Folgende Geschichte habe ich in einem Buch „gehört“ und dann gesucht, wo ich diese noch finden kann – und wenn du nach „Der orthodoxe Häretiker und andere unglaubliche Geschichten“ suchst, wirst du eine Leseprobe von dem Buch finden, in der unter anderem diese Geschichte abgedruckt ist.
In einer Welt, in der die Nachfolge Christi als staatsgefährdend und illegal gilt, wirst du als Gläubiger angeklagt, festgenommen und vor ein Gericht gezerrt. Du wurdest bereits seit einiger Zeit heimlich observiert. So gelang es der Staatsanwaltschaft, ein umfassendes Verfahren gegen dich einzuleiten. Die Staatsanwaltschaft eröffnet den Prozess mit der Vorlage Dutzender Fotos, die dich bei Kirchenveranstaltungen zeigen, dabei, wie du Vorträge bei religiösen Veranstaltungen hältst und an Gebets- und Anbetungsgottesdiensten teilgenommen hast. Anschließend präsentiert die Staatsanwaltschaft eine Auswahl an Dingen, die in deiner Wohnung konfisziert wurden: religiöse Bücher, die du besitzt, Worship-CDs und andere christliche Gegenstände. Dann legt die Staatsanwaltschaft einen Zahn zu, indem sie viele deiner Gedichte, Prosatexte und Tagebucheinträge präsentiert, die du liebevoll über deinen Glauben geschrieben hast. Schließlich überreicht die Staatsanwaltschaft dem Richter deine Bibel, ein ziemlich abgenutztes Buch mit Kritzeleien, Anmerkungen, Skizzen und unzähligen Unterstreichungen. Beweismaterial, falls nötig, das dokumentiert, dass du diesen heiligen Text wieder und wieder gelesen hast. Während des Prozesses hast du still und leise dagesessen, zitternd vor lauter Furcht. Tief in deinem Herzen ist dir angesichts der Masse an Beweismaterial bewusst, dass dir womöglich eine lange Gefängnisstrafe oder sogar die Hinrichtung droht. Während des Verfahrens hast du alle Hoffnung verloren und warst kurz davor, aufzustehen und Christus zu verleugnen. Doch obwohl dich dieser Gedanke im Laufe des Verfahrens immer wieder quälte, widerstehst du der Versuchung und bleibst wachsam. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Beweise vorgebracht hat, fragt dich der Richter, ob du dem noch etwas hinzuzufügen hast. Doch du schweigst und bleibst entschlossen, hast Angst davor, dass du, sobald du auch nur für einen kleinen Augenblick deinen Mund öffnen würdest, die Anklagepunkte, die gegen dich vorgebracht wurden, leugnen könntest. Wie Christus selbst schweigst du vor deinen Anklägern. Daraufhin wirst du nach draußen geführt, um zu warten, während der Richter über deinen Fall berät. Die Stunden vergehen schleppend, während du unter Bewachung im Foyer sitzt und darauf wartest, zurückgerufen zu werden. Schließlich erscheint ein junger Mann in Uniform und führt dich zur Verkündigung des Urteils – und deiner Strafe – zurück in den Gerichtssaal. Nachdem du auf der Anklagebank Platz genommen hast, betritt der Richter – ein harter und kompromissloser Mann – den Raum, bleibt vor dir stehen, schaut dir tief in die Augen und fängt an zu sprechen. „Ich befinde den Angeklagten in allen Anklagepunkten für nicht schuldig.“ „Nicht schuldig?“ Dein Herz steht still. Dann, im Bruchteil einer Sekunde, werden die Angst und der Schrecken, die wenige Augenblicke zuvor gedroht hatten, dich deiner Standhaftigkeit zu berauben, verschlungen von Verwirrung und Zorn. Der Umgebung zum Trotz stehst du herausfordernd vor dem Richter und verlangst eine Erklärung dafür, warum du im Licht der Beweise in allen Anklagepunkten für unschuldig befunden wurdest. „Welche Beweise?