Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, daß die (O. eine) Stunde kommt und jetzt ist, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben.
Elberfelder 1871 – Johannes 5,25
Amen, Amen (Wahrlich, wahrlich), ich sage Euch: {daß} Die Stunde kommt und ist jetzt [da], wenn die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden und diejenigen, die hören, werden leben.
offene Bibel – Johannes 5:25
Ich sage euch wirklich die Wahrheit: Der Zeitpunkt trifft ein und ist jetzt da, an dem die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die, die einmal zugehört haben, werden aufleben.
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Johannes 5,25
Ja, ich versichere euch: Die Stunde wird kommen, ja, sie ist schon angebrochen, in der alle, die tot sind, eine Stimme hören werden. Das ist die Stimme des Sohnes Gottes. Und alle, die sie hören, werden dadurch das wahre Leben haben.
Roland Werner – Das Buch – Johannes 5:25
Den Vers 24 hatten wir ja schon einmal…
Wessen Stimme hören die Toten? Warum? Welche Stellung hat ER deiner Meinung nach?
Der Inhalt der Rede wird mit ὅτι eingeleitet. Die Konjunktion ὅτε („da“) bezieht sich auf ὥρα („Stunde“) und beschreibt, was in dieser Zeitphase passiert. Wie in Joh 10,3 kann ἀκούω („hören“) mit den Objekt φωνή („Stimme“) im Genitiv evtl. auch „hören auf“ bedeuten, also mit intensiverer Beteiligung an der Handlung als nur reines Zuhören. Es ist aber auch möglich, dass die beiden Vorkommen von ἀκούω („hören“) einmal das nur rein akkustische Hören, dann das aktive Zuhören, das mit Tun in Verbindung ist, bedeuten kann. Dies kann man bei Plato, Leges 712b.5 auch in einem Satz finden: „Θεὸν δὴ πρὸς τὴν τῆς πόλεως κατασκευὴν ἐπικαλώμεθα· ὁ δὲ ἀκούσειέν τε καὶ ἀκούσας ἵλεως εὐμενής τε ἡμῖν ἔλθοι συνδιακοσμήσων τήν τε πόλιν καὶ τοὺς νόμους.“. „So lasst uns denn Gott für die Errichtung des Staatsgebäudes anflehen. Er möge hören und, wenn er gnädig und huldvoll erhört hat, auch kommen, um zusammen sowohl den Staat als auch die Gesetze zu ordnen“. Zum Paradoxon, dass Tote hören: „ὁ τεθνεὼς νεκρὸς ἄνθρωπός ἐστιν.“ (Stephanus, In Aristotelis librum de interpretatione commentarium 52.4). „Ein Verstorbener ist ein toter Mensch“. In diesem Zusammenhang sind Tote jedoch in der Lage zu hören und diejenigen, die dies tun, werden leben. Die Zeit, in der dies möglich ist, ist nun da (νῦν ἐστιν).
P. Streitenberger – Das Johannesevangelium
„Das Verhältnis zwischen 5,28 und 5,25 läßt sich wie folgt bestimmen: die Stunde kommt, daß alle Toten auferstehen, die Stunde ist jetzt schon da, daß einige Tote auferstehen. Daß damit nicht geistig Tote, sondern leiblich Tote gemeint sind, beweist die Verwendung des Wortes φωνή in 5,25.28“ (van Hartingsveld 48). Heißt es nämlich in 5,24: ὁ τὸν λόγον μου ἀκούων, so ist in den V. 25 und 28 gesagt, daß die Toten die Stimme des Gottessohnes hören werden (ἀκούσουσιν τῆς φωνῆς). „Man bemerke die verschiedene Terminologie …: λόγος ist das gesprochene, verständliche Wort, φωνή ist Laut, Klang, Geräusch. Der Wind hat nur eine φωνή (3,8–9). Schafe kennen die φωνή des Hirten (10,3.4.5.16.27). Der aus der Wahrheit ist, kennt die φωνή Jesu (18,37). Die φωνή Gottes tönt wie ein Donnerschlag (12,28 ff; vgl. 5,37). Der Freund freut sich über die φωνή des Bräutigams (3,29) Lazarus im Grabe hört die μεγάλη φωνή Jesu (11,43)… In 5,28 ist φωνή die Stimme Jesu, die alle Toten aus den Gräbern ruft; in 5,25 ist φωνή die Stimme Jesu, die einige Tote ins Leben zurückruft. So ist 5,25 zu beziehen auf den Fall des Lazarus.… Zu denken ist auch an die Erweckung des Jünglings zu Nain, des Töchterchens des Jairus und an die Antwort, die Jesus den Jüngern des Täufers gibt: Tote werden erweckt (Mt 11,5; Lk 7,22). Joh 5,1–29 ist gut komponiert. Die Heilung des Kranken in Bethzata war ein messianisches Wunder. Daß einige Tote auferstehen werden, wird ein noch größeres Zeichen sein. Darüber werden sie staunen (5,20). Aber sie werden sich über noch Größeres wundern, wenn Jesus alle Toten erweckt. So bekommt die Rede seinen (!) Höhepunkt. Sie erreicht die Klimax.… Und weil Jesus als der Sohn den Kranken heilt, einige Tote erweckt und einst alle Toten aus den Gräbern rufen wird, eben deshalb ist er auch berechtigt zu sagen: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben, kommt nicht in die Verdammnis, sondern ist aus dem Tode ins Leben hinüber gegangen (5,24).… Es handelt sich in Joh 5,1–29 nicht um die Rückkehr des verlorenen Sohnes (Lk 15); nicht um Auferstehen aus dem Tode in Sünden und Gesetzesübertretungen zu Leben in Reinheit und Wahrheit; nicht um die Bekehrung von den heidnischen Ungerechtigkeiten zu den christlichen Tugenden (so Paulus); sondern um die Gewißheit des Glaubens, daß der, welcher sich Jesus anschließt und ihn als den Messias bekennt, ins ewige Leben eingehen wird. Die Rede Joh 5 wendet sich an die Juden, die Jesus wegen seiner Heilung eines Kranken am Sabbattage verfolgen (5,16), In ihren Augen ist er ein Gotteslästerer (5,19). In Wirklichkeit ist er aber der Messias, der Sohn, der Menschensohn. Kraft dieses Amtes verheißt er den Glaubenden das ewige Leben. Die Unterscheidung ‚geistig tot‘ / ‚leiblich tot‘ ist hier fern zu halten. Sie stiftet nur Verwirrung.“ (van Hartingsveld 48–50).
