Schlagwort: Glaube

Spendenaufruf oder selber arbeiten?

Ich habe euch alles (O. in allen Stücken) gezeigt, daß man, also arbeitend, sich der Schwachen annehmen und eingedenk sein müsse der Worte des Herrn Jesus, der (Eig daß er) selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen.
Elberfelder 1871 – Apostelgeschichter 20,35

Überhaupt habe ich euch mit meiner Lebensführung gezeigt, dass wir hart arbeiten müssen, um auch den Bedürftigen etwas abgeben zu können. Wir sollen uns immer an das erinnern, was Jesus, der Herr, darüber gesagt hat. Von ihm stammt das Wort: ›Auf dem Geben liegt mehr Segen als auf dem Nehmen.‹ «
Gute Nachricht Bibel 2018 – Apostelgeschichte 20:35

Mit meiner ganzen Lebensführung (wörtlich : Mit allem / In jeder Hinsicht ) habe ich euch gezeigt, dass wir Arbeit und Mühe nicht scheuen dürfen; denn dann können wir den Bedürftigen helfen, wie es unsere Aufgabe ist. Denkt immer an die Worte, die Jesus, der Herr, selbst gesagt hat: ›Auf dem Geben liegt ein größerer Segen als auf dem Nehmen.‹( Ein Ausspruch Jesu, der nicht in den Evangelien überliefert ist )«
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Apostelgeschichte 20,35

Der kleine Satz, den Pauus hier von Jesus zitiert, scheint sehr beliebt zu sein – denn wir hatten diesen schon vor ein paar Wochen. Ebenso passen dazu die Frage, ob früher die jüdischen Lehrer arbeiteten, und wie es um Spendenaufrufe steht. Deshalb heute nur Ergänzungen.

Diese harte Arbeit hatte es ihm auch ermöglicht, sich der Schwachen anzunehmen (vgl. 1Thes 5,14). Das Jesuswort „geben ist seliger denn nehmen“ findet sich in den vier Evangelien nicht. Es handelt sich dabei wohlum eine mündliche Überlieferung, die auf die Urkirche überkommen war.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Paulus beschrieb in den Versen 33-34 sein Prinzip, sich selbst zu versorgen. In Vers 33 behauptet er, dass er weder Geld noch Besitz von irgendjemandem begehrt. Die Art und Weise, wie Paulus Unterstützung erhielt, war diesen Ältesten sehr wohl bekannt (V. 34): Ihr wisst selbst, dass diese Hände mir und denen, die bei mir waren, in meiner Not gedient haben. Der Apostel war der manuellen Arbeit nicht abgeneigt, und er arbeitete, um für seine eigenen Bedürfnisse und die seiner Mitreisenden, wie Timotheus, zu sorgen.
Nach Vers 35 sollte Paulus den Ältesten als Vorbild dienen: In allem habe ich euch ein Beispiel gegeben, dass ihr durch eure Arbeit den Schwachen helfen sollt und an die Worte des Herrn Jeschua denken sollt, der gesagt hat: „Geben ist seliger denn nehmen. Diese Ältesten sollten auch bereit sein, mit ihren eigenen Händen zu arbeiten, um den Dienst zu unterstützen. Das griechische Wort für „helfen“, antilambanesthai, bedeutet „am anderen Ende festhalten“. Die Schwachen waren jene Gläubigen, die leicht zu kränken waren. Indem die Ältesten, wie Paulus es getan hatte, für ihren eigenen Bedarf sorgten, konnten sie vermeiden, einen schwächeren Gläubigen zu kränken, der sich über seine Leiter ärgern könnte, weil sie nicht für ihren eigenen Unterhalt sorgten. Außerdem sollten sich die Ältesten an Jeschuas Worte erinnern: „Geben ist seliger als nehmen.“ Dieses Zitat findet sich nirgendwo in den Evangelien, und so ist es offensichtlich eines von mehreren Dingen, die Jeschua lehrte und die Paulus durch mündliche Überlieferung weitergegeben worden waren.

Arnold G. Fruchtenbaum – Ariel’s Bibelkommentar: Apostelgeschichte

an die Worte, die Jesus, der Herr selbst gesagt hat Der Ausspruch, den Paulus hier zitiert, ist in keinem der Evangelien bewahrt worden, muss aber unter den Aposteln mündlich weitergegeben worden sein. Für Jesu Verwendung dieses Gedankens siehe Matthäus 10,9, Lukas 6,30f. und 14,12–14.

Reformations-Studien-Bibel

Keines der vier kanonischen Evangelien berichtet über diesen Ausspruch Jesu; offenbar zirkulierte er unter den Jüngern und fand schließlich seinen Weg zu Paulus. Aber es hat genauso viel Autorität wie die anderen Aussprüche des Herrn.

The Life Principles Bible

Ver. 35: In allen Dingen habe ich euch ein Beispiel gegeben, denn ich habe euch alles gezeigt, A.V.; Hilfe für Unterstützung, A.V. er selbst für ihn, A.V. In allen Dingen (πάντα, für κατὰ πάντα, i.q. πάντως); insgesamt, in jeder Hinsicht. Ich habe dir ein Beispiel gegeben. Der übliche Gebrauch von ὑποδείκνυμι ist, wie im A.V. wiedergegeben, „zeigen“, „lehren“, wie in Kap. 9:16; Lukas 6:47 und wiederholt in der LXX. Aber vielleicht ist die Bedeutung hier gleichbedeutend mit der Formulierung in Johannes 13,15, ὑπόδειγμα ἒδωκα ὑμῖν, „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit ihr tut, was ich euch getan habe“, wie die R.V. es auffasst. Sich abmühen; nämlich so, wie ihr mich habt tun sehen. Um den Schwachen zu helfen. Meyer, der Bengel und anderen folgt, versteht dies als „die Schwachen im Glauben“, wie ἀσθενής in 1 Kor 9,22. Sie sagen, dass die Selbstverleugnung des Paulus, der die Hilfe, auf die er als Apostel Anspruch hatte, ablehnte und sich selbst durch seine Arbeit unterstützte, ein großes Argument war, um die Schwachen im Glauben von seiner Uneigennützigkeit und der Wahrheit seines Evangeliums zu überzeugen, und so empfiehlt er den Ältesten der Kirche, seinem Beispiel zu folgen. Aber das Wort hier ist ἀσθενούντων, und ἀσθενεῖν und ἀσθενεία legen eher die Vorstellung von körperlicher Schwäche nahe (Mt 25,36; 10,8 usw.; Lk 5,15 usw.), und die folgenden Worte des Herrn Jesus deuten auf Almosen für die Bedürftigen hin. Es ist also besser, das Wort von den Schwachen und Armen zu verstehen, die nicht für sich selbst arbeiten können. Zweifellos hat Paulus von seinem spärlichen Verdienst etwas für die Kranken und Bedürftigen übrig gehabt. Die Aussage in unserem Text entspricht also genau der Vorschrift in Eph. 4,28. Das dort verwendete Wort χερσίν erinnert an das αἱ χεῖρες αὕται aus Ver. 34. Sich an die Worte des Herrn Jesus zu erinnern. Dies ist ein einziges Beispiel dafür, dass ein Ausspruch unseres Herrn, der nicht in den Evangelien aufgezeichnet ist, in der Schrift erwähnt wird. Es gibt viele angebliche Aussprüche Christi, die in den apokryphen Evangelien oder in den Schriften von Kirchenvätern wie Papias und anderen aufgezeichnet sind (Routh, „Reliq. Sac.“, i. 9, 10, 12), von denen einige authentisch sein mögen; aber nur dieser ist durch die Heilige Schrift verbürgt. Wie Paulus und die Ältesten von Ephesus, denen er es offenbar bekannt war, davon erfahren haben, lässt sich nicht sagen. Aber es scheint wahrscheinlich, dass in jenen frühen Tagen einige der ungeschriebenen Worte des Herrn im Gedächtnis der Menschen schwebten und durch mündliche Überlieferung erhalten wurden. Clemens (1. Korinther 2) scheint sich auf das Sprichwort zu beziehen, wenn er zum Lob des früheren Charakters der Korinther schreibt, dass sie damals ἥδιον διδόντες ἢ λομβάνοντες waren. Aber er hatte es wahrscheinlich aus der Apostelgeschichte, wie auch der Autor der ‚Apostol. Constitut.‘ (iv. 3, 1). Ähnliche Aphorismen werden von heidnischen Schriftstellern zitiert, wie die von Kuinoel angeführten: Δωρεῖσθαι καὶ διδόναι κρεῖττον ἢ λαμβάνειν (Artemidor., ‚Onirocr, ‚ 4, 3); Μᾶλλόν ἐστι τοῦ ἐλευθέρου τὸ διδόναι οἳς δεῖ, ἠ λαμβάνειν ὅθεν δεῖ (Arist., Nicom., 4, 1): „Es ziemt sich für einen freien Menschen mehr, dem zu geben, dem er geben soll, als von dem zu nehmen, den er nehmen soll.“

The Pulpit Commentary


Da ist das Prinzip der Großzügigkeit. Lies weiter in Nehemia 5:17: „Es waren aber auch hundertfünfzig Juden und Oberste an meinem Tisch …“ – weißt du, wie viele er jeden Abend zum Essen hatte? Einhundertfünfzig. Wie würde es dir gefallen, zwölf Jahre lang jeden Abend 150 zum Essen zu haben? Wer hat die Rechnung bezahlt? Die Regierung? Nehemia zahlte die Rechnung. Hört zu: „Außerdem saßen an meinem Tisch hundertfünfzig Juden und Oberhäupter, außer denen, die von den Heiden, die um uns herum sind, zu uns kamen.“ (Nehemia 5:17) Außer den 150 brachten sie immer wieder Gäste mit. Sie sagten: „Oh, ja, mein Bruder Throckmorton muss auch kommen.“ Und so brachten sie ihn mit.
Und jetzt schau mal. Und was haben sie gegessen? Nun, er gab ihnen nicht nur einen Sloppy Joe. Schau: „Was mir aber täglich zubereitet wurde, war ein Ochse und sechs gute Schafe; auch Geflügel wurde mir zubereitet und einmal in zehn Tagen ein Vorrat von allerlei Wein; aber für all das brauchte ich nicht das Brot des Landpflegers, denn die Knechtschaft war schwer auf diesem Volk.“ (Nehemia 5:18) War Nehemia nicht ein großer Mann? Hör zu! Nehemia nahm das Beste. Er gab ihnen nicht einfach die alten, abgelegten Sachen. Er nahm das Allerbeste und setzte diese Leute nieder – mehrere hundert Menschen pro Tag. Mann, du sprichst von einem wohlhabenden Mann – er muss sehr wohlhabend gewesen sein! Und er fütterte sie und fütterte sie und fütterte sie. Und er weigerte sich, das Gehalt eines Gouverneurs anzunehmen. Und warum? Weil er den Grundsatz gelernt hatte, dass „Geben seliger ist als Nehmen“. (Apostelgeschichte 20:35)
Du fragst: „Woher hat er all das Zeug?“ Gott hat es ihm immer wieder gegeben. Warum hat Gott es ihm immer wieder gegeben? Weil er es immer wieder verschenkte. Er hatte nämlich gelernt, nur eine Verteilerstelle zu sein. Er hatte gelernt, was Jesus sagte: „Gebt, und es wird euch gegeben werden; ein gutes Maß, gedrückt und geschüttelt und überfließend, werden die Menschen in euren Schoß geben.“ (Lukas 6:38) Du kannst Gott nicht übertrumpfen. Nehemia hat das herausgefunden. Warum hat Gott sich um Nehemia gekümmert? Weil Nehemia Gott an die erste Stelle setzte, weil er aufrichtig war und weil er großzügig war. Die Bibel sagt in 2. Korinther, Kapitel 9, Vers 6: „Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten“. Dann säe nur ein paar Samen. Willst du eine große Ernte? „Und wer reichlich sät, wird auch reichlich ernten.“ (2. Korinther 9,6)
Du willst also, dass ich dir sage, wie du geben sollst? Dann pass jetzt gut auf. Lass uns über Großzügigkeit sprechen. Hier ist, wie man gibt. Ich werde dir sieben Prinzipien des geistlichen Gebens nennen. Wir sprechen hier über das Prinzip der Großzügigkeit, und du denkst über diese Dinge nach und siehst, ob sie nicht wahr sind.

Gottes Formel für finanzielle Freiheit

Geht es um die Verkündigung der „guten Botschaft“, um Jehovah oder Jesus Christus – oder geht es um die Finanzen? Eine offzielle Antwort zeigt, worum es heute der „neuen Leitung“ wirklich geht:

Euer auf Echtheit geprüfter Glaube bewirkt Ausharren

da ihr wisset, daß die Bewährung (O. Erprobung) eures Glaubens Ausharren bewirkt.
Elberfelder 1871 – Jakobus 1,3

denn nur dann, wenn euer Glaube auf die Probe gestellt wird, könnt ihr zeigen, ob ihr standhaft seid.
Johannes Greber 1936 – Jakobus 1:3

Ihr wisst doch: Wenn euer Glaube erprobt wird und sich bewährt, bringt das Standhaftigkeit hervor.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Jakobus 1,3

erprobt wird Prüfungen können nur dann als Grund zur Freude empfunden werden, wenn man die Erkenntnis besitzt, dass sie von Gott für einen bestimmten Zweck zugelassen werden. Sie sind Prüfungen des Glaubens, die der Standhaftigkeit dienen sollen. Umgekehrt bringt Ausharren schließlich einen reifen christlichen Charakter hervor (Röm 5,3).

Reformations-Studien-Bibel

Prüfungen an sich haben nichts Freudiges an sich. Das Leiden um seiner selbst willen hat keinen Wert. Gott benutzt sowohl Prüfungen als auch Leiden, um unseren Glauben zu prüfen, damit wir lernen, geduldig zu ertragen.

Die Charles F. Stanley Lebensprinzipien Bibel

Wissen. Ap. 132. I ii.
versuchen = prüfen. Gr dokimion. Nur hier und in 1 Petr. 1,7.
Glaube. Ap. 150. II. 1. Lies, „dein geprüfter Glaube“.
Geduld. Cp. Röm. 5:3.

The Companion Bible

Das Wort, das mit „Prüfung eures Glaubens“ übersetzt wird, kommt nur hier und in 1 Petr. 1,7 vor. Der Begriff, der „geprüft“ oder „bewährt“ bedeutet, wurde für Münzen verwendet, die echt und nicht entwertet waren. Das Ziel der Prüfung ist nicht, zu zerstören oder zu quälen, sondern zu läutern und zu verfeinern. Sie ist wesentlich für die christliche Reife, denn auch Abrahams Glaube musste geprüft werden (siehe Gen 22,1-8). Die Bedeutung von Geduld geht über die Vorstellung des Ertragens von Trübsal hinaus; sie schließt die Vorstellung ein, unter Druck standhaft zu bleiben, mit einem Durchhaltevermögen, das Widrigkeiten in Chancen verwandelt.

Die Nelson Studienbibel:

Gott arbeitet daran, Ausdauer in dir zu erzeugen (1,3), also versuche nicht, eine Prüfung kurzzuschließen, indem du unrechtmäßig versuchst, sie zu beenden. Gott versucht, dich geistlich reif und vollständig zu machen (1,4). Konflikte, die du in der physischen Welt erlebst, sind ein Mittel, das er benutzt, um deine Aufmerksamkeit auf etwas in der geistlichen Welt zu lenken.