“, erwidert er schockiert. „Was ist mit den Gedichten und Prosatexten, die ich geschrieben habe?“, entgegnest du. „Sie belegen ganz einfach, dass Sie sich für einen Dichter halten, nichts weiter.“ „Aber was ist mit den Gottesdiensten, bei denen ich predigte, den Augenblicken, in denen ich in der Kirche weinte, und mit den langen, schlaflosen Nächten des Gebets?“ „Beweise, dass Sie ein guter Redner und Schauspieler sind, nichts mehr“, erwidert der Richter. „Es ist offensichtlich, dass Sie die Menschen in ihrer Umgebung getäuscht haben. Es ist gut möglich, dass Sie manches Mal auch sich selbst getäuscht haben. Doch sind diese Torheiten nicht ausreichend, um Sie vor einem ordentlichen Gericht schuldig zu sprechen.“ „Aber das ist Wahnsinn!“, schreist du. „Es scheint, als gäbe es keine Beweise, die Sie überzeugen könnten!“ „Dem ist nicht so“, erwidert der Richter, als würde er dir ein großes, lange vergessenes Geheimnis offenbaren. „Das Gericht steht Ihrem Bibellesen und Kirchenbesuch gleichgültig gegenüber; es interessiert sich nicht für Anbetung mit Stift und Worten. Entwickeln Sie Ihre Theologie ruhig weiter und benutzen Sie sie, um Bilder der Liebe zu zeichnen. Uns interessieren solche Sesselkünstler nicht, die ihre Zeit dafür aufwenden, lediglich Bilder einer besseren Welt zu malen. Wir kümmern uns nur um diejenigen, die ihren Pinsel aus der Hand legen, ihr Leben geben und es Christus gleich tun in ihrem Streben nach einer besseren Welt. Daher sind Sie, mein Freund, bis Sie nicht leben wie Christus und seine Jünger es taten, bis Sie nicht dieses System herausfordern und ein Dorn in unserem Auge sind, bis Sie nicht selbst sterben und ihren Körper den Flammen aussetzen, bis dahin nicht unser Feind.“
Peter Rollins – Der orthodoxe Häretiker und andere unglaubliche Geschichten
Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gehet hin und verkündet Johannes, was ihr höret und sehet: Blinde werden sehend, und Lahme wandeln, Aussätzige werden gereinigt, und Taube hören, und Tote werden auferweckt, und Armen wird gute Botschaft verkündigt; und glückselig ist, wer irgend sich nicht an mir ärgern wird! Elberfelder 1871 – Matthäus 11,4–6
Und Jesus sagte ihnen antwortend (antwortete ihnen): Geht, um Johannes zu berichten, was ihr hört und seht: Blinde können wieder sehen und Gelähmte können gehen, Aussätzige sind geheilt und Taube hören und Tote werden lebendig und Arme bekommen die gute Nachricht zu hören; und glücklich (glückselig) ist, wer auch immer nicht an mir Anstoß nimmt (wer meinetwegen nicht zu Fall kommt). offene Bibel – Matthäus 11:4–6
»Bist du wirklich der, dessen Kommen angekündigt wurde, oder sollen wir warten, bis ein anderer kommt?« Jesus gab ihnen diese Antwort: »Geht zurück zu Johannes und berichtet ihm, was ihr gehört und gesehen habt! Erzählt ihm, was hier geschieht: Blinde können wieder sehen und Gelähmte wieder gehen, Aussatzkranke werden wieder gesund und rein, Gehörlose können wieder hören, ja, sogar Tote werden wieder lebendig! Und die, die arm sind, werden von der Botschaft der Hoffnung erfasst, dass Gott auf ihrer Seite ist! Ja, wer mir vorbehaltlos vertraut und an mir keinen Anstoß nimmt, der hat das wahre Glück gefunden!« Roland Werner – Das Buch – Matt. 11,3–6
Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: «Geht hin und verkündigt dem Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme, sie gehen, Aussätzige werden rein, und Taube hören, und Tote stehen auf- Jes 29,18; 35,4-6; 42,7; Joh 2,23; 3,2; 5,36; 10,25.38; 14,11 -, und Armen wird Evangelium- Ps 22,23; Jes 61,1; Lk 4,18; Jak 2,5 – gepredigt! Und glückselig ist, wer sich nicht an Mir geärgert- Jes 8,14.15; Mt 13,57; 26,31; Röm 9,32.33; 1 Kor 1,23; 2,14; Gal 5,11; 1 Petr 2,8. – haben wird!» Abraham Meister – Matthäus 11,4–6
Inzwischen war Jochanan schon einige Zeit im Gefängnis gewesen. Er hatte immer noch seine eigenen Jünger, und sie berichteten ihm von Jeschuas Aktivitäten. Sie berichteten Jochanan auch, dass Jeschua keine sehr positive Reaktion von der jüdischen Führung bekam, und selbst die Massen, die seine Einzigartigkeit erkannten, hatten ihn nicht als etwas anderes als einen Propheten verkündet. Jochanan verstand, wie die Apostel, nicht, dass der Messias zweimal kommen sollte. Wie die Apostel hatte er erwartet, dass Jeschua gekommen war, um das Königreich einzuläuten. Angesichts dieser negativen Umstände (seine eigene Gefangenschaft, die negative Reaktion der Führer und die Tatsache, dass das Königreich nicht aufgerichtet wurde), setzte ein Element des Zweifels ein. Jochanan schickte zwei seiner Jünger zu Jeschua (vielleicht um die Forderung des mosaischen Gesetzes nach zwei Zeugen zu erfüllen) mit der Frage: Bist du es, der da kommt, oder suchen wir einen anderen? (Matthäus 11:3; Lukas 7:19). Der Sinn der Frage war folgender: Hat Jochanan einen Fehler gemacht und versehentlich den falschen Mann als den Messias bezeichnet? Ist es möglich, dass Jeschua nur ein weiterer Vorläufer wie er selbst war? In dem Moment, als Jochanans Jünger ankamen, um die Frage zu stellen, war Jeschua gerade dabei, Krankheiten und Plagen zu heilen, Dämonen auszutreiben und den Blinden das Augenlicht wiederzugeben (Lukas 7:21). Statt eines einfachen „Ja“ oder „Nein“, sagte Jeschua: Geht und berichtet Jochanan die Dinge, die ihr hört und seht (Matthäus 11,4; Lukas 7,22). Er befahl ihnen, zwei Dinge zu berichten. Erstens sollten sie Jochanan weitergeben, was sie gehört hatten, und was sie gehört hatten, war seine Verkündigung, die messianische Person zu sein, dass den Armen die frohe Botschaft [das Evangelium] verkündet wird (Matthäus 11:5; Lukas 7:22). Die Verkündigung beinhaltete, dass das Reich der Himmel nahe ist. Zweitens sollten sie Jochanan weitergeben, was sie gesehen hatten, und was sie gesehen hatten, waren seine Wunder. Der Zweck dieser Wunder war es, seine Messiasschaft zu beglaubigen: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt und Taube hören, und Tote werden auferweckt (Matthäus 11,5; Lukas 7,22). Jeschua schloss daraus, dass Jochanan nicht über seine Person zu stolpern braucht (Matthäus 11:6; Lukas 7:23).
Arnold Fruchtenbaum – Jeschuah
Jesus wird keinen Augenblick unsicher, er schilt auch in keiner Weise den Täufer. Er bekennt sich vor allen unmißverständlich als der Christus, indem er auf den Propheten Jesaja hinweist, wo genau das geweissagt ist, was er tut. Es gibt nur einen Weg zum Glauben: auf das achten, was Jesus sagt und tut. Es bleiben allerdings Geheimnisse um ihn, und es werden nicht alle Rätsel sofort gelöst; dann gilt es, im Glauben geduldig zu warten. Jesus stellt keine großen Forderungen an die Zweifelnden, er erwartet von ihnen nur kindliches Vertrauen; dann wird er ihnen zurechthelfen.
