Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist hat frohlockt in Gott, meinem Heilande;
Elberfelder 1871 – Lukas 1,46–47
Da sagte Maria:
»Von ganzem Herzen preise ich den Herrn,
und mein Geist jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Lukas 1,46–47
Καὶ εἶπεν Μαριάμ· Μεγαλύνει ἡ ψυχή μου τὸν κύριον, καὶ ἠγαλλίασεν τὸ πνεῦμά μου ἐπὶ τῷ θεῷ τῷ σωτῆρί μου,
Von Soden 1913 – Die Schriften des Neuen Testaments – Lukas 1,46–47
אָז אָמְרָה מִרְיָם׃ ״תְּרוֹמֵם נַפְשִׁי אֶת אֲדֹנָי וְתָגֵל רוּחִי בֵּאלֹהֵי יִשְׁעִי (תהילים לה׳ ט׳//חבקוק ג׳ יח׳)
ha-Berit ha-ḥadashah 2000 – Lukas 1,46–47
Mirijam war ja noch eine sehr junge Frau, noch nicht verheiratet sondern nur verlobt.
Aber ihre Augen waren auf Jehovah gerichtet, weil sie ein persönliches Verhältnis zu Jehovah hatte.Sie brauchte keinen Priester oder Organisation, um zu verstehen, was Jehovah von ihr wollte. Deshalb hatte sie verstanden, dass nun endlich der im Garten Eden verheißene Same kommen würde! Nicht Eva, sondern sie – Maria bzw Mirijam – war die von Gott erwählte Person, die den „Retter der Menschheit“ zur Welt bringen sollte! Die Verheißungen wurden endlich wahr! Und das, worum so viele Frauen vor ihr sehnsüchtig gebetet hatten!
Aber Jehovah hatte sicher Gründe, warum er gerade sie ausgewählt hat! Schauen wir auch direkt zu Jehovah – oder brauchen wir einen „Erklärbären“, einen „Kanal“, der uns die Bibel ständig erklärt, oder genügt uns der heilige Geist und eine persönliche Beziehung zum Schöpfer?
Vers 45 und Vers 49 hatten wir ja schon
Wie wenn sie sagte: Was Gott Wunderbares vorher verkündet hat, wird er an meinem Leib vollbringen; aber meine Seele wird bei Gott nicht unfruchtbar bleiben. Ich soll auch die Frucht meines Willens beisteuern; denn gerade weil er mich durch ein großes Wunder so viel gelehrt hat, umso mehr muss ich den verherrlichen, der an mir Großes tut. (GRAECUS)
Thomas von Aquin – Catena Aurea: Kommentar zu den Evangelien im Jahreskreis
Die ersten Früchte des Geistes sind Friede und Freude. Die Heilige Jungfrau hatte die ganze Gnade des Geistes in sich aufgenommen, daher fügt sie mit Recht an: „Und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.“ Sie meint mit Seele und Geist dasselbe. Das Ausbrechen in Jubel, wie es in den Schriften vorkommt, bezeichnet eine Art von heiterer und freudiger Haltung der Seele bei denen, die würdig sind. Daher jubelt die Jungfrau: ihr Herz springt und klingt in einem unaussprechlichen Tanz. (GRAECUS)
Zuerst lobt ihre Seele den Herrn, damit sie später jubelt in Gott. Wenn wir nicht zuerst geglaubt haben, werden wir nicht fähig sein zu jubeln. (ORIGENES)
Dieses Lied von Mirijam offenbart zwei Dinge: Erstens zeigt es das Ausmaß ihrer persönlichen Spiritualität, und zweitens zeigt es ihre Kenntnis der Heiligen Schrift, denn ihr Lied ist dem Lied Hannas in 1 Samuel 2,1-10 sehr ähnlich.
Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive
Mirjams Lied kann in zwei Abschnitte unterteilt werden, wobei jeder Abschnitt einem der beiden Hauptpunkte des Liedes gewidmet ist. Der erste Abschnitt (Lukas 1,46-50) beschreibt, was Gott für sie getan hat. In den Versen 46-47 heißt es: Und Miriam sprach: Meine Seele preist den Herrn, und mein Geist freut sich über Gott, meinen Retter. Sie nannte Gott ihren Retter. Die Art von Menschen, die einen Retter brauchen, sind Sünder. (835) Diese Aussage zeigt deutlich, dass Miriam eine Sünderin war und beweist, dass die Lehre eines bestimmten Segments der Christenheit, dass sie ewig sündlos war, falsch ist. Indem sie Gott ihren Erlöser nannte, offenbarte sie, dass er sie von ihren Sünden errettete.
Was ist nun der genaue Inhalt? »Da sagte Maria: Meine Seele erhebt den Herrn« (V. 46). Das ist die Sprache der hebräischen Bibel, wie alle Ausleger feststellen. Die Ausleger der Alten Kirche haben daraus sogar den Schluss gezogen, dass der Gott des AT und der Gott des NT derselbe sein müsse. Man kann aber den Bezug zum AT noch genauer angeben, denn von Anfang an weist Marias Lobgesang eine starke Übereinstimmung mit dem Lobgesang der Hanna in 1Sam 2,1-10 auf. Er ist also ein Gebet und keineswegs ein Aufruf zur Revolution. Auch andere Bibelstellen sind mit dem Magnificat verwandt. Man vergleiche zu V. 46 beispielsweise Jes 29,19 oder Ps 34,3ff.; Ps 35,9. Der Schluss liegt nahe: Die junge Maria lebte in biblischer Atmosphäre. Wie Timotheus (2Tim 3,15) kannte sie offensichtlich von Kindesbeinen an die Aussagen der Heiligen Schrift und betete mit den Worten aus den Psalmen. Es braucht uns dann nicht zu wundern, dass sie bei dieser Begegnung mit Elisabeth, inmitten der glaubenstärkenden Erfahrungen, mit Worten aus eben dieser Bibel gebetet und gelobt hat.
