auf daß sie alle eins seien

Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben; auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf daß auch sie in uns eins seien, auf daß die Welt glaube, daß du mich gesandt hast.
Elberfelder 1871 – Johannes 17,20–21

Ich bitte aber nicht nur für sie, sondern auch für die Menschen, die durch ihr Wort an mich glauben werden. Ich bete, dass sie alle eins sind, und zwar so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast.
NeÜ bibel.heute Stand 2021 – Johannes 17:20–21

Ich bitte nicht nur für sie, sondern auch für alle, die durch ihre Worte an mich glauben,  damit sie alle eins sind — so wie du, Vater, mit mir verbunden bist und ich mit dir, so sollen auch sie mit uns verbunden sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Joh 17,20–21

Mein Gebet umfasst nicht nur sie allein, sondern alle, die durch ihre Botschaft dazu bewegt werden, mir zu vertrauen. Sie sollen alle zusammen eins sein, so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin. So sollen auch sie in uns sein. Und so soll die Welt glauben, dass du mich beauftragt und gesandt hast.
das Buch – Joh 17:20–21

Wollte Jesus Einheit um jeden Preis? Auch um den Preis, die eigenen Überzeugungen den Anweisungen anderer unterzuordnen? Oder was meinte Jesus mit Einheit?

Der letzte Teil von Jesu Bitte (V. 20 – 26) galt den Gläubigen der Zukunft, die durch das Wort der Apostel zu ihm kommen würden. Im Kirchenzeitalter haben alle Christen direkt oder indirekt durch das Zeugnis der Apostel zu Christus gefunden. Jesus wußte, daß sein Auftrag von Erfolg gekrönt sein würde. Er würde sterben und auferweckt werden, er würde den Heiligen Geist senden, die Apostel würden predigen, die Menschen würden sich bekehren, und die Kirche würde entstehen. Wie jeder Hohepriester Israels die Namen der Stämme vor die Gegenwart Gottes in der Stiftshütte und im Tempel trug (vgl. 2Mo 28,9-12.21-29), so stellte Jesus, der große Hohepriester, die zukünftigen Gläubigen vor die heilige Gegenwart seines himmlischen Vaters (vgl. Hebräer 4,14-5,12;7,24-8,2).
Johannes

Jesus bat um die Einheit derer, die in der Zukunft zum Glauben kommen würden (vgl. V. 11.21 – 22). Dieser Vers ist ein Lieblingsvers der heutigen ökumenischen Bewegung. Es stimmt zwar, daß das Kirchenschisma ein Skandal ist, doch die Heilung liegt nicht in einer Union der Institutionen. Jesus betete nicht für den Zusammenschluß der Christen zu einer einzigen, weltweiten ökumenischen Kirche, in der neben der Orthodoxie auch Irrlehren verbreitet werden. Er betete umdie Einheit der Liebe, eine Einheit des Gehorsams gegenüber Gott und seinem Wort. Zwischen Einheitlichkeit, willkürlichem Zusammenleben und echter Einheit besteht ein Unterschied.
Alle Gläubigen gehören zu dem einen Leib Christi (1Kor 12,13); ihre geistliche Einheit manifestiert sich in ihrem Leben. Die Einheit, die Christus sich für seine Kirche wünscht, ist dieselbe wie die zwischen Vater und Sohn: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir (vgl. Joh 10,38;17,11.23). Der Vater vollbrachte seine Werke durch den Sohn, und der Sohn tat nur, was dem Vater gefiel (Joh 5,30;8,29). Diese geistliche Einheit soll sich auch in der Kirche zeigen. Ohne Einheit mit Jesus und dem Vater (sie in uns) können die Christen nichts bewirken (Joh 15,5). Es ist ihr Lebensziel, den Willen des Vaters zu tun.
Die Einheit der Jünger mit Jesus wird dazu führen, daß die Welt an den Vater glaubt: Daß du mich gesandt hast (vgl. Joh 17,23).

