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„Fürsten werden nach Recht herrschen“

An deiner Väter Statt werden deine Söhne sein; zu Fürsten wirst du sie einsetzen im ganzen Lande (O. auf der ganzen Erde)
Elberfelder 1871 – Psalm 45,17

An deiner Väter Statt
werden dir Söhne sein,
zu Fürsten wirst du sie setzen
in allem Land. –
Buber & Rosenzweig – Psalm 45:17

An die Stelle deiner Väter werden deine Söhne treten, du wirst sie zu Fürsten machen im ganzen Land.
Die Philippson-Bibel – Ps 45,17

Anstelle deiner Väter sind dir Söhne ( dir Söhne: Einige Hss. (darunter Luk) haben – entsprechend dem MT – deine Söhne. Aufgrund des Kontextes sind die »Söhne« wohl wörtlich zu verstehen; möglich wäre sonst auch die freiere Übs. Kinder. ) geboren worden;
du wirst sie einsetzen als Herrscher über die ganze Erde ( über die ganze Erde: oder über das ganze Land. ) .
Septuaginta Deutsch – Ps 44,17

Ein Vers mit einer „langen Geschichte der Auslegung“:

Jene, die ihren Glauben und ihre Lauterkeit vollends offenbaren, werden Kinder des Königs Jesus Christus, des Ewigvaters, werden, geradesogut wie die treuen Menschen der alten Zeit, die Christus vorausgingen. Da sie einen ähnlichen Glauben offenbaren, spricht laut der Schrift nichts dagegen, dass er so viele von diesen „andern Schafen“ nimmt, als er brauchen mag, um sie zu „Fürsten auf der ganzen Erde“ zu machen. Wenn wir Psalm 45:16 prüfen, sehen wir, dass es dort nicht heisst, dass nur jene, welche die irdischen „Väter“ des gesalbten Königs Jehovas waren, die Kinder sein werden, die er zu sichtbaren irdischen Fürsten macht, damit sie das himmlische Königreich vertreten. Um denn Sinn wiederzugeben, übersetzt Moffatt den Text in Psalm 45:16 wie folgt: „Deine Söhne werden an die Stelle deiner Väter treten und als Fürsten über das Land aufstehen.“ Die römisch-katholische französische Übersetzung von Crampon gibt ihn wie folgt wieder: „Deine Kinder werden den Platz deiner Väter einnehmen; du wirst sie zu Fürsten über die ganze Erde machen.“ Die römisch-katholische spanische Übersetzung von Nácar-Colunga gibt ihn ähnlich wieder.
14 Wenn wir nun diesen Ausdruck Fürst betrachten, der das hebräische Wort Săr (weiblich Sarah) wiedergibt, sehen wir, dass es nicht immer oder nicht notwendigerweise auf den Sohn eines Königs angewandt wird, auf einen Prinzen von königlicher Geburt, der zu einer staatlichen Amtsperson oder zu einem Regierungsbeamten gemacht wird. Er bezeichnet den Ersten, Vordersten oder Obersten in irgendeiner Klasse, das Haupt irgendeiner Schar oder Gruppe. So wird denn in der Bibel dieser hebräische Ausdruck Săr, bisweilen mit Fürst übersetzt, sogar auf Jesus selbst angewandt, auf den Erzengel Michael, auf Fürsten der Stämme Israels, auf Fürsten der Landschaften, auf Oberste der Städte und Oberste oder Anführer der Wache, auf Oberste über tausend, über hundert, über fünfzig, über zehn. In der Neuen-Welt-Gesellschaft auf der „neuen Erde“ zu einem Fürsten im hebräischen Sinn des Wortes Săr gemacht zu werden, bietet somit eine Verschiedenheit von Dienstgelegenheiten mit Verantwortlichkeiten verschiedenen Grades; und es wird viele solche Vorrechte geben. Auf der neuen Erde werden die Menschen nicht angeredet mit einem Titel vor ihrem Namen, wie „Prinz Charles“, „Fürst Abraham“, „Prinz Albert“ usw. Nein, wir werden dann unter einer CHRISTLICHEN Regierung leben. Wir leben jetzt schon unter dieser göttlichen Herrschaft, und wir haben jetzt keine derartigen Titel in der theokratischen Organisation. So wäre es denn ungereimt, zu denken, dass wir dann irgendwelche Titel in Anreden benutzen. Sondern gerade wie wir jetzt Beamte als Diener oder Direktoren der Gesellschaft bezeichnen mögen, können wir sie dann als sarím (Fürsten) im hebräischen Sinne des Wortes bezeichnen. Alles, was wir jetzt zu sagen haben, ist, dass diese „andern Schafe“, denen heute in der sichtbaren theokratischen Organisation verantwortliche Stellungen gegeben worden sind — selbst wenn es über eine Gruppe von zehn wäre, die zum Bibelstudium und zum gemeinsamen Dienst in der Nachbarschaft zusammenkommen —, gut darauf achten sollten, wie sie sich jetzt ihrer Verantwortlichkeiten entledigen. Denkt an die von Jesus dargelegte Regel: „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu.“ (Lukas 16:10, NW) Nur wenn du dich treu erweisest in dem, was dir jetzt in dieser vergehenden alten Welt anvertraut wird, besteht für dich irgendwelche Wahrscheinlichkeit, zusammen mit den auferstandenen treuen Zeugen aus den alten Zeiten vor Christus zu einem Fürsten auf der neuen Erde gemacht zu werden.

Wachtturm – Januar 1951

Dieser Text „und Fürsten werden nach Recht herrschen“ ist lange Zeit mit dem Text von Psalm 45:16 verbunden worden, welcher lautet: „An deiner Väter Statt werden deine Söhne [Kinder, KJ] sein; zu Fürsten wirst du sie einsetzen auf der ganzen Erde.“ (Fussn.) Man hat lange Zeit verstanden, dass jene, die gemäss diesem Text zu Fürsten gemacht werden sollen, die treuen Zeugen des Altertums vor Christus seien, welche die Kinder Christi, des Königs, werden sollen, indem sie aus den Toten auferstehen. Dann sollten sie als Fürsten über die übrige Menschheit eingesetzt werden und als sichtbare Vertreter des himmlischen Königreiches Christi Jesu amten. (Die Harfe Gottes [1922], Abschn. 556) Weil in Jesaja 32:1 Fürsten erwähnt und mit dem König der neuen Welt in Zusammenhang gebracht werden, wurde angenommen, dass diese Fürsten die gleichen seien wie die in Psalm 45:16 erwähnten. Somit wurde der Vers, Jesaja 32:1, auf die Tausendjahrherrschaft Christi Jesu angewandt, die der Schlacht von Harmagedon folgt. Indes ist seit dem Jahre 1947 in den Spalten des Wachtturms der Text von Jesaja 32:1 nicht zitiert und auf diese Weise angewandt worden.
4 Beachtet bitte, dass Jesaja nicht sagt, diese Fürsten unter dem König der Gerechtigkeit seien seine Kinder oder beschränkten sich auf seine Kinder, wie dies der Text in Psalm 45:16 tut. Demzufolge braucht die Prophezeiung Jesajas nicht notwendigerweise auf jene beschränkt zu sein, welche Kinder Christi Jesu, des „Ewigvaters“, werden und welche als Kinder dieses königlichen Vaters, kraft ihrer Abstammung von einem königlichen Herrscher, berechtigt sind, Fürsten zu werden. Auch braucht die Erfüllung der Prophezeiung nicht bis in die Zeit nach der Schlacht von Harmagedon hinausgeschoben zu werden, wenn die Organisation des Teufels und deren Herrscher und Fürsten von der Erde vertilgt sind, noch bis zur Auferstehung der treuen Zeugen der alten Zeit wie Abel, Abraham, Mose und David.
5 Beachtet ferner, was Jesaja über die Fürsten im nächsten Verse sagt. Nach der Elberfelder Übersetzung heisst es in Jesaja 32:2: „Und ein Mann wird sein wie ein Bergungsort vor dem Winde und ein Schutz vor dem Regensturm, wie Wasserbäche [Ströme, AS] in dürrer Gegend, wie der Schatten eines gewaltigen Felsens in lechzendem Lande.“ Wer der hier erwähnte Mann sei, ist lange eine Frage der Auslegung gewesen. Jetzt aber wird verstanden, dass es der hebräische Ausdruck ist für „ein jeder“ oder „ein jeglicher“, und deshalb geben ihn moderne Übersetzer so wieder. Gemäss der Zürcher Bibel lautet er: „Und Fürsten werden nach dem Rechte regieren. Und ein jeder wird sein wie ein Zufluchtsort vor dem Sturm und wie ein Obdach vor dem Wetter, wie Wasserbäche an dürrem Ort und wie Schatten eines mächtigen Felsens in lechzendem Lande.“ (Jesaja 32:1, 2, ZB; ebenso Crampon und Bover-Cantera) Ähnlich lautet Moffatt (engl.): „Mit Fürsten, die redlich regieren, jeder gleich einem Obdach vor einem Sturm“ usw. Und nach Rotherhams Emphasised Bible: „Ja, auch Fürsten werden die Herrschaft in Unparteilichkeit ausüben. So soll ein jeder wie ein Bergungsort werden vor dem Winde und ein Obdach vor dem Sturm, wie Wasserkanäle an dürrem Orte, wie der Schatten eines massiven Kliffs in schmachtendem Lande.“ — Auch Luther.
6 Im messianischen Millennium, wann Satan und alle seine Dämonen gebunden und im Abgrund sein werden, und wann seine sichtbare Organisation in Asche liegen wird, wird die Menschheit nicht des Schutzes vor solchen Dingen bedürfen, wie sie Jesaja hier bildlich beschreibt. Jetzt, in dieser gefahrvollen „Zeit des Endes“ der bösen Welt Satans, bedürfen wir dringend solchen Schutzes, weil wir ihn nicht von den offiziellen Kreisen der Organisation Satans erhalten. Jetzt ist die Zeit, da heftige Winde falscher Lehren und verdrehter Propaganda wehen, die nicht nur Unmündige wie in einer Wiege zu schaukeln vermögen, sondern mächtig genug sind, vollerwachsene Männer oder Frauen umzuwerfen. Jetzt ist die Zeit, da die grossen Stürme heisser und kalter Kriege der weltlichen Nationen und auch die Angriffe der sichtbaren Heere des Teufels wider das treue Volk Gottes Jehovas toben. Jetzt ist die Zeit, da wir uns in einem weltlichen Lande vorfinden, das ausgetrocknet ist durch geistige Dürre, und da wir dringend der Wasserströme der lauteren theokratischen Wahrheit bedürfen, um unsern Durst nach Gottes offenbartem Wort zu stillen. Jetzt ist die Zeit, da die herrschenden Elemente, die politischen, kommerziellen und religiösen, zu leuchten suchen wie die Sonne, um dieser dunkler werdenden Welt Licht zu spenden; aber mit drückender Hitze brennen sie auf die Menschheit nieder und mit dem Feuer der Verfolgung besonders auf Jehovas Zeugen. So bedürfen wir denn des grossen Felsens des Königreiches Gottes, damit er dazwischentrete und uns in schmachtendem Lande beschatte. Und da wir den ersehnten Schirm und Bergungsort, da wir Erfrischung und Schatten nicht vom herrschenden Element der Organisation des Teufels erhalten, müssen wir uns den offiziellen Dienern in Jehovas Organisation zuwenden. Er verheisst, dass sein König und jeder seiner Fürsten in dieser Zeit, da wir es brauchen, dieses so Begehrenswerte für uns sein werden. Sie werden dafür sorgen, dass wir das erlangen, was gerecht und recht ist.

Wachtturm – 1.März 1952

Der 45. Psalm wendet sich an diesen „Fürsten des Friedens“, den König, und da er der „Ewigvater“ der Menschheit sein soll, heißt es in diesem Psalm: „An Stelle deiner Vorväter werden deine Söhne sein, die du zu Fürsten einsetzen wirst auf der ganzen Erde“ (Psalm 45:16). Doch schon vor der Auferstehung jener treuen „Vorväter“ werden männliche Glieder der „großen Volksmenge“, die Harmagedon überlebt, in solche fürstlichen Stellungen eingesetzt worden sein. Tausende dieser voraussichtlichen Überlebenden dienen bereits als Älteste in den über 49 000 Versammlungen der Zeugen Jehovas und führen in geistiger Hinsicht die Aufsicht über die jeweilige Versammlung.
Die Überlebenden des Krieges von Harmagedon werden unter fürstlicher Aufsicht mit Eifer zusammenarbeiten. Welche Anweisungen die „Fürsten . . . auf der ganzen Erde“ von dem himmlischen „Fürsten des Friedens“ erhalten werden, bleibt abzuwarten. Es wird für alle, die mit ihnen Harmagedon überleben, ein begeisterndes Erlebnis sein. Man denke an all die Vorbereitungen, die zu treffen sind, um die aus dem Tod Zurückkehrenden mit passender Kleidung zu versorgen. Und man stelle sich vor, welche Nahrungsmittelvorräte angelegt werden müssen! Auch Unterkünfte werden bereitzustellen sein. Es wird für alle, die an diesen Vorbereitungen beteiligt sind, eine aufregende Zeit sein. Wer wird zuerst zurückkommen? Werden die Verstorbenen in der umgekehrten Reihenfolge von der wiederkommen, in der sie in die Gedächtnisgrüfte kamen? Werden zum Beispiel der Märtyrer Abel und Henoch, der von Gott hinweggenommen wurde, sowie Noah, Abraham, Isaak, Jakob und all die treuen Propheten auf besondere Weise belohnt werden, indem sie zuerst auferweckt werden?

Weltweite Sicherheit unter dem „Fürsten des Friedens“ 1985

Kennst du auch Älteste aus den 1950iger Jahre, die an die zitierten Worte glaubten? Und Menschen, die 1985 das Buch lasen, und glaubten, das die Worte wahr werden? Mir fallen nicht nur meine Großväter ein, sondern auch Berthold H. , Karl-Heinz K. und andere ein.


Aber schauen wir uns andere Ansichten zu dem Vers an:

Zum Schluss wendet sich der Dichter an den König und verspricht ihm, dass er viele Söhne haben wird, die wie seine Vorfahren „Könige“ sein und über die ganze Erde herrschen werden (oder „über das ganze Land Israel“ – siehe SPCL, NEB). Die rsv-Übersetzung des Verses 16a ist unverständlich. Der hebräische Ausdruck Anstatt eurer Väter sollen eure Söhne sein bedeutet, dass die männlichen Nachkommen des Königs, seine Söhne, Könige sein werden und sozusagen die männlichen Vorfahren des Königs (eure Väter) ersetzen, die ebenfalls Könige gewesen waren. Prinzen waren eine Art „Herrscher“. Der Titel war nicht auf die Söhne eines Königs beschränkt.
In Vers 17 verspricht der Dichter, dass er den Namen des Königs, d. h. seinen „Ruhm“, für immer am Leben erhalten wird (siehe Kommentare zum „Namen“ in 5:11). Für alle Zeiten wird man sich an den König erinnern und ihn preisen. Offensichtlich meint der Dichter mit diesem Lied, das er soeben komponiert hat, die Art und Weise, wie das Andenken an den König für immer lebendig gehalten werden soll, nicht nur in Israel, sondern in der ganzen Welt. In einigen Sprachen ist es nicht möglich, den Ruhm einer Person als lebendig zu bezeichnen. Deshalb muss man oft sagen, zum Beispiel: „Ich werde dafür sorgen, dass man sich immer daran erinnert, was du Großes getan hast.

