs. Vier heidnische Reiche werden während der heidnischen Zeit aufsteigen und fallen, mit dem Antichristen als letztem Herrscher, bis seine Herrschaft durch das zweite Kommen beendet wird.

      Das Buch Daniel liefert den notwendigen Hintergrund für das richtige Verständnis der obigen Verse. Leider gehen einige Leute, die Daniel ignorieren, fälschlicherweise davon aus, dass die Zeiten der Heiden im Jahr 1967 mit dem Sechstagekrieg endeten, als Israel den Osten Jerusalems eroberte. Sie nehmen an, dass nicht einmal eine vorübergehende jüdische Kontrolle der Stadt während der Zeiten der Heiden auftreten kann. Der Sechstagekrieg im Jahr 1967 war jedoch die vierte vorübergehende Übernahme Jerusalems durch jüdische Kräfte. Sie verloren die vorherigen drei, und sie werden auch diese verlieren, wie unten gezeigt wird. Die erste Übernahme fand während der Makkabäerzeit (165-63 v. Chr.) statt und dauerte etwas mehr als ein Jahrhundert. Während dieser Zeit beherrschten die Juden Jerusalem, aber sie verloren die Kontrolle an die Römer. Das zweite Mal, als sie die volle Kontrolle über die Stadt hatten, war während des ersten jüdischen Aufstandes (66-70 n. Chr.), und sie verloren sie wieder. Das dritte Mal war während des zweiten jüdischen Aufstandes, auch Bar-Cochba-Aufstand genannt (132-135 n. Chr.), aber wieder verloren sie die Kontrolle. 1967 war die vierte jüdische Übernahme von Jerusalem. Sie werden jedoch in der Mitte der Trübsal wieder die Kontrolle verlieren. Das Buch der Offenbarung weist darauf hin und sagt ausdrücklich, dass die Stadt Jerusalem und das Tempelgelände für einen Zeitraum von 42 Monaten von den Heiden zertreten werden (Offenbarung 11:1-2). Die Zeit der Heiden ist also noch nicht zu Ende. Selbst in der heutigen Zeit ist die Mehrheit der Bevölkerung der Altstadt von Jerusalem nichtjüdisch. Die aktuellen politischen Ereignisse haben auch gezeigt, dass Israel noch nicht die volle Souveränität über die Altstadt oder das Tempelgebiet ausübt. Selbst in der Ölbergrede sprach Jeschua über den zukünftigen Verlust der Stadt Jerusalem.


      Die Zeit von 66-70 n. Chr.

      In den Jahren 66 bis 70 n. Chr. war der Leiter der messianischen Juden Simon, der Sohn des Kleopas, ein Cousin von Jakobus und Jeschua, der nach dem Tod von Jakobus die Leitung übernahm. Es war eine schwierige Zeit für die messianischen Juden. Der Aufstand gegen Rom war im Gange, und nun, nach zwei Jahren, war die römische Armee gekommen und belagerte Jerusalem. Die zelotische Partei innerhalb der Stadt hatte die Kontrolle, und sie stachelten das Volk zum Kampf an. Aber die messianischen Juden waren in einem Dilemma gefangen. Sie erinnerten sich an die Prophezeiung, die Jeschua in Lukas 21:20-24 gesprochen hatte. Er sagte den Gläubigen, dass der Tempel und Jerusalem zerstört werden würden, und wenn sie sahen, dass Armeen die Stadt umgaben, sollten sie fliehen. Aus diesem Grund weigerten sich diese messianischen Juden, die Waffen gegen die Römer zu ergreifen – nicht weil sie die jüdische Sache verraten wollten, sondern weil sie sich verpflichtet fühlten, den Worten des Messias zu gehorchen. Nun waren die Armeen tatsächlich um Jerusalem herum und erfüllten Jeschuas Prophezeiung. Als die Römer im Jahr 66 n. Chr. die Belagerung vorübergehend aufhoben, nutzten die messianischen Juden die Gelegenheit, in die Stadt Pella im Transjordanien zu fliehen. Ihnen schlossen sich andere Gläubige aus Judäa, Galiläa und dem Golan an. Zwei Jahre später kehrten die Römer zurück und belagerten Jerusalem erneut, und im Jahr 70 n. Chr. wurden die Stadt und der Tempel zerstört. Zu dieser Zeit begann die jüdische Gemeinde, den Begriff Meschumodim auf messianische Juden anzuwenden, und er wird auch heute noch verwendet. Der Begriff kommt von einem hebräischen Wort, das „zerstören“ bedeutet, aber er wird im Sinne von „Verräter“ verwendet.

      In der Zwischenzeit lebten die messianischen Juden weiterhin in Pella, und eine Beschreibung ihres Lebensstils ist uns in den Schriften des Irenäus, des Bischofs von Lugdunum in Gallien, überliefert.

