um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, eli, lama sabachthani? das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Elberfelder 1871 – Matthäus 27,46
Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lema sabachthani?“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2).
Pattloch Übersetzung 1980 – Matthäus 27,46
Um die neunte Stunde aber rief Jesus (- Hebräer 5,7 -) mit lauter Stimme und sprach: «Eli, Eli, Lema, sabachthani?», das ist: «Mein Gott, Mein Gott (- Ps 22,2 -), warum hast Du Mich verlassen?»
Abraham Meister – Neues Testament – Matthäus 27:46
Hatte der Vater den Sohn wirklich verlassen?
Oder fangen wir mit einer noch wichtigeren Frage an: war der Tod Jesu ein „Unfall“? War der himmlische Vater überfordert, und konnte für seinen Sohn nichts tun?
Wenn wir diese Geschichte der Bibel als „Unglück“ sehen, dann müssen wir natürlich auch in unserem Leben „zittern“, weil Jehovah vielleicht überfordert wäre, uns zu helfen. Aber wenn die Tötung Jesu von Jehovah geplant war – ja, wenn der Tod Jesu nur der Höhepunkt der Liebesgeschichte Gottes an die Menschen war, dann kann und darf man diesen „Unfall“ niemals mit Geschehnissen in unserem Leben vergleichen! Ich würde behaupten, dass ALLES was geschieht, von Jehovah nicht nur gesehen sondern auch von IHM überwacht wird – ER ist NIE überfordert oder überrascht! Auch nicht, dass Menschen, die behaupten an Gott zu glauben, andere Menschen aus den Gemeinden ausschließen würden…
Aber schauen wir uns unterschiedliche Auslegungen zu dem obrigen Vers an:
Matthäus macht keine Angaben darüber, wann die Kreuzigung begann, doch nach Markus war es um die „dritte Stunde“ (Mk 15,25), also neun Uhr vormittags. Matthäus schreibt nur, daß von der sechsten Stunde, also von zwölf Uhr mittags, bis zur neunten Stunde, drei Uhr nachmittags, eine Finsternis über das ganze Land kam. Während dieser Zeit der Dunkelheit wurde Jesus das Sühneopfer für die Welt (Joh 1,29; Röm 5,8; 2Kor 5,21; 1 Petrus 2,24;3,18) und als solches vom Vater verlassen. Gegen Ende konnte Jesus die Trennung nicht länger ertragen und schrie laut: „Eli, Eli, lama asabtani?“ Diese aramäischen Worte bedeuten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“(ein Zitat aus Ps 22,2). Jesus hatte ein Gefühl des Verstoßenseins vom Vater, das er nie zuvor kennengelernt hatte, denn der Vater mußte sich als Richter vom Sohn abwenden, als dieser zur Sünde wurde (Röm 3,25-26).
Walvoord Bibelkommentar
Jesu hebräischer Gebetsschrei: »Eli, Eli, lema sabachthani«, zu deutsch: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« – wurde falsch verstanden. Sie sagten: Der ruft den Elia, den Propheten, der als der Vorläufer des Christus kommen sollte. Die Spötter meinten, es wäre jetzt höchste Zeit, daß Elia käme, um ihn, den Gehängten, als den Christus, als den Sohn Gottes zu rehabilitieren. – Es war ein billiger Hohn, dieser Spottruf: »Der ruft den Elia.«
Wuppertaler Studienbibel
Matthäus spricht im Anschluß an das Wort Jesu »Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« von der Tränkung Jesu mit Hilfe eines Schwammes voll Essig. – Johannes, der Evangelist, begründet diese Tränkung. Johannes schreibt (Jo 19,28): »Weil Jesus daß bereits alles erfüllt war, sprach er, damit die Schrift (ganz) erfüllt würde: ›Ich dürste.‹« – Der Zusammenhang ist also folgender: Im gleichen Psalm, dessen Anfangsworte Jesus in die Nacht hinausruft, heißt es einige Verse später: »Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft, und die Zunge klebt mir am Gaumen« (V. 16). Und im 69. Psalm findet sich mit geheimnisvoller typischer Beziehung auf den verschmachtenden Messias die Stelle: »Sie haben mich mit Essig getränkt in meinem Durst« (Ps 69,22). Jesus, der sich bewußt ist, nun den ganzen Leidensbecher ausgetrunken zu haben, den der Vater ihm gereicht hat, will auch diese letzte noch ausstehende Prophezeiung erfüllen. Denn mitten in der schwersten Qual des Leibes und der Seele und obwohl verlassen von seinem himmlischen Vater, ist er darauf bedacht, bis ins kleinste hinein dessen Willen zu vollenden. Daher schloß er an jenen Ausruf der Gottverlassenheit diese Klage an über seinen Durst. Der Durst war es ja auch, was die Gekreuzigten am meisten peinigte. Und aus allem, was oben über die Kreuzigung gesagt worden ist, läßt sich entnehmen, wie quälend Jesu Durst gewesen sein muß. Trotzdem hätte er, der alles stillschweigend duldete, sich nicht darüber geäußert, hätte nicht die Prophezeiung ihn dazu veranlaßt.
