Monat: August 2024

Denn die Augen Jehovas sind Gerechten zugewandt

denn die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Flehen; das Angesicht des Herrn aber ist wider die, welche Böses tun.“ (Ps 34,12-16)
Elberfelder 1871 – 1.Petrus 3,12

Denn der Herr wendet sich denen zu, die seinen Willen befolgen
(- Denn die Augen des Herrn sind auf die Gerechten gerichtet. -),
und hat ein offenes Ohr für ihre Bitten;
doch wo jemand Böses tut, wendet er sich gegen ihn.«
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Petrus 3:12

Denn der Herr sieht mit Freude auf solche Menschen, die nach seinem Willen leben, und hat immer ein offenes Ohr für ihre Bitten. Allen jedoch, die Böses tun, stellt sich der Herr entgegen.«
Hoffnung für Alle – 1.Petrus 3,12

Denn die Augen Jehovas sind Gerechten zugewandt Seine Ohren in ihre Notbitte hinein, das Antlitz Jehovas aber schaut über Bösestuer hin“ (Ps. 34,13-17).
Pfleiderer Übersetzung – 1.Petrus 3:12

Egal was „interne Gerichtbarkeiten“ entscheiden – es geht darum wie Jehovah eine Sache sieht! Es ist auch egal, was andere über eine Sache denken – denn nur Jehovah sieht das Herz der Menschen und kennt die Tatsachen – IHM kann man nichts vormachen.

Petrus sagt mit dem Psalm, was uns zum Glück und zum Leben bringt. Wer das begehrt, der muß seine Zunge regieren, muß das böse Wort, das die anderen schändet und verletzt, beseitigen, muß den Zank verscheuchen und den Frieden pflanzen. Das muß so sein, weil nur so sich Gottes freundliches Auge zu uns wendet und nur dann unser Gebet den Zugang zu ihm hat, während er uns widersteht, sowie wir Bosheit üben. Daran aber, daß Gott nach uns sieht und auf uns hört, ist unser Glück gebunden.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Ein längeres Psalmzitat begründet die Forderung, auf Vergeltung zu verzichten (Ps 34,13-17). „Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will“ – Petrus denkt hier sicher an das ewige Leben – soll nichts Böses reden oder tun, sondern „Gutes“ tun und den „Frieden“ suchen. Gott achtet auf „die Gerechten“ und „ihr Flehen“ angesichts des Unrechts, das ihnen von ihren Mitmenschen zugefügt wird. Und er richtet umgekehrt sein „Angesicht … gegen die, welche Böses tun“ (vgl. Röm 12,19: „Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn! Denn es steht geschrieben: ‚Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr.‘“).

Mainka – 1. Petrus

Drittens sollen die Christen statt, wenn sie beleidigt werden, Böses mit Bösem heimzuzahlen, Frieden (eirenEn; vgl. 1 Petrus 1,2;5,14 ) suchen und ihm nachjagen (1 Petrus 3,11). „Segnet“ (eulogountes) bedeutet in diesem Fall, Gutes von jemand zu sagen. Es unterscheidet sich von dem Begriff „selig“ (makarioi, „glücklich oder bevorzugt“, in V. 14; vgl. 1 Petrus 4,14; Mt 5,3-11 ). Jesus sagte: „Bittet für die, die euch verfolgen“ (Mt 5,44), und Paulus schrieb: „Man schmäht uns, so segnen wir“ (1Kor 4,12). Durch ein solches barmherziges Verhalten „jagen“ die Christen „dem Frieden nach“. Dafür erben sie den Segen ( 1 Petrus 3,9; vgl. 1 Petrus 1,4;3,7 ), … denn die Augen des Herrn (V. 12) sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet. Die „Augen“ und „Ohren“ Gottes sind Redefiguren, Anthropomorphismen, die Gott mit einer menschlichen Physiognomie ausstatten. Sie stehen für die wachsame Aufsicht und Fürsorge Gottes für die Bedürfnisse seines Volkes (vgl. 1 Petrus 2,25).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Vers 12 begründet die vorigen Aussagen mit letzter Realität: Denn die Augen des Herrn (sind) auf die Gerechten (gerichtet) und seine Ohren auf ihre Bitte, das Angesicht des Herrn aber (ist) gegen die, die Böses tun. Um der Verständlichkeit willen mußte der Text ergänzt werden. Daß sachlich richtig ergänzt wurde, geht aus Ps 34, 17 hervor. In unserem Vers geht es um den Weg zum Leben. Das Leben hängt von Gott ab und von unserem Verhältnis zu ihm. Gottes Wesen aber ist absolute Heiligkeit und Gerechtigkeit. Nie wird er Gemeinschaft haben können mit dem Bösen. Daher ist die alte Wahrheit von V. 12 nicht nur atst, sondern ebenso auch ntst, weil sie im Wesen Gottes begründet ist. Die Augen des Herrn (sind) auf die Gerechten (gerichtet) und seine Ohren auf ihre Bitte. Hier wird deutlich, wie fundamental wichtig es für den Menschen ist, vor Gott ein Gerechter zu sein. Ebenso aber macht unser Abschnitt klar, daß gerecht sein und gerecht handeln nicht voneinander zu trennen sind. Die Ausdrücke die Augen des Herrn … und seine Ohren wollen die liebevolle Achtsamkeit Gottes ausdrücken zugunsten der Gerechten. Gottes Ohren sind gerichtet auf ihre Bitte (oder: ihr Bitten). Das Gottesverhältnis äußert sich im Beten, und hier ist die Verheißung, daß Gott achtsam hört. Wer Bedrängnis und Schmähung erduldet, hat viel zu bitten. Wer betet, bekommt die Kraft, auf Böses nicht mit Bösem zu reagieren. Und wer im Glauben damit rechnet, daß Gottes Augen und Ohren auf ihn achtgeben, wird meiden, was Gott haßt, und suchen, was er will. Das Angesicht des Herrn aber (ist) gegen die, die Böses tun. Diese Worte zeigen die aktive Gegnerschaft Gottes. Die, die Böses tun, haben Gott frontal gegen sich.

Wuppertaler Studienbibel – Die Briefe des Petrus und der Brief des Judas

V. 12 bringt eine abschließende Begründung, in welcher der schon V. 9 angedeutete Gedanke noch einmal deutlicher ausgesprochen wird, daß nämlich Gott nach den Taten richtet: Seine Augen sind auf die Gerechten gerichtet, natürlich in Liebe und Aufmerksamkeit, seine Ohren hören auf ihr Gebet, weil er es gewähren will. Aber auch die Übeltäter entgehen seiner Aufmerksamkeit nicht: mit entgegensetzendem δέ wird das dritte Glied angefügt: sein Antlitz aber ist auf die Missetäter gerichtet. Gott sieht also alle, Gute und Böse, und gibt einem jeden nach Verdienst.

Rud. Knopf 1912 – Die Briefe Petri und Judä

Es gibt nun ein starkes Antriebsmoment für die vorangehende Handlung, das jetzt dargestellt wird. „Denn“ (oder „weil“) der Gläubige ist nicht allein. Wenn es so ist, dann könnte er in den vorhergehenden Einzelheiten nur versagen, weil aber der Herr seine Sache übernommen hat, kann das Leben „ganz und gar“ genossen werden. Der Herr ist sich der Bedürfnisse der Seinen ganz im klaren. Seine Augen sind auf „die Gerechten gerichtet“. Der Herr steht ebenfalls für Sein Volk bereit: „seine Ohren (sind geöffnet) für ihre Gebete“. Das Bild vermittelt eine innigere Beziehung als nur die eines zuhörenden Gottes. Es ist vielmehr ein liebender Gott, der Seine Ohren zu unseren Lippen neigt, so daß Er selbst das schwächste Gebet hört. Einige übersetzen den Ausdruck „in ihre Gebete hinein“. Genau wie ein Vater sich niederbeugt, um sein Kind zu umarmen und sein Ohr seinem Munde ganz nahe zu bringen, um seine lispelnden Töne zu hören und dem Kinde seine Liebe mitzuteilen, genauso tut es der Herr mit Seinem eigenen Kind. Das bedeutet eben nicht, daß der Herr nicht genau hören kann, sondern daß Sein Interesse so ausgesprochen persönlich ist.
Darüberhinaus ist der Herr gegen den Feind Seines Volkes, den Bösen. Sein Antlitz ist auf die gerichtet, die Böses tun. Welch schlaflose Nächte, welch kalte Angst, welche Panik würde die Ungöttlichen ergreifen, wenn sie bloß wüßten, wie genau ihr ganzes Leben von einem heiligen Gott erforscht wird und mit welch feierlichen Ernst Sein Angesicht auf sie gerichtet ist! Mancher Kriminelle hat sich über das Gesetz lustig gemacht und seine Vergeltung durch legale Tricks oder Mangel an Beweisen umgangen. Doch ist der höchste Gerichtshof noch nicht angetreten, und der Richter der ganzen Erde muß Seinen Thron noch einnehmen. Dann werden es die Gottlosen vorziehen, daß die Berge und die Hügel auf sie fallen, anstatt jenes Gesicht zu erblicken (Off 7,15-17).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Wo keine Führungskunst, kommt ein Volk zu Fall …

Wo keine Führung (Eig Steuerungen, d. h. Verhaltensregeln, weise Lenkung) ist, verfällt ein Volk; aber Heil ist bei der Menge der Ratgeber.
Elberfelder 1871 – Sprüche 11,14

Ohne Lenkung verfällt ein Volk,
Befreiungssieg wird, wo viel Ratgebung ist.
Buber & Rosenzweig – Sprüche 11:14

Wo keine Führungskunst, kommt ein Volk zu Fall, wo aber viele Ratgeber sind, gibt es Rettung.
Die Philippson-Bibel – Sprüche 11,14

Wo keine Regierung ist, geht das Volk zu Grunde; aber Wohlfahrt kommt nach vieler Berathung.
van Ess 1858 – Sprüche 11:14

Im Gegensatz zu Jehova Gott brauchen menschliche Regierungen viele Berater. In den letzten Jahrzehnten gibt es aber immer mehr Menschen, die sich „von niemandem etwas sagen lassen wollen“. Das zeigt sich am besten in den Familien, wo man sich nur noch akzeptieren, aber nicht mehr biblischen Maßstäben unterwerfen will.

