Denn der Herr, Jehova, tut nichts, es sei denn, daß er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, geoffenbart habe. – Der Löwe hat gebrüllt, wer sollte sich nicht fürchten? Der Herr, Jehova, hat geredet, wer sollte nicht weissagen?
Elberfelder 1871, Amos 3,7–8
Denn der Herr, Jehova, tut nichts, es sei denn, daß er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, geoffenbart habe. – Der Löwe hat gebrüllt, wer sollte sich nicht fürchten? Der Herr, Jehova, hat geredet, wer sollte nicht weissagen?
Paderborner Bibel – Amos 3,7–8
Fürwahr! der Herr Jehova thut nichts, er habe denn zuvor seinen Rathschluss durch seine Diener, die Propheten, kund gemacht. Der Löwe brüllet, wer sollte sich nicht fürchten? Der Herr Jehova redet, wer sollte nicht weissagen?
van Ess_1858 – Am 3,7–8
So wie ein Ereignis nicht geschieht, wenn nicht vorher ein anderes notwendiges Ereignis eingetreten ist, so tut Gott der HERR nichts im Blick auf die Geschichte Israels, ohne zuerst seinen Plan seinen Dienern, den Propheten, zu offenbaren . Aber wenn diese Offenbarung einmal geschehen ist – wenn der Löwe gebrüllt und angegriffen hat (vgl. Am 1,2; Hos 5,14; 11,10; 13,7 ), wenn Gott der HERR gesprochen hat – dann wird das Gericht Israels ohne Zweifel folgen.
Vor den größeren Ereignissen in der Geschichte Israels stehen gewöhnlich Offenbarungen Gottes. Selten handelte er, ohne zuerst durch einen Propheten eine Warnung ausgesprochen zu haben. Ahija sagte die Teilung des salomonischen Reiches voraus ( 1Kö 11,29-39 ; erfüllt in 1Kö 12,16-21 ). Ein unbekannter Prophet sprach über die Reform Josias ( 1Kö 13,1-2 ; erfüllt in 2Kö 23,15-20 ). Ahija kündigte den Tod von Abija und das Ende der Dynastie Jerobeams I. an ( 1Kö 14,1-6 ; erfüllt in 1Kö 14,17-18; 15,29 ). Elia weissagte über den Tod von Ahab und Isebel und die Auslöschung der Nachkommen Ahabs ( 1Kö 21,17-24 ; erfüllt in 1Kö 22,29-37; 2Kö 9,30-10,11 ). Elia sagte auch die Niederlage Moabs durch Joram und Joschafat voraus ( 1Kö 3 ). Elisa wiederholte die Weissagung Elias über den Untergang der Dynastie Ahabs ( 2Kö 9,7-10 ). Jerobeam II. gewann verlorenes israelisches Gebiet zurück in Erfüllung einer in der Bibel nicht festgehaltenen Weissagung Jonas ( 2Kö 14,25 ).
Jesaja sagte die Niederlage der Assyrer bei ihrem Versuch, Jerusalem zu erobern, voraus ( 2Kö 19,5-7.20.32-34 ; erfüllt in 2Kö 19,35-37 ) und die Verlängerung des Lebens von Hiskia ( 2Kö 20,1-11 ). Judas Exil in Babylon (erfüllt in 2Kö 24-25 ) wurde immer wieder angekündigt – Jesaja verkündete es gegenüber Hiskia ( 2Kö 20,16-18 ), ein unbekannter Prophet gegenüber Manasse ( 2Kö 21,10-15 ) und die Prophetin Hulda gegenüber Josia ( 2Kö 22,14-20 ). Jesaja schließlich sagte voraus, daß Kyrus den Wiederaufbau des Tempels anordnen werde ( Jes 44,28 ; erfüllt in Esr 1 ).
Immer wieder hat der Herr seine Pläne im voraus seinen Dienern, den Propheten, offenbart. Die Ankündigung konnte um Jahre oder sogar Jahrhunderte vor dem Ereignis liegen, aber die Erfüllung war gewiß. Wer könnte, da der Herr nun in seinem Gericht wie ein Löwe gebrüllt hat, das Ende nicht fürchten? Was anders könnte Amos tun, da Gott ihm sein Vorhaben offenbart hat, als Gottes Botschaft zu weissagen?