Die Tony Evans Studienbibel

Die Christen können Anfechtungen freudig begegnen, weil sie großen Nutzen aus derartigen Prüfungen ziehen. Im rechten Geist erlebte Anfechtungen führen zu einer geläuterten Form der Glaubensfestigkeit.
Das ist nichts Neues, sondern lediglich eine Ermahnung, Altbekanntes nicht zu vergessen. Die Wendung „und wißt“ (ginOskontes, „wissend aus Erfahrung“) deutet an, daß jeder schon einmal die Belastung einer problematischen Situation und den Nutzen des Durchhaltens an sich erfahren hat. Geduld, die sich nicht in Anfechtungen bewährt, ist nichts wert.
Nur der wahre oder bewährte Glaube führt zur Geduld. Die Wendung „wenn er bewährt ist“ hat hier mehr die Bedeutung von „Billigung“ als von „Prüfung“. Das Wort dokimion steht nur im Neuen Testament an dieser Stelle und in 1 Petrus 1,7 .Glaube ist wie Gold – er besteht die Feuerprobe. Ohne diesen bewährten Glauben können Anfechtungen keine Geduld hervorbringen. Es würde nur Asche übrigbleiben. Wahrer Glaube dagegen übersteht wie lauteres Gold auch die höchsten Temperaturen. Er wirkt (katergazetai) Geduld oder Durchhaltevermögen. Das Substantiv „Geduld“ (hypomonEn; vgl. die Verbform in Jak 1,12) bedeutet „Standhaftigkeit im Angesicht von Schwierigkeiten“ (vgl. Jak 5,11).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Wenn Christen in Versuchung fallen, sollen sie es für lauter Freude halten, weil sich in der Versuchung der Glaube bewährt. Erst in der Versuchung stellt sich heraus, ob der Glaube echt gewesen ist. Das Bewährungsmittel des Glaubens – damit ist die Versuchung gemeint – bewirkt Geduld. Es ist nicht so, dass der Glaube Geduld bewirkt – wie manche Übersetzungen nahelegen, sondern die Bewährung des Glaubens zeigt sich in der Geduld. »Geduld [ist die] Gestalt, die der Glaube annimmt, wenn uns die Möglichkeit und Gelegenheit zu eigenem Handeln genommen ist …«
Geduld (hypomonä) ist daher kein passives Hinnehmen der Situation, kein ohnmächtiges Erleiden, sondern ein aktives Widerstehen im Blick auf ein konkretes Ziel. Es handelt sich um eine aktive, kämpferische Geduld im Unterschied zum Ausharren und geduldigen Erwarten von etwas, auf das man keinen Einfluss hat. So lesen wir etwa in Ps 27,14: »Hoffe auf den Herrn und sei stark! Hab festen Mut und hoffe auf den Herrn!« Es geht um mutiges Ausharren, um ausdauernde Beharrlichkeit – gegen den Schein der Erfahrung. »Glaube ist ein Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist.«
Christen wissen, dass sie in einer Zwischenzeit leben, in der Zeit zwischen dem »Schon jetzt« und dem »Noch nicht«, zwischen Christi Erlösungstat und seiner Wiederkunft. In dieser Spannung, die ihre heilsgeschichtlichen Gründe hat, bleiben die Christen den Leiden dieser Zeit (Röm 8,18) unterworfen. Sie können ihren Glauben nur in Geduld leben. Geduld ist deshalb keine »Charaktereigenschaft«, die manche mehr und andere weniger besitzen. Geduld ist ein Festhalten an der Hoffnung unter den widrigen Bedingungen unserer Zeit. Geduld kann nur der haben, der eine Hoffnung hat (Jak 1,12; Röm 5,3–5; 1Petr 4,12f). Geduld ist darum die Kraft, die aus der Hoffnung inmitten der Bedrängnis der Gegenwart gewonnen wird. Hoffnung und Geduld bezeichnen zwei unterschiedliche Haltungen, in denen man auf eine von außen kommende, unabwendbare Bedrängnis geistlich angemessen reagiert. Es sind zwei Aspekte, die zueinander gehören: Hoffnung lässt über die Bedrängnis hinaus erwartungsvoll und froh nach vorne blicken; Geduld ist die Kraft, unter der Bedrängnis der Gegenwart zu bleiben. Geduld und Hoffnung hängen aneinander: Wer die Geduld verliert, verliert den Glauben und die Hoffnung; wer die Hoffnung verliert, hat keine Kraft mehr zur Geduld.
Anders gesagt: Hoffnung ist die Antriebskraft der Geduld, aus ihr schöpft sie ihre Zuversicht. Geduld ist die Kraft der Überbrückung, die Kraft, die Spannung auszuhalten, dass das Vollkommene noch nicht erschienen ist. Geduld ist der Mut, sich währenddessen nicht an die Welt und ihre Verlockungen und Anfechtungen zu verlieren. Geduldig sein heißt, die Kraft zu haben, nicht aufzugeben und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. In dieser Kraft können selbst Märtyrer ihren Weg gehen (vgl. Offb 13,10; 14,12). Bis der Herr wiederkommt, steht der Glaube deshalb in einer Bewährungsprobe.
Erfahrungen im Glauben haben etwas mit Anfechtungen und Versuchungen zu tun. Und weil Versuchung etwas mit Erfahrung des Glaubens zu tun hat, wird sie zur Freude. Unangefochtene »Glaubenserfahrungen« haben etwas Oberflächliches und Unechtes an sich.
Auch an anderen Stellen der Schrift wird dieser Zusammenhang aufgewiesen. Es geht um einen geistlichen Lernprozess, »um ein Verwandeltwerden in eine Existenz, die tragen, ertragen, ausharren, warten, dulden und erdulden kann.« Dass dies für den Menschen, der diesen geistlichen Lebenszusammenhang nicht kennt, ein Ärgernis ist und eine Zumutung darstellt, zeigen erschütternd die Worte des Faust, die er Mephisto entgegenschreit: »Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben, und Fluch vor allen der Geduld!«
Zum Schluss sei ausdrücklich hervorgehoben: Nur der Glaube kann versucht werden. Wo kein Glaube ist, da ist auch keine Versuchung. »Es bedarf des Glaubens, um der Anfechtung teilhaftig zu werden.« Insofern sind Versuchungen ein Kennzeichen echten Christseins.

HJ. Peters – Wuppertaler Studienbibel

Aber warum? Vers 3 nennt den Grund: indem ihr erkennt. Von den beiden griechischen Worten für „erkennen“ oder „wissen“ heißt dieser Begriff, etwas aus Erfahrung kennen oder wissen: Man weiß aus Erfahrung, dass diese äußeren Prüfungen die Echtheit des Glaubens prüfen oder bestätigen. Darüber hinaus wird das griechische Wort für „Bewährung“ nur hier und in 1 Petrus 1,7 gebraucht. Leiden ist ein Prüfungsmittel, wodurch der Glaube gereinigt wird. Prüfungen sind nicht das Ausharren des Glaubens, sondern die Stärkung des bereits existierenden Glaubens. Es ist der Glaube, der rettende Glaube: der Glaube, der uns durch die Prüfungen hindurch tragen wird. Der Grund, aus dem wir es für lauter Freude halten sollen, wenn wir in diese äußeren Prüfungen geraten: Auf diese Art und Weise wird unser Glaube geprüft. Und eine positive Haltung zur Prüfung bringt Geduld hervor. Glaube bewirkt geduldiges Ausharren. Jakobus’ Hauptanliegen ist, was der Glaube hervorbringt. Für Jakobus sollte ein rettender Glaube gleichzeitig ein wirkender Glaube sein. Ein rettender Glaube muss ein lebendiger Glaube sein. Prüfungen reinigen den Glauben und bringen geduldiges Ausharren hervor; genau das wünschte der Schreiber des Hebräerbriefes seinen Lesern; ebendies sollten sie entwickeln. Geduldiges Ausharren ist ein aktives Durchhaltevermögen, das diese Schwierigkeiten bestätigt und im Glauben anhält.

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief

Gottes Reich aber bleibt für immer bestehen, alle Mächtigen werden ihm dienen und gehorchen.

Und das Reich (O. das Königtum) und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volke der Heiligen der höchsten Örter gegeben werden. Sein (S. v 14) Reich ist ein ewiges Reich, und alle Herrschaften werden ihm dienen und gehorchen. –
Elberfelder 1871 – – Daniel 7,27

Und die Vollmacht und die Königsherrschaft und die Größe aller Könige unter dem Himmel gab er dem heiligen Volk des Höchsten, König zu sein (in) einer ewigen Königsherrschaft, und alle Vollmachten werden ihm untergeordnet werden und ihm gehorsam sein. So weit die Rede.
Septuaginta Deutsch – Daniel 7:27

Darauf wird der höchste Gott die Herrschaft über die Völker der ganzen Erde seinem heiligen Volk übertragen. Dessen Reich soll alle anderen Reiche ablösen und ihre Macht und Größe in sich vereinen. Gott aber behält die Herrschaft in alle Ewigkeit, alle Mächtigen der Erde werden ihm dienen und gehorchen müssen.«
Gute Nachricht Bibel 2018 – Daniel 7,27

Und wieder einmal haben wir die Frage: Wie groß ist mein Glaube? Glaube ich, dass Jehovah in der Lage ist, SEIN Volk zu bewahren und neues Leben einzuhauchen? Oder ist mein Glaube so schwach, dass Jehovah völlig verzweifelt über „sein Volk Israel“ sein muss, und deshalb ein „geistliches Israel“ aus dem Hut zaubern musste????

Wenn der Richter, Gott Vater, das Gericht eröffnet (vgl. V. 10 ), d. h., wenn er das kleine Horn richten wird, wird seine Macht von ihm genommen und es wird vernichtet (vgl. V. 11 ; 2Thes 2,8; Offb 19,20 ). Dies wird geschehen, wenn Jesus wiederkommt. Zu Beginn des Tausendjährigen Reiches wird der Menschensohn Vollmacht bekommen (vgl. Dan 7,14 ), und er wird über die Heiligen herrschen, das Volk des Höchsten (vgl. die Anmerkungen zu Dan 3,26 ), das Volk Israel (vgl. Dan 7,18.22 ), das durch den Bund Gottes mit Abraham mit Gott verbunden ist ( 1Mo 12,1-6;13,14-17; 15,18-21 ). Dieses Königreich wird nicht mehr von einem nächsten Reich unterworfen und abgelöst werden. Es wird im Tausendjährigen Reich und für immer bestehen (vgl. Dan 4,31; 6,27; 7,14 ). Alle Völker und Könige werden ihn anbeten und ihm gehorchen .

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

In Vers 27 gibt der Engel die Deutung des letzten Königreichs aus Daniels Vision: Und das Reich und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Allerhöchsten gegeben werden; sein Reich ist ein ewiges Reich , und alle Herrschaften werden ihm dienen und gehorchen. In Daniel 7,14 wird der Menschensohn so dargestellt, dass er Herrschaft, Herrlichkeit und ein Königreich erhält. Bei seinem zweiten Kommen wird er der König über alles sein, oder wie Tanner ihn nennt, „der König schlechthin“. Doch in Vers 27, wie auch in Vers 22, werden den Heiligen des Allerhöchsten, also dem jüdischen Volk, drei Dinge verheißen: Sie werden das Reich empfangen und die Herrschaft, die es hat. Außerdem wird ihre Gabe die Größe eines jeden Reiches unter dem ganzen Himmel haben. Diese Formulierung unterstreicht die globale Bedeutung dieser Gabe. Dann wird in dem Vers spezifiziert, was die Heiligen empfangen werden: sein Reich, d. h. das Reich des Höchsten. Das Wesen dieses Reiches wird ewig sein. Es wird ein ewiges Reich sein. Der Vers schließt damit, dass alle Herrschaften ihm dienen und gehorchen werden. Auch hier bezieht sich das Personalpronomen „er“ auf den Allerhöchsten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das fünfte Reich wie folgt aufgebaut sein wird: Sein absoluter Herrscher wird Jeschua der Messias sein. Israel, die Heiligen des Allerhöchsten, werden unter ihm als Haupt der Heiden dienen (vgl. Dtn 28,1.13 ; Jes 14,1-2 ; 49,22-23 ; 61,6-7 ; usw.).
Was in Vers 27 beschrieben wird, ist also das messianische Reich . Bundestheologen und Amillennialisten bestehen jedoch darauf, dass das fünfte Reich die Kirche darstellt , insbesondere die Kirche im Himmel. Um ihre allegorische Lehre zu untermauern, zitieren sie Passagen wie Römer 8:17 , wo Paulus die Gläubigen als Miterben des Messias bezeichnet. Dann verweisen sie auf II. Timotheus 2:12 , wo erklärt wird, dass die Gläubigen, die ausharren, an der Seite des Messias regieren werden. Diese Auslegung passt jedoch aus sechs Gründen nicht in den Kontext von Daniel 7:27 .
Erstens wird Gott nach Daniel 7:23-27 sein Reich aufrichten, nachdem das vierte Reich seinen Lauf genommen und die antichristliche Phase erreicht hat. Mehrere dieser Phasen, insbesondere die antichristliche Phase, liegen noch in der Zukunft. Dies war auch die Lehre des Paulus in II. Thessalonicher 2,1-7 :
Wir ermahnen euch aber, liebe Brüder, über die Ankunft unseres Herrn Jeschua , des Messias, und über unsere Versammlung zu ihm: damit ihr nicht schnell von eurem Sinn erschüttert werdet, noch euch beunruhigen lasst, weder durch einen Geist noch durch ein Wort noch durch einen Brief von uns, als ob der Tag des Herrn nahe bevorstünde. Lasst euch von niemandem verführen: Denn es wird nicht geschehen, es sei denn, daß zuvor der Abfall komme und der Mensch der Sünde geoffenbart werde, der Sohn des Verderbens, der sich widersetzt und sich erhebt gegen alles, was Gott heißt oder angebetet wird, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott aufspielt. Erinnert ihr euch nicht daran, daß ich euch das gesagt habe, als ich noch bei euch war? Und nun wisst ihr, dass er zurückhält, damit er zu seiner Zeit offenbart werde. Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon wirksam; nur ist einer da, der jetzt zurückhält, bis er aus dem Weg geräumt ist.
Als Paulus seinen Brief schrieb, war die Kirche bereits gegründet. Als er jedoch den Antichristen Stadium im obigen Abschnitt beschrieb, wurde dieser als noch in der Zukunft liegend angesehen. Mit anderen Worten: Die Kirche existierte bereits, aber der Antichrist war noch nicht gekommen. Doch in Daniel 7:27 folgt das Reich Gottes auf die antichristliche Phase. Daher kann dieses Reich nicht die Kirche sein, die dem Antichristen vorausging.
Zweitens wurde die Kirche in der Anfangsphase des Vierten Reiches gegründet. Ihre Gründung fiel mit der Herrschaft des Römischen Reiches zusammen. Nach Daniel 7,27 fällt das fünfte Reich nicht in die Zeit des vierten Reiches, geschweige denn in die Zeit Roms . Stattdessen wird es eindeutig als Folge der letzten Phase des vierten Reiches beschrieben.
Drittens wird in Vers 27 beschrieben, dass das Reich Gottes die heidnischen Reiche an der gleichen Stelle ablöst: auf der Erde, nicht im Himmel.
Viertens: Die Errichtung des fünften Reiches hängt von der Zerstörung der heidnischen Weltmacht ab. Doch die Heiden haben die Welt seit dem Beginn des Zeitalters der Kirche ununterbrochen beherrscht.
Fünftens soll der Menschensohn das Reich Gottes als ein Reich der Macht und der Herrlichkeit aufrichten, nicht als ein Reich des Leidens und des Kreuztragens. Im Gegensatz dazu ist die Ermahnung von Jeschua in Lukas 9,23 bis heute die Berufung der Kirche : Und er sprach zu allen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Sechstens ist das fünfte Reich kontextuell gesehen ein jüdisches Reich mit einem jüdischen König. Im Gegensatz dazu umfasst die Kirche sowohl jüdische als auch heidnische Gläubige (z. B. Eph. 3:6 ).
Ein letzter Punkt, den Preis anführt, ist bemerkenswert:
Diejenigen, die behaupten, diese Prophezeiung [aus Daniel 7:27 ] habe sich erfüllt, müssen sich fragen lassen, wie dies in einer Welt möglich ist, in der mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung … Christus abgelehnt hat. Dass Daniel 7:27 eine zukünftige und buchstäbliche Erfüllung hat, steht im Einklang mit den klaren Prophezeiungen, dass gläubige Nationen in das tausendjährige Reich eingehen (Matthäus 25:34 ) und Christus und seinem Volk Israel dienen werden (Jesaja 60:3, 12 ; 66:18 ; Sacharja 14:16 …).