V. 14 traut einem einzelnen nicht die Lenkungskunst zu, die die Leitung eines ganzen Volkes erfordert (vgl. V. 11)i. Wenn viele Berater uneigennützig das Beste des Ganzen wollen, wird dieser Spruch gelten trotz unseres Sprichwortes »Viele Köche verderben einen Brei«.

Wuppertaler Studienbibel

Führung … Ratgeber (15,22; 20,18; 24,6). Ratschläge oder Empfehlungen waren während der Regierungszeit Davids (2.Sam 15,30–17,23) ein Mittel zum Wachsen in der Weisheit im politischen Leben.

Reformations-Studien-Bibel

Die Aufgabe von Ratgebern ist es, einer Person dabei zu helfen, weise Entscheidungen zu treffen (vgl. 15:22; 24:6). Das ist besonders wichtig für diejenigen, die ein Volk leiten, aber Sprüche betonen auch die allgemeine Anwendung auf die Entscheidungsfindung von Menschen in allen möglichen Situationen – vgl. 11,5 und die kontrastierende Beschreibung, wie der Gottlose „durch seine eigene Bosheit“ fällt.

Die ESV Studienbibel

Das Wort Führung ( taHbVlNT ; der Begriff wird auch in Sprüche 1,5 gebraucht) ist ein Begriff aus der Seefahrt, der für das Steuern eines Schiffes verwendet wird. Das „Steuern“ oder der Rat der Ratgeber kann hilfreich sein (vgl. Sprüche 15,22;20,18;24,6 ). Ein Weiser ist für die Meinungen und den Rat anderer stets offen. Ohne diesen Rat hätte er unter Umständen schlimme Fehler gemacht.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Ohne »Überlegung« oder Planung, taḥbûlôt – eigentlich »Verknüpfungen« (von Gedanken; siehe Erklärung zu 1,5) –, können Führer kein Volk führen. Zum rechten Überlegen und Planen verhelfen viele »Ratgeber«, die aber von Gott gelehrt und von Gottes Wort geführt sein müssen. In 15,22; 20,18 und 24,6 wird diese Wahrheit mit etwas anderen Worten bestätigt.

Benedikt Peters – Das Buch der Sprüche

Wegen meines Namens werden euch alle Völker hassen

Dann werden sie euch in Drangsal überliefern und euch töten; und ihr werdet von allen Nationen gehaßt werden um meines Namens willen.
Elberfelder 1871 – Matthäus 24,9

Ihr werdet verhaftet, verfolgt und umgebracht werden. Auf der ganzen Welt wird man euch hassen, weil ihr euch zu meinem Namen bekennt.
Neues Leben – Bibel 2006 – Matthäus 24:9

Alsdann werden sie euch in Trübsal überantworten, und euch töten; und ihr werdet von allen Völkerschaften gehaßt werden um Meines Namens willen. Mt 10,17.23.24; Mk 13,9; Lk 21,12; Joh 15,20; 16,2.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Matthäus 24,9

Zu dieser Zeit werden sie euch in große Not bringen und euch umbringen. Ihr werdet die Ablehnung und den Hass der Menschen in allen Völkern auf euch ziehen, weil ihr euch zu mir stellt.
Roland Werner – Das Buch – 2014 – Matthäus 24:9

Was würdest du sagen, wenn an deiner Tür jemand klingeln würde, und sich als neuer Drogendealer an der Schule deiner Kinder/Enkel vorstellen würde? Wärest du seiner Meinung, wenn dieser auf deine Wut und deinen Haß auf seine „Arbeit“ sagen würde: „sie hassen mich ja nur, weil meine Eltern mir den Namen Jesus gegeben haben!“ ?? Würde dir die obrige Bibelstelle als „Beweis“ dafür einfallen?
Also schauen wir uns an, was Bibelkommentare zu dieser Aussage Jesu schreiben:

24,9–14 V. 9–14 entspricht → Mk 13,9–13, doch hat Matthäus Mk 13,9.11–13 bereits in 10,17–22 verarbeitet. Dafür tritt V. 10–12 hinzu. Verfolgung und Bedrängnis der Jünger gehen jetzt nicht mehr nur von jüd. Behörden (10,17), sondern von allen Völkern aus (V. 9). Das bringt innergemeindliche Verwerfungen mit sich (zum Abfall vgl. 13,21; 18,6–9; zu inneren Zerwürfnissen vgl. 10,21.34–36; zu den falschen Propheten vgl. 7,15–23; zur Missachtung des Gesetzes vgl. 7,23; 13,41; 23,28). Denen, die bis zum Ende standhalten, wird jedoch Rettung zuteil. V. 14 kündigt die Verkündigung des Evangeliums in der gesamten bewohnten Welt an (griech. oikoumenē; vgl. 26,13; 28,18–20). Erst wenn alle Völker das Evangelium vom Reich erfahren haben (vgl. 4,23; 9,35; zu Zeugnis vgl. 10,18), wird das Ende kommen (vgl. V. 6).

Stuttgarter Erklärungsbibel

Der Abschnitt entspricht Mk 13:9–13; doch hat Matthäus die Ankündigungen, die besonders die Verkündiger und Missionare betreffen, schon in die Aussendungsrede von Kap. 10 vorgezogen (10:17–21). Hier ist dafür umso stärker betont, was der Gemeinde als ganzer zu schaffen machen wird: Unter dem Druck der Verfolgungen, die sie von allen Völkern (V. 9; vgl. V. 14) zu leiden haben wird, droht nicht nur Massenabfall, sondern auch innere Selbstauflösung (V. 10). Falsche Propheten werden in der Gemeinde Hochkonjunktur haben (V. 11; vgl. 7:15–20) und das Ihre dazu beitragen, dass nahezu alles verschwindet, was die Gemeinde als Gemeinde auszeichnen müsste (V. 12; zu Ungerechtigkeit – wörtlich »Gesetzlosigkeit« – vgl. 7:23; 13:41; 23:28 und Erklärungen; zu Liebe vgl. 7:12; 19:19b; 22:34–40; Offb 2:4). Dennoch wird sich die Kraft des Auferstandenen in seiner Gemeinde mächtiger erweisen als die Kräfte des Verfalls und des Todes (vgl. 16:18) und wird der große Auftrag von 28:18–19 voll ausgeführt werden (V. 14).

Einführungen und Erklärungen aus der Stuttgarter Erklärungsbibel

(Mk 13,9-13; Lk 21,12-19) Jesus begann seine Rede (Mt 24,9) mit einem Zeitwort: „dann“. In der Mitte der sieben Jahre, die Christi zweitem Kommen vorausgehen, wird Israel in große Bedrängnis geraten. Der Antichrist, der zu dieser Zeit die Welt beherrscht und mit Israel ein Schutzbündnis abgeschlossen hat, wird seinen Vertrag brechen (Dan 9,27). Er wird die Juden schweren Verfolgungen aussetzen (Dan 7,25) und sich selbst im Tempel in Jerusalem einen Altar errichten (2Thes 2,3-4). Viele Juden werden dabei getötet werden (V.9), und viele werden vom Glauben abfallen. Die Gläubigen werden von den Ungläubigen verraten werden (V.10), und viele werden sich von falschen Propheten (vgl. V.5; Offb 13,11-15) täuschen lassen. Die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, und die Liebe (zum Herrn) wird in vielen erkalten.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Das Wort »dann« kann sowohl denselben Zeitabschnitt anzeigen als auch einen neuen Zeitabschnitt eröffnen. Weil vorher ein »Anfang« markiert wurde, jetzt aber die Bemerkung »dann wird das Ende kommen« erfolgt (V. 14) , liegt es näher, die Ereignisse von V. 9-14 auf einen neuen Zeitabschnitt zu beziehen.
Dieser Bezug darf aber nicht sklavisch eng sein. Man trifft die prophetische Perspektive am besten, wenn vieles von dem in V. 9-14 Gesagten schon in der Zeit von V. 4-8 spielt, jedoch der Gipfel der Ereignisse erst kurz vor dem Ende der Geschichte erreicht wird. Daraus ergibt sich, dass auf die Völkerkatastrophe die Kirchenkatastrophe folgt.

Für die Auslegung ist eine zweite Beobachtung wichtig.

In V. 6-8 ging es um gesellschaftliche Ereignisse: Krieg, Machtkampf, Hunger, Erdbeben. Jetzt geht es um Ereignisse, die die Gemeinde betreffen: Verfolgung, Abfall, falsche Prophetie, Gesetzlosigkeit, Mission. Einer »Außenseite« folgt also eine »Innenseite« der Zukunftsschau. Demselben Aufbau begegnen wir in der Offenbarung des Johannes: Off 6-9 behandelt die weltliche Geschichte, Off 12-13 die Geschichte der Gemeinde. Zwischen Mt 24 und der Offenbarung besteht also ein außerordentlich enger Zusammenhang. Aber auch an Mt 10,17-22 werden wir öfter erinnert.