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Spannende Beispiele – wenn ein Prophet Jehovahs etwas sagt, dann trifft das zu 100% zu! Da kommen keine Sätze, wie „einige von uns haben gedacht…, aber das war leider nicht richtig“! Ein Prophet Jehovahs irrt sich nicht! – Er spricht einfach NICHT, wenn er keinen Auftrag von Jehovah hat 😉
„Geschieht in der Stadt ein Unheil, ohne dass Jahve es getan hat? Jedoch nichts tut Adonai Jahve, Er habe denn zuvor seinen Knechten, den Nabiim, seinen geheimen Ratschluss (סֹודֹֽו) enthüllt. Es brüllt der Löwe, wer fürchtet sich nicht? Adonai Jahve redet, wer sollte nicht Prophet (Nabi) sein?“ Am 3, 6-8.
An jedem Wendepunkt der Geschichte Israels stand immer der Prophet. Gott erweckte ihn mit jedem ersten Wetterleuchten am politischen Horizont des allgemeinen Weltgeschehens, damit er den Trunkenen, Sorglosen und Schlafenden innerhalb seines Volkes die nahende Gefahr deute. Dabei wuchs die innere Größe und die Kraft seines Wortes stets mit dem Widerspruch seines Volkes. Je heftiger man ihn und seine empfangene Offenbarung bekämpfte, desto stärker wurde seine Persönlichkeit, desto wuchtiger gestaltete sich seine Botschaft. Ein Jeremia ist nur denkbar in der dunkelsten und entscheidungsvollsten Nacht der Geschichte Israels. Lieber erlag der Prophet als Zeuge der Wahrheit der politischen Macht und dem blinden Fanatismus seines Volkes, als dass er von dem Leben und dem Tode schwieg, zwischen denen Israel zu entscheiden hatte. Tritt er auf, dann wird die Geschichte seines Volkes ihn nicht wieder los. In der Stellungnahme zu seinem Wort entscheidet das Volk hinfort über das Wohl und Wehe seiner nächsten oder ferneren Zukunft.
Dieses Gepräge trägt bereits in seinem Dienst der erste unserer kanonischen Schriftpropheten. Es ist Amos, der Kleinviehhirte von Thekoa. Es war eine kleine Stadt, die etwa zwei Stunden südlich von Bethlehem lag, deren Ruinen heute noch erhalten sind. Hier lebte er, nicht „als begüterter Herdenbesitzer”, sondern als Schafzüchter und Sykomorenpflanzer! Offenbar besaß Amos solch eine Maulbeerfeigenpflanzung in der Sephela, d. h. in dem vorgelagerten Hügelland, das den Übergang von der Jordanebene zu dem Gebirge Juda bildete. Hier durchzog er als Hirte (wie es noch heute überall im Gebirge Juda geschieht, mit seiner Herde die verschiedenen Gegenden und führte nach dem uralten Brauch seiner Väter ein gewöhnliches Nomadenleben.
Was seine Eltern veranlasste, ihm den Namen Amos) d. h. „Träger” oder „Last” zu geben, wird uns nirgends angedeutet. Vielleicht lässt aber auch schon sein Name darauf schließen, dass er in ärmlichen Verhältnissen geboren worden war. Dieser Mann erlebte in der Einsamkeit seines Hirtenlebens eine göttliche Berufung. Hinfort sah er sich vom Herrn nach Bethel in Nordisrael als Prophet gesandt. Er selbst war Judäer und die Zeit seiner prophetischen Mission fiel in die Regierungsjahre des Königs Ussia von Juda, und in die Jerobeams II., des Königs von Nordisrael, und zwar „zwei Jahre nach dem Erdbeben‘. Beide regierten etwa in den Jahren 782- 741 v. Christus. Nach W. Nowack fiel das Auftreten Amos wahrscheinlich in die letzte Hälfte der Regierungszeit Jerobeams II.
