Dieses Meer, groß und ausgedehnt nach allen Seiten hin: daselbst wimmelt’s, ohne Zahl, von Tieren klein und groß. Daselbst ziehen Schiffe einher, der Leviathan, den du gebildet hast, um sich darin zu tummeln.
Elberfelder 1871 – Ps 104,25–26
Da ist das Meer, so groß und weit ausgedehnt; / darin wimmelt es ohne Zahl, / kleine Tiere samt großen; / da fahren die Schiffe; / der Leviatan, den du gemacht hast, um darin zu spielen.
Schlachter 1952 – Psalm 104,25–26
Dies ist das große und weite Meer,
dort sind die Kriechtiere, die ohne Zahl sind,
Lebewesen, kleine wie große;
dort ziehen Schiffe umher,
dieser Drache, den du geformt hast, um ihn zu verspotten.
Septuaginta Deutsch: Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung: Text – Psalm 103,25–26
So auch das Meer: (Dies – das Meer – [ist], dort [ist] das Meer:) aq groß und weit {die Seiten}:ar ℘Dort [gibt es] Gewürmas ohne Zahl,Kleine Tiere und große.
Dort schwimmen Schiffe, (schwimmen dort gleich Schiffen.)
[Schwimmt der] Leviathan, den du gebildet, um mit ihm Spaß zu haben (damit er darinnen Spaß habe).
offene Bibel – Psalm 104,25–26
Schaut man sich die verschiedenen Wörterbüchern schaut, bekommt man je nach Ansicht des Schreibers, die unterschiedlichsten Erklärungen. Aber wenn wir eben NICHT in den Talmut schaut und auch nicht die alten Sagen und Geschichten beachtet, sondern nur das anschaut, was die Bibel sagt, ergibt es ein ganz wichtiges Bild:
Das nächste Wort in Vers 2 (die Tiefe) heißt auf Hebräisch tehom. Die grundlegende Bedeutung des hebräischen Wortes ist die »salzige Tiefe«, der urzeitliche Weltozean oder der »Abgrund«. Das Weltmeer der Urzeit wird noch an drei anderen Stellen erwähnt5. Psalm 104,6: Gott bedeckt die Tiefe wie mit einem Kleid; Sprüche 8,24: Gottes Weisheit existierte schon, bevor es die Tiefen gab; Jesaja 51,10: die Wasser der großen Tiefe. In 1 Mose weist diese Urflut oder Tiefe weder Persönlichkeit noch Autonomie auf. Das widerspricht der zeitgenössischen heidnischen Literatur jener Tage, wo die Tiefe mit dem Drachen in Verbindung gebracht wird. In heidnischer Theologie war die Tiefe bei der Schöpfung irgendwie aktiv – wie beispielsweise Tiamat in der babylonischen Mythologie. In der Bibel wird die Tiefe ebenfalls mit dem Drachen [in der Rev. Elberfelder Seeungeheuer, Anm. d. Übers.] verbunden; sie vermittelt jedoch nicht die Vorstellung eines aktiven, schaffenden Agenten. In der gesamten Bibel findet man in Verbindung mit der Tiefe und der Schöpfung die Erwähnung des Drachen, der Schlange, des Leviatan, des Seeungeheuers und der Rahab; doch sie dienen nur als geliehene Bilder, nicht als aktiv erschaffende Agenten. Dieses Motiv findet sich in Hiob 3,8 (der Leviatan); Hiob 26,12.13 (Rahab und die Schlange); Hiob 40,25 – 41,26 (der Leviatan); Psalm 74,13–17 (das Wasserungeheuer und der Leviatan); Psalm 89,11 (Rahab); Psalm 104,25.26 (der Leviatan); Jesaja 27,1 (der Leviatan und die Schlange); Jesaja 30,7 (Rahab); Jesaja 51,9–10 (Rahab und das Seeungeheuer). Die biblische Verwendung des Drachenmotivs und des Wassermotivs hat einen vergangenen, einen gegenwärtigen und einen zukünftigen Aspekt.
Arnold Fruchtenbaum – Das 1. Buch Mose
Die biblischen Autoren formulierten diese Situation im Lichte ihres Glaubens an Gottes souveräne Kontrolle und die Beteiligung böser Geister an den Bedrohungen, denen sie gegenüberstanden. Die Metapher von gewalttätigen, ungezähmten Monstern war sowohl in der biblischen als auch in der altorientalischen Literatur üblich. Diese Chaosbestien kamen aus dem Meer (Leviathan, Rahab) und vom Land (Behemoth). 88 Diese Ungeheuer „repräsentierten die Kräfte des Chaos, die durch die Macht der Schöpfergottheit in Schach gehalten wurden“.89 Wenn Leviathan im Alten Testament erwähnt wird, behauptet der Text im Allgemeinen Jahwes Macht über das Meeresungeheuer (siehe Hiob 3,8; 41,1; Ps 74,14; 104,26; Jes 27,1). Der Konflikt zwischen Jahwe und diesen Kreaturen unterscheidet sich grundlegend von den ähnlichen Konflikten in der kanaanäischen und mesopotamischen Mythologie.
Der mythologische Hintergrund, dass die Gottheit ein Meeresungeheuer bekämpft und besiegt (d.h. das Chaoskampf-Motiv), ist am deutlichsten in Ps 74,14 und Jes 27,1…. Im Gegensatz zu den mythologischen Geschichten vom Kampf zwischen Ba’al und Yam oder Marduk und Tiamat sind Jahwe und Leviathan nicht beide göttliche Geschöpfe und gleichwertig. Jahwe ist der alleinige göttliche Schöpfer, und Leviathan ist eine bloße Schöpfung…. Die physische Beschreibung des Leviathan in Hiob 41 zeigt deutlich eine Kreatur, die nicht durch menschliche Macht gezähmt oder unterworfen werden kann. In diesem Fall hat sich der Schreiber von Hiob eindeutig Bilder angeeignet, um den rhetorischen Punkt zu machen, dass nur Jahwe mächtig genug ist, die Kräfte des Chaos in Schach zu halten. 90
Diese Ungeheuer wurden nicht als reale Tiere betrachtet, denen man mit unergründlich großen Dimensionen und Kräften begegnen konnte. 91 Die Metapher vermittelte den furchtbaren (und oft tödlichen) Kampf mit irdischer und himmlischer Rebellion und Chaos. Die ganze Welt könnte im Chaos versinken und sich der Beherrschung durch einen guten Gott widersetzen.
Michael S. Heiser – Dämonen – Was die Bibel wirklich über die Mächte der Finsternis sag
Schauen wir uns also die obrigen Psalenverse an: Jehovah ist nicht „im Kampf“ mit dem Leviatan – und es besteht auch keine Gefahr, dass Jehovah gegen diesen verlieren könnte. Der Leviatan ist ein Geschöpf, und Jehovah spielt mit diesem.