Zunächst weist Jesus auf die kommende »Bedrängnis« hin. Das entsprechende griechische Wort meint zugleich den »Druck«, die »Angst« und die »Verfolgung«. Sehr häufig spricht das NT von der Verfolgung, der die Christen unausweichlich unterliegen. Geradezu klassisch formuliert es Paulus: »Wir müssen durch viele Bedrängnisse ins Reich Gottes eingehen« (Apg 14,22; vgl. Joh 16,33; Apg 11,19; Röm 5,3; 12,12; 2 Kor 1,4ff.; 2 Kor 4,17; 6,4; 8,2; Eph 3,13; Phil 4,14; Kol 1,24; 1 Thess 1,6; 3,3; 2 Thess 1,4ff.; Hebr 10,33; Off 1,9; 2,9; 7,14). Die Wendung »der Bedrängnis ausliefernd bezeichnet sowohl die Anzeige bei den Behörden als auch Verfolgung und Verhaftung seitens der Behörden selbst. Bei der Prophezeiung »sie werden euch töten« denken wir an Stephanus, Jakobus, Petrus, Paulus, Antipas (Apg 7,56ff.; Apg 12,2; Joh 21,19; 2 Tim 4,6ff.; Off 2,13) und die vielen bekannten und unbekannten Märtyrer der Kirchengeschichte. Kein Jahrhundert, in dem nicht Christen ihres Glaubens wegen getötet wurden! Das 20. Jh. soll die größte Zahl solcher Märtyrer gebracht haben. Lenin, Stalin, Hitter, Mao, Idi Amin waren blutige Christenverfolger. In der Türkei, im Libanon und in anderen Staaten wurden massenweise Christen getötet.
Weiter trifft die Gemeinde der Hass der Welt: »Ihr werdet von allen Völkern gehasst werden um meines Namens willen« (vgl. Joh 15,18-16,4). Bis heute lebt in vielen Christen die Illusion, man könne ein ganzes Volk »christianisieren«. Daneben findet sich die Illusion, die Christen könnten großen Einfluss gewinnen und die Menschheitsgeschichte zum Guten wenden. Beide Illusionen werden von Jesus beseitigt. Die wahren Christen werden überall eine Minderheit sein. Ja, sie werden in jedem Volk »gehasst«. Auch in Deutschland lebt der Christenhass, nicht zuletzt in der Gegenwart. Zwar hat die äußere Christianisierung den Völkern viele Wohltaten gebracht. So entspringen die »Menschenrechte« letzten Endes der Bibel. Aber eine innere Christlanisierung, d. h. eine allgemeine wirkliche Verbindung mit Jesus, ist nirgends gelungen. Auch hier redet Jesus in absoluter Nüchternheit und Wahrhaftigkeit. Unterstreichen wir noch eines: Auch die »Völker« laden durch die Ablehnung Jesu Schuld auf sich, nicht nur Israel!

Gerhard Maier – Edition C

Das dritte, worauf Jesus die Jünger rüstet, ist die Verfolgung. 24,9: Dann werden sie euch überantworten, damit ihr geplagt werdet, und euch töten, und ihr werdet von allen Völkern wegen meines Namens gehaßt sein. Jesus sagt ihnen, daß sein Name kein Geheimnis bleiben wird. Was damals in Jerusalem geschah, wird in aller Welt erzählt werden und der Gekreuzigte überall als der Herr im Namen Gottes gepriesen, aber auch überall gehaßt werden. Sie dürfen nicht hoffen, daß die Heiden sie aufnehmen, wenn Israel sie ausstößt. Sein Wort erregt sie nicht weniger zum Widerstand als die Juden; sein Reich gefällt auch ihnen nicht.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Die Verfolgung seiner Diener (V. 9) wird zunehmen. Während der Trübsal wird Gott 144.000 Juden versiegeln (Offb. 7), die wahrscheinlich als Missionare in der verlorenen Welt tätig sein werden (V. 14), und durch ihre Bemühungen werden viele Menschen gerettet werden. Viele werden jedoch ihr Leben für ihren Glauben geben. Wenden Sie V. 13-14 nicht auf den Dienst der Kirche heute an. Vers 13 hat nichts mit der Errettung aus Gnade zu tun, und Vers 14 bedeutet nicht, dass die Gemeinde das Evangelium in alle Welt bringen muss, bevor Christus wiederkommen kann. Beide Verse beziehen sich auf die Trübsalszeit.

Warren W. Wiersbe – Wiersbes Erläuterungen zum Neuen Testament

Wir Christen haben schon immer eine Hoffnung, die über uns selbst hinausgeht und die das übersteigt, was wir je aus eigener Kraft leisten könnten.

dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden.
Elberfelder 1871 – Matthäus 6,10

Komm und richte deine Herrschaft auf.
Verschaff deinem Willen Geltung,
auf der Erde genauso wie im Himmel.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 6:10

Deine Königsherrschaft soll kommen. Dein Wille soll wie im Himmel auch auf Erden Wirklichkeit werden.
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Matthäus 6,10

Gottes Königreich soll hier auf der Erde kommen??
Scheinbar wissen die wenigsten, worum sie beten – die einen glauben, dass alle guten Menschen in den Himmel kommen würden, die anderen glauben, dass Jesus schon seit Jahren zurück gekommen wäre…. Dabei ist Jesus seit seiner Auferstehung immer bei seinen Anhängern gewesen – aber noch ist er nicht „wieder gekommen“ – aber Christen beten, dass seine Wiederkunft bald Wirklichkeit wird.

Wörtlich: „Es komme deine Königsherrschaft“. Die Formulierung „wie im Himmel, so auch auf Erden“ stellt die Bereiche des Göttlichen und Menschlichen – auf Erden scheint nach Auffassung des Beters der Wille des Vaters wenig Geltung zu haben – einander gegenüber.

Die Bibel: Herder-Übersetzung mit Kommentar und Erläuterungen

Die zweite Bitte Dein Reich komme meint, dass Gott sein »Reich« (örtlich) bzw. seine »Herrschaft« (funktional) in Kürze aufrichten soll (→ Reich Gottes). Das kann nur er tun, nicht Menschen (vgl. Mk 4,28). Die erste und dritte Bitte sprechen ebenfalls von Gottes Handeln (vgl. Hes 36,23; 38,23; 39,7: Gott heiligt seinen Namen vor den Völkern), doch sind Menschen beteiligt, wenn sie den → heiligen → Namen Gottes ehren (vgl. 2. Mose 20,7; 3. Mose 22,32; Jes 29,23) und den im Himmel waltenden Willen Gottes auf Erden tun (vgl. 7,21; 12,50).

Stuttgarter Erklärungsbibel

Dein Wille geschehe, die Rabbinen betonen den Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen (mAv 1,11; tBer 3,7; bBer 29b; bMeg 29b; bJom 53b; 86b). Wie im Himmel, Engel haben keine eigene, unabhängige Macht (vgl. z.B. Hiob 1–2).

Das Neue Testament – jüdisch erklärt

Christen beten oft im Vaterunser: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden“ (Mt 6, 10). Haben Sie sich schon einmal gefragt, was das heißt?
Manche Menschen beschränken ihre Hoffnungen sehr bewusst auf das Heute: auf Dinge, die sie versprechen und aus eigener Kraft einhalten können – Dinge, von denen sie wissen, dass sie sicher sind. Sie wollen ihr Herz nicht an etwas anderes hängen. Sie wollen sehr vorsichtig und auf der Hut sein, was ihr Herz betrifft. Sie sind schon zu viele Male verletzt worden. Sie werden nicht noch ein weiteres Mal ihr Vertrauen auf irgendein Versprechen setzen, dessen Erfüllung sie nicht garantieren können.
Doch das Christentum war noch nie so. Wir Christen haben schon immer eine Hoffnung, die über uns selbst hinausgeht und die das übersteigt, was wir je aus eigener Kraft leisten könnten. Petrus schreibt: „Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt“ (2.Petr 3, 13). Das weist auf die Erfüllung dieser letzten und ersten Hoffnung der Bibel hin – der Hoffnung, dass die ganze Welt wieder heil wird, da sich Gottes allmächtiger Plan von Christus über sein Bundesvolk bis auf die Schöpfung selbst erstreckt.
Diese Hoffnung finden wir ganz am Ende der Bibel. Im Buch der Offenbarung werden die prophetischen Traditionen des Alten Testaments wieder aufgegriffen, jedoch mit einigen Veränderungen. Die Offenbarung wird als die Erfüllung von Gottes Plan dargestellt, ein Volk in einer heilen Beziehung zu ihm zu haben. Wenn die kämpfende Gemeinde zur siegreichen Gemeinde wird, dann werden Himmel und Erde neu geschaffen (s. Offb 21, 1–4; 21, 22–22, 5). Hier sehen wir den Gipfel der Erfüllung aller Verheißungen Gottes für sein Volk. Die Heiligkeit des Volkes Gottes ist endlich vollkommen. Endlich ist Gottes Volk wirklich heilig und bei Gott. Der Garten Eden ist wiederhergestellt. Gott ist wieder bei seinem Volk gegenwärtig. Die Heilige Stadt (s. Offb 21, 2) hat die Form eines Würfels, genau wie das Allerheiligste im Alten Testament, wo Gott gegenwärtig war – nur dass dieses nun sein ganzes Volk aus allen Zeiten und Orten mit einschließt. Die ganze Welt wird zum Allerheiligsten.
Das ist die gute Nachricht, die wir als Christen anzubieten haben. Das ist unsere Vision für die Zukunft – nicht, weil wir uns das ausgedacht hätten, auch nicht, weil irgendeine Kommission es verfasst hätte, auch nicht, weil es nur eine Reaktion auf das wäre, was wir gerne hätten – wie mein Freund Bill –, sondern weil es das ist, was Gott geoffenbart hat.
Während wir darauf warten, ist es ganz passend, dass das Neue Testament mit diesem Buch endet. Das Buch der Offenbarung ist nicht von jemandem geschrieben worden, der auf dem höchsten Gipfel saß und das Reich Gottes ankommen sah, weil sein Schiff gerade angelegt hatte, und der deswegen sicher war, dass das Glück aller Menschen schon auf dem Weg war. Nein, sondern das Buch der Offenbarung ist von einem alten Mann geschrieben worden, dessen Leben so gut wie vorbei war. Er war in der Verbannung, zutiefst verzweifelt und hilflos, und dennoch voller Hoffnung auf einen allmächtigen Gott, weil er wusste: wer auch immer in Rom auf dem Thron saß, würde nicht letztendlich entscheiden, was in der Welt geschehen würde. Er wusste, dass es im Himmel einen Gott gibt, der alle seine Verheißungen zur Erfüllung führen würde. Johannes konnte dort in Patmos voller Hoffnung sein, weil er wusste, wie dieser Gott war.
Diese Art der biblischen Theologie ist praktisch. Sie bewirkt etwas. Die Verheißungen, die Gott über das Erfülltsein der Erde mit der Erkenntnis des Schöpfers gegeben hatte, würden in seiner neuen Schöpfung erfüllt werden. Der Gott der Bibel gibt Verheißungen, und der Gott der Bibel wird sie in seiner Allmacht auch erfüllen.
Sehen Sie, wie wichtig all das ist? Gott bringt seine Pläne zum Ziel. Er erfüllt seine Verheißungen. Und als Christen müssen wir wissen, dass Gott auch weiterhin für uns sorgen wird und dass seine anhaltende Fürsorge nicht auf unserer Treue gründet, sondern auf seiner. Für kurze Zeit mag es vielleicht spannender sein, durch die Gegend zu rennen und so zu tun, als ob die Welt in einer Art geistlichem Laserschwertkampf zwischen den Mächten der Finsternis und den Mächten des Lichts steckt. Und ganz sicher gibt es auch sehr reale böse Mächte, gegen die wir als Christen in der Welt und in unserem eigenen Herzen ankämpfen. Doch das Resultat steht nicht auf der Kippe. Unser Gott ist ein allmächtiger Gott. Johannes, der Verfasser der Offenbarung, hatte Hoffnung, nicht weil er wusste, was er tun würde, sondern weil er wusste, was Gott tun würde.