Bruns – Die Bibel mit Erklärungen: Erklärungen
Jesus gibt also keine direkte Antwort. Nur im Prozess antwortet er auf die Frage des Kajaphas, ob er der Messias und Gottessohn sei, mit einem direkten Ja (Mt 26,64). Er ist sich darin treu geblieben, dass er nie – auch im Johannesevangelium nicht! – mit dem Selbstbekenntnis auftrat: »Ich bin der Messias.« Das taten nur die falschen Messiasse (vgl. Mt 24,5; Apg 5,36.37). Aber was er tut, ist so eindeutig das »Werk des Messias«, dass man ablesen muss: Er ist’s! Blinde sollen nach der messianischen Weissagung des AT sehen (Jes 29,18; 35,5), Lahme laufen (Jes 35,6), Taube hören (Jes 29,18; 35,5), Tote werden auferweckt (Jes 26,19; Hes 37) und Arme erhalten die gute Botschaft von Erlösung und Gnade Jes 29,19; 35,4; 61,1ff.). Nur die Aussätzigen sind in der messianischen Weissagung nicht speziell erwähnt, aber in Hes 34,4 sowie Jes 29,19; 61,1ff.) eingeschlossen. Wir können an Lk 4,27 auch sehen, dass man hoffte, der Messias werde wie der große Prophet Elisa Aussätzige heilen. Und all das geschieht jetzt durch Jesus! Für die Blinden vgl. Mt 9,27-35; 12,22; 20,29ff.); für die Lahmen vgl. Mt 4,24; 15,31; 21,14 , für die Aussätzigen vgl. Mt 8,2ff.); Lk 17,11ff.), für die Tauben vgl. Mk 7,37; 9,25ff.); für die Totenerweckungen vgl. Mt 9,18ff.); Lk 7,11ff.); Joh 11,1ff.); für die »gute Botschaft« = das Evangelium an die Armen vgl. Mt 4,23; 5,3ff.); Mt 9,35ff.) Diese Taten Jesu waren nicht eingebildet oder betrügerisch fabriziert. Sie lagen so offen vor aller Augen, dass er schlicht sagen konnte: »Geht hin und berichtet, was ihr hört und seht.« Anspruch und Geschichte, Wille und Tat decken sich bei Jesus. Das ist bei keiner anderen Gestalt der Geschichte der Fall. Johannes wird also nicht durch ein wirklichkeitsfremdes Wort getröstet, sondern kann sich – wie überall in der Bibel! – an Gottes Tat hängen. Die Erkenntnis des Nikodemus wurde so auch für den Täufer wieder neu möglich: »Wir wissen, dass du bist ein Lehrer von Gott gekommen, denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm« (Joh 3,2). Mit diesem Angebot neuen Glaubens verbindet Jesus aber eine Warnung: »Glücklich ist, wer keinen Anstoß nimmt an mir.« Es ist eine göttliche, endzeitlich geprägte Seligpreisung, die dem gilt, der das Ziel des Dabeiseins im Gottesreich schafft. Es geht für den Täufer also um sein ewiges Hell. Dieses Heil entscheidet sich an der Stellung, die er zu Jesus bezieht. Die Aussage Jesu hier steht ganz nahe bei Joh 14,6: »an mir«, an dem niedrigen, demütigen, angegriffenen Jesus finden wir oder verfehlen wir Gott. Und passen wir auf, dass nicht unser Ärgernis an einem andern Gemeindegenossen oder Mitbruder bzw. einer Mitschwester sich zum Anstoß an Jesus ausweitet! Die Wendung »Anstoß nehmen« ist typisch hebräisch. Sie heißt: auf dem bisherigen Weg scheu werden. Ganz nahe liegt jetzt das »zu Fall kommen«! So haben die heimatlichen Nazarener an Jesus Anstoß genommen (Mt 13,57), so die Jünger bei der Kreuzigung (Mt 26,31), so schließlich die ganze Judenschaft (Röm 9,32ff.); Röm 11,11; 1 Kor 1,23; Gal 5,11), wie schon auf dem Weg zum Kreuz ein großer Teil der Jünger (Joh 6,60ff.). Für Israel ist aus dem Anstoß ein Fall geworden (Röm 11,11). Die Tatsache, dass sogar der Täufer in der Gefahr des Anstoßes und des Falles steht, sollte uns tief ins Gebet um Bewahrung und um Erkenntnis Jesu treiben.
Edition C
Jesus kam nicht auch ins Schwanken, weil Johannes schwankte. Er suchte nicht plötzlich einen anderen Weg, als genügte der bisherige zur Ausrichtung seines Amts und zur Erweckung des Glaubens an ihn nicht, und er machte dem Vater nicht den Vorwurf, er halte sich verborgen und erweise seine Gnade nicht. Das Größte war ihm ja gegeben, so Großes, dass in dem, was jedermann bei ihm sieht und hört, der kräftige Grund, an ihn zu glauben, gegeben ist. Einen anderen Grund konnte Jesus niemand geben, auch dem Täufer nicht. Auch dies musste er wie jedermann im Volk erwägen, ob ihm in dem, was Jesus tat, die Herrlichkeit Gottes so sichtbar sei, dass er sein ganzes Vertrauen auf Jesus richten könne. Sehen, was Jesus tut, und hören, was Jesus sagt, ist der einzige Weg, der zum Glauben führt. Ein anderes Mittel, uns selbst oder andere zum Glauben zu bringen, gibt es nicht.