Arnold G. Fruchtenbaum – Ariels Bibel Kommentar – Das Buch Daniel

Daniel hat den Aufstieg und Fall von fünf Königreichen miterlebt: die Babylonier, die Meder und Perser, die Griechen, die Römer und das Reich des Satans, an dessen Spitze der Antichrist steht. Aber das wichtigste Reich von allen ist das Reich, das Christus zur Ehre Gottes auf Erden errichten wird, das Reich, nach dem sich die Christen jedes Mal sehnen, wenn sie beten: „Dein Reich komme“ (Mt 6,10). In der Heiligen Schrift werden zwei Aspekte des Reiches Gottes unterschieden: „Das Reich Gottes“, d. h. die geistliche Herrschaft Christi über alle, die zu ihm gehören (Joh 3,1-8; Kol 1,13), und das herrliche Reich auf Erden, das dem Volk Gottes bereitet ist (Mt 16,28; 25,34; 26,29; Lk 22,29). ( Es scheint keinen Unterschied zwischen dem „Reich Gottes“ und dem „Reich der Himmel“ zu geben. Die Juden hatten Angst, den Namen Gottes zu verwenden, um sich nicht der Gotteslästerung schuldig zu machen, und ersetzten ihn durch „Himmel“. Matthäus, der vor allem an die Juden schreibt, verwendet vor allem das „Himmelreich“, während die anderen Autoren das „Reich Gottes“ bevorzugen. )

Der himmlische Thron des Vaters (Dan. 7:9-12). Die Throne wurden an ihren Platz gestellt und nicht wie in der King James Version „niedergeworfen“. Dieses Ereignis findet statt, bevor das Reich des Antichristen zerstört wird, so dass es wahrscheinlich eine Parallele zu Offenbarung 4-5 ist, wo Johannes den Thronsaal Gottes beschreibt. „Der Alte der Tage“ (Dan. 7:9, 13, 22) ist ein Name für Gott, der seine Ewigkeit unterstreicht; er ist der Gott, der von Ewigkeit her existiert, alles geplant hat und seinen Plan ausführt. Die Beschreibung Gottes darf nicht wörtlich genommen werden, denn Gott hat keinen Körper, trägt keine Kleidung und hat kein weißes Haar. Diese Dinge sind ein Sinnbild für sein Wesen und seinen Charakter: Er ist ewig, heilig und souverän. In Offenbarung 1,12-20 werden diese Eigenschaften auch auf Jesus Christus angewandt, was beweist, dass er der ewige Sohn Gottes ist.

Die Vision von Gottes Thron weist Parallelen zu Hesekiel 1:15-21, 26-27 auf. Das Feuer spricht von seiner Heiligkeit und seinem Gericht über die Sünde, und die Räder symbolisieren sein providentielles Wirken in der Welt in einer Weise, die wir nicht verstehen können. „Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Dtn 4,24; Hebr 12,29; siehe Ps 97,1-4). Er wird von einer Vielzahl von Heiligen und Engeln gepriesen (5. Mose 33,2; Offb. 5,11), wenn die Bücher geöffnet werden und der Herr sich anschickt, das Böse auf der Erde zu richten. Ganz gleich, was Satan und der Antichrist auf der Erde anrichten, Gott sitzt immer noch auf dem Thron und vollstreckt das Gericht.

Der irdische Thron des Gottessohnes (Dan. 7:13-14, 27). „Menschensohn“ ist ein vertrauter Titel für unseren Herrn Jesus Christus; er wird in den Evangelien zweiundachtzig Mal verwendet, häufig von Jesus selbst. (Siehe auch Offb 1,13 und 14,14.) Die Formulierung „Wolken des Himmels“ erinnert uns an seine Verheißung, in Herrlichkeit wiederzukommen und auf der Erde zu herrschen (Mt 24,30; 25,31; 26,64; Mk 13,26 und 14,62; Offb 1,7).

Der Menschensohn wird vor den Thron des Vaters geführt und erhält die Herrschaft über alle Völker, eine ewige Herrschaft, die nie vergehen wird. Dies ist das Vorspiel zu dem Stein, der aus dem Berg gehauen wird und herabkommt, um die Reiche der Welt zu zerstören (Dan. 2:34-35, 44-45), und es ist eine Parallele zu Offenbarung 5:1-7. Der Vater hat dem Sohn versprochen: „Bittet mich, so will ich euch die Völker zum Erbe geben und die Enden der Erde zu eurem Eigentum“ (Ps. 2:8, NKJV). Im Gegensatz zu den vier vorangegangenen Königreichen und dem Reich des Antichristen kann das Reich Jesu Christi niemals beseitigt oder zerstört werden. Dies ist das Reich, das Gott im Sinn hatte, als er David sagte, dass sein Thron niemals enden würde (2 Sam. 7:13, 16). Er wird dieses Reich mit seinem Volk teilen (Dan. 7:27) und sie werden mit ihm regieren (Offb. 5:10; 11:15; 20:4).

Der Reichsbund, den Gott mit David geschlossen hat (2 Sam. 7), wird eines Tages in Jesus Christus erfüllt werden. Gottes Verheißung, dass Davids Same einen Thron und ein Königreich für immer haben würde (2. Sam. 7:12-13), wurde sicherlich nicht in Salomo oder einem seiner Nachfolger erfüllt, aber sie wird in Jesus Christus erfüllt werden (Lukas 1:30-33, 68-79). ( Diejenigen, die glauben, dass Christus vor dem Millennium wiederkommen wird, werden „Prämillennialisten“ genannt. Diejenigen, die glauben, dass der Mensch durch die Verkündigung des Evangeliums das Reich auf Erden errichten wird und dass Christus dann wiederkommen wird, werden „Postmillennialisten“ genannt. Amillennialisten sind diejenigen, die nicht glauben, dass es ein buchstäbliches jüdisches Königreich auf Erden geben wird, sondern dass die Prophezeiungen des Alten Testaments, die den Juden gegeben wurden, geistlich auf die Kirche angewendet werden sollten. )

In Offenbarung 20,1-8 wird uns sechsmal gesagt, dass das Reich tausend Jahre dauern wird, weshalb es „Millennium“ genannt wird, was lateinisch für „tausend Jahre“ ist. Während dieser Zeit wird der Herr die vielen Reichsverheißungen aus den Schriften des Alten Testaments erfüllen. Die Natur wird von der Knechtschaft der Sünde und des Verfalls befreit werden (Jes 35; Röm 8,18-25) und es wird Frieden in der Welt herrschen (Jes 2,1-5; 9,1-7).

In dieser dramatischen Vision sah Daniel den gesamten Verlauf der Geschichte, beginnend mit dem babylonischen Königreich und endend mit der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden. Welchen Trost und welche Kraft muss es ihm und seinem Volk im Exil gegeben haben, dass sich die Prophezeiungen eines Tages erfüllen und ihr Messias auf dem Thron Davids regieren würde. Die Gemeinde Jesu Christi erwartet heute die Wiederkunft des Erlösers, und dann werden wir entrückt werden, um ihm in der Luft zu begegnen (1. Thess. 4,13-18). Wir werden mit ihm auf die Erde zurückkehren, mit ihm herrschen und ihm dienen. „So komm denn, Herr Jesus“ (Offb 22,20, NKJV).

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Gottes Gerechtigkeit – II

Sorgt euch zuerst darum, dass ihr euch seiner Herrschaft unterstellt und tut, was er verlangt, dann wird er euch schon mit all dem anderen versorgen.
Gute Nachricht Bibel 2000 – Matthäus 6:33

Sucht in erster Linie nach der Königsherrschaft Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles dazugegeben werden.
Bruns 2013 – Matthäus 6,33

Macht es zu eurem obersten Ziel, dass sich Gottes gute Herrschaft in eurem Leben und überall ausbreitet! Setzt euch dafür ein, dass endlich die Gerechtigkeit Gottes diese Welt bestimmen kann und dass ihr selbst auch so lebt, wie es gut und richtig ist. Dann wird Gott euch alles andere schenken.
Roland Werner – Das Buch – Matthäus 6,33

Heute nur Ergänzungen zu diesem Vers … einige andere Gedanken hatten wir schon….

Nach Gottes Interessen fragen
In Zeiten von Krise, Weichenstellung und Neuorientierung bekommen Worte aus dem reichen Schatz der Bibel für mich besonderes Gewicht. Als wir vor Jahrzehnten vor einer wichtigen Entscheidung standen, geriet ein Satz von Jesus in unseren Blick und unser Herz: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere zufallen“ (aus der Bergpredigt, Matthäus 6,33).
Wir fragten uns: Was genau könnte das in der jetzigen Situation bedeuten – nach Gottes Reich trachten? Vielleicht ihn und seine Maßstäbe als wichtigstes Kriterium bei Entscheidungen nehmen? Seinem Wort und seiner Weisheit mehr Gewicht beimessen als meinem „Bauchgefühl“? Nicht in erster Linie nach Verdienst- und Karrieremöglichkeiten schielen, sondern überlegen: Wie könnte ich mich wo am sinnvollsten einsetzen für Gott, seine Welt und seine geliebten Geschöpfe?
Einfache Antworten haben wir nie gefunden. Vermutlich jede Menge Fehlentscheidungen getroffen. Und doch beständig eingeübt: Nicht ich bin der wichtigste aller Maßstäbe. Und das ist auch gut so.
In einem Liedtext, den ich zu diesem Satz von Jesus geschrieben habe, formuliere ich ganz schlicht: „Setzt euch zuerst für Gottes Sache ein – er gibt euch, was ihr braucht!“ Und in einem anderen Lied zur gleichen Bibelstelle: „Wer das neue Leben wagt, zuerst nach Gottes Zielen fragt, sich für Gott einsetzt, zu ihm steht, sich nicht nur um sich selber dreht, der wird viel mehr, als er es denkt, von Gott beschenkt.“

Faszination Bibel 1/2021

Bei der Bitte um Gottes Reich werden wir uns all dessen erinnern, was wir früher über das Wort »Reich Gottes« bedacht haben. Mit dieser Bitte anerkennen wir zuallererst den Primat Gottes: Wo er nicht ist, kann nichts gut sein. Wo Gott nicht gesehen wird, verfällt der Mensch und verfällt die Welt. In diesem Sinn sagt der Herr zu uns: »Sucht zuerst das Reich (Gottes) und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben« (Mt 6, 33). Mit diesem Wort ist eine Ordnung der Prioritäten für das menschliche Tun, für unsere Haltung im Alltag gesetzt.
Keineswegs wird uns ein Schlaraffenland verheißen für den Fall, dass wir fromm sind oder das Reich Gottes irgendwie möchten. Es wird kein Automatismus einer funktionierenden Welt vorgegeben, wie ihn die Utopie der klassenlosen Gesellschaft vorstellte, in der alles von selber gutgehen würde, nur weil es kein Privateigentum gibt. So einfache Rezepte liefert uns Jesus nicht. Aber er setzt – wie gesagt – eine alles entscheidende Priorität: »Reich Gottes« heißt »Herrschaft Gottes«, und das bedeutet: Die Maßstäblichkeit seines Willens wird angenommen. Dieser Wille schafft Gerechtigkeit, zu der es gehört, dass wir Gott sein Recht geben und darin den Maßstab für das Recht unter den Menschen finden.
Die Ordnung der Prioritäten, die Jesus uns hier angibt, mag uns an den alttestamentlichen Bericht von Salomos erstem Gebet nach seinem Regierungsantritt erinnern. Da wird erzählt, der Herr sei nächtens dem jungen König im Traum erschienen und habe ihm eine Bitte freigestellt, für die der Herr Erhörung zusagte. Ein klassisches Traummotiv der Menschheit! Was bittet Salomo? »Verleihe deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht« (1 Kön 3, 9). Gott lobt ihn, weil er nicht – wie es so naheläge – um Reichtum, Vermögen, Ehre oder um den Tod seiner Feinde, auch nicht um langes Leben gebetet hatte (2 Chr 1, 11), sondern um das wahrhaft Wesentliche: das hörende Herz, die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Böse. Und darum erhält Salomo dann auch das andere hinzu.
Mit der Bitte: »Dein Reich komme« (nicht unseres!), will uns der Herr genau auf diese Art des Betens und der Ordnung unseres Handelns hinführen. Das Erste und Wesentliche ist das hörende Herz, damit Gott herrsche und nicht wir. Das Reich Gottes kommt über das hörende Herz. Das ist sein Weg. Und darum müssen wir immer wieder bitten.
Von der Begegnung mit Christus her vertieft sich diese Bitte noch, wird noch konkreter. Wir haben gesehen, dass Jesus das Reich Gottes in Person ist; wo er ist, da ist »Reich Gottes«. So ist die Bitte um das hörende Herz zur Bitte um die Gemeinschaft mit Jesus Christus geworden, die Bitte darum, dass wir immer mehr »ein Einziger« werden mit ihm (Gal 3, 28). Es ist die Bitte um die wahre Nachfolge, die Gemeinschaft wird und uns zu einem Leib mit ihm macht. Reinhold Schneider hat das eindringlich ausgedrückt: »Das Leben dieses Reiches ist das Fortleben Christi in den Seinen; in dem Herzen, das nicht mehr gespeist wird von der Lebenskraft Christi, endet das Reich; in dem Herzen, das von ihr berührt und verwandelt wird, beginnt es […] die Wurzeln des unvertilgbaren Baumes suchen in ein jedes Herz zu dringen. Das Reich ist eins; es besteht allein durch den Herrn, der sein Leben, seine Kraft, seine Mitte ist […]«. Um das Reich Gottes zu bitten heißt, zu Jesus zu sagen: Lass uns dein sein, Herr! Durchdringe du uns, lebe in uns; versammle die zerstreute Menschheit in deinem Leib, damit in dir alles Gott untergeordnet werde und du dann das All dem Vater übergeben kannst, auf dass »Gott alles in allem sei« (1 Kor 15, 26–28).

Jesus von Nazareth: Beiträge zur Christologie

Jesus fasst diesen Zuspruch so zusammen: „Kümmert euch nur um das Reich Gottes, dann wird Gott dafür sorgen, dass ihr alles bekommt, was ihr braucht“ (Matthäusevangelium 6,33). Das kam einer Revolution gleich: Wer sich nur um sein eigenes Wohl kümmert, dem wird es nie wirklich gut gehen, wer sich nur um Gott kümmert, der wird erleben, dass ihm alles andere zufällt: „Du musst den Sinn des Lebens nicht selber finden, und du kannst dich selbst annehmen, weil du angenommen bist. Du kannst aufhören, dich um alles und jedes zu sorgen. Das ist die Folge von Gottes Liebe.“ Die Urnöte der menschlichen Existenz werden auf Gott übertragen. Er hat das alles in der Hand. Vom Menschen wird nicht mehr erwartet, als dass er dieser Verheißung vertraut.
Jede Form von „christlicher“ Religiosität, die doch wieder Erwartungen an den Menschen stellt, hat dieses befreiende Kernbekenntnis des Neuen Testamentes nicht ergriffen. Gott erwartet nicht, dass der Mensch sich das Heil verdient. Aber ein Mensch, dem diese Bedrängnis abgenommen ist, wird sich nichts sehnlicher wünschen, als sein Leben für Gott einzusetzen. Weil er befreit wurde, ist er frei, sich hinzugeben.

Vogt 2014 – Bibel für Neugierige: Das kleine Handbuch göttlicher Geschichten

suche zuerst sein Reich: Christen müssen dem Streben nach Heiligkeit in ihrem Leben Vorrang einräumen. Das ist keine Ausrede für Faulheit in praktischen Dingen (2 Thess 3,6-13), sondern ein Aufruf zum Vertrauen in die Fürsorge des Vaters

Die Ignatius Catholic Study Bible

V. 33: Nach dem Reich, d.h. der Herrschaft Gottes trachten heißt, auf Gottes Ankunft, auf das volle Erscheinen seiner Herrschaft zuleben und das gegenwärtige Leben ganz im Licht dieser Zukunft gestalten. Das Trachten nach dem Reich Gottes muss sich konkretisieren im Trachten nach seiner (= Gottes) Gerechtigkeit (s. dazu 3:15; 5:6, 10; 6:10 und die Erklärungen).

Einführungen und Erklärungen aus der Stuttgarter Erklärungsbibel

Jüngerinnen und Jünger, denen die Herrschaft Gottes über ihr Leben wichtig ist und die fleißig nach einem rechtschaffenen Leben streben, können darauf vertrauen, dass Gott ihre Bedürfnisse befriedigt.

CSB Study Bible

Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen Wir sollen Gottes erlösender Regel (3,2) und einer richtigen Beziehung mit ihm die höchste Priorität im Leben geben (# 3,15); Sorgen steht im Widerspruch zu dieser Priorität, denn ihre Zweifel führen uns weg von diesem höchsten Ziel. Gott wird bei denen, die alles für ihn wagen, alle Bedürfnisse erfüllen.