Mark Dever – 9 Merkmale einer gesunden Gemeinde

Die zweite Bitte schreitet von der Person des Vaters fort zu seinem Reich: »Dein Reich komme!« Dies entspricht der Zusammenfassung der Predigt Jesu und des Täufers: »Die Gottesherrschaft ist nahe herbeigekommen« (Mt 3,2; 4,1). Das »Reich« bzw. die Gottesherrschaft ist das vollendete und sichtbare Herrschen Gottes über die ganze Schöpfung. Dann sind die Feinde beseitigt. Johannes beschreibt jenes Ereignis der vollendeten Durchsetzung in Offenbarung 19,6: »Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen!«
Der biblische Reichsbegriff, auch der im Vaterunser, ist immer wieder falsch verstanden worden. Das sog. spiritualistische Missverständnis versteht das Reich als einen rein geistigen Begriff, z. B. als die Sittlichkeit des inneren Menschen. Das individualistische Missverständnis denkt nur an die Veränderung des Einzelnen. Das synergistische Missverständnis geht davon aus, dass Gott nur den Auftrag gibt, das Reich aber von den Menschen geschaffen wird. Das Missverständnis der sog. »präsentischen Eschatologie« bestreitet ein Ende der Geschichte und eine Verwirklichung in einem kommenden Äon. Aber Jesus spricht von einem Reich, das leiblich, kosmisch, gottgeschaffen (theurgisch) und erst künftig im Vollsinn vorhanden ist. Er lehrt ja nicht: »Mögen wir schaffen das Reich in dieser Welt!«, sondern: »Dein Reich komme!« Wiederum ist klar, dass es sich um eine endzeitliche Bitte handelt.
Erst dann ist auch die dritte Bitte erfüllt: »Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden!« Wie in den beiden vorangehenden Bitten lehrt uns Jesus alles Sein und Geschehen vom Vater aus betrachten. Der »Himmel« ist der Bereich, in dem der Vater gelobt wird und in dem sein Wort Befehl ist. Engel und Heerscharen tun seinen Willen gern und ohne Zweifel (Ps 103,20ff.). Die Sonne als herrlicher »Bräutigam« und Lampe des irdischen Lebens zieht in Freude ihre Bahn (Ps 19,6). Dort, unter den himmlischen Gottessöhnen, spielt auch Satan als Werkzeug seine zugestandene Rolle, bis er im Engelsturz der Zeitenwende auf die Erde beschränkt wird (Hiob 1,6ff.); Offb 12,9; Lk 10,18). »Wie« es bereits »im Himmel« ist, »so soll es künftig »auch auf Erden« sein. Die Erde der Gegenwart ist gewissermaßen das Nest gottfeindlicher Gewalten. Hier kreuzigen die menschlichen und übermenschlichen Herrscher dieser Welt den Gottessohn (1 Kor 2,8). Hier treten die Mächtigen die Beherrschten nieder (Mt 20,25). Hier leben die Menschen »jenseits von Eden«, in einer gefallenen Welt. Hier »ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer«
(Röm 3,12). Seit Satan als Ankläger und Verführer der Menschen nach Auferstehung und Himmelfahrt Jesu auf die Erde gestürzt ist (Off 12,5ff.), wächst die Gottfeindlichkeit auf Erden noch an, weil der Satan »weiß, dass er wenig Zeit hat« (Off 12,12). Am Ende ballt sich die Gewitterwolke der Verfolgung über der Gemeinde Jesu und kommt es zu den letzten verzweifelten Rebellionen gegen den Christus Gottes (Off 13-20,10). Es ist also noch ein gutes Stück Weg bis zur Erfüllung der dritten Bitte. Auf der anderen Seite sollten wir sehen, dass das Tun des Willens Gottes auf Erden schon begonnen hat. Das Ringen von Gethsemane bringt den vollständigen Sieg des Gotteswillens im Leben Jesu (Mt 26,42). Hier hat Jesus nach dem Vaterunser gebetet und überwunden. Und von ihm greift das Tun des Gotteswillens über auf seine Jünger (Mt 12,50; Joh 7,17; Röm 12,2). Dabei müssen wir nüchtern sehen, dass unser Tun immer wieder gebrochen wird durch das Gesetz der Sünde in unseren Gliedern (Röm 7,22ff.). Erst im Sterben gelangen wir zur Vollständigkeit. Desto dringender wird die dritte Vaterunserbitte.

Gerhard Maier – Edition C

Hiob fing an zu reden und den Tag seiner Geburt zu verfluchen

Danach tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob hob an und sprach: Es verschwinde (Eig gehe zu Grunde) der Tag, an dem ich geboren wurde, und die Nacht, welche sprach: Ein Knäblein ist empfangen!
Elberfelder 1871 – Hiob 3:1–3

 Danach öffnete Ijjow seinen Mund und verfluchte seinen Tag; 2 und Ijjow hob an und sprach: 3 Wäre doch der Tag getilgt, an dem ich geboren wurde, und die Nacht, die sprach: Empfangen ist ein Mann.
Die Philippson-Bibel – Ijob 3,1–3

Hiob verfluchte seinen Tag (d. h. den Tag seiner Geburt), aber interessanterweise verfluchte er nicht Gott. Er hätte den Tag seiner Geburt gerne aus dem Kalender gestrichen (vgl. V. 6 ). Dann gedachte Hiob der Nacht, da man sprach: E in Knabe kam zur Welt (wörtl.: „wurde empfangen“).
Hiob fuhr fort, über den Tag seiner Geburt (V. 4-5 ) und die Nacht, in der er empfangen worden war (V. 6-7 a), zu sprechen. Dann schloß er diese poetische Rede (V. 3-10 ) ab und erklärte, weshalb er sich danach sehnte, daß er nie geboren worden wäre (V. 10 ).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Die Stimme des Leidenden (Hiob 3,1-26). Nach sieben Tagen stillen Leidens sprach Hiob, nicht um Gott zu verfluchen, sondern um den Tag seiner Geburt zu verfluchen. „Warum bin ich je geboren worden?“ hat mehr als ein verletztes Kind Gottes geschluchzt, darunter auch der Prophet Jeremia (Jer. 20:14-18). Das ist nicht ganz dasselbe wie zu sagen: „Ich wünschte, ich wäre tot“, obwohl Hiob diesen Wunsch mehr als einmal äußerte (Hiob 6,9; 7,15-16; 14,13). Zu keinem Zeitpunkt sprach Hiob davon, sein eigenes Leben zu beenden. Hiobs „Geburtstagsklage“ ist keine Verteidigung des Selbstmords oder des so genannten „Gnadentods“. Es ist die Erklärung eines Mannes, dessen Leiden so groß war, dass er sich wünschte, er wäre nie geboren worden.

