Auch heute waren alle friedlich vereint. Als wir runterkamen, saßen die 5 Jungschwäne oben am Weg (so wie gestern auch) und putzten sich, während die Elterntiere direkt in Ufernähe saßen. Scheinbar stören sie die Jungschwäne nicht, solange sie sich an Land aufhalten und nicht versuchen, wieder ins Wasser zu gehen.
Warum die Jungen noch nicht abgezogen sind, wissen wir nicht. Aber da der natürliche Prozess die letzten Jahre immer wieder unterbrochen wurde, können wir auch auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen, wie lange so ein Prozess an sich dauert. Unsere Vermutung geht dahin, dass durch das diesige und nieselige Wetter nicht die geeigneten Flugbedingungen für einen Abflug herrschen – und dass die Elterntiere darum auch die Jungen weiterhin dulden und nicht mit Nachdruck zum Abflug auffordern.
Hier fällt mir dann die Szene vor einigen Jahren ein: eine ältere Schwänin hatte eine Eiskugel am Bein, was höchstwahrscheinlich derart am Fliegen hinderte, dass sie erst einmal Rast machen mussten. Die Gruppe wurde von unserem Schwanenpaar geduldet, wenn auch etwas weiter weg vom Wasserloch. Als das Problem erkannt wurde, hat ein netter Tierfreund die Eiskugel entfernt. Am nächsten Tag war die Gruppe weitergeflogen. Es schien fast so, als habe der Ganter „Verständnis für die Notlage“ und die Gäste daher geduldet. Ähnliches vermuten wir jetzt: da die Flugbedingungen nicht optimal sind, werden die Jungschwäne scheinbar so lange weiterhin geduldet, bis sie gefahrlos losfliegen können.
Noch eine Überlegung, die sich zur Zeit aufdrängt, ist das Lernverhalten der Schwäne. Wir erinnern uns, dass vor einiger Zeit unsere Schwäne von einem jüngeren Schwanenpaar Besuch hatten, die unsere aus dem Wasser vertrieben. Da unser Ganter noch nicht ganz mit der Mauser fertig war, hatte er sich klugerweise mit seiner Partnerin ausser Sichtweite gebracht und geduldig an Land abgewartet, bis er in der Lage war, sich und sein Revier zu verteidigen. Damals hatten wir gehofft, dass dies eine gute Lektion für die Jungschwäne sei.
Für uns sieht es so aus, als hätten die Jungschwäne ihre Lektion gelernt: Wenn der andere stärker ist, hält man sich unauffällig im Hintergrund, bis man in der Lage ist, sich aus der Situation zu befreien. Daher verhalten sie sich nun ruhig und abwartend, ohne den Ganter zu provozieren und sammeln derweil Kräfte für den bevorstehenden Abflug, indem sie eifrig grasen…
Aber dies sind alles nur ganz persönliche Vermutungen aufgrund von Beobachtungen der Vorjahre. Was sagt denn der Fachmann dazu?
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