      Sie praktizieren die Beschneidung, halten an den Bräuchen fest, die das Gesetz vorschreibt, und sind so jüdisch in ihrer Lebensweise, dass sie sogar Jerusalem anbeten, als wäre es das Haus Gottes.“

      Diese Aussage eines Leiters der Heidenchristenheit war abwertend, aber sie zeigt dennoch die Treue der messianischen Gläubigen zu ihrem Judentum. Obwohl es für sie notwendig war, Jerusalem im Gehorsam gegenüber Jeschuas Befehl zu verlassen, gaben sie ihr Erbe nicht auf. Sie nahmen die Zerstörung Jerusalems und des Tempels als weiteren Beweis dafür, dass Er tatsächlich der Messias war. Dies führte viele Juden dazu, an Ihn zu glauben.

      a. Die Zerstörung von Jerusalem und des Zweiten Tempels
      In den Jahren 64-66 brachen in Judäa mehrere kleinere Aufstände gegen die römische Herrschaft aus. Dann kam der große Krieg, der jüdische Aufstand von 66 n. Chr., der zur Zerstörung Jerusalems und des Zweiten Tempels führte. Diese Zerstörung war ein göttliches Gericht für die Ablehnung der Messiasschaft Jeschuas und eine klare Erfüllung seiner Prophezeiungen (Matthäus 24:1-2; Lukas 21:20-24). Josephus liefert den ausführlichsten Bericht über die Ereignisse:

      Und warum erzähle ich gerade dieses Unglück? weil Manneus, der Sohn des Lazarus, gerade zu dieser Zeit zu Titus lief und ihm erzählte, dass durch dieses eine Tor, das seiner Obhut anvertraut war, nicht weniger als hundertfünfzehntausend achthundertachtzig Leichen hinausgetragen worden waren, in der Zeit zwischen dem vierzehnten Tag des Monats Xanthicus [Nisan], als die Römer ihr Lager bei der Stadt aufschlugen, und dem ersten Tag des Monats Panemus [Tamuz]. Das war an sich eine ungeheure Menge; und obwohl dieser Mann nicht selbst als Statthalter an jenem Tor eingesetzt war, so war er doch dazu bestimmt, den öffentlichen Beitrag für die Überführung dieser Leichen zu zahlen, und so war er notgedrungen gezwungen, sie zu zählen, während die übrigen von ihren Verwandten begraben wurden; obwohl alles, was sie begraben hatten, nichts anderes war als dies, sie wegzubringen und aus der Stadt zu werfen. Nach diesem Mann liefen viele der angesehenen Bürger zu Titus und erzählten ihm die ganze Zahl der Armen, die tot waren, und dass nicht weniger als sechshunderttausend an den Toren hinausgeworfen wurden, obwohl die Zahl der übrigen nicht festgestellt werden konnte; und sie erzählten ihm weiter, dass, wenn sie nicht mehr imstande waren, die Leichen der Armen hinauszutragen, sie ihre Leichen auf Haufen in sehr große Häuser legten und sie darin einschlossen; wie auch, dass ein Medimnus Weizen für ein Talent verkauft wurde; und dass, als es nach einiger Zeit nicht mehr möglich war, Kräuter zu sammeln, weil die Stadt ganz ummauert war, einige Leute in eine so schreckliche Not getrieben wurden, dass sie die gemeinsamen Abwasserkanäle und alten Misthaufen des Viehs durchsuchten und den Dung aßen, den sie dort fanden; und was sie früher nicht so sehr ertragen konnten, wie zu sehen, benutzten sie jetzt zur Nahrung. Als die Römer dies alles kaum hörten, beklagten sie ihren Fall; die Aufrührer aber, die es auch sahen, taten nicht Buße, sondern ließen dieselbe Not über sich ergehen; denn sie waren geblendet von dem Schicksal, das schon über die Stadt und auch über sie selbst gekommen war.“

      Und die Zahl derer, die während des ganzen Krieges gefangen genommen wurden, betrug siebenundneunzigtausend; und die Zahl derer, die während der ganzen Belagerung umkamen, war elfhunderttausend, von denen der größte Teil zwar aus demselben Volk war wie die Bürger Jerusalems, aber nicht aus der Stadt selbst; Denn sie waren aus dem ganzen Land heraufgezogen zum Fest der ungesäuerten Brote und wurden plötzlich von einem Heer eingeschlossen, was zuerst eine so große Not unter ihnen verursachte und bald darauf eine solche Hungersnot, daß sie noch plötzlicher vernichtet wurden. Und dass diese Stadt so viele Menschen in sich aufnehmen konnte, zeigt die Zahl von ihnen, die unter Cestius genommen wurde, der, da er Nero von der Macht der Stadt unterrichten wollte, der sonst geneigt war, diese Nation zu verachten, die Hohepriester bat, wenn es möglich wäre, die Zahl ihrer ganzen Schar zu nehmen. Da nun diese Hohenpriester bei der Ankunft des Festes, das Passah heißt, wenn sie ihre Opfer schlachten, von der neunten bis zur elften Stunde, aber so, daß zu jedem Opfer eine Schar nicht weniger als zehn gehört, (denn es ist ihnen nicht erlaubt, allein zu feiern), und viele von uns sind zwanzig in einer Schar, fanden sie die Zahl der Opfer zweihundertsechsundfünfzigtausendfünfhundert; was, wenn man nicht mehr als zehn, die zusammen feiern, zuläßt, zwei Millionen siebenhunderttausend und zweihundert Personen ausmacht, die rein und heilig waren; denn für die, die den Aussatz oder die Gonorrhöe haben, oder für die Frauen, die ihre monatlichen Gänge haben, oder für solche, die sonst verunreinigt sind, ist es nicht erlaubt, an diesem Opfer teilzunehmen; auch nicht für irgendwelche Ausländer, die hierher kommen, um anzubeten.

