Gott! Du hast mich gelehrt von meiner Jugend an, und bis hierher habe ich deine Wundertaten verkündet. Und auch bis zum Alter und bis zum Greisentum verlaß mich nicht, o Gott, bis ich verkünde deinen Arm dem künftigen Geschlecht, allen, die da kommen werden, deine Macht!
Elberfelder 1871 – Psalm 71,17–18
Gott, von Jugend auf bist du mein Lehrer
und bis heute erzähle ich von deinen Wundern.
Auch jetzt, wo ich alt und grau geworden bin,
verlass mich nicht, mein Gott!
Kindern und Enkeln will ich erzählen,
wie mächtig du bist
und wie gewaltig deine Taten sind.
Gute Nachricht Bibel 2000 – Psalm 71:17–18
Gott, schon von meiner Jugend an hast du mich unterwiesen,
und bis zum heutigen Tag verkünde ich deine Wunder.
Verlass mich nicht im Alter, mein Gott,
auch nicht, wenn ich ein Greis mit weißen Haaren bin.
Denn noch der Generation nach mir möchte ich verkünden, wie du eingreifst (- wörtlich: möchte ich deinen Arm verkünden -);
allen, die noch kommen, will ich von deiner Macht erzählen.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Psalm 71,17–18
Staffelübergabe – so nennt man dass wohl im Sport …
In der jüdischen Geschichte gibt man eigentlich das Erlebte in den großen Feiertagen weiter – denn Pessah, Purim und die anderen Feiertage sind ja eigentlich „Geschichte Jehovahs mit seinem Volk“ und sollten so gefeiert werden, als wenn wir heute gerade von Gott besucht und befreit werden würden! Man gibt es also direkt an seine Kinder und Enkel weiter – und versucht nicht die Geschichte auszulöschen oder zu verändern.
Der Psalmist glaubte auch nicht, jetzt im Alter von Gott zu Taten gedrängt zu werden – sondern blickte auf einen langen Weg mit Jehovah zurück.
Nun die Frage: hast du etwas mit Jehovah erlebt – welches du unbedingt an deine Kinder und Enkel weitergeben solltest?
Der Psalmist blickte in die Zukunft und ging von „Du bist meine Hoffnung“ (V. 8) zu „Ich will beständig hoffen“ (V. 14siehe 36,5; 37,10). Die Zukunft ist sicher, wenn Jesus dein Herr ist. Das Wort „Hoffnung“ in Vers 14 bedeutet ein langes und geduldiges Warten, trotz Verzögerungen und Enttäuschungen. Wenn wir Gott vertrauen, dann werden die Prüfungen des Lebens für uns und nicht gegen uns arbeiten und zur Herrlichkeit führen (2. Korinther 4,16-18; Römer 5,1-5). Wir bewundern das „Aber was mich betrifft“ des Psalmisten in Vers 14 (NIV, NASB), weil es seinen Mut und sein Engagement offenbart. Andere würden vielleicht mit der Menge abdriften und den Herrn verleugnen, aber er würde weiterhin treu sein und von Gottes Barmherzigkeit Zeugnis ablegen. Er konnte die gerechten Taten des Herrn oder die „Taten des Heils“ (V. 15 AMP), aber er würde nie aufhören, den Herrn zu preisen, vor allem nicht im hohen Alter. Und warum? Weil er der nächsten Generation erzählen wollte, was der Herr für sie tun konnte (V. 18; siehe 48:13; 78:4, 679,13; 102,18; 145,4; 2. Tim. 2,2).
Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series Psalmen
Er war sogar sicher, dass der Tod ihn nicht von seinem Gott trennen würde (V. 19-21). Einige glauben, dass die Formulierung „Tiefen der Erde“ eine Metapher für die Schwierigkeiten ist, die er erlebt hatte („unter Schwierigkeiten begraben“), aber seine Prüfungen wurden in den Versen 1-2 als Wasserfluten dargestellt. In einigen Texten heißt es auch „wir“ statt „ich“, was sich auf die zukünftige „Auferstehung“ und Wiederherstellung des Volkes Israel beziehen könnte (80:3, 1985:4; Hesek. 37). Vielleicht geht es sowohl um die persönliche (16,8-11; 17,15; 49,15) als auch um die nationale Auferstehung. Unabhängig davon, was seine Feinde über ihn gesagt hatten, würde der Tag kommen, an dem Gott ihn ehren und belohnen würde.
»… verlass mich nicht«: David weiß, wie sehr er Gottes Hilfe braucht. Von Jugend auf ist Gott sein Helfer gewesen, und er wird nie ohne ihn auskommen. Wir werden nie so gelehrt und so erfahren sein, dass wir in eigener Kraft unseren Weg gehen können. Darum betet David schon zum zweiten Mal (siehe V. 9), dass Gott ihn nicht verlasse, auch wenn er »alt und grau« geworden ist. Hier aber sucht er nicht Gottes Beistand gegen Feinde, sondern Gottes Beistand, um Gutes zu tun.
Benedikt Peters – Kommentar zu den Psalmen
Von Gott gelehrt, will David seiner und der kommenden Generation »deinen Arm« verkünden, sie lehren, wer Gott ist, wie treu und wie gnädig, wie gerecht und wie unbeschreiblich groß sein Heil ist. Gottes Arm ist letztlich der Messias, wie wir an Jesaja 53,1 lernen, der Sohn Gottes, der in diese Welt kam, um Sünder selig zu machen. Dazu gehört, dass David »deine Macht« verkündet, denn der Messias allein hat die Macht, von Sünden zu erlösen (Mt 9,6), vor Straucheln zu bewahren (Jud 24) und vom Tod zu befreien (Hebr 2,14).