Reformations-Studien-Bibel

Woher weißt du, ob du Gottes Reich an die erste Stelle setzt? Stelle dir diese Frage: Wenn ich eine Entscheidung treffen muss, wohin gehe ich dann zuerst? Für viele Christen ist Gott wie ein Ersatzreifen. Er ist derjenige, zu dem sie rennen, wenn alles andere versagt. Suchst du also zuerst Gottes Perspektive (durch sein Wort und göttlichen Rat) oder suchst du die Perspektive der Welt? Königreichschristen berufen sich zuerst auf Gottes Sichtweise und seine gerechten Maßstäbe. Wenn du das tust, wirst du mit all diesen Dingen versorgt werden. Richte dich nach seiner Agenda und dein Daddy wird die Verantwortung für deine Bedürfnisse übernehmen.

Die Tony Evans Studienbibel

nicht länger für mich?

Und er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.
Elberfelder 1871 – 2.Korinther 5,15

Und er ist deshalb für alle gestorben, damit die, die leben ( oder die ´durch ihn ein neues` Leben haben. ), nicht länger für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und zu neuem Leben erweckt worden ist.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 2.Korinther 5:15

Und Christus ist deshalb für alle gestorben, damit alle, die durch seinen Tod das Leben geschenkt bekamen, nicht länger für sich selbst leben. Ihr Leben soll jetzt Christus gehören, der für sie gestorben und auferstanden ist.
Hoffnung für alle – 1996 – 2.Korinther 5,15

Wenn du jemanden wirklich von ganzen Herzen liebst, dann wirst du „automatisch“ über diese Person reden und du wirst viele Dinge tun, um deinem „Herzen“ deine Liebe zu zeigen.
Den Vers 14 hatten wir schon: Das Urteil ist aufgehoben!

Stell dir vor: Jesus hat alles für uns getan! Wenn ich das wirklich verstanden habe, dass mein Urteil von IHM getragen worden ist, dann verstehe ich, dass ich nichts mehr tun MUSS – sondern nur noch aus GegenLiebe auf Seine Liebe reagiere! Jeder Schritt, den ich aus „du musst aber“ gehe, ist eigentlich ein falscher Schritt – denn die Liebe ist das einzige Argument, was mein Handeln bewegen sollte. Wenn jemand sagt: „du musst aber, um Gott zu gefallen“ – ist es entweder ein Irrlehrer oder aber er folgt einem anderen Gott nach – denn der Gott der Bibel möchte, dass wir IHM aus „reinem Herzen“ dienen , also aus LIEBE!


Warum aber lebt Paulus so (V. 13)? Weil Christus so gelebt hat (vgl. Mk 3,21). Obwohl Christus göttliche Vorrechte besaß, wurde er freiwillig ein Mensch und folgte dem Weg des Gehorsams bis ans Kreuz ( Phil 2,6-8 ), wo er für alle starb (nicht nur für die Erwählten, wie manche annehmen; vgl. 1Tim 2,6; 1Joh 2,2; Hebräer 2,9). Durch den Glauben ist Paulus Jesus in seinem Tod und seiner Auferstehung gleich geworden ( Röm 6,3-4; Gal 2,20) und übt in seinem Leben nun jene Selbstlosigkeit, die auch der Herr gelebt hat. Die Liebe Christi, die ihn bekehrt hat, nötigt ihn dazu (vgl. 1Joh 3,16).
Später, in der Erörterung des „Amtes der Versöhnung“ ( 2Kor 5,18-19 ), entwickelt Paulus die historischen und sachlichen Implikationen der Versöhnung, die Christus erwirkt hat, weiter. In den vorliegenden Versen geht es ihm zunächst um die subjektive Erfahrung der objektiven Heilstat Christi. Alle, die durch den Glauben an den Segnungen des Opfertodes Christi teilhaben (und nun geistlich leben), sollen auf diese Gnade durch ein selbstloses Leben und die Mitwirkung am „Amt der Versöhnung“ antworten. Sie sollen hinfort nicht sich selbst leben, sondern Christus. Daß Paulus so lebt, sollte den Korinthern ein Anlaß sein, sich seiner zu rühmen (V. 12).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Dürfen wir demnach nicht mehr für uns leben, so laßt euch, ermahnt der Apostel, nicht in Unruhe und Verwirrung setzen, wenn Gefahren und Tod an euch herantreten. Und er gebraucht einen unwiderleglichen Schluß, um zu zeigen, daß es sich hier um eine Schuldigkeit handle. Wenn wir nämlich durch Den leben, der für uns gestorben ist, so sind wir auch schuldig, für Den zu leben, dem wir das Leben verdanken. Anscheinend nun liegt in dem Gesagten nur ein Gedanke; betrachtet man aber die Sache näher, so treten uns zwei Umstände entgegen, einmal daß wir Christus das Leben verdanken, und dann, daß er selbst unsertwegen gestorben ist. Davon wäre Jedes für sich schon hinreichend genug, uns zu Schuldnern zu machen; wenn aber erst Beides zusammentrifft, wie groß muß dann nicht unsere Verpflichtung sein! Ja noch ein Drittes kommt hinzu. Denn auch den Erstling hat Gott deinetwegen auferweckt und zum Himmel erhoben. Darum heißt es: „Der für uns gestorben und auferweckt worden.“

Chrysostomus – 2. Korintherbrief

»Die Liebe Christi drängt uns«: Damit benennt der Apostel sein innerstes Motiv, das, was sein Leben und Dienen bewegt. Das Griechische (»drängt uns«, wörtlich »umfaßt uns, hält uns zusammen, hält uns zu etwas an, treibt uns an«), betont die enge Liebesverbindung mit Christus, die dem Zeugen unabweisbar Anlaß zum Zeugnis dieser Liebe wird (vgl. Apg 18,5 »richtete sich ganz darauf« = »drängte«). Vollmächtiger Dienst kann nur aus solcher drängenden Liebe heraus getan werden. Alle anderen Antriebe versanden bald. Die Liebe von Christus und die dadurch geschenkte Gegenliebe und Bruderliebe ist innerster Antrieb des Zeugen (vgl. Jes 56,6; Mi 6,8; Joh 5,42; 12,25; 15,13; 21,15 ff.; Röm 5,5; 1 Kor 13; Gal 5,6.13; Eph 5,25 ff.; Phil 1,17: 1 Thes 5,8; 2 Tim 1,7; 1 Jo 3,18; 3 Jo 6; Offb 2,19; 12,11). Diese Christusliebe ist nicht auf das Gefühl gegründet, sondern auf ein persönliches, gewisses »Urteil« des Apostels. Es geht um mehr als ein bloßes »überzeugt sein« – die deutsche Übersetzung ist zu blaß –; hinter der Liebe steht ein begründetes, sich auf das Heilshandeln Gottes berufendes Urteil, eine Erkenntnis von Tatsachen: »Einer ist für alle gestorben.« Das Heilsgeschehen am Kreuz ist der Grund für dieses Urteil, für die Liebe. Dort starb der Eine, der Sohn Gottes »für alle«. Dieser Tod ist Gottes Gerichtsurteil über die Sünde – aber nicht an uns allen, die wir Sünder sind, vollzogen, sondern an dem »einen«, an Christus. Die Liebe Christi erweist sich in seinem stellvertretendem Leiden und Sterben (vgl. Jes 53,4 f.; Mk 14,22–24; Joh 3,16; 11,50 f.; Röm 5,6 ff.18; 8,34; 1 Kor 15,3; 1 Thes 4,14; 5,10). Das ist die grundlegende Heilstatsache: Der Tod Jesu Christi für uns alle. Daraus folgt: »… so sind sie alle gestorben.« Das Urteil, das über Jesus vollzogen wurde, hätte alle Menschen, die Sünder, treffen müssen. Wer dies im Glauben über sich gelten läßt, der ist mit Christus der Sünde gestorben, weil Christus für unsere Sünde starb. Das »alle« bezeichnet zunächst die Gemeinde, die Schar der Glaubenden, die den Tod Christi an sich erleben (vgl. Röm 5,12–21; 6,3 ff.; 2 Kor 4,10 ff.). Sicher gilt Jesu Kreuz universal, aber wirksam entfaltet sich das an den Glaubenden. Sie finden beim Herrn das Leben.
Das ist die Folge des Sühnetodes Jesu Christi, des Heilsgeschehens am Kreuz, wo er »für alle gestorben ist, damit, die da leben, hinfort nicht sich selbst leben«. Eigentlich ist menschliches Leben keine Möglichkeit; wir müßten alle in unseren Sünden sterben. Aber Christus ist gestorben. Damit ist Zeit der Gnade, Lebensmöglichkeit da. Wir leben aber, um das neue Leben in ihm zu ergreifen. Das alte Leben ist: »sich selbst leben«. Das ist ja die Sünde, ihre Urwurzel: für sich alles haben zu wollen, nach der Einflüsterung des Satans »ihr werdet (könnt) sein wie Gott« (1 Mo 3,5). »Sich selbst leben« ist unser Verderben, denn wir lassen uns durch das eigensüchtige Begehren zur Sünde verleiten. Christus befreit uns durch sein Sterben zu dem neuen Leben in seiner Nachfolge. Er ruft uns aus dem »Leben zum Tode« in das »Leben zur Ewigkeit«. Wir dürfen nun »dem leben, der für sie (uns) gestorben und auferstanden ist« (vgl. Röm 14,7ff.; Gal 2,20). Für uns ist Christus gestorben – hat unser Urteil, unseren Tod, unsere Strafe auf sich genommen; für uns ist Christus auferweckt worden – der Vater bestätigt die Heilstat des Sohnes. Christus kommt als der Lebendige und gibt uns teil an seinem Leben und Sieg: Wir leben nicht mehr uns selbst, sondern entschlossen für Jesus Christus, in seinem Dienst, in seiner Liebe, aus seiner Kraft, bewegt von seinem Geist, und das ist wahres Leben. Dieses neue, durch Christus geschenkte Leben befreit uns von der »Fleischesart«, von dem »alten« Wesen (V. 17), unserem eigensüchtigen, sündigen Denken, Streben und Tun und befreit uns zur »Geistesart«, zur Christusart (vgl. zu 3,5 ff.; 4,6 ff.).

Edition C Bibelkommentar

In welchem Sinne sind sie es? Wie wirkt sich das „Urteil“ nun in ihrem Leben aus? Paulus sagt: „Und für alle starb er, damit die Lebenden nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und auferweckt worden ist.“ Wenn Paulus hier von „den Lebenden“ spricht, denkt er zunächst an die einfache Tatsache, daß sie, die „alle gestorben sind“, dennoch faktisch alle leben. Das auf Golgatha stellvertretend durchlittene Gericht wirkt sich darin aus, daß jetzt für alle Welt Gnadenzeit ist, daß wir noch am Leben gelassen sind und darum als „die Lebenden“ die Botschaft hören und annehmen können. Aber wer die Botschaft annimmt, der wird ein „Lebender“ in einem ganz neuen Sinne. Er erfaßt, daß er den ewigen Tod verdiente und nur durch die stellvertretende Tat Jesu das Leben hat, das ein ewiges Leben ist. Darin tut sich ihm sofort eine ganz neue Lebensrichtung auf. Ein Leben, das sich einzig dem Sterben eines andern verdankt, kann nicht mehr sich selbst gehören, sondern nur noch dem, der es durch sein Sterben überhaupt ermöglichte. Weil hier grundsätzlich „Gestorbene“ leben, können sie nicht mehr sich selbst behaupten und nicht mehr Ansprüche stellen oder angebliche Rechte geltend machen. Das ist für „Gestorbene“ vorbei. Aber als „Lebende“ brauchen sie einen Inhalt und ein Ziel ihres ganzen Seins und Wirkens. Worin könnte dieses Ziel liegen als allein in dem, „der für sie starb und auferstand“? Seinem „für sie“ antwortet ihr „für ihn“. Weil er „auferweckt wurde“, ist er als der Lebendige ihnen so gegenwärtig, daß sie für ihn, in der Hingabe an ihn, im Dienst für ihn leben können. Und dieses neue, selbst-lose, an Jesus hingegebene Leben ist das eigentliche Ziel der Liebe des Christus. Errettung aus dem gerechten Gericht Gottes ist freilich die gewaltige Voraussetzung, die mit einem solchen Einsatz geschaffen werden mußte. Aber der Apostel bleibt dabei nicht stehen. Die Beseitigung der Verlorenheit, ist ihm nicht das Letzte und Eigentliche. Er sieht auf das neue Dasein, das die eigentliche Frucht des Wirkens Christi ist. Die Liebe des Christus in seinem rettenden Sterben für uns weckt und entzündet im Herzen der Erretteten die Gegenliebe und schenkt ihnen damit eine neue Existenz (V. 17!),

Wuppertaler Studienbibel

Die Formulierung „die, welche leben“ wurde auch auf zwei verschiedene Weisen verstanden. Viele glauben, daß es sich hier um solche handelt, die Leben im Herrn Jesus haben und mit Ihm auch Sein Auferstehungsleben teilen. Andere sehen in ihnen zurecht alle physisch Lebendigen; dieser Gedanke wird durch den nächsten Ausdruck unterstützt „… die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, …“. Dies beinhaltet auch, daß ein Teil ihres Lebens bereits gelebt war. Deshalb bedeutet auch ein rechtes Verständnis aller Auswirkungen des Kreuzes das Ende eines selbstsüchtigen Lebens, und man wird befähigt, mit dem Apostel zu sagen: „Das Leben ist für mich Christus“ (Phil 1,21).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Plötzlich gab es Krieg im Himmel. Michael und seine Engel starteten einen Angriff gegen den Drachen. Der Drache wehrte sich mit seinen dunklen Engeln. Aber er verlor den Kampf und durfte nicht länger im Himmel bleiben.

Und es entstand ein Kampf in dem Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel; und sie siegten nicht ob, auch wurde ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden.
Elberfelder 1871 – Offenbarung 12,7–8

Dann brach im Himmel ein Krieg aus. Michael mit seinen Engeln kämpfte gegen den Drachen. Der Drache mit seinen Engeln wehrte sich;  aber er konnte nicht standhalten. Samt seinen Engeln musste er seinen Platz im Himmel räumen.
Gute Nachricht Bibel – Offenbarung 12:7–8

Dann brach im Himmel ein Krieg aus: Michael und seine Engel griffen den Drachen an. Der Drache schlug mit seinem Heer von Engeln zurück; doch sie verloren den Kampf und durften nicht länger im Himmel bleiben.
Hoffnung für Alle – Offenbarung 12,7–8

Wer ist „Michael“? Adventistische Bibelausleger sind allgemein der Auffassung, dass es sich hier um Christus handelt. In den biblischen Paralleltexten wird Michael jedoch als (Engel)Fürst“ (bzw. Völkerengel) oder „Erzengel“ vorgestellt (Dan 10,13: „Aber der Fürst des Königreichs Persien stand mir 21 Tage entgegen. Und siehe, Michael, einer der ersten Fürsten, kam, um mir zu helfen, und ich wurde dort entbehrlich bei den Königen von Persien.“; Dan 10,21: „… und es gibt keinen einzigen, der mir gegen jene mutig beisteht als nur Michael, euer Fürst.“; Dan 12,1: „Und in jener Zeit wird Michael auftreten, der große Fürst, der für die Söhne deines Volkes eintritt …“; Jud 9: „Michael aber, der Erzengel, wagte nicht, als er mit dem Teufel stritt und Wortwechsel um den Leib Moses hatte, ein lästerndes Urteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr schelte dich!“).

Der Kampf zwischen Michael und dem Drachen findet im Himmel statt. Dabei ist vorausgesetzt, dass „der Drache“ – also „der Teufel und Satan“ (12,9) – dort Zugang hat. Im AT tritt Satan im Himmel als Ankläger der Menschen auf (Hiob 1,6ff; 2,1ff.; Sach 3,1).

Warum es gerade jetzt zu einem „Kampf im Himmel“ kommt, wird nicht gesagt. Er steht aber im Zusammenhang mit der Himmelfahrt Jesu. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass dieses Ereignis der Anlass dafür ist, den Drachen aus dem Himmel zu entfernen. „Wo … Jesus herrscht … hat der Widersacher Gottes weder Raum noch Recht.“ (Roloff, 129).