Es ist schwer für uns, die wir geistlich tot geboren wurden, zu begreifen, was das für Jesus bedeutete und warum Er sich so sehr darüber aufregte. Wir wurden geistlich tot geboren, und obwohl wir jetzt geistlich lebendig sind, ist selbst dieses geistliche Leben kein völlig sündloses Leben; die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, wird im Leben eines Gläubigen durch Sünde unterbrochen. Nicht so bei Jeschua! In der ganzen vergangenen Ewigkeit war er in ständiger Gemeinschaft mit Gott dem Vater. Aber in dem Moment, als die Sünden der Welt auf Ihn gelegt wurden, wandte sich Gott der Vater ab; und für die zweiten drei Stunden am Kreuz war Jesus geistlich tot. Am Ende dieser drei Stunden, in denen er den geistlichen Tod erlitt – er litt den Zorn Gottes, den dieser Kelch darstellt -, schrie er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27:46)
Arnold Fruchtenbaum – Die Agonie von Gethsemane
Der neunzehnte Abschnitt war der vierte Satz vom Kreuz, und er ist sowohl in der aramäischen als auch in der hebräischen Form aufgezeichnet. Die aramäische Form steht in Markus 15,34: „Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloi, Eloi, lama sabachthani? was übersetzt heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Arnold Fruchtenbaum – Der Tod und das Begräbnis des Messias
Die hebräische Version steht in Matthäus 27:46: Und um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme und sprach: Eli, Eli, lama sabachthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Dieser vierte Satz vom Kreuz kommt am Ende der drei Stunden der Finsternis. Er ist ein Zitat aus Psalm 22,1, wo es ein Hilfeschrei ist. Der geistliche Tod des Messias dauerte insgesamt drei Stunden. Am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes steht dieser Hilfeschrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dies ist das einzige Mal in den Evangelien, dass Jesus die Gottheit mit „Mein Gott, mein Gott“ anspricht. Mindestens 170 Mal sprach er Gott als Vater an und 21 weitere Male war es spezifischer: „Mein Vater.“ Das einzige Mal, dass er den Vater als „mein Gott“ ansprach, war am Ende der drei Stunden der Finsternis, am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes.
Wegen Seines geistlichen Todes hatte Jeschua nicht mehr eine väterliche Beziehung zu Gott, sondern eine gerichtliche. Er litt den Zorn Gottes; Er trank den Kelch, über den Er sich in Gethsemane quälte. Obwohl Er betete, dass Er ihn nicht trinken müsste, war es der Wille Gottes, des Vaters, dass Er ihn trinken würde. Aufgrund des Trinkens des Kelches wurde der Zorn Gottes über Ihn ausgegossen und Er war geistlich tot. Folglich hatte er keine väterliche Beziehung mehr zu Gott, dem Vater, sondern eine gerichtliche Beziehung zu ihm; und so ist es auch mit meinem Gott. Dieser Hilfeschrei wurde erhört, denn zu diesem Zeitpunkt wurde Jeschua geistig auferweckt und die Gemeinschaft mit dem Vater war nach drei Stunden der Trennung wieder vollständig hergestellt. Jeschua starb sowohl geistlich als auch wurde geistlich auferweckt, bevor Er jemals physisch starb.
»Um die neunte Stunde« ist etwa 3 Uhr mittags. Das »Aufschreien« Jesu ist Ausdruck tiefster, entsetzlicher Not. »Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne«, so heißt es am Anfang des 22. Psalms, auf den wir so oft in der Passion stoßen. Offenbar begann Jesus jetzt Psalm 22 zu beten. »Eli, eli, lema sabachthani« ist jedenfalls wörtliches Zitat von Ps 22,1. Die Worte »Eli, eli« = »Mein Gott, mein Gott« sind hebräisch. Dann scheint Jesus aramäisch fortgefahren zu sein, denn die Worte »lema sabachthani. = »warum hast du mich verlassen« sind aramäisch. Manche Handschriften veränderten hier zu »lama zaphthani«, was dem Hebräischen entspricht (vgl. Mk 15,34). Sowohl Matthäus als auch Markus geben zuerst die Heimatsprache Jesu wieder und übersetzen dann – »Das heißt« – ins Griechische. Das hängt mit dem unauslöschlichen Eindruck der Klage am Kreuz zusammen, aber auch mit dem »Elia« – Missverständnis von V. 47ff.