Was war das für ein Wetterleuchten, das Amos von seiner Steppeneinsamkeit her im Norden plötzlich auf-leuchten sah und dem er auf Grund prophetischer Schau die Deutung eines herannahenden Gerichts für Nordisrael geben musste? Stand doch gerade das Nordreich unter Jerobeams II. starker politischer Führung außer jeder Gefahr. Es erlebte in jener Zeit eine Glanzperiode, wie sie Israel seit den Tagen Davids nicht mehr erlebt hatte. Karl Friedrich Keil bemerkt daher: „Unter diesen Königen standen beide Reiche auf dem Gipfel ihrer Macht. Uzija hatte die Edomiter vollständig unterworfen, die Philister ganz unterjocht und auch die Ammoniter tributpflichtig gemacht, Jerusalem stark befestigt und ein mächtiges Heer sich gebildet, so dass sein Name bis nach Ägypten hin gelangte. Jerobeam hatte die Syrer völlig überwunden und die ursprünglichen Grenzen des Reiches von der Gegend von Hamat bis an das Tote Meer wieder hergestellt. Nachdem die Macht der Syrer gebrochen war, hatte Israel keinen Feind zu fürchten, denn Assyrien war damals noch nicht als erobernde Macht aufgetreten.”
Unsere obige Frage zwingt uns daher, etwas auf die geschichtliche Entwicklung, die sozialen Zustände und das religiöse Leben Nordisraels einzugehen. Nordisrael war als selbständiger Staat die Schöpfung einer politisch-sozialen Revolution. Nach dem Tode Salomos hatte dessen Sohn Rehabeam in Sichem eine große Dummheit begangen. Anstatt die schweren Lasten, unter die das Volk durch die kostbaren Bauten und das luxuriöse Leben seines Vaters Salomo gekommen war, zu erleichtern, ließ er dem in Sichem zu einer Reichstagung versammelten Volke sagen: „Mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt, ich will euch mit Skorpionen züchtigen.“
Das war der Auftakt zur Reichsspaltung unter der politischen Führung Jerobeams I. gewesen. Dieser war aus Ägypten, wohin er als Revolutionär in den Tagen Salomos geflohen war, zurückgekehrt und zehn Stämme des bis dahin vereinigten Königtums ernannten ihn zu ihrem königlichen Führer.
Er suchte nun zur Festigung des Zehnstämmereiches eine sehr zielbewusste Innenpolitik zu führen. Zu dem Zweck löste er den religiösen Kultus vom Zentralheiligtum in Jerusalem und erbaute Stier-Altäre in Bethel und Dan Beide Orte waren schon zu Eli’s und Samuels Zeiten uralte geheiligte Stätten des Jahvekultus gewesen. Aber ihm war es weniger um eine wirkliche Verehrung Jahves zu tun, sondern um die zielbewusste Pflege einer nordisraelitischen Nationalreligion. So trieb er Frevel am Heiligsten zur Hebung seiner politischen Macht. Sein Manifest lautete: „Ihr seid nun lange genug nach Jerusalem gepilgert! Da hast du deine Gottheit, Israel, die dich aus Mizrajim geführt hat!”
Eine solche unheilige Saat schuf eine ihrem Geist entsprechende geschichtliche Frucht. Unter seinem Sohn ging bereits seine Dynastie durch eine Militärrevolution zugrunde. Der Kriegsoberste Baesa, der Sohn Achijas aus dem Stamme Issaschar, riss den Thron über das Nordreich an sich. Aber auch dessen Dynastie war ohne Bestand. Bereits sein Sohn Eia wurde während eines Zechgelages von seinem Diener Simri erschlagen. Auch dieser fiel wiederum durch Mörderhände. Um eine festere Hand für das Land zu bekommen, das sich mehr und mehr in chaotische Zustände aufzulösen drohte, erwählte das Zehnstämmereich im Jahre 884 den Heerobersten Omri zum König.
Ihm schien es zu gelingen, dem Volke vorübergehend Ruhe und einen wirtschaftlichen Aufstieg zu geben. Er schuf die Hauptstadt Samaria und suchte ein politisches Bündnis mit Tyrus. Die politische Freundschaft ging so weit, dass er eine Tochter Etbaals, des Königs von Tyrus, seinem Sohne Ahab zum Weibe gab. Dies war Isebel, die auch den tyrischen Baalkultus mit nach Samaria brachte. Ahabs Gewissen war weit genug, solch einen religiösen Synkretismus im Lande Jahves zu stützen und zu fördern. Die Thora Israels musste zurücktreten vor den Zielen der äußeren Politik. Erst der Staat, dann der Tempel! In Ahabs Tagen begann nun ein Kampf zwischen Prophet und König, wie Israels Geschichte ihn bisher kaum gekannt hatte. Dieser Kampf ist hinfort nicht mehr zur Ruhe gekommen. So wurde es für Ahab und seinem Hause zum Verhängnis, dass ein Prophet in sein Leben trat, der stärker war als er. Dies war Elia. In dem Kampf des Königs gegen das Wort Jahves, das dieser zu bringen hatte, brach mit Ahab auch dessen Dynastie zusammen.
