Monat: März 2022

„zueinander und zu allen“

Euch aber mache der Herr völlig und überströmend in der Liebe gegeneinander und gegen alle (gleichwie auch wir gegen euch sind), um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen vor unserem Gott und Vater, bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.
Elberfelder 1871 – 1 Thess 3,12–13

Euch aber lasse der Herr zunehmen und überschwenglich werden in der Liebe zueinander und gegen jedermann [wie denn auch wir gegen euch gesinnt sind.] 1Thess 4,1.9.10; 5,15; 2Pe 1,7.
Daß Er eure Herzen stärke und ihr unsträflich seid in der Heiligkeit vor Gott und unserem Vater, auf die Zukunft unseres Herrn Jesus Christus mit allen Seinen Heiligen. 1Thess 5,23; 2Thess 2,1; 1,7.10; Phil 1,10.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 1.Thess 3,12–13

Und für euch erbitten wir vom Herrn eine immer größere Liebe zueinander und zu allen Menschen – eine Liebe, die so überströmend ist wie unsere Liebe zu euch.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Thess 3:12

Ich bete dafür, dass Gott bei euch den Liebespegel zueinander ansteigen lässt. Das wünschen wir uns auch für alle anderen Menschen, genau so eine Art von Liebe, wie wir sie auch für euch empfinden.
VolxBibel – 1.Thessalonicher 3,12

Liebe zu ALLEN Menschen? Wirklich? Fällt uns das nicht schwer?
Es gibt so viele Menschen, die sich als Christen bezeichnen – doch gerade in Tagen wie jetzt, wo Kriegsberichte in Europa aufschrecken, zeigt sich mehr denn je, wer die Eigenschaften eines Christen widerspielgelt und wer auf eigene Werke gesetzt hat.

In den Danksagungen und Gebeten wurden z. T. Themen eingeführt, die später im Briefverlauf wieder aufgegriffen wurden; in den Paulusbriefen ist das häufig der Fall. In 4,9 kommt der Apostel noch einmal auf die »Liebe« zurück, und in 4,12 auf die, »die draußen sind«.
Vers 13 : Im A.T. , im jüdischen Schrifttum und in den Reden Jesu ist ebenfalls von einer Hoffnung für die Zukunft die Rede, die dem standhaften Ertragen der Gegenwart einen Sinn verleihen kann. Mit »Heiligen« könnte das Gottesvolk gemeint sein ( 4,14 ), möglicherweise aber auch die heiligen Engel ( Sach 14,5 ); beide werden in der jüdischen Literatur als »Heilige« bezeichnet. Paulus gebraucht die Bezeichnung in der Regel für das Gottesvolk.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Für ihr inwendiges Gedeihen brauchen sie die Liebe in der doppelten Richtung, in der sie ihre Arbeit tut, so, daß sie die Brüder miteinander vereint, und so, daß sie sich allen gibt und allen dient. Sie wissen es in Thessalonich, daß die Verfolgung sie nicht berechtigt, jemand zu hassen. Sie sind vielmehr durch ihre Berufung zu Christus dazu fähig gemacht, allen darzubieten, was zu ihrem Heil hilft. Für die Liebe haben sie an Paulus das Vorbild, das ihnen deutlicher als Worte zeigt, wie sie denkt und handelt. Wenn die Liebe in ihnen bleibt, dann schwanken sie nicht. Wo sie ist, da läßt Christus den Menschen nicht fallen, sondern macht sein inwendiges Leben, das freilich leicht schwankt, fest und stark und tritt für ihn ein, so daß er das Ziel erreicht. Dann trifft sie kein Tadel, weil ihnen die Heiligkeit, die ihnen Gottes Berufung erteilt hat, bleibt und auch bei der letzten Entscheidung im Urteil Jesu, wenn er sich wieder offenbart, vor ihm besteht. Die Bedeutung dieser Entscheidung wird dadurch deutlich, daß Christus sich dann mit allen seinen Heiligen offenbart.

Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament

Nach der Bitte für seinen Missionsdienst (»unseren Weg«) bezieht sich der zweite Teil betont auf die Thessalonicher: »Euch aber«. Angeredet wird an dieser Stelle »der Herr«, womit in Übereinstimmung mit dem bei Paulus üblichen Gebrauch Jesus (vgl. 1Thess 3,11.13), nicht aber der Vater gemeint sein wird (vgl. auch 2Thess 3,5.16; 1Kor 16,22; 2Kor 12,8). Man hat darauf verwiesen, dass dies durch die besondere Betonung des Liebesgebotes bei Jesus begründet sein könnte (Joh 13,34). Allerdings wäre dem entgegenzuhalten, dass die Forderung Jahwes, »des Herrn«, nach Mi 6,8 sich eben auf die Liebe bezieht und im Doppelgebot (Mt 22,37ff.) die Liebe »des Herrn« und des Nächsten geboten wird. Es wäre daher keineswegs angebracht, aus der unterschiedlichen Anrede in Vers 11 und V. 12 inhaltliche Folgerungen ziehen zu wollen.
Gegenstand der Bitte ist: »Euch aber lasse der Herr wachsen und mache euch überreich in der Liebe«. Beide Verben verstärken sich gegenseitig in dem Wunsch um »überreiche« Vermehrung der aus dem Glaubensverhältnis erwachsenden Liebe.
Diese Liebe ist der Christ zunächst den anderen Gliedern am Leib Christi schuldig. Es gehört zu den erfreulichen Kennzeichen der thessalonischen Gemeinde, dass solche Liebe bereits unter ihnen lebendig ist (vgl. 1Thess 1,3; 4,9ff.). Sie kann und soll aber noch zunehmen und »überreich« werden und dabei »alle« anderen einschließen. Bei »allen« sind selbst die Feinde nicht ausgenommen (vgl. Gal 6,10; Mt 5,43ff.; Lk 6,32ff.; Lk 10,25-37). Bekommt Gottes Handeln sein besonderes Kennzeichen darin, dass er uns liebte, als wir noch Feinde und Sünder waren (Röm 5,8.10), so prägt dies die Liebe des Christen in entsprechender Weise: Sie lässt sich nicht von äußeren Widrigkeiten in ihrem Zeugnis abhalten, sondern wird durch den ihr gegebenen Auftrag motiviert: 2Kor 5,11ff. Sie erkennt die Bedürftigkeit dessen, dem sie unversehens zum Nächsten wird, ohne an ihm vorüberzugehen (Lk 10,25ff.).
Wie die Sehnsucht (1Thess 3,6), so ist auch die Liebe gegenseitig: »wie auch wir (sie) zu euch (haben)«. Bereits in 1Thess 1,6 wurde deutlich, dass Paulus sich als Beispiel für die Gemeinde darstellen kann (vgl. auch 2Thess 3,7-9; Apg 20,35; 1Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17; 4,9). Auch für einen Apostel bedeutet dies jedoch nicht, dass er sich dessen rühmen könnte, hat doch auch er nichts anderes vorzuweisen als das, was er von Gott empfangen hat (1Kor 4,7). Die Gewissheit, alles empfangen zu haben, vermittelt dann ihrerseits die Freiheit zu sagen: »Folgt meinem Beispiel!«

Der Orientierungspunkt aller christlichen Existenz ist eindeutig festgelegt: Es ist die »Ankunft unseres Herrn Jesus«. Diese Ausrichtung ist unverzichtbarer Bestandteil der missionarischen Verkündigung in den neu entstehenden Gemeinden (1Thess 1,10), wie auch ihrer weiteren seelsorgerlichen Begleitung (1Kor 1,7ff.). Auf diesen Punkt zielt der Glaube, der dann ins Schauen übergeht, weist die Hoffnung, die dann erfüllt sein wird.
Indem der Herr die Liebe überreich werden lässt, verbindet sich damit für die Thessalonicher ein zusätzlicher Aspekt: »Damit er eure Herzen stärke«. Was in 1Thess 3,2 auf den Glauben und in 2Thess 2,17 auf »jedes Werk und Wort« bezogen wird, das ist hier mit der Liebe in Verbindung gebracht.

Vor dem atl. Hintergrund dieses Ausdrucks (vgl. Ps 104,15; 112,8) ist »Herz« auch hier als Zentrum der Person zu deuten. Das Wachstum im Glauben und in der Liebe lässt Christen zu gefestigten Persönlichkeiten heranreifen, die nicht leichthin von ihrem Stand wegbewegt werden (1Kor 15,58; Eph 4,14; 2Thess 2,2).
Das Feststehen im Glauben und in der Liebe wirkt sich auch im Bestehen der Versuchung aus (vgl. 1Thess 3,5.8). Damit wird der Glaubende im Gericht als »untadelig« erwiesen. Das Wort begegnet in ganz parallelem Kontext in 1Thess 5,23; in Phil 2,15 bezieht sich das untadelige Leben auf das gegenwärtige Zeugnis gegenüber den Mitmenschen.
Eng damit verbunden ist die »Heiligkeit« (sonst nur in 2Kor 7,1 im Gegenüber zu »Befleckung des Fleisches«, und in Röm 1,4 vom »Geist der Heiligkeit«). Für die folgenden Kapitel des 1Thess wird der Themenbereich »Heiligkeit – Heiligung« eine zentrale Rolle einnehmen (1Thess 4,3.7; 5,23; vgl. 1Thess 2,10; 2Thess 2,13).

»Heiligkeit« ist grundlegendes Prädikat Gottes, durch das der Mensch von ihm geschieden ist, da keine Ungerechtigkeit oder Unreinheit vor Gott bestehen kann. Gleichzeitig hat all das »heilig« zu sein, was für Gott und den Gottesdienst abgesondert wird. Neben heiligen Gegenständen, Zeiten, Orten etc. ist dies auch die Gruppe der Priester, ja sogar das erwählte Volk insgesamt. Diese Auswahl verpflichtet zugleich zu derselben Heiligkeit, die Gott eigen ist: 3Mose se 11,44ff.; 3Mose 19,2.

Als dem »Heiligen Israels« (Mk 1,24) kommt Jesus die Aufgabe des Heiligens zu: Er tauft mit dem Heiligen Geist (Mt 3,11; vgl. Röm 15,16; 1Kor 6,11), er heiligt seine Gemeinde durch die Hingabe seines Lebens (Eph 5,25ff.), er selbst ist der Gemeinde zur Heiligung gemacht (1Kor 1,30).
So wird das gesamte Leben der »Heiligen« von dem umgriffen, was Jesus Christus für sie getan hat und tut. Diese umfassende, unverdiente Barmherzigkeit verpflichtet jeden Einzelnen, die zugeeignete Heiligkeit in allem Tun, Reden und Denken zum Ausdruck zu bringen und die Sünde in jeder Gestalt zu meiden. Auch hier ist das Ziel »untadelig in Heiligkeit« niemals menschlicher Bemühung verfügbar, sondern bleibt als Heiligkeit Christi immer Geschenk. Wenn sich aber der Heilige Gottes dem armseligen Sünder in dieser Weise zuwendet, wie könnte dieser anders darauf antworten, als ausschließlich diesem Herrn leben zu wollen, eben »heilig« zu sein?

Edition C

So „normal“ erschien einem Paulus das Leben des Christen unter Drangsalen. Aber unter diesen Nöten soll das Gemeindeleben nicht nur mit Mühe erhalten werden, sondern soll „reich und überreich“ werden. Paulus verendet hier sein beliebtes Wort „überfließen, überströmen“. Und das, was unter Kampf und Verfolgung so „reich“ und „überreich“ werden soll, ist „die Liebe gegeneinander und gegen alle. Druck und Leiden macht von Natur hart, eng und ichhaft. In einer Gemeinde Jesu darf es ganz anders sein, weil der Herr am Werk ist. Nicht aus sich selbst sollen die Thessalonicher trotz der Drangsale immer mehr Liebe hervorbringen: wie unmöglich wäre das. Nein, „der Herr mache euch reich an Liebe“. Aber dies nicht nur so, daß die Verfolgung die Gemeinde selbst um so herzlicher und liebevoller in gegenseitiger äußerer und innerer Hilfe zusammenschließt. Nein, durch Jesus darf es Wirklichkeit werden, was Er selbst als Kennzeichen der „Kinder des Vaters im Himmel“ angegeben hat: Die Erwiderung von Feindschaft mit Liebe, von Fluch mit Segen, von Verfolgung mit Fürbitte, von Haß mit Wohltun. Das ist die „Liebe gegen alle“.
Sofort und ohne jede künstliche Anstrengung geht der Blick wieder zum großen Ziel und Ende. Wie sollte es auch anders sein, wenn es dieses ungeheure Ziel gibt! Wenn die „Parusie unseres Herrn Jesus mit allen Seinen Heiligen“ kein schöner Traum ist – und in diesem Falle wäre die Auferstehung Jesu geleugnet und das ganze Evangelium zunichte gemacht – dann ist alles andere gering gegen dies Eine, daß da „eure Herzen als untadelige in Heiligkeit vor unserem Gott und Vater“ dastehen.