Bratcher – Ein Übersetzerhandbuch zum Buch der Psalmen

An deiner Väter Statt werden deine Söhne sein. Auch das ist ein Ruhm für den König, dass seine Nachkommen alle auf dem Thron sitzen sollen und das königliche Blut auch in den Adern seiner Nachfolger fließen wird. Denn seine Söhne sollen sich durch ebensolche Tugenden auszeichnen wie ihr Ahnherr. Dann folgt: die wirst du zu Fürsten setzen in aller Welt. Sein Reich wird sich soweit ausdehnen, dass es die meisten Königreiche umfasst. Das ist eine Weissagung auf Christus. Denn weit entfernt, dass Salomos Söhne das Reich unter sich geteilt hätten, erhielt nur einer, der erste Erbe, ein ganz kleines Stück. So gelangte keiner von seinen rechtmäßigen Nachfolgern zu der Macht des Ahnherrn. Sie waren vielmehr alle nur Herren von einem und einem halben Stamme und somit gleichsam in die Ecke gedrängt. Als aber Christus kam, der Mittler zwischen der alten und neuen Gemeinde, zeugte er wahre Söhne, die an Zahl und Rang den Vätern nicht nachstanden, denen er die ganze Welt untertan machte. Denn wenn auch die Schmach des Kreuzes den Ruhm der Gemeinde vor der Welt verdunkelt, so müssen wir doch in Erwägung des wunderbaren Wachstums und der reichen Fülle von Geistesgaben innerhalb der Gemeinde bekennen, dass ihr Ruhm mit Fug und Recht gepriesen wird. Die Herrschaft aber, von der hier die Rede ist, eignet im strengen Sinne nicht menschlichen Personen, sondern allein dem Haupt. Doch überträgt sie Christus auch seinen Gliedern, woraus sich dann freilich ergibt, dass die Vorsteher und Regierer der Gemeinde in Christi Namen weniger zu herrschen als zu dienen haben. Immerhin: weil ihnen Christus sein Evangelium, das seines Reiches Zepter ist, anvertraut hat, so üben sie in gewisser Weise seine Macht aus. Durch seine Diener – das ist gewiss – hat sich Christus den Erdkreis untertan gemacht und so viele Fürstentümer errichtet, als es in den verschiedensten Weltteilen Gemeinden gibt.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

Diese prophetische Poesie gipfelt in einem bemerkenswerten Höhepunkt. An Stelle deiner Väter werden deine Söhne sein. Wer wird hier angeredet? Obwohl im Blick auf V. 11 die »Braut« gemeint sein wird, zeigt die Fortsetzung: du setzt sie als Fürsten ein auf der ganzen Erde, daß hier nur ein gesalbter Davidide gemeint sein kann; denn nur er kann Fürsten oder Verwalter einsetzen. » (Der Dichter) sagt nicht, daß (die Söhne) einst den König beerben sollen; denn es wäre nach höfischem Geschmack sehr unzart, an solchem Festtage an Tod und Erbschaft zu denken. Sondern mit seinem Ausdruck wünscht er, seine Söhne möchten einst an seiner Väter Stelle treten und ›alle Welt‹ mit ihm regieren!« (Gunkel). Auf typisch alttestamentliche Weise wird also die ewige Dauer des Messiasseins durch die ununterbrochene Nachfolge der Davidssöhne angesagt, ganz im Sinne von 2Sam 7. Damit liegt der Akzent nicht auf den Söhnen, sondern auf ihm, dem von Gott Gesalbten. So heißt es im letzten Satz: Ich will deinen Namen ins Gedächtnis rufen von Geschlecht zu Geschlecht. Der König der Herrlichkeit, dem alle Herrlichkeit der Welt durch die »Braut« zugeführt wird, wird einmal der Zielpunkt der Anbetung durch die Völker sein, denn es heißt: darum werden die Völker dich preisen für immer und ewig.

Wuppertaler Studienbibel

Die letzten beiden Verse bringen einen Segen für die Ehe zum Ausdruck. Vers 16 sieht voraus, dass Kinder gezeugt werden, die die Zukunft des Königreichs sein werden. Anstatt ständig auf die Vorfahren zurückzublicken, werden sie in ihren königlichen Prinzen in die Zukunft blicken.
Und in Vers 17 wird der Name des Königs gepriesen: „Ich will, dass man deines Namens gedenkt in allen Geschlechtern; darum wird man dich anerkennen in Ewigkeit.“ Das Wort „Name“ bezieht sich natürlich mehr auf das Wesen der Person als auf einen gegebenen Namen (s.v. Ps. 20:1). Aber wie können die Menschen diesen König preisen, wenn sie nicht wissen, wer er war? Ich nehme an, man kann sich die Beschreibungen dieses Königs ins Gedächtnis rufen und die Tatsache preisen, dass es eine so edle Person als König gab. Es kann aber auch sein, wie manche meinen, dass die prophetische Seite des Schreibers am Ende zum Vorschein kommt und der Name, d.h. die wahre Natur des Königs derjenige sein wird, in dem all diese Beschreibungen ihre vollste Bedeutung finden – Jesus, der Messias.

Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen

»Deine Väter« und »deine Söhne« beziehen sich, wie das Hebräische deutlich macht, nicht auf die Braut, sondern auf den König. Es ist von den Vätern und von den Söhnen des Messias die Rede. Die Väter des Messias sind seine Vorfahren »dem Fleisch nach« (Röm 1,3; 9,5), und seine Söhne sind »die Kinder, die Gott ihm gegeben« (Hebr 2,13), die vielen »Söhne«, die er »zur Herrlichkeit« gebracht hat (Hebr 2,10), die Brüder, unter denen er der Erstgeborene ist (Röm 8,29). Die Söhne Abrahams nach dem Fleisch werden durch geistliche Söhne Abrahams ersetzt (Röm 9,6–8; Mt 3,9). Und sie, die Väter Israels und der Gläubigen, werden selbst zu Söhnen.
Er setzt sie »zu Fürsten im ganzen Land«, wobei man »Land«, ᵓæræṣ, wie immer im Hebräischen auch als »Erde« verstehen kann. Wie wir wissen, wurde nur ein Sohn Salomos König, und unter diesem zerfiel sogar das Reich in zwei Teile. Also kann sich diese Aussage wiederum nur auf den Messias beziehen. Die durch und in Christus gezeugten Söhne Gottes sollen mit ihm über die ganze Schöpfung herrschen. Wir lesen davon in Stellen wie Matthäus 19,28; Lukas 19,17; 1. Korinther 6,2.3; in Offenbarung 5,10; 20,6; 22,5.

Benedikt Peters – Kommentar zu den Psalmen

Von dieser Herrschaft ist in prophetischer Weise in den Versen 17–18 von Psalm 45 die Rede: «An die Stelle deiner Väter werden deine Söhne treten, du wirst sie als Fürsten einsetzen im ganzen Land. Ich will deinen Namen verkünden in allen Geschlechtern; darum werden dich die Völker preisen immer und ewiglich.» Wenn der Herr Jesus Christus mit Seiner himmlischen Braut, der Gemeinde, wiederkommt, um Israel in Sein irdisches Königreich zu rufen, dann wird es zu einer völlig neuen Generation kommen. «An Stelle deiner Väter werden deine Söhne treten.» Seit 1948 haben wir in Israel eine neue Generation; die alte ist 70 n.Chr. untergegangen. Doch nicht jeder Jude oder Israeli wird automatisch an der Herrschaft des königlichen Bräutigams teilhaben, sondern nur diejenigen, die sich rufen liessen. Das macht auch das Gleichnis von den zehn Jungfrauen deutlich: Diese neue Generation wird im Millennium, dem Tausendjährigen Reich, mitherrschen, und sie wird ausziehen, um den Namen des Herrn unter allen Nationen zu verkündigen. Und die Völker werden den Herrn Jesus Christus, den königlichen Bräutigam, immer und ewiglich preisen.

Norbert Lieth – Messianische Psalmen

Der Psalmist betont Gottes Treue, indem er versichert, dass die königliche Linie Davids weiterbestehen wird.

The Complete Jewish Study Bible: Notes

Der gerechte Charakter der Monarchie ist ein grundlegendes Merkmal. Darauf wurde schon in den vorherigen Absätzen hingewiesen. Der König sitzt auf dem heiligen Berg Zion und regiert mit Gerechtigkeit und Barmherzigkeit über alle seine Untertanen (Ps. 45,4.6.7; 72,2.4). In dieser Gerechtigkeit erscheint er als barmherziger Befreier für alle, die Befreiung brauchen, und um ihn versammeln sich die Gebete und Lobpreisungen derer, die er auf diese Weise gesegnet hat (Ps. 72,12–15). Der König soll einen priesterlichen Charakter haben (Ps. 110). Seine Armee besteht aus einer Gruppe von Kriegern, die heilige Gewänder tragen. Er selbst ist ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Der Verweis auf Melchisedek steht natürlich in Verbindung mit dem vierzehnten Kapitel der Genesis, wo er sowohl als König als auch als Priester dargestellt wird. Der israelitische König soll in derselben Thronfolge in derselben königlichen Stadt weitermachen. Er soll die Ämter des Königs und des Priesters vereinen, im Namen Jehovas segnen und den Zehnten empfangen. Der Krieg, den er mit seinen Anhängern führt, ist ein heiliger Krieg. Er sitzt auf dem „heiligen Berg Zion” (Ps. 2,6).
Es werden eindrucksvolle Begriffe verwendet, um die Dauer der Monarchie zu beschreiben. Sie soll für immer bestehen (Ps. 110,4); so lange wie die Sonne (Ps. 72,17); für alle Generationen, für immer und ewig (Ps. 45,16-17).

Israel’s Messianic Hope to the Time of Jesus

Es ist besser, sich selbst unter Kontrolle zu haben, als eine Stadt zu kontrollieren.

Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert.
Elberfelder 1871 – Sprüche 16,32

Besser ist ein Langmütiger als ein Held,
wer seines Aufbrausens waltet, als wer eine Stadt bezwingt.
Buber & Rosenzweig – Sprüche 16:32

Wer nicht schnell zornig wird, ist besser als ein Starker,
und wer sein Temperament beherrscht, ist besser als einer, der eine Stadt einnimmt.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Spr 16,32

Wer seinen Zorn im Zaum halten kann, ist besser als ein Kriegsheld,
wer sich selbst beherrscht, besser als einer, der Städte erobert.
das Buch – Spr 16:32

Im Gegensatz zu vielen, die meinen, es sei gut, seinen Ärger rauszulassen, sagt das Buch der Sprüche, man soll nicht so schnell wütend werden. Nur jemand, der echt stark ist, wie jemand, der eine Stadt einnehmen kann, kann seinen Ärger im Griff haben (seinen Geist beherrschen). (Zu den schädlichen Auswirkungen von Wut siehe 14:29; 15:1, 18; 19:11; 22:24; 27:4; 29:22; 30:33; siehe auch Gal 5:20; Eph 4:31; Kol 3:8.)

The ESV Study Bible

»Welche aber Christus angehören, die haben ihr Fleisch gekreuzigt samt den Lüsten und Begierden« (Gal 5,24). Das klingt, als wäre die Selbstbeherrschung für Christen kein Problem mehr. Dieser Eindruck schwindet schnell, wenn man den Vers im Zusammenhang liest. Auch uns gelten die vergleichenden Einschätzungen unseres Spruches. Ein Held hat sein Schwert stets bei der Hand und schlägt bei jeder Gelegenheit sofort zu – um sein Heldentum zu beweisen, oder weil sein Jähzorn mit ihm durchgeht, er gar keine friedliche Lösung erstrebt? Wieviel Leid ist auf diese Weise schon zugefügt worden, wieviel Benzin ins Feuer gegossen. Ein Langmütiger (wörtl.: »lange Nase«, d.h. langer Atem) zu sein ist viel besser. Er löst die Spannung ohne Heldentum, aber auch ohne Blut und Tod. Er braucht keinen Friedensvertrag, weil er den Frieden erhalten und den Krieg verhindert hat.
Mit »Leidenschaft« ist das hebr. Wort für »Geist« wiedergegeben. Es ist schwieriger und deshalb erstrebenswerter, besser, ein Herrscher über seine Leidenschaft zu sein als Eroberer einer Stadt.

Wuppertaler Studienbibel

»langmütig«, ᵓæræk ᵓappajim (wie in 14,29; 15,18), oder »langsam zum Zorn«. Langmut ist eine Eigenschaft Gottes selbst (2Mo 34,6; Ps 103,8), also etwas, was dem Sünder nicht innewohnt. Selbstbeherrschung ist eine Frucht des Heiligen Geistes (Gal 5,22–23), und das bedeutet, dass niemand sie aus eigener Kraft lernt; einzig die Kraft Gottes vermag, die uns angeborene Ungeduld und Unduldsamkeit zu bezwingen. Das erfuhr David, als er in seinem Zorn sich an Nabal rächen wollte (1Sam 25,13). Da redete Gott zu ihm durch eine kluge Frau, und dieses Reden bezwang Davids Zorn, wie er selbst bekennt: »Gepriesen sei Jahwe, der Gott Israels, der dich mir an diesem Tag entgegengesandt hat … der Gott Israels, der mich verhindert hat, dir Böses zu tun« (1Sam 25,32–34). Gottes Kraft an uns kann nur wirksam werden, wenn wir lernen, auf ihn zu hören; und wer das tut, wird mit der Zeit »langsam zum Zorn« (Jak 1,19).
Darum gilt: »Besser ein Langmütiger als ein Held.« Wen Gott gelehrt hat, sich selbst zu beherrschen, der hat einen größeren Sieg errungen, »als wer eine Stadt bezwingt« (als Gegensatz siehe 14,17.29b; 25,28; 29,11). Gideon konnte seinen Zorn bezwingen und antwortete auf ungerechte Vorwürfe mit klugen Worten, und das war mehr als sein Sieg über die Midianiter (Ri 8,1–3), denn das rettete den Frieden in Israel.
Wir neigen dazu, den schnell und entschlossen Handelnden zu bewundern; oft aber ist der Mann, der warten kann und nicht dem Drang zum Losschießen nachgibt, sondern geduldig auf Gottes Stunde harrt, der wirklich Weise. Saul konnte die bestimmte Stunde nicht abwarten und sündigte in seiner Ungeduld (1Sam 13,8–9); und entsprechend sündigte er in seinem lange brütenden (1Sam 18,29) und immer wieder jäh aufflammenden Zorn (1Sam 18,11; als Gegensatz dazu Spr 17,27).