      Nun ist diese große Schar zwar aus entlegenen Orten gesammelt, aber das ganze Volk war nun durch das Schicksal wie in einem Gefängnis eingeschlossen, und das römische Heer umzingelte die Stadt, als sie mit Einwohnern überfüllt war. Dementsprechend übertraf die Menge derer, die darin umkamen, alle Zerstörungen, die Menschen oder Gott jemals über die Welt gebracht haben; denn, um nur von dem zu sprechen, was öffentlich bekannt war, töteten die Römer einige von ihnen, einige führten sie gefangen, und andere suchten sie unter der Erde, und wenn sie fanden, wo sie waren, brachen sie den Boden auf und töteten alle, die sie trafen. Es wurden auch über zweitausend Menschen dort erschlagen gefunden, teils von ihren eigenen Händen, teils von einander, aber hauptsächlich durch die Hungersnot vernichtet; aber der üble Geruch der Leichen war denen, die sie sahen, höchst unangenehm, so dass einige gezwungen waren, sofort wegzugehen, während andere so gierig nach Gewinn waren, dass sie zwischen den Leichen, die auf Haufen lagen, hineingingen und sie zertraten; denn es wurden viele Schätze in diesen Höhlen gefunden, und die Hoffnung auf Gewinn machte jede Art, sie zu bekommen, für rechtmäßig. Auch viele von denen, die von den Tyrannen in den Kerker geworfen worden waren, wurden nun herausgeführt; denn sie ließen nicht ab von ihrer barbarischen Grausamkeit bis zuletzt; doch rächte sich Gott an ihnen beiden auf eine Weise, die der Gerechtigkeit entsprach. Was Johannes betrifft, so suchte er mit seinen Brüdern in diesen Höhlen nach Nahrung und bat, dass die Römer ihm nun ihre rechte Hand zu seiner Sicherheit geben würden, was er zuvor oft stolz abgelehnt hatte; Simon aber kämpfte hart mit der Not, in der er sich befand, bis er gezwungen war, sich zu ergeben, wie wir nachher erzählen werden; so wurde er für den Triumph zurückbehalten, um dann erschlagen zu werden; wie auch Johannes zu ewiger Gefangenschaft verurteilt wurde. Und nun setzten die Römer die äußersten Künste der Stadt in Brand und brannten sie nieder und rissen ihre Mauern ganz nieder.

      Nach Josephus betrug die Gesamtzahl der im ersten jüdischen Aufstand getöteten Juden 1.337.490. Etwa die Hälfte von ihnen fiel während der Schlacht um Jerusalem.
      Auch der Tod des Ananus, des Sohnes des Annas aus den Evangelien, der eine Schlüsselrolle beim Tod Jeschuas spielte, wird von Josephus ausführlich beschrieben:
      Und nun schickte Cäsar, als er vom Tod des Festus hörte, Albinus als Prokurator nach Judäa. Aber der König entzog Joseph das Hohepriesteramt und übertrug die Nachfolge dieser Würde dem Sohn des Ananus, der selbst auch Ananus hieß. Nun wird berichtet, dass dieser ältere Ananus sich als ein höchst glücklicher Mann erwies; denn er hatte fünf Söhne, die alle das Amt eines Hohepriesters vor Gott ausgeübt hatten, und er selbst hatte diese Würde früher lange Zeit genossen, was keinem anderen unserer Hohepriester widerfahren war. Aber dieser jüngere Ananus, der, wie wir schon gesagt haben, das Hohepriesteramt annahm, war ein kühner Mann in seinem Temperament und sehr frech; er war auch von der Sekte der Sadduzäer, die sehr streng im Richten von Übeltätern sind, vor allen anderen Juden, wie wir schon bemerkt haben; als also Ananus von dieser Gesinnung war, dachte er, er hätte jetzt eine passende Gelegenheit [um seine Autorität auszuüben]. Festus war nun tot, und Albinus war nur auf dem Weg; so versammelte er das Sanhedrim der Richter, und brachte vor sie den Bruder Jesu, der Christus genannt wurde, dessen Name Jakobus war, und einige andere [oder, einige seiner Gefährten]; und als er eine Anklage gegen sie als Gesetzesbrecher gebildet hatte, übergab er sie, um gesteinigt zu werden: Diejenigen aber, die unter den Bürgern am gerechtesten zu sein schienen und denen der Bruch der Gesetze am unangenehmsten war, missfiel das, was getan wurde; sie schickten auch zum König [Agrippa] und baten ihn, Ananus zu schicken, dass er nicht mehr so handeln solle, denn das, was er bereits getan hatte, sei nicht zu rechtfertigen; ja, einige von ihnen gingen auch zu Albinus, als er auf der Reise von Alexandria war, und teilten ihm mit, dass es für Ananus nicht rechtmäßig sei, ohne seine Zustimmung einen Sanhedrim zu versammeln.

