Stein des Anstoßes

Euch nun, die ihr glaubet, ist die Kostbarkeit; den Ungehorsamen (O. Ungläubigen) aber: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein (W. Haupt der Ecke; Ps 118,22) geworden“, und „ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses“, (Jes 8,14) die sich, da sie nicht gehorsam sind, an dem Worte stoßen, (O. die sich, da sie dem Worte nicht gehorchen, stoßen) wozu sie auch gesetzt worden sind.
Elberfelder 1871 – 1 Petrus 2,7–8

Für euch, die ihr mit ihm lebt und ihm vertraut, ist dieser Stein superwertvoll. Für die Leute, denen das alles total egal ist, ist dieser Stein wertlos. Ich zitiere mal: „Der Stein, den die Bauarbeiter weggeworfen haben, der wurde zum Grundstein vom ganzen Haus. Alles musste sich nach ihm ausrichten. Er ist ein Stein, über den die Menschen stolpern, sie werden sich über ihn totärgern!“ Sie stolpern über diesen Stein, weil sie nicht so leben, wie Gott es will, weil sie nicht auf das vertrauen, was er sagt. So musste es ja auch kommen.
VolxBibel – 1 Petr 2,7–8

Euch nun, die ihr glaubt, winkt die Ehre, dem Ungläubigen aber „ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Schlußstein geworden“ und zum Steine des Anstoßes und zum Felsen des Ärgernisses. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Worte nicht gehorchen; dazu sind sie nun allerdings ja auch bestimmt.
Grünwald-Bibel – 1 Petr 2,7–8

ὑμῖν οὐν ἡ τιμή (auf den wertvollen Stein bezogen) euch nun gilt sein Wert od. (als Gegensatz zur Schande) euch nun wird die Ehre zuteil (vgl. B 2b). πιστεύουσιν Ptz. πιστεύω, attr. bzw. subst.; App. zu ὑμῖν (A303) euch, die ihr glaubt. ἀ-πιστοῦσιν Ptz. ἀ-πιστέω ungläubig sein; subst.; dat. commodi (A173). ἀπ-ε-δοκίμασαν Aor. ἀπο-δοκιμάζω V. 4. οἰκο-δομοῦντες Ptz. -δομέω, subst. Bauleute. ἐ-γενήθη Aor. Pass. γίνομαι. εἰς für Präd.-Nominativ (A81). κεφαλή hier übertr. v. Sachen: Oberstes, Äußerstes, Ende, Spitze; κεφαλὴ γωνίας Eckstein (Grundstein an der äußersten vorderen Ecke) (B 2b; EWNT 1, Sp. 646f). γωνία Ecke; Winkel.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament


Deswegen steht in der Schrift: Sieh, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein, und der, der an ihn glaubt, wird nicht beschämt (Jesaja 28,16). Darum habt ihr, die ihr glaubt, die Ehre; für die aber, die ungläubig sind, gilt: Der Stein, den die Bauenden verwarfen, wurde zum Eckstein, und: Er ist ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses (Psalm 118,22; Jesaja 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen, und dazu sind sie gesetzt. Wie wir in Gott den Vater und den Richter haben, so tut auch Jesus gleichzeitig das Werk der Gnade und das des Rechts, und beides teilte ihm die Schrift dadurch zu, daß sie ihn mit dem Stein verglich. Denn der Stein trägt den Bau, der auf ihm steht, womit das Heilandsamt Jesu beschrieben ist, daß er aus uns Gottes Gemeinde macht. Er ist aber auch der Stein, an dem man sich stößt und fällt, womit das richterliche Amt Jesu dargestellt ist, durch das er Gottes Recht gegen die vertritt, die Gott verwirft. Auch dies kommt in der Sammlung der Gemeinde zur Offenbarung. Denn sie umfaßt nicht alle, sondern kommt dadurch zustande, daß Jesus die vereint, die an ihn glauben, und sie von denen trennt, die ihn verwerfen. Obwohl Petrus Israel nicht nennt, war doch allen seinen Lesern klar, was für Ereignisse ihn zu diesem Wort bewogen.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Der Beginn dieses Verses steigt für einen Moment aus dem Florilegium der Zitate aus, schafft einen Bezug zwischen den Adressaten und dem Zitat von Jes 28,16 und leitet zugleich zum nächsten Zitat über. Er spricht die Adressaten an als die, die glauben. Sie können einstimmen in das Urteil Gottes über den Gesalbten, denn für Gott ist der „Stein“, den Menschen verworfen haben, „auserwählt wertvoll“ (vgl. 2,4.6), für die Glaubenden ist er dem entsprechend der Inbegriff von Wert (zu „hē timē“ vgl. den absoluten Gebrauch von Gerechtigkeit in 2Kor 5,21 und Beschneidung in Phil 3,3). Das Nomen hē timē lässt sich auch als Subjekt des Satzes deuten: Für euch, die ihr glaubt, gibt es die Ehre. Damit wäre ausdrücklich gesagt, was sich aus dem Gedanken in Vers 6 folgern ließ: Wer sich nicht positiv zum Gesalbten stellt, wird zuschanden, aber für die, die glauben, wird es (am Ende) Ehre geben. Für die anderen aber, die nicht glauben, ist der Gesalbte „der Stein, den die Bauleute verworfen haben“, der Stein, mit dem sie nichts anfangen konnten.
Damit ist der Anschluss für das zweite Zitat geschaffen, das zunächst dem LXX Text von Ps 118,22 folgt.227 Dazu gehört auch der Kontrast: Der Stein, der bautechnisch völlig unbrauchbar schien, ausgerechnet der ist zum „Haupt der Ecke“ geworden. Mit diesem Ausdruck ist entweder ein besonders schöner Stein gemeint, den man darum in die Ecke des Hauses einbaut, damit man ihn von zwei Seiten sehen kann (Mezudat David), oder aber ein großer (und schöner) Stein, der die übrigen Steine des Hauses zu tragen vermag (Kimchi). Der Kontext, in den der 1Petr dieses Zitat stellt, betont vor allem den Kontrast zwischen dem, was die Bauleute von dem Stein dachten (und darauf liegt hier der Ton228), und dem, was Gott daraus gemacht hat.229 In der Parallele zu Vers 6 könnte man aber auch hier die positive Bedeutung des Steins für die Gläubigen anklingen hören (er ist für sie zum Eckstein geworden).