Wuppertaler Studienbibel

Die zweite Bitte in Paulus‘ Gebet war, daß der Herr sie »völlig und überströmend in der Liebe gegeneinander und gegen alle« machen möge. Liebe ( agape ) ist das charakteristische Wort des Christentums. Es wurde einmal »das Größte in der Welt« genannt. Es ist ein Gebot. Zu den letzten Anweisungen des Herrn an Seine Jünger gehören die Worte:
»Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, auf daß, gleichwie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt« (Joh 13,34.35). Im Zusammenhang der Thessalonicherbriefe wird die Liebe als das von Gott verwendete Mittel dargestellt, um in Seinen Kindern Christusähnlichkeit hervorzubringen.

Was die Bibel lehrt

Angst und Liebe passen übrigens nicht zusammen

Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.
Elberfelder 1871 – 1.Joh 4,18

Angst und Liebe passen übrigens nicht zusammen. Wo Liebe ist, gibt es keine Angst mehr, die Liebe vertreibt die Angst. Wer Angst hat, fürchtet sich ja vor einer Bestrafung. Wenn jemand Angst hat, ist das nur ein Zeichen, dass er die wirkliche Liebe noch gar nicht kennengelernt hat.
VolxBibel – 1.Johanes 4:18

Furcht ist nicht in der Liebe -d.h. verträgt sich nicht mit der Liebe-, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, weil die Furcht es mit Strafe zu tun hat -d.h. weil die Furcht um der zu erwartenden Strafe willen Pein verursacht.-; wer also Furcht empfindet, der ist in der Liebe noch nicht zur Vollendung gelangt.
Hermann Menge Uebersetzung – 1949 – 1.Johannes 4,18

In diesen Versen geht es um die göttliche Liebe, aber in der Anwendung auf unsere Beziehungen stellen wir fest, dass jede Angst verschwindet, wenn Liebe auf die richtige Art und Weise wirksam ist. Dann haben die Eheleute keine Angst voreinander und dann haben die Kinder keine Angst vor den Eltern.
Es ist ein Kennzeichen der Menschen ohne Gott, dass sie auch ohne natürliche Liebe sind (s. 2 Timotheus 3,2). Aber der Gläubige kann lieben, weil er selbst von Gott geliebt ist. Wollen wir neu darüber nachdenken, dass unsere Beziehungen durch echte Liebe gekennzeichnet sind. Dann wird auch Vertrauen vorhanden sein!

Bleib in mir 2018

Wenn ein Gläubiger mit Bangen auf den Richterstuhl Christi blickt, dann ist Gottes Liebe in ihm noch nicht vollkommen (vgl. 1Joh 2,5;4,12 ) geworden. Die gereifte Erfahrung der göttlichen Liebe (die durch die praktische Liebe untereinander erreicht wird) ist unvereinbar mit einer furchtsamen Haltung und vertreibt die Furcht aus den Herzen.
Die Wendung „denn die Furcht rechnet mit Strafe“ heißt wörtlich „auf die Furcht folgt die Strafe“. Furcht trägt ihre eigene Strafe in sich. Ironischerweise erlebt ein Gläubiger, der der Liebe ermangelt, gerade deshalb Strafe, weil er sich schuldig fühlt und sich davor fürchtet, vor seinen Richter zu treten. Eine solche Angst verhindert das Vollkommenwerden der Liebe (wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe). Ein Christ, der wahrhaft liebt, hat dagegen nichts zu fürchten und entrinnt damit auch der inneren Qual, die der Mangel an Liebe mit sich bringt. Trotzdem bleibt die Liebe der Gläubigen im wesentlichen eine „sekundäre“ Liebe, die aus einer anderen folgt.

Walvoord Bibelkommentar

Furcht ist nicht in der Liebe. Ein Blick auf das Gegenteil rückt die Vortrefflichkeit jenes Gutes in helles Licht. Der Apostel sagt, dass wir beständig gequält werden, bis Gott uns durch das Mittel seiner Liebe zu uns von jener elenden Qual befreit. Kurz, da es nichts Elenderes gibt, als durch beständige Unruhe gequält zu werden, so erreichen wir durch die Erkenntnis der Liebe Gottes gegen uns dies, dass wir furchtlos ruhen können. Daraus erhellt, was für eine einzigartige Wohltat Gottes es ist, uns seiner Liebe zu würdigen. Aus dieser Lehre zieht der Apostel hernach eine Mahnung; bevor er uns aber an unsere Pflicht mahnt, empfiehlt er uns jenes Geschenk Gottes, das uns durch den Glauben die Frucht nimmt. Ich weiß, dass diese ganze Stelle von vielen anders ausgelegt wird, aber mich geht nur das an, was der Apostel will, nicht was andere denken. Jene sagen, Furcht sei nicht in der Liebe, weil wir, wo wir willig Gott lieben, nicht durch Gewalt und Furcht zum Gehorsam gegen ihn gezwungen werden. Nach ihnen wird hier die knechtische Furcht der freiwilligen Verehrung entgegengesetzt. Daher stammt auch die Unterscheidung zwischen knechtischer und kindlicher Furcht. Es ist gewiss ein richtiger Gedanke, dass die Furcht vor Strafe uns nicht mehr drängt, wenn wir Gott als Vater aus freien Stücken lieben; aber das hat mit unserer Stelle nichts zu tun. Der Apostel lehrt nur: sobald die Liebe Gottes von uns durchschaut und durch den Glauben erkannt ist, so haben unsere Gewissen Frieden und werden nicht länger geängstigt. Man kann aber fragen, wann es eigentlich geschieht, dass völlige Liebe die Furcht austreibt. Wir sind ja nur mit einem gewissen Geschmack der göttlichen Liebe gegen uns begabt und werden niemals gänzlich von der Furcht befreit. Ich antworte: wenn auch die Furcht nicht völlig weicht, so wird sie doch, sobald wir zu Gott unsere Zuflucht nehmen wie zu einem ruhigen und von allen Schiffbrüchen und Unwettern freien Hafen, wirklich ausgetrieben, weil sie dem Glauben Platz macht. Also wird die Furcht nicht derartig beseitigt, dass sie unsere Seele überhaupt nicht mehr beunruhigt; vielmehr so wird sie ausgetrieben, dass sie uns nicht in Verwirrung bringt und unsern Frieden nicht dauernd stört, den wir durch den Glauben haben.
Die Furcht hat Pein. Auch hier preist der Apostel die Größe der Gnade, von der er redet. Denn da es eine elende Lage ist, beständig Pein zu dulden, so ist nichts wünschenswerter, als mit ruhigem Gewissen und gestilltem Herzen vor das Angesicht Gottes treten zu dürfen. Wenn andere sagen: die Sklaven fürchten sich, weil sie sich die Strafe und die Schläge vor Augen stellen, und sie tun ihre Pflicht nur gezwungen, so hat das, wie gesagt, mit der Meinung des Apostels nichts zu tun. Ebenso wenig passt es in den Zusammenhang, wenn man das nächste Satzglied folgendermaßen auslegt: wer sich fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe, weil er sich nicht freiwillig Gott unterwirft, ja sich viel lieber von ihm losmachen würde. Vielmehr erinnert der Apostel daran, dass es die Schuld des Unglaubens ist, wenn man sich fürchtet, das heißt, ein unruhiges Herz hat, während die wirklich erkannte Liebe Gottes die Herzen stillt.

Jean Calvin – 1.Johannesbrief

Die »vollkommene Liebe«, die in uns zum Ziel gekommene Liebe, in der wir »so sind, gleich wie er ist«, »treibt die Furcht aus« (wörtlich: »wirft« sie hinaus), nämlich aus unserem Herzen. Wir leben doch in der völligen Gemeinschaft mit dem Herrn, da sind die Fluchtgedanken weg. Welcher Liebende flieht denn vor der Geliebten? »Die Furcht rechnet mit Strafe«, muss mit Strafe rechnen, wegen des bösen Tuns. Die Furcht kann nur dort sein, wo ich zu Recht mit Strafe rechnen muss. Dann aber liegt Sünde vor. Dann aber sind wir »nicht vollkommen in der Liebe«. Darum konnte Christus seine Neuprägung noch nicht völlig an uns tun. Es gilt zwar: »Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang« (Ps 111,10), aber eben »Anfang«. Es gibt einen Fortgang, ein »Zum-Ziel-Kommen« der Liebe Gottes mit uns – und da ist die Furcht ausgetrieben. Wieder beachten wir, wie selbstverständlich, selbst – (= Christus) bewusst Johannes hier redet. Das ist nur die Konsequenz aus den Sätzen: »Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde« (1Joh 3,9) – wie sollte er sich dann vor Strafe fürchten müssen? »Gottes Kinder bleiben in ihm und können nicht sündigen« (1Joh 3,9) – wie sollte ich da vom Herrn wegfliehen?

Wenn Furcht in uns ist, dann zeigt das Sünde in unserem Leben an. Dann aber sollen wir nicht wegziehen vom Herrn, sondern hinziehen zu ihm, denn er ist doch unser »Fürsprecher«. Wo wir wegfliehen in das Versteck wie Adam (vgl. 1Mose 3,8) nach seiner Sünde, da geht die Gottesgemeinschaft verloren und die Liebe kann in uns nicht zu ihrem Ziel kommen. Christus will die Furcht aus unserem Herzen austreiben und Raum schaffen für die Liebe. Dann hat er auch die Furcht vor dem Tag des Gerichts ausgetrieben, wo wir mit unserer Sünde zu Jesus hinziehen und seine Versöhnung immer neu empfangen.

Edition C

Berechtigte Furcht vor Krankheit und Tod? Nun, wir können darauf vertrauen, dass Jehovah all unsere Schritte in Seiner Hand hat. Es kann nichts passieren, was Seinem Willen widerspricht! Also warum Angst haben, dass irgendetwas geschehen könnte, was Seinem Willen widerspricht!
Wir schauen nicht auf die Krisen um uns herum – sondern schauen auf Gott und Sein Wort!

Christus für uns gestorben, deshalb

Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß er für uns sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen.
Elberfelder 1871 – 1 Joh 3,16

Christus gab sein Leben für uns hin; daran haben wir erkannt, was Liebe ist. Auch wir müssen deshalb unser Leben für unsere Brüder und Schwestern einsetzen.
Gute Nachricht Bibel – 1.Johannes 3,16

Wir haben echte Liebe erst durch Jesus kennengelernt und verstanden. Weil er für uns gestorben ist, müssen wir auch bereit sein, für unsere Glaubensgeschwister alles zu geben.
VolxBibel – 1.Johannes 3:16

Daran (Darin) haben wir die Liebe erkannt, dass jener für uns sein Leben (seine Seele) hingegeben (eingesetzt) hat. Auch müssen (sind verpflichtet) für die Brüder das Leben (die Seele) hinzugeben (einzusetzen).
offene Bibel – 1 Joh 3:16

Wie oft sagen Christen „Jesus starb für mich“ – und deswegen…
Ja, was DESWEGEN? Was sind die Folgen von Jesu Opfertod für uns?

Diese Liebe ist keine gefühlsmäßige, sentimentale Liebe, keine nur mit Worten zum Ausdruck gebrachte Liebe, sondern sie beweist sich praktisch. Wir erkennen tätige Liebe in der Person des Herrn Jesus: hier liegt die göttliche Definition für Liebe vor, nicht in Worten, sondern in der Tat. Selbstaufopferung ist das eigentliche Wesen der Liebe: „… daß er für uns sein Leben dargelegt hat“ (beachten wir „für uns“). Dagegen sehen wir im Bericht über Kain die entgegengesetzte Gesinnung: „… da erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und erschlug ihn“ (1Mo 4,8). Kains Tat löschte Leben aus. Die Tat unseres Herrn Jesus besteht darin, daß Er Sein Leben für uns (uns zugute) dargelegt hat (siehe Joh 10,11.15.17.18;13,37.38;15,13 ). Diese Wendung „scheint in erster Linie nicht das Hinlegen, sondern das Beiseite-Legen von etwas wie der Kleidung bedeuten, indem man sich ihr entledigt“ (Westcott). „Es ist das gleiche Wort wie in Joh 13,4: ‚und legt die Oberkleider ab'“ (Stott). Er hat Sein Leben freiwillig für uns abgelegt: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst“ (Joh 10,18). Aus diesem Grund liebte Ihn Sein Vater. Der Vater fand an der aufopfernden Liebe Seines Sohnes großes Wohlgefallen. Weil daher Seine Liebe in der Hingabe Seines Lebens für uns erkennbar ist, folgt: „wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen“. Darin hat Er uns ein Beispiel hinterlassen, denn wir sind schuldig, so zu wandeln wie Er gewandelt ist (2,6); „… so sind auch wir schuldig, einander zu lieben“ (4,11).

Was die Bibel lehrt

In starkem Kontrast zu einer haßerfüllten Gesinnung steht der wahre Charakter der christlichen Liebe. Sie ist so weit von Mordgedanken entfernt, daß sie ihr Leben eher für andere hingibt, als es einem anderen zu nehmen. Das wird in einzigartiger Weise deutlich an Jesus Christus, der sein Leben für uns gelassen hat. Von diesem Vorbild her sollen die Christen bereit sein, dasselbe für ihre Brüder zu tun.

Walvoord Bibelkommentar

Es geht Johannes nie um einen verschwommenen, gefühlsmäßigen, allgemeinen Liebesbegriff, sondern die biblische, christliche Liebe ist die Agape, die Gottesliebe, mit der Gott uns liebt, und die so zum Ursprung der christlichen Liebe, wie wir Christen lieben, wird. Und diese Gottesliebe haben wir »erkannt«: Wir sehen sie und sind in engste Gemeinschaft mit ihr gekommen in Jesus Christus. »Er hat sein Leben für uns gelassen« (griechisch: »jener«, und damit ist auf Jesus Christus hingewiesen). In ihm ist die Gottesliebe eindeutig, unüberbietbar da und zu erkennen. Wer wissen will, was Liebe, was Agape ist, der schaue Jesus Christus an, sein Kommen, Leben, Leiden und Sterben. »Sein Leben hat er für uns gelassen« (wörtlich: »sein Leben eingesetzt für uns«). Das griechisch Wort für »Leben« ist hier umfassender als nur das natürliche, leibliche Leben. Es bezeichnet »die Seele, die Lebenskraft« – modern gesagt: die ganze Person. Diese Hingabe des Herrn für uns mündet und gipfelt zwar in seinen Opfertod am Kreuz. Aber schon die Menschwerdung des Sohnes war Hingabe; er gab die Herrlichkeit beim Vater her für uns (vgl. Phil 2,5-8).
Sein Leben im Land Israel war ganzer Einsatz für uns, denn Jesus verzichtete auf Elternhaus, Familie, Besitz und Beruf, um gänzlich für die Menschen da zu sein (vgl. Mt 8,20; 12,48f.). Auch das »gab« in dem Wort: »… dass er seinen eingeborenen Sohn gab« (Joh 3,16) ist in so umfassendem Sinn gemeint. Jesus Christus hat alles, was er ist und hat, für uns eingesetzt. Auch sein leibliches Leben hat er für uns gegeben. Wir können nicht den Sühnetod für einen andern Menschen sterben. Das kann Johannes nicht meinen, wenn er schreibt: »… und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen.« Wohl aber geht es auch für uns um den Einsatz unserer ganzen Person und Lebenskraft für den andern, was in manchen Fällen gewiss auch bis zur Hingabe des leiblichen Lebens führen kann. Aber die christliche Liebe hält nichts zurück. Sie gibt sich ganz dem und für den andern. Der Hass nimmt dem Nächsten das Leben, missgönnt ihm das Seine; die christliche Liebe will, dass der andere lebt, gibt ihm das Seine, ja gibt sich selbst.

Gerhardt Maier – Edition C

Die Liebe bewegt sich in der entgegengesetzten Bahn.
1 Joh 3,16a: Daran erkannten wir die Liebe, dass er sein Leben für uns hergab. {Johannes 15,13}
Der Mörder nimmt dem anderen das Leben; Jesus hat sein Leben für uns gegeben. Wir sollen auf Jesus sehen, wie er zum Kreuz gegangen ist; er hat sich des Sterbens nicht geweigert, sondern hat sich Gott dargeboten, damit er durch ihn in seinem Blute die Welt mit sich versöhne. „Da,“ sagt Johannes, „haben wir die Liebe erkannt.“ So sieht die Liebe aus.

Daraus ergibt sich, was unsere Verpflichtung ist:
1 Joh 3,16b: Auch wir sind verpflichtet, für die Brüder das Leben herzugeben.
Johannes lässt für die Liebe kein geringeres Maß gelten; er sieht darin keineswegs eine besondere Groß- und Heldentat, für die wir uns selbst bewundern und bewundern lassen dürften, sondern heißt das einfach unsere Pflicht. Wir sollen füreinander sterben können. Der Apostel hat ja soeben gesagt: „Wir sind aus dem Tod ins Leben hinübergegangen „; da hat das Hingeben des Lebens keine Schrecklichkeit mehr. Zur buchstäblichen Ausführung des Gebots, mit einem einzigen Entschluss und mit einer raschen Tat das Leben für andere zu lassen, kommt es natürlich nur unter besonderen Fügungen. Dennoch gilt unser Wort für jeden Christen. Wer den Vorbehalt macht: Ich will den anderen dienen und für sie leben; nur darf es mein Wohlsein nichtbeinträchtigen, meine Gesundheit nicht gefährden, meine Kraft nicht erschöpfen, mir das Leben nicht kosten, der hat die Liebe nicht; denn er hält am entscheidenden Punkt das eigene Ich fest. Johannes straft jeden solchen Vorbehalt. Erst dann, wenn wir ihm hierin gehorsam sind und fröhlich, ohne Angst um uns selbst, dem Trieb der Liebe folgen, was sich auch für uns daraus ergeben mag, ist unsere Liebe aufrichtig und macht uns frei.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

«Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben» (1 Johannes 3,16). Das ist das Mass unserer Liebe! Sie soll nicht davon abhängen, was unsere Brüder uns gegenüber sind, sondern was sie für den Herrn sind. Sie mögen uns beleidigt, uns unrecht getan haben, aber sie sind seine Brüder, seine Geliebten. «Insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan» (Mt 25,40). Die Menschen können in gewissen Umständen, in ihrem eigenen Interesse Unterstützung leisten, um Schwierigkeiten zu vermeiden, aber das ist noch nicht die Liebe, die gütig ist und sich selbst vergisst, um an andere als an ihre Interessen zu denken. Die Liebe ist wie ein Kleid, in dem wir uns der Welt zeigen sollen, mit dieser Milde, die allen Menschen kundwerden soll. Dieses Kleid wird uns als Jünger des Herrn erkenntlich machen. «Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt» (Joh 13,35). Sie ist das sichere Zeichen unserer Herkunft. Welch ein Anstoss für die Welt, wenn wir Kinder Gottes zu sein bekennen, aber fleischliche Empfindungen offenbaren statt Liebe!

Halte fest 1971

Daran haben wir erkannt usw. Nun zeigt der Apostel, was wahre Liebe ist. Es ist nicht genug, sie zu loben, wenn man sich nicht an ihre Kraft hält. Die vollkommene Liebe zeigt er am Beispiel Christi, der sein eigenes Leben nicht geschont und dadurch bezeugt hat, wie sehr er uns liebte. Nach diesem Ziel heißt er uns streben. Kurz, darin wird unsere Liebe dargetan, wenn wir die Liebe, die wir zu uns haben, auf die Brüder übertragen, so dass ein jeder sich selbst vergisst und für die andern sorgt. Gewiss ist, dass wir Christus sehr ungleich sind; aber der Apostel empfiehlt uns seine Nachfolge, weil es sich ziemt, dass wir seinen Fußstapfen von ferne nachfolgen, wenn wir ihn auch nicht erreichen. Es ist des Apostels Absicht, den eitlen Ruhm der Heuchler zu erschüttern, die sich rühmen, Glauben an Christus zu haben, obwohl sie keine Bruderliebe haben. Deshalb sagt er mit diesen Worten, dass wir nichts mit Christus gemein haben, wenn in unsern Herzen nicht der Eifer der Liebe lebt. Dennoch hält er uns, wie gesagt, die Liebe Christi nicht so vor, dass er die gleiche von uns forderte. Was hieße das anders, als alle zur Verzweiflung bringen? Aber unser Gemüt soll darauf gestimmt sein, dass wir begehren, unser Leben oder unser Sterben in erster Linie für Gott, sodann auch für die Nächsten zur Verfügung zu stellen. Es ist auch noch ein anderer Unterschied zwischen uns und Christus, so dass unser Tod nicht dieselbe Kraft haben kann. Durch unser Blut wird nämlich nicht der Zorn Gottes gestillt, noch wird durch unsern Tod das Leben erworben, noch wird die verdiente Strafe für andere getragen. Aber der Apostel sieht bei dieser Vergleichung nicht darauf, welches der Zweck und die Wirkung des Todes Christi war; er will nur, dass unser Leben nach seinem Vorbild gestaltet werde.

Jean Calvin

Ist Jesu Leben also ein Vorbild für mich? Oder nehme ich mich viel zu wichtig?
Wie sehe ich „Verteidigung“ und „Rache“?