Edition C
Wie konnte Jesus so schreien? Ist das nicht ein Widerspruch zu Joh 8,29, wo er sagte: »Der Vater lässt mich nicht allein«? Nein. Denn der Vater war während seines ganzen irdischen Wirkens mit ihm. Jetzt aber, am Kreuz, büßt Jesus für die Sünde der Menschen. Das Gericht über die Gott -losigkeit ist, dass man Gott los wird. D. h., das Wesen der Hölle besteht im Verlassensein von Gott. So wird Jesus nun wirklich von Gott verlassen: »Warum hast du mich verlassen?« Aber selbst im entsetzlichsten Gericht hört Jesus nicht auf, sich an den Vater zu klammern. Der Vater bleibt wirklich »mein Gott«. In dieser Treue zum richtenden Gott macht Jesus gut, was Adam und alle Menschen verdorben haben. Mit Recht weisen viele Ausleger daraufhin, dass Jesus, wenn er den 22. Psalm weiterbetete, auch zu V. 5 kommen musste: »da sie hofften, halfst du ihnen heraus«, ja zu den Versen 24ff. , die ins Lob Gottes münden. Aber zunächst bricht die Hölle über Jesus herein.
und zum Abschluß „alte Zeiten“:
Was meinte Jesus mit seinen Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ — F. M., Georgia.
Wachtturm – Fragen von Lesern Sept. 1951
Jesus sprach diese Worte in Erfüllung von Psalm 22:1, der ursprünglich hinsichtlich David geschrieben worden war. Nicht dass David „verlassen“ worden wäre, um an einen Marterpfahl geschlagen zu werden, sondern wegen seiner Treue gegen den Königreichsbund wurde er der Wut der Feinde überlassen. In all diesem war David ein prophetisches Bild von Christus. Jesus wurde zur Prüfung seiner Lauterkeit einem schändlichen Tod an einem verfluchten Stamme überlassen. Indem er treu blieb, triumphierte er in seiner Lauterkeit, wie der Rest des Psalmes dies zeigt. Andere Verse von Psalm 22 über David erfüllten sich an Jesus, was ferner beweist, dass er prophetisch hinsichtlich Christi, des grösseren David, geschrieben worden war. Man vergleiche Psalm 22:1 mit Matthäus 27:46 und Markus 15:34; Psalm 22:7, 8 mit Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 mit Johannes 19:28; Psalm 22:16 mit Markus 15:25, und Psalm 22:18 mit Matthäus 27:35.
Die blosse Anführung dieser prophetischen Worte von Psalm 22:1 an sich genügte jedoch nicht, sie zu erfüllen. Zu der Zeit, da Jesus diese Worte am Marterpfahl sprach, waren wirkliche Tatsachen vorhanden, die sie erfüllten. Dass Gott Jesus verliess, bedeutete in diesem Fall nicht etwa, dass Gott ihm missbilligend und verurteilend den Rücken gekehrt hätte, sondern lediglich, dass Gott ihn der vollen Wut seiner Feinde überliess, indem er sogar zuliess, dass sie ihn töteten. Auf diese Weise hat Gott Jesus verlassen oder ihn seinen Feinden überlassen, so dass sie mit ihm tun konnten, was sie wollten, wobei er ihn auch nicht vor einem schändlichen Tode bewahrte.
Wenn Jesus wußte, daß er — in Erfüllung von 1. Mose 3:15 — von der großen Schlange, von Satan, dem Teufel, zermalmt werden sollte, weshalb rief er dann, als er am Marterpfahle starb: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ — Matthäus 27:46, NW.
Wachtturm – Fragen von Lesern 1.Sept. 1958
Jesus stellte diese Frage am Marterpfahl nicht, weil er etwa nicht gewußt hätte, weshalb Jehova Gott, sein himmlischer Vater, ihn verlassen hatte, sondern damit die Prophezeiung erfüllt wurde. Die Prophezeiung, die damals in Erfüllung ging, findet sich in Psalm 22 aufgezeichnet. Dieser Psalm wurde von David geschrieben, der in verschiedener Hinsicht ein prophetisches Bild des Herrn Jesus Christus war.