Durch den von Elia oder einem Prophetenschüler gesalbten Jehu, dem Feldhauptmann Jorams, einem zweiten Sohn Ahabs, wurde das ganze Haus Ahabs in fürchterlicher Weise ausgerottet. Zwar hatte Jehu zu gleicher Zeit auch mit allen Baalspriestern und heidnischen Kultusstätten aufgeräumt. Jedoch die positive Kraft, ein neues Israel zu schaffen, fehlte auch ihm. Auch eine politische Hebung des Nordreiches wollte ihm nicht recht gelingen. Erst seinem Enkel Joas, der stark unter dem Eindruck des Propheten Elisa stand, gelang es, das Nordreich mehr vom Druck der Aramäer frei zu machen. Zu Ende führen konnte es jedoch erst dessen Sohn Jerobeam II.
Diesem Herrscher gelang es, ganz Nordisrael von allen Feinden so zu befreien, dass das ganze Land einen machtpolitischen und wirtschaftlichen Aufstieg nehmen konnte wie nie zuvor. Nur in den Tagen Davids glichen die Landesgrenzen denen des jetzigen Zehnstämmereiches. So schwer die Thronwirren und Blutschanden des Zehnstämmereiches in seiner bisherigen Vergangenheit auch gewesen waren, die Davidische Macht schien in Jerobeam II. auf Nordisrael übergegangen zu sein. Die Geschichte setzte sich scheinbar über das Gesetz, dass nur die Gerechtigkeit ein Volk erhöht, einfach hinweg. J. J. Valeton bemerkt daher: „Während durch die wiederholten Feldzüge des assyrischen Königs Salmanasser III. (783-773) und Assurdanil (773-755) Syrien völlig machtlos war, konnte Jerobeam II. im Norden und Osten die Grenzen des alten Davidischen Reiches wieder herstellen. Große Reichtümer flössen dabei Israel zu.”
Dieser ungeheure Aufstieg führte zu einem nie dagewesenen Leben der Selbstsicherheit, der Genusssucht und der offiziellen Pflege der Nationalreligion. Alle drei Gebiete standen unter Jerobeam II. in höchster Blüte. So stark vieles auch nur politische Spekulation mit der israelitischen Volksfrömmigkeit war, aber „überall im Lande” sagt Valeton, „rauchten die Altäre. In Bethel und in Samaria, in Dan und Gilgal und wer weiß in wieviel anderen Orten waren Heiligtümer, die miteinander wetteiferten, den vermeintlichen nationalen Kultus anziehend zu gestalten. Man wallfahrtete sogar nach dem uralten Heiligtum von Berseba im Süden von Juda. Zu Ehren der Gottheit wurden überall lärmende, sinnliche Feste gefeiert, Lieder erschallten, Harfen und Lautenspiel erklang; die Zehnten wurden gebracht, selbst in übertriebener Weise. Man beobachtete so pünktlich die Sabbate, die „Verbotstage”, die Neumonde und man sollte nicht fromm sein! Dabei schien Israel denn auch wieder in Jahves Gunst zu sein. In der ersten Zeit nach der Aufrichtung des ausschließlichen Jahve-Dienstes war man zwar unglücklich geblieben. Mit wieviel Selbstzufriedenheit und Stolz konnte man nun aber auf die Siege sehen, die endlich doch errungen worden waren, und auf die Wendung, die die politische Lage schließlich genommen hatte. Jahve hatte freilich lange genug warten lassen, aber mit großer Gewissheit kann man nun doch erklären, dass Jahve mit Israel ist.”
Diese innere Glanzzeit und außenpolitische Ruhe machten das Volk trunken von sich selbst und hüllten es in eine nationale Selbstsicherheit, durch die es blind wurde für die verborgenen Vorgänge in der außenpolitischen Geschichte. Nachdem Syriens Herrschaft so vollständig zusammengebrochen war, und von Assur her man nichts zu befürchten hatte, schien das Leben Nordisraels auch außer jeder politischen Gefahr zu stehen. Nur völlig erloschene Vulkane ruhen. Aber weder Aram, noch weit weniger Assur waren erloschene Völker. Sie trugen in ihrem Innern Kräfte, die sich zur gegebenen Stunde in ungeahnter Stärke wieder regen und Schrecken und Verderben unter die Nachbarvölker tragen konnten.