      Aber am nächsten Tag wurde der Hohepriester gefangen, wo er sich in einem Aquädukt versteckt hatte; er wurde zusammen mit Hiskia, seinem Bruder, von den Räubern erschlagen; daraufhin belagerten die Aufrührer die Türme und ließen sie bewachen, damit nicht einer der Soldaten entkommen konnte. Der Umsturz der festen Plätze und der Tod des Hohenpriesters Ananias blähte Manahem so auf, dass er barbarisch grausam wurde; und da er glaubte, keinen Widersacher zu haben, der ihm die Leitung der Angelegenheiten streitig machen könnte, war er nicht besser als ein unerträglicher Tyrann; Eleasar aber und seine Leute, als sie miteinander geredet hatten, wie es sich nicht gehöre, wenn sie sich von den Römern auflehnten, aus dem Verlangen nach Freiheit, diese Freiheit an einen ihrer eigenen Leute zu verraten und einen Herrn zu ertragen, der zwar keine Gewalttat beging, aber doch gemeiner war als sie selbst; wie auch, dass, falls sie gezwungen wären, jemanden über ihre öffentlichen Angelegenheiten zu setzen, es besser wäre, dieses Privileg irgendjemandem zu geben als ihm; sie machten einen Angriff auf ihn im Tempel; denn er ging dorthin hinauf, um in einer pompösen Art und Weise zu beten, und geschmückt mit königlichen Gewändern, und hatte seine Anhänger mit ihm in ihrer Rüstung. Aber Eleasar und seine Leute fielen heftig über ihn her, wie auch das übrige Volk; und sie hoben Steine auf, um ihn damit anzugreifen, und warfen sie auf den Sophisten, und dachten, wenn er einmal verderbt wäre, würde der ganze Aufruhr zu Boden fallen. Manahem und seine Leute leisteten eine Zeitlang Widerstand; als sie aber merkten, dass die ganze Schar über sie herfiel, flohen sie, so weit sie konnten; die, die gefangen wurden, wurden erschlagen, und die, die sich versteckten, wurden gesucht. Es waren aber wenige unter ihnen, die heimlich nach Masada entronnen waren; unter ihnen war Eleasar, der Sohn des Jairus, der mit Manahem verwandt war und nachher die Rolle eines Tyrannen in Masada spielte. Manahem aber war geflohen an den Ort, der da heißt Ophla, und lag daselbst heimlich; aber sie ergriffen ihn lebendig und zogen ihn vor allen heraus und quälten ihn mit allerlei Martern und töteten ihn schließlich, wie sie es auch mit den Hauptleuten taten, die unter ihm waren, und besonders mit dem Hauptwerkzeug seiner Tyrannei, der Apsalom hieß.

      b. Rabbinische Antworten auf die Ereignisse von 70 n. Chr.
      Als im Jahr 70 n. Chr. der Tempel zerstört wurde, hörte das Opfersystem auf. Folglich mussten die Rabbiner irgendwie die Funktionen des Tempels ersetzen:
      Abaye sagte: Wir haben auch gelernt [in einer Baraitha]: Der Ochse und der Bock des Versöhnungstages, die verloren gingen, an deren Stelle andere gesetzt wurden, und auch die Böcke zur Versöhnung des Götzendienstes, die verloren gingen, an deren Stelle andere gesetzt wurden – sie alle sterben; das ist die Meinung von R. Juda. R. Eleazar und R. Simeon sagen: Sie weiden, bis sie untauglich [zum Opfern] werden, und dann werden sie verkauft, und das Geld geht als Spende [an den Tempelschatz], denn ein gemeinschaftliches Sündopfer stirbt nicht!