In den einleitenden Worten dieses Psalmes ruft David aus: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ Als die Jünger Jesu, die in der Nähe seines Marterpfahles standen, so zum Beispiel Johannes und Maria, die Mutter Jesu, ihn diese Worte aus Psalm 22:1 ausrufen hörten, mögen sie damals nicht genau verstanden haben, warum Jesus das tat. Als ihnen aber das Verständnis aufging, nachdem der heilige Geist zu Pfingsten ausgegossen worden war, werden sie sich daran erinnert und die Tatsache verstanden haben, daß dieser prophetische Ruf Jesus als den Christus, den Messias Gottes, kennzeichnete.
Jehova, der himmlische Vater, verließ Jesus am Marterpfahl tatsächlich, damit dessen Lauterkeit Gott gegenüber bis zum äußersten geprüft werden konnte. Gott überließ ihn den grausamen Anschlägen Satans, des Teufels, und seiner bösen, ruchlosen religiösen Werkzeuge auf Erden. So erhielt Satan, der den Tod verursachen kann, freien Lauf, diese Macht gegen den Sohn Gottes anzuwenden.
Gott verließ Jesus aber nur insofern, als er dem Teufel und seinen Handlangern gestattete, Jesus zu Tode zu bringen. Daß Jesus von Gott verlassen wurde, schloß nicht ein, daß die Feinde über seinen Leichnam frei verfügen konnten. Statt daß sie seinen Leichnam vom Marterpfahl abnahmen und ihn in das Feuertal Hinnom [oder in die Gehenna] werfen konnten, wurde sein Leib von Joseph von Arimathia vom Marterpfahl heruntergenommen und in einer neuen Gruft, die er hatte graben lassen, bestattet. Diese Bestattung Jesu bedeutete, daß er sich im Scheol, im allgemeinen Grab der Menschheit, befand. Jehova Gott verließ ihn im Scheol aber nicht, sondern in Psalm 139:8 (der von David, einem Vorbild Jesu Christi, geschrieben wurde) lesen wir: „Bettete ich mir in dem Scheol, siehe, du bist da.“ Somit zeigte Jehova Gott am dritten Tage nach Jesu Tod, daß er Jesus nicht für immer verlassen, sondern ihn zu geistigem, unsterblichem Leben aus den Toten auferweckt hatte. Als Jesus später seinen Jüngern am selben Auferstehungstage erschien, konnte er daher sagen: „Alle Dinge, die im Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen über mich geschrieben stehen, müssen erfüllt werden.“ Und dazu gehörte auch Psalm 22:1, nämlich die Worte: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen.“ — Lukas 24:44, NW
Warum rief Jesus Christus, als er am Marterpfahl hing, aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“? — USA.
Wachtturm – Fragen von Lesern 15.August 1972
Jesu Frage war ein Zitat aus einem Psalm Davids. (Ps 22:1) Im Falle Davids bezog sich die Frage auf einen vorübergehenden Zustand des Verlassenseins. Er befand sich, von Feinden umringt, in einer Lage, die den Anschein erweckte, als ob Jehova ihn vollständig verlassen hätte. Unter dem furchtbaren Druck, unter dem er deswegen litt, fragte er, warum dies geschehen sei, da er sich keiner Schuld bewußt war. David hatte aber den Glauben nicht verloren, denn in demselben Psalm betete er: „Eile doch zu meinem Beistand.“ — Ps 22:16-19.
Auch als Jesus die Worte aus Psalm 22:1 äußerte, glaubte er, sein Vater habe ihm momentan seinen Schutz entzogen oder ihn „verlassen“ oder den Händen seiner Feinde überlassen, damit er wie ein verfluchter Verbrecher an einem Marterpfahl sterbe. (Gal 3:13) Als Jesus nach dem Warum fragte, wollte er damit nicht sagen, daß er den Grund für dieses Verlassensein nicht kenne, und er erwartete auch keine Antwort von seinem Vater. Man könnte die Situation mit der Situation eines Christen vergleichen, der die Ursache für die Leiden der Menschheit kennt, der aber unter dem Druck großer Schwierigkeiten entweder im stillen oder hörbar nach dem Warum fragt. Der Fragende gibt dadurch zu erkennen, daß er keinen Grund hat zu denken, er müsse wegen irgendwelcher Übertretungen leiden. Abgesehen davon, daß sich durch diesen Ausruf Jesu Psalm 22:1 erfüllte, wurde dadurch auch offensichtlich Jesu Unschuld bestätigt und der eigentliche Zweck seiner Leiden ins Blickfeld gerückt. — Matthäus 27:46; vergleiche Johannes 12:27, 28, 33.
