Noch einmal und ich werde den Himmel und die Erde erschüttern

Denn so spricht Jehova der Heerscharen: Noch einmal, eine kleine Weile ist es, da werde ich den Himmel erschüttern und die Erde und das Meer und das Trockene.
Elberfelder 1871 – Haggai 2,6

Denn, so hat ER der Umscharte gesprochen,
noch auf eins, es ist um ein weniges nur,
erschüttre ich
den Himmel und die Erde
und das Meer und das Trockne,
erschüttre alle Weltstämme ich,
daß sie kommen,
aller Weltstämme Köstlichkeit,
mit Ehrenschein fülle ich dies Haus,
hat ER der Umscharte gesprochen.
Buber & Rosenzweig – Haggai 2:6–7

Denn so spricht der Herr der Heerscharen: Nur eine kleine Weile noch, und ich erschüttere den Himmel und die Erde, das Meer und das Land, und ich erschüttere alle Völker, und dann werden die Kostbarkeiten aller Völker kommen, und ich werde dieses Haus mit Pracht erfüllen, spricht der Herr der Heerscharen. (a) Ps 72:10; Jes 60:5
Zürcher 1931 – Haggai 2,6–7

Die erste Botschaft Haggais hatte Tadel gebracht. Die zweite, weniger als einen Monat später, nachdem die Führer und das Volk gehorcht hatten, bringt ihnen Ermutigungen und Ermunterungen: „seid stark… und arbeitet“ – legt ihnen Jehova nahe -, es geht um meine Ehre. Eure Arbeit geschieht im Hinblick auf eine Person: „das Ersehnte aller Nationen“, Christus, der in Herrlichkeit erscheinen wird (Vers 7).
Aber wo ist diese Kraft zu finden? „Ich bin mit euch“, ist die kostbare Antwort, ich, der allmächtige Gott, Jehova der Heerscharen. Und das, was ich euch gebe, genügt: „das Wort… und mein Geist bestehen in eurer Mitte: Fürchtet euch nicht!“ (Verse 4,5). Gesegnete Hilfsquellen! Sie sind auch für uns da, die wir, wie Haggai, in einer Zeit des Verfalls leben. In seiner dritten Botschaft erinnert der Prophet an die praktische Heiligkeit, ohne die keine Arbeit von Gott anerkannt werden kann. Und die doppelte Frage, die den Priestern gestellt wird, bestätigt den allgemeinen Grundsatz, dass unsere Berührungen mit einer beschmutzten Welt diese nie reinigen werden. Ganz im Gegenteil, wir werden auf die Dauer unweigerlich von einer schlechten Umgebung angesteckt werden (1 Korinther 15,33).
„Ich bin bei euch alle Tage“, hat der Herr Jesus versprochen (Matthäus 28,20). Aber lasst uns auch unserseits immer bei Ihm bleiben.

Jean Koechlin -Ährenlese im Alten Testament Haggai

Die Worte “ nur noch eine kleine Weile “ deuten nicht eine zeitliche Unmittelbarkeit an, sondern unterstreichen den drohenden, immer zu vergegenwärtigenden Charakter des Handelns Gottes im Sinne eines „Es-kann-jeden-Augenblick-geschehen“. Das noch in der Zukunft liegende Gericht Gottes ( ich werde Himmel und Erde, das Meer und das Trockene erschüttern ) wird in Gestalt eines Erdbebens als Symbol des übernatürlichen Eingreifens Gottes dargestellt (vgl. Jes 2,12-21; 13,13; Hes 38,20; Am 8,8; Hag 2,21-22 ). Wenn Jesus Christus auf die Erde zurückkehren wird, „werden Himmel und Erde erbeben“ ( Joe 4,16; Mt 24,29-30 ). Nicht nur die Ordnung der Natur wird in ihren Grundfesten wanken, auch die Menschen werden zittern ( alle Heiden will ich erschüttern ; V. 7 ). Das „Erschüttern“ der Heiden bezieht sich eventuell auf das Sammeln der Völker zur Schlacht von Harmagedon ( Sach 14,1-4 ).
Der Verfasser des Hebräerbriefes zitiert Hag 2,6 ( Hebr 12,26 ) und fügt hinzu, daß das Königreich Gottes, das „unerschütterlich“ ( Hebr 12,28 ) ist, alle Strafgerichte Gottes überstehen wird. In Haggais Zeit nahm man an, daß Gottes Gericht unmittelbar bevorstehe. Die Propheten des Alten Testaments sahen die weite Zeitspanne zwischen dem ersten und zweiten Kommen Jesu Christi nicht (vgl. Jes 61,1-2; Lk 4,18-21 ).

Walvoord Bibelkommentar

Der gottesfürchtige Christ wird aufgefordert, die Mühe, die durch die augenblickliche Arbeit verursacht wird, und die vor ihm liegende Herrlichkeit gegeneinander abzuwägen (2 Korinther 4,17). Christus, „das Ersehnte aller Nationen wird kommen“ (Hag 2,7) (- Andere übersetzen hier: „Die Kostbarkeiten aller Nationen werden kommen.“ Beide Übersetzungen sind möglich, denn es werden im Textzusammenhang sowohl materielle Dinge als auch eine Person erwähnt. Aber ist Christus nicht eine Kostbarkeit, in welcher alle gesegnet werden? Andererseits steht das Verb im Urtext im Plural. Könnte man hier nicht ein verstecktes Bild der Dreieinigkeit sehen? -), und seine Gegenwart wird das Haus mit einer noch größeren Herrlichkeit erfüllen. Das Haus ist an sich nicht herrlich (Ps 26,8); es ist die Gegenwart Gottes, welche die Herrlichkeit des Hauses ausmacht. Diese Prophezeiung hat sich schon teilweise erfüllt, als die wahre Wolke der Herrlichkeit – Christus – in den Tempel kam, wie es in den Evangelien berichtet wird. Aber sie wird bei seinem zweiten Kommen ihre vollständige Erfüllung finden. „Noch einmal, eine kurze Zeit ist es“ (Hag 2,6). Alle Zeitalter der Menschheit sind im göttlichen Zeitplan in dieser kurzen Zeit eingeschlossen. Für Gott sind „tausend Jahre wie ein Tag“ (2 Petrus 3,8).

Philippe Laügt – Das Buch Haggai

Nachdem Gott ihnen die Ermutigung der Vergangenheit gegeben hatte, gab er ihnen nun eine Verheißung für die Zukunft. Zu dieser Verheißung werden drei Aussagen gemacht.
Zunächst prophezeite er in Vers 6 ein „Erschüttern“: Denn so spricht Jehova der Heerscharen: Noch einmal, es ist eine kleine Weile, und ich werde den Himmel und die Erde, das Meer und das trockene Land erschüttern.
Dies ist eine prophetische, zukünftige Erschütterung in Vorbereitung auf das messianische Königreich. Die hebräischen Worte, die hier verwendet werden, sind die gleichen, mit denen man von der endgültigen Umwälzung der Nationen in der Endzeit spricht, in Verbindung mit der Wiederkunft des Messias. Diese Verwendung findet sich auch in Jesaja 13:13 und 14:16. Gott hat versprochen, dass ein Tag kommen wird, an dem es eine letzte Erschütterung als Vorbereitung für das messianische Königreich geben wird. Diese Erschütterung wird während der Großen Trübsal stattfinden.

Eine zweite Vorhersage macht er in Vers 7: Und ich will alle Völker erschüttern, und die Kostbarkeiten aller Völker sollen kommen, und ich will dieses Haus mit Herrlichkeit erfüllen, spricht Jehova der Heerscharen.
Die zweite Vorhersage war die Füllung des Hauses Gottes. Der Begriff „kostbare Dinge“ bedeutet „erlesene Dinge“. Der Punkt ist, dass die Heiden den Tempel mit ihren erlesenen Dingen verschönern werden. Nach der Erschütterung der Trübsal in Vers 6, wird das Königreich kommen. Im messianischen Königreich wird es einen tausendjährigen Tempel geben, der der von den Heiden verschönerte Tempel sein wird. Dies wurde auch in Jesaja 60:5-7 vorhergesagt. Wie bereits erwähnt, ist es aus Gottes Sicht immer nur ein Haus, ob es der salomonische Tempel, der zweite Tempel oder der tausendjährige Tempel ist. Außerdem wird die Herrlichkeit auch die Schechinah-Herrlichkeit beinhalten, wenn die Schechinah-Herrlichkeit in den Tausendjährigen Tempel zurückkehrt, gemäß Hesekiel 43:5.

Arnold Fruchtenbaum – Das Buch Haggai

Mit Denn (V. 6) wird angezeigt, daß die Verse 6–9 die Ermutigung zum Weiterbauen begründen.
Noch einmal – nur kurze Zeit wird es dauern – erschüttere ich den Himmel und die Erde und das Meer und das Festland: Das ist die erste Verheißung in diesen Versen. Die hebräischen Anfangsworte sind schwer zu übersetzen. Eine Reihe von Auslegern nimmt hier Streichungen vor. Die griechische Bibel aus dem 3. Jh. v.Chr., die Septuaginta, übersetzt nur die beiden ersten von den vier in Frage kommenden hebräischen Wörtern. Aber das kann daran liegen, daß die Septuaginta, wie Elliger sagt, »vereinfacht«. Deshalb empfiehlt es sich auch hier, am überlieferten hebräischen Text zu bleiben und so zu übersetzen, wie wir es getan haben. Es geht dann um zwei Gedanken. Noch einmal erschüttere ich den Himmel … usw. Schon einmal hat Gott eine solche Erschütterung gewirkt, und zwar beim Bundschluß am Sinai, wie es Hebr 12,26f sagt und wie aus 2Mo 19,18 hervorgeht. Wenn aber die erste Erschütterung beim Abschluß des Alten Bundes geschah, dann muß die neue Erschütterung den Abschluß des Neuen Bundes markieren! In der Tat ist dies bei der Kreuzigung Jesu geschehen, als die Sonne sich verfinsterte und die Erde erbebte (Mt 27,45.51ff). Haggai deutet also in V. 6 voraus auf die messianische Zeit. Ja, der Hebräerbrief eröffnet uns in 12,26ff noch eine weitere Perspektive, die uns die endgültige Erfüllung zeigt: nämlich das Vergehen der alten und das Kommen der neuen Welt (vgl. 2Petr 3,12). Erst dann wird Gott mit seinem neuen Schöpferhandeln den Himmel und die Erde und das Meer und das Festland im Vollsinne erschüttern, während am Sinai und auf Golgatha eine Erschütterung des Meeres noch nicht festzustellen war. Wir müssen uns also darüber klarwerden, daß Hag 2,6ff die Endzeit ankündigt. Und so Gewaltiges wird bei einem so armseligen Zustand der damaligen Bauarbeiten ausgesprochen!

Nun könnte man freilich gegen diese messianische Deutung von Hag 2,6 einen Einwand erheben. Der zweite Gedanke des Verses lautet ja: nur kurze Zeit wird es dauern, bis das alles geschieht. Diese Wendung entspricht im Hebräischen genau dem, was Jesus in Joh 13,33; 14,19; 16,16ff mit den Worten »noch eine kleine Weile« bzw. »(noch) über ein Kleines« ausdrückt. Aber müßte man dann nicht erwarten, daß die Erschütterung, von der Hag 2,6 redet, schon bald nach dem Tempelbau oder nach Haggais Tod stattgefunden hätte? Hat die Botschaft Haggais dann nicht getäuscht? Eine solche Täuschung nehmen tatsächlich einige Ausleger an. Man darf hier aber nicht mit menschlichen Maßstäben messen. Schon die Rabbinen warnten bei der Diskussion über Hag 2,6 vor dem Berechnen von Fristen. Wenn tausend Jahre vor Gott wie ein Tag sind (Ps 90,4; 2Petr 3,8), dann ist das runde halbe Jahrtausend von Haggai bis zur Stiftung des Neuen Bundes nur ein halber Gottestag. In der Perspektive der Prophetie ist es durchaus berechtigt, von einer nur kurzen Zeit zu sprechen.
Vielleicht sollten wir noch notieren, daß die Erschütterung der Erde usw. in der Prophetie öfters ein Zeichen für das Handeln Gottes ist.
[7] Ja, alle Völker werde ich erschüttern: Das ist die zweite Verheißung in diesen Versen. Wir beobachten in allen Teilen der Bibel, daß Gott der Herr der Geschichte und der Herr der Völker-Welt ist (vgl. nur den Schöpfungsbericht oder die Psalmen 91–100 oder Jes 45; Jer 46–51; Hes 25–32; Dan 2 und 7–12; Am 1–2; Ob; Jon 1–4; Nah). Besonders eng sind die Parallelen bei Jesaja und Hesekiel (Jes 14,16; Hes 31,16). Aber eine weitere Parallele erfordert unsere Aufmerksamkeit, nämlich die Endzeitrede Jesu. Auch dort sind Erdbeben und Völkererschütterung miteinander verbunden (Mt 24,6fpar.). Das zeigt, daß Jesus die Linie der Propheten fortsetzt und vollendet. Das zeigt aber auch, daß Hag 2,7 wieder endzeitlich und messianisch zu lesen ist. Wer glaubt, daß Hag 2,7 aus den vorangehenden Erschütterungen im Perserreich zu erklären ist, befindet sich auf einem Holzweg.
Doch was heißt das: Alle Völker werde ich erschüttern? Meint es die Demütigung der Völker? Jes 49,23 und 60,14 können für eine solche Deutung sprechen. Handelt es sich um das »Stürzen von Thronen innerhalb der Völkerwelt«? Dafür spricht die Parallele in Mt 24,6f. Handelt es sich um Tributleistungen an den Tempel und damit an Israel und seinen Gott? Die Fortsetzung in V. 7 und der Vergleich mit Jes 60,4ff lassen sich dafür anführen. Oder handelt es sich um die Schau »einer neuen Menschheit, die der Glaube an den einen Herrn wieder einigt«? In all diesen Deutungen steckt etwas Wahres. Geht man davon aus, daß Hag 2,6ff auf die messianische Endzeit zielt, dann müssen dort die bisherigen Weltreiche verschwinden, die alten Regierungen abtreten, die Völker sich dem Herrn zuwenden und von Jerusalem Heil und Segen ausgehen. Bis in die Grundfesten hinein wird die Völkerwelt umgestaltet werden. Das alles muß aber nicht mit einem einzigen Schlag geschehen. Vielmehr müssen wir nach dem biblischen Zusammenhang mit mehrfachen Erfüllungen rechnen. Auch Jesus legt es uns in Mt 24,8 nahe, mit mehreren »Wehen« oder Wellen zu rechnen (»Anfang der Wehen«). So ergreift die Völkerwelt eine Veränderung durch das Auftauchen neuer Weltreiche (vgl. Dan 2 und 7!), eine Veränderung durch die Mission der Gemeinde des Neuen Bundes (vgl. Mt 24,14), eine Veränderung durch das Antichrist-Reich und schließlich, durch das Tausendjährige Reich (Offb 20,1ff).

Wuppertaler Studienbibel

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