      Durch das Verbrechen des Blutvergießens wurde der Tempel zerstört und die Schechinah verließ Israel, wie es geschrieben steht: „So sollt ihr das Land, in dem ihr seid, nicht verunreinigen; denn Blut verunreinigt das Land. Und ihr sollt das Land nicht verunreinigen, das ihr bewohnt, in dessen Mitte ich wohne; wenn ihr es also verunreinigt, werdet ihr es nicht bewohnen und ich werde nicht in seiner Mitte wohnen.“
      Wie bereits angedeutet, kam die Zerstörung des Tempels nicht überraschend. Vierzig Jahre lang, gab es verschiedene Warnungen:
      Es wurde gelehrt: Vierzig Jahre vor der Zerstörung des Tempels wurde das Recht, über Kapitalfälle zu richten, entzogen, und es war in den Tagen von Simeon b. Schata, dass das Recht, über Eigentumsfälle zu richten, entzogen wurde.

      Unsere Rabbiner lehrten: Während der vierzig Jahre, in denen Simeon der Gerechte diente, kam das Los [‚Für den Herrn‘] immer in der rechten Hand auf; von dieser Zeit an kam es mal in der rechten, mal in der linken Hand auf. Und [während derselben Zeit] wurde das karmesinrote Band weiß. Von dieser Zeit an wurde er mal weiß, mal nicht. Auch: Während jener vierzig Jahre leuchtete das westlichste Licht, von da an leuchtete es mal, mal nicht; auch das Feuer des Holzstapels brannte stets stark, so dass die Priester außer den beiden Scheiten kein anderes Holz zum Stapel zu bringen brauchten, um das Gebot, das Holz ununterbrochen bereitzustellen, zu erfüllen; von da an brannte es mal stark, mal nicht, so dass die Priester nicht darauf verzichten konnten, den ganzen Tag Holz für den Stapel [auf dem Altar] zu bringen. [Während der ganzen Zeit] wurde ein Segen auf das ‛omer, die zwei Brote und das Schaubrot gegeben, so dass jeder Priester, der ein Stück davon bekam, so groß wie eine Olive, es aß und satt wurde, indem er etwas davon aß und sogar etwas übrig ließ. Von dieser Zeit an wurde ein Fluch über die beiden Brote und das Schaubrot gesandt, so dass jeder Priester ein Stück erhielt, das so klein war wie eine Bohne; die Wohlerzogenen zogen ihre Hände davon zurück, während gefräßige Leute es nahmen und verschlangen. Einmal packte einer [von den letzteren] seinen Anteil ebenso wie den seiner Mitmenschen, weshalb sie ihn bis zu seinem Todestag „ben hamzan“ [Greifer] nannten. Rabbah b. R. Schela sagte: Welche biblische Grundlage [gibt es für diese Bezeichnung]?-Oh mein Gott, rette mich aus der Hand des Bösen, aus dem Griff des Ungerechten und homez [rücksichtslosen] Menschen. Raba sagte: Von hier aus [ist die Grundlage gewonnen]: Lerne, Gutes zu tun, trachte nach Gerechtigkeit, stärke hamoz [den Unterdrückten], d.h. stärke den hamoz [den Unterdrückten], aber stärke nicht homez [den Unterdrücker].

      Zweifellos führte die Zerstörung des Tempels zu einer nationalen und religiösen Krise in der jüdischen Welt. Es stellte sich die Frage, wie das Judentum, des Opfersystems beraubt, religiös überleben konnte. Als Antwort traten mehrere Veränderungen im jüdischen Leben und in der Kultur auf:
      Während des Vespasianischen Krieges verordneten sie gegen die Kronen der Bräutigame und gegen das Tamburin. Im Krieg des Titus verordneten sie gegen die Diademe der Bräute und daß kein Mann seinen Sohn Griechisch lehren sollte. Im letzten Krieg verordneten sie, dass eine Braut nicht in einer Sänfte in die Stadt hinausgehen sollte; aber die Rabbiner erlaubten der Braut, in einer Sänfte in der Stadt hinauszugehen.

      Seit dem Tag der Zerstörung des Tempels, obwohl der Sanhedrin aufgehört hat, haben die vier Formen der Todesstrafe nicht aufgehört? Sie haben nicht aufgehört“, sagst du? Gewiss, sie haben aufgehört! Aber das Urteil der vier Formen der Todesstrafe hat nicht aufgehört. Derjenige, der zur Steinigung verurteilt worden wäre, fällt entweder vom Dach herunter oder ein wildes Tier zertritt ihn. Derjenige, der zum Verbrennen verurteilt worden wäre, fällt entweder ins Feuer oder eine Schlange beißt ihn. Wer zur Enthauptung verurteilt worden wäre, wird entweder der Regierung übergeben oder Räuber fallen über ihn her. Wer zum Strangulieren verurteilt worden wäre, wird entweder im Fluss ertränkt oder stirbt durch Ersticken. Aber kehren Sie es um: Löwen und Räuber sind „von der Hand des Himmels“, und Kälte und Hitze sind „von der Hand des Menschen“.