Der Kampf geht von Michael und seinen Engeln aus. Wörtlich übersetzt muss es heißen: „Michael und seine Engel waren bereit bzw. verpflichtet gegen den Drachen zu kämpfen“ (ein substantivierter Infinitiv drückt die Bereitschaft oder Verpflichtung zu einer Handlung aus; Neuer sprachlicher Schlüssel zum griechischen Neuen Testament, zur Stelle; vgl. Maier II, 45).

Pastor Michael Mainka – Offenbarung des Johannes

Diese Verse bieten uns die Erklärung, warum es in der Mitte der Jahrwoche zu solch dramatischen Veränderungen auf der Erde kommt. Die Ursache ist die, dass im Himmel ein Kampf gefochten wird, dessen Ergebnisse auf der Erde zu spüren sind. Das Wort „Krieg“, polemos , steht hier für eine Schlacht. JND erklärt in den Anmerkungen zu seiner Bibelübersetzung den Aorist „entstand“, egeneto, wie folgt: „hat jetzt stattgefunden, hat angefangen“. Plötzlich bricht im Himmel eine Schlacht aus. Es ist möglich, dass Satan, der gesehen hat, wie die Gemeinde in den Himmel entrückt und vor den Richterstuhl des Christus gestellt wurde und nun ahnt, dass die Vereinigung der Gemeinde mit dem Herrn in der Hochzeit des Lammes bald geschehen muss, meint, dass jetzt der günstige Moment zum Angriff auf den Thron gekommen sei. Der Erfolg seiner Pläne auf der Erde – seine beiden Werkzeuge auf der Erde sind aufgekommen und die beiden Zeugen sind ermordet worden – kann ihn in seiner Illusion bestärkt haben. Auf der anderen Seite kann es auch sein, dass der Drache jetzt, angreift, um das Ausgießen der letzten Gerichte auf seine Werkzeuge zu verhindern. Denn er hat nicht mehr viel Zeit. Die Bibel sagt uns nicht, wer die Schlacht begann, aber die Reihenfolge der Wörter im Vers legen nahe, dass Michael auf Gottes Geheiß die Initiative ergriff, um das Universum von diesem Urheber aller Rebellion zu reinigen. Diese Sicht wird durch Daniel 12,1 gestützt, wo auf den gleichen Zeitpunkt zur Hälfte der Jahrwoche Bezug genommen wird: „Und in jener Zeit wird Michael aufstehen, der große Fürst, der für die Kinder deines Volkes steht; und es wird eine Zeit der Drangsal sein, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit.“ Es ist gut möglich, dass angesichts des wachsenden Druckes auf das Volk Israel Michael von Gott den Auftrag zum Handeln bekommt.
Michael, dessen Name „Wer ist wie Gott?“ bedeutet, wird in der Bibel fünfmal erwähnt. In Dan 10,13 wird er „einer der ersten Fürsten“ genannt, in 10,21 „euer Fürst“. In Dan 12,1 heißt er „der große Fürst“, und in Judas 1,9 „der Erzengel“ (als einziger in der Bibel). Hier ist er der Anführer einer großen Engelschar; diese steht unter seinem Befehl und sie heißen darum „seine Engel“. Gegen die himmlischen Heerscharen haben sich die feindlichen Mächte aufgestellt, die hier „der Drache und seine Engel“ genannt werden. Es entspinnt sich ein gigantisches Ringen. Das Verb „siegten nicht ob“ lässt ahnen, wie große Anstrengungen der Drache und seine Engel machten, um den Himmel zu besiegen.
Über den Ort, wo dieser Kampf stattfindet, ist viel diskutiert worden, wiewohl es hier heißt, er finde „im Himmel“ statt. Der auferstandene Herr ist „durch die Himmel gegangen“ (Heb 4,14), womit ganz klar der atmosphärische Himmel und der astronomische Himmel gemeint sind. Jetzt, da er „höher als die Himmel geworden“ ist (Heb 7,26), ist er eingegangen „in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“ (Heb 9,24). Der dritte Himmel wird in 2.Kor 12,2-4 identifiziert als das Paradies, wo Gott ist und Christus wohnt, und wohin die von der Erde Geretteten genommen werden, um bei Christus zu sein (Lk 23,43). Das kann aber kaum der Bereich sein, in dem dieser Krieg toben wird. Er findet auch nicht „in den himmlischen Örtern“ von Eph 6 statt, denn mit dem dort beschriebenen Kampf ist etwas vollständig anderes gemeint. Die Worte Christi in Lk 10,18 beziehen sich auf den Sturz Satans von seiner Stellung als der „gesalbte Cherub“ (Hes 28,14), der so nahe bei Gottes Thron stand. Jenes Geschehen ist bereits Geschichte; es liegt irgendwo zwischen 1.Mo 2; 3. Es ist klar, dass Satan seit jenem Fall nicht mehr in der unmittelbaren Gegenwart Gottes wohnen kann. Es ist aber gleichzeitig deutlich, dass es gewisse himmlische Regionen gibt, zu denen Satan noch immer Zugang hat (Hi 1,6; 2,1) und wo er als der Verkläger der Brüder die Freiheit hat, seine Klagen bei Gott vorzubringen. Es ist von jener „Stätte“, aus der der Satan und seine Engel nun hinabgeworfen werden. Diese Erklärung wird durch das besitzanzeigende „ihre“ gestützt: „Auch wurde ihre Stätte nicht mehr im Himmel gefunden.“ Es scheint, dass sie ihre besondere Stätte hatten, in der sie sich noch aufhalten durften. Es ist anzunehmen, dass sie nicht allein aus ihrer Stätte vertrieben werden, sondern dass diese Region nun für immer geschlossen wird, dass also Michael den Kosmos von allem Bösen reinigt.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Und es geschah ein Kampf im Himmel. Einer der beiden Kämpfenden wird in Vers 9 auf das Genaueste vorgestellt. Dagegen verlautet von seinem Widersacher außerhalb dieses Verses nichts und auch hier nur sein Name. Darum sprechen auch wir bis zum Exkurs 10 (nadi V. 11) kommentarlos von „Michael“ . Einerseits waren Michael und seine Engel, bereit zu kämpfen, und andererseits kämpfte der Drache und seine Engel.
Dreimal enthält dieser kurze Vers „Kampf“ oder „kämpfen“. Als Folge der Inthronisation des Messias in Vers 5 tut sich Unerhörtes in den geistlichen Dimensionen. Dieser Kampf im Himmel will mit einem zweiten Kampf auf der „Erde“ in 19, 19 zusammengehalten werden. Jener Erdenkampf vervollständigt diesen Himmelskampf. Beide Kämpfe enden mit einem Satanssturz. Hier stürzt der Satan vom Himmel auf die Erde (V. 9), dort von der Erde in den Abgrund (20, 3). In beiden Fällen wird das Gericht durch einen Engel vollstreckt. Hier heißt er Michael, dort fehlt eine Nennung seines Namens. Als Folge der Inthronisation des Messias vollzieht sich also im Grunde ein Kampf, der aber in zwei Akten abläuft. Dazwischen liegt die „kleine Zeit“ von Vers 12.
Die Initiative zum Kampf geht von Michael aus. Er tritt sogleich mit Kampfabsicht auf den Plan, bereit zu kämpfen und den Drachen in eine Auseinandersetzung zu verwickeln. Die meisten Kommentare sagen es umgekehrt: Der Drache begibt sich, nachdem ihm der Messias entkommen war, schnaubend auf Verfolgungsjagd und stürmt den Bergungsort des Flüchtenden. Da stellt sich ihm Michael mit seinen Scharen entgegen und wehrt den „Himmelssturm“ erfolgreich ab. Satan und seine Gesellen werden auf die Erde zurückgeworfen.
Es zahlt sich für die Auslegung dieses Abschnittes aus, nichts aus den vorangegangenen Versen zu verlieren. Wir arbeiteten für die „Entrückung“ des Messias Vers 5 den Rechtshintergrund heraus: Der vom Weibe geborene Knabe gewann einen Gerichtsprozeß gegen den Drachen, der ihm als Fürst dieser Welt den außerordentlichen Rang und Platz bei Gott, nämlich seine Messianität und Gottessohnschaft und damit die Weltherrschaft streitig machen wollte. Durch die Entrückung auf Gottes Thron wird der Knabe jedoch darin bestätigt und voll gerechtfertigt. Der „Verkläger“ (V. 10) hatte unter Mißbrauch seines Verklägeramtes eine falsche Anklage vorgebracht. Nach israelitischem Recht genügte jetzt nicht allein die Rechtfertigung des unschuldig Angeklagten, sondern es mußte auch noch dem falschen Ankläger der Prozeß gemacht werden (5 Mo 19, 16–19). Ihm gebührte die gleiche Strafe, die er dem Unschuldigen gewünscht hatte. Der Drache wollte Christus seinen Platz bei Gott rauben, so verliert er seinen eigenen Platz im Himmel, nämlich seine Funktion als Ankläger (V. 8b).
Im neuen Abschnitt geht es hintergründig um einen solchen Nachfolgeprozeß. Schon darum ist in diesem zweiten Prozeß keinesfalls der Drache initiativ, sondern der bisher verklagte Messias wird zum Ankläger. Doch Michael ist sein Anwalt und Vollstrecker. Der Drache bietet alles auf, um seine Position zu behaupten: Der Drache kämpfte und seine Engel .
[8] Und er vermochte nicht zu bestehen. Dieser Ausdruck könnte durchaus einen gerichtlichen Beiklang haben und hindurchschimmern lassen, daß Johannes hinter den geschauten „Zeichen“ eines physischen Kampfes die Wirklichkeit eines Rechtsstreites wußte. In diesem Rechtsstreit vermochte der Drache nicht zu bestehen, da er seine Stellung durch die falsche Anklage des Gerechten und Heiligen hoffnungslos verspielt hatte.
Und es wurde für sie nicht mehr ein Ort im Himmel gefunden. Für immer und restlos wurde ihm die entscheidende – nicht aber die einzige! (s. u.) – Operationsbasis genommen. Nie wieder wird er im Himmel als Verkläger angenommen. Rein gar nichts kann er dort noch ausrichten. Im Himmel herrschen nur noch Gott und der mitthronende Gesalbte. Die biblische Rede von dem Ort (Bd. 1, Anm. 108), der nicht mehr aufzufinden ist, wird Hes 27 unvergeßlich anschaulich: Ein prachtvolles, stolzes Kaufmannsschiff versinkt im Meer. Die Wogen schlagen darüber zusammen und schweigen alles Gewesene tot.
Dem dreimaligen „Kampf, kämpfen“ in Vers 7 entspricht hier in Vers 9 das dreimalige „geworfen“. „Werfen“ begegnete uns schon oft in den Gerichtsvollzügen der Offb. Der Gerichtete wird vierfach, also allseitig und erschöpfend identifiziert. [9] Und es wurde geworfen der große Drache, die uralte Schlange, genannt Diabolos und Satan. Diese Sprechweise klingt wie ein Auszug aus einer Urteilsverkündigung. Zu Beginn werden die Personalien des Verurteilten, seine Herkunft und sein Tun und Lassen genau aufgeführt.
Es ist der große Drache. „Drache“ bezeichnete vor allem eine Riesenschlange, wiederum besonders die Seeschlange und das Seeungeheuer. Daran läßt der Wasserstrahl denken, den dieser Drache nach Vers 15 herausschießt. Aber die Beifügung groß übersteigert diesen Drachen gegenüber jedem natürlichen Wesen. Ein riesenhafter Riesendrache! So entsteht ein Bild für eine Größe, die alle Zoologie hinter sich läßt, nämlich für die Wirklichkeit des Satanischen.
In der Offb ist Satan der Gegner Gottes. Gern wäre er auch Gegengott, bringt es aber nicht weiter als bis zu einem „Affen Gottes“ (Luther). Wäre er Gegengott, ständen wir unter einem Dualismus zweier selbständiger Mächte. Gottes Volk hat darauf zu achten daß es Satan diese Ehre nicht antut. „Er lebt von dem Respekt, den man ihm zollt“ (Lamparter). Wir haben darum nicht an ihn zu glauben, sondern ihm zu widerstehen (1 Pt 5, 9; Jak 4, 7). Wir sollen ihn uns auch nicht genau vorstellen wollen und uns weder in eine Betrachtung des Satanischen vertiefen noch eine ausführliche Satanslehre anstreben noch in unserer Umwelt Satansgewißheit verbreiten. Nicht einmal dann, wenn andere den Satan wegdisputieren, streiten wir beharrlich mit ihnen. Wohl tut ein Hinweis auf den Ausspruch Goethes gut: „Den Teufel spürt das Völkchen nicht, und wenn er sie beim Kragen hält.“ Aber wer sich in Belehrung über Satan und Dämonen ergeht, gewinnt für das Heil rein gar nichts. Das Mittelalter strotzte nur so vor Teufelsglaube und war doch so arm an Christuserkenntnis und so in Fesseln geschlagen durch Gewalt, Unrecht und Unverstand.
Auch hier verfolgen wir nur die kurze Skizzierung des Satanischen, ohne sie mit allen möglichen Gesichtspunkten und Fragestellungen auszugleichen. Der große Drache wird auch die uralte Schlange genannt. Die Schlange spielte in der Umwelt Israels eine für uns unvorstellbare Rolle. Sie war fast überall verbreitet und bekannt. Schlangenkulte sind schon aus der Zeit 4500 v. Chr. belegt. Mancherlei Umstände förderten diese Kulte: der überlegene, hypnotisierende Blick der Schlange, ihr kaum merklicher, aber tödlicher Biß, ihre Heimtücke und Schnelligkeit und ihre Dressierbarkeit.
Aber nicht nur als Verderbensmacht wurde sie empfunden. Besonders die Griechen richteten sie als Haustier ab und verehrten sie als Lebensmacht. Die Schlange ist ja besonders der Erde verbunden, lebt in Grotten und Ritzen, kriecht auf der Erde, scheint Erde zu fressen und galt als „Seele“ der Erde, als Erdgottheit. Da die Erde aber Symbol für das Mütterliche und Weibliche ist, erscheint die Schlange auf den Abbildungen der Fruchtbarkeitsgöttinnen.
Weil die Schlange häufig an Quellen haust, schien sie mit unterirdischen, verborgenen Schätzen in Verbindung zu stehen. Sie galt als hellseherisches Orakeltier. Besonders an Heil quellen verehrte man sie, verfügte sie doch nicht nur über Gift, sondern auch über Gegengift, vgl. den Hinweis auf den blühenden Asklepioskult zu 2, 13. Schließlich konnte die Beobachtung, wie sich die Schlange häutet und sich auf diese Weise zu verjüngen und zu erneuern scheint, sie zum Symbol der Wiedergeburt und des ewigen Lebens werden lassen.
Bei der allgemeinen Hochschätzung des Schlangenkultes in allen umwohnenden Völkern ist es nicht verwunderlich, wenn Israel die Schlange als Verkörperung des Heidentums ansah. Daher der entschiedene Abscheu vor Schlangen im AT. Nie diente sie als Haustier, Opfertier oder als Speise. Sie ist das widerlich Schmierige, Schillernde, Zwielichtige, Mörderische und darum das Satanische.
An unserer Stelle finden wir eine ausdrückliche Gleichsetzung mit der Paradiesesschlange von 1 Mo 3: die uralte Schlange. So alt sie ist, sie hat ihre Feindschaft gegen Gott und alles Göttliche nie vergessen.
Erst jetzt erklingt zweisprachig (Anm. 301) der eigentliche Name des Drachen und der Schlange. Wir erörtern zunächst das hebräische Wort Satan. Es bezeichnet ursprünglich völlig neutral den Opponenten. Im israelitischen Gerichtswesen hat es möglicherweise die Planstelle für einen Ankläger gegeben, der zur Rechten des Angeklagten stand (Sach 3, 1; 1 Chr 21, 1; Ps 109, 6). Mit Feindseligkeit und Bosheit hat diese gesellschaftliche Funktion noch nichts zu schaffen. Auch im Hiobbuch hat „Satan“ noch keinen bösen Beiklang. Er achtet wie ein guter Staatsanwalt darauf, daß man nicht einfach dem Augenschein traut und beantragt den Beweisgang. Teuflische Lust am Bösen liest man für ihn höchstens in den Text hinein. Er ist nicht Widersacher Gottes, sondern dient der genauen göttlichen Rechtsprechung.
Erst im Judentum wird „Satan“ zum Eigennamen für die aktiv böse Macht. Sie ist Gott und den Menschen, vor allem aber den Gerechten, feindlich gesinnt. Als Nachklang des AT bleibt bestehen, daß Satan ein von Gott abhängiges Geschöpf ist, nämlich ein Engelfürst.
Eine Zusammenfassung seines Tuns bietet das bekannte Zitat aus dem babylonischen Talmud: „Der Satan kommt herab und verführt, steigt hinauf und klagt an, nimmt Vollmacht und nimmt die Seele.“ Zunächst verführt er also zur Sünde, indem er Gott und die Sünde verharmlost und diese begehrenswert macht wie in 1 Mo 3. Sobald er den Menschen zum Sündigen gebracht hat, eilt er ins himmlische Gericht, um flammende Anklage gegen den zu erheben, den er selbst gereizt, gelockt und überredet hat. In „heiligster“ Entrüstung und unter Berufung auf Gottes Gebote fordert er Strafgerechtigkeit. Bevollmächtigt kehrt er zurück und vollstreckt die Strafe, indem er den Sünder tötet. So hat er sein Ziel erreicht: den Tod des Menschen, den Gott doch zum Leben geschaffen hat.
Nach jüdischer Lehre fungiert vor dem himmlischen Gericht aber auch ein Verteidiger Israels, nämlich der Erzengel Michael. Er trägt die Tugenden der Juden vor Gottes Thron. Er kann auch den Satan abweisen. Aber von Fall zu Fall steigt dieser immer wieder herauf, um frisch verführte Opfer anzuklagen und Vollmacht über sie zu gewinnen.
Als Verführer arbeitet der Satan also mit Lüge und als Vollstrecker mit Gewalt, aber als Verkläger arbeitet er mit Wahrheit. Kein Gewaltsystem verachtet eine gewisse Rechtlichkeit. Jede Lüge, die Erfolg haben will, bedarf einer Prise Wahrheit. Darum liegt die wesentliche Macht Satans in seiner mittleren Funktion begründet. Nirgendwo ist er so satanisch wie gerade in seiner Anklage, wo er vollmächtig von Gott scheidet und die Schuldwand zwischen Gott und Sünder himmelhoch emporzieht.
Haben Jesus und die Apostel diese jüdischen Anschauungen einfach übernommen? Nach dem Evangelium ist die furchtbare Verklägerfunktion Satans gelöscht. Das bedeutet die Lehre vom Satanssturz. Seine wesentliche Kraft ist gebrochen. Darauf bezieht sich in Vers 9 das jubelnde, dreimalige „gestürzt, gestürzt, gestürzt!“ Zwar geht er weiter als Lügner und Mörder um, doch die Rechtsposition ist ihm genommen. Er stürzte in die Illegalität. Sein Reich ist darum ohne Bestand.
Die grie Bezeichnung Diabolos wird gern mit „Durcheinanderbringer“ wiedergegeben. Er schafft in einer Gemeinschaft durch Verleumdung und Streitsucht Mißverständnisse und liebt das Chaos. Vielleicht wäre auch die Wiedergabe durch „Auseinanderbringer“ angebracht. Er bringt Gott und Menschen auseinander. Aber das Wort ist als Übersetzung von „Satan“ in die Bibel gekommen und also deckungsgleich aufzufassen.