Benedikt Peters – Das Buch der Sprüche

Geduld zu haben ist in dieser Welt ein Erfordernis für jeden Gläubigen, ob in alt- oder in neutestamentlicher Zeit. Ja, wir können sagen: Geduld ist ein herausragender Charakterzug Gottes selbst. Um in der Heiligen Schrift den Gedanken der Geduld wiederzugeben, benutzt der Geist Gottes in der Hauptsache zwei Ausdrücke, die sich in der Bedeutung zwar nahe kommen, sich aber doch deutlich voneinander unterscheiden. Der eine wird gewöhnlich mit „Ausharren“, der andere mit „Langmut“ übersetzt. Es gibt Stellen im Neuen Testament, wo beide Wörter mehr oder weniger eng nebeneinander stehen,
zum Beispiel in Kolosser 1:
„… gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freuden“ (V. 11);
oder in 2 Korinther 4:
„… sondern uns selbst in allem als Gottes Diener erweisend, in vielem Ausharren, in Bedrängnissen … in Langmut, in Güte …“ (V. 4-6).
Die umgekehrte Reihenfolge in der Beschreibung des Lebens und Dienstes des Apostels Paulus finden wir in 2 Timotheus 3,10: „Du aber hast genau erkannt… meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren.“ Und wenn Jakobus in seinem Brief die glückselig preist, die ausgeharrt haben, und dann das Ausharren Hiobs als Beispiel anführt (Kap. 5,11), so wird einen Vers vorher auch auf das Beispiel der Geduld oder Langmut (nicht: des Ausharrens) der Propheten des Alten Testaments verwiesen.
Das griechische Wort für „Ausharren“, „hypomone“, leitet sich von einem Tätigkeitswort ab, das wörtlich „darunter bleiben“ bedeutet. Es bezeichnet Geduld im Blick auf Dinge oder Umstände – ein geduldiges Aushalten, das bei Versuchung und Leiden nicht zusammenbricht. Das erwähnte „Ausharren Hiobs“ ist ein sprechendes Beispiel für diese Bedeutung. Als weiteres Beispiel kann 2 Korinther 1,6 angeführt werden: „Sei es, dass wir getröstet werden, so ist es eures Trostes wegen, der im Ausharren in denselben Leiden wirksam ist, die auch wir erleiden.“ Wenn der Herr Jesus von den Leiden spricht, die Seine Jünger um ihres Glaubens willen würden erleiden müssen, sagt Er abschließend: „Gewinnt eure Seelen durch euer Ausharren“ (Lk 21,19). Es heißt eben für den Gläubigen, „bis ans Ende“ auszuharren (Mt 10,22; 24,12). Das Ausharren soll ein „vollkommenes Werk“ haben (Jak 1,4), und wir haben „Ausharren nötig“, müssen den vor uns liegenden Wettlauf „mit Ausharren laufen“ (Heb 10,36; 12,1).
David spricht vom Leben des Menschen als einem Schattenbild (Ps 39,6). Und wenn er anschließend fragt: „Und nun, auf was harre ich, Herr?“, so heißt es in der Septuaginta, der Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische, wörtlich: „Und nun, was (oder: wer) ist mein Ausharren?“ Die Antwort kann für ihn und für uns nur lauten: „Meine Hoffnung ist auf dich!“ (V. 7).
In Römer 15 werden Gott verschiedene Titel beigelegt, und der erste lautet: der „Gott des Ausharrens“ (V. 5). Wieder lernen wir, dass unsere Hilfsquellen zum Ausharren in Gott selbst liegen. Dem allmächtigen Gott selbst wird jedoch nie direkt „Ausharren“ zugeschrieben, was nach der gebotenen Erklärung des Wortes leicht zu verstehen ist: Gott, der über allem ist, unterliegt niemals einem Druck, einer Versuchung; nie kann je ein Umstand auf Ihm lasten.
Das verhält sich im Blick auf den Herrn Jesus anders. Obwohl Er absolut Gott ist, hat Er als Mensch für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz „erduldet“, hat so großen Widerspruch von den Sündern gegen Sich „erduldet“ (Heb 12,2.3). Hier wird beide Male das Verb „hypomeno“ benutzt: Er hat unter diesen so unvergleichlich schweren Umständen ausgeharrt.
Das zweite griechische Wort für „Geduld“ ist „makro-thymi’a“. Es setzt sich aus den beiden Wörtern „makrös“ = „lang“ und „thymös“ – „Gemüt(sart)“ zusammen und bedeutet „Langmut“. Im Gegensatz zu „Ausharren“ bezeichnet „Langmut“ Geduld mit Personen. Darin liegt der Schlüssel zum Verständnis im Gebrauch der beiden Wörter.
Während „Ausharren“, wie wir gesehen haben, im Blick auf Gott nicht angewandt wird, so ist hingegen „Langmut“ ein Wesenszug der Gnade Gottes. Gott hat „mit vieler Langmut ertragen die Gefäße des Zorns“ (Röm 9,22). Paulus erfuhr die Langmut Gottes in besonderer Weise: zum Vorbild für die, die an den Herrn Jesus glauben würden (1 Timotheus 1,16). Schon in den Tagen Noahs „harrte die Langmut Gottes“ (1 Petrus 3,20), und in 2 Petrus 3,15 werden wir ermahnt, „die Langmut unseres Herrn für Errettung“ zu erachten.
Dass Jehova, Gott, „langsam zum Zorn“, das heißt langmütig ist (die Septuaginta hat makröthymos = langmütig), sagt uns schon das Alte Testament (2 Mose 34,6). Die Langmut, die Beherrschung des Geistes, steht oft mit dem Zurückhalten des Zorns in Verbindung, sie ist aber in der Schrift nicht darauf beschränkt.
Doch auch Menschen werden zur Langmut ermahnt. „Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert“ (Spr 16,32). „Ein zorniger Mann erregt Zank, aber ein Langmütiger beschwichtigt den Streit“ (Kap. 15,18).
Heiligen steht diese Tugend, miteinander Geduld oder Nachsicht zu haben, besonders gut an. So zeigt es der Herr schon in einem Gleichnis: „Habe Geduld (Langmut) mit mir“ (Mt 18,26.29). Und wie die Liebe gütig ist, so ist sie auch langmütig (1 Korinther 13,4); ja, wir sollen „langmütig zu allen“ sein (1 Thessalonicher 5,14). In Jakobus 5 wird das Geduld-Haben (V. 7) in Gegensatz gesetzt zu einem Seufzen der Brüder gegeneinander (V. 9). Wenn wir gegen Brüder seufzen, fehlt es uns an der notwendigen Langmut ihnen gegenüber. Sowohl in Epheser 4,2 als auch in Kolosser 3,12.13, folgt nach der angemahnten Langmut direkt der Zusatz „einander ertragend“.
So finden wir bestätigt, dass Langmut sich als Geduld gegenüber Personen offenbart. Ausharren dagegen ist Geduld in prüfenden Umständen. Nur der Herr kann uns beides schenken. ChB

Ermunterung und Ermahnung 2002 – Seite 116

Geduldiger: Wer langmütig ist und sich von dem Zorn nicht so schnell einnehmen lässt, macht es besser und es ist auch mehr von ihm zu halten, als von einem Starken der in der Schlacht viele Feinde zu Boden geschlagen hat. Und wer sich selber mäßigen kann, dass er seinen bösen Begierden widersteht, der tut ein größeres Werk als der, der eine feste Stadt erobert. Denn das sind vor Gott die rechten Helden, welche durch den Heiligen Geist über die Lüste des Fleisches und der Begierden herrschen. Darum sollen wir viel mehr nach solchem Lob streben, als dass wir uns rühmen können, wir haben wer weiß wie viele Feinde in die Flucht geschlagen.

Luther Studienbibel (2025) – Erklärungen

Hört auf mich, und ihr werdet Gutes essen

Warum wäget ihr Geld dar für das, was nicht Brot ist, und euren Erwerb für das, was nicht sättigt? Höret doch auf mich und esset das Gute, und eure Seele labe sich an Fettem!
Elberfelder 1871 – Jesaja 55,2

Wozu schätzt ihr (Dinge) nach dem Geldwert ein und (warum verwendet ihr) eure Mühe nicht zum Sattwerden? Hört auf mich, und ihr werdet Gutes essen, und eure Seele wird in Gutem schwelgen!
Septuaginta Deutsch – Jesaja 55:2

Warum wiegt ihr Silber ab für Nicht-Brot und eure Mühsal für etwas, das nicht zur Sättigung dient? Höret auf mich und ihr werdet Gutes genießen und ihr werdet euch laben am Fett.
Die Philippson-Bibel – Jes 55,2

Warum wägt ihr Silber hin
für Nichtbrot,
eure Arbeit
für Nichtsättigendes?!
hört nur, höret auf mich,
daß ihr Gutes zu essen habet,
eure Seele am Mark sich erquicke!
Buber & Rosenzweig – Jes 55;2

Diese Frage stelle ich mir auch immer wieder: Warum kaufen Christen „Lebensbeschreibungen“ und „Romane“ anstatt direkt Gottes Wort zu studieren? Warum schaut man auf den sozialen Medien sich „Bestsellerautoren“ und „junge Prediger“ an, die viel weniger von der Bibel wissen, als man selbst – anstelle sich vertiefend mit Gottes Wort auseinander zu setzen? Warum besucht man die „Versammlung“, wo man an der Oberfläche bleibt, und dabei wie der Zuhörer bestimmte Bibelverse besser anwenden kann, anstatt sich vertiefend mit IHM auseinander zu setzen??

Der Gottesknecht starb nicht nur für die Sünden Israels (53,8), sondern auch für die Sünden der ganzen Welt (Johannes 1,29; 1 Johannes 4,14). Jesaja macht in seinem ganzen Buch deutlich, dass die Heiden in Gottes Plan einbezogen sind. Was Jesaja und die anderen Propheten nicht wussten, war, dass gläubige Juden und Heiden eines Tages in Jesus Christus in der Kirche vereint sein würden (Eph 3,1-12).
Gott spricht eine dreifache Einladung an die Heiden aus: Kommt (Jes 55,1-5), sucht (V. 6-13) und betet an (56,1-8).
Kommt (Jes. 55,1-5). Die Einladung richtet sich an „alle“ und nicht nur an die Juden. Jeder, den es nach dem dürstet, was wirklich satt macht (Johannes 4,10-14), ist willkommen, zu kommen. Wie in Jesaja 25,6 stellt sich der Prophet Gottes Segnungen als ein großes Fest vor, bei dem Gott der Gastgeber ist.
Im Osten ist Wasser eine kostbare Zutat, und ein Überfluss an Wasser ist ein besonderer Segen (41:17; 44:3). Wein, Milch und Brot waren die Grundnahrungsmittel des Volkes. Die Menschen lebten von Ersatzprodukten, die sie nicht ernähren konnten. Sie brauchten „das Echte“, das nur der Herr geben konnte. In der Heiligen Schrift sind sowohl Wasser als auch Wein Bilder für den Heiligen Geist (Johannes 7,37-39; Eph 5,18). Jesus ist das „Brot des Lebens“ (Johannes 6,32-35), und sein lebendiges Wort ist wie Milch (1 Petrus 2,2). Unser Herr hatte wahrscheinlich Jesaja 55:2 im Sinn, als er sagte: „Bemüht euch nicht um die Speise, die vergeht, sondern um die Speise, die zum ewigen Leben reicht“ (Johannes 6:27, NKJV).
Die Menschen müssen hart arbeiten, um Brunnen zu graben, Schafe und Rinder zu hüten, Samen zu säen und Weinberge zu pflegen. Aber der Herr bot ihnen alles, wofür sie sich abmühten, umsonst an. Wenn sie auf sein Wort hören, werden sie geneigt sein zu kommen; denn Gott zieht die Sünder durch das Wort zu sich (Johannes 5,24). Beachten Sie die Betonung des Hörens in Jesaja 55,2-3.
Die „sicheren Erbarmungen Davids“ beziehen sich auf den Bund Gottes mit David (2 Sam. 7), in dem er versprach, dass ein Nachkomme für immer auf Davids Thron regieren würde. Dies ist natürlich Jesus Christus (Lk 1,30-33); und der Beweis, dass er Gottes König ist, wird in seiner Auferstehung von den Toten gesehen (Apg 13,34-39). Jesus Christus ist Gottes Bund mit den Heiden („Völkern“), und seine Verheißungen haben Bestand, solange sein Sohn lebt, und das ist für immer.

Warren W. Wiersbe — Sei Commentary Serie

Was die Rettung betrifft, haben bis dahin nicht viele Juden ihr volles Vertrauen auf Jehova gesetzt. Bevor die Stadt Jerusalem fiel, hofften zum Beispiel viele ihrer Herrscher, von mächtigen Nationen unterstützt zu werden, und prostituierten sich gewissermaßen sowohl Ägypten als auch Babylon (Hesekiel 16:26-29; 23:14). Aus gutem Grund sagte ihnen Jeremia warnend: „Verflucht ist der kräftige Mann, der sein Vertrauen auf den Erdenmenschen setzt und tatsächlich Fleisch zu seinem Arm macht und dessen Herz sich von Jehova selbst abwendet“ (Jeremia 17:5). Aber genau das tat Gottes Volk.
9 Jetzt sind die Juden einer der Nationen versklavt, auf die sie vertraut hatten. Haben sie daraus etwas gelernt? Viele möglicherweise nicht, denn Jehova fragt sie: „Warum bezahlt ihr ständig Geld für das, was nicht Brot ist, und warum gilt eure Mühe dem, was nicht zur Sättigung gereicht?“ (Jesaja 55:2a). Vertrauen die gefangenen Juden auf jemand anders als Jehova, dann ‘bezahlen sie Geld für das, was nicht Brot ist’. Sie werden bestimmt nicht aus Babylon freigelassen werden, das grundsätzlich keine Gefangenen in ihre Heimat zurückkehren lässt. Den exilierten Juden hat Babylon mit seinem Imperialismus, seinem Kommerz und der falschen Anbetung wirklich nichts zu bieten.
10 Jehova bittet sein Volk inständig: „Hört mir aufmerksam zu, und esst, was gut ist, und an Fettigkeit finde eure Seele ihre Wonne. Neigt euer Ohr, und kommt zu mir. Hört, und eure Seele wird am Leben bleiben, und ich will einen auf unabsehbare Zeit dauernden Bund mit euch schließen in Bezug auf die liebenden Gütigkeiten gegenüber David, die zuverlässig sind“ (Jesaja 55:2b, 3). Die einzige Hoffnung für diese geistig schlecht ernährten Menschen liegt bei Jehova, der jetzt in der Prophezeiung durch Jesaja zu ihnen spricht. Ihr Leben hängt davon ab, dass sie auf Gottes Botschaft hören, denn dann wird, wie er sagt, ‘ihre Seele am Leben bleiben’. Worum handelt es sich indes bei dem „auf unabsehbare Zeit dauernden Bund“, den Jehova mit denen schließen wird, die auf ihn hören? Es ist ein Bund „in Bezug auf die liebenden Gütigkeiten gegenüber David“. Jahrhunderte zuvor verhieß Jehova David, sein Thron werde „bis auf unabsehbare Zeit gefestigt werden“ ( 2 Samuel 7:16). Bei dem „auf unabsehbare Zeit dauernden Bund“ geht es somit um Herrschaft.