      R. Aha, der Sohn von R. Ika, sagte: Damit die Töchter Israels nicht unsittlich unzüchtig werden. Eine Heirat würde seine Leidenschaft nicht lindern, wie auch R. Isaak sagte: Seit der Zerstörung des Tempels ist die sexuelle Lust [von denen, die sie rechtmäßig ausüben] genommen und den Sündern gegeben worden, wie geschrieben steht: Gestohlenes Wasser ist süß, und heimlich gegessenes Brot ist angenehm.“
      R. Eleasar sagte auch: Seit dem Tag, an dem der Tempel zerstört wurde, ist eine eiserne Mauer zwischen Israel und ihrem Vater im Himmel, wie es heißt: „Und nimm dir einen eisernen Rost und setze ihn zu einer eisernen Mauer zwischen dich und die Stadt.“

      Diese und viele andere rabbinische Schriften lassen die Vorstellung zu, dass das eigentliche Programm des pharisäischen Judentums Israel auf eine Existenz ohne Tempel vorbereitete. Jeder Israelit wurde zum Priester gemacht und jeder Tisch zum Tempelmahl. Die Synagoge wurde zum Zentrum des jüdischen Lebens, und die Rabbiner ersetzten die Priesterschaft als die geistigen Führer Israels. Anstelle von Blutopfern war es nun das Fasten am Jom Kippur, das angeblich für Sühne sorgte. Die rabbinische Logik war folgende: Nur bestimmte Teile des Opfertieres, nämlich das Fett und das Blut, gehörten zu Gott. Durch das 25-stündige Fasten, das am Vorabend des Versöhnungstages beginnt, reduziert man das Fett und das Blut des eigenen Körpers und erfüllt damit Gottes Gebot:
      Wenn R. Scheschet ein Fasten hielt, fügte er am Ende seines Gebets Folgendes hinzu: Herrscher des Universums, Du weißt sehr wohl, dass in der Zeit, als der Tempel stand, wenn ein Mann sündigte, er ein Opfer zu bringen pflegte, und obwohl alles, was davon geopfert wurde, sein Fett und Blut war, wurde für ihn damit Sühne geleistet. Nun habe ich gefastet, und mein Fett und mein Blut haben sich vermindert. Möge es Dein Wille sein, mein Fett und Blut, das sich vermindert hat, so zu behandeln, als ob ich es vor Dir auf dem Altar geopfert hätte, und tue mir wohl.
      Das Jom-Kippur-Fasten wurde und wird bis zum Wiederaufbau des Tempels als vorübergehendes Mittel der Sühne betrachtet.
      Mehrere Passagen in der rabbinischen Literatur zeigen, dass die Zerstörung des Tempels zu einem Punkt in der Geschichte wurde, der zur Datierung anderer Ereignisse diente. Es ist besonders bemerkenswert, dass man bei der Lektüre des Talmuds oft den Ausdruck „vierzig Jahre vor der Zerstörung“ findet. Das Folgende ist ein solches Beispiel:
      Vierzig Jahre vor der Zerstörung des Tempels ging der Sanhedrin ins Exil und nahm seinen Sitz in den Handelshallen. R. Isaak b. Abdimi sagte: Um zu lehren, dass sie nicht in den Gesetzen der Geldstrafen urteilten. ‚Die Gesetze der Geldstrafen‘, kannst du so denken! Aber sagt: Sie haben nicht in Kapitalfällen geurteilt.)
      Es folgen nur zwei Beispiele dafür, wie die Rabbiner versuchten, mit den Folgen der Zerstörung des Tempels umzugehen:
      R. Joshua b. Levi sagte: Wenn jemand den Himmel in seiner ganzen Reinheit sieht, sagt er: Gesegnet sei Er, der das Werk der Schöpfung gewirkt hat. Wann sagt er das? – Abaye sagte: Wenn es die ganze Nacht geregnet hat, und am Morgen kommt der Nordwind und klärt den Himmel. Und sie unterscheiden sich von Rafram b. Papa, der R. Ḥisda zitiert. Denn Rafram b. Papa sagte im Namen von R. Ḥisda: Seit dem Tag, an dem der Tempel zerstört wurde, hat es nie einen vollkommen klaren Himmel gegeben, denn es heißt: „Ich bekleide die Himmel mit Schwärze und mache einen Sack zu ihrer Bedeckung.“

      Israel sagt zu dem Heiligen, gepriesen sei Er: „Herrscher des Universums! Als der Tempel stand, brachten wir Opfer dar und erlangten Sühne. Jetzt aber können wir nichts anderes als das Gebet (Tefillah) darbringen.‘ . . . Israel argumentierte: Als der Tempel stand, verbrannten wir Fett und bestimmte Teile der Opfer und erlangten so Sühne. Jetzt können wir nur unser eigenes Fett und Blut und unsere Seelen opfern! Möge es Dein Wille sein, dass diese unsere Sühne sein sollen: ‚So wollen wir für Stiere das Opfer unserer Lippen darbringen‘ (Hosea xiv, 3).“

      Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

      in die Berge fliehen Normalerweise fliehen die Menschen zum Schutz vor einer Invasionsarmee in eine befestigte Stadt, aber Jerusalem ist dem Untergang geweiht. Die Menschen sollten deshalb von ihr wegrennen und nicht versuchen, Zuflucht in ihr zu finden.