Der Psalmist und viele Gläubige wie er haben ein Vertrauen, das sie ein Leben lang im Vertrauen auf den Herrn aufgebaut haben. Er beteuert: „O Gott, du hast mich von meiner Jugend an gelehrt“. Er war ein Leben lang ein Jünger Gottes im Glauben. Er lernte, dem Herrn zu vertrauen, indem er über Gottes Wort nachdachte und ihm in den Erfahrungen, die er machen musste, vertraute. Zweifellos waren geistliche Leiter und andere Gläubige Werkzeuge Gottes im Erziehungsprozess. Aber hinter all dem stand Gott als sein Lehrer. Und die logische Folge davon ist die zweite Aussage: „Und ich verkünde immer noch (bis jetzt) deine wunderbaren Werke.“ Als er lernte, dem HERRN zu vertrauen, erlebte er viele wunderbare Taten Gottes, die er regelmäßig in der Gemeinde verkündet. Außerdem will er den Herrn auch jetzt im Alter noch loben: „Bis ins hohe Alter und in die Zeit der grauen Haare, Gott, verlass mich nicht, bis ich einem anderen Geschlecht deine Kraft verkünde, deine Macht allen, die noch kommen werden.“ Auch wenn dieser Vers eine Bitte enthält, ist er mit dem Wunsch des Psalmisten verbunden, zu loben. Er möchte, dass Gott für ihn handelt, damit er den kommenden Generationen von Gottes Stärke (wörtlich: „Arm“, ein Anthropomorphismus) und Macht erzählen kann. Er mag zwar alt sein, aber er ist immer noch in der Lage, dies zu tun. Das Wort für „graue Haare“ (שֵׂיבָה) kann in einer klärenden Übersetzung wiedergegeben werden: „und die Zeit der grauen Haare“. Es präzisiert die Bedeutung von „Alter“ (זִקְנָה), das sich allein auf jemand Jüngeren beziehen könnte. Wenn Gott ihn nicht verlässt, wird er weiterhin Gott preisen.
Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen
Nun können wir tatsächlich auch in einer gesegneten Tradition stehen wie z. B. auch Timotheus. Er kannte von Kind auf die heiligen Schriften, die vermögend waren, ihn weise zu machen zur Seligkeit. Wie viele Kinder hatten und haben dieses Vorrecht, durch Vater oder Mutter in dem Wort der Wahrheit unterwiesen und belehrt zu werden! Welch ein Segen in einer Familie, wenn ein Vater Kunde geben kann von der Treue Gottes (Jes 38,19). Asaph sagt in Psalm 78,3: „Was wir gehört und erfahren und unsere Väter uns erzählt haben …“ Welche Gnade, wenn wir mit dem Psalmisten sagen können: „Gott! Du hast mich gelehrt von meiner Jugend an.“ Eltern können ihre Kinder auch lehren von ihrer Jugend an. Aber noch besser ist es, wenn Gott es tut und die Eltern dabei benutzen kann. So haben wir auch noch das Vorrecht, zu verkünden: „… deinen Arm dem künftigen Geschlecht, allen, die da kommen werden, deine Macht“ (Ps 71,17. 18).
Hilfe und Nahrung – 1984
In Israel war einst diese gesegnete Überlieferung verloren gegangen, so daß ein anderes Geschlecht nach ihnen aufkam, das Jehova nicht kannte und auch nicht das Werk, das Er für Israel getan hatte (Ri 2,10). Millionen von Menschen sind Traditionen verhaftet, die vielleicht ein ehrwürdiges Alter haben, einer Prüfung am Wort Gottes aber nicht standhalten. Dieses Wort allein aber entscheidet über Wert oder Unwert jeder Tradition.
Der vertrauende Aufblick zu Gott führt den Psalmisten in das dankbare Gedenken. Dankbarkeit blickt zurück und gewinnt dadurch Zuversicht für das Kommende. Der Blick zurück auf die ersten Erfahrungen in der Zeit der Jugend mit Gott erfaßt zunächst die Unterweisung im väterlichen Haus. Gelehrt wurde der Beter, damit er ein Bote Gottes würde: Bis jetzt verkündige ich deine Wunderk. Zu dem, was er gelernt hat, tritt das, was er erfahren hat. Das Wort »Wunder« meint die Gesamtheit der Taten Gottes in der Geschichte des Volkes und im persönlichen Leben des einzelnen. Dann erbittet der Beter von Gott nicht ein langes Leben, das einen Wert für sich hätte. Er bittet schlicht und einfach darum, daß Gott sich ihm immer wieder aufs neue zuwendet. Das schließt eine gewisse Lebenszeit ein, die nötig ist, damit die Überlieferung der Taten Gottes nicht abreißt. Der alt werdende Mensch hat das Vorrecht und die Pflicht, an die nachwachsende Generation die Botschaft von Gottes Retterarm weiterzugeben: bis ich deinen Arm verkündige dem (künftigen) Geschlecht. Neue Erfahrungen mit Gott können nur gemacht und beschrieben werden, wenn die Erfahrungen der vorangehenden Generationen mit bedacht werden – sonst würde der Glaube der kommenden Generationen sprachlos. Es könnte auch sein, daß durch die Nachstellungen der Gottesfeinde die Unterweisung der Jugend gestört wird. Darum muß Gott die Traditionskette garantieren.
Wuppertaler Studienbibel