Wenn man leidet, sagt und tut man vielleicht viele Dinge, die man später bereut. Hiobs Leid war so groß, dass er die Segnungen vergaß, die er und seine Familie so viele Jahre lang genossen hatten. Wäre er nie geboren worden, wäre er nie der größte Mann im Morgenland geworden! Aber der Schmerz lässt uns die Freuden der Vergangenheit vergessen und wir konzentrieren uns auf die Hoffnungslosigkeit der Zukunft. Hiobs Freunde hörten seine Worte, aber sie spürten nicht die Qualen seines Herzens, und sie wählten den falschen Ansatz, um ihm bei der Bewältigung seiner Prüfungen zu helfen. Sie argumentierten mit seinen Worten, anstatt sich um seine Gefühle zu kümmern.
Hiob verfluchte zwei Nächte: die Nacht seiner Empfängnis und die Nacht seiner Geburt (3,1-13). Empfängnis ist ein Segen, der von Gott kommt (1. Mose 30,1-2; Ps. 139,13-16); wenn wir also einen Segen verfluchen, stellen wir die Güte Gottes in Frage. (Beachten Sie, dass Hiob sagte, ein Kind sei gezeugt worden, nicht „eine Masse von Protoplasma“ oder „ein Ding“. Er war von der Empfängnis an ein Mensch.)
Das Schlüsselwort hier ist Dunkelheit. Wenn ein Baby geboren wird, kommt es aus der Dunkelheit ins Licht; aber Hiob wollte in der Dunkelheit bleiben. Er dachte sogar, es wäre besser gewesen, wenn er tot geboren worden wäre! Dann wäre er in die Welt der Toten (Scheol) gegangen und hätte all dieses Elend nicht ertragen müssen.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Die Formulierung »er öffnete seinen Mund« ist das Gegenwort zu »stumm sein«. Es ist die Bekundung des Entschlusses, »aus Verschlossenheit und Schweigen herauszugehen«. Wer lange mit einer Not alleine war, muß sich nicht nur einen Ruck geben, sondern es bedarf eines starken Willensentschlusses, das Schweigen zu brechen.
Hiobs Mund öffnete sich nicht zum Fluch, sondern zur Verwünschung seines Daseins. Hiob verflucht oder verwünscht auch nicht Gott, sondern »die Welt in ihrer Ordnung, die ihm in der Situation seines Leidens absurd erscheint«. Hiob verwünscht seinen Tag, das heißt sein Dasein, »wobei an seine schweren Tage (vgl. Hi 30,25) und sein bitteres Schicksal zu denken ist«.
Das Zeitwort »verwünschen« (hebräisch: qll) heißt in seiner Grundbedeutung »leicht, klein, verächtlich sein«. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß Hiob den Tag seiner Geburt »als leicht und leer, als innerlich ausgehöhlt und darum aller Unehre und allem Verfall anheimgegeben anspricht«.
Nach dieser knappen Eröffnungsformel beginnt in Vers 3 ein Neuansatz. »Eine lyrische Tonart wird angeschlagen.« Die nun folgenden Reden sind in der Regel in sogenannten Tetrastichen geschrieben, das heißt in je vier zusammengehörenden Verseinheiten. Es ist das »einfachste Versmaß …, das für lange Reihen von Weisheitsreden am besten geeignet ist«.

Wuppertaler Studienbibel

Vers 1. »Danach«, d. h., nachdem die sieben Tage, die Hiobs Freunde schon bei ihm gesessen hatten, samt den Tagen davor um waren. Als die Schläge Hiob trafen, reagierte er mit Glauben. Nachdem er mehrere Tage dagesessen und über sich und seine Lage nachgedacht und unter seinem Schmerz geseufzt hat, kann er nicht mehr: »Ich verstummte in Stille, ich schwieg … Mein Herz brannte in meinem Innern, bei meinem Nachsinnen entzündete sich Feuer« (Ps 39,3–4). Nun wird es ihm zu viel. Man sagt, dass es bei Schicksalsschlägen meist so sei. Zunächst trägt man den Schlag standhaft, weil es eine gewisse Zeit dauert, bis das volle Gewicht der Not sich auf die Seele gelegt hat. Hiobs Reaktion ist also ganz natürlich; sie ist menschlich völlig normal. (- »Jetzt begannen für Hiob die dunkelsten Tage. Im Hereinbrechen der Katastrophen selbst steckt immer etwas Stimulierendes. Es ist gerade der Schock, der eine Kraft erzeugt, die den Menschen zum (momentanen) Sieg verhilft. Erst in der brütenden Stille, die nachher den Geist umhüllt, beginnt der wirkliche Kampf. Der Erzvater ist nun in diese Stille und den darauffolgenden Kampf eingetreten« (G. Campbell Morgan, The Book of Job). -)Und doch:

»Schließlich ›sprach Hiob mit [s] einer Zunge‹, aber nicht ein so gutes Wort wie David sprach, nachdem er lange geschwiegen hatte: ›Tue mir kund, HERR, mein Ende‹ (Ps 39,4–5). Sieben Tage saß der Prophet Hesekiel betäubt unter den Weggeführten, und dann ›geschah das Wort des HERRN‹ zu ihm (Hes 3,15–16)« (Matthew Henry).

»Danach«: Das heißt auch, nachdem er so viel Bitteres durchgemacht hatte. Rechtfertigt sein Leiden seinen Protest? Es ist der ganzen Menschheitsfamilie ergangen wie Hiob, der aus einer Stellung einmaligen Glücks in die tiefsten Tiefen stürzte: Der Mensch wurde geschaffen und in einen Garten der Wonne gestellt. Danach trat der Satan auf den Plan – ebenfalls nicht ohne Gottes Willen –, und der Mensch fiel. Seither ist Leben Leiden. Es wird sinnlos und in seiner Sinnlosigkeit unerträglich, wenn wir den Gott nicht kennen, der uns erschaffen hat, und ihm nicht mehr vertrauensvoll ergeben sind.
Es war Hiobs Vertrauen gewesen, das ihn befähigt hatte, unter den wütenden Schlägen des Widersachers stillzuhalten und hinter allem Gottes Hand zu sehen und sich unter diese zu demütigen. Hatte er nicht bezeugt, Gott habe ihm seinen Besitz genommen, wo es vordergründig doch Menschen gewesen waren, die ihn beraubt hatten? Und hatte er nicht bezeugt, er sei willens, auch das Böse aus Gottes Hand zu nehmen, wo es doch Satan gewesen war, der seine Hand gegen ihn ausgestreckt hatte? Wie glücklich war er, wie glücklich ist der Mensch, der sich in allem unter Gottes Regierung beugt, der in allem Gottes Hand sehen kann! Dieses Vertrauen hat Hiob nun weggeworfen (Hebr 10,35), und daher wird ihm Gottes züchtigende Hand unerträglich (vgl. Hebr 12,5).
Aber beachten wir: Er »verfluchte seinen Tag«, er verfluchte nicht Gott. Satans Absicht schlägt fehl; Hiob sagte sich nie von Gott los (1,11; 2,5).

Benedikt Peters – Das Buch Hiob

Gott hat euch durch Christus großzügig vergeben

Seid aber gegeneinander gütig, mitleidig, einander vergebend, (O. Gnade erweisend) gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben (O. Gnade erwiesen) hat.
Elberfelder 1871 – Epheser 4,32

Geht vielmehr freundlich miteinander um, seid mitfühlend und vergebt einander, so wie auch Gott euch durch Christus vergeben hat.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Epheser 4:32

Seid vielmehr freundlich und barmherzig und vergebt einander, so wie Gott euch durch Jesus Christus vergeben hat.
Hoffnung für Alle – Epheser 4,32

Seid zueinander gütig, voller herzlicher Anteilnahme, und vergebt einander großzügig. Denn auch Gott hat euch ja durch den Messias mit seiner Gnade beschenkt.
Roland Werner – Das Buch – 2009 – Epheser 4:32

Der Apostel führt nun eine Reihe von lieblichen Wesenszügen an, die der Glaubende fördern soll, weil nur solche zum »neuen Menschen« passen, den wir »angezogen« haben (V. 24). »Seid« (ginomai, werden, geschehen) läßt an Entwicklung denken; »gütig« (chrestòs, nützlich, freundlich) wird in Luk 6,35; Röm 2,4 von Gott gebraucht; »mitleidig« (eùsplanchnos) ; »einander vergebend«, nach göttlichem Beispiel: »gleichwie Gott in Christus euch vergeben hat«. Gott ist die Quelle, Christus Ursache und Anlaß der Vergebung.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Liebe ist freundlich und gütig, und Freundlichkeit oder Gelindigkeit und Güte gehören zu den Früchten des Geistes Gottes. Es gibt viele Gelegenheiten zu ihrer Betätigung, denn bisweilen muss sie unsern christlichen Geschwistern ebenso erwiesen werden wie Aussenstehenden. Wieso hätte sonst der Apostel seinen Brüdern geschrieben und gesagt: „Seid aber gegen einander freundlich, barmherzig, vergebet einander, gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben hat“? (Eph 4:32, Schlachter) In einer solchen Herzensverfassung betrachten wir unsere Geschwister mit Freundlichkeit. Wir erinnern uns daran, dass sie noch im unvollkommenen Fleische leben, das zur Sünde neigt gleich wie wir, und wir dürfen nicht strenger mit ihnen verfahren, als Gott mit uns verfährt. Machen wir uns nichts daraus, wenn sie einmal unsere Freundlichkeit, die wir ihnen erweisen, nicht schätzen. Auch Gott ist gütig gegen Undankbare, ja selbst gegen Böse. Wenn wir seine Kinder sind, sollen wir denselben Charakterzug wie er offenbaren. (Lukas 6:35) Ja, wir bekunden unsere Dankbarkeit gegen Gott und folgen seinem Ruf zur Errettung; doch selbst dann können wir nicht vollkommene Werke der Gerechtigkeit vollbringen, wodurch wir die Errettung verdient hätten. Deshalb musste er uns freundlich, barmherzig behandeln, sonst würde uns seine Gerechtigkeit vernichten. Wie mitfühlend klingen doch die folgenden inspirierten Worte: „Als aber die Gütigkeit und die Menschenliebe Gottes, unsres Heilandes (Retters, Schmoller), erschienen war, hat er uns, nicht auf Grund von Werken in Gerechtigkeit, die wir getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit gerettet.“ „Auf dass er in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christo Jesu.“ — Titus 3:4, 5, rev. Zürcher B., Epheser 2:7.

