Monat: Juni 2024

Gottes Wille

welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen
Elberfelder 1871 – 1.Timotheus 2,4

Welcher will, daß allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. 1Tim 4,3; 2Tim 3,7; Röm 1,17; 2Pe 3,9; Jes 45,22; Ez 18,23.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 1.Timotheus 2:4

welcher will, (dass) alle Menschen errettet-werden (- Obwohl Gott effektiv nur unser Erretter-Gott ist (Vers 2; 2Tim 1,9; Tit 3,5), ist es doch sein Wunsch, dass alle Menschen errettet werden bzw., wenn es sich um ein toleratives Passiv handelt, sich erretten lassen. Das bedeutet aber nicht, dass er alle erretten wird. Das würde nämlich das Aktiv erfordern. Eine Allversöhnung kann man daher von diesem Vers nicht ableiten, auch nicht eine Verheißung, dass jemand sicher errettet wird, nur, weil man dafür betet (vgl. 1Kor 7,16; Lk 7,30; 8,12; Mt 23,37). Hier wird das Wort θελω gebraucht. Im Hinblick auf Gottes Willen betont es mehr den Wunsch Gottes, etwas für jemanden zu tun (vgl. auch Mt 23,37). Der Mensch kann sich aber diesem Wunsch Gottes widersetzen, – im Gegensatz zum Vorsatz Gottes (Strong Nr. G4286) und zum Ratschluss Gottes (Strong Nr. G1013) in Röm 9,19. Weil Gott will, dass alle Menschen errettet werden, hat er uns auch den Auftrag gegeben, allen Menschen das Evangelium zu verkünden. Wenn sie aber das Evangelium ablehnen, bleiben sie unter dem Zorn Gottes. -) und zur Erkenntnis (der) Wahrheit kommen.
Gerhart Kautz – STU 2023 – 1.Timotheus 2:4

Er will, dass alle sich Menschen retten lassen und zu Wahrheitserkenntnis gelangen.
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – 1.Timotheus 2,4

Sie ist Gott wohlgefällig, weil sie „nach seinem Willen“ ist (1Joh 5,14). Gott, der Heiland, will, daß allen Menschen geholfen werde. Paulus wiederholt die Worte „alle Menschen“ noch mehrmals (1Tim 2,1.4.6). Alle drei Male steht im Griechischen dasselbe Wort, pas (vgl. 1Tim 4,10). Gott möchte, daß keiner verlorengeht (2 Petrus 3,9) und daß die ganze Menschheit durch eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus, der die Wahrheit ist (vgl. Joh 14,6), zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. (Es wäre allerdings ein Irrtum zu glauben, daß Paulus hier von der Allerlösung spricht.)

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Das Subjekt des AcI im Akkusativ ist zur Betonung nach links vor das Matrixprädikat θέλει („er will“) gerückt. Damit kommt der Kontrast zum Ausdruck, dass es nicht weniger als alle sind, d.h. kein Mensch soll nicht errettet werden. Die Möglichkeit dazu ist gelegt, indem Christus am Kreuz Sühnung für die Sünden der Menschen der ganzen Welt geleistet hat, wie andere Stellen deutlich machen (z.B. 1Johannes 2,2), sodass die Rettung jedem offensteht, wenn er sie annimmt. Zur Errettung gehört, dass man die Wahrheit im Evangelium erkennt. Wenn die Menschen erst dazu kommen müssen, bedeutet dies, dass sie von Geburt an die Wahrheit nicht erkennen, sodass sie ihnen nahegebracht werden muss, wozu Paulus auch eingesetzt wurde, wie er in Vers 6 deutlich macht.

P. Streitenberger – 1. Timotheus

Da der betende Gläubige Gott als „Heiland“ erkannt hat, hat er, bewußt Anteil an einer göttlichen Absicht, die „alle Menschen“ umschließt. Die Rev. Elberf. ist hier genau, da sie übersetzt „welcher will, daß alle Menschen gerettet werden“. Das Zeitwort thelo (Newberry und JND übersetzen „wünscht“) drückt den Wunsch und die Absicht aus, die aus einer Neigung entstehen. Das andere mit dem Willen Gottes verbundene Zeitwort ist boulomai und drückt Absicht und Zweck aus, die aus Überlegung entstehen. Daher unterstreicht das letztere Zeitwort den Ratschlußwillen Gottes, wie er in souveränem Handeln zum Ausdruck kommt. Es wird in 2.Petr. 3,9 verwendet „der Herr… ist langmütig… da er nicht will (das Zeitwort ist b oulomai), daß irgendwelche verlorengehen“: Wenn Seelen verloren gehen, dann wird der Grund dafür nicht in dem souveränen Ratschlußwillen Gottes gefunden, sondern in anderen Faktoren, und zwar in der Verwerfung seiner Absicht und seiner Gnade. Wenn Menschen durch die Ausübung ihres gottgegebenen, freien Willens den erklärten Plan und Wunsch Gottes verwerfen sowie das Gnadenangebot in Christus, dann hat dies unvermeidlich ihr Verlorengehen zur Folge. Diese Anerkennung der Rolle des freien Willens des Menschen bei der individuellen Errettung wird durch das Passiv des Zeitwortes „errettet werden“ bekräftigt. Gott wünscht, daß die Menschen die Errettung durch Christus erfahren; sie ist ihnen zugänglich; die Verantwortung liegt nun bei ihnen. Wäre das Aktiv verwendet worden, d. h. „sie zu retten wünscht“, dann würde sich daraus das Problem ergeben, wie der göttliche Wille vereitelt werden kann. Aber wie diese Schriftstelle klarmacht, ist es der Wunsch und die Absicht Gottes, daß alle Menschen die Errettung erfahren. Wenn einige nicht errettet werden, dann kann das nicht dem göttlichen Willen zur Last gelegt werden, sondern allein der menschlichen Starrköpfigkeit und Widerspenstigkeit.
Der Ausdruck „alle Menschen“ (alle innerhalb der Gattung Mensch) umfaßt die gleiche Gruppe wie diejenigen, für die (V. 1) gebetet wird, und für die in Christus das Gnadenangebot gilt (V. 6). Es drückt die Reichweite des göttlichen Wunsches und Absicht aus. Es ist eine falsche Exegese, „alle“ auf „alle Menschen ohne Unterschied“ zu beschränken, als ob die Untergruppe von V. 2 bedeuten würde, daß die Menschen dort ethnisch, national oder sozial aufgelistet werden und daß die Aussage bedeuten würde, daß Gott von jeder dieser Gruppen retten kann.
Das Zeitwort „errettet werden“ faßt in einem Wort die geistliche und ewige Befreiung zusammen, die in Christus für die Menschen bewirkt und für sie erhältlich ist. Die Errettung wird an dieser Stelle umfassend gesehen – es ist Errettung in ihrer Gesamtheit. Andere Schriftstellen definieren in den dort gebrauchten Zeiten, das Zeitelement; das Perfekt von Epheser 2,8 deutet eine vergangene Handlung mit gegenwärtigen Ergebnissen an, „ihr seid errettet“ bezieht sich auf den Geist; die Gegenwartsform von 1.Kor. 1,8 „die wir errettet werden“ bezieht sich auf die Seele; und der zukünftige Aspekt kommt in Hebräer 9,28 ins Blickfeld „zur Errettung“ wenn wir das letzte Element der Errettung, das sich auf den Leib bezieht, erfahren werden. All dies liegt im Ratschluß Gottes für die Menschen.
Das Passiv „errettet werden“ steht parallel zum Aorist Aktiv Infinitiv „kommen“, was die Verantwortlichkeit der Menschen betont, das in Anspruch zu nehmen, was Gott für sie vorgesehen hat. Wenn sie das tun, dann machen sie für sich selbst die Erfahrung der „Erkenntnis der Wahrheit“. Die zwei Aussagen sind synchron, d. h. sie finden zur gleichen Zeit statt und beschreiben den einen Akt, nur von zwei verschiedenen Blickwinkeln gesehen. Eine ist nicht die Konsequenz des anderen; man kann nicht einen ohne die andere haben. Der letztere Satz lenkt besondere Aufmerksamkeit auf einen entscheidenden Aspekt der Errettung. Die Errettung befreit die Menschen von allem was „unwahr“ (falsch) ist und bringt die Gläubigen in die Sphäre der „Wahrheit“.
Das Wort für Erkenntnis ist epignosis – eine stärke Form als (gnosis und deshalb „volle Erkenntnis“; es geht nichts über diese Vollständigkeit der Erkenntnis hinaus. Um zu zeigen, daß sie über das Intellektuelle in das Erfahrungsmäßige hineingeht, zitieren wir W. E. Vine über 1.Kor. 13,12 bzgl. des Unterschieds zwischen gnosis und epignosis: „Jetzt erkenne ich (ginosko) stückweise, dann aber werde ich erkennen (epignosko, d. h. vollkommen erkennen) wie ich erkannt worden bin“ (epignosko – vollkommen erkannt).
Wenn der Sünder zu Christus kommt, ist er nicht nur gerettet (Apostelgeschichte 16,31); er ist zu dem gekommen, der gesagt hatte „ich bin … die Wahrheit“ (Johannes 14,6) und er findet in Christus absolute Wahrheit. Die Tatsache, daß weder vor „Erkenntnis“ noch vor „Wahrheit“ ein Artikel steht, zeigt, daß bei beiden jeweils die Qualität oder Essenz im Blick ist und nicht spezifische Dinge. Wahrheit darf hier also nicht auf die Wahrheit des Evangeliums beschränkt werden (wie 3,15 sich nicht auf die Wahrheit der Gemeinde beschränken darf), sondern es ist Wahrheit in ihrer Fülle und Absolutheit, wie sie in Christus gefunden wird (Johannes 14,6), dem Geist der Wahrheit (Johannes 14,17) und dem Wort der Wahrheit (Johannes 17,17). Bezüglich des gleichen Ausdrucks siehe 2.Tim. 2,25; 2.Tim. 3,7; Titus 1,1 und vgl. Hebräer 10,26 (wo jedes Wort den Artikel hat).
Die öffentlichen Gebete der Heiligen in der Versammlung (V. 1-2) drücken nicht nur die göttliche Absicht für alle Menschen aus (V. 3-4), sondern haben auch eine solide Grundlage, in der in Christus für alle getroffenen Vorkehrung (V. 5-6). Die darauf gegründete Verkündigung (V. 7), kann nun alle nationalen Grenzen überschreiten, und geht mit apostolischer Autorität zu allen Nationen aus. Jede jüdische, gnostische oder moderne Exklusivität ist nicht in Übereinstimmung mit dieser Botschaft.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Der Wille Gottes
Dieser Vers macht weiter klar, warum wir für alle Menschen beten sollen (Vers 1). Es ist nämlich der ausdrückliche Wunsch Gottes, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Gott ist nicht nur ein Heiland in dem Sinn, dass er der Erhalter aller Menschen ist (1 Timotheus 4,1), sondern er möchte alle Menschen vor dem ewigen Verderben retten. Das ist sein primäres Interesse an allen Menschen.
Es ist an dieser Stelle wichtig zu bemerken, dass es hier nicht um den unabänderlichen Ratschluss Gottes geht. Wenn Gott einen Ratschluss fasst, dann wird er auch sicher zustande kommen (Jes 46,10). Wenn das hier gemeint wäre, würden tatsächlich alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Es gibt aber viele Stellen in der Bibel, die eindeutig klar machen, dass das leider nicht der Fall ist. In unserem Vers geht es nicht um den ewigen Ratschluss Gottes, sondern um seine Absicht oder seinen Wunsch. Gott hat alle Menschen im Blick, was seine Absicht betrifft. Er wünscht alle Menschen zu retten. Mehr noch, denn das Wort „wollen“ wird auch benutzt, wenn jemand etwas gerne tut oder Freude daran hat. Gott ist ein Gott, der Freude daran hat, Gnade zu üben und Menschen zu retten.
Wenn es dennoch Menschen gibt, die einmal ewig verloren gehen, dann ganz sicher nicht, weil Gott die Absicht hatte, sie verloren gehen zu lassen. Schon im Alten Testament hören wir Gott sagen: „So wahr ich lebe, spricht der Herr, HERR, ich habe kein Gefallen am Tod des Gesetzlosen, sondern dass der Gesetzlose von seinem Weg umkehre und lebe“ (Hes 33,11). Gott hat niemand zur Verdammnis zuvorbestimmt. Das zu behaupten ist eine Lüge. Wir müssen allerdings bedenken, dass Gott uns Menschen einen freien Willen gegeben hat. Wir können uns im Eigenwillen und Ungehorsam der Absicht Gottes verschließen. Nur „wer da will“ wird das Wasser des Lebens nehmen (Off 22,17) – das sind die Auserwählten Gottes. Leider wollen nicht alle Menschen. Dennoch ist es Gottes unveränderliche Absicht, dass alle Menschen errettet werden. Wenn sie nicht gerettet werden, liegt das in keinem Fall an Gott. In Johannes 5,40 sagt der Herr Jesus ein erschütterndes Wort: „Ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr Leben habt“. Er wollte den Menschen Leben geben, aber sie wollten es nicht, weil sie ihn nicht wollten. Dafür tragen die Menschen die volle Verantwortung. In Lukas 13,34 gebraucht der Herr Jesus ebenfalls diese Worte, als er von Jerusalem sagte: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Brut unter die Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“
Diese Seite der Wahrheit steht der Wahrheit der Auserwählung nicht entgegen. Über Auserwählung können wir mit ungläubigen Menschen nicht reden. Ihnen gilt die Botschaft, dass Gott ein Heiland-Gott ist, der seinen Sohn zur Rettung aller gegeben hat. Aber es hat keinen Sinn, mit Ungläubigen über etwas zu reden, das sie nicht verstehen können.
Erneut geht es um „alle Menschen“ – niemand ist ausgeschlossen. „Alle Menschen“ meint jedes „menschliche Wesen“. In Kapitel 1,15 hatte Paulus gesagt, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu erretten. Jeder Mensch ist ein Sünder. Es gibt keine Ausnahme. Deshalb gilt die Botschaft der Gnade ohne jede Ausnahme allen Menschen.
Gottes Absicht wird hier in zwei Punkten vorgestellt, die wir zwar unterscheiden, aber nicht von einander trennen können. Der Gedanke ist nicht, dass Gott zunächst einen Menschen rettet und dass er dann – zu einem späteren Zeitpunkt – zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. Grundsätzlich ist das natürlich wahr. Andere Bibelstellen machen klar, dass das Erkennen der Wahrheit des Wortes Gottes ein Prozess ist, mit dem wir hier auf der Erde nicht zu Ende kommen. Aber in unserem Vers ist der Gedanke ein anderer. Hier geschieht beides zeitgleich. Wenn ein Mensch errettet wird, kommt er zur Erkenntnis der Wahrheit. Anders ausgedrückt: Man kann nur dann errettet werden, wenn man die Wahrheit Gottes anerkennt.

Errettung
Zunächst spricht Paulus von der Errettung. Das Wort Errettung bedeutet, dass jemand sicher behütet wird, vor einer Gefahr geschützt, vor dem Verderben und der Zerstörung bewahrt bleibt. Man kann es auch mit „heilen“ oder „wiederherstellen“ übersetzen.
Die Bibel zeigt uns verschiedene Aspekte unserer Errettung. Es gibt eine zeitliche Errettung aus irdischen Umständen heraus und es gibt eine ewige Errettung für den Himmel. Errettung ist hier sehr allgemein und umfassend zu verstehen. Gemeint ist die Errettung in ihrer Gesamtheit. Sie betrifft den Geist des Menschen, seine Seele und seinen Körper. Jeder Mensch braucht Errettung, weil er von Natur verloren und somit auf dem Weg in die ewige Gottesferne ist. Die Verdammnis ist die größte Gefahr, in der jeder Mensch sich befindet. Davor kann sich kein Mensch selbst retten. Er muss errettet werden. Das kann nur Gott tun. Der Weg zur Errettung ist der Glaube und die Grundlage das Kreuz von Golgatha. In diesem umfassen Sinn ist die Errettung die Befreiung des Menschen aus jeder Gefahr, sei es in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft.
• Epheser 2,8 spricht von der Errettung als einer vollendeten Tatsache, die in der Vergangenheit liegt, aber gegenwärtige Auswirkungen hat: „ Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es“.
• 1 Korinther 1,8 spricht von der Errettung in der Gegenwart: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft“.
• Hebräer 9,28 hat den zukünftigen Aspekt im Augen, der den Leib des Gläubigen einschließt: „ … nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Male denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung“. So erwarten wir den Herrn Jesus als unseren Heiland, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,21).

Erkenntnis der Wahrheit
Wenn es um die Erkenntnis der Wahrheit geht, so müssen wir bedenken, dass weder vor „Erkenntnis“ noch vor „Wahrheit“ ein Artikel steht. Es geht also weder um die Erkenntnis einer speziellen Glaubenswahrheit, noch um die Erkenntnis einer bestimmten Heilstatsache oder um die Wahrheit als Glaubensgut. Es geht vielmehr um die Beschaffenheit oder Qualität einer Sache. Gemeint ist Wahrheit in einem allgemeinen Sinn. Es geht um das, was wahr ist. Von Natur befindet sich der verlorene Mensch in der Gewalt Satans und damit im Bereich der Lüge. Wahrheit finden wir nur bei Gott. Wahrheit bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie tatsächlich sind. Nur Gott sieht die Dinge so, wie sie wirklich sind. Deshalb muss der Mensch seinen Standort wechseln. Der errettete Mensch „kommt“ aus dem Bereich der Lüge in den Bereich der Wahrheit. Der Mensch muss einsehen, dass Gott der unumschränkte Herrscher ist und dass er gegen ihn gesündigt hat. Er muss einsehen, dass nur Gott einen Weg zu Rettung weist. Es ist der Weg über den einen Mittler, von dem Paulus im nächsten Vers spricht. Erkenntnis bedeutet „Wissen“, „Unterscheiden“ und „Anerkennen“. Erkenntnis der Wahrheit meint hier also sowohl das Anerkennen des eigenen Zustandes als auch des Heilsweges, den Gott vorgesehen hat.

Zwei verschiedene Seiten
Bemerken wir noch, dass der Ausdruck „errettet werden“ im Passiv steht. Niemand kann sich selbst retten. Dennoch möchte Gott, dass alle Menschen die Errettung erfahren. Das „Retten“ an sich ist das, was Gott tut. Gleichzeitig steht der Mensch unter Verantwortung, das Angebot Gottes anzunehmen. Er hat die Möglichkeit, anzunehmen oder abzulehnen. Ablehnung ist sowohl ein Beweis des Unglaubens als auch des Ungehorsams. In der Tat gibt es viele Menschen, die das tun. Deshalb haben wir – in negativer Form – einen ähnlichen Gedanken in 2 Thessalonicher 2,10. Dort lesen wir von Menschen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht annehmen. Diese Menschen haben die Wahrheit über sich und über Gott nicht akzeptiert.
Der Ausdruck „zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ ist hingegen aktiv. Wer seiner Verantwortung nachkommt und sich retten lässt, wird die Erfahrung machen, dass er aus dem Bereich der Lüge in den Bereich der „Erkenntnis der Wahrheit“ kommt. Er hat Licht über das, was wahr ist und sieht die Dinge so, wie Gott sie sieht.

Ernst-August Bremicker – 1 Timotheus 2 – eine Vers-für-Vers-Auslegung

Ein Freund steht allezeit zu dir, auch in Notzeiten hilft er dir wie ein Bruder.

Der Freund liebt zu aller Zeit, und als Bruder für die Drangsal wird er geboren. (And : und ein Bruder wird für die Drangsal gebo
Elberfelder 1871 – Sprüche 17,17

Ein Freund steht allezeit zu dir, auch in Notzeiten hilft er dir wie ein Bruder.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Sprüche 17:17

Zu jeder Zeit ist ein Freund liebevoll, als Bruder für die Not wird er geboren.
Die Philippson-Bibel – Sprüche 17,17

Auf einen Freund kann man sich immer verlassen, und ein Bruder ist dazu da, dass man einen Helfer in der Not hat.
Neues Leben – Bibel 2006 – Sprüche 17:17

Schwierig, wenn Freundschaft an die „Angehörigkeit in einer Kirche“ gebunden ist, und wenn du, falls du die Kirche „wechseln möchtest“, alle deine „Freunde“ verlierst, weil diese scheinbar keine Freunde in der Not sind??

Manche Bibelübersetzungen stellen in diesem Vers zwischen einem Freund und einem Bruder einen Gegensatz her und lassen die zweite Zeile mit „aber“ beginnen. Die Übersetzung mit und ist jedoch vorzuziehen; sie gibt den Gedanken wieder, daß sowohl der Freund als auch der Bruder wertgeschätzt werden. In 18,24 wird allerdings ein Freund über den Bruder (Verwandten) erhoben. Wahre Freunde – und Verwandte – sind zur Zeit des Unglücks als auch zur Zeit des Wohlergehens treu.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Ein Problem, über das die Weisen gern nachdachten, war der Vergleich von Freund und Bruder. Weil Bruder hier keinen Artikel bei sich hat, denken manche, es sei der Freund aus der ersten Vershälfte damit gemeint (hier mag der Artikel anzeigen, daß es sich um einen echten, treuen, wahren Freund handelt), und man erklärt, in der Bedrängnis bewähre sich der Freund, so als wäre er zu einem Bruder »umgeboren«, als