Hartwig Thyen – Handbuch zum Neuen Testament
Mit diesen Versen geht Jesus von der Gegenwart zur Zukunft über. Er zeigt jetzt, welche Tragweite die Glaubensentscheidung von Vers 24 hat. Dass ein solcher Blickwechsel eintritt, macht schon die Einleitung »Amen, amen, ich sage euch« deutlich (vgl. deren Erklärung bei Joh 1,51).
Gerhard Maier – Edition C
Dennoch sind die Verse 25-27 nicht »reine« Zukunft. Vielmehr mischen sich hier Gegenwart und Zukunft, so dass die Aussagen oft einen seltsamen Doppelsinn erhalten. Der Ausdruck »Es kommt die Stunde und ist schon jetzt« ist uns bereits in Joh 4,23 begegnet. Gemeint ist die messianische Zeit, die »Stunde« des Messias, die »schon jetzt« mit dem Kommen Jesu anbricht. Sie endet aber erst dann, wenn Jesus den Heilsplan ausgeführt und das Reich dem Vater übergeben hat (1Kor 15,24ff.). Es ist die Zeit, »in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden«. Das geschieht,
a) wenn geistlich »Tote« (vgl. Eph 2,1.5; Kol 2,13) die Predigt Jesu hören,
b) wenn leiblich Tote als praktisches Zeichen der allgemeinen Totenauferstehung von Jesus auferweckt werden (Mt 9,18; Lk 7,11ff.; Joh 11,11ff.) und
c) wenn am Ende der Tage alle Toten durch die mächtige »Stimme« Jesu auferweckt werden. Man muss das umfassende Ganze der Aussage Jesu sehen und darf nicht einzelne Teile davon trennen. Das Lebendigmachen der Toten ist ja dem »Sohne Gottes« umfassend anvertraut (vgl. V. 21). Beachtenswert ist, dass auch nach Ansicht der Rabbinen in der messianischen Zeit Totenauferstehungen stattfinden. Weil der Messias auch der Prophet von 5Mose 18,15 ist, erwartet man von ihm Auferweckungen wie bei Elia und Elisa (vgl. 1Kön 17,17ff.; 2Kön 4,18ff. mit Mt 11,5). Die Juden konnten also gut verstehen, was Jesus von dem »Sohn Gottes«, dem Messias, sagte.
Nun folgt allerdings eine Bemerkung, die besondere Aufmerksamkeit fordert:
»und die sie hören, die werden leben«. »Hören« denn nicht alle Toten bei der allgemeinen Totenauferstehung? Und »leben« denn nicht alle Menschen auf, um sich im jüngsten Gericht zu verantworten? Doch. Aber Jesus gebraucht hier »hören« und »leben« in einem übertragenen geistlichen Sinne. »Hören« meint hier wie in Vers 24 das glaubende, aufnehmende Hören; »leben« das ewige Leben in der Gottesgemeinschaft. In einer Art Rätselwort unterstreicht also Jesus noch einmal, dass diejenigen, die ihm seine Worte abnehmen und an ihn glauben, ewiges Leben empfangen werden.
Vielleicht lohnt es sich, hier zu fragen:
Wer gehört zu den geistlich »Toten« im Sinne von Vers 25 ? Menschen, die nicht zum Gottesdienst gehen? Besondere Sünder? Nichtgetaufte? Nein – das alles trifft nicht das Wesentliche! Geistlich tot im Sinne der Bibel ist vielmehr jeder, der Jesus nicht den Herrn seines Lebens sein lässt. Das Wort über die »Toten« wird deshalb zu einem erschütternden Gerichtswort über die ganze Menschheit:
höchste Dichtkunst und höchstes Heldentum, die wichtigsten Erfindungen und die genialste Technik, die kulturellen Gipfel und die Tiefen der Erfahrungen sind nur verschiedene Formen des Todes, wenn nicht die Heimkehr zu Gott erfolgt.
Jeschuas vierte Verteidigung war, dass er die Auferstehung der Toten herbeiführen wird (Johannes 5:25-29). In den hebräischen Schriften hat nur Gott die Auferstehung der Toten herbeigeführt (Jesaja 26:19; Daniel 12:2; Hosea 13:14). Wenn der Sohn die Toten auferwecken wird, bedeutet das, dass er auch Gott sein muss.
Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive
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