Wachtturm – März 1950

Vergebung
Vergebung ist eine Segnung, die in der Bibel häufig erwähnt wird. Wenn ein Sünder sich zu dem Retter Jesus Christus wendet, hat er ein Empfinden seiner Sündenschuld, die er aufgehäuft hat. Er weiß, dass Vergebung dieser Sünden nötig ist. Ohne Vergebung bleibt das Gewissen belastet. Die Sünden lasten auf dem Sünder und er braucht jemand, der sie ihm abnimmt.
Wir sollen niemals vergessen, was es bedeutet, dass uns die Sünden vergeben sind. Gewiss gibt es Segnungen, die uns größer erscheinen mögen. Dennoch bleibt es eine unfassbare Gnade und Freude, um die Vergebung der Sünden zu wissen. „Glückselig der, dessen Übertretung vergeben, dessen Sünde zugedeckt ist!“ (Ps 32,1). Diese Freude wollen wir uns nie nehmen lassen.
Es ist unmöglich, das Thema „Vergebung“ an dieser Stelle umfassend zu behandeln. Deshalb folgen bewusst nur einige Gedankensplitter zum weiteren Nachdenken:
• Was Vergebung ist: Das Wort, das im Neuen Testament häufig mit „vergeben“ oder „Vergebung“ übersetzt wird, bedeutet eigentlich, dass etwas weggeschickt wird. Man lässt etwas los oder wird von etwas entlastet. Wenn Gott uns vergibt, dann rechnet Er uns die Sünden nicht an. Er nimmt sie uns weg. Die Schuld ist erlassen. Nur so ist es möglich, dass ein Mensch, der Sünden begangen hat, ungestraft vor Gott bestehen kann.
• Was vergeben wird: Die Bibel zeigt deutlich, dass Sünden (Vergehungen) vergeben werden. In Epheser 1,7 schreibt Paulus: „ … in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade“ (vgl. Lk 24,47; Kol 1,14; 1 Johannes 2,12 u. a.). Sünden sind böse Taten, durch die ein Mensch das Gericht Gottes auf sich zieht. Wenn es um die alte und sündige Natur in uns geht („Sünde“ oder „Fleisch“ genannt), so lesen wir nicht von Vergebung. Eine sündige Natur kann Gott nicht vergeben. Er muss sie richten. Genau das hat Er getan. Das Problem der Wurzel (der in uns wohnenden Sünde) wird durch den Tod gelöst. Das Problem der schlechten Früchte (der Sünden) wird durch göttliche Vergebung gelöst.
• Wer vergibt: Wenn es um die Annahme eines Sünders bei Gott geht, geht die Vergebung von Gott aus. Selbst die Pharisäer und Schriftgelehrten wussten, dass nur Gott Sünden vergeben kann
(Lk 5,21). In Nehemia 9,17 lesen wir die bemerkenswerten Worte: „Du aber bist ein Gott der Vergebung, gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte.“ Es ist das einzige Mal, dass Gott der „Gott der Vergebung“ genannt wird. Das zeigt, dass es Gott ein Anliegen ist, Menschen zu vergeben. Es ist wahr, dass Gott heilig ist und den Sünder strafen muss. Doch es ist ebenso wahr, dass dieser heilige Gott Liebe ist und selbst einen Weg gefunden hat, Sünden zu vergeben.
• Auf welcher Grundlage Gott vergibt: Gott ist Licht und Gott ist Liebe. Deshalb kann Er Sünden nicht ungestraft lassen. Wenn Gott sündigen Menschen Vergebung schenkt, ist dazu eine gerechte Grundlage nötig. Die Grundlage hat Er in dem vollbrachten Werk von Golgatha gefunden. In Hebräer 9,22 wird sehr deutlich gesagt: „… ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung“. Das ist ein wichtiger Grundsatz. Epheser 1,7 verbindet die Vergebung der Sünden mit der Erlösung, die wir durch sein Blut haben. Nur auf dieser Grundlage kann Gott vergeben. Vergebung kann uns nur geschenkt werden, weil ein anderer als Stellvertreter unsere Sünden getragen hat. Das geschah am Kreuz, als der Herr Jesus unsere Sünden „an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1 Petrus 2,24). Da lag die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm und durch seine Striemen (die Wunden, die Gott Ihm schlug) ist uns Heilung geworden (Jes 53,5).
• Welche Sünden uns vergeben sind: Diese Frage ist gar nicht so unwichtig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Viele Kinder Gottes quälen sich mit dem Gedanken, dass nur die Sünden vergeben worden seien, die sie bis zu ihrer Bekehrung getan haben. Doch was ist mit den Sünden, die wir als Gläubige – leider – immer noch tun? Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass alle unsere Sünden vergeben sind. Ohne Frage beeinträchtigen Sünden im Leben eines Gotteskindes die tägliche Gemeinschaft mit dem Vater, und deshalb müssen sie bekannt werden. Wenn es hingegen um unsere Annahme bei Gott im Blick auf die Ewigkeit geht, dann sind alle Sünden vergeben. Wäre das nicht so, würde das Werk des Herrn Jesus nicht ausreichend sein. Deshalb sagt der Hebräerbrief: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken. Wo aber eine Vergebung derselben ist, da ist nicht mehr ein Opfer für die Sünde“ (Heb 10,17.18). Zu dem Zeitpunkt, als Christus Sühnung für unsere Sünden getan hat, lebten wir noch gar nicht. Doch in dem Moment, als wir uns zu Ihm als unserem Retter gewandt haben, sind uns alle Sünden vergeben worden. Deshalb schreibt Paulus den Kolossern: „Und euch … hat er mitlebendig gemacht mit ihm, indem er uns alle Vergehungen vergeben hat“ (Kol 2,13).
• Wie Gott uns vergeben hat: Es ist eine Sache, was Gott getan hat. Es ist eine andere Sache, wie Gott es getan hat. Die Tatsache, dass Er uns die Sünden vergeben hat, ist unfassbar. Die Art und Weise, wie Er das getan hat, ruft ebenfalls Bewunderung hervor. Paulus fordert uns auf, einander so zu vergeben „wie auch Gott in Christus euch vergeben hat“ (Eph 4,32). Das regt zum Nachdenken an, wie Gott uns vergeben hat.

Im Glauben leben – 9/2017

Seid aber zueinander gütig, mitleidig, und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat!
Nimm dir die Zeit, an der Wiederherstellung gesunder Beziehungen innerhalb der Familie zu arbeiten.
• Sei bereit, den ersten Schritt zur Wiederherstellung zerbrochener Beziehungen zu setzen.
• Sei bereit, mit deinen Angehörigen Zeit zu verbringen, damit gesunde Beziehungen entstehen können.
• Triff die Entscheidung, auch angesichts negativer Einstellungen und Gewohnheiten der anderen eine liebevolle Haltung zu bewahren.
• Sei bereit, deinen Angehörigen gegenüber ein Werkzeug der bedingungslosen Gnade und Liebe Gottes zu sein.

Handbuch für biblische Seelsorge

Dem stellt Paulus das den Glaubenden angemessene Verhalten gegenüber, das aus Gottes Haltung entspringt und an ihm sein Beispiel findet (5,1): »Seid vielmehr zueinander freundlich, barmherzig, vergebt einander, wie ja Gott in Christus euch vergeben hat.«
Auch in dieser Anordnung mag eine Abfolge verborgen sein: »Aus Güte (…) wächst barmherzige Gesinnung und daraus der Wille zur Vergebung.« Als Eigenschaft Gottes ist die »Güte«/»Freundlichkeit« nach Röm 2,4 das »geduldige Ansichhalten Gottes gegenüber den Sünden seines Volkes in der Zeit vor Christus«. Gerade angesichts von drohendem Zorn ist solch eine Haltung in besonderer Weise vonnöten.
Gleichwohl geht christliche Gesinnung über das Zurückhalten des Zorns hinaus. Der mit »barmherzig« wiedergegebene Ausdruck umschließt die Zuneigung und Liebe zum Nächsten (vgl. 2Kor 7,15). Auch sie hat ihren Grund und Anhalt in der »herzlichen Barmherzigkeit unseres Gottes« (Lk 1,78).
Schließlich nennt der Apostel das gegenseitige Vergeben (griech.: charizein), das aus der Vergebung Gottes, aus seiner Gnade (griech.: charis) erwächst. Diese wurde sichtbar »in Christus«. Wer aus dieser Vergebung lebt, weil er von dem Leben unter der Sünde befreit und gereinigt und mit Christus lebendiggemacht wurde, der kann nicht anders, als seinem Nächsten zu vergeben. Die unauflösliche Verbindung von empfangener und erwiesener Vergebung wird von Jesus im Vaterunser formuliert und im Gleichnis vom törichten Knecht (Mt 18,23.35) nachdrücklich bestärkt. Sie ist nicht bedrückendes Gesetz, sondern notwendige Folge für denjenigen, der Gottes Barmherzigkeit und Vergebung in Jesus Christus in seiner überragenden Größe empfangen hat und von ihr lebt.

Wuppertaler Studienbibel

Seid untereinander freundlich. Im Gegensatz zur Bitterkeit wird uns ein freundliches Wesen empfohlen, ein gefälliges Gebaren in Wort und ganzer Haltung. So schön werden wir uns freilich nur halten, wenn wir einen herzlich teilnehmenden Sinn für die Brüder hegen, einen Sinn, der nicht nur das Leid des anderen wie eigenes Leid empfindet, sondern der in wahrer menschlicher Gemeinschaft auch nach der anderen Seite hin alles innerlich miterlebt, was der Bruder erfährt. Das Gegenteil davon ist die Hartherzigkeit, welche die Menschen so gefühllos und roh macht, dass sie ganz kalt lässt, was anderen begegnet.
Und vergebt einer dem anderen. Es kommt vor, dass ein Mensch Zartgefühl und herzliche Anteilnahme besitzt, aber ein ihm angetanes Unrecht nicht vergessen und verzeihen kann. Solche sonst vielleicht gutmütige Naturen empfangen hier eine Mahnung, nicht an der Undankbarkeit der Menschen vielleicht doch noch zu scheitern, sondern sich versöhnlich zu beweisen. Besonders eindrücklich wird diese Mahnung durch den Hinweis auf das Vorbild Gottes selbst, der uns durch Christum viel mehr vergeben hat, als ein Bruder dem anderen vergeben kann (vgl. Kolosser 3, 5).