So geschah es, als etwa 745 Tiglath-Pilesar III. den assyrischen Thron bestieg. Es war der König Phul in den Büchern der Könige. Diesem kühnen und fähigen Herrscher gelang es, die Macht Babylons bereits nach fünf Monaten so zu brechen, dass er sich den Herrschertitel aneignen konnte: „Herr von Assyrien und Babylonien”. Auch die medische Macht konnte seinem Ansturm nicht standhalten. Sie erlag ebenfalls im folgenden Jahre seinen machtpolitischen Unternehmungen.
Nun ist es nicht unwahrscheinlich, sagt sehr treffend Valeton, „dass das Auftreten dieses Tiglath-Pilesar für Amos die Erscheinung gewesen ist, in der er die rufende Stimme Gottes hörte, und die ihn dann zu seiner prophetischen Wirksamkeit veranlasste. Was der König und die Fürsten nicht sahen, das sah der Prophet; was sie nicht begriffen, dessen Bedeutung durchschaute er: der Vollstrecker des Gerichts ist da. In der Geschichte des Propheten Jeremias haben wir etwas Ähnliches. Das Jahr 605, das Jahr des Auftretens von Nebukadnezar und der Schlacht von Karchemis bildet in dem Leben und in der Predigt dieses Propheten ein entscheidendes Moment. Was ihm bisher mehr oder minder unbestimmt vor der Seele geschwebt, bekommt Leben und Gestalt. Jeremias weiß es, auch bevor Nebukadnezar noch etwas gegen Juda unternommen hat: er ist der Feind aus dem Norden, Jahve hält das Gericht bereit. Etwas Ähnliches sieht Amos in dem Auftreten des Tiglath-Pilesar. Wir werden bald in seiner Predigt die versteckten Andeutungen davon merken können. Er hat darin das Brüllen des Löwen gehört, und er hat die Stimme Jahves darin vernommen, und sein Beruf als Prophet war ihm klar.”
Das war die weltgeschichtliche Stunde, in die Amos Berufung zum Propheten fiel. Für eine große Zeit ein kleiner Mann! Aber für Gott ist nicht entscheidend die Größe der menschlichen Persönlichkeit, sondern die Hingabe an seine Sendung und Offenbarung. „Denn nicht,” sagt sehr fein W. Nowack, „durch seine politische Kombinationsgabe, sondern durch die in ihm auftauchende und von Jahve gewirkte Gewissheit kommt Amos zu seiner Predigt von Israels Untergang.”
Gott braucht für seine prophetischen Missionen nicht Träger der Geschichte, sondern von Ihm erleuchtete Dolmetscher derselben. Geschichte macht Er in seiner Souveränität und Machtfülle. Damit die Völker aber Ihn in seinem verborgenen Walten sehen, Ihn in seinen Heilsabsichten verstehen und Ihm in freier Hingabe dienen möchten, dazu beruft Er zum Heil der Völker seine Propheten. Ihr Mund soll künden, was Völker nicht sehen, und deuten, was Völker nicht verstehen. Ob der Prophet Gericht oder Gnade im Worte Jahves zu künden hatte, Ziel seiner Mission war immer das Erkennen der Wirklichkeit und der Herrschaft Gottes zum Heil der Welt. Durch die Mission des Propheten suchte die Barmherzigkeit bis zur letzten Möglichkeit zu triumphieren über die Blindheit der Völker und über das Gericht menschlicher Geschichte.
Es war daher Gnade, wenn an jedem kritischen Wendepunkt der Geschichte des berufenen Gottesvolkes ein Prophet auftrat. Diese Gnade stellte jedoch das Volk vor letzte Entscheidungen. Nach empfangenem Prophetenwort gab es nur noch Hingabe oder Auflehnung, entweder eine innerliche Erneuerung durch Gott oder eine bewusste Selbsterlösung ohne Gott. Was sich einmal endgeschichtlich vollenden wird, Christus oder Widerchristus, das vollzog sich dem Wesen nach bereits immer wieder in den großen Entscheidungszeiten der Geschichte Israels: Göttliches Prophetenwort oder machtpolitische Staatspolitik, das Königreich der Himmel oder die Herrschaft dämonischer Mächte.
Kroeker – Das lebendige Wort Band 6
Neueste Kommentare