Jesus rief am Pfahl aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Fehlte es ihm an Glauben, und dachte er, Gott habe ihn im Stich gelassen?
Wachtturm – Fragen von Lesern 15.Juni 1987
Manche haben beim Lesen dieser Worte in Matthäus 27:46 und Markus 15:34 geschlußfolgert, daß Jesus in seinem Gottvertrauen erschüttert wurde, als er den schmerzvollen Tod vor Augen hatte. Andere sagen, dies sei lediglich Jesu menschliche Reaktion gewesen, der verständliche Verzweiflungsschrei eines Mannes aus Fleisch und Blut in seiner Todesangst. Wir haben allerdings guten Grund, es nicht bei solchen menschlichen Erwägungen zu belassen, die auf dem äußeren Erscheinungsbild beruhen. Zwar kann niemand von uns heute mit Sicherheit alles wissen, was mit Jesu Ausruf verbunden war, aber wir können zwei wahrscheinliche Beweggründe erkennen.
Jesus war sich durchaus bewußt, daß er „nach Jerusalem gehen und . . . vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse“ (Matthäus 16:21). Vom Himmel aus hatte der Sohn Gottes beobachtet, wie selbst unvollkommene Menschen einen grausamen Tod erlitten, gleichzeitig aber ihre Lauterkeit bewahrten (Hebräer 11:36-38). Daher besteht kein Grund, zu glauben, daß Jesus — als vollkommener Mensch — Furcht vor dem hatte, was ihm bevorstand; ebensowenig bedeutete der Tod an einem Marterpfahl für ihn, daß sein Vater ihn aufgegeben hätte. Jesus wußte im voraus, „welches Todes er zu sterben im Begriff war“, nämlich des Todes an einem Marterpfahl (Johannes 12:32, 33). Er war sich auch sicher, daß er am dritten Tag auferweckt werde. Wie kam Jesus dann dazu, zu sagen, Gott habe ihn verlassen?
Zum einen könnte er gemeint haben, Jehova habe seinen Schutz in dem Sinne von seinem Sohn genommen, daß Jesu Lauterkeit bis zum Äußersten — einem schmerzvollen und schändlichen Tod — geprüft werden könne. Dadurch, daß Gott Jesus dem Zorn der Feinde, die von Satan angeführt wurden, aussetzte, wurde aber nicht ein völliges Verlassen angezeigt. Jehova hatte weiterhin Zuneigung zu Jesus, und das wurde am dritten Tag offenkundig, als er seinen Sohn auferweckte, was Jesus schon vorher gewußt hatte (Apostelgeschichte 2:31-36; 10:40; 17:31).
Zum anderen steht mit dem eben Gesagten ein zweiter Grund in Verbindung, der Jesus zu diesem Ausruf am Pfahl bewogen haben könnte: Dadurch, daß er diese Worte äußerte, konnte er einen prophetischen Hinweis auf den Messias erfüllen. Stunden vorher hatte Jesus den Aposteln gesagt, daß alles so geschehen werde, „wie über ihn geschrieben steht“ (Matthäus 26:24; Markus 14:21). Ja, er wollte die Dinge ausführen, die geschrieben standen, einschließlich der Dinge in Psalm 22. Es mag für uns aufschlußreich sein, folgende Schrifttexte miteinander zu vergleichen: Psalm 22:7, 8 — Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 — Johannes 19:28, 29; Psalm 22:16 — Markus 15:25 und Johannes 20:27; Psalm 22:18 — Matthäus 27:35. Der 22. Psalm, der so viele prophetische Hinweise auf die Erlebnisse des Messias enthält, beginnt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Als Jesus daher diese Worte ausrief, erfüllte er wieder eine Prophezeiung (Lukas 24:44).
Der Psalmist David glaubte nicht, daß Gott ihn einfach aufgegeben oder verlassen hatte, denn er sagte des weiteren, daß er ‘Gottes Namen seinen Brüdern verkünden’ werde, und forderte andere auf, Jehova zu preisen (Psalm 22:22, 23). Ebenso hatte Jesus, der Psalm 22 gut kannte, Grund, darauf zu vertrauen, daß sein Vater ihn nach wie vor anerkannte und liebte, trotz der Erfahrung, die er ihn am Marterpfahl durchmachen ließ.
Genau – es geht um diese Person – und nicht um mich! Und schauen wir auf IHN! Haben wir bemerkt, dass Jesus diese Worte SCHRIE bzw „mit LAUTER STIMME“ sprach? Hätte er nicht kurz vor dem Ersticken sein müssen, und kaum hörbar röchelnd reden müssen?
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