Die Prophezeiung Jesajas — Licht für alle Menschen

In Vers 2 wird eine Aufforderung ausgesprochen: Warum gebt ihr Geld aus für das, was kein Brot ist, und eure Arbeit für das, was nicht satt macht? Hört auf mich und esst, was gut ist, und lasst eure Seele sich an der Fülle erfreuen. Das, was die Seele befriedigt, kann nicht mit Geld gekauft werden. Die Herausforderung lautet also: „Warum Geld für Dinge ausgeben, die keine dauerhafte Befriedigung bringen?“ Die Lösung liegt im zweiten Teil dieses Verses. Im Hebräischen kommt das Wort für „hören“, schama, zweimal in zwei verschiedenen Verbformen vor: schimu schamoa. Statt „höre fleißig“ heißt es im Text: „Höre, höre!“ oder „Höre, höre!“ Es folgt die Empfehlung, das zu essen, was gut ist, und die Seele an Fett zu erfreuen.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja

Euer Innerstes soll Sanftmut und friedvolle Ruhe ausstrahlen

deren Schmuck sei nicht der auswendige durch Flechten der Haare und Umhängen von Gold oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist.
Elberfelder 1871 – 1.Petrus 3,3–4

Putzt euch nicht äußerlich heraus mit aufwendigen Frisuren, kostbarem Schmuck oder prächtigen Kleidern. Eure Schönheit soll von innen kommen! Freundlichkeit und ein ausgeglichenes Wesen sind der unvergängliche Schmuck, der in Gottes Augen Wert hat.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Petrus 3:3–4

Eure Schönheit soll nicht darin bestehen, dass ihr euer Haar aufwändig frisiert, Goldschmuck anlegt und kostspielige Kleider tragt. Das sind alles nur äußere Dinge. Sie soll vielmehr von innen kommen und ein Ausdruck eures Lebens mit Christus sein, das den Blicken der Menschen verborgen ist. Ein freundliches und ausgeglichenes Wesen ist etwas Unvergängliches und ist die Art von Schmuck, die in Gottes Augen einen unvergleichlichen Wert hat. (wörtlich Sie soll vielmehr der verborgene Mensch des Herzens sein mit dem unvergänglichen ´Wesen/Schmuck` des freundlichen und ruhigen Geistes, der….)
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Petr 3,3–4

Euer Schmuck bestehe nicht in Äusserlichkeiten, nicht darin, dass ihr euch die Haare kunstvoll flechtet, Goldschmuck tragt und prächtige Kleider anzieht; euer Schmuck sei vielmehr der verborgene Mensch des Herzens, der sich im unvergänglichen Wirken des sanftmütigen und stillen Geistes zeigt. Das ist kostbar vor Gott.
Zürcher Bibel 2007 – 1.Petr 3:3–4

Dabei soll euer Schmuck nicht vor allem in äußerlichen Dingen bestehen, wie zum Beispiel aufwendige Frisuren oder Goldgehänge oder besonders teure Kleider. Sondern ihr sollt euch auszeichnen durch eure inneren Werte, die eure gesamte Persönlichkeit prägen. Euer Innerstes soll Sanftmut und friedvolle Ruhe ausstrahlen. Das ist sehr wertvoll vor Gott.
Das Buch – neues Testament und Psalmen – 2009 – 1.Pet 3,3–4

Das Erste, was Menschen von uns mitbekommen, ist unsere äußere Erscheinung. Als der Prophet Samuel zu Isai, dem Vater von König David sagte: „Der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, aber der HERR sieht auf das Herz“ (1Sam 16,7), machte er eine wahre Feststellung. Deshalb ist es nicht falsch oder eitel, auf sein Äußeres zu achten. Eine Frau, die ungepflegt durch die Gegend läuft, ist kein Zeugnis für ihren Herrn. Jede Frau möchte hübsch aussehen, und darf es auch! In manchen biblischen Erzählungen wird ausdrücklich auf die Schönheit einer Frau hingewiesen: Sara (1Mo 12,11), Rebekka (1Mo 24,16), Rahel (1Mo 29,17), Ester (Est 2,7). An keiner Stelle wird das als verwerflich bewertet, im Gegenteil.
Diese Stellen bekommen allerdings im Zusammenhang mit der Lehre des Neuen Testaments eine neue Tiefe.
Lies 1. Petrus 3,3–4. Was macht eine Frau wirklich schön?

Petrus geht es wohl weniger darum, Schmuck und schöne Kleider zu verbieten, sondern Frauen darauf hinzuweisen, dass ihre wahre Schönheit nicht in Farben, Stoffen und Juwelen liegt. Sara, die Petrus zwei Verse später erwähnt (V. 6), war nicht ohne Grund bis in ihr hohes Alter attraktiv (vgl. 1Mo 12,11.14; 20,2; bei diesen Begebenheiten war sie ca. 65 bzw. 90 Jahre alt) – vermutlich wegen ihrer inneren Ruhe und Ausstrahlung. Rebekka weckte die Aufmerksamkeit von Abrahams Diener nicht nur wegen ihrer äußeren Schönheit, sondern weil sie alle zehn Kamele tränkte! Sie hatte das Herz einer Dienerin.
Auch Ester muss aus irgendeinem Grund unter all den Schönheiten, die das Reich des Königs Ahasveros zu bieten hatte, aufgefallen sein. Der Hüter der Frauen mochte und begünstigte sie (vgl. Est 2,9). Etwas hatte sie, was die heidnischen Mädchen nicht hatten: Die Furcht des Herrn, die Gelassenheit eines tiefen Gottesvertrauens, die sie befähigte, auch in der haarsträubenden Situation, in der sie sich befand, gefasst zu bleiben. Eine Frau, die nicht auf sich selbst fixiert ist, ist immer schön.
König Salomo, der für die Reize schöner Frauen mehr als zugänglich war, teilt uns seine Erkenntnisse in seiner Sammlung weiser Sprüche mit.

Vollkommer – Von Frau zu Frau: Ein Bibelkurs

Viele Frauen trugen höchst kunstvolle Frisuren, und die Reichen versuchten natürlich, stets mit der neuesten Mode Schritt zu halten. Der auffällige Schmuck dieser reichen Frauen, mit dem sie die Aufmerksamkeit der Männer auf sich ziehen wollten, wurde in der Literatur und den Reden der Antike wiederholt verurteilt, und so wurde der Apostel hier sicherlich verstanden. (Siehe die Ausführungen zu 1.Tim 2,9-10 .)
1 Petr 3:4 : In der Gesellschaft der Antike galt ein »sanfter und stiller Geist« als eine der herausragendsten weiblichen Tugenden, und viele Moralisten empfahlen den Frauen, sich lieber in dieser Haltung zu üben, statt sich in die neueste Mode zu kleiden, um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen – eine Untugend, die vor allem den adligen Frauen zur Last gelegt wurde, aber natürlich bei allen, die es sich leisten konnten, Nachahmerinnen fand.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Ein heißes Eisen
Es ist nicht so ganz einfach, etwas über den „Schmuck der Frau“ zu schreiben. Dennoch greift des Neue Testament dieses Thema auf und deshalb möchte ich versuchen, anhand zweier Verse aus dem ersten Petrusbrief dazu etwas zu schreiben und besonders meinen Glaubensschwestern (aber nicht nur) zum Überdenken vorzulegen.
Petrus schreibt:
„… deren Schmuck nicht der äußere sei durch Flechten der Haare und Umhängen von Goldschmuck oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist.“(1 Petrus 3,3.4)

Nicht der äußere Schmuck
Beim Lesen des Verses wird unmittelbar klar, dass es um allgemeine Hinweise geht, die für jede gläubige Frau gültig sind. Sie soll durch ihr Verhalten ein Zeugnis sein und dazu gehört, dass sie nicht durch den äußeren Schmuck glänzt, sondern dass der innere Schmuck des Herzens an ihr gesehen wird. Petrus zeigt zuerst, worin der Schmuck der Frauen nicht bestehen soll. Danach zeigt er die positive Seite, nämlich womit sie sich schmücken sollen.
Es liegt in der Natur der meisten Frauen, dass sie sich gerne schmücken. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange es der richtige Schmuck ist. Die Gefahr besteht allerdings, dass Frauen sich in ihrem Äußeren (ihrem „Outfit“) davon leiten lassen, was in der Welt gerade „in“ ist. Davor werden wir sowohl in unserem Vers als auch in 1 Timotheus 2,9-15 gewarnt. Der entscheidende Punkt ist, dass der Schmuck der Frau nicht durch die äußere Optik bestimmt wird, sondern dass er durch das Innere sichtbar wird. Der geschätzte Ausleger H.L. Heijkoop schreibt: „Wahrer Schmuck ist sittlicher Natur. Äußerlicher Schmuck macht niemanden anziehend vor Gott und ebenso wenig vor Menschen, die nicht bei der Oberfläche stehen bleiben, sondern gewöhnt sind, die Dinge in ihrem sittlichen Charakter zu sehen“. Wie Gott schon im Alten Testament über den nur äußerlich zur Schau gestellten Schmuck und die Kleidung der Frauen denkt, zeigt Jesaja 3,16-25 sehr deutlich.

Keine gesetzlichen Anordnungen
Allerdings dient unser Vers nicht dazu, in einer gesetzlichen Form vorzuschreiben, was Frauen anziehen sollen oder was nicht. Es fällt ohnehin auf, dass das Neue Testament mit „Kleidungsvorschriften“ sehr zurückhaltend ist. Petrus schreibt nicht, dass es generell per Dekret „verboten“ ist, Schmuck zu tragen oder die Haare zu flechten. Wenn man das in diesen Vers hineinlegen möchte, müsste man konsequenterweise ebenfalls dafür plädieren, dass Frauen keine Kleider tragen.
Es geht vielmehr um den Missbrauch des Schmucks und des äußeren Erscheinungsbildes einer Frau, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Person gelenkt und so eine Möglichkeit verloren geht, Menschen für Christus zu gewinnen. Eine gläubige Frau, die in erster Linie durch ihr Äußeres auffallen will, unterscheidet sich nicht von den ungläubigen Frauen dieser Welt. Sie pflegt das, was wie „Gras“ ist und bald vergehen wird (s. 1 Petrus 1,24).

Drei konkrete Punkte
Petrus nennt drei Dinge, die den äußeren Schmuck ausmachen und die miteinander verbunden sind. Erstens das Flechten der Haare, zweitens das Umhängen von Goldschmuck und drittens das Anziehen von Kleidern. Jedes Mal benutzt er ein Wort das nur hier im NT vorkommt.
Viele Frauen verbrachten damals sehr viel Zeit damit, sich auf diese Weise zu schmücken. Die Warnung für uns liegt auf der Hand: Eine gläubige Frau soll sich nicht übermäßig mit ihrem Äußeren beschäftigen, um damit die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
• Das Flechten der Haare: Dieses Wort meint nicht das einfache und schlichte Flechten der Haare, sondern die Arbeit eines Haarkünstlers, der für seine Kunst sehr viel Aufwand betrieb und ganze Berge von Flechten zu einem regelrechten „Kunstwerk“ aufhäufte. Es geht ganz sicher nicht um eine schlichte Frisur oder eine normale Haarflechte.
• Das Umhängen von Goldschmuck: Hier wird Bezug auf den damals üblichen Goldschmuck genommen, der an Hals, Knöcheln, Armen oder Fingern getragen wurde. Erneut ist die Warnung klar: Der deutlich sichtbare Goldschmuck lenkt die Blicke auf die Frau und passt nicht zu einem Wandel in Gottesfurcht und Reinheit. Es versteht sich von selbst, dass es nicht nur um Gold, sondern ebenso um andere Materialien geht, aus denen Schmuck hergestellt wird.
• Das Anziehen von Kleidern: Petrus meint natürlich nicht, dass eine Frau keine Kleider (Kleidungsstücke) anziehen soll, sondern dass sie die Kleidung nicht benutzen soll, um damit aufzufallen und zu glänzen. Es geht um die Vielfalt und/oder Kostbarkeit der Kleidungsstücke, die aus Eitelkeit getragen werden.
Alle drei Dinge stehen in Übereinstimmung mit dem, was Paulus schreibt: „Ebenso auch, dass die Frauen sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung“ (1 Timotheus 2,9).

Gott sieht auf das Herz
Die Sache ist eigentlich einfach. Unserem Gott kommt es auf das Herz an. Er „sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber der Herr sieht auf das Herz“ (1 Samuel 16,7). Ihm ist ein reines Herz wichtig (s. Mt 5,8).
Es wäre allerdings fatal, daraus den Rückschluss zu ziehen, das Äußere sei unwichtig. Wenn das Äußere ein Spiegel des Inneren ist, so wird ein Christ für ein ordentliches und anständiges „Outfit“ sorgen und weder durch äußeren Schmuck noch durch nachlässige Kleidung auffallen.
Mit Recht ist das Beispiel einer Uhr benutzt worden. Zwei Dinge sind wichtig, damit eine Uhr ihren eigentlichen Zweck erfüllt und die Zeit anzeigt: Erstens muss das Uhrwerk intakt sein (das Innere) und zweitens müssen die Zeiger da sein (das Äußere). Wenn eins von beidem fehlt, geht die Uhr an ihrer „Bestimmung“ vorbei und zeigt die Uhrzeit nicht an.
Der amerikanische Bibelausleger S. Ridout schrieb schon vor vielen Jahrzehnten: „Die Kleidung einer Christin sollte wie alles andere nicht im Widerspruch zu ihrem himmlischen und abgesonderten Charakter stehen. Gerade die Tatsache, dass wir nicht unter Gesetz sind, sollte uns umso mehr zu einfachem Gehorsam leiten. Andererseits kann man mit Schäbigkeit oder Nachlässigkeit der Kleidung wohl kaum Reklame für die Wahrheit machen“.
„Die Kleidung einer Christin sollte wie alles andere nicht im Widerspruch zu ihrem himmlischen und abgesonderten Charakter stehen.“