Gerhard Maier – Edition C
Ob wir ebenso tief in den Geist der Bibel eingetaucht sind?
Mit wenigen Worten – im Hebräischen sind es wohl nur drei Worte – gibt uns Maria den Schlüssel zum Verständnis ihres ganzen Lobgesanges: »Der Herr« ist groß – nicht irgendein Mensch! Auch nicht sie selbst! Damit hat Maria in eigener Person aller Marienverehrung den Boden entzogen. Vorbild des Glaubens bleibt sie. Sie im Gebet anzurufen, ist verkehrt.
Übrigens könnte man statt »erheben« auch übersetzen: »groß machen« oder »preisen«.
»Mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter« (V. 47). »Mein Geist und meine Seele« bezeichnen beide die innere Persönlichkeit, wie sie wirklich ist. Man darf also nicht den »Geist« allein als das Denken oder die »Seele« (V. 46) allein als das Empfinden bzw. das Gefühl deuten. Vielmehr umfasst in der biblischen Sprache »Geist« und »Seele« jeweils beides, sowohl das Denken als auch das Empfinden, während das Herz eher der Sitz des Willens ist.
»Mein Geist jubelt«, sagt Maria. Man kann auch übersetzen: »hat gejubelt«. Jedoch geht es um eine noch fortdauernde Tatsache. Das Wort »Jubeln« oder »Jubel« hat in der Bibel an vielen Orten eine sehr spezielle Bedeutung: Es meint die endzeitliche Freude. Diese Bedeutung liegt vermutlich auch hier vor. D. h. Maria freut sich über den Anbruch der göttlichen Weltvollendung. Und wieder ist es Gott, der in der Mitte ihres Lobpreises steht.
Was tut dieser Gott? Er ist »mein Retter«, sagt Maria. Hier wird dasselbe Wort für »Retter« benutzt, das später Jesus bezeichnet (vgl. Mt 1,21 !) – im Deutschen früher als »Heiland« wiedergegeben. »Mein Retter« heißt: Gott erlöst mich aus Sünde und Finsternis, er hilft mir ganz umfassend auf allen Gebieten meines Lebens, vor allem aber bringt er mich in sein ewiges Reich. Hier spiegeln sich Jes 63,16 und Hab 3,18 ganz deutlich wider, aber auch Ps 24,5; 25,5; 35,9. Die zweite Hälfte von Lk 1,47 stimmt sogar wörtlich mit dem Schluss von Hab 3,18 in der griechischen Bibel überein.
»Gott der Retter«: Das also ist das Zentrum ihres Gebets. Unendlicher Jubel strömt in diejenigen hinein, die Gott als diesen Retter annehmen und anbeten. Frederic Godet, einer der tiefsinnigsten Ausleger des 19. Jh., sagt zu unserer Stelle: »Durch ihre Anbetung bereitet sie (= Maria) Gott in ihrem eigenen Herzen und in dem der Menschen eine größere Stätte.« Wir sollten besonders beachten, dass die erste konkrete Aussage Marias von der Erlösung spricht. Wer aber Erlösung wünscht, dessen Ziel kann nicht mehr die menschliche Revolution sein (vgl. Lk 13,1ff.).
In ihren Wendungen der Anbetung werden uns Dinge gezeigt, die unser Herz in Lobpreis überfließen lassen: es ist ein Bewußtsein der Größe, der Heiligkeit, der gerechten Taten Gottes, Seiner gewaltigen Macht und Treue, verbunden mit einer Anerkennung all dessen, was Er für uns getan hat.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Das Lied Marias wird oft verglichen mit dem Lied der gottesfürchtigen Hanna in 1Sam 2,1-10. Stellt man die beiden nebeneinander, erkennt man einzigartige Übereinstimmung. Wir können daraus lernen, daß, entgegen den Überzeugungen der Pharisäer über Frauen, diese beiden Frauen allertiefste geistliche Erkenntnis besaßen. Es ist unmöglich, das großartige Loblied zu lesen, das aus Marias Brust zu Gott emporstieg, ohne von ihrer gründlichen Kenntnis der Schrift, ihrer geistlichen Einsicht und der Tiefe ihrer Anbetung beeindruckt zu sein. Der Heiland Gott ist ein Thema der Hirtenbriefe, aber in der ganzen Schrift sprach allein Maria von „Gott ihrem Retter“. Es ist nicht falsch, ihre Worte so zu verstehen, daß sie ihr Bedürfnis nach einem Retter erkannt hatte, und daß sie Gott Selbst als ihren persönlichen Heiland kannte. Ein Verständnis, das geringe Tiefe annimmt, wird diesem Evangelium des Heils nicht gerecht. Weit davon entfernt, sündlos zu sein, wie das große System der Kirche von Rom lehrt, anerkennt sie ihre eigene Unwürdigkeit. Weil aber Gott an und in ihr gewirkt hat, werden alle nachfolgenden Geschlechter urteilen, daß sie von Gott gesegnet ist.
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