Wuppertaler Studienbibel

Nach einer alten jüdischen Auslegung sind Michael und Gabriel die Höchsten, die zur Rechten und Linken Gottes stehen (Hiob 25,2). Michael heißt: Wer ist wie Gott? Eine alte Geschichte erzählt, daß, als Satan (Luzifer, Jesaja 14,12), einer der ersten drei der sieben Engelfürsten, von Gott abfiel, um wie Gott zu werden (1 Mose 3,5), Michael ihm und denen, die ihm folgten, mahnend zurief: „Wer ist wie Gott?“ Da scharten sich um ihn und um diese seine heilige Losung alle treu gebliebenen Engel. Und das Bekenntnis seines Mundes blieb fortan sein Name.
Diese ist „der vornehmsten Fürsten einer“. Es gibt auch weniger vornehme Engelsfürsten. , z. B. der Fürst des Königreichs im Perserland (Daniel 10,13. 14). Vielleicht hat so jedes der siebzig Völker seinen Elohim, seinen Engelfürsten und Herrn?
Vgl. Daniel 10,21; 2 Thessalonicher 2,7; 1 Korinther 8,5; 1 Mose 10; 11,7
Aber über alle ist Der, „dessen Rede ist wie Volksgetümmel“ (Daniel 10,6). „Der große Fürst Michael, der für die Kinder deines Volkes steht“, hielt mit unantastbarer Hoheit Wache am Leichnam Mosis. Er ist Fürst über Israel auf Erden und über viele Engel im Himmel, mit denen er ernst den Drachen und seine Engel endgültig überwinden wird.
(Daniel 10,13. 21; 12,1; Judas 9; Offenbarung 12,7-9)
Wer ist „der Fürst über das Heer des Herrn“? (Josua 5,13-15)

Carl August Flügge – Bibelarbeiten aus Der Bibelforscher

In Vers 7 unseres Kapitels wird eine andere überraschende Sache vor unsere Blicke gebracht: ein Kampf in dem Himmel. Dies mag ein erstaunlicher Gedanke sein für solche, die sich den Himmel nur als einen Ort der Ruhe und Glückseligkeit vorstellen, und für die abgeschiedenen Heiligen Gottes ist er auch ein solcher, denn ausheimisch von dem Leibe bedeutet einheimisch bei dem Herrn zu sein, in dessen Gegenwart Fülle von Freude ist. Aber was die Himmel selbst betrifft, zeigt uns die Schrift, dass sie in den Augen Gottes nicht rein sind, weil Satan und seine Engel Zugang haben zu den himmlischen Örtern. Epheser 6 zeigt uns, dass der geistliche Kampf des Gläubigen in den himmlischen Örtern ist. Das Buch Hiob zeigt uns, dass, wenn die Engel kommen, um sich vor Gott zu stellen, auch Satan in ihrer Mitte kommt als der Verkläger Hiobs. Hier in Offenbarung 12 wird uns gezeigt, dass dieser Kampf in dem Himmel von dem Eingreifen Gottes zugunsten Seines Volkes Israel redet. Michael wird in der Epistel des Judas der Erzengel genannt, der Oberste der Engel,
In Daniel 10 wird Michael gezeigt, wie er die Sache des irdischen Volkes Gottes unterstützt, während Daniel 12,1 ihn deutlich nennt: „der große Fürst, der für die Kinder deines Volkes steht“, und das besonders in der großen Drangsalszeit, die als zukünftiges Teil des Volkes Gottes angekündigt ist. Michael hat zahllose Scharen von Engeln unter seinem Befehl. Der Herr Jesus sagt in Matthäus 26, 53: „Meinst du, dass ich nicht jetzt meinen Vater bitten könne, und er mir mehr als zwölf Legionen Engel stellen werde?“ Doch auch Satan hat seine Scharen böser Geister, die ihm folgen. In Judas lesen wir, dass Michael nicht wagte, ein lästerndes Urteil über ihn zu fallen, sondern sprach: Der Herr schelte dich! Aber hier in Offenbarung 12 lesen wir, dass Michael und seine Engel mit dem Drachen kämpften, und dass auch der Drache kämpfte und seine Engel. Es ist die letzte und größte Anstrengung von Seiten Satans, seinen Platz im Himmel zu behaupten, aber es ist ein hoffnungsloser Kampf für ihn, denn die Schrift versichert uns, dass sie nicht obsiegten und auch ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden wurde. Von dem großen Drachen lesen wir schon in Kapitel 11, aber hier wird ausdrücklich gesagt, dass es Satan selbst ist. Er ist die alte Schlange, oder, wie J.N.D. es ausgedrückt hat, die Schlange von alters her. Dieser Vers in Verbindung mit 2 Korinther 11,3 macht es klar, dass mit der Schlange Satan selbst gemeint ist, in der geschickten Verschmitztheit, durch welche er zu täuschen sucht. Es wird auch von ihm gesprochen als dem Teufel, dem Widersacher, Er wird als ein Engel des Lichts gesehen, wenn er zu täuschen sucht, aber auch als ein brüllender Löwe, der da sucht, welche er verschlinge. Hier wird er als der gesehen, der die ganze Welt zu betrügen sucht. Jetzt kommt für ihn die Zeit, wo er aus dem Himmel geworfen wird und alle seine Engel mit ihm.

H.G. Moss – Das Buch der Offenbarung

In der Mitte der Trübsal, während der Krieg auf der Erde zwischen dem Antichristen und den zehn Königen ausbricht, bricht auch ein Krieg in den atmosphärischen Himmeln aus (V. 7). Der Konflikt findet zwischen dem Erzengel Michael und seinen Truppen und dem Erzfeind Satan und seinen Truppen statt. Michael siegt, und Satan und seine Helfer werden aus den atmosphärischen Himmeln vertrieben und auf der Erde eingesperrt (V. 8-9). Fünf Namen werden dem Satan gegeben, die alle seine Person und sein Wirken beschreiben. In „der große Drache“ wird seine Grimmigkeit und Grausamkeit gesehen. „Die alte Schlange“ verweist auf den Garten Eden, wo der Mensch aufgrund der Versuchung durch Satan fiel und Sünde und Tod in die menschliche Erfahrung brachte. Die große Trübsal ist ein Gericht über die Sünde des Menschen. In dem Wort „Teufel“ wird Satan als der Ankläger aller Kinder Gottes betrachtet. „Satan“ bedeutet „Widersacher“, und in diesem Namen wird er als der Gegner von Gottes Programm gesehen. Als „der Verführer“ wird er als der große Meisterfälscher bezeichnet, der versucht, Auserwählte und Nichterwählte gleichermaßen zu täuschen.
Die Gefangenschaft Satans auf der Erde hat zwei Folgen. Erstens wird ihm der Zugang zum Himmel verwehrt, und er kann nicht mehr vor dem Thron Gottes stehen und die Geschwister anklagen. Darüber freut sich der Himmel (V. 10-12a). Zweitens: Satan ist jetzt voller Zorn (V. 12b). Sein Zorn rührt daher, dass er weiß, dass seine Zeit kurz ist, nämlich 3½ Jahre. Wegen des Zorns Satans ist es „wehe der Erde“. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt für das Verständnis dessen, was in der mittleren und zweiten Hälfte der Trübsal geschieht. Die volle Bedeutung wird später in dieser Studie deutlich werden.

Arnold G. Fruchtenbaum – Die Fußstapfen des Messias: Eine Studie über die Abfolge der prophetischen Ereignisse – 2020

Noch immer zur Führung Israels sprechend, fuhr Jeschua fort: „Ihr werdet mich von nun an nicht mehr sehen, bis ihr sagen werdet: Gesegnet der, der im Namen des Herrn kommt (Matthäus 23,39). Mit dieser offiziellen messianischen Begrüßung, die auf Psalm 118,26 basiert, stellte Jeschua die Vorbedingung für das zweite Kommen auf: Er wird nicht zurückkehren, bis die jüdischen Führer Ihn bitten, zurückzukommen. So wie die jüdischen Führer einst die Nation dazu brachten, Ihn abzulehnen, muss ein Tag kommen, an dem sie die Nation dazu bringen, Ihn anzunehmen.

Dies wiederum liefert die theologische Grundlage für den Antisemitismus. Satan hat einen speziellen Krieg gegen die Juden im Allgemeinen, aber im Besonderen gegen die messianischen Juden geführt, führt ihn noch und wird ihn auch führen. Satan weiß, dass seine Karriere zu Ende sein wird, wenn der Messias auf Wunsch des jüdischen Volkes wiederkommt. Wenn es ihm gelingen würde, die Juden zu vernichten, bevor sie um seine Rückkehr bitten, dann wird Jeschua nicht wiederkommen und Satans „Karriere“ ist für immer gesichert. Dies erklärt die Motivation für den unerbittlichen Krieg des Teufels gegen die Juden, der sich in den Kreuzzügen, den russischen Pogromen, dem Nazi-Holocaust usw. zeigt. Sobald Satan in der Trübsal auf der Erde gefangen ist (Offenbarung 12:7-17), wird er, da er weiß, dass seine Zeit kurz ist, all seine Energie darauf verwenden, die Juden ein für allemal zu vernichten. Antisemitismus in jeder Form, aktiv oder passiv, ob politisch, national, rassisch, ethnisch, sozial, religiös, theologisch oder anderweitig, ist Teil der satanischen Strategie, das zweite Kommen zu verhindern.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

In Dan 12,1 ist Michael zwar zum Schutz Israels bestellt, aber vom Teufel ist noch keine Spur zu sehen (»In jener Zeit tritt Michael auf, der große Fürst, der über den Söhnen eines Volkes schützend steht. Es wird eine Zeit der Drangsal sein …«). Noch in den Dorfkirchen der Uckermark findet sich an der Nordseite außen nicht selten eine Nische mit dem Erzengel Michael, der das Heilige schützt (z. B. in Kleinow Kr. Perleberg).
Zum einschlägigen Material gehört auch TestXII Dan 6, 2 f.: »Tretet heran zu Gott und zu dem Engel, der bittend eintritt für euch, und dieser ist als Mittler zwischen Gott und den Menschen für den Frieden Israels gegenüber dem Reich des Feindes aufgestellt (vgl. Lk 11,18 f.: Satan … sein Reich). Deswegen eifert der Teufel darum, die zu Fall zu bringen, die den Herrn anrufen. Denn er weiß, dass an dem Tag, da Israel zum Glauben kommt, das Reich des Feindes sein Ende finden wird.« Der fürbittend für Israel eintretende Engel ist üblicherweise Michael. Später besiegt Michael stets den Antichrist (PCiStB Nr. 1917 victor).
Nicolaus Cusanus, Sermon CCX vom 7. 12. 1455 (Brixen) geht aus von einem Kampf auf zwei Ebenen: Der Kampf im Himmel wird geführt von der Weisheit Gottes (!) gegen Luzifer. Der Kampf auf Erden wird geführt von Christus gegen den Antichrist.

■ Auf Michael bezieht sich 1 QM 17, 5–7: »Heute ist seine Zeit (sc. die des Gottes Israels), niederzuzwingen und zu erniedrigen den Fürsten der Herrschaft des Frevels und Er sendet ewige Hilfe dem Los seiner Erlösung durch die Macht des prachtvollen Engels für Michaels Herrschaft … in ewigem Licht.«
■ Thomas-Apk (lat), S. 274 beschreibt in 12,7 den Krieg der Engel untereinander, vgl. S. 434.
■ (Gregorius Magn.) In Evang Hom II, 34, 9: Michael/Drache ist der Kampf gegen den Stolz (Gott ähnlich zu sein).
■ Zu 12,7.9: Nach Meinung Alkuins (9. Jh.) beschreibt Johannes in Apk 12 nicht ein einmaliges und gänzlich abgeschlossenes Geschehen, vielmehr ist Satan noch immer der Ankläger, und sein Sturz geschieht täglich und ist täglich notwendig. Kommentar: Da die Apk ohnehin unsere geltenden Vorstellungen von Geschehensein und Zukunft »frei« behandelt, ist es nicht ganz ausgeschlossen, dass Alkuin Teile unserer Wahrnehmung von Wirklichkeit richtig deutet. – Nach Oecumenius, Komm. und Hippolyt, Danielkommentar III, 12, 3 beziehen sich die Worte des Apokalyptikers Johannes auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Doch ähnlich wie in der paulinischen Theologie ist wohl wichtig, dass das Entscheidende schon geschehen ist, so dass die Christenheit schon »über den Berg« gelangt ist. Ähnlich wie Alkuin 12,7.9 streng auf die Gegenwart der Kirche deutet, sieht er auch nach 12,6 in dem von Gott bereiteten Ort, an den die Kirche flieht, etwas gegenwärtig Aktuelles, denn er möchte nicht an eine körperliche Flucht denken, sondern an einen spiritualis ascensus (geistlichen Aufstieg). Diese Deutung ist m. E. eine Überstrapazierung sämtlicher Aussagen über Flucht und Wüste in Kap. 12.
■ Cantabr (10. Jh.): Michael und seine Engel: Christus und die Heiligen (Hinweis auf Hiob).
■ Ps-Ephraem-Apk (syr), S. 202: Die göttliche Gerechtigkeit ruft Michael. (204) Gottes Gerechtigkeit erhebt sich und zerstört das Römerreich.
■ Petrus-Apk (karschun), S. 244: Michael als Retter der Endzeit wird geschickt. S. 277: Michael als Kriegsführer stößt nur einen Schrei aus, und das genügt.
■ Ps-Beda, De temporum ratione: Percusso autem illo perditionis filio sive ab ipso Domino sive a Michaele … [Wenn aber der Sohn des Verderbens durchbohrt ist, sei es vom Herrn selbst, sei es von Michael …].
■ Berengaudus S. 961: Michael bedeutet Christus.
■ Der geistlich Mantel unser lieben Frauen (unpubl. mhd. Handschrift um 1475): Michael »Fürst der engelschlichen Ritterschaft«, dem gestattet sei, »das guldi fenli des ewigen Triumph vor allen himmlischen Heer« zu tragen. Da er auf Bergen verehrt wird: auf Bergen beten. Der Mantel ist belegt mit »geschlagenen untz gold«, »das kepli … an dissem Mantel ist von ainem edlen stain, haist ametistus, der jst vyol farb und als die rosen gibt er ainen schin«, der Mantelverschluss ist von »buliertem erhabnem gold«, umgeben von Bildern, darunter »ain luter guldis lernli tragent ain für rots fenli«: Saphir, grüner Smaragd, Amethyst, Rubin, Carfunckel (Granat), roter Jacinth, weißer Asteric, Topas, Chrysolith, Andrea.
■ Ps-Bonaventura, Sp. 544 (seine Engel): Gabriel und Raphael. Der Teufel dagegen kämpft mit (dem) Elefanten, daran zeigt sich seine Stärke.
■ Kommentar: Die zahlreichen Nennungen des hl. Erzengels Michael (auch auf Glocken etc.) weisen auf eine bestimmte Lücke in der christlichen Verkündigung: Wer besiegt das je gegenwärtige Böse? Was manche Kommentatoren zu Apk 12 angemerkt haben, gilt auch allgemeiner: Wie ist es um die soteriologische Rolle Jesu Christi im Alltag bestellt?