Bleib in mir 2019

Das Partizip, das im Deutschen mit „sollt ihr (euch) unterordnen“ (hypotassomenai, wörtlich „sich unterwerfen“) übersetzt ist, hat das Gepräge eines Befehls (vgl. 1 Petrus 2,18). Dieses Gebot schreibt den Frauen vor, ihren Männern unbedingt gehorsam zu sein (vgl. Eph 5,22; Kol 3,18). Es beschränkt die Subordination der Frauen allerdings auf den Bereich des Hauses, da es nur den Ehemännern gegenübergilt. Gott hat sie als „Häupter“ der Familie eingesetzt, deren Autorität die Frauen akzeptieren sollen. Von der Frau wird erwartet, daß sie ihren Platz in der Familienhierarchie ausfüllt. Die Frauen sollen sich ihren Ehemännern auch dann unterwerfen, wenn diese Ungläubige sind, damit sie durch das Leben ihrer Frauen ohne Worte für den Glauben gewonnen werden. Die überzeugende Reinheit einer gottesfürchtigen Frau wird selbst einen völlig uneinsichtigen Mann mit der Zeit beeindrucken (vgl. Tit 2,5).
Eine Frau, die einen solchen Sieg erringt, hat eine herzbezwingende Liebenswürdigkeit, die nicht von äußerem Schmuck, sondern aus dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes (vgl. 1Tim 2,9-11 ) kommt. Dieser Schmuck des Geistes ist köstlich vor Gott. Während die Welt kostbare Gewänder und Juwelen liebt, ist in Gottes Augen eine Frau von sanftem und stillem Gemüt „köstlich“. Petrus wollte damit nicht sagen, daß Frauen keinen Schmuck oder schöne Kleider tragen sollen, sondern daß eine Christin nicht in äußeren Dingen die Quelle wahrer Schönheit suchen soll.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Als Nächstes spricht Petrus in den Versen 3-4 die Ausgewogenheit zwischen äußerem und innerem Schmuck an. In Vers 3 weist er die Frauen bezüglich des äußerlichen Schmuckes an. Das hier gebrauchte griechische Wort für Schmuck ist Kosmos; davon stammt auch das Wort Kosmetik ab. Das griechische Wort bezieht sich normalerweise auf das geordnete Weltsystem unter Satans Herrschaft. In diesem Fall jedoch spricht Petrus das geordnete System an, von dem eine Frau Gebrauch macht, um äußerlich schön zu wirken. Er zählt drei Formen des äußeren Schmucks auf: (1) Flechten der Haare; im Neuen Testament finden wir das griechische Wort für flechten nur in diesem Vers. In der griechischen Welt wurde es jedoch für die komplette Arbeit eines Haarkünstlers gebraucht. (2) Umhängen von Gold; das bezieht sich auf den Goldschmuck, der um den Hals, an Fußknöcheln, Armen oder Fingern getragen wird. (3) Anziehen von Kleidern; das griechische Wort für anziehen wird nur in diesem Vers gebraucht; es bezieht sich auf die Vielfalt von Kleidern, die gelegentlich aus Eitelkeit getragen wurden. Dieser Vers wird manchmal als Grundlage für die Lehre gebraucht, weibliche Gläubige sollten weder ihr Haar flechten noch Schmuck tragen. Wäre das Petrus’ Absicht, müsste man folgern, dass diese Frauen sich auch überhaupt nicht kleiden sollen; schließlich nennt Petrus auch das Anziehen von Kleidern. Aber alle drei Aussagen müssen in ihrem eigenen Umfeld betrachtet werden. Petrus verurteilt keineswegs äußeren Schmuck. Es geht ihm darum, dass äußerlicher Schmuck nicht im Zentrum stehen sollte; er sollte nicht aus Eitelkeit getragen werden. In Vers 4 weist Petrus vielmehr darauf hin, dass äußerer Schmuck mit dem inneren vereint werden soll, da äußerlicher Schmuck immer vergänglich ist. Irgendwann verblasst die Schönheit aufgrund des Alters. Gold und Silber beschlägt. Kleidung trägt sich langsam ab. Die vorrangige Entwicklung für die gläubigen Frauen sollte der verborgene Mensch des Herzens sein. Als Gegensatz zu äußerlichem Schmuck sollten Ehefrauen den inneren Schmuck entwickeln. Der verborgene Mensch des Herzens bezeichnet »das wiedergeborene Wesen«. Es ist der unvergängliche Schmuck des sanften und stillen Geistes. Das Wort unvergänglich bedeutet, dass etwas »unzerstörbar« ist; und hier bezieht sich Petrus auf die unzerstörbare Qualität des inneren Lebens. Das Wort sanft betont die Art und Weise der Unterordnung. Ehefrauen sollten sich in Sanftheit unterordnen und dabei stets rücksichtsvoll sein. Das Wort still betont die Haltung gegenüber den Ehemännern und dem Leben im Allgemeinen. Es bezieht sich auf eine ruhige Haltung im Gegensatz zu einem lärmenden, lauten Betragen. Das Wort Geist bezieht sich nicht auf den Heiligen Geist, sondern auf den neu geborenen menschlichen Geist. Es ist der Geist, den gläubige Ehefrauen entwickeln sollen. An äußerem Schmuck ist nichts Falsches; aber der Hauptschwerpunkt soll die Entwicklung des inneren Schmuckes sein, der vor Gott von hohem Preis ist. Der sanfte und stille Geist in diesem Vers ist vor Gott von unschätzbarem Wert. Das Wort von hohem Preis bedeutet, dass etwas teuer ist. Die Entwicklung des inneren Menschen zu einem stillen und sanften Betragen ist der teuerste Edelstein, den Frauen erwerben können. Dieser sanfte und stille Geist soll ihr Zentrum sein.

Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe

Die Frau sollte jedoch nicht die Anziehungskraft ihres natürlichen Charmes mit der innerlichen Schönheit ihres Herzens vertauschen, um damit ihren Ehemann für den Herrn zu gewinnen. Einige der Leser dieses Briefes waren offensichtlich nicht arm; sie besaßen Schmuck und Gold. Hier stehen drei Verben von ziemlicher Bedeutung: „flechten“, „umhängen“, „anziehen“. Diese „sollen die Vorstellung arbeits- und zeit- intensiver Prozesse vermitteln, bei denen viel Zeit verschwendet wird“ (Bengel). Es ist eben diese übermäßige Beschäftigung mit den Äußeren, verbunden mit extravagantem Schmuck als Mittel, um die Aufmerksamkeit zu erregen, gegen die sich diese Ermahnung wendet.
Einige Sekten haben diesen Vers mißbraucht, um den Stil der Kleidung der Frau in gesetzlicher Weise vorzuschreiben. Petrus verbietet hier nicht „irgendeinen oder jeden Schmuck“, sondern stellt einen Vergleich hinsichtlich der Werte eines äußerlichen Schmucks und des inneren Schmucks dar, nämlich den eines sanften und stillen Geistes als eines Mittels, um andere für Christus zu gewinnen. Je mehr von diesem inneren Schmuck hervorleuchtet, desto weniger Zeit, Mühe und Kosten werden auf äußeren Schmuck verwendet. Die höchst wirksame und am längsten währende Kosmetik wird in Ps 149,4 beschrieben: „Er schmückt die Demütigen mit Heil“.
„Die Kleidung einer Christin sollte wie alles andere nicht im Widerspruch mit ihrem himmlischen und abgesonderten Charakter stehen. Gerade die Tatsache, daß wir nicht unter dem Gesetz sind, sollte uns um so mehr zu einfachem Gehorsam leiten. Andererseits kann man mit Schäbigkeit oder Nachlässigkeit in der Kleidung wohl kaum Reklame für die Wahrheit machen“ (S.Ridout).
Jugend und das zarte Rot der natürlichen Schönheit verblassen mit zunehmenden Jahren. Die Schönheit des Charakters wird lieblicher und anziehender. Sie ist „nicht verweslich“. In der Sicht Gottes ist der innere Wert ein „sehr köstlicher Schmuck“. Das hier verwendete Wort ist dasselbe wie in Mk 14,3 ,nämlich „kostbar“. Petrus wird dieses Ereignis und die damit verbundene Lektion wohl nicht vergessen haben, daß nämlich der Herr andere Wertvorstellungen hat als der Mensch (Vgl. die 21 Schmuckstücke in Jes 3,18-23 mit den dreien in 1Mo 24,22).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Wenn Gott zu einem Propheten geredet hat, wer sagt diese Sachen dann nicht auch weiter?

Ja denn, nicht tut mein Herr, ER, irgendwas,
er habe denn seinen Beschluß offenbart
seinen Knechten, den Kündern.
Der Löwe hat gebrüllt,
wer fürchtete sich nicht!
mein Herr, ER, hat geredet,
wer kündete nicht! –
Buber_Rosenzweig – Amos 3,7–8

Denn der Herr, der Ewige, tut nichts, er hätte denn sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, offenbart. Brüllt aber ein Löwe, wer fürchtete sich nicht? Redet der Herr, der Ewige, wer prophezeite nicht? –
Die Philippson-Bibel – Amos 3:7–8

Gott tut nichts, es sei denn, er hat es seinen Propheten vorher angekündigt.
Wenn ein Kampfhund vor einem steht, seine Zähne fletscht und laut knurrt, wer sollte da keine Angst haben? Wenn Gott zu einem Propheten geredet hat, wer sagt diese Sachen dann nicht auch weiter?“
VolxBibel – Am 3,7–8

Denn der Herr, der Ewige, tut nichts, es sei denn, er offenbart seinen Ratschluss seinen Knechten, den Propheten. Der Löwe hat gebrüllt – wer fürchtet sich nicht? Der Herr, der Ewige, hat geredet – wer wird nicht weissagen?
Streitenberger – Der Tanach Deutsch – Am 3:7–8

Den Vers hatten wir schon einmal – also nur Ergänzungen.

Tut nichts: Also dass er seinem Volk kein Unglück unversehens zuschickt, sondern ehe er straft, entdeckt er zuvor den Propheten seinen Willen und Meinung, auf dass sie das Volk zur Buße ermahnen. Darum sollt ihr nicht denken, dass wir die Weissagungen aus unserem Hirn vorbringen, sondern aus göttlicher Offenbarung. (Also sollen wir der getreuen Kirchendiener Warnungen und Schelten nicht verachten, denn sie werden von dem Heiligen Geist aufgemuntert, dass sie die herzunahende Strafe verkündigen ).

3,8 Brüllt: Das ist, Gott ist gar sehr wider euch ergrimmt.
Nicht fürchten: Wie sollte es möglich sein, dass ihr nicht erschreckt, wenn ihr von solchem großen Zorn Gottes erinnert werdet, sofern ihr anders noch bei Verstand seid?
Redet: Zu uns Propheten und droht euch euer endliches Verderben.
Nach Luther: Das ist, ich muss wohl predigen, eure Sünde strafen und Gottes Zorn euch ankündigen, Gott heißt mich es und ihr seid die Ursache mit eurem bösen Wesen.
Weissagen: Wie könnten wir es unterlassen, dass wir euch die künftigen Strafen nicht verkündigen sollten und vor so großer Gefahr warnen, sofern wir anders nicht an der Verdammnis eurer Seelen und an allem Unglück, das euch treffen wird, wollen schuldig sein? (Denn wenn Gott dem Gottlosen sagt, er müsse des Todes sterben, der Kirchendiener aber ihm solches nicht anzeigt, so wird zwar der Gottlose in seinen Sünden sterben, aber sein Blut will Gott von des Kirchendieners Hand fordern [Hes 3; 33]. Sollen deswegen die widerspenstigen Zuhörer der Kirchendiener Schelten und Strafpredigten nicht den Kirchendienern, sondern sich selbst zumessen. Denn wenn der Kranke mit Essen und Trinken sich nicht recht halten will, so muss der Arzt auch desto herber Mittel zur Arznei vor die Hand nehmen).

Luther Studienbibel (2025) – Erklärungen

3:7 Diese Klammerbemerkung unterbricht, unterstreicht aber gleichzeitig Amos‘ Aussage, dass Gott souverän ist und tut, was er will: Deshalb war das Gericht über Israel sicher.
3:8 Zwei weitere rhetorische Fragen vervollständigen die Gruppe von neun (V. 3–6). Es würde Israel nichts nützen, Prophezeiungen zu verbieten (2:12; 7:13, 16); der wahre Prophet muss prophezeien, genauso sicher wie Gottes Gericht kommen muss.

The Nelson Study Bible

Diese Verse sind das Fazit der vorherigen Fragen. Der Herr ist derjenige, der das Urteil fällt, und hat dem Propheten, der Gottes Wort verkünden muss, gnädig sein Geheimnis (seinen Plan oder sein Vorhaben) gezeigt. Dass Gott die Warnung vor dem Urteil durch seinen Diener ausspricht, ist schon ein Zeichen seiner Gnade, die zur Umkehr führen soll (Röm 2,4).

The Reformation Heritage KJV Study Bible

Gott ruft nicht alle dazu auf, Propheten zu sein, aber er ruft uns alle dazu auf, eine enge Beziehung zu ihm zu haben. Wir können dem Herrn so nah kommen, dass er uns seine intimsten Geheimnisse anvertraut. Ihm nahe zu sein, ist eine Entscheidung. Jeder von uns ist dem Herrn so nah, wie er selbst es möchte. Er bittet uns, ihn zu suchen und uns ihm zu nähern, damit er sich uns nähern kann (Jakobus 4,8). Er hat den Vorhang für uns zerrissen, damit wir jederzeit mutig vor seinen Thron treten können (Hebräer 4,16). Wir brauchen Kraft, aber wir dürfen nicht vergessen, dass er uns sogar seine Kraft gibt, um uns näher zu ihm zu bringen. Gott muss das nicht tun, aber seine Propheten sind seine Freunde, und er will nichts tun, ohne sie mit einzubeziehen. Das Ziel der Unterweisung ist Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungefälschtem Glauben (1. Timotheus 1,5).

The Revival Study Bible

So lieb hat Gott sein Volk, daß er nichts (wörtl. »kein Ding«!) tut, das er ihm nicht zuvor gesagt hat (Ps 103,7). So voll Vertrauen und Barmherzigkeit ist Gott zum Menschen. Erst recht bringt Gott das Gericht nicht ungewarnt über sein Volk! Er läßt zuvor die Erde knarren (2,13), er gibt Vorzeichen: Die Lilien auf dem Feld zeigen Gottes Fürsorge (Mt 6,28); wie das Erntefeld die nahe Ernte zeigt, so gibt es auch Vorzeichen Z.B. Jesu Wiederkunft und das Gericht (Joh 4,35). Gott enthüllt sein Geheimnis: wörtlich: »er offenbart seine Zwiesprache« – Gott zieht uns über seine Propheten ins Vertrauen (Jer 23,18.22; vgl. 1Mo 49,6; Ps 55,15; Jer 6,11; Hes 13,9; beachte Spr 11,13; 20,19); »von Mund zu Mund« sprach Gott mit Mose (4Mo 12,8) und den Propheten offenbart er sich ebenso mit seinem Wort.
[8] Ein Grundgedanke aller Offenbarung ist die Verkündigung des Willens Gottes, ein anderer ist das Angebot der Vergebung, ein dritter die Ankündigung des Gerichtes denen, die seine Liebe ablehnen. Das Gericht haben wir zu fürchten. Gott erzieht auch durch die Angst vor dem Gericht. Es gibt eine heilsame Angst (Hes 33,1–5).
Ein wesentliches Kennzeichnen für echte Verkündigung ist der Hinweis auf den heiligen Ernst des Willens Gottes, auf das Gericht (Jer 28,8f; vgl. Jesu Weherufe Mt 11,2; Offb 2,23; Lk 23,28ff). Der Prophet muß sprechen. Ein Zwang liegt auf ihm, Gottes Wort weiterzusagen’d: Gottes Reden ist wie ein Löwengebrüll. Der Knecht ist auch der hohe königliche Beamte, der Vertraute (Dan 10,17; 1Mo 44,32).

Holland – Wuppertaler Studienbibel

Du brauchst keine Angst zu haben! Gott liebt dich ohne Ende! Du kannst dich entspannen! Du kannst ganz viel Kraft haben und Mut auch noch dazu!