Vahrenhorst – Theologischer Kommentar zum Neuen Testament


Euch nun, die ihr glaubet, ist er köstlich. Zuerst bezeichnet Gott den Herrn Christus als einen auserwählten und köstlichen Stein; nun schließt der Apostel daraus, dass er ein solcher auch für uns sein wird. Denn sicherlich wird hier Christus beschrieben, wie wir in durch die Erfahrung des Glaubens ergreifen, und wie er sich uns durch wahrhaftige Beweise dartut. Darum wollen wir uns diese Folgerung fleißig einprägen: Christus ist vor Gott ein auserwählter Stein, also ist er es auch für die Gläubigen. Denn allein der Glaube enthüllt uns den Wert und die herrliche Bedeutung Christi. Weil aber der Apostel dem Anstoß begegnen will, der uns aus dem Vorhandensein einer so großen Schar von Gottlosen erwächst, fügt er alsbald einen weiteren Satz betreffs der Ungläubigen hinzu: wenn sie Christus verschmähen, können sie ihm doch nicht die Ehre nehmen, welche der Vater ihm verliehen hat. Dafür wird ein Vers aus dem 118. Psalm beigebracht (V. 22): der Stein, den die Bauleute verworfen haben, soll dennoch als Eckstein aufgerichtet werden. Daraus folgt, dass Christus wider den Willen seiner Feinde seinen Ehrenplatz behauptet, welchen der Vater ihm angewiesen hat. Zwei Gedanken sind hier bemerkenswert. Erstlich: Christus musste von denen verworfen werden, welche das Regiment in der Gemeinde Gottes führten. Zum andern: ihre Anstrengungen werden vergeblich sein; denn es muss erfüllt werden, was Gott beschlossen hat, dass Christus als Eckstein das Gebäude tragen soll. Dass aber die Psalmstelle in ihrem wahren und eigentlichen Sinn von Christus verstanden werden muss, bezeugt nicht nur der heilige Geist, sondern auch Christus selbst, der sie so auslegt (Mt. 21, 42). Ohne Zweifel war dieses Verständnis von den Vätern her überliefert. War David zu seiner Zeit der verworfene Stein, so dürfen wir doch als zugestanden annehmen, dass er nur schattenhaft darstellte, was in Christus erfüllt ward. Es konnte die ungefestigten Gläubigen ins Schwanken bringen, dass alle Priester, Älteste und Lehrer, welche allein die Gottesgemeinde darzustellen schienen, Christi Feinde waren. Diesen Anstoß will Petrus beseitigen, indem er darauf hinweist, dass David längst zuvor bezeugt hat, was die Gläubigen jetzt vor Augen sehen. Damit wendet er sich zunächst an die Juden; aber auch heute ist seine Erinnerung nicht minder nützlich. Denn Christi grimmigste Feinde maßen sich die oberste Stellung in der Kirche an und verfolgen mit satanischer Wut sein Evangelium. Der Papst nennt sich seinen Stellvertreter: und doch sehen wir, wie heftig er ihm widerstrebt. Solches Schauspiel kann schlichte und unerfahrene Leute verwirren, weil sie nicht bedenken, dass nur geschieht, was David vorausgesagt hat. Es ist nun ein geläufiges Bild, das bürgerliche oder geistliche Regiment als ein Gebäude darzustellen. Im weiteren Verfolg desselben bezeichnet David diejenigen als Bauleute, welchen das Amt und die Macht der Regierung anvertraut sind, – nicht als ob sie richtig bauten, sondern weil sie den Namen haben und mit rechtmäßiger Gewalt begabt sind. Daraus folgt, dass die Amtsträger keineswegs immer treue und wahre Diener Gottes sind. Es ist also vollkommen lächerlich, wenn der Papst und die Seinen sich die oberste und unzweifelhafte Autorität anmaßen, weil sie die rechtmäßigen Vorsteher der Kirche seien. Ihr Beruf zur Regierung der Gottesgemeinde ist nicht im höherem Grade rechtmäßig, als der Beruf eines Heliogabal (ausschweifender und unwürdiger römischer Kaiser, 218 bis 222 n. Chr.) zur Regierung des Reichs. Aber geben wir ihnen einmal zu, was sie unverschämter Weise beanspruchen, dass sie rechtmäßig berufen seien, so sehen wir doch, was David von den rechtmäßigen Vorstehern der Kirche weissagt: Christus wird von ihnen verworfen. Sie bauen also eher einen Schweinestall als einen Tempel Gottes. Es folgt aber auch das andere Stück: alle Großen mit ihrer stolzen Macht und Würde werden Christus nicht von seinem Platze stoßen.

Calvin

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