Weil Johannes nach der rettenden Macht des himmlischen Königs verlangte, stellte ihm Jesus die errettende Macht vor Augen, die ihm gegeben ist: allerdings nicht zur Ausübung des Gerichts, sondern zur Erweisung des göttlichen Erbarmens und zur Hilfe für die, denen sonst niemand helfen kann. Auch die Armen rechnete er zu diesen und freute sich, dass er ihr Helfer zu werden vermochte. Waren sie auch am irdischen Gut verkürzt und dadurch mit einer schweren Last beladen, auch ihnen war mit Jesus eine Gabe gegeben und eine Freude beschert, die aus ihrem armen Leben ein seliges Leben machte. Denn er hatte für sie die Gnade Gottes und konnte darum, wie er einem Lahmen sagte: „Steh auf und wandle,“ so den Armen sagen: „Freut euch, denn ihr seid reich!“ Wohl teilte er ihnen nicht Geld und Gut aus; aber er zeigt ihnen ihren Gott, und dies so hell und so gnädig, dass ihre Armut sie nicht mehr quälen und drücken musste. Nun soll Johannes bedenken, ob das nicht göttliche Hilfe und ob der, der sie bringt, nicht der Verheißene ist. Damit ist bei weitem noch nicht alles geschehen, was zur Erfüllung der Verheißung gehört; es bleiben vielmehr in der Art, wie Jesus das Reich Gottes heraufführt, noch große Geheimnisse übrig. Darum kann Jesus niemand den Glauben ersparen, der ihm auch über das hinaus, was vor Augen liegt, traut.
So fügt er die Verheißung hinzu – Mt 11,6: Und selig ist, wer an mir nicht Anstoß nimmt.
Jesus kann allerdings, obwohl ihn Gott in seiner Gnade sendet, doch der Anlass werden, dass jemand an ihm zu Fall kommt. Wir können uns seinetwegen Gott widersetzen und, weil uns seine Knechtsgestalt missfällt, das Himmelreich von uns weisen. Darum war es Jesu Anliegen, den Täufer davor zu bewahren, dass er sich an ihm Fall und Gericht zuziehe. Jedem, der den Unwillen gegen ihn überwindet und sich durch ihn nicht zur Auflehnung gegen den Willen Gottes treiben lässt , darf er die Verheißung geben, dass er selig ist. Sie drückt die Gnade Jesu wunderbar zart aus. Er stellte an den schwankenden Täufer keine hohe Forderung, redete nicht vom Glauben an ihn und vom Bekenntnis zu ihm, nicht von heldenmütiger Aufopferung um seinetwillen, sondern nur davon, dass er ihn nicht zum Grund der Versündigung mache und aus seinem Wirken nicht einen bösen Unwillen gegen Gott schöpfe. Wer an ihm nicht strauchelt, den darf er in die Zahl derer stellen, die er selig heißt. Damit zeigte Jesus dem Täufer den Siegespreis, den der gewinnt, der seine Niedrigkeit nicht schilt, sondern in demütiger Geduld auf seine Offenbarung wartet. Jesu Antwort an den Täufer war ein deutliches Ja; sie hieß den Fragenden nicht auf einen anderen warten, sondern rief ihn auf, sich an seinen gnädigen Werken zu freuen. Aber dieses Ja gab Jesus nicht in gesetzlicher Weise in der Form eines Befehls, sondern so, dass er alles auf die freie Entscheidung des Glaubens stellte. Darum musste sich der Täufer die Antwort selbst geben und mit sich einig werden, ob er von Jesus alles, auch das ewige Leben, erwarten wollte. Jesus will keine erzwungene Untertänigkeit. Darum konnte er dem angefochtenen Täufer nicht mehr tun, als dass er ihm den Grund zum Glauben zeigte: Gott hilft mächtig durch ihn, und ihn zugleich an den Ernst seiner Entscheidung erinnerte: Wer ihn aufgibt, fällt. Johannes hatte einst gesagt, der Kommende sei auch für den kleinsten Dienst, den er ihm leisten könnte, viel zu groß. Anders, als er selbst es gedacht hatte, erlebte er nun die Wahrheit dieses Worts. Arm, unscheinbar und schwach stand Jesus da und doch so groß, so rätselhaft, dass er ihn nicht verstehen konnte und nicht vorauszusehen vermochte, wie sein Weg sich wenden wird. Er musste es in der Tat lassen, die Hand auch nur an den Riemen seines Schuhs zu legen. Nur eins blieb ihm übrig: An ihn glauben konnte er. Jesus hatte die Gewissheit, dass der Vater es nicht zu seinem Beruf mache, den Täufer vor dem Tode zu retten. Er tat aber damals für ihn, was er konnte; er bezeugte dem Volk die Größe seines Amts und Werks und hielt ihm die Schuld vor, die es durch sein Widerstreben gegen den Täufer auf sich lud.