Und er sprach: Fürchte dich nicht, du vielgeliebter Mann! Friede dir! sei stark, ja, sei stark! Und als er mit mir redete, fühlte ich mich gestärkt und sprach: Mein Herr möge reden, denn du hast mich gestärkt.
Elberfelder 1871 – Daniel 10,19

Er sprach:
»Fürchte dich nimmer, Mann des Wohlgefallens,
Friede mit dir!
sei stark, sei stark!«
Als er mit mir redete, erstarkte ich und ich sprach:
»Mein Herr rede, denn du hast mich gestärkt.«
Buber & Rosenzweig – Daniel 10:19

Und er sagte zu mir: Fürchte dich nicht, vielbegehrter Mann! Friede sei mit dir! Sei ein Mann und sei stark! Und während er mit mir sprach, wurde ich stark und sagte: Mein Herr möge sprechen, denn du hast mich gestärkt.
Septuaginta Deutsch Alternativer Text – Dan 10,19

Und er sagte zu mir: Du bist ein liebenswerter Mensch. Fürchte dich nicht! Alles Gute! Sei ein Mann und sei stark! Und während er mit mir sprach, wurde ich stark und sagte: Mein Herr möge sprechen, denn er hat mich gestärkt.
Septuaginta Deutsch – Dan 10:19

ein liebenswerter Mensch (LXX): S.o. zu 9,23; 10,11.
Sei ein Mann und sei stark: Der zweimalige Imp. in MT חזק וחזק »sei stark und sei stark« ist einmalig und kaum die ursprüngliche Lesart; die LXX und Th lasen möglicherweise: חזק זומץ, vgl. Dtn 31,6.7.23; Jos 1,6.7.9.18; 10,23; 1Chr 22,13; 28,20; 32,7.
er hat mich gestärkt (LXX): Die LXX verbleibt in der 3. Sg., während MT חזקתני »du hast mich gestärkt« (2. Sg. Mask. pi. + Suffix 1. Sg.) in die direkte Anrede wechselt.
Septuaginta Deutsch: Erläuterungen und Kommentare zum griechischen Alten Testament

Daniel war bereits durch die Erscheinung des Boten kraftlos geworden (V. 8 ; vgl. Dan 7,15; Dan 8,27 ). Nun war er geradezu überwältigt ( sprachlos ; Dan 10,15 ), als er von dem Konflikt zwischen Engeln und Dämonen hörte, der die Antwort auf sein Gebet verzögert hatte. Ja, er wurde von Angst ergriffen (V. 16 ) über den Inhalt der Vision bezüglich des zukünftigen Leidens Israels. Er war völlig entkräftet (vgl. V. 8 ) und rang nach Atem.
Indem Daniel den Boten als mein HERR anspricht (vgl. V. 19 ; Dan 12,8 ), benutzte er einen Ehrentitel, der etwa dem heutigen Gebrauch dieses Ausdruckes entspricht.
Der Engel ging zunächst auf Daniels Zustand ein und beruhigte seine innere Erregung ( Fürchte dich nicht ; vgl. Dan 10,12 ; o du hochgeschätzter Mann ; vgl. Dan 9,23;10,11 ). Er stärkte ihn körperlich und gefühlsmäßig, so daß Daniel fähig wurde, die Einzelheiten der Botschaft zu empfangen.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Er fährt fort zu sagen, dass sowohl seine Kraft als auch sein Odem von ihm gewichen waren. Wie bereits gesagt, das Gefäß konnte kaum dem Druck der Inhalte der Vision standhalten; und auf diese Weise lehrt der Herr seinen Knecht seine völlige Schwachheit, und er sollte lernen, dass seine Kraft in Schwachheit vollbracht wird. Als Daniel also bekannte, dass keine Kraft mehr in ihm übrig war, „rührte mich wieder einer an, von Aussehen wie ein Mensch, und er stärkte mich. Und er sprach: Fürchte dich nicht, du vielgeliebter Mann! Friede dir! Sei stark, ja, sei stark!“ Dies ist unglaublich schön, denn es zeigt uns, dass der Herr nichts von uns erwartet, als auf Ihn zu blicken, damit Er uns Kraft gebe. Kraft, das Bewusstsein Seiner Lieber, Ruhe, Frieden, ja doppelte Stärke werden Daniel zugesichert, um ihn zu dem Dienst auszurüsten, zu dem er berufen war. In der Tat, wer zieht jemals auf eigene Kosten in den Krieg? Nein – Er, der ruft, rüstet aus und erhält, und der Diener muss nur lernen, sich das Bereitgestellte zunutze zu machen. Die Wirkung auf Daniel setzte unmittelbar ein: „Und als er mit mir redete, fühlte ich mich gestärkt und sprach: Mein Herr möge reden, denn du hast mich gestärkt.“

Edward Dennett – Der Prophet Daniel und die Zeiten der Nationen

In Vers 19 tröstete der Engel Daniel weiter und erinnerte ihn erneut daran, dass er von Gott geliebt war (vgl. 9,23; 10,11): Und er sprach: O du vielgeliebter Mann, fürchte dich nicht; Friede sei mit dir, sei stark, ja, sei stark. Und als er mit mir redete, wurde ich stark und sagte: Lass meinen Herrn reden; denn du hast mich gestärkt. Als von Gott sehr geliebter Prophet sollte Daniel sich nicht fürchten, sondern Schalom („Frieden“) haben. Dann ermutigte der Engel Daniel zu chazak va’chazak, „sei stark und sehr stark“. Diese tröstenden Worte stärkten Daniel schließlich so sehr, dass er in der Lage war, zu hören, was der Engel zu sagen hatte.

Arnold G. Fruchtenbaum – Ariels Bibel Kommentar – Das Buch Daniel

Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm.

Lege mich wie einen Siegelring an dein Herz, wie einen Siegelring an deinen Arm! Denn die Liebe ist gewaltsam wie der Tod, hart (d. h. unerweichlich) wie der Scheol ihr Eifer; ihre Gluten sind Feuergluten (Eig ihre Blitze sind feurige Blitzstrahlen,) eine Flamme Jahs. Große Wasser vermögen nicht die Liebe auszulöschen, und Ströme überfluten sie nicht. Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses um die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten.
Elberfelder 1871 – Hoheslied 8,6–7

Setze mich wie ein Siegel
dir auf das Herz,
wie einen Siegelreif dir um den Arm,
denn gewaltsam wie der Tod ist die Liebe,
hart wie das Gruftreich das Eifern,
ihre Flitze Feuerflitze, –
eine Lohe oh von Ihm her!
Die vielen Wasser vermögen nicht die Liebe zu löschen,
die Ströme können sie nicht überfluten.
Gäbe ein Mann allen Schatz seines Hauses um die Liebe,
man spottete, spottete sein.
Buber_& Rosenzweig – Hohelied 8,6–7

Oh, leg mich wie einen Siegelring auf dein Herz, wie einen Siegelring auf deinen Arm! Denn stark wie der Tod ist die Liebe, unbezwinglich wie die Scheol. Ihre Leidenschaft, ihre Glut ist wie Feuergluten, Gottesflamme! Nicht vermögen viele Wasser die Liebe zu löschen, Ströme überfluten sie nicht. Gäbe jemand das ganze Gut seines Hauses für die Liebe, man würde ihn schmähen.
Die Philippson-Bibel – Hohelied 8:6–7

Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft hart wie der Sche’ol. Ihre Glut ist Feuerglut, eine Flamme des Ewigen. Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie überfluten. Wenn ein Mann allen Besitz seines Hauses um die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten.
Streitenberger – Der Tanach Deutsch – Hoheslied 8,6–7

In ihrem Buch “Mein ewiger Frühling” berichtet Schirinai D. von einer Frau, die 20 Jahre in einem sowjetischen Gefängnis verbringen musste. Erst nach der Haftentlassung erzählte sie den Grund: Nach dem Studium arbeitete sie bei der britischen Botschaft. Hier verliebte sich ein englischer Lord in sie und sie heirateten. Doch nach drei Monaten wurde er über Nacht des Landes verwiesen und seine Frau musste zurückbleiben. Was er ahnte, geschah: Sie wurde nach drei Tagen verhaftet. Aber auf seinen Rat hin hat sie sich seine Adresse gemerkt. Man gab ihr den Rat, doch ihrem Mann zu schreiben. Nach 22 Jahren? Sie zweifelte, tat es dann doch, und erhielt prompt die Antwort: “Ich habe dich immer geliebt und dich mein ganzes Leben lang gesucht. Ich warte auf dich!” Dann schickte er jemanden mit einem Privatflugzeug, der sie abholen sollte.

CMV-Materialsammlung

Zwei Menschen, die einander wirklich lieben und nicht einfach als Mittel zur sexuellen Befriedigung, Statussteigerung oder Selbstverwirklichung benutzen, wollen nicht, dass ihre Situation je anders wird. Jeder der beiden will, dass der andere ihn seiner bleibenden Hingabe versichert, und erwidert diese Versicherungen mit Freuden. Das „Gesetz“ der Gelübde und Versprechen passt also bestens zu unseren leidenschaftlichen Gefühlen, die wir hier und jetzt haben. Aber die Liebe in unserem Herz braucht es auch, um sich der Zukunft sicher zu sein.

Timothy und Kathy Keller – Ehe – Gottes Idee für das größte Versprechen des Lebens


Mit ihren feierlichen Worten bereitet die Frau vor, was im folgenden Vers noch grundsätzlicher über die Macht der Liebe gesagt wird.
6a Archäologische Grabungen im Gebiet Israels haben bisher rund 8000 sogenannte Stempelsiegel zutage gefördert (Keel 246). Sie hatten eine wichtige Funktion im Geschäftsleben, denn sie dienten dazu, Briefe und Verträge zu authentifizieren. Das Siegel war gleichsam die juristische Identität einer Person: Wer es hatte, konnte im Namen der Person frei agieren, wie z.B. Josef für den Pharao (1Mo 41,42–44), Isebel für Ahab (1Kön 21,7–8) oder Haman und später Mordechai für den persischen König (Est 3,10.12; 8,2.10). An einer Stelle spricht Gott in bildlicher Weise davon, Serubbabel zu seinem »Siegel« zu machen, d.h. zu seinem Bevollmächtigten, der wissen darf, dass hinter ihm die Autorität Gottes steht (Hag 2,23; vgl. Jer 22,24). Weil das Siegel Macht bedeutete, musste man es vor Missbrauch schützen, indem man es ständig am Körper trug, entweder an einer Schnur um den Hals (vgl. 1Mo 38,18.25), um das Handgelenk oder als Fingerring (z.B. Jer 22,24). Siegel konnten wegen ihrer Bedeutung auch die Funktion von Amuletten, d.h. Schutzzeichen, übernehmen, wie altorientalische Funde zeigen.
Auf diesem Hintergrund bedeutet die Aussage Lege mich als Siegel an dein Herz Folgendes: Die junge Frau möchte so nah bei ihrem Mann sein wie sein Siegel. Sie möchte fest und andauernd zu ihm gehören, zu einem Teil seiner Identität werden. Im öffentlichen Leben möchte sie im Namen ihres Mannes auftreten bzw. unter seinem Namen bekannt sein. Alle sollen wissen, dass sie jetzt für immer zu ihm gehört (Seybold 117).
Auf eine etwas andere Weise wird das Bild vom Siegelring in der ägyptischen Liebeslyrik verwendet, wo der Liebhaber scherzhaft beschreibt, wie seine Geliebte ihn anlockt, bändigt und dann mit ihrem Siegel brandmarkt, um ihn zu ihrem Eigentum zu machen (nach Schott 63):
Trefflich kennt sich aus im Schlingenwerfen die Geliebte,
ohne für Viehsteuer aufzukommen.
Sie wirft Schlingen gegen mich mit ihrem Haar.
Sie lässt mich eingefangen werden mit ihrem Auge.
Sie lässt mich gebändigt werden mit ihrem Schmuck.
Sie brandmarkt mich mit ihrem Siegelring.

An einer anderen Stelle wünscht sich der Liebhaber, immer in der Nähe der Geliebten zu sein, und ruft aus (Schott 67):
Ach wäre ich ihr Siegelring!
Natürlich ist der Ton der Hohenlied-Stelle wesentlich ernster als bei den ägyptischen Textbeispielen. Die Textbeispiele zeigen aber die Verbreitung des uns heute unbekannten Motivs auf.
In der Urgeschichte wird gesagt, dass Mann und Frau »ein Fleisch« werden, also eine gemeinsame Wesenheit bilden (1Mo 2,24). Auch beim Bild des Siegels geht es darum, dass die beiden Partner miteinander identifiziert werden, dass sie als eins gesehen werden. Über die Urgeschichte hinausgehend schließt das Bild vom Siegel aber, wie gesagt, auch die öffentliche Dimension ein. So war es im alten Israel wie auch in der Umwelt Brauch, einen Ehevertrag zu schließen.
Hinter der Aussage vom Siegel steht also mehr, als man vielleicht zunächst erwarten würde. Doch nur eine solche tiefer gehende Auslegung ist angemessen im Blick auf die folgenden inhaltsschweren Aussagen, die mit dem Wort denn als Begründung anschließen.
6b Mit den Versen 6b und 7 verlassen wir die personale Sprache von »ich« und »du«, die sonst im Hohenlied vorherrscht, und kommen zu einer Reihe von vier allgemeingültigen Aussagen im Stile weisheitlicher Reflexion. Wie in der Sprücheweisheit werden hier Beobachtungen gegeben, aus denen der Einzelne für sein Leben die entsprechenden Schlüsse ziehen soll. Mit dem Wort denn knüpfen die Aussagen begründend und erklärend an den vorangehenden Satz, aber in weiterem Sinne auch an den gesamten vorangehenden Text des Hohenliedes an.
Das Wort Liebe (’ahăvāh) und das zugehörige Verb »lieben« (’āhav) kommen im Alten Testament rund 250 Mal vor. Von der Bedeutung her verteilen sich die Vorkommen relativ gleichmäßig auf fünf Bereiche:
die freundschaftliche Liebe zwischen Menschen (z.B. von Vater zu Sohn, 1Mo 22,2);
die Liebe zwischen Mann und Frau (z.B. 1Mo 29,30);
die Liebe zu Dingen (Isaak liebt Wildbret, 1Mo 27,4; Gott liebt Gerechtigkeit Ps 11,7);
die Liebe von Gott zu Menschen (5Mo 4,37);
die Liebe von Menschen zu Gott (2Mo 20,6).

Alles in allem lässt sich sagen, dass das hebräische Wort ’ahăvāh in seiner Bedeutung weitgehend dem deutschen Wort »Liebe« entspricht.
Stark wie der Tod ist die Liebe: Der kompakte Satz, der im Hebräischen aus nur drei Wörtern besteht (»stark / wie-der-Tod / Liebe«), weist uns an, den Tod und die Liebe gedanklich in Beziehung zu setzen, und als Vergleichspunkt mit dem Wort stark zu beginnen: Der Tod ist eine Urmacht über das menschliche Leben, er trifft jeden, schicksalhaft und unentrinnbar. Gleiches gilt für das Verlangen nach Liebe, als gewaltige Triebkraft im Leben des Menschen, der wir vielleicht ebenso schicksalhaft ausgeliefert sind wie dem Tod.
Doch geht es nicht nur um den abstrakten Vergleich der Macht von Liebe und Tod, sondern mehr noch um ein Kräfte-messen. So meint die Textzeile auch: Die Macht der Liebe steht der Macht des Todes ebenbürtig gegenüber (Heinevetter 190–198; Keel 247). Viele Bilder, die das Hohelied im Zusammenhang mit der Liebe verwendet, stehen für Leben und Lebenserneuerung: etwa der ➛ Lotus, der nach dem Rückgang der alles vernichtenden Nilüberschwemmung als Erster wieder über dem Wasser erblüht, oder die ➛ Gazelle, die in der kargen, scheinbar lebensfeindlichen Steppe ihre Jungen säugt. In mehrfacher Hinsicht besiegt die Liebe den Tod:
Geliebt sein bedeutet erfüllt leben. Liebe ist Lebensglück. Das Gegenteil davon ist Einsamkeit, missachtet werden, Trauer, Tod.
Durch die Liebe entsteht auch ganz konkret neues Leben. Mit der Schöpfung wird Tieren und Menschen der Segen der Fruchtbarkeit zugesprochen (1Mo 1,22.28). Nach der Verstoßung aus dem Garten muss zwar der Einzelne sterben, doch seine Nachkommen leben weiter (1Mo 5). Das Weiterleben der Familie ist nach alttestamentlichem Denken von besonderer Bedeutung. Menschen ringen um Nachkommen, wie z.B. Abraham (1Mo 15ff.) oder Hanna (1Sam 1). Auch gibt es im alttestamentlichen Recht die Institution der »Schwagerehe«, bei der ein Verwandter stellvertretend für den Verstorbenen ein Kind zeugte, um dessen Familienlinie zu erhalten (Rut; 5Mo 25,5–10; 1Mo 38; vgl. 4Mo 27,4; Ri 21).