Jean Calvin – Der Brief an die Epheser

„Ablegen“ müssen die Christen dagegen alle Bitterkeit und Grimm (thymos, „Ausbrüche von Wut“) und Zorn (orgE, „dauernder Unmut“) und Geschrei (kraugE) und Lästerung (blasphEmia) sowie alle Bosheit (kakia). Mehrere dieser Laster finden sich auch in Kol 3,8 .Ihnen folgen drei positive Gebote: (1) „Seid aber untereinander freundlich“ (chrEstoi, wörtlich: „so wie es die Not erfordert oder ihr angemessen ist“); (2) „seid herzlich“ (eusplanchnoi; das Wort steht im Neuen Testament nur noch in 1 Petrus 3,8; vgl. splanchnoi, „Gefühle oder Zuneigung“, in 2Kor 6,12; 7,15; Phil 1,8;2,1; Kol 3,12; Phim1,7.12.20; 1Joh 3,17); (3) „und vergebt einer dem andern“ (wörtlich: „seid gnädig“, charizomenoi, das Partizip des Verbs charizomai, „großzügig geben“ oder „huldvoll geben“). Die Begründung all dieser positiven Gebote ist, daß auch Gott den Gläubigen in Christus freundlich (Eph 2,7), herzlich (Mk 1,41) und gnädig ( Röm 8,32 ) gegenübertritt.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Das war harte und bestimmt auch befriedigende Arbeit.

Ich unternahm große Werke: Ich baute mir Häuser, ich pflanzte mir Weinberge; ich machte mir Gärten und Parkanlagen, und pflanzte darin Bäume von allerlei Frucht; ich machte mir Wasserteiche, um daraus den mit Bäumen sprossenden Wald zu bewässern.
Elberfelder 1871 – Kohelet 2,4–6

So schuf ich mir denn große Dinge; ich baute Häuser, pflanzte Weinberge zu meiner Lust.
Ich legte Gärten mir und Parke an, bepflanzte sie mit Bäumen jeder Frucht.
Ich schuf mir Teiche, um aus ihnen junge Parkanlagen zu bewässern.
Grünewald – Prediger 2,4–6

Ich nahm große Projekte in Angriff. Ich baute mir Häuser, pflanzte Weingärten für mich. Ich legte mir Gärten und Parks an und pflanzte darin Obstbäume aller Art. Ich legte mir Wasserteiche an, um damit einen Wald mit prächtig wachsenden Bäumen zu bewässern.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Prediger 2:4–6

Wenn wir die Verse im Zusammenhang lesen – kommen wir dann zu dem Schluß das Salomo selber gebaut hat – oder war es „nur so“ dass Salomo bauen ließ, und er der Geldgeber war?
Eine „religiöse Zeitschrift“ kommt zu folgendem Schluß:

Salomo bezeichnete die Freude, die man durch Arbeit gewinnen kann, als „Geschenk Gottes“ (Pred. 5:18, 19). Salomo wusste, wovon er sprach. Er hat Beachtliches geleistet. Er baute Häuser, pflanzte Weingärten und legte Parks und Wasserteiche an. Auch baute er Städte (1. Kö. 9:19; Pred. 2:4-6). Das war harte und bestimmt auch befriedigende Arbeit. Aber für Salomo waren diese Projekte allein nicht der Schlüssel zum Glück.

Der Wachtturm 2022

Also schauen wir uns noch andere Kommentare an:

2,4 Häuser … Weinberge Häuser und Weinberge waren ein Bundessegen (5.Mose 6,11; Jes 65,21; Jer 32,15).
2,5 Gärten … Fruchtbäume Die Sprache erinnert an den Garten Eden (1.Mose 2,9) und betont, wie prachtvoll die Bauprojekte des Predigers waren.
2,6 Wasserteiche … sprossenden Das hebräische Wort für „bewässern“ (šāqāh) findet sich in 1.Mose 2,6.10 und das Wort für „sprießen“ (ṣāmaḥ) in 1.Mose 2,9. Das ruft das Bild von Eden wach.

Reformations-Studien-Bibel

2:4 baute Häuser: Zu Salomos größten architektonischen Leistungen gehörten der Bau des Tempels, der „Haus des Herrn“ genannt wurde, und ein Komplex von Königspalästen (1. Könige 6,1; 7,1-8). Weinberge: Sie wurden auf Salomos königlichen Ländereien angepflanzt (Hohelied 8:11; vgl. 1 Chron 27:27).
2:5 Gärten und Parks: Orte des friedlichen Rückzugs und der Erholung. Im Hohelied Salomos dient der Garten des Königs als Paradies für Liebende (Lied 6:2; 8:13).

The Ignatius Catholic Study Bible

Bei seiner empirischen Untersuchung über den Wert des Vergnügens ließ er nichts aus, was ihm verheißungsvoll erschien. Da er der reichste und mächtigste Mann war, der je zu Jerusalem (V. 9 ; vgl. 1Kö 10 ) gelebt hatte, umgab er sich mit prunkvollen Gebäuden und Weinbergen ( Pred 2,4 ,vgl. 1Kö 7,1-11 ), üppigen Gärten und Lustgärten ( Pred 2,5 ), voller Bäume (V. 5-6 ), zahlreichen Knechten und Mägden (V. 7 ; vgl. 1Kö 10,5 ), die ihm stets zu Diensten standen, Sänger und Sängerinnen ( Pred 2,8 ), die seinem Bedürfnis nach Kunst und Unterhaltung entgegenkamen, sowie einem riesigen Harem ( Frauen in Menge , V. 8 ; vgl. 1Kö 11,1-3 ), wo für seine körperlichen Bedürfnisse gesorgt wurde. Ferner umgab er sich mit Reichtümern; hierzu zählten vor allem große Herden von Rindern und Schafen ( Pred 2,7 ) und gewaltige Mengen von Silber und Gold (V. 8 ; vgl. 1Kö 10,14-15.27 ), von dem er sich alles kaufen konnte, was seine Augen wünschten und was sein Herz mit Freude erfüllte ( Pred 2,10 ).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Nun fängt er an, die Dinge nacheinander aufzuzählen, die seinen Möglichkeiten offenstanden und die er ausprobiert hat, alles, woran der Mensch Lust und Gefallen finden kann (-Verheij sieht hierin den Versuch, das verlorene Paradies wiederzugewinnen.-) : Er baute Häuser (- Dazu zählen wohl insbesondere die Palastanlagen, aber auch sonstige Bauten, Festungsanlagen und ganze Städte, für die Salomo als Bauherr bezeugt wird (vgl. 1Kö 7,1–12; 9,15–19). -) nach Herzenslust, betrieb Weinbau (- Königliche Weinberge sind schon für die Zeit Davids bezeugt, vgl. 1Chr 27,27. -), schuf herrliche Parkanlagen (- Das hebr. Wort für »Park« ist das bekannte Lehnwort »Paradies« aus dem Persischen. -) mit edelsten Früchten und reichlicher Bewässerung (- Die sogenannten »Teiche Salomos« im Wadi Atan, vier km südwestlich von Bethlehem, wurden nicht von Salomo, sondern erst von Herodes d.Gr. gebaut, um die Wasserversorgung im Jerusalemer Tempel sicherzustellen. Die Verbindung mit Salomo kam erst im 16. Jahrhundert auf. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß an dieser Stelle ältere Parkanlagen vorhanden waren, die bis auf die salomonische Zeit zurückgehen können. -) mitten in der sonst eher kargen Landschaft, wo man das Wasser sonst nur zum Trinken brauchte. Stolz konnte er so auf seine Leistung schauen, die nicht nur ihm, sondern auch der ganzen Bevölkerung gefallen mußte und Wohltat. Unter heutigen Gesichtspunkten wäre Kohelet u.a. als Architekt, Städte- und Landschaftsplaner in die Geschichte eingegangen.
Kohelet suchte aber nicht nur in der gestalterischen Superlative Befriedigung. Er wollte sich auch am umfangreichen Besitz erfreuen, über den er uneingeschränkt herrschen konnte: Zahllose Sklaven (- Sklaven, die im Hause geboren werden, werden anders bewertet als die durch Schuldsklaverei erdingten. Die mosaische Sklavenordnung ist hier offensichtlich vorausgesetzt. -), riesige Viehherden, haufenweise Edelmetalle und sonstige Besitztümer. Ihre schier unermeßliche Anzahl ist Ausdruck unvergleichlichen Reichtums und der Macht. Der Reiche konnte sich auch eigene Chöre leisten und Musik genießen. Er konnte sich alles gönnen bis hin zum Sinnenrausch der Sexualität mit wechselnden Geschlechtspartnern. (- Vgl. 1Kö 11,1–3. Die Frage der ethischen Zulässigkeit von Polygamie und Promiskuität steht hier nicht zur Debatte. Für Kohelet und viele Menschen des AT war es selbstverständlich, daß ein Mann, der die finanziellen Mittel dazu hatte, sich auch mehrere Frauen »leisten« konnte. Der Geschlechtstrieb wird in keiner Weise negativ gesehen. Von dieser kulturell-gesellschaftlichen Tatsache zu unterscheiden ist die theologische Bewertung, ob solche Einstellung dem Willen Gottes entspricht. Wie Jesus in Auseinandersetzung mit den Pharisäern deutlich macht, war der Schöpferwille von Anfang an auf die exklusive Zweiheit von Mann und Frau ausgerichtet (Mt 19,4–6), wozu dann auch die lebenslängliche Treue gehört. -) Alles stand ihm uneingeschränkt zur Verfügung, ein Genuß, von dem der Arme sein Leben lang nur träumt – bis dahin, daß sein eigenes Ansehen und sein Ruhm alles bisher in Jerusalem bekannte übertraf. Dabei hat das verwöhnende Genuß-Leben nicht einmal seine Weisheit beeinträchtigt. (- Kohelets Vorhaben, sich selbst kritisch zu begleiten und zu kontrollieren, wird damit bestätigt. Er scheint sich in der Hingabe an den Lebensgenuß nicht völlig selbst vergessen und verloren zu haben. -)
Alles, was ihm irgendwie begehrenswert erschien, hat sich Kohelet gegönnt – und er hat Freude daran gehabt, Befriedigung erlebt. Die Mühe, die er hineingesteckt hat, um solche Freuden zu erleben, hat sich für ihn ausgezahlt. Darin ist er ganz ehrlich. (- An solcher Ehrlichkeit fehlt es manchen Christen, die ähnliche Sinnesfreuden in sich spüren, aber nicht zugeben und nicht zulassen, weil sie in ihren Augen nicht sein dürfen. Kohelets nachfolgendes Urteil (V. 11) wird damit nicht als geistliche Bewertung gesehen, sondern als Beschreibung unserer Lebenswirklichkeit mißverstanden. -)