Gottes Offenbarung in Jesus Christus, Gottes Offenbarung seiner Liebe, kommt aller unserer Liebe zu ihm zuvor. Nicht in uns, sondern in Gott hat die Liebe ihren Ursprung, nicht ein Verhalten des Menschen, sondern ein Verhalten Gottes ist die Liebe. „Darin steht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Vergebung für unsere Sünden“ (1 Joh 4,10). Was Liebe ist, erkennen wir allein in Jesus Christus und zwar in seinem Tode für uns. „Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen hat“ (1 Joh 3,16).108 Auch hier wird keine allgemeine Definition der Liebe gegeben etwa in dem Sinne, daß die Hingabe des Lebens für andere Liebe sei. Nicht dies Allgemeine, sondern das ganz und gar Einmalige der Hingabe109 des Lebens Jesu Christi für uns wird | hier Liebe genannt. Liebe ist unlösbar mit dem Namen Jesu Christi als der Offenbarung Gottes verknüpft. Auf die Frage, was Liebe sei, antwortet das Neue Testament ganz eindeutig, indem es ausschließlich auf Jesus Christus weist. Er ist die einzige Definition der Liebe. Es wäre aber wieder alles mißverstanden, wenn nun doch aus dem Blick auf Jesus Christus und sein Tun und Leiden eine allgemeine Definition der Liebe erhoben werden sollte. Nicht was er tut und leidet, sondern was er tut und leidet, ist Liebe. Liebe ist immer Er selbst. Liebe ist immer Gott selbst. Liebe ist immer Offenbarung Gottes in Jesus Christus.
Gerade die strengste Konzentration aller Gedanken und Sätze über die Liebe auf den Namen Jesu Christi darf nun diesen Namen nicht zu einem abstrakten Begriff degradieren, sondern es muß dieser immer in der konkreten Fülle der geschichtlichen Wirklichkeit eines lebendigen Menschen verstanden werden. So wird also – bei aller Wahrung des vorher Gesagten – erst das konkrete Tun und Leiden dieses Menschen Jesus Christus verständlich machen, was Liebe sei. Der Name Jesus Christus, in dem Gott sich selbst offenbart, legt sich selbst im Leben und Sterben Jesu Christi aus. Schließlich besteht ja auch das Neue Testament nicht in einer endlosen Wiederholung des Namens Jesu Christi, sondern das, was dieser Name umschließt, wird in Ereignissen, Begriffen und Sätzen, die uns verständlich sind, ausgelegt. So ist auch die Wahl des Begriffes „Liebe“ – αγαπη nicht einfach willkürlich, sondern so sehr dieser Begriff durch die neutestamentliche Botschaft eine völlig neue Bestimmung erhält, so steht er doch nicht ohne jede Beziehung zu dem, was wir sprachlich unter „Liebe“ verstehen; freilich liegt es nun doch nicht so, daß der biblische Begriff der Liebe eine bestimmte Gestalt dessen ist, was wir schon vor[her] allgem[ein] darunter verstanden haben, sondern es erweist sich vielmehr angesichts des biblischen Begriffes der Liebe gerade das Umgekehrte, nämlich | daß er und er allein die Grundlage, die Wahrheit und Wirklichkeit der Liebe ist und zwar so daß alles natürliche Denken über die Liebe nur soweit Wahrheit und Wirklichkeit hat, als es an diesem seinem Ursprung, also an der Liebe, die Gott selbst in Jesus Christus ist, teilhat.
Auf die Frage, worin die Liebe besteht, antworten wir also weiter mit der Schrift: in der Versöhnung des Menschen mit Gott in Jesus Christus. Die Entzweiung des Menschen mit Gott, mit dem anderen Menschen, mit der Welt und mit sich selbst ist zu Ende. Der Ursprung ist ihm wiedergeschenkt.
Die Liebe bezeichnet also jene Tat Gottes am Menschen, durch die die Entzweiung, in der der Mensch lebte, überwunden ist. Diese Tat heißt Christus, heißt Versöhnung. So ist Liebe also etwas, was am Menschen geschieht, etwas Passives, etwas, worüber er von sich aus nicht verfügt, weil es schlechthin jenseits seiner Existenz in der Entzweiung liegt, Liebe bedeutet das Erleiden der Umwandlung der gesamten Existenz durch Gott, das Hineingezogenwerden in die Welt, wie sie vor Gott und in Gott allein leben kann. Liebe ist also nicht Wahl des Menschen, sondern Erwählung des Menschen durch Gott.

Dietrich Bonhoeffer Werke – Ethik

ist es Liebe, wenn ich gegen andere kämpfe?

Die Liebe ist langmütig, ist gütig; die Liebe neidet nicht; (O. ist nicht eifersüchtig) die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie gebärdet sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihrige, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, (O. denkt nichts Böses) sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, (O. deckt alles zu) sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht nimmer;
Elberfelder 1871 – 1 Kor 13,4–8a

Die Liebe ist geduldig und gütig.
Die Liebe eifert nicht für den eigenen Standpunkt,
sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf.
Die Liebe nimmt sich keine Freiheiten heraus,
sie sucht nicht den eigenen Vorteil.
Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen
und trägt das Böse nicht nach.
Sie ist nicht schadenfroh,
wenn anderen Unrecht geschieht,
sondern freut sich mit,
wenn jemand das Rechte tut.
Die Liebe gibt nie jemand auf,
in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere;
alles erträgt sie mit großer Geduld.
Niemals wird die Liebe vergehen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Korinther 13,4–8

Die Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht neidisch oder überheblich, stolz oder anstößig. Die Liebe ist nicht selbstsüchtig. Sie lässt sich nicht reizen, und wenn man ihr Böses tut, trägt sie es nicht nach. Sie freut sich niemals über Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich immer an der Wahrheit. Die Liebe erträgt alles, verliert nie den Glauben, bewahrt stets die Hoffnung und bleibt bestehen, was auch geschieht. Die Liebe wird niemals aufhören,
Neues Leben Bibel – 1.Korinther 13:4–8

Liebe ist entspannt, sie mag Menschen, sie ist nett zu Leuten. Neid ist für sie ein Fremdwort, sie sieht nicht von oben auf andere runter, angeben hat sie nicht nötig und sie markiert auch nie den dicken Macker. Liebe will Leute nie fertigmachen, und sie will auch nicht das fetteste Stück vom Kuchen haben. Die Liebe lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen, und sie verzeiht, wenn man link zu ihr war. Sie hat keinen Bock drauf, wenn jemand abgelinkt und ungerecht behandelt wird. Sie feiert, wenn die Wahrheit siegt und alles korrekt zugeht. Die Liebe ist nicht totzukriegen, sie hört nie auf zu vertrauen, sie verliert nie die Hoffnung, sie übersteht jede Krise.
VolxBibel – 1.Kor. 13:4–7

Vor wenigen Tagen behauptete ein Staatsoberhaupt eines großen Landes, dass Soldaten die in ein anderes Land einmarschieren, dies „aus Liebe“ zu tun würden – und zitierte die Worte Jesu, dass jemand seine Liebe beweise, wenn er seine Seele für andere Menschen hergebe. Deshalb schau doch einmal in deine Bibel und schau dir an, wie die Bibel in 1.Korither 13 die Liebe definiert!

Auch Selbstaufopferung kann auf Selbstsucht beruhen (vgl. Mt 6,2), ja sogar das letztmögliche Opfer, die Selbsttötung (vgl. Dan 3,17-18; apokryph: 2. Makk 7,5; Strabo, Geographie 15. 1. 73), ist ohne die Liebe wertlos.
1Kor 13,4
An dieser Stelle wechselt Paulus von der ersten in die dritte Person; statt seiner wird nun die personifizierte Liebe Subjekt. Manche Exegeten sehen in den Versen 4-6 eine Anspielung auf die Früchte des Geistes (Gal 5,22); andere Verstehen sie als eine Beschreibung Christi selbst. Wie die beiden Seiten einer Münze sind beide Möglichkeiten denkbar; beide Deutungen brächten eine Lösung für viele Probleme, mit denen die Korinther zu kämpfen haben. Die Liebe, die Paulus hier (zunächst in negativen, dann in positiven Eigenschaften) beschreibt, bildet den „Weg“. Die Liebe ist langmütig … freundlich … eifert nicht …. treibt nicht Mutwillen und bläht sich nicht auf.
Geduld (makrothymia) ist die Fähigkeit, Unrecht zu erleiden, ohne Vergeltung zu üben. Die korinthische Gemeinde hat viele Glieder, denen Unrecht zugefügt worden ist (z. B. in Prozessen, 1Kor 6,8 ,oder den Armen bei den gemeinsamen Mahlzeiten, 1Kor 11,21-22). Die Antwort der Liebe auf dieses Unrecht besteht in Freundlichkeit und Güte. Auch Neid und Prahlerei, als zwei Pole desselben Problems, scheinen in der Gemeinde im Überfluß vorhanden zu sein (z. B. in den Spaltungen, 1Kor 1,10; 3,3.21; und in bezug auf die Gaben, 1Kor 12,14-25 ). Doch die Korinther besitzen kein Monopol für den Stolz, auch wenn es manchmal den Anscheinhat. Das Verb physioO steht im Neuen Testament insgesamt nur siebenmal, sechsmal davon in diesem Brief (vgl. 1Kor 4,6.18-19; 1Kor 5,2; 1Kor 8,1).
1Kor 13,5
Dann beschreibt Paulus die Liebe viermal in negativer Formulierung: „Sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu.“ Die Ungehörigkeit zeigte sich am Verhalten der korinthischen Frauen im Gottesdienst ( 1Kor 11,2-16 ), beim Abendmahl ( 1Kor 11,17-22 ) und ganz allgemein bei der Ordnung des Gottesdienstes ( 1Kor 14,26-33 ). Die Selbstsucht trat in erster Linie beim Essen von Götzenopferfleisch zutage ( 1Kor 8,9; 10,23-24 ). Menschen, die sich nicht erbittern lassen, führen gewöhnlich keine Prozesse (wie in 1Kor 6,1-11 ). Die Liebe spricht nicht über das ihr zugefügte Unrecht, obwohl es in Korinth dafür mehr als genug Gelegenheit gab (z. B. 1Kor 6,8; 1Kor 7,5; 1Kor 8,11).
1Kor 13,6
Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit (z. B. den Inzest; 1Kor 5,1-2.8), sie freut sich aber an der Wahrheit (1Kor 5,8).
1Kor 13,7
Die Liebe erträgt alles (vgl. 1Kor 8,13), sie glaubt alles (vgl. 1Kor 15,11), sie hofft alles (vgl. 1Kor 9,10.23), sie duldet alles (hypomenei, „bleibt beständig angesichts widriger Umstände“; vgl. 1Kor 9,19-22 ).
1Kor 13,8
Nachdem er so beredt die überragende Bedeutung (V. 1-3) und Vollkommenheit (V. 4-7) der Liebe herausgearbeitet hat, unterstreicht Paulus zusätzlich ihre Dauer (V. 8-13). Die Liebe hört niemals auf; positiv gesagt: sie währt ewig. Das

Walvoord Bibelkommentar

»Die Liebe ist« – dann folgen fünfzehn Verben, Tätigkeitswörter. Es geht also um die Ausprägungen der Liebe, um das Verhalten dessen, der von der Gottesliebe entzündet ist. So wie jetzt beschrieben begegnet er Brüdern und Nächsten. Die geistgewirkte Liebe wird zuerst in ihren Ausprägungen in der täglichen Begegnung mit den Mitmenschen gelebt. Deshalb entfaltet der Apostel hier keine Theorie der Liebe, sondern zählt – sicher mit Blick auf die Nöte in Korinth – konkrete Schritte der Liebe auf. Das Wesen solcher Liebe liegt in ihrem Tun.
»Die Liebe ist langmütig«: der vom Gottesgeist zur Liebe Entzündete begegnet dem andern geduldig (eigentlich: »mit langer Kraft«). Solche Liebe lässt den anderen weder fallen noch links liegen, sondern trägt ihn in werbender Geduld. Liebe orientiert sich nicht an den natürlichen Gesetzen von Sympathie und Antipathie, vielmehr an der Tragkraft des Erbarmens, wie Gott selbst Langmut an uns übt (vgl. Jon 4,2; Röm 2,4; auch 2Kor 6,6; Gal 6,2; Kol 1,11; 2Tim 3,10). Und solche Liebe hat der Herr selbst geübt, gegenüber Petrus und Judas etwa (vgl. Lk 22,21-31ff.). Langmut aber, begleitet von einer Leidensmiene, schreckt ab, denn »die Liebe ist freundlich«. Solche Liebe begegnet dem andern in gewinnender Güte; sie kann ertragen und schweigen, ohne bitter zu werden. Das Vorbild Jesu eröffnet die Tiefe solcher Güte und Freundlichkeit, zum Beispiel die Fußwaschung der Jünger, bei der Jesus wortlos und ohne Vorwurf, Bitterkeit oder Leidensmiene den Rangstreit der Jünger in Langmut und Güte beendet (vgl. Joh 13,1-30).
Nach diesen zwei Grundlinien folgen acht Verneinungen, die zeigen, wie die Liebe nicht ist, was sie nicht tut; den Korinthern wird ihr Tun und Verhalten aufgedeckt. »Die Liebe eifert nicht«: sie ist nicht eifersüchtig und neidet dem anderen nicht das Seine. Aus der bitteren Wurzel der neidenden Eifersucht erwachsen doch Spaltungen und Streitigkeiten, damals in Korinth bis heute (vgl. 1Kor 3,3; auch Röm 13,13; 2Kor 12,20; Gal 5,20; Jak 3,14).
Der Herr lebt das vor, denn er sucht nicht seine Ehre, sondern in allem die Ehre seines Vaters (vgl. Joh 5,41; 8,50ff.; Joh 9,24; 11,4; auch Gal 5,26; Phil 1,11; 2,3.11). Die Liebe »treibt nicht Mutwillen« (wörtlich: »prahlen«), spielt sich nicht auf; dies ist ergänzt durch »sie blähet sich nicht«. Solche Liebe stellt sich nicht in den Vordergrund und »bläst sich nicht auf«, wie das in Korinth der Fall war (vgl. 1Kor 4,6; 8,1). Liebe ist demütig – so hat es der Herr selbst vorgelebt: »von Herzen demütig« (Mt 11,28-30).

Die Liebe ist »nicht unschicklich«; so müsste das »stellt sich nicht ungebärdig« eigentlich wiedergegeben werden. Die geistgewirkte Liebe strahlt einen geistlichen Herzenstakt aus (es steht wohl die »Keuschheit« aus Gal 5,22 dahinter, die stille freundliche Zurückhaltung, die den anderen nicht überfällt und beschämt). Solche Liebe »sucht nicht das Ihre«, wie etwa die Starken in Korinth ihre Freiheit ohne Rücksicht auf den schwachen Bruder leben (vgl. 1Kor 8,7ff.); es ist die göttliche Liebe, die Rettung und Heil der Menschen will, wie der Herr gekommen ist, »zu suchen und selig zu machen, was verloren ist« (Lk 19,10). Eine Liebe ist sie, die sich »nicht erbittern lässt« (wörtlich: die sich nicht »aufreizen lässt« zum Zorn); es ist die Liebe, die der Herr lebte bis zum Kreuz, »welcher nicht wiederschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt« (1Petr 2,23). Dieses Tun der Liebe wird ergänzt durch »sie rechnet das Böse nicht zu«.
Darum kann der Herr am Kreuz bitten: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun« (Lk 23,34), und Stephanus unter dem Steinhagel ruft: »Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht« (Apg 7,59). Besser als alle theoretischen Erklärungen zeigen der Herr und seine Zeugen die Wirklichkeit solcher gelebten Liebe. Denn auch das gilt von Jesus, was von der Liebe gesagt ist: »Sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit.« Der Herr leidet unter dem Unrecht -Tun Israels. Es treibt ihn zu Tränen, wenn er auf dem Ölberg klagt: »Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich dich versammeln wollen … und du hast nicht gewollt« (Mt 23,37). Alle Spielarten menschlicher Schadenfreude, fanatischer Freude über verdiente Strafe oder selbstsichere Freude über verdientes Unglück sind der geistgewirkten Liebe fern. Vielmehr »freuet sie sich aber der Wahrheit«. Es ist die Freude, wenn Wahrheit geschieht, wo ein Mensch sein Leben aufdecken lässt und umkehrt zum Weg des Lebens; die Freude, die im Himmel ist, wenn ein »Sünder Buße tut« (Lk 15,7), wie der Herr es sagt; die Freude, die der gute Hirte hat, wenn er das eine verlorene Schaf gefunden hat oder wenn der verlorene Groschen wiedergefunden wird (vgl. Lk 15,1-10).

Das viermalige »alles« fasst die Verse 4-6 zusammen. Die Liebe »verträgt alles«. Das Griechische lässt zwei Auslegungen zu, nämlich »bedecken« (im Sinne von »schweigen«) und »ertragen« (im Sinne von »aushalten«). Beides klingt zusammen in der Begegnung des Auferstandenen am See Tiberias mit dem versagt habenden Petrus. Er »hält ihn aus«, er verstößt ihn nicht, und er zieht sein Versagen nicht wieder in alle Öffentlichkeit. Der Herr schweigt darüber, aber mit seiner dreimaligen Frage nach des Petrus Liebe setzt er einen Neuanfang (vgl. Joh 21,15-19). Die Schuld und das Versagen des anderen »bedecken« wird immer mit dem Hinweis auf die Vergebung verbunden sein; das Schweigen vor anderen über solche Sünde ist verbunden mit dem Reden gegenüber dem Sünder. Dann hält die Liebe den anderen aus, wenn sie ihn unermüdlich auf den Herrn hinweist, der den Neuanfang schenken will und schenkt.
Das unterstreicht: Die Liebe »glaubet alles«. Damit ist nicht eine oberflächliche Leichtgläubigkeit oder gar der Glaube an »das Gute im Menschen« gemeint, sondern alles erwartender und erbittender Glaube im biblischen Sinn: Ein Gott -Vertrauen, das Gott beim Wort nimmt, seinen Zusagen und Verheißungen glaubt und von dorther für jeden Menschen die Möglichkeit der Rettung erglaubt. Wieder ist es letztlich der Glaube, den der Herr hatte, als er in der dunkelsten Stunde seines Lebens, am Kreuz, betete: »Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände« (Lk 23,46). Solche Liebe »hoffet alles«; sie setzt alle Hoffnung auf Gottes Handeln zur Vollendung im Blick auf sich selbst und die Verheißung der himmlischen Güter, im Blick auf den anderen, den Gott zum ewigen Leben erwecken kann, und im Blick auf diese ganze Welt und Zeit, die Gott in dem neuen Himmel und der neuen Erde vollenden wird. Es ist die Hoffnung, die Jesus vorgelebt hat, als er bei seinem Ringen im Garten Gethsemane bat: »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe« (Lk 22,42). Und schließlich: Die Liebe »duldet alles«. Es ist eine Liebe, die standhält und aushält, die – so wörtlich – »darunter bleibt«. Das ist etwas anderes als das »Vertragen«, denn jetzt ist ein Aktives mitgesetzt, etwa im Sinne von »etwas auf sich nehmen und dadurch übernehmen und verwandeln«. Wieder soll dies das Handeln unseres Herrn verdeutlichen. Er nimmt das Leiden auf sich, übernimmt es als Gottes Heilswille, und so wird es verwandelt in die Kraft der Auferstehung. Das »Dulden« meint hier also nicht nur passives Ertragen, sondern den Segen des Leidens und der Heimsuchung zu gewinnen. Letztlich ist solches Dulden das durchgerungene, freudige Ja zu Gottes Wegen mit uns.
….
Diese Verse sind keine Theorie über die Liebe – Setze den Namen Jesu Christi ein, und du erkennst Wesen und Praxis der Liebe, wie es uns die Bibel bezeugt – Er ist Liebe.
a) Was die Liebe tut
Es sind Verben, Tätigkeitswörter – Geistgewirkte Liebe erschöpft sich nicht im Gefühl, sie handelt – Liebe ist deshalb die Zusammenfassung der Gebote: »Du sollst lieben …«, ist Aufmunterung zum Tun – Liebe handelt langmütig und freundlich – Solche geistgewirkte Liebe hat große Kraft, lange Kraft – Sie wendet sich in unermüdlicher Treue dem Bruder und Nächsten zu – Das ist ihre Grundbewegung: Auf den anderen zu, weg von sich selbst – Alle anderen Ausprägungen geschehen in dieser Zielbewegung der Langmut – So hat es Jesus selbst gelebt – Er lebt ganz auf uns zu, wollte nichts für sich – Beispiel seiner Langmut: Petrus, ja selbst Judas – die Liebe freundlich – Nicht mit Leidensmiene; das würde solche Zuwendung unerträglich machen – Liebe in gewinnende Güte, wie der Herr den Jüngern die Füße wusch – Diese zwei Tat -Weisen bestimmen grundsätzlich die geistgewirkte Liebe: Auf den anderen hin, in Güte und Freundlichkeit.
b) Was die Liebe nicht tut
Von daher ist dem, der zu solcher Liebe erweckt ist, vieles, was sonst jeder tut, nicht möglich – Die Liebe zerstört nicht die Gemeinde in neidender Eifersucht, wie das in Korinth geschah – Sonst regiert doch wieder die alte Art, die natürliche Liebe, der Egoismus, d. h.: »Jeder ist sich selbst der Nächste« – Sonst kommt es zum gewohnten Prahlen, zum Sich -Aufspielen und Sich -selbst -in -den -Vordergrund-Stellen – Wie viel Verderben richtet es in der Gemeinde an, wo solche Eigensucht herrscht! – Liebe ist demütig – Sie begegnet dem andern mit geistlichem Herzenstakt, der ihn nicht überfällt oder bloßstellt – Sie sucht wirklich den anderen und nicht sich selbst – Liebe lässt sich nicht zum Zorn reizen und ist allezeit bereit, zu vergeben, und das Böse, etwa erlittenes Unrecht, zu vergessen, aus dem Gedächtnis zu streichen – Solche Liebe hat das Ziel, dass Menschen die Wahrheit, also den Herrn finden und mit ihm neu anfangen – Jede Freude am Unglück und dem Versagen des anderen ist ihr deshalb fremd.
c) Dass die Liebe alles tut
Im »alles« wird die umfassende Lebensprägung des Jüngers Jesu Christi festgehalten – Solche Liebe erfasst und gestaltet nicht nur Teil-(»Sonntags«-) bereiche des Lebens, sondern durchwirkt alles – Sie verträgt alles im doppelten Sinn: Liebe bedeckt mit Schweigen die Sünde des anderen vor anderen, redet aber deutlich mit dem Sünder – Wie Jesus mit Petrus am See neu beginnt, so weist die Liebe immer wieder auf den Neubeginn hin und wagt ihn mit dem anderen – So erträgt sie den anderen, dass sie ihn nie aufgibt, sondern unermüdlich um ihn ringt, besonders in anhaltender Fürbitte – Sie glaubt deshalb alles; in alles erwartendem und alles erbittendem Glauben an Gottes Handeln, auf den sie alle Hoffnung für sich, den Bruder, ja die ganze Welt setzt – So ist es duldende Liebe, die Gottes Wege annimmt, übernimmt und darin den Segen gewinnt – So lebt es der Herr durch das ganze Geschehen seines Leidens und Sterbens.

Gerhardt Maier – Edition C

Paulus gibt an, woran man es merkt, ob die Liebe unser Verhalten regiert oder ob sie uns fehlt. Sie bändigt und beherrscht den Zorn. Wenn wir sie haben, so können wir vergeben und es tragen, wenn andere uns verletzen. Sie selbst verletzt die anderen nicht, sondern gewährt ihnen freundlich und hilfreich gern, was sie erfreut.

Eifersucht und Liebe sind für den natürlichen Willen nahe beieinander; denn die Liebe verwandelt sich, wenn sie sich von den selbstsüchtigen Trieben nicht befreien kann, leicht in Eifersucht; wir wollen das, was wir lieben, vollständig und allein für uns besitzen und bekämpfen mit Leidenschaft jede Gefahr, die uns im Besitz dessen, was wir lieben, stört. Wo die Eifersucht aufkommt, hat ein eigensüchtiger Wille die Liebe verdrängt; dann kämpfen wir für unseren eigenen Genuss und Besitz und wollen die anderen uns unterwerfen und knechten sie. Auch ein übermütiges Gebaren hängt sich zwar leicht an die Liebe, ist ihr aber in Wahrheit fremd. So suchen wir wieder nur unsere eigene Befriedigung, wir bringen das Wohlgefühl zum Ausdruck, das uns selbst erfüllt, und steigern es dadurch. Ein ähnlicher Vorgang findet statt, wenn unsere Kraft uns stolz oder eitel macht. Dann beugen wir wieder den Blick auf uns selbst zurück und bewundern uns um der Größe dessentwillen, was wir für uns erlangt haben. Wenn aber die Liebe unverletzt bleibt und die selbstischen Triebe überwindet, so wird dies dadurch offenbar, dass wir von aller Hoffart frei werden; denn ihre selbstlose Art verträgt sich nicht damit, dass wir uns selbst bewundern. Sie verwehrt uns auch, Anstand und Sittsamkeit zu verletzen. Weil sie den anderen nicht weh tun, sondern wohltun will, meidet sie mit hellem Blick alles, was der Würde der anderen Eintrag tut. All dies hat darin seinen Grund, dass, wer die Liebe hat, nicht die eigene Befriedigung sucht. Ein Begehren, das uns irgendeinen Besitz oder Genuss für uns selbst begehren lässt , ist noch nicht Liebe. Ihr Ziel ist nicht, dass wir erreichen, was wir für uns wünschen, sondern, dass wir den anderen geben, was ihnen dient.

Kommt uns die Sünde der anderen in den Weg, dann zeigt sich wieder deutlich, ob wir die Liebe haben oder nicht. Erregt das Vergehen der anderen gegen uns in uns den heißen Unwillen, der sich mit Worten und Werken gegen sie kehrt, oder sparen wir das Böse, das sie uns taten, in unserem Gedächtnis auf, damit es, wenn die Gelegenheit kommt, unser Verhalten gegen sie bestimme, so ist das nicht Liebe, auch nicht Liebe Gottes und seines heiligen Rechts. Freilich macht uns die Liebe Gottes die Grenze unverletzlich, die das, was recht ist, vom Unrecht trennt. Am Unrecht kann sich die Liebe nicht freuen, weil sie den Schaden vor Augen hat, den sich der Täter des Unrechts selbst bereitet. Aber sie wird dadurch, dass sie vom Willen Gottes nicht lässt , nie zum Verderber der Menschen. Der natürliche Wille führt uns leicht dazu, dass die Liebe sich mit leerem Schein verbindet. Sie kann auf diesen nicht verzichten, solange sie mit Selbstsucht verwoben ist; solange macht sie blind und verdeckt sich die Wirklichkeit durch Einbildung. Daran geht sie selbst unter. Die echte Liebe hat ihr Merkmal daran, dass sie mit der Wahrheit im Bunde ist; sie freut sich immer, wenn die Wahrheit ans Licht kommt, und sie tut nichts wider sie, sondern alles für sie. Die Liebe will ja wirklich den Menschen helfen und Gemeinschaft mit ihnen gewinnen; das verhindert der Schein; einzig die Wahrheit führt die Liebe zu ihrem Ziel.

Dass unsere Liebe zur Lüge und zum Schein sich flüchtet, hat seinen Grund oft in unserer Weichlichkeit, die nicht leiden mag. Wir fürchten uns vor der Wirklichkeit und wollen nicht sehen, was die anderen sind und tun, weil wir die Sorge haben, daran gehe unsere Liebe unter; so Schweres ertrage sie nicht. Aber diese Weichlichkeit pflanzt uns nicht die Liebe, sondern nur unsere schlechte Eigensucht ein. Die Liebe kann leiden, und sie will es, wenn sie muss. Paulus hat die Zuversicht, dass sie alles aushalten kann und vor keinem Druck des Leidens und vor keiner Gewalt des Schmerzes erliegt. Sie steigt immer wieder über den Schmerz empor und gewährt uns neue Leidensfähigkeit. Denn sie lässt das Vertrauen nicht fallen, sondern glaubt mit einer unerschöpflichen Zuversicht, die keine Grenzen hat. Hätten wir es nur mit den Menschen zu tun, so gäbe es natürlich keine Liebe, die alles zu glauben vermöchte: über jede Schuld hinweg, weil sie für sie die Vergebung hat, und über jede Not hinweg, weil sie für sie die Hilfe kommen sieht. Das vermag die Liebe nur dadurch, dass sie an die allmächtige Gnade Gottes glaubt. Sonst müsste ihr Vertrauen da enden, wo die menschliche Kraft endet, und wenn sie dennoch alles glauben wollte, so wäre ihr Glaube eine Torheit. Nun aber, da sie ihren Glauben auf Gott stellen darf, hat sie recht, wenn sie auch im Verkehr mit den Menschen eine Zuversicht erzeugt, die keine Grenzen hat. Sie lässt den Glauben nicht fahren, weil sie die Hoffnung nicht preisgibt, sondern von der schweren Gegenwart hinweg auf das sieht, was die Gnade Gottes uns in der Zukunft bereiten wird. Sie flüchtet sich aber nicht mit selbstsüchtigem Sinn zur Hoffnung, nur dazu, um sich mit ihr zu erheitern und zu trösten; vielmehr liegt es ihr ernsthaft daran, dass die Hilfe Gottes denen widerfahre, für die sie sorgt und um die sie sich müht. Darum hofft sie nicht nur, sondern sie trägt und duldet; und wie sie unsere Hoffnung von jeder Schranke befreit, so macht sie auch die Geduld vollkommen und erzeugt jene Tragkraft, die sich unter jede Last beugt, ohne dass sie unter ihr zerbricht. Wenn die Leidensscheu uns weichlich macht oder unser Glaube im Blick auf die anderen zerbricht oder unsere Hoffnung für sie versinkt oder die Geduld uns ausgeht, so dass wir die Gemeinschaft mit ihnen fliehen um der Last willen, die sie uns auferlegt, dann ist auch die Liebe geschwunden. Ist sie uns gegeben, so ist sie die Quelle, aus der uns in allen Verhältnissen und für alle Anliegen der Glaube und die Hoffnung und die Geduld zuströmen.

Wir zwar können sie töten und auch dann, wenn Gott sie uns angeboten hat, sie wieder wegwerfen. Aber nur so kann sie vergehen, nie so, dass sie widerlegt würde und am Gang der Dinge scheiterte, nie so, dass wir sie verlieren müssten, obgleich wir sie haben möchten. Sie ist das, was uns bleibt; denn sie hat Gott für sich und steht mit seinem Willen in Übereinstimmung. Mit ihr empfangen wir das, was die Art und das Merkmal des ewigen Lebens ist. Dadurch ist die Liebe über alles erhöht, was wir uns durch unser Denken anzueignen vermögen; denn in unserer Erkenntnis besitzen wir nichts, was unvergänglich wäre. Das sagte Paulus denen, die aus dem Wort Jesu eine Weisheit und aus ihrem Christenstand nur Gedanken zu machen geneigt waren.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Rache?

Rächet nie euch selbst, Geliebte, sondern gebet Raum dem Zorn; denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr“. (5. Mose 32,35)
Elberfelder 1871 – Röm 12,19

Schafft euch nicht selbst Recht, ihr Lieben, sondern überlaßt alles dem Zorngericht Gottes; denn es steht geschrieben*: Mein ist die Rache, ich werde Vergeltung üben, spricht der Herr,
Bruns 2013 – Römer 12,19

Liebe Freunde, denkt daran, daß es nicht eure Sache ist, euch selbst Recht zu verschaffen. Überlaßt dieses Urteil vielmehr Gott -Wörtlich: dem Zorngericht Gottes – , denn er hat gesagt: «Es ist allein meine Sache, das Urteil zu fällen. Ich werde alles vergelten.» – Mose 32,35
Hoffnung für alle – 1996 – Römer 12,19

Liebe Freunde, versucht alles, was ihr tun könnt, um mit den anderen Menschen klarzukommen. Und wenn jemand link zu euch war, dann überlasst es Gott, die Rechnung zu bezahlen. In den alten Büchern steht dazu: „Überlasst mir die Rache, ich werd die Rechnung begleichen“, sagt Gott.
VolxBibel – Röm 12:19

Aber muß ich nicht meine Familie, mein Land verteidigen? Muß ich nicht meine Interessen durchsetzen? Für Ehre und Vaterland? Aber wenigstens für die Ehre Gottes? Und wie ist das mit „Rache“?
Warum will Jehovah nicht das wir unsere Intessen durchsetzen?

Nochmals ermahnt Paulus seine Leser, nicht selbst Rache zu nehmen, wenn sie beleidigt oder mißhandelt wurden, sondern dem Zorn Gottes Raum zu geben, denn Gott hat versprochen, sein Volk zu rächen: Die Rache ist mein; ich will vergelten (5Mo 32,35; vgl. Hebräer 10,30). Davids zweimalige Weigerung, Saul zu töten, als es so aussah, als ob Gott ihn ihm ausgeliefert hatte, ist ein klassisches biblisches Beispiel für dieses Prinzip. Angesichts Gottes Verheißung, daß er selbst Rache nehmen wird, sollte ein Christ seinem Feind zu essen und zu trinken geben, kurz, auf das Böse, das er von ihm erfahren hat, mit christlicher Nächstenliebe antworten. Die Wendung „feurige Kohlen auf seinem Haupt sammeln“ ist, zusammen mit dem ersten Teil von Röm 12,20, ein Zitat aus Sprüche 25,21-22 .Das Bild bezieht sich vielleicht auf ein ägyptisches Ritual, bei dem der Sünder als Symbol für seine Reue eine Pfanne mit brennender Kohle auf dem Kopf tragen mußte. Außerdem beinhaltet die Vergebung immer die Möglichkeit, den Feind zu Scham und Buße zu bewegen. Paulus faßt zusammen: Laß dich nicht vom Bösen überwinden, d. h. gib der Versuchung, dich zu rächen, nicht nach, sondern überwinde das Böse mit Gutem (vgl. Mt 5,44 ,“liebet eure Feinde“). Auch hier ist dasselbe Gebot wieder sowohl positiv als auch negativ formuliert (vgl. Röm 12,9.11.16-20).

Walvoord Bibelkommentar

Für einen Israeliten zur Zeit des Alten Testaments war es angebracht, Böses mit Bösem zu vergelten (Auge um Auge), aber nicht für Christen des Neuen Testaments. Der Christ darf die Eigenschaften Gottes zeigen und das Gute für alle Menschen wünschen. Soweit es von dir abhängt, lebe mit allen Menschen in Frieden. Das ist nicht immer möglich. Du siehst das im Leben des Herrn Jesus. Er ist der Friedefürst. Dennoch kamen durch Ihn Unfriede und Streit in Familien, weil man sich für oder gegen Ihn entscheiden musste. Vielleicht hast du das selbst auch erlebt oder steckst gerade mittendrin. Doch du musst vermeiden, dass dieser Unfriede eine Folge deines verkehrten Verhaltens ist.
Wenn dir unrecht getan wird, brauchst du dich nicht selbst zu rächen und zornig (böse) zu werden. Den Zorn kannst du Gott überlassen. Er wird zu seiner Zeit das Recht siegen lassen. Gott lässt nichts ungestraft. Was du tun darfst, ist das Gegenteil: Du darfst die, die dir unrecht tun, beschämen. Viele sind schon dadurch für den Herrn Jesus gewonnen worden, dass Gläubige ihren Feinden Gutes getan haben, sie gesegnet haben, statt sie zu verfluchen.
Lass dich nicht vom Bösen überwinden. Die Welt um dich her ist davon übervoll. In dir ist noch die Sünde vorhanden. Diese beiden (die Welt um dich her und die Sünde, das Fleisch in dir) kommen bestens miteinander aus. Aber du hast gesehen, dass der Leib der Sünde abgetan ist, damit du nicht mehr der Sünde dienst (Kap. 6,6). So wie Gott das Böse in uns durch das Gute, das Er in dem Herrn Jesus gegeben hat, überwunden hat, kannst auch du nun das Böse mit dem Guten überwinden. Das bedeutet, dass du das Böse, das dir angetan wird, überwindest, wenn es dem Feind nicht gelingt, dich zu einer falschen Reaktion zu veranlassen. Du kannst diese Gelegenheit nutzen, um das Gute – etwas von den Erbarmungen Gottes – zu zeigen. In 2. Könige 6,8–23 findest du im Handeln Elias eine schöne Illustration für ein solches Überwinden.
Lies nun noch einmal Römer 12,14–21. – Prüf einmal, in welchem Maß diese „Regeln“ für das christliche Leben bei dir vorhanden sind.