      Reformations-Studien-Bibel

      Zwei Belagerungen Jerusalems werden in der Rede auf dem Ölberg erwähnt. Die erste geschah im Jahre 70 n.Chr., und die andere wird am Ende des Zeitalters geschehen. Hier ist die Belagerung durch Titus im Jahre 70 gemeint, als die Stadt eingenommen wurde und sich die Verse 20–24 wörtlich erfüllten. Diese Schrecken veranschaulichen die Zustände in Palästina zur Zeit des Endes; aber weder V. 20 noch V. 24 stehen in den Berichten über die Rede auf dem Ölberg bei Matthäus und Markus. Die Angaben in Mt 24,15–28 und in Mk 13,14–26 beziehen sich auf die letzte Belagerung, wenn die Stadt von den Feinden genommen, aber durch die Rückkehr des Herrn auf die Erde befreit werden wird (Offb 19,11–21; Sach 14,2–4). Bei Lukas wird als Zeichen die Belagerung Jerusalems durch die Heerscharen (21,20) genannt; in Mt 24,15 und Mk 13,14 wird das Zeichen des Gräuels der Verwüstung an heiliger Stätte betont (2Thes 2,4; Offb 13,12–15).

      Scofield-Bibel

      21:20 Jerusalem von Armeen umzingelt. Die erste Erfüllung war die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. Diese Zerstörung kann auch ein größeres Gericht am Ende des Zeitalters vorhersagen, so dass sich einiges von dem, was Jesus in den Versen 5-24 vorausgesagt hat, auch in Ereignissen vor dem zweiten Kommen Christi erfüllen kann. Vgl. auch Anmerkung zu 19:43-44.
      21:21 Dann (solange es noch Zeit ist) … flieht auf die Berge (siehe Anmerkung zu Mt 24:16). Diejenigen, die in der Stadt sind, (sollten) die Stadt verlassen, bevor die römische Belagerung stattfindet.

      Die ESV Studienbibel

      Diejenigen, die in Jerusalem sind, müssen weg: Aufgrund dieser Prophezeiung flohen die Christen in Judäa vor der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. in die Stadt Pella in der Dekapolis (Eusebius, Kirchengeschichte 3.5).

      Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel

      Eine Belagerung wäre das Zeichen dafür, dass das Ende Jerusalems und des Tempels nahe war. Die anderen synoptischen Evangelien (siehe Matthäus 24:15; Markus 13:14) spielen auf den Gräuel der Verwüstung in Dan. 9:25-27; 11:31. Diese Stelle vergleicht die Entweihung des Tempels mit dem, was 167 v. Chr. geschah, als Antiochus Epiphanes im Tempel einen Altar für Zeus errichtete. Eine ähnliche Entweihung des Tempels fand während der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. statt.

      Die Nelson Studienbibel

      Die Verse 20 und 24 sind nicht in dem Bericht der Ölbergrede enthalten, den Matthäus und Markus überliefern. In dieser Rede geht es um zwei Belagerungen von Jerusalem. Lukas 21,20-24 bezieht sich auf die Belagerung durch Titus im Jahr 70 n. Chr., als die Stadt eingenommen wurde und Vers 24 wörtlich erfüllt wurde. Aber diese Belagerung und ihre Schrecken sind nur ein Hinweis auf die endgültige Belagerung am Ende dieses Zeitalters, in der die „große Trübsal“ ihren Höhepunkt findet. Zu dieser Zeit wird die Stadt eingenommen, aber durch die herrliche Erscheinung des Herrn befreit (Offb. 19:11-21). Die Hinweise in Mt. 24:15-28, Mk. 13:14-26 beziehen sich auf die letzte Belagerung in der Trübsal; Lk. 21:20-24 auf die Zerstörung Jerusalems durch Titus. Bei Lukas ist das Zeichen die Umzingelung Jerusalems durch Heere (Lk. 21:20); bei Matthäus (24:15) und Markus (13:14) ist das Zeichen der Gräuel an heiliger Stätte (2 Thess. 2:4).

