Es ist sooo wichtig, Bibelstellen nicht aus dem Zusammenhang zu reißen – und die Bibel richtig als Buch zu lesen!
Wir hatten vergangen Sonntag im „Aktivgottesdienst“ Richter 4 – und ich möchte heute hier mal ein Experiment mit dir, lieber Mitleser, unternehmen.
Also wenn wir Richter 4 lesen, gibt es mehrere Probleme:
– da ist zum einen der Eindruck, dass Barak ein „ängstlicher Mann“ gewesen sein müßte, weil er sich ja „hinter dem Rockzipfel“ einer Frau verstecken will.
– es scheint, als wäre eine Frau – Debora – eine Richterin, die die Führung in Israel inne hat.
– besonders der Schluß scheint ziemlich brutal: Jael scheint den Sisera nicht nur durch Täuschung und Betrug in ihr Zelt gelockt zu haben, sondern wird dann noch zur „brutalen Mörderin“ die „heimtückisch“ den schlafenden Sisera tötet.
– einige Ausleger gehen sogar davon aus, dass Jael den Sisera „verführt“, denn es heißt mehrfach, dass Jael den Sisera mit einer Decke zudeckt – dass könnte doch glatt eine sexuelle Handlung bedeuten??
Aber wir haben nicht nur Kapitel 4 gelesen, sondern auch gleich Kapitel 5 – „das Lied Deboras“! Und nun ergibt „alles“ ein ganz anderes Bild!
Wieso? Nun, im Kapitel 5 wird in dem Lied wird die Rettung durch Jehovah in den Mittelpunkt gerückt, und gezeigt, dass Gottes Volk in fast allen Punkten scheiterte. Es was tatsächlich ein Kampf, den Jehovah gegen die „Feinde seines Volkes“ führte. Und nun sehen wir auf einenmal viele neue Gesichtspunte, die im Kaitel 4 fehlen:
Hebräer 11:32 zeigt, Barak war ein Mann des Glaubens! — echt? Hat er sich nicht „versteckt“? Nun, die Septuaginta beschreibt WARUM Barak unbedingt Debora mit dabei haben will: „denn ich kenne den Tag nicht, an dem der Herr den Engel mit mir auf einen guten Weg führt.“ – Ach ja! Das ist der Grund! Und lesen wir in unser Bibel – da steht dann ein paar Verse später, dass Debora zu Barak sagt: „dies ist der Tag“. Ergibt einen ganz anderen Sinn??
Was Josephus über den Krieg schreibt, ist meiner persönlichen Meinung sehr sehr wichtig. Denn er führt die Gedanken aus dem Lied der Debora weiter aus. Kannst du dir vorstellen, warum Sisera seinen Wagen verläßt und zu Fuß flieht? Kannst du dir im Geist vorstellen, wie er „nass wie ein Pudel“ bei Jael ankommt, und dort „mit einer Decke zugedeckt wird“ – weil er völlig durchgefroren und völlig durchnäßt vom Feld weggerannt war?
Auch hier ergibt ein wenig „schürfen“ ein gaaaanz anderes Bild! Es wird klar, warum der „große Krieger“ so fertig ist.
Aber schauen wir uns den letzten Teil des Kapitels 5 an – was wird über die „Mutter von Sisera“ gesagt? Viele Ausleger sind der Meinung, dass die „Mutter von Sisera“ ihre eigenen Geschlechtsgenossen verrät. Aber mit dem, was diese Frau hier über ihren Sohn sagt, macht Kapitel 4 auch ein ganz anderes Bild?
Hatte Jael vielleicht Angst, das nächste „Opfer“ von Sisera zu werden? Oder war es „nur“ die Loyalität gegenüber ihren Geschlechtsgenossen?
Ach, dass ist schon so lange her? Gerade vor ein paar Tagen „geisterte eine Nachricht“ durch die Zeitungen, der genau in diese Richtung zeigt, und deutlich macht: auch in unserer Zeit sind wir nicht besser, nicht „kuluturierter“ als in der Zeit der Richter:
Wenn wir also nur das Kapitel 4 in Richter lesen – ergibt der Inhalt ein ganz anderes Bild, als wenn wir das dazugehörige Kapitel 5 ebenfalls lesen!
Und es zeigt, dass wir uns die Bibel nicht „schönlesen“ müssen, indem wir einfach behaupten – Barak habe Glauben gehabt, denn die Anwesenheit einer Frau zeige seinen Glauben…