Wuppertaler Studienbibel

Salomo hatte die Mittel und die Autorität, so ziemlich alles zu tun, was sein Herz begehrte. Er beschloss, sein eigenes Herz zu testen, um zu sehen, wie es auf zwei sehr häufige Erfahrungen im Leben reagieren würde: Vergnügen (1-3) und Arbeit (4-11).

Genießen (2,1-3). Das hebräische Volk glaubte zu Recht, dass Gott den Menschen dazu geschaffen hat, die Segnungen seiner Schöpfung zu genießen (Ps. 104 und 1 Tim. 6:17). Die Erntezeit war für sie eine freudige Zeit, in der sie den Segen Gottes für ihre Arbeit ernteten. Am Ende seines Buches ermahnt Salomo seine Leser, Gottes Segnungen in den Jahren ihrer Jugend zu genießen, bevor das Alter kommt und der Körper zu zerfallen beginnt (12,1ff). Achtmal verwendet Salomo im Buch Kohelet das hebräische Wort für „Vergnügen“. Es ist also offensichtlich, dass er Gott nicht als himmlischen Spielverderber betrachtete, der genau darauf achtet, dass sich niemand amüsiert.

Salomo erwähnte ausdrücklich Wein und Lachen als zwei Quellen des Vergnügens, die er in seinem Experiment nutzte. Man braucht nur wenig Phantasie, um sich den König in seinem prächtigen Festsaal vorzustellen (1. Könige 10,21), wo er erlesene Speisen aß (1. Könige 4,22-23), den besten Wein trank und die begabtesten Unterhaltungskünstler beobachtete (2,8b). Aber als die Party vorbei war und König Salomo sein Herz untersuchte, war es immer noch unzufrieden und leer. Vergnügen und Heiterkeit waren nur Eitelkeit, wie viele Seifenblasen, die schnell zerplatzen und nichts zurücklassen.

Vielleicht beneideten viele der Diener des Königs Salomo und wollten mit ihm tauschen, aber der König war unglücklich. „Sogar beim Lachen ist das Herz traurig“, schrieb er in Sprüche 14:13, „und das Ende der Fröhlichkeit ist Schwermut.“

Die Welt von heute ist vergnügungssüchtig. Millionen von Menschen sind bereit, fast jeden Preis zu zahlen, um „Erlebnisse zu kaufen“ und vorübergehend den Belastungen des Lebens zu entkommen. Zwar ist gegen unschuldigen Spaß nichts einzuwenden, doch wer sein Leben nur auf der Suche nach Vergnügen aufbaut, wird am Ende enttäuscht sein.

Warum? Zum einen wird das Streben nach Vergnügen in der Regel zu einem egoistischen Bestreben, und Egoismus zerstört die wahre Freude. Menschen, die für das Vergnügen leben, beuten oft andere aus, um das zu bekommen, was sie wollen, und sie enden mit zerbrochenen Beziehungen und leeren Herzen. Menschen sind wichtiger als Dinge und Vergnügen. Wir sollen Kanäle sein, nicht Reservoirs; die größte Freude kommt, wenn wir Gottes Freuden mit anderen teilen.

Wenn Sie nur für das Vergnügen leben, wird das Vergnügen abnehmen, es sei denn, die Intensität des Vergnügens nimmt zu. Dann erreicht man einen Punkt, an dem der Nutzen abnimmt, wenn man nur noch wenig oder gar kein Vergnügen mehr hat, sondern nur noch Unfreiheit. Je mehr man zum Beispiel trinkt, desto weniger Vergnügen hat man dabei. Das bedeutet, dass sie mehr und stärkere Getränke zu sich nehmen müssen, um Vergnügen zu haben; das traurige Ergebnis ist Verlangen ohne Befriedigung. Ersetzen Sie Alkohol durch Drogen, Glücksspiel, Sex, Geld, Ruhm oder ein anderes Streben, und das Prinzip wird sich bewahrheiten: Wenn das Vergnügen allein im Mittelpunkt des Lebens steht, wird das Ergebnis letztendlich Enttäuschung und Leere sein.

Es gibt einen dritten Grund, warum Vergnügen allein niemals Befriedigung bringen kann: Es spricht nur einen Teil der Person an und ignoriert das gesamte Wesen. Das ist der Hauptunterschied zwischen seichter „Unterhaltung“ und echtem „Vergnügen“, denn wenn der ganze Mensch einbezogen wird, gibt es sowohl Vergnügen als auch Bereicherung. Unterhaltung hat ihren Platz, aber wir müssen bedenken, dass sie uns nur hilft, dem Leben vorübergehend zu entkommen. Wahres Vergnügen bringt nicht nur Freude, sondern bildet auch den Charakter, indem es den ganzen Menschen bereichert.

Beschäftigung (2,4-11). Als Nächstes beschäftigte sich Salomo mit allen möglichen Projekten, in der Hoffnung, etwas zu entdecken, das das Leben lebenswert machen würde. Er begann mit großen Bauwerken (4-6), darunter Häuser (1. Könige 7), Städte (2. Chronik 8,4-6), Gärten, Weinberge, Obstplantagen und Wälder (1. Könige 4,33) sowie die zu ihrer Versorgung erforderlichen Wassersysteme. Natürlich beaufsichtigte Salomo auch den Bau des Tempels (1. Könige 5ff), eines der größten Bauwerke der antiken Welt.

Er hatte nicht nur Werke, sondern auch Arbeiter (7a). Er hatte zwei Arten von Sklaven: solche, die er kaufte, und solche, die in seinem Haushalt geboren wurden. Er hätte auch hinzufügen können, dass er 30.000 jüdische Männer „eingezogen“ hatte, um an verschiedenen Projekten zu arbeiten (1. Könige 5,13-18). Sein Vater David hatte die Fremden im Lande eingezogen (1. Chronik 22,2), aber Salomo zog seine eigenen Leute ein, und das Volk nahm ihm das übel (siehe 1. Könige 12).

Natürlich häufte Salomo Reichtum an (7b-8a), sowohl in Form von Herden (1. Könige 8,63) als auch von Gold und Silber (1. Könige 4,21 und 10,1ff). Er war der reichste und weiseste Mann auf der ganzen Welt, und doch war er unglücklich, denn Aktivität allein bringt keine dauerhafte Freude.

Es kann Freude machen, große Projekte zu verwirklichen, aber was geschieht, wenn die Aufgabe beendet ist? Salomo fand Freude an all seiner Arbeit (2,10); aber als er danach all seine Werke betrachtete, sah er nur „Eitelkeit und Verdruss des Geistes“ (2,11). Die Reise war ein Vergnügen, aber das Ziel brachte Schmerz. „Erfolg ist so lange verheißungsvoll, bis man ihn hat“, sagte der amerikanische Prediger Henry Ward Beecher, „und dann ist er ein Nest des letzten Jahres, aus dem die Vögel ausgeflogen sind.“

Wir dürfen daraus nicht schließen, dass Salomo die Arbeit an sich verurteilt, denn Arbeit ist ein Segen Gottes. Adam hatte im Garten zu arbeiten, noch bevor er sündigte. „Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bearbeite und hüte“ (Gen 2,15, NIV). Im Buch der Sprüche pries Salomo den Fleiß und verurteilte die Faulheit, denn er wusste, dass jede ehrliche Arbeit zur Ehre Gottes getan werden kann (1. Korinther 10,31). Aber Arbeit allein kann das menschliche Herz nicht befriedigen, auch wenn sie noch so erfolgreich ist (Jes 55,2).

Dies hilft uns zu verstehen, warum viele erfolgreiche Menschen unglücklich sind. Ambrose Bierce nannte Leistung „den Tod des Strebens und die Geburt des Ekels“. Dies ist häufig der Fall. Der Streber ist oft ein Mensch, der versucht, sich selbst zu entkommen, indem er zum Workaholic wird, und das führt nur zu Enttäuschungen. Wenn Workaholics in den Ruhestand gehen, fühlen sie sich oft nutzlos und sterben manchmal aus Mangel an einer sinnvollen Tätigkeit.

Warren W. Wiersbe -Sei Commentary Series