KLaus Berger – Die Apokalypse des Johannes

Trotz der Bedeutsamkeit der Vorgänge behält Johannes seinen knappen Stil bei: Und es kam zu einem Krieg im Himmel (Καὶ ἐγένετο πόλεμος ἐν τῷ οὐρανῷ [Kai egeneto polemos en to urano]), V. 7. Die Satzkonstruktion ist hier so ungewöhnlich, dass Bousset „eine völlig irreguläre Konstruktion“ annahm. Düsterdieck schlug wegen dieser Schwierigkeiten vor, die Worte πόλεμος ἐν τῷ οὐρανῷ [polemos en to urano] (Krieg im Himmel) zu streichen. Er konnte für seine Konjektur freilich nicht eine einzige Handschrift anführen, sie war also ein reiner Verzweiflungsschritt. Ganz ungewöhnlich ist übrigens die Satzkonstruktion in V. 1 nicht, wenn man mit Blass-Debrunner zweierlei in Rechnung stellt: a) die Neigung des Verfassers, „den Nom. statt anderer Kasus zu gebrauchen“. So kommt es zur Fortsetzung ὁ Μιχαὴλ [ho Michael] nach οὐρανῷ [urano]. b) Die auch in der LXX vorkommende Konstruktion mit τοῦ [tu] vertritt den hebräischen Inf. cstr. mit לְ [le]. Sie drückt „die Bereitschaft oder Verpflichtung zu einer Handlung“ aus. So kommt es zu der Fortsetzung τοῦ πολεμῆσαι [tu polemesai] usw. Wir sollten also in V. 1 bei dem jetzt von Nestle-Aland abgedruckten Text bleiben.
Wieso es gerade jetzt zu einem Krieg im Himmel kam, wird nicht näher erläutert. Wir können nur aus dem Zusammenhang schließen, dass der Drache durch die Geburt und Entrückung des Messias (12,4–6) aufs Äußerste erregt war und auch aufs Äußerste gehen wollte, um den Fortgang des Heils zu verhindern. Sonst hätte er sich unmöglich auf einen Krieg im Himmel eingelassen. Begonnen hat er diesen Krieg freilich nicht.
ἐγένετο [egeneto] sollte man nicht mit „entbrannte“mübersetzen, sondern bei der Wortbedeutung „es geschah“, „es entstand“, „es kam zu“ (= hebr. וַיְהִי [wajehi]) bleiben. So viel Widerstand, dass ein Kampf „entbrannte“, war dem Drachen gar nicht möglich.
Dass im Himmel ein Krieg sein soll, ist für uns befremdlich. Himmel und Krieg passen in der postmodernen Romantik nicht zusammen. Bousset wollte 2Makk 5,2f und Josephus B. J. VI, 296ff zur Erklärung heranziehen. Aber dort ist nur von Erscheinungen „am Himmel“ (sky) und nicht von einem Krieg „im Himmel“ (heaven) die Rede. Auch Ass Mo 10,1ff taugt hier nicht, weil hier nur die Geisterwelt angerufen wird. Viel näher liegen biblische Stellen wie Sach 3,2; Dan 10,13.20f; 12,1; Jud 9, die zeigen, dass die Engelwelt in die Kämpfe des Gottesvolkes hineingezogen ist. Schlatter wollte Jes 27,1 als Erklärungsbasis heranziehen. Aber in Jes 27,1 ist es Jahwe selbst, der zum Schwert greift, sodass diese Stelle nur eine sehr entfernte Parallele darstellt. Die genannten biblischen Stellen spiegeln sich übrigens auch in der Qumranliteratur, sodass wir dort ebenfalls Parallelen zu Offb 12,7 finden (vgl. 1QM IX, 15; XVII, 5ff). Alle Parallelen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vorgang in Offb 12,7 einzigartig ist. Denn hier wird der Himmel, der Ort des Heiligen, entweiht und gespalten durch den Kampf der Engelheere. Man versteht von da aus, warum „selbst die Himmel nicht rein sind vor“ Gott (Hiob 15,15; vgl. 4,18; 25,5).
Im Folgenden nennt V. 7 die Gegner: Michael und seine Engel (ὁ Μιχαὴλ καὶ οἱ ἄγγελοι αὐτοῦ [ho Michael kai hoi anggeloi autu]) und der Drache und seine Engel (ὁ δράκων καὶ οἱ ἄγγελοι αὐτοῦ [ho drakon kai hoi anggeloi autu]).
Michael, hebr. מִיכָאֵל [michael], ist niemand anders als der aus dem AT und dem frühen Judentum, aber auch dem NT wohlbekannte Engelfürst (vgl. Dan 10,13.21; 12,1; Jud 9; ä Hen 9,1; 10,11; 20,5; 24,6; 40,9; 68,2; 69,14ff; 1QM XVII, 6ff). Zwar gibt es auch den menschlichen Personennamen Michael (Num 13,13 u. ö.), aber hier kann kein Zweifel sein, dass der Engel Michael gemeint ist. „Michael“ heißt: „Wer ist wie Gott?“ Seine Persönlichkeit tritt also ganz hinter seinem Zeugnis zurück. Im Danielbuch wird er „Fürst“ (שַׂר [sar]) genannt, in Jud 9 „Erzengel“ (ἀρχάγγελος [archanggelos]). Außer Michael findet sich im AT nur noch „Gabriel“ als Engelname (Dan 8,16; 9,21), ebenso im NT (Lk 1,19.26), hinzu kommt in den Apokryphen „Rafael“ (Tobit 3,17; 12,15). Vermutlich hat Hadorn recht mit seiner Annahme, dass Johannes nur deshalb in Offb 12,7 ausnahmsweise einen Engelnamen nennt, „weil dieser Name in der Schrift bezeugt ist“. Sonst befleißigt sich Johannes den Engeln gegenüber äußerster Zurückhaltung. Ein Engelkult wird in der Offenbarung ebenso schroff abgelehnt wie im übrigen NT (vgl. Offb 22,8f; Röm 8,38; 1Kor 6,3; Gal 1,8; Kol 2,18).
Neben Michael stellt Johannes seine Engel. Das erstaunt. Denn es können ja nur Gottes Engel sein. Sein drückt also kein Besitzverhältnis aus, sondern nur die Zugehörigkeit: Es sind die zu Michael gehörenden, an seiner Seite kämpfenden Engel. Ein Name fällt hier nicht mehr. Allerdings ist klar, dass Michael dieses Heer der guten Engel Gottes anführt. Spätestens jetzt ergibt sich eine weitere wichtige Beziehung: „Michael und seine Engel“ treten wie in Dan 10,13; 10,20f; 12,1 für das Volk Gottes = die Gemeinde ein. Deshalb heißt Jahwe auch „Jahwe Zebaoth“ = „Jahwe der Heerscharen“.
Wir wenden uns der Gegenseite zu. Hier stehen der Drache und seine Engel. Der Drache (δράκων [drakon]) erhält keinen Namen. In V. 9 aber wird er identifiziert. Seine Engel bedeutet: Es gibt ein Engelheer, das von Gott abgefallen ist und jetzt seinem Anführer, dem Drachen, anhängt. Auch Jesus spricht in Mt 25,41 vom „Teufel und seinen Engeln“. Vgl. zum Abfall einer unbekannten Zahl von Engeln Gen 6,1ff; Hiob 1,6ff; 2,1ff; 4,18; 15,15; 25,5; Jes 14,12ff; Sach 3,1ff; 1Kor 6,3; 2Kor 12,7; 2Petr 2,4; Jud 1,6ff. Es zieht sich ein tiefer Riss durch die unsichtbare Welt.
Kein Zweifel: Michael und sein Heer beginnen diesen Krieg im Himmel. Denn dort, wo wir übersetzten: kämpften mit dem Drachen, ist der Sinn zugleich: „Sie mussten mit dem Drachen kämpfen“. Letzten Endes geht es also um einen Krieg auf Anordnung und im Auftrag Gottes. Sein Ziel ist eine erste Reinigung des Himmels, darüber hinaus aber auch die Verweisung des Drachen in seine Grenzen. Wenn Bousset schreibt, in Offb 12,7 begegne uns die „Vorstellung, dass der Drache hier mit Gewalt den Himmel zu stürmen sucht“, dann stellt er die Verhältnisse auf den Kopf. Das wird in der Fortsetzung noch deutlicher.
Noch einmal sei das Erstaunliche unterstrichen: Der Drache nimmt den Kampf an: Und auch der Drache kämpfte und seine Engel. Welche Vermessenheit!
Allerdings hatte schon in Offb 11,7 „das Tier aus dem Abgrund“ mit der christlichen Gemeinde in Gestalt der zwei Zeugen gekämpft und sie besiegt. Und auch in Jud 9 wagt sich der Drache = Teufel in einen Streit mit Michael. Sehr vorsichtig kann man vermuten, dass der Drache seine Sache noch nicht verloren gibt, solange er es mit „untergeordneten“ Wesen zu tun hat: mit der Gemeinde, mit anderen Engeln, mit dem Mensch gewordenen und „niedrigen“ Gottessohn (vgl. Joh 14,30).
Aber gerade dadurch fällt Licht auf einen elementaren Umstand: Nicht Christus, nicht „der Erhöhte selbst tritt hier … in Aktion“, geschweige denn Gott der Vater. Sondern nur ein Engel, wie es der Drache selbst ja ist: nur Michael. Das genügt.
Der knappen Art des Johannes entspricht es, auch das Resultat des Krieges so knapp wie möglich zu formulieren: aber sie (= der Drache und seine Engel) konnten nicht standhalten, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel (V. 8).
In den Handschriften gibt es zwei ernsthafte Möglichkeiten beim dritten Wort des Verses: ἴσχυσεν [ischysen] oder ἴσχυσαν [ischysan]. Die beiden sonst verlässlichsten Textzeugen, A und C211, sind hier gespalten. Da nach dem vorausgehenden ἐπολέμησεν [epolemesen] eine Änderung in ἴσχυσεν [ischysen] leichter denkbar ist, wird wohl ἴσχυσαν [ischysan] (= sie konnten standhalten) als lectio difficilior vorzuziehen sein. Das griechische οὐδέ [ude] bedeutet „auch nicht“, „nicht einmal“.
ἰσχύω [ischyo] geht auf hebr./aram. יכל [jachal] zurück. יכל [jachal] hat wie ἰσχύω [ischyo] die Bedeutungen „können; vermögen; gelingen; überlegen sein; siegen; fassen; ertragen; aushalten (können)“. In Offb 12,8 liegt die gesamte Bandbreite vor. Vom Kontext her empfiehlt sich nicht standhalten können. Uns scheint, dass Offb 12,8 in bewusstem Gegensatz zu Dan 7,21 formuliert ist, wo es heißt: „Und dieses Horn führte Krieg mit den Heiligen und besiegte sie“ (וְיָכְלָה לְהוֹן [wejochlah lehon]). Das „Horn“ = der Antichrist siegt also (vgl. Offb 13,7). Der Drache aber mit seinem Engelheer siegt nicht! In „sie konnten nicht standhalten“ steckt vielleicht mehr als die trockene Notiz über eine Niederlage. Nicht einmal ein Teilsieg, nicht einmal ein echter Kampf ist dem Drachen möglich. Er hat schlichtweg nichts aufzubieten gegen einen Michael, der durch Gottes Gerechtigkeit den Kampf führt (vgl. Eph 6,11ff; 2Thess 2,8; Offb 19,15). Überhaupt darf man sich bei diesen himmlischen Kämpfen nicht an irdischen Schlachtenbildern und materialistischen Vorstellungen orientieren.
Der folgende Satz und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel (οὐδὲ τόπος εὑρέθη αὐτῶν ἔτι ἐν τῷ οὐρανῷ [ude topos heurethe auton eti en to urano]) hat viele Diskussionen ausgelöst. Er markiert zunächst den Gipfel der Niederlage: Der Drache und sein Heer verlieren nicht nur den Kampf, sondern auch die Heimstätte. Im Gegensatz zur Frau, die nach V. 6 „einen Ort (τόπον) hat, der von Gott vorbereitet ist“, haben sie jetzt „im Himmel“ keinen Ort (τόπος), keine Stätte mehr. In Helmut Kösters Worten: „Nur wer seinen Platz hat, kann wirklich bestehen.“ Hier kündigt sich das Ende des Drachen und damit das Ende alles Bösen an.
Hatten demnach der Drache und seine Engel vorher einen „Ort“, genauer: Aufenthaltsberechtigung und Wohnort im Himmel? Gerade da setzt die Diskussion an. Man kann die gestellte Frage aber nur bejahen, trotz aller Rätsel, die sie mit sich bringt. Schon im AT ist klar erkennbar, dass der Teufel = Satan und Drache zusammen mit den anderen Engeln „im Himmel“ weilt (Hiob 1,6ff; 2,1ff; Sach 3,1ff, andeutungsweise auch Jes 14,12ff). Jesus vertritt dieselbe Sicht (Lk 10,18). Dann aber ist der Schluss unausweichlich, dass der „Drache“ ehemals ein guter Engel Gottes war, wie die anderen Engel von Gott geschaffen, vermutlich sogar ein hochgestellter Engel, der aber von Gott abfiel, weil er selbst wie Gott sein wollte (vgl. Jes 14,14; Gen 3,5). Als solcher genoss er aus Gottes unergründlicher Liebe noch lange ein Zutritts- und Aufenthaltsrecht im Himmel. Wenn ihm verschiedene Forscher aber einen Wohnort „im untersten Himmel“ zugewiesen haben, so ist das reine Spekulation.

Gerhadt Maier – Die Offenbarung des Johannes


„Im Gegensatz zu Jehova und Jesus können wir nicht ins Herz sehen“

 Denn man brauchte ihm nichts über die Menschen zu erklären — er wusste, was in ihnen vorging.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Joh 2,25

Niemand brauchte ihm was über die Menschen beibringen. Er wusste immer Bescheid, wie ein Mensch innerlich so drauf war.
VolxBibel – Johannes 2:25

Diesen Vers hatten wir gerde erst
Nun stelle ich fest, dass „in einer bekannten religiösen Zeitschrift“ gesagt wird:
„Von Jesus lernen wir auch, Verständnis für andere aufzubringen. Natürlich konnte er ins Herz sehen, was uns nicht möglich ist.“
Ehrlich: ich musste lachen, als ich diesen Satz las „natürlich konnte Jesus ins Herz sehen“ – weil: behaupten die Autoren dieser Zeitschriften nicht regelmäßig, dass Jesus „nur ein Erzengel“ wäre, der hier zur Erde gesandt wurde? Und nun kann Jesus natürlich den Menschen ins Herz sehen????????
Ich vermute mal, „ihr“ seit da einer großen Geschichte auf der Spur – bitte folgt dem weiter, und schließt die richten Schlüsse!