Wer liebt, setzt sich für das Leben anderer ein. Keel (S. 248) führt Beispiele aus dem Alten Testament an, wo Frauen um der Liebe willen ein Töten verhindern: Michal (1Sam 19,9–17), Abigail (1Sam 25), die Frau aus Maacha (2Sam 20,14–22) und Rizpa (2Sam 21,8–14). Auch in diesem Sinne bedeutet Liebe Leben.

Schließlich und endlich ist es aber die Liebe Gottes, die auf umfassende Weise den Tod besiegt hat und besiegen wird.
Hart wie das Totenreich die Leidenschaft: Die zweite Zeile steht zur ersten parallel und ergänzt sie in ihrer Bedeutung. Das Alte Testament kennt, anders als die Religionen seiner Umwelt, keine Lehre von einem schattenhaften Weiterleben der Verstorbenen in einem Totenreich. Doch wird der Begriff an einigen poetischen Textstellen in einer bildlichen Weise verwendet. Das Totenreich ist hart, weil es keinen Menschen verschont und keinen, der einmal dort gewesen ist, wieder entlässt.
Leidenschaft: Das hebräische Substantiv qin’āh, das zugehörige Verb qānā’ sowie das Adjektiv qannā’ bedeuten »für jemanden oder etwas eifern« oder »auf jemanden eifersüchtig sein«. Es geht um Liebe, die einen Besitzanspruch geltend macht bzw. die sich gegen eine Schmälerung ihres Anspruchs behauptet (Delitzsch 129). Gott selbst ist nach der Bibel ein eifernder Gott (2Mo 20,5), der z.B. durch Israels Götzendienst zu Eifersucht und Zorn gegen sein Volk gereizt wird (Hes 5,11–13), der aber auch mit großem Eifer für sein Volk eintritt (Jes 42,13).
Gegenüber dem allgemeinen und eher statischen Begriff Liebe der ersten Zeile wird mit der Leidenschaft noch konkreter aufgegriffen, wovon das Hohelied handelt: die Liebessehnsucht, das unbändige Verlangen, der Wunsch, einen anderen Menschen ganz zu besitzen und ihm ganz zu gehören. Eine solche Leidenschaft hat auch eine dunkle Seite. Sie kommt vor allem dann zum Tragen, wenn Liebe nicht gelingt, z.B. wenn sich der/die Verschmähte in Eifersucht verzehrt, wenn Liebe den anderen erdrückt oder wenn Leidenschaft so außer Kontrolle gerät, dass Grenzen überschritten werden, wie etwa bei der Vergewaltigung oder anderen Formen von Misshandlung.
Während also in der ersten Zeile ein eindeutiges Gegenüber zwischen der Macht der Liebe und der des Todes angesprochen ist, ist die zweite Zeile mehrdeutig: Leidenschaft und Totenreich können unversehens in eine verhängnisvolle Nähe zueinander rücken. Liebe ist eine Macht, die zum Leben führt, doch sie hat auch eine dunkle Seite, die zum Tod führt – im bildlichen, aber im Extremfall auch im wörtlichen Sinne.
Die dunkle Seite der Leidenschaft ist dem alttestamentlichen Menschenbild nicht fremd, was nicht nur die Gesetzestexte zum Sexualstrafrecht zeigen, sondern auch einige Erzählungen. Zu nennen sind zum Beispiel die versuchte Misshandlung von Männern in Sodom (1Mo 19); die Vergewaltigung der Dina und die Vernichtung der Stadt Sichem (1Mo 34); die Vergewaltigung der Nebenfrau des Leviten und der anschließende Bürgerkrieg (Ri 19); der Ehebruch mit Batseba und die Ermordung ihres Ehemanns (2Sam 11); die Vergewaltigung der Tamar, der »Ehrenmord« und weitere sich daran anschließende Verwicklungen (2Sam 13).
Das Hohelied thematisiert die dunkle Seite der Leidenschaft nicht direkt. Sein Anliegen ist zu zeigen, wie mit der gewaltigen Macht der Liebe auf eine gute, positive Weise umgegangen werden kann.
Ihre Gluten sind Feuergluten: In einem weiteren Bild werden Liebe und Leidenschaft nun mit einem Feuer verglichen. Das Bild hat wieder zwei Seiten: Feuer kann wärmen, aber auch verbrennen. Das dann folgende Wort für göttliche Flamme, hebr. schalhävätjāh, ist in seiner Bedeutung umstritten und muss seiner Wichtigkeit wegen etwas ausführlicher besprochen werden.
Zunächst gibt es einige Ausleger, die das Wort mit einer Aussprachevariante als schalhăvōtêhā lesen, in der Bedeutung »ihre Flammen« (z.B. Stoop-van Paridon 437–439). Die ganze Zeile würde dann lauten: »Ihre Gluten sind Feuergluten, ihre Flammen.« Jedoch wirkt der Satz im Zusammenhang unvollständig.
Die meisten Ausleger folgen daher der von den jüdischen Überlieferern festgehaltenen Aussprache als schalhävätjāh. Es handelt sich dann um eine Zusammensetzung des Wortes schalhävät für »Flamme« und einer Kurzform für den Namen Gottes. Zwar wird gegenüber dieser Deutung kritisiert, dass zwischen schalhävät und jāh ein Bindestrich stehen müsste. Doch auch die häufige Kombination hallәlu-jāh, d.h. »Lobt den HERRN«, erscheint in der Bibel gelegentlich ohne Bindestrich. In der Handschrift Codex Leningradensis nur in Ps 106,1, in anderen hebräischen Handschriften aber weitaus häufiger. So muss der fehlende Bindestrich nicht irritieren.
Einige Ausleger weisen darauf hin, dass die Kombination eines Wortes mit der Bezeichnung Gottes manchmal auch einfach steht, um die Bedeutung des Wortes zu unterstreichen. Dementsprechend übersetzen sie in Hld 8,6 »gewaltige Flamme« und lassen den Gottesbezug in der Übersetzung aus (z.B. Einheitsübersetzung, Gute Nachricht Bibel ). Die Beispielstellen, die eine solche Übersetzung rechtfertigen sollen, sind allerdings rar und meist anders zu verstehen:
Richtig ist z.B., dass das »Gottesfeuer« in Hiob 1,16 nicht im engen Sinne von Gott verursacht ist. Andererseits haftet ihm dennoch etwas Überirdisches (Numinoses) an, da es »vom Himmel fiel« und sicher nicht menschlichen Ursprungs ist. Gemeint ist also nicht einfach ein »gewaltiges Feuer«, sondern eher ein »dämonisches Feuer«.
Ähnliches gilt für den »Gottesschrecken« in 1Sam 14,15: Er tritt in Verbindung mit einem Erdbeben auf, das die Philister als Eingreifen Gottes bzw. der Götter erkennen. Es geht also nicht nur um einen »gewaltigen Schrecken« allein, sondern um ein erschrecktes Bewusstwerden darüber, dass die jenseitige Welt spürbar auf das Kampfgeschehen Einfluss nimmt.
Auch Rahels Aussage in 1Mo 30,8 »Gotteskämpfe habe ich mit meiner Schwester gekämpft« meint nicht einfach »gewaltige Kämpfe«. Weil Jakob sie gegenüber ihrer Schwester vorzieht, macht Gott sie zum Ausgleich eine Zeit lang unfruchtbar. Gegen diese gottgegebene Unfruchtbarkeit kämpft sie an.
Entsprechend kann auch bei den anderen Stellen argumentiert werden, die gelegentlich für dieses Argument angeführt werden (Davidson 2007, S. 624–630).
Ganz bestimmt ist davon auszugehen, dass in den zentralen Versen des Hohenliedes der Name Gottes nicht einfach so »nebenbei« fällt, sondern dass er bewusst gesetzt ist. Liebe und Leidenschaft sind keine rein biologische Gegebenheit, sondern eine Macht aus dem Bereich der Ewigkeit (vgl. Fischer 37; Müller 1992, S. 85), eine Gabe Gottes, der der Ursprung aller Liebe und aller Leidenschaft ist. Die Übersetzung als »Flamme Jahs« oder »Gottesflamme« ist daher durchaus zu rechtfertigen.
Wenn numerologische Zusammenhänge in Hld 8,6b-7 eine Bedeutung haben (siehe oben Kontext und Aufbau), dann ist möglicherweise auch die folgende Beobachtung kein Zufall: Das hebr. Wort für Gottesflamme besteht aus 7 Buchstaben, und der Zahlenwert des Wortes beträgt 77. Die Zahl 7 symbolisiert in der Bibel die göttliche Vollkommenheit. Wurde dieses sehr spezielle Wort also bewusst eingesetzt, um sowohl inhaltlich als auch numerologisch einen Bezug zu Gott und der Vollkommenheit seiner Liebe herzustellen?
Insgesamt sagt der Satz aus, dass die Liebe eine Gabe Gottes ist. Die Liebe zwischen Menschen hat ihren Ausgangspunkt in der Liebe Gottes. Und andersherum: In der Liebe zwischen Mann und Frau nimmt die Liebe Gottes Gestalt an.
Anders als die Liebe Gottes hat menschliche Liebe zwar nicht die Kraft, in einem geistlichen Sinne zu erlösen. Aber sie wird zum wichtigsten Kennzeichen eines Lebens als Erlöste (Joh 13,34f.).

Edition C Bibelkommentar Altes Testament

    Auch in Vers 6 und 7 spricht Sulamith. Aber wieder so, daß sie vom Geliebten zitiert wird. Er möchte uns ihr Bild in die Seele schreiben.
    »Lege mich«, sagt sie zu ihrem Geliebten, »wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm!« (V. 6). »Siegel« gehörten zu den wichtigsten Utensilien der alttestamentlichen Zeit. Das Siegel verbürgte die Echtheit eines Gegenstands, trug die ganze Autorität seines Eigentümers und durfte nur von dem Berechtigten beseitigt werden. Man versiegelte z.B. »Bücher, Briefe, Prophezeiungen und Rechtsdokumente«486 (1Kö 21,8; Jes 8,16; 29,11; Jer 32,10ff; Dan 12,4.9). Wer das Siegel eines Königs besaß, übte dessen Macht aus (Josef 1Mo 41,42; Haman Est 3,10). Siegel existierten in zwei Formen: als Zylindersiegel (Rollsiegel) oder als Stempelsiegel. Häufig trug man das Siegel an einer Kordel um den Hals (1Mo 38,18). In einem solchen Falle konnte man das Siegel buchstäblich »auf das Herz legen«: als Ausdruck der Wertschätzung und des Schutzes, als Ausdruck des unbedingten Festhaltenwollens. In anderen Fällen faßte man das Siegel in einen Ring und trug es dann in dieser Form an der Hand oder am »Arm«. Sulamith spielt hier auf beides an: auf »ein Siegel«, das man »auf das Herz legen« konnte, und auf »ein Siegel«, das man am »Arm« trug. Ist sie das »Siegel« des Geliebten, dann spiegelt sich in ihr seine Autorität, seine Wertschätzung, ja geradezu seine Gegenwart. Unwillkürlich wird man daran erinnert, daß die davidischen Könige und die Träger der messianischen Verheißungen als Gottes »Siegelring« galten (Jer 22,24; Hag 2,23; Sir 49,13; Lk 15,22). So nahe also will Sulamith dem »Herzen« Salomos stehen!
    Und nun kommt der Satz, auf den das ganze Hohelied zulief: »Denn Liebe ist stark wie der Tod, Leidenschaft unbeugsam wie das Totenreich« (V. 6). Weil Liebe so ist (»Denn«), will sie dem Geliebten nahe sein wie ein Siegel auf Herz und Haut. Mit Recht bemerkt die Neue Jerusalemer Bibel zu unserer Stelle: »Nirgendwo wurde bisher im Hohenlied die Liebe definiert. Das geschieht hier …« (S. 916). Um die »Liebe« zu bestimmen, sagt der Dichter durch Sulamith, sie sei »stark wie der Tod«. »Der Tod« ist so »stark«, daß Jesus seinetwegen weinte (Joh 10,35). Er ist so »stark«, daß er den Sturz des Antichrist, des falschen Propheten und des Teufels überdauern wird (Offb 19,17–20,10). Erst ganz zum Schluß muß er Jesus weichen. Deshalb schreibt Paulus: »Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod« (1Kor 15,26). Doch nicht weniger »stark« ist die »Liebe«. Um es ganz schlicht zu sagen: Wer wirklich liebt, der stirbt lieber, als von seiner Liebe zu lassen. Was das bedeutet, wird im folgenden noch auszuführen sein.
    Viele vergessen, daß neben diesem »Liebes«-Satz noch ein zweiter steht: »Leidenschaft ist unbeugsam wie das Totenreich« (V. 6). Für »Totenreich« steht im Hebräischen »Scheol«, im Griechischen »Hades«. Gemeint ist also die Macht, die die Verstorbenen bis zur Auferstehung unter ihrem Verschluß hält (der Genosse des Todes nach Offb 20,13f). Sie ist »hart« – so wörtlich die hebräische und die griechische Bibel. Ja, sie ist »grausam«, »hartnäckig«, von außen unlenkbar – mit einem Wort: »unbeugsam«. Statt »Leidenschaft« könnte man auch, vielleicht noch besser, übersetzen: »Eifer«. Meist wird das entsprechende hebräische Wort für Gottes Eifer zugunsten seines Volkes, aber auch für Gottes Eifer und Zorn gegen seine Feinde gebraucht.491 Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang Hes 16,38.42 und 23,25, wo Gott den Geliebten und Israel die untreue Geliebte darstellt und Gottes »Eifer« gegen Israel entbrennt. So ist es auch hier in Hl 8,6: Der »Eifer«, die »Leidenschaft«, das geliebte Wesen zu besitzen, kennt keine Kompromisse. So wenig »wie das Totenreich« die Toten, so wenig gibt die »Leidenschaft« den Geliebten bzw. die Geliebte wieder heraus. Lieber sterben, als ihn/sie zu verlassen!
    »Ihre Glut«, sagt Sulamith weiter, »ist Feuerglut, eine Gottesflamme« (V. 6). Die »Feuerglut« der Liebe verzehrt in ihrer Eifersucht alle Feinde dieser Liebe. Sie verzehrt aber auch alles Unpassende. Liebe reinigt!
    Das letzte Wort von V. 6 ist geheimnisvoll. Liebe als »Gottesflamme« – was ist das? Eigentlich heißt es hier: »Flamme Jahwes«. Aber ist die letzte Silbe, »jah«, wirklich eine Abkürzung des »Jahwe«-Namens? Muß man sie nicht wie die griechische Bibel (LXX) als Herkunftsbezeichnung (»ihre Flammen«) verstehen? Aber das wäre bloße Wiederholung. Man hat vom Zusammenhang her doch viel eher den Eindruck, daß hier eine Steigerung vorliegt: »wie der Tod« – »wie das Totenreich« – »Feuerglut« – »Gott«. Heißt es hier, wie wir annehmen, tatsächlich »Gottesflamme«, dann ist der Sinn: Von »Gott« gesandte »Flamme«.492 Wie Gottes Gerichtsfeuer alles wegsengt, was Gott widerstrebt, so brennt diese Gottesflamme der Liebe alles nieder, was nicht zu ihr paßt und was ihr den Weg versperren will. Schon lange haben die Ausleger bemerkt, daß Hl 8,6 mit dem Ausdruck von der »Gottesflamme« die einzige Stelle im Hohenlied ist, wo der Name »Gottes« vorkommt. Das kann kein »Zufall« sein. Vielmehr lautet die Botschaft dieses Verses: »Gott« und die »Liebe« gehören ganz eng zusammen. Was das bedeutet, wird ebenfalls später noch darzulegen sein.
    Auch in V. 7 spricht noch Sulamith, zitiert durch den Geliebten: »Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen, und Ströme sie nicht ersäufen«. »Wasser« ist in der Bibel ein eigenartiges Bildwort. Es bezeichnet einerseits das Lebensnotwendige, sogar den Heiligen Geist. Andrerseits bezeichnet es das Lebensfeindlichesc. Im letzteren Sinne ist es hier gebraucht. Dabei erinnert Hl 8,7 stark em Jes 43,2: »Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen«. »Die Liebe« ist also stärker als »viele« Feinde und Zerstörungskräfte. Aber sie ist auch allem Geld und Reichtum überlegen: »Wenn einer alle Güter seines Hauses um die Liebe geben wollte, es träfe ihn nur Spott und Hohn«. Man vgl. damit Bileams Wort in 4Mo 22,18. Es gibt eben Güter, die man nicht mit Geld erkaufen kann: die »Liebe« ebenso wenig wie den Segen. Ob hier auf den Brautkauf angespielt ist, wie manche Ausleger meinen, muß offen bleiben. Viel wuchtiger als der Vergleich mit dem Brautpreis ist der Vergleich mit Salomo. Denn Salomo ist doch »einer«, der im Besitz »aller Güter«, im Besitz unermeßlicher Reichtümer ist! Aber auch Salomo kann sich die »Liebe« nicht kaufen. Mit »Spott und Hohn« würde er abblitzen. Um so schöner ist es – und das unterstreicht der Geliebte mit diesem Zitat –, daß er Sulamiths herrliche Liebe besitzt!
    Für die Liebe auf der menschlichen Ebene gehören diese Verse zum Einprägsamsten und Wesentlichsten, was je zu diesem Thema gesagt wurde. Wenn hier die Geliebte ein »Siegel« sein will, dann sucht sie Schutz. Bis heute sind Schutz und Bewahrung der Frau wichtige Aufgaben des Mannes. Daran wird keine Diskussion über die beiderseitigen »Rollen« und keine feministische Ideologie etwas ändern. Aber das Bild vom »Siegel« zielt nicht nur auf Schutz, sondern auch auf Wertschätzung. Ein Mann ohne Siegel war im politischen, juristischen wirtschaftlichen Bereich höchstens begrenzt teilnahmefähig. Für manche Bereiche galt sogar der Satz: Das »Siegel« ist wie der Mann selbst. Und so, gewissermaßen wie der Mann selbst, will die Frau wertgeachtet sein. Von Hl 8,6 ist der Weg nicht mehr weit zu Eph 5,28f. Vermarktung und Verachtung der Frau werden durch Hl 8,6 ausgeschlossen. Weiter ist die Verbindung von »Herz« und Hand (»Arm«) in Hl 8,6 geradezu klassisch. Eine reine »Liebe des Herzens« ohne praktische Fürsorge bleibt platonisch-wertlos, eine praktische Fürsorge mit der Hand ohne die Liebe des Herzens unbefriedigend-kalt. Nicht umsonst pflegte man früher um »Herz und Hemd« der Geliebten »anzuhalten«. Das Dritte, was uns Hl 8,5–7 zu bedenken gibt, ist die Kraft der Liebe. Wahre Liebe ist ausdauernd. Wahre »Liebe« gibt sich sogar in den »Tod«. Sie opfert sich für den andern. Das ist auch eine geistige Wahrheit. Denn oft muß der Egoismus sterben, bevor eine Ehe glücklich werden kann. Aber eine Auswirkung dieser Kraft zeigt sich auch darin, daß die Liebe besitzen will. Sie kann nicht alles mit anderen teilen-und soll es auch nicht. Das Wort von der »unbeugsamen Leidenschaft« verpflichtet vielmehr jeden Partner, keinen Anlaß zur Eifersucht zu geben. Es verpflichtet beide, auf sog. »Dreiecksverhältnisse« zu verzichten. »Stark wie der Tod« und »unbeugsam wie das Totenreich« bedeutet edier auch, daß man sich nicht auseinanderbringen läßt. Hier klingt schon die lebenslange Dauer einer Ehe an. Wie total anders sind jene Verhältnisse, wo man laufend den Partner wechselt, wo man laufend ein- und auszieht! »Liebe« im Sinne des Hohenliedes ist das nicht, nicht einmal »Leidenschaft«, sondern höchstens ein »freier Markt der eheähnlichen Verhältnisse«. Das Vierte, was uns in Hl 5–7 begegnet, ist die Erkenntnis, daß wahre Liebe eine Gottesgabe ist. Nicht umsonst heißt die »Liebe« im Hl 8,6 »eine Gottesflamme«. Gottesgabe aber heißt zweierlei: Freude und Verantwortung. Wir stehen also vor der Frage: Danken wir genug für die menschliche Liebe, die uns geschenkt wird? Und wie gehen wir verantwortlich mit dem geliebten Menschen um? Können wir dafür einmal Rechenschaft geben vor Gott? Fünftens: Liebe ist weder käuflich noch ein Tauschgegenstand. Sie ist auch nicht zu ertrotzen. Sie läßt sich nicht einmal gewaltsam »herbeibeten«. Sie ist frei, sich zu schenken oder nicht. Das ist der Sinn des Satzes: »Wenn einer alle Güter seines Hauses um die Liebe geben wollte, es träfe ihn nur Spott und Hohn«.
    Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die alte jüdische Auslegung. Sie war auch an dieser Stelle (V. 5–7) von der geistlichen Deutung bestimmt. Öfters kombinierte man die geistliche Deutung mit der heilsgeschichtlichen. Dafür einige Beispiele: Das »heraufsteigen aus der Wüste« (V. 5) deutete der Midrasch Rabba auf den Exodus aus Ägypten. Eine der Deutungen von V. 6 geht im Midrasch Rabba auf die Freiheit von der Fremdherrschaft, die durch Gottes »Liebe« zu Israel möglich wird. Dementsprechend sieht der Midrasch Rabba in den »Wasserströmen« von V. 7 die Nationen, die Gottes »Liebe« zu Israel »nicht auslöschen können«. Sogar die seltsame Auslegung von Hl 8,5 im Talmud, wonach die hebräischen Frauen in Ägypten unter »Apfelbäumen« gebaren, läßt die heilsgeschichtliche Deutung von Hl 8,5 auf den Exodus erkennen.

    Wuppertaler Studienbibel

    Mit diesen Worten wird der Liebesbund erneuert. Der Siegel oder Siegelring war das Zeichen der Macht (beispielsweise in 1. Mose 41,42; 1. Könige 21,8) und wurde an der rechten Hand getragen (Jeremia 22,24) oder auf dem Herzen an einer Schnur um den Hals (1. Mose 38,18). Er war ein Juwel, von dem man sich nicht trennte. Sulamith deutet damit an, dass sie Salomos teuerster und kostbarster Besitz sein will. Er soll sie auf eine Weise besitzen, dass er sich niemals von ihr trennen wird.
    Der Grund dafür liegt in der Natur der Liebe, die gerade beschrieben wird. Das Wort hier lautet ahavah, welches die Vorstellungen von dod und ra’eyah enthält und noch darüber hinausgeht. Das Wesen des Liebesbundes zwischen Salomo und Sulamith, der jetzt erneuert wird, fordert von Salomo, sie so anzunehmen, dass die beiden unzertrennlich sind.
    Die Energie dieser Liebe wird mit der Energie des Todes und des Scheols verglichen, denn die Liebe und die Leidenschaft der Liebe sind ihr gleich. Das hebräische Wort für »stark« bedeutet mächtig. Einerseits kann es eine Person bezeichnen, die angegriffen wird, aber nicht überwältigt werden kann (z. B. 4. Mose 13,28). Auf der anderen Seite, falls der Mächtige selbst der Angreifer ist, kann man ihm nicht widerstehen (z. B. Richter 14,18). Hier wird der Tod als mächtig betrachtet und nichts kann ihm widerstehen (vgl. Jeremia 9,21). Niemand kann sich gegen den Tod behaupten bzw. ihm entfliehen. Alle müssen sich ihm schließlich unterwerfen. Die Art von Liebe, die Sulamith beschreibt, ist so mächtig wie der Tod, denn auch sie kann die Menschen mit unwiderstehlicher Macht ergreifen. Wen auch immer der Tod angreift, der muss sterben. Und wen auch immer die Liebe angreift, der muss lieben. So wie der Tod alles Lebendige tötet, so tötet auch die Liebe alles, was nicht das Objekt der Liebe ist. Die Leidenschaft der Liebe ist hart wie der Scheol. Leidenschaft, richtig angewandt, macht ihr Recht auf Besitz oder Eigentum geltend. Somit ergreift die Leidenschaft der Liebe voll und ganz Besitz vom Objekt der Liebe, so wie der Scheol voll und ganz die Toten besitzt (Psalm 49,13–15). Die Leidenschaft entbrennt gegen jeden, der den Versuch macht, das Eigentumsrecht zu verletzen.
    Weil die Liebe stark ist wie der Tod, gibt sich Sulamith dieser Liebe hin, und zwar unter der Bedingung, dass Salomo nur sie lieben und für all die anderen wie tot sein wird, und alle anderen werden für ihn tot sein. Weil die Leidenschaft der Liebe auch hart wie der Scheol ist, verbirgt sie sich in dieser Leidenschaft als Sicherheit gegen jede Untreue.
    Diese Art Liebe ist außerdem die »Flamme Jahs«. Im Hebräischen ist das eine Flamme der heftigsten Art, eine Flamme von hell scheinenden und feurigen Blitzen. Die rechte Liebe ist keine Flamme, die von Menschen angezündet wurde, sondern von Gott. Das ist die einzige Stelle im ganzen Buch, wo Gott erwähnt wird. Er ist die Quelle dieser Liebe, und vor ihm wird der Liebesbund erneuert.
    Außerdem kann nach Vers sieben diese Art Liebe nicht durch mächtige Wasser ausgelöscht werden, auch können Flüsse sie nicht überfluten, um sie fortzuschwemmen. Keine widrigen Umstände, seien sie auch noch so groß, können diese Art Liebe auslöschen, denn die Flamme Jahs ist unauslöschlich. Auch kann man diese Liebe nicht kaufen, und jeder Versuch, sie zu kaufen, würde verspottet und als Verrücktheit betrachtet werden.
    Somit kann nichts Sulamiths Liebe zum König verändern – weder Umstände noch Geld. Der Liebesbund wird genau an dem Ort erneuert, wo er einst geschlossen wurde.

    Zusammenfassung
    In Reflexion zwölf (8,5–7) reist das liebende Paar in die Heimat Sulamiths. Der Chor in Schunem fragt nach der Identität derer, die da kommen, und sieht, wie sich das Mädchen an ihren Geliebten lehnt, weil sie von der Reise müde ist (8,5a). Als sie sich dem Dorf nähern, weist Salomo auf den Apfelbaum hin, wo er sie einst schlafend fand und sie aufweckte. Dies kennzeichnet den Beginn ihrer Liebe, und somit begann die Liebe in der Nähe des Hauses, wo Sulamith geboren wurde (8,5b).
    Nun wünscht Sulamith die Erneuerung ihres Liebesbundes. Sie bittet Salomo darum, sie so zu besitzen, wie er einen wertvollen Siegelring besitzt, von dem er sich nie trennen will. Sie will sein teuerster Besitz sein, sodass er sich niemals von ihr trennen wird. Die Energie der Liebe wird mit der Energie des Todes und des Scheols verglichen. Wen der Tod überfällt, muss sterben, und wen die Liebe überfällt, muss lieben. Die Liebe ist stark wie der Tod, und so gibt sich Sulamith dieser Liebe hin, unter der Bedingung, dass Salomo nur sie lieben wird und dass er für alle anderen tot sein wird. Leidenschaft ist so unerbittlich wie der Scheol, und Sulamith sucht in der Leidenschaft dieser Liebe Schutz vor jeder Art von Untreue. Diese Art Liebe, die rechte Art von Liebe, ist von Gott. Er allein ist die Quelle dieser Liebe. Vor ihm wird der Liebesbund erneuert (8,6). Diese Art Liebe kann nicht durch widrige Umstände zerstört werden, auch kann man diese Art Liebe nicht mit Geld kaufen. Daher können weder Umstände noch Geld sie von der Liebe zum König trennen (8,7). Und so wird ihr Liebesbund dort erneuert, wo er zuerst geschlossen wurde.

    Anwendung
    Nur eine Anwendung kann aus dieser Reflexion hergeleitet werden, aber es ist eine wichtige: die Erneuerung des Liebesbundes. Es ist gut, wenn die Liebenden in regelmäßigen Abständen über den Zustand ihrer Verbindung nachdenken, die sie bei der Brautwerbung und Eheschließung eingegangen sind, und diese auf irgendeine Weise erneuern. Manche Paare entscheiden sich dafür, noch einmal Hochzeit zu feiern und Flitterwochen zu verbringen. Andere haben verschiedene Mittel gewählt, die Liebesverpflichtung zu erneuern. Es gibt auch keinen besonderen Zeitpunkt im Leben, wo man dies tun sollte. Sulamith entschied sich, es nach einer hinreichenden Zeit von ehelicher Anpassungsarbeit zu tun. Das ist in der Tat eine gute Zeit, die Bindung zu erneuern, aber man kann das auch zu jeder anderen Zeit tun, wenn das Paar Verlangen danach hat. Ein weiterer guter Zeitpunkt für die Erneuerung des Liebesbundes ist nach der Errettung. Wenn die Eheschließung zu einem Zeitpunkt stattfand, bevor einer der beiden gläubig war, wurde Gott nicht in das Eheversprechen einbezogen. Somit ist es völlig in Ordnung, nach der Errettung, wenn die biblischen Eheprinzipien verstanden wurden, den Liebesbund vor dem Herrn zu erneuern.

    Wenn möglich kann die Erneuerung des Eheversprechens am Ort der Brautwerbung stattfinden, so wie Sulamith es zu tun gedachte. Aber das ist nicht immer machbar, und die Erneuerung kann ebenso gut woanders vollzogen werden.

    Arnold Fruchtenbaum – Das Hohelied – Ein biblisches Konzept der Liebe