      The Scofield Reference Bible

      21:20 Jerusalem wird von Armeen umzingelt. Jesus hat dies bereits prophezeit (19:43), aber hier verbindet er es mit der „Verwüstung“ in Dan 12:11, wo sich „der Gräuel, der Verwüstung bringt“ ebenfalls auf die Macht bezieht, die Gottes Tempel bedroht. Dies bezieht sich eindeutig auf den Fall Jerusalems im Jahr 70 n. Chr., aber auch andere Aussagen in diesem Abschnitt sollen in der Endzeit erfüllt werden (siehe Anmerkung zu V. 5-38).
      21:21 Flieht in die Berge. Erinnert daran, wie Propheten die Endzeit beschreiben (Hesek 7,16; Sach 14,5). Der Aufruf, die Stadt zu verlassen, ist auch der Aufruf an die Propheten, Babylon zu verlassen: „Geht aus ihr heraus, mein Volk! Rennt um euer Leben! Flieht vor dem grimmigen Zorn des HERRN“ (Jer 51,45). Jetzt werden Jerusalem und die ganze Region Judäa zum Objekt von Gottes Zorn.

      NIV Biblical Theology Study Bible

       Vers 20
      „Jerusalem von Heerscharen umzingelt“ ist eine der großen Ereignisse der Prophetie, die uns erlauben, die Botschaft von Daniel, Sacharja und Offenbarung mit der Chronologie der Botschaft des Herrn in den synoptischen Evangelien zu verknüpfen. Die Belagerung Jerusalems unter Titus im Jahre 70 n.Chr. ist die „Naherfüllung“, es war aber eine Vorwegnahme einer späteren großen Belagerung der Stadt in den letzten Tagen unmittelbar vor dem Kommen des Menschensohnes (Sach 14,1-3). Wer die Endzeitrede des Herrn auf die Ereignisse des Jahres 70 beschränkt, muß, wenn er zu den Versen 25-27 gelangt, zum Kommen des Menschensohnes springen. Einige haben die Version des Lukas genommen, um Mt 24 auszulegen; aber in Matthäus findet sich nichts, das richtigerweise als „Naherfüllung“ ausgelegt werden könnte. Lukas kombiniert wohl „Nah-“ und „Späterfüllung“, aber das meiste ist noch zukünftig. Die Ereignisse der Verse 8-19 beschreiben das, was Matthäus „Anfang der Wehen“ nannte (24,8). Das Brechen des mit dem römischen Herrscher zu Beginn der siebzigsten Woche gemachten Bundes (Dan 9,27) wird in der Mitte der Woche stattfinden und markiert den Anfang der „großen Drangsal“. Wenn der Schutz des Tieres plötzlich dahinfällt, werden die Armeen der Israel feindlichen Mächte frei sein, auf Israel und Jerusalem zu marschieren. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Tier „Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen“ wird. Daniel sagt, daß von diesem Ereignis an noch 1290 Tage (Dan 12,11) bis zum Ende verbleiben, das sind rund dreieinhalb Jahre. Zu dieser Zeit wird auch „der Greuel der Verwüstung“ (Mt 24,15) im Tempel aufgestellt werden. Das sagt uns Lukas zwar nicht, aber Dan 11,31 spricht davon und Matthäus verweist auf dieses Ereignis als Antwort auf die Frage „wann wird das sein?“ Es sind also zwei Geschehnisse, das Brechen des Bundes und das Aufstellen „des Greuels der Verwüstung“ im Tempel, die den Schlüssel bilden zur zeitlichen Einordnung dieser Zeiten. Das sind die Ereignisse, welche zur letzten Belagerung Jerusalems führen werden.
       Vers 21
      Die Heiligen sollen aus der Stadt fliehen, bevor sie gänzlich eingeschlossen ist. Der Ausdruck „von Heerscharen umzingelt“ bedeutet, daß die Armeen den Ring immer enger ziehen, daß der Kreis um die Stadt aber noch nicht geschlossen ist. Alle in Judäa sollten dann in die umliegenden Berge fliehen, während die Gläubigen in der Stadt diese verlassen sollten. Niemand, der sich auf dem Land aufhielt, sollte hinter den hohen Mauern der Stadt Zuflucht suchen. Lukas verwendet in Vers 20 für „Heerscharen“ das Wort stratopedon, das im NT nur hier vorkommt. Vine sagt: „Es bezeichnet eine Armee, die ihr Lager aufgeschlagen hat“. „Heerscharen“ müßte also wörtlich mit „Heerlager“ übersetzt werden. Für die Bewohner der belagerten Stadt waren die Anweisungen klar: „daraus entweichen“, „nicht in sie hineingehen“. Die Imperative heben die Krisensituation hervor.

      Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

      Es ist also heute an der Zeit, sich zu entscheiden: Glaube ich dem Gott der Bibel? Glaube ich, dass Jehovah Israel nicht verworfen hat? Glaube ich, dass es eine weitere Erfüllung geben wird – und Jerusalem wieder belagert wird? – oder aber nehme ich an, dass der Autor der Bibel sich irrt, und ein geistiges Israel angegriffen wird? – Die Entscheidung nimmt mir niemand an – es ist wirklich eine Frage des Glaubens!