Schlatter – Erläuterungen zum NT
Die Antwort des Herrn mag dunkel scheinen, aber sie genügte vollständig, um um die Fragen des Johannes zu beantworten. Die beiden Jünger sahen in eben diesen Augenblicken die Wunderwerke des Herrn. Das wird aus Lk 7,21 deutlich, wo Wunder vollbracht wurden, nachdem die Jünger des Johannes seine Frage an den Herrn gerichtet hatten, aber bevor Er Seine Antwort darauf gegeben hatte. Diese Wunder beantworteten die Frage des Johannes nach der Identität dessen, der kommen soll. Johannes kannte den Propheten Jesaja gut. Dieser hatte ihn darüber aufgeklärt, daß er selbst die Stimme dessen war, der in der Wüste ruft (Matthäus 3,3; Lk 3,4; Joh 1,23; Jes 40,3). Er kannte auch andere Stellen, wie vom »Lamme, welches zur Schlachtung geführt wird« (Jes 53,7), und besonders: »Dann werden die Augen der blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden; dann wir der Lahme springen wie ein Hirsch, und aufjauchzen wird die Zunge des Stummen« (Jes 35,5.6), Worte, welche das im vorhergehenden Vers Gesagte erläutern: »Er selbst kommt und wird euch retten« (35,4). Der Verheißene war also Gott, der Wunder unter ihnen tat. Johannes würde »glückselig«, makarios, sein, wenn Er diese Wahrheiten zu seinem bereits bestehenden Glaubensschatz hinzufügte. Der Beweis lag für Johannes darin, daß die Wunder vollbracht wurden, welche Jes 35,5.6 angekündigt hatten. Der Herr war also tatsächlich derjenige, der kommen sollte. Es würde kein »anderer« (heteros, ein anderer von unterschiedlicher Art) kommen. Der Herr fügte dem hinzu, daß der Glaube sich an Ihm nicht »ärgern« dürfe. Das Zeitwort skandalizô bedeutet »einen Anstoß in den Weg legen«. Der Glaube darf sich nicht stoßen am Menschen Jesus Christus, als ob Er nicht der im Alten Testament Verheißene sei. Der Beweis des Herrn endet mit einer kostbaren Feststellung: »Und Armen wird gute Botschaft verkündigt.« Das geht über das in Jes 35,6 Gesagte hinaus, aber es ist eine deutliche Anspielung auf Jes 61,1: »um den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen« (Lk 4,18). Mit andern Worten, die körperlichen Wunderwerke des Herrn waren von Seinem geistlichen Werk begleitet.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Ich persönlich finde es ja spannend, dass sich im Laufe der letzten Jahrzehnten die Predigten und Zeitschriften immer weniger um Jesus drehen. Das was Jesus für Dich und mich getan hat, wird ersetzt mit „wie löse ich persönliche Probleme“, „wie werde ich glücklicher“, „was muß ich tun, …“ oder gar „Umwelt“ und „Politik“! Im Prinzip stößt man sich heute an dem wirklichen Jesus – wie sieht es bei Dir aus? Ja, es stimmt: „der Teufel greift hinterhältig an“ – indem er Jesus vom Zentrum entfernt, und dafür den Menschen hinstellt. Anstatt Jesus als Haupt der Gemeinde zu betrachten, leitet eine Gruppe von ausgewählten „Christen“ die Gemeinde. Durch „Tätigkeiten“ werden wir abgelenkt vom Bibellesen und Gebet. Anstatt auf Jehovah zu vertrauen, soll man einer Gemeindeführung vertrauen. Im Prinzip hat man Jesus als den einzigartigen Gesalbten verworfen!
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