Hier ein paar ergänzende Kommentare:

Und weil er es nicht nötig hatte (και ὁτι χρειαν εἰχεν [kai hoti chreian eichen]). Imperfekt Aktiv, „und weil er es nicht nötig hatte“. Dass jemand über den Menschen zeugt (ἱνα τις μαρτυρησῃ περι του ἀνθρωπου [hina tis marturēsēi peri tou anthrōpou]). Nicht-finale Verwendung von ἱνα [hina] mit erstem Aorist Aktiv Konjunktiv von μαρτυρεω [martureō] und dem Gattungsartikel (περι του ἀνθρωπου [peri tou anthrōpou]) in Bezug auf die Menschheit wie im nächsten Satz auch. Denn er selbst wusste (αὐτος γαρ ἐγινωσκεν [autos gar eginōsken]). Imperfekt Aktiv, „denn er selbst wusste weiter“, wie er es von Anfang an tat. Was war im Menschen (τι ἠν ἐν τῳ ἀνθρωπῳ [ti ēn en tōi anthrōpōi]). Indirekte Frage mit ἐστιν [estin] des Direkten in das Imperfekt ἠν [ēn] umgewandelt, ein seltenes Idiom im Koiné. Diese übernatürliche Menschenkenntnis ist ein Zeichen der Gottheit. Einige geniale Männer können Menschen besser verstehen als andere, aber nicht in dem Sinne, der hier gemeint ist.

Über Word Pictures in the New Testament

Gott kennt eure Herzen (wie auch Jeschua selbst, Joh 2,25). Vergleiche 1. Samuel 16:7: „Ein Mensch sieht auf das Äußere, Adonai aber sieht auf das Herz“; und 1. Chronik 28:9: „Adonai erforscht alle Herzen und versteht alle Vorstellungen der Gedanken.“

David Stern – The Jewish New Testament Commentary

Übernatürliches Wissen über Jesus (2:23-25)
Jesus nahm am Passahfest teil (2,23a). Johannes beschreibt nicht, wie das Passahfest im Tempel gefeiert wurde; sein Fokus liegt immer auf Jesus und seinen Taten und auf der Reaktion der Menschen auf ihn. Viele glaubten an Jesu Namen, weil sie die Zeichen sahen, die er tat (2,23b). Der Plural „Zeichen“ weist darauf hin, dass Jesus neben den in Johannes 2 geschilderten noch andere Zeichen getan haben könnte, z. B. die Heilung vieler Blinder und Lahmer, die zu ihm kamen, als er im Tempel war (vgl. Mt 21,14). Obwohl viele an Jesus glaubten, taten sie es, weil sie Zeichen sahen. Diese Art von oberflächlichem Glauben entspringt der menschlichen Natur. Diejenigen, die die Zeichen Jesu sahen, waren erstaunt und schätzten ihn wahrscheinlich als Wundertäter, ohne sich im Glauben an ihn zu binden.
Bei Johannes ist der Glaube, der auf dem „Sehen“ und nicht auf dem „Hören“ des Zeugnisses über Jesus oder seiner Worte beruht, kein echter Glaube (vgl. 1,50). Da Jesus selbst alle Menschen und ihre geheimen Gedanken kannte (vgl. 1:42, 47-48; 5:42; 6:15, 26, 61, 64; 16:19, 30), muss kein Mensch über irgendjemanden von Jesus Zeugnis ablegen (2:25). Das übernatürliche Wissen Gottes wird im Alten Testament dargestellt: Gott allein ist es, der die Taten aller Menschen und ihre geheimen Gedanken beobachtet, denn er hat ihre Herzen geformt und beobachtet ihre Taten (Ps 7,9; 33,15; 139,1-24; Jer 17,10; vgl. Weish 1,6). Was für den Gott des Alten Testaments gilt, gilt auch für den Jesus, den Johannes schildert! Da Jesus der Sohn Gottes ist, der mit dem Vater eins ist, ist es kein Wunder, dass er die gleiche Allwissenheit besitzt wie Gott. Deshalb vertraute Jesus sich nicht denen an, die durch das Sehen seiner Zeichen an ihn zu glauben schienen (2:24). Das zeigt, dass Jesus von den Mitgliedern seiner Gesellschaft erwartete, dass sie nicht nur durch das Sehen der von ihm vollbrachten Wunder, sondern auch durch das Hören seiner Worte fest an ihn glauben.

John: A New Covenant Commentary

Der Evangelist erzählt uns, dass Jesus in der Lage war, die Oberflächlichkeit ihres Glaubens zu erkennen: Er brauchte kein Zeugnis über die Menschen, denn er wusste, was in jedem Menschen steckt. In diesem Evangelium gibt es eine Reihe von Stellen, an denen Jesu Wissen über die Gedanken der Menschen vermerkt ist (1:47-48; 4:17-19, 29; 6:15, 64). Dies spiegelt seine Einzigartigkeit als Sohn Gottes und sein göttliches Wissen wider (vgl. Jer 17,10: „Ich, der Herr, erforsche das Herz und untersuche den Verstand“; 1 Kön 8,39: „Du allein kennst das Herz eines jeden Menschen“; Spr 21,2: „Ein Mensch mag seine Wege für richtig halten, aber der Herr wägt das Herz“).

Angesichts der Aussagen an anderen Stellen des Neuen Testaments, die besagen, dass Jesus vom Vater auferweckt wurde, ist es überraschend, dass Jesus andeutet, dass er sich selbst auferwecken wird, was die Einheit von Wesen und Absicht zwischen dem Vater und dem Sohn deutlich macht.
Die Weigerung Jesu, sich den „Gläubigen“ anzuvertrauen, weil „er wusste, was in jedem Menschen war“, deutet auf seine Göttlichkeit hin, denn diese Fähigkeit wird im Alten Testament ausschließlich Gott zugesprochen (vgl. Jer. 17,10; 1 Kön. 8,39; Spr. 21,2).

John: An Introduction and Commentary (2nd Ed.)

Frage: Was ist das Herz?
Antwort: Zuerst einmal das Offensichtliche: In diesem Artikel geht es nicht um das Herz als lebenswichtiges Organ, einen Muskel, der das Blut durch den Körper pumpt. Auch geht es in diesem Artikel nicht um romantische, philosophische oder literarische Definitionen.
Stattdessen werden wir uns darauf konzentrieren, was die Bibel über das Herz zu sagen hat. In der Bibel wird das Herz fast 1.000 Mal erwähnt. Sie sagt im Wesentlichen Folgendes: Das Herz ist der geistliche Teil von uns, in dem unsere Gefühle und Wünsche wohnen.
Bevor wir uns das menschliche Herz ansehen, wollen wir erwähnen, dass auch Gott ein „Herz“ hat, weil er Gefühle und Wünsche hat. Wir haben ein Herz, weil Gott ein Herz hat. David war ein Mann „nach Gottes eigenem Herzen“ (Apostelgeschichte 13,22). Und Gott segnet sein Volk mit Führern, die sein Herz kennen und ihm folgen (1. Samuel 2,35; Jeremia 3,15).
Das menschliche Herz ist in seinem natürlichen Zustand böse, verräterisch und trügerisch. In Jeremia 17:9 heißt es: „Das Herz ist trügerisch über alle Maßen und unheilbar. Wer kann es verstehen?“ Mit anderen Worten: Der Sündenfall hat uns auf der tiefsten Ebene getroffen; unser Verstand, unsere Gefühle und unsere Begierden sind von der Sünde befleckt – und wir sind blind dafür, wie weitreichend das Problem ist.
Wir mögen unser eigenes Herz nicht verstehen, aber Gott schon. Er „kennt die Geheimnisse des Herzens“ (Psalm 44:21; siehe auch 1. Korinther 14:25). Jesus „kannte alle Menschen und hatte es nicht nötig, dass jemand von den Menschen Zeugnis gebe; denn er wusste, was in den Menschen war“ (Johannes 2,24-25). Auf der Grundlage seiner Kenntnis des Herzens kann Gott gerecht urteilen: „Ich, der HERR, erforsche das Herz, ich prüfe den Sinn und gebe jedem Menschen, was er tut, nach der Frucht seines Tuns“ (Jeremia 17,10).
Jesus wies in Markus 7:21-23 auf den gefallenen Zustand unserer Herzen hin: „Von innen, aus den Herzen der Menschen, kommen böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Betrug, Lüsternheit, Neid, Verleumdung, Hochmut und Torheit. All diese Übel kommen von innen und machen den Menschen unrein.“ Unser größtes Problem ist nicht äußerlich, sondern innerlich; wir alle haben ein Herzproblem.
Damit ein Mensch gerettet werden kann, muss sich also sein Herz ändern. Das geschieht nur durch die Macht Gottes als Antwort auf den Glauben. „Mit dem Herzen glaubt man an die Gerechtigkeit“ (Römer 10,10). In seiner Gnade kann Gott ein neues Herz in uns schaffen (Psalm 51:10; Hesekiel 36:26). Er verspricht, „das Herz der Zerknirschten zu beleben“ (Jesaja 57:15).
Gottes Werk, ein neues Herz in uns zu schaffen, besteht darin, unsere Herzen zu prüfen (Psalm 17:3; Deuteronomium 8:2) und unsere Herzen mit neuen Ideen, neuer Weisheit und neuen Wünschen zu füllen (Nehemia 7:5; 1. Könige 10:24; 2. Korinther 8:16).
Das Herz ist der Kern unseres Wesens, und die Bibel legt großen Wert darauf, dass wir unser Herz rein halten: „Vor allem anderen hüte dein Herz, denn es ist die Quelle des Lebens“ (Sprüche 4:23).

 Got Questions? Bible Questions Answered, Volume 2 (2014–2021)

»Christus wusste wohl, was im Menschen war. Er war selber Gott, der Herzenskündiger« (Luther, Johannes-Evangelium, S. 123).
Weil er in die Herzen sah, »vertraute [er] sich ihnen nicht an«: Er verband sich nicht mit ihnen, denn es war kein lebendiger, kein von Gott gewirkter Glaube in ihren Herzen. Im Griechischen liegt ein Wortspiel vor, das man im Deutschen so formulieren kann: Weil sie nicht wirklich vertrauten, pisteuō, vertraute der Herr sich ihnen nicht an, pisteuō. Oder: Er wusste, dass sie nicht glaubten, darum beglaubigte er sich ihnen nicht.
Der Herr wusste stets alles; er wusste, wovon er redete (3,11); er wusste, was er tun wollte (6,6); er wusste, wer nicht an ihn glaubte, und er wusste, wer ihn verraten würde (6,64); als seine Stunde gekommen war, wusste er, dass sie gekommen war (13,1); er wusste, was auf ihn wartete, als er sich der römischen Kohorte stellte (18,4), und er wusste, dass alles schon vollbracht war (19,28). Wenn Johannes sagt, dass Jesus »wusste, was in dem Menschen war«, bezeugt er einmal mehr Jesu Gottheit; denn ihm, dem Jünger und Apostel, war wie jedem Juden bewusst, dass Gott allein die Herzen der Menschen kennt. So hatte es Salomo im Gebet vor dem ganzen Volk gesagt, als er das Haus Gottes einweihte (1Kö 8,39), und so hatten es die Sänger des Heiligtums bezeugt (Ps 44,22; siehe auch 1Chr 28,9; Spr 15,11; Apg 1,24).
Das Innere der Menschen war unberührt geblieben von dem, was sie sahen. Ihrer menschlichen Natur nach konnten sie gut beobachten und richtige Schlüsse ziehen, dass nämlich Jesus der verheißene Messias sein müsse, wenn er solche Werke tat. Aber das änderte an ihrem sündigen Wesen nichts. Was der Mensch nötig hat, wird Johannes im nächsten Kapitel behandeln: Der Mensch muss von Neuem geboren werden.

Exkurs zur Allwissenheit Christi
Wir dürfen nicht vergessen, dass Jesus der ewige Gott ist, und das bedeutet, dass er allwissend ist. Gott ist der »an Wissen Vollkommene« (Hi 37,16); er heißt »ein Gott des Wissens« (1Sam 2,3). Johannes sagt: »Gott ist größer als unser Herz und kennt alles« (1Jo 3,20). Der Psalmensänger bekennt: »Seiner Einsicht ist kein Maß« (Ps 147,5).
Gottes Wissen ist vollkommen und vollständig; es kennt keine Grenzen. Er weiß alles, was seit Anfang der Welt je gewesen ist, er weiß alles, was ist, und er weiß alles, was noch geschehen wird. Was die Geschöpfe von der Vergangenheit und Gegenwart wissen, ist sehr beschränkt, und was die Zukunft birgt, weiß keiner, weder Mensch noch Engel, außer Gott habe es ihm offenbart (Lk 1,19; Dan 2,27–45).
Gott weiß, was im Menschen ist:
»Der HERR kennt die Gedanken des Menschen« (Ps 94,11).
»Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder« (1Kö 8,39).
Er heißt »Herzenskenner« (Apg 15,8).
Vor Gott ist alles bloß und aufgedeckt:
»HERR, du hast mich erforscht und erkannt! Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, du verstehst meine Gedanken von fern. Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen und bist vertraut mit allen meinen Wegen« (Ps 139,1–3).
»Die Augen des HERRN sind an jedem Ort, schauen aus auf Böse und auf Gute« (Spr 15,3).
»Wenn du betest, so geh in deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten … euer Vater weiß, was ihr nötig habt, ehe ihr ihn bittet« (Mt 6,6.8).
»Kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben« (Hebr 4,13).
Gott erkennt, was noch nicht ist:
»Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, HERR, du weißt es ganz« (Ps 139,4).
»Das Frühere, siehe, es ist eingetroffen, und Neues verkündige ich; ehe es hervorsprosst, lasse ich es euch hören« (Jes 42,9).
Gott erkennt durch seinen Geist die Tiefen seiner selbst:
»Der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes« (1Kor 2,10).
Als Erstes erkennt Gott sich selbst; denn er war, ehe etwas anderes war, sodass Gott vor aller Schöpfung sein ganzes Erkennen auf sich selbst richtete. Er erkannte und erkennt alle seine Gedanken und eine jede seiner Absichten. Seine Ratschlüsse über die Schöpfung und Erlösung sind ihm von Ewigkeit her bekannt, weil er sie selbst gefasst hat. Und Gott ist alles bekannt, was er gemäß seinem Vorsatz erschaffen hat: »Gott sind alle seine Werke von Ewigkeit her bekannt« (Apg 15,18; Schlachter 2000).
Gott erkennt alles, was außerhalb von ihm selbst ist:
»Auch das erkennt Gott aus sich heraus. Sein Wissen wird ihm nicht von außen zugetragen, wie das bei uns Menschen der Fall ist. Er gewinnt nicht wie wir Erkenntnis von den Objekten dadurch, dass sie ihm entgegentreten; denn die erkannten Objekte waren von ihm erkannt und gewollt, bevor sie existierten. Wenn Gott ewig und unveränderlich ist, muss auch sein Wissen unveränderlich sein, und das heißt, dass es nicht wachsen kann. Er weiß heute nicht mehr als gestern; er weiß seit der Erschaffung der Welt nicht mehr, als was er vor aller Schöpfung wusste. Er erkannte die Schöpfung und alle Geschöpfe, die Welt und ihren Lauf bis an ihr Ende, ehe sie alle waren. Das aber bedeutet: Er erkennt die Welt nicht etwa, weil die Welt ist, sondern die Welt ist, weil er sie erkannt hat und erkennt. Er erkennt dich und mich nicht, weil wir sind; sondern wir sind, weil er uns erkannt hat. Das muss so sein, denn Gott war zuerst. Er erkannte alles und alle zuvor, und gemäß seiner Erkenntnis rief er alles und alle ins Dasein. Bei uns ist es umgekehrt: Wir erkennen eine Sache, weil sie ist, und wir können nichts erkennen, ehe es ist. Wir sind den von uns erkannten Dingen nachgeordnet. Gott hingegen ist allen und allem vorgeordnet. Er ist der Erste, er ist der Anfang, er ist das Alpha.«

Benedikt Peters – Kommentar zum Johannes-Evangelium