Ger de Koning – Der Brief an die Römer Eine Erklärung des Briefes von Paulus speziell für dich

Diese Haltung kann natürlich nur jemand einnehmen, der Gott vertraut und dessen Leben nicht von Ichsucht geprägt ist. Ein Egoist kann sich nicht verschenken oder zurücknehmen. Machen wir uns klar: Wer Streit beginnt, tut das nicht aus Liebe und nicht aus Gehorsam gegen Gottes Wort, sondern aus niederen Motiven! Wer sich trotz des biblischen Streitverbots zum Richter seines Ehepartners aufspielt, richtet das Gesetz Gottes (Jakobus 4,11). Wer Streit für eine Option hält, die richtig sein kann, obwohl Gott gegen Streit ist, der wirft dem Schöpfer selbst Unwissenheit vor und setzt sich auf Gottes Thron (vgl. Jakobus 4,12). Nicht wir bestrafen unseren Ehepartner, sondern wir lassen Gott Rächer sein (Römer 12,19-20).
Unser Gott ist kein Papiertiger! Wir haben einen Gott, der sein Volk richtet (Hebräer 10,30), weil er nicht will, dass wir Schlimmeres erleiden (1Korinther 11,32) und weil wir „geliebte Söhne“ sind (Hebräer 12,6). Gott ist nicht ungerecht. Er lässt sein Gericht beim „Haus Gottes“, das sind wir, anfangen (1Petrus 4,17) und ist gegen alle, „die Böses tun“ (1Petrus 3,12).

K. Fischer – Crashkurs Leidenschaft

Dort ist der tägliche Kleinkrieg aus, die Friedlosigkeit überwunden, wo ein Mensch sich nicht mehr selbst verteidigt, sondern sein Recht ganz Gott anheimstellt, wie Jesus selbst es getan hat (vgl. 1Petr 1,23). Sich selbst zu rächen, sich selbst Recht zu verschaffen, das ist unsere spontane Regung. Dem widerspricht aber schon Jesus (vgl. Mt 5,39) und das ganze AT. Paulus verweist auf 5Mose 32,35, wo Gott ausdrücklich sich selbst die Rache vorbehält. Wir brauchen unser Recht nicht selbst zu schaffen, wir sind Gottes Geliebte, und er hat uns Recht geschaffen und wird uns Recht schaffen (vgl. 3Mose 19,18; 2Thess 1,6-9; Hebr 10,30; Offb 18,6ff.). Gottes Zorn Raum geben, das ist christliches Verhalten, denn der Zorn Gottes wendet sich gegen jede Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit der Menschen (vgl. Röm 1,18).

Gerhard Maier – Edition C

Mit besonderem Nachdruck verweilt der Apostel bei den ungerechten, gehässigen Eingriffen anderer in unser Leben. Da offenbart sich im Verzicht auf Rache und Gerichte die königliche Freiheit und Vollkommenheit der Liebe, ihre Unabhängigkeit vom Verhalten der anderen, ihre Zuversicht, dass sie auch den Feind mit feuriger Kraft erfassen und mit dem Guten das Böse besiegen wird. Das Recht fällt deshalb nicht dahin, auch wenn wir auf Vergeltung und Strafe verzichten. Gottes Zorn hält über ihm Wache und nimmt die Vergeltung in seine Hand. Statt dass wir seinem Zorn durch eigene Rache den Raum wegnehmen, sollen wir dem göttlichen Zorn den Raum freigeben, damit er das Gericht vollstrecke; doch nicht so, dass wir müßig auf Gottes Rechtsvollzug warten, sondern so, dass wir mit Freude jede Gelegenheit benützen, unseren Widersachern wohlzutun, in der Gewissheit, dass die echte Liebe eine Macht besitzt, gegen die sich die Bosheit nicht leicht verhärten wird. Darum vergleicht sie Paulus mit der Wirkung einer glühenden Kohle. Die göttliche Art der Liebe wird darin sichtbar, dass sie bei ihrem heilsamen, gütigen Werk verbleibt und gewiss ist, dass sie mit ihm auch über die Bosheit den Sieg gewinnt.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Rächet euch selber nicht. Die Sünde, welche der Apostel jetzt angreift, ist schwerer als die kurz zuvor behandelte (V. 17), wie wir schon gesagt haben. Doch entspringen beide aus der gleichen Quelle, nämlich aus übertriebener Selbstliebe und dem uns angeborenen Stolz. Diese Fehler machen uns höchst nachsichtig gegen die eignen Sünden und äußerst unduldsam gegen die Sünden der andern. Da nun vermöge dieser Grundkrankheit jedem Menschen eine brennende Lust eingeboren ist, sich selbst zu rächen, so gibt der Apostel die Vorschrift, dass wir auch bei der allerschwersten Beleidigung durchaus an keine Rache denken, sondern diese dem Herrn überlassen sollen. Und weil Menschen, die einmal solche ohnmächtige Wut erfasst, sich nicht leicht einen Zügel anlegen, so legt ihnen Paulus gewissermaßen mit sanfter Anrede die Hand auf die Schulter, hält sie zurück und spricht: meine Liebsten. Bis dahin reicht die Vorschrift, dass wir uns nicht rächen, ja nicht einmal an Rache denken sollen. Nun folgt der Grund dafür: sondern gebet Raum dem Zorn, nämlich Gottes. D. h. belasst dem Herrn die Möglichkeit, zu richten; ihr nehmt sie ihm vorweg, wenn ihr selbst zur Rache greift. Ist es ein Frevel, an Gottes Statt stehen zu wollen, so ist es auch unerlaubt, Rache zu nehmen. Denn damit fallen wir Gott in das Richteramt, welches er sich vorbehalten hat. Dabei lässt der Apostel auch leise den Gedanken anklingen, dass Gott einerseits denen schon Genugtuung verschaffen wird, die geduldig auf seine Hilfe harren, dass er aber denen zu helfen keinen Raum mehr hat, welche selbst zufahren. Übrigens sei noch einmal erinnert, dass der Apostel nicht bloß unsere Hand zurückhalten, sondern auch die Lust des Herzens stillen will, sich selbst zu rächen. Es ist also auch gänzlich überflüssig, hier zwischen einer öffentlichen und einer privaten Strafe zu unterscheiden. Denn wer etwa mit böswilligem Sinne und in der Absicht, auf diese Weise eine Rache zu üben, die Hilfe der Obrigkeit anruft, handelt nicht minder verwerflich, als wenn er selbst aus Rachsucht Ränke schmieden würde. Ja selbst Gott dürfen wir nicht in jedem Falle um Rache angehen: denn käme etwa ein solches Gebet aus persönlichem Hass und nicht aus dem unverfälschtem Eifer des Heiligen Geistes, so würde es ja den Herrn weniger zum Gericht aufrufen, als vielmehr zum Diener unserer bösen Begierden machen wollen. Nur dann geben wir in rechter Weise dem Zorn Gottes Raum, wenn wir mit ruhigem Gemüte die Zeit abwarten, bis uns geholfen wird, und inzwischen bloß den einen Wunsch hegen, dass die, welche uns jetzt lästig sind, umkehren und unsere Freunde werden möchten.
Denn es steht geschrieben: „Die Rache ist mein“ usw. Dieser Beweisspruch stammt aus dem Liede Mose (5. Mose 32, 35), wo Gott verkündigt, dass er als Rächer an seinen Feinden auftreten werde. Gottes Feinde aber sind, die seine Knechte ohne Ursache angreifen. Seinen Freunden gilt (Sach. 2, 8; 5. Mose 32, 10): „Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an.“ Mit diesem Troste dürfen wir zufrieden sein, denn die uns eine unverdiente Last auflegen, werden nicht ungestraft bleiben. Wir brauchen auch nicht zu fürchten, dass wir die Böswilligen etwa nur in größere Schuld und in größere Gelegenheit bringen, Böses zu tun, wenn wir geduldig nachgeben. Wir werden nur Gott, unserm einigen Helfer und Erlöser, Raum schaffen, uns zu helfen. Im Übrigen haben wir schon gesagt, dass wir auf unsere Feinde auch nicht die Rache Gottes herabbeten dürfen. Aber wenn sie in ihrem verkehrten Wesen fortfahren, so wird sie das gleiche Schicksal treffen wie alle Verächter Gottes. Und nicht deshalb bringt Paulus diesen Spruch bei, um uns zu erhitzen und zu zornigen Gebeten zu ermutigen, sondern lediglich, um uns getrost zu machen wider der Gottlosen Wut. Wir sollen nicht fürchten, dass unsere Geduld die Feinde nur zu schärferem Auftreten ermutigen werde: denn nicht vergeblich steht Gott als unser Rächer da.

Calvin – Römerbrief

Offensichtlich entnahm Paulus die Worte dieses Verses aus 5.Mo. 32,35, um seine Argumentation an dieser Stelle zu bestätigen. Die Aussage des Apostels ist gleichbedeutend mit der Bekräftigung eines Rechtes Gottes, das Er keinesfalls abtreten will, wenngleich Er den Menschen auch als Werkzeug zur Ausführung dieses Rechts benutzen kann. Ein Mensch kann sich jedoch niemals als Rächer Gottes ausgeben. In den Händen Gottes ist Vergeltung eine sichere Sache; in den Händen von Menschen ist sie jedoch höchst unsicher. Vergeltung ist hier die Rückerstattung, die vom Übeltäter eingefordert wird, und das ist allein Gottes Sache. Dabei müssen wir stets bedenken: »Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!« (Hebräer 10,31).
    Vier Worte in diesem Vers müssen wir uns näher ansehen: »rächen«, »Zorn«, »Rache« und »vergelten«. Betrachten wird den Befehl in V. 19 im Zusammenhang mit den Ermahnungen aus V. 17 (»Vergeltet niemand Böses mit Bösem«) und V. 18 (»Wenn möglich, so viel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden«), dann ist er klar verständlich: Christen dürfen in keiner Form Vergeltung üben. Die hier festgesetzten Grenzen sind von Gott bestimmt, und sie sind eine Sicherheitsmaßnahme für die Seinen.
    Der erste Satz »Rächt euch nicht selbst« trifft eine klare Aussage zum Verhalten des Christen. Die Rolle des Rächers steht allein Gott zu. In einer Situation »für Recht zu sorgen«, ist das Vorrecht Gottes. Ein Christ soll keine Zeit mit dem Schmieden von Racheplänen verbringen, insbesondere weil er keinerlei biblische Richtlinien hat, an die er sich dabei halten könnte. Der zweite Satz »Gebt Raum dem Zorn« wirft die Frage auf, wessen Zorn hier gemeint ist. Der Zorn Gottes? Alle Ansichten dazu wurden mit langatmigen Argumentationen belegt, doch die anerkannteste Auffassung besagt, daß es hier um den Zorn Gottes geht. So gibt man dem Einen Raum, der bisweilen zwar in Strenge, aber auch stets in Gerechtigkeit handelt.
    Die beiden verbleibenden Wörter »Rache« und »vergelten« gehören zum Zitat aus dem AT. Der Verweis auf 5.Mo. 32,35 bestätigt die Gerechtigkeit Gottes. Wenngleich Er streng sein wird, wenn nötig, ist Er nicht rachsüchtig. Wenn zu Moses Zeit jemand das Gesetz verachtete, starb er ohne Barmherzigkeit. Das Eingreifen Gottes zeigte in diesen Fällen nicht, daß Er ungerecht sei, sondern betonte vielmehr, daß Er es mit Seinen Maßstäben nicht locker nahm. Gott muß in Übereinstimmung mit Seiner Gerechtigkeit handeln, und Sein Handeln wird immer berechtigt sein.
    Wir sollten den Unterschied zwischen Rache und Zorn beachten. Zorn findet innerhalb einer Person statt und ist ein Gefühl, das entweder unberechtigterweise aufkommt, oder wenn ein Unrecht zugefügt wurde oder jemand meint, ihm sei Unrecht zugefügt worden. Dieser Zorn ist ein fester Zustand der Gesinnung; es bricht nicht schnell in einen Großbrand aus, sondern kann zwar langsam aufkommen, hat aber dauerhafte Auswirkungen.
    Rache ist die Ausübung von Zorn, was möglicherweise in Form eines Vergeltungsakts geschieht. Der ganze Bereich von Zorn und Rache steckt für den Christen derart voller Gefahren, daß es höchst wichtig ist, diese Sache Gott zu überlassen. Er hat das Vorrecht, Rache zu üben, wenn sie Seinem Urteil nach erforderlich ist. Bei anderen kommt es höchst selten vor, daß Heimzahlung durch Rache zu Befriedigung führt. Doch wenn man Heimzahlung erstrebt, indem man Gott in die Situation einbezieht und Ihm die Vergeltung überläßt, wird letzten Endes keine Klage nötig sein.
    Das Wort der Ermahnung von Paulus, unterstützt durch die Aussage aus dem mosaischen Gesetz, ist ein höchst wichtiger Rat für Christen. Es ist weit besser, das Unrecht, das jemand uns antut, hinzunehmen und in Freundlichkeit Böses mit Gutem zu vergelten. Damit »wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Ablenkungen

Und David fürchtete sich vor Jehova an selbigem Tage und sprach: Wie soll die Lade Jehovas zu mir kommen? Und David wollte die Lade Jehovas nicht zu sich einkehren lassen in die Stadt Davids; und David ließ sie beiseite bringen in das Haus Obed-Edoms, des Gathiters.
Und die Lade Jehovas blieb in dem Hause Obed-Edoms, des Gathiters, drei Monate. Und Jehova segnete Obed-Edom und sein ganzes Haus.
Elberfelder 1871 – 2.Sam 6,9–11

Die Bundeslade Jehovas blieb drei Monate im Haus von Ọbed-Ẹdom, dem Gathịter, und in dieser Zeit segnete Jehova ihn und seine ganze Hausgemeinschaft.
neue Welt Übersetzung – 2018 – 2.Samuel 6,11

Und David fürchtete jenes Tages Jehovah und sprach: Wie soll die Lade Jehovahs zu mir kommen? 1Chr 13,12.
Und David war nicht willens, daß die Lade Jehovahs zu ihm in die Stadt Davids einkehrte, und David ließ sie abseits nehmen in das Haus Obed-Edoms, des Gathiters. 2Sam 5,9; Jos 21,24.25; 1Chr 13,13; 15,18.24.
Und die Lade Jehovahs blieb (saß) drei Monate im Hause des Gathiters Obed-Edom, und Jehovah segnete den Obed-Edom und sein ganzes Haus. 1Chr 27,4f.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 2.Samuel 6:9–11

Machmal werden unsere Gedanken von dem wirklich wichtigen abgelenkt – da sind Krankheiten und Seuchen, da sind Kriege und Sorgen … und schon drehen sich unsere Gedanken nicht mehr um den Schöpfer, sondern um Problembeseitigung oder Problemumgehung!
Doch so wie David in dem obrigen Kontext, davon abgelenkt wurde, die Lade Gottes in das neue Zuhause zu bringen. Anstatt also zu schauen, was Gottes Wille war, war David abgelenkt.
So geht es uns wohl auch des öfteren – wir lassen uns ablenken – und in der Folge entgehen uns Gottes Segen! Also schauen wir auch Jehovah, anstatt auf Sorgen und Kriege, Krankheiten und Seuchen!

Aber eines fehlte: Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, dass David in dieser Angelegenheit die Meinung des Herrn erfragt hätte. Die Bundeslade nach Jerusalem zu bringen, schien eine weise Idee zu sein, und alle waren begeistert davon, aber der König folgte nicht seinem üblichen Muster, den Herrn um seine Anweisungen zu bitten. Schließlich kann das, was dem König und dem Volk gefällt, Gott nicht gefallen, und was Gott nicht gefällt, wird nicht seinen Segen haben. Davids erster Versuch scheiterte kläglich, weil die Leviten die Lade nicht auf ihren Schultern trugen. Gott hatte durch Mose genaue Anweisungen gegeben, wie die Stiftshütte auf- und abgebaut und transportiert werden sollte (Num. 4), und die wichtigsten Möbelstücke sollten auf den Schultern der Leviten getragen werden, die von Kahat abstammten (V. 4:9-20). Als sie einen neuen, von Ochsen gezogenen Wagen benutzten, folgten sie dem Vorbild der heidnischen Philister (1 Sam. 6), nicht dem Vorbild, das Mose am Berg Sinai gegeben wurde.

Die Lektion hier ist offensichtlich: Gottes Werk muss auf Gottes Art und Weise getan werden, wenn es Gottes Segen haben soll. Die Tatsache, dass alle Führer Israels zustimmten, den Wagen zu benutzen, machte es nicht richtig. Als es so aussah, als würde die Lade vom Wagen fallen, griff Usa anmaßend nach ihr, um sie zu stützen, und wurde dabei getötet. Aber Gott hatte im Gesetz des Mose davor gewarnt, und jeder Israelit wusste das sicherlich (Num. 1:51; 4:15, 20). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Abinadab ein Levit war oder dass seine Söhne Usa und Ahio überhaupt qualifiziert waren, in der Nähe der Lade zu sein, geschweige denn sie zu berühren. David ließ die Lade schnell in das Haus von Obed-Edom bringen, der ein Levit war (1 Chron. 15:18, 21, 24; 16:5; 26:4-8, 15), und dort blieb sie drei Monate lang.

Zu Beginn neuer Epochen in der biblischen Geschichte zeigte Gott manchmal seine Macht im Gericht, um die Menschen daran zu erinnern, dass sich eine Sache nicht geändert hat: Gottes Volk muss Gottes Wort gehorchen. Nachdem die Stiftshütte errichtet und das Priesteramt eingeführt worden war, wurden Aarons Söhne Nadab und Abihu erschlagen, weil sie vorsätzlich versucht hatten, das Heiligtum zu betreten (Lev. 10). Als Israel das Land Kanaan betrat und mit der Eroberung des Landes begann, ließ Gott Achan hinrichten, weil er das Gesetz missachtet und Beute aus Jericho gemacht hatte (Jos. 6-7). In der Anfangszeit der neutestamentlichen Kirche wurden Ananias und Sapphira getötet, weil sie Gott und sein Volk belogen hatten (Apostelgeschichte 5). Hier, zu Beginn von Davids Herrschaft in Jerusalem, erinnerte Gott sein Volk daran, dass sie nicht die anderen Nationen nachahmen sollten, wenn sie ihm dienten, denn alles, was sie wissen mussten, stand in seinem Wort.

Die heutige Kirche muss diese Mahnung beherzigen und zum Wort Gottes zurückkehren, um den Willen Gottes zu verstehen. Keine noch so große Einigkeit oder Begeisterung kann Ungehorsam kompensieren. Wenn Gottes Werk auf menschliche Weise getan wird und wir die Welt nachahmen, anstatt dem Wort Gottes zu gehorchen, können wir niemals den Segen Gottes erwarten. Die Menge mag gutheißen, was wir tun, aber wie steht es mit der Anerkennung Gottes? Der Weg der Welt ist letztlich der Weg des Todes.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Damit dies nicht nur von den Beteiligten dieses Erlebens gelernt würde, sondern darüber hinaus ein Lehrstück für alle Generationen, die diese Geschichte hören und lesen, sein sollte, wird vom Erzähler der Stadt Davids das Haus Obed-Edoms gegenübergestellt. Der Gesalbte Jahwes, der mit der Eroberung Jerusalems als Stadt Davids inzwischen – bis auf den Tempel – alle Insignien der Macht erhalten hatte, war nicht willig, die Lade Jahwes zu sich einkehren zu lassen. Es sieht so aus, als habe er lieber die Lade als Zeichen der göttlichen Gegenwart in seiner Residenz vermissen wollen, als das Eroberte zu gefährden. Umso erstaunlicher nimmt sich dagegen die neue »Heimat« der Lade an: das Haus Obed-Edoms, des Gatiters. Noch aus der Zeit, als David im Exil in der philistäischen Stadt Gat lebte, hatte er in seinem militärischen Umfeld Männer, die ihm gefolgt wareng. Ob Obed-Edom zu diesen gehörte, muss ins Reich der Spekulation verwiesen werden. Dass er aber mit dem aus levitischem Geschlecht stammenden Obed-Edom, der sich bei der Auflistung des Tempelpersonals an verschiedenen Stellen findet (1Chr 15,18; vgl. weiter 1Chr 15,18.24; 26,4–8), gleichzusetzen ist, ist völlig unwahrscheinlich. Der Name weist auf eine nichtisraelitische Herkunft des Mannes hin. Er bedeutet »Knecht Edoms«, wobei hier nicht an den Stamm Edom gedacht ist, sondern an eine lokale Gottheit. Dass sein Haus als Aufbewahrungsort der Lade durch David ausgewählt wurde, ist wohl damit begründet, dass es in der Nähe des Unfallortes lag. Dementsprechend kann auch nicht auf die geistige Haltung seines Besitzers zurückgeschlossen werden. Er wird »die Lade kaum aus freiem Willen aufgenommen haben«. Umso besser war dann, dass die Lade, die gerade noch als zerstörend und Leben vernichtend erfahren worden war, nun völlig anders erschien. Obed-Edom und sein ganzes Haus erfuhren als ihr »Gastgeber« den Segen Jahwes. Ohne Rücksicht auf Herkunft und persönliche religiöse Einstellung wurde hier nun erlebt, was David mit seiner Aktion für sich persönlich erwartet hatte. Die Souveränität Jahwes tritt damit sichtbar in Erscheinung. Es erweist sich in diesem Augenblick, dass sein Handeln nicht in den von Menschen vorgedachten und als vernünftig erscheinenden Bahnen laufen muss. Wie dieser Segen aussah, den Obed-Edom in diesen drei Monaten erfuhr, berichtet der Text nicht. Aber dass der König David über die Entwicklung der Ereignisse in Kenntnis gesetzt wurde und wie seine Reaktion darauf aussah, ist dem Erzähler wichtig. Um den göttlichen Segen ging es ja dem König. Deshalb konnte er es auch nicht bei dem gescheiterten Versuch der Überführung der Lade bewenden lassen. Auch über die Art und Weise, wie David diese Erfahrung für sich einschätzte, wird nichts überliefert. Nur dass der König, der sich nach einem Zornausbruch zunächst gefürchtet hatte, jetzt mit Freuden die Lade Gottes in die Stadt Davids holte, erscheint dem Erzähler wichtig.

Wuppertaler Studienbibel

Also laßt uns, anstatt ausgiebig über Sorgen und Krankheiten zu sprechen, unser Herz und unsere Gedanken um die Bibel und um den Schöpfer drehen!

„Du sollst nicht morden“??

Als Totalverweigerer zu DDR-Zeiten, schaue ich natürlich mit einem anderen Blick auf die aktuelle Lage im Osten Europas.
Was ist mit den Christen in diesen Ländern? Wie verhalten sich die Christen???
Interessante Artikel dazu heute in der taz – und vor ein paar Tagen in der Tagesschau

In der Ukraine sind alle Männer zwischen 18 und 27 wehrpflichtig, das Recht zu verweigern haben sie nicht. Doch Witali ist bei den Siebenten-Tags-Adventisten – eine von zehn kleinen religiösen Organisationen im Land, deren Angehörige einen Ersatzdienst machen können. Für Katholiken oder orthodoxe Christen gilt das nicht.

Tagesschau

Selbst ein gerechter Krieg ist immer noch ein Krieg. Und Soldaten sind Mörder. Immer. Auch im Verteidigungsfall. Denn es gibt immer auch einen anderen Weg. Weggehen zum Beispiel. Nein sagen. Desertieren.
Das ist alles andere als verantwortungslos. Jeder, der sich dem Töten verweigert, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht noch mehr Leid zugelassen hat. So wie sich jeder Soldat fragen lassen muss, ob er mit seinem Tun tatsächlich Gewalt verhindert hat. Auf dieses moralische Dilemma kann es keine allgemeingültige Antwort geben.

Und deshalb ist Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht. Keins, das in der 1948 verabschiedeten UN-Charta verankert wurde. So weit wollten die beteiligten Staaten selbst unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gehen. Die größte Sorge eines auf militärische Macht setzenden Regierenden lautet: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Ein Deserteur allein wird die Welt nicht ändern. Aber Tausende? Millionen? Darin liegt die kleine, utopische Chance des Pazifismus – auch wenn er aktuell Lichtjahre davon entfernt scheint, ein Comeback zu feiern.

Denn kein Staat, nicht einmal der theoretisch perfekte, sollte Menschen zwingen dürfen, ihr Leben für ihn aufs Spiel zu setzen. Und erst recht nicht, für ihn zu töten.

taz