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Der Sohn betet jetzt für die Ergebnisse der Ausbreitung des Zeugnisses nach Seinem Weggang. Sein Gebet beschränkte sich nicht auf die elf Apostel; es galt auch anderen Gläubigen. „Durch ihr Wort“ ist das wesentliche Mittel zur Verbreitung der Botschaft, wie die Samen aus der Samenkapsel einer Blume in alle Winde gestreut werden. Das NT kennt keine andere Methode, schon gar nicht die modernen Methoden der Unterhaltung des Fleisches. Paulus buchstabierte das Prinzip aus in 2Tim 2,2: Die Wahrheit breitete sich von ihm zu Timotheus aus und von diesem zu „treuen Leuten“, die schließlich „auch andere“ unterwiesen. Siehe auch Joe 1,3. Bei Paulus war es verschieden, da er eine Vision direkt vom Himmel empfing. In Seinem Gebet sah der Herr alle nachmaligen Bekehrten vor sich, deren Glaube dafür sorgte, daß sie ihre Stellung in Christus fanden. Die wesentliche Bitte war um Einheit, „auf daß sie alle eins seien“. Die Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn wird als ein Vergleich für die Einheit zwischen Gläubigen verwendet, wobei es hier nicht um die wesenhafte Einheit von Vater und Sohn geht, sondern vielmehr um Einheit im Denken und in der Absicht in göttlichen Dingen. In Hebräer 2,11-13 findet sich ein anderer Aspekt der Einheit: „alle von einem […] ich und die Kinder“. (Einssein in der Gottheit sehen wir in Versen wie Joh 1,1-3; Hebräer 1,8 ,aber das läßt sich hier nicht anwenden, auch nicht als Muster für alle Gläubigen.)
 Die Welt nimmt ein solches Zeugnis zur Kenntnis. Einige mögen glauben, aber nicht alle, und der Glaube würde seinen zentralen Gegenstand in dem vom Himmel Gesandten finden. Apg 5,13 zeigt uns am Beispiel der Bewohner Jerusalems, welches die Auswirkung eines solchen Zeugnisses ist. „Von den übrigen aber wagte keiner, sich ihnen anzuschließen“, wenn sie als geschlossenes Zeugnis zusammenstanden; aber „umso mehr Gläubige wurden dem Herrn hinzugetan“.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Diese Verse sind zur Zeit sehr umstritten. Deshalb wollen wir bei der Erklärung Schritt um Schritt vorgehen.

Jesus erweitert seine Fürbitte ausdrücklich: »Nicht allein aber für diese bitte ich.« »Diese« sind die anwesenden Jünger. »Sondern auch für diejenigen, die durch ihr Wort an mich glauben werden«: also wieder nicht für die Welt (vgl. V. 9)! Zieht man die Linie zu Joh 4,38 und Joh 10,16, dann ist klar, dass die später durch Mission Gewonnenen gemeint sind. Beachten wir Folgendes:
a) Das Johannesevangelium ist ein ausgesprochenes Missionsevangelium (vgl. Joh 4,5ff.; Joh 10,16; 11,52; 15,27; 20,21-29.31).
b) Jesus rechnet mit der Entstehung einer weltweiten Kirche.
c) Diese Kirche entsteht »durch« das »Wort«. Sie ist – wie Luther sagte – »creatura verbi«, d. h. eine Schöpfung des Wortes (vgl. Röm 10,17). Dessen Weitergabe ist unsere erste Pflicht. d) Die Formulierung »ihr (= der Jünger) Wort« fällt auf. Gemeint ist aber nichts anderes als das Wort, das Jesus nach V. 8.14.17 weitergegeben hat und das der Heilige Geist im Auftrag Jesu in apostolischer Zeit erläutert und ergänzt (Joh 4,26; 16,13). Dieses Wort wurde festgehalten (Apg 2,42). Sachlich sagen die Synoptiker dasselbe: »Wer euch hört, der hört mich« (Lk 10,16). e) Christen sind Leute, die an Jesus (»an mich«) »glauben«. An Gott glauben die meisten Menschen. Dass jemand an Gott glaubt, macht ihn aber noch nicht zum Christen. Vgl. Joh 17,3.

V. 21 nennt den Gegenstand der Fürbitte: »damit sie alle eins seien«. Denkt man an V. 11.22.23, dann zeigt sich, dass dieses »eins« sein für Jesus und Johannes sehr wichtig war. Derselbe Eindruck verstärkt sich, wenn man Joh 10,16 berücksichtigt: »eine Herde, ein Hirt«. Aber im neutestamentlichen Zusammenhang ist das längst nicht alles. Jesus (vgl. noch Joh 11,52) und Paulus legen den größten Wert auf die Einheit der Jünger (vgl. Röm 12,5; 1 Kor 12,12.20; Gal 3,28; Eph 2,14ff.; Eph 4,4ff.; Phil 1,27; 2,2). Was ist damit gemeint? Damit stehen wir vor einer schwierigen und umkämpften Frage

Hören wir zunächst auf Jesus selbst. Er spricht von »allen«. Dan vorher die gegenwärtigen und die später zum Glauben kommenden Jünger einander gegenübergestellt wurden (V. 20), heißt »alle« zunächst sämtliche Generationen der Glaubenden. Zugleich aber meint es die Einheit von ehemaligen Juden und ehemaligen Heiden. Gerade Letzteres – die Einheit von sog. »Judenchristen« und sog. »Heidenchristen« – war auch das Anliegen von Joh 10,16 und Joh 11,52, später dann von Paulus (Röm 9-11; Gal 3,28; Eph 2,14ff.). Jesus sah selbst während seiner Samarienmission (Joh 4), wie schwierig dieser Zusammenhalt war.

Sodann zieht Jesus einen Vergleich: »wie du, Vater, in mir und ich in dir«. Die Einheit von Vater und Sohn (vgl. Joh 10,30.38; 14,10-20) wird wie in V. 11 Maßstab und Vorbild. Vater und Sohn sind durch den Heiligen Geist verbunden. Deshalb kann es auch nur derselbe Heilige Geist sein, der die Jünger zur Einheit macht. Eine solche Einheit gibt es aber nur unter Wiedergeborenen (vgl. Eph 4,4ff.: »ein Geist« – »ein Glaube«). Deshalb sind alle Versuche, diese Einheit durch ein Primat des Papstes oder durch Vereinigung von Kirchen oder sonstwie organisatorisch zu erreichen, zum Scheitern verurteilt.

Jesus gibt noch eine weitere Erklärung: »damit auch sie in uns seien«. Das Einssein schafft die Gottesverbindung. Wer böswillig auf Einssein mit anderen Glaubenden verzichtet oder es stört, ist nicht mehr »in uns« = im Vater und im Sohn. Das ist eine äußerst ernste Warnung davor, das Einssein unter Wiedergeborenen zu gefährden. Unser Einzelgängertum, unsere Eifersucht, unsere Verletzlichkeit, unser Ehrgeiz, unsere Lieblosigkeit, unser Stolz sind nicht göttlich. Die apostolischen Mahnungen gehen in diese Richtung (vgl. Röm 12; 1 Kor 12; Eph 4,4ff.; 1 Petrus 1,22; 1 Joh 4,7ff.; Heb 13,1; Jak 2; Jud 1,21ff.).

Wir können jetzt das Wesentliche zusammenfassen. Jesus bittet in Joh 17,21 um das geistgewirkte Einssein der Jünger. Die Einheit, um die es hier geht, ist eine geistliche. Die Einheit von Vater und Sohn, Ursprung, Maßstab und Vorbild, wird mit der Stiftung des Neuen Bundes zu einer Einheit von Gott und Jüngerschaft und zu einer Einheit der Jünger untereinander. Diese Einheit gilt für alle Dimensionen: unter Judenchristen und Heidenchristen, unter Missionaren und Missionierten, unter den jeweils einer Generation Angehörigen (horizontal) und unter den Generationen (vertikal). Wer dieses geistgewirkte Einssein verletzt, ist in der Gefahr, nicht mehr »in« Gott zu sein. Sagen wir es kurz: Dieses Einssein ist erneuerte Existenz und schon ein Teil der neuen Schöpfung.

Es sei auf einen Punkt hingewiesen, der bei Joh 17,21 gerne übersehen wird. Wenn das Einssein durch alle Generationen der Kirchengeschichte hindurch gilt – sozusagen vertikal -, dann ist es nicht möglich, dass »moderne« Christen einen anderen Glauben haben als frühere. Vieles von dem, was heute über die »Anforderungen der Neuzeit«, über die »Modernisierung des Christentums« usw. gesagt wird, erweist sich von daher als irrig.

Ist aber das Einssein im Sinne von Joh 17,21 schon ein Teil der neuen Schöpfung, dann »predigt« es sozusagen der Umwelt. Dann kann auch geschehen, was Jesus am Schluss von V. 21 ausspricht: »damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast«. Ist an der Jüngerschaft die beginnende Neuschöpfung abzulesen, dann kann die Welt leichter glauben, dass der Stifter der Jüngerschaft tatsächlich von Gott »gesandt« wurde und der Messias ist! Deshalb ist das Einssein der Jünger keine Endstation, und auch nichts, worauf sie stolz sein sollen, sondern ein Mittel zur Mission. Daran wird noch einmal deutlich, wie groß unsere Verantwortung ist (ähnlich Joh 13,35).

Gerhard Maier – Edition C

In Bezug auf die Einheit betete er, dass die Gläubigen alle eins sein mögen (Johannes 17,21a). Als er für die Apostel betete, äußerte er eine ähnliche Bitte (Johannes 17,11b), und dieses Gebet wurde positiv beantwortet. Leider wurde das Gebet, das alle Gläubigen betrifft, nicht immer auf diese Weise beantwortet. In einem Sinne ist Jeschuas Gebet, dass alle Gläubigen im Leib des Messias vereint sind, positiv beantwortet worden. Die Passage geht jedoch über die positionelle Einheit hinaus, die alle Gläubigen im Leib teilen. Dieses Gebet schloss die Einheit der Gemeinschaft unter allen Gläubigen ein, und das ist nicht immer der Fall gewesen, noch war das ein rein nachapostolisches Problem. Die Apostelgeschichte und die Briefe berichten von Uneinigkeit unter den Gläubigen sogar im ersten Jahrhundert.

Wiederum gab Jeschua einen Grund für seine Bitte an, indem er sagte, dass durch die Einheit unter den Gläubigen die Welt erkennen würde, dass er tatsächlich vom Vater gesandt wurde (Johannes 17,23b). Eine solche Einheit ist möglich aufgrund der Innewohnung der Gottheit in den Gläubigen: Ich in ihnen und ihr in mir, damit sie zu einer Einheit vollendet werden (Joh 17,23a). Uneinigkeit, Machtkämpfe und unangemessene und unfaire Kritik unter den Gläubigen sind große Stolpersteine, die Menschen daran hindern, Jeschua als ihren Herrn, Retter und Messias zu erkennen. Manche Kritik ist notwendig, besonders im Bereich der Gemeindezucht. Viele Meinungsverschiedenheiten sind jedoch kleinlich, basieren auf Charakter, Persönlichkeitskonflikten, persönlichen Vorlieben oder der Unwilligkeit, einen Glaubensbruder aufgrund seiner Rasse oder seines sozialen Status zu akzeptieren. Solche Uneinigkeit ist ein Schandfleck für den Namen Jeschuas, des Messias. Wo Gläubige eine Einheit der Gemeinschaft zeigen, kommen Menschen zum Herrn, weil sie von der Liebe, die sie sehen, beeindruckt sind. Uneinigkeit hingegen wendet Ungläubige davon ab, sich mit der Frage der Messiasschaft Jeschuas auseinanderzusetzen und bringt so den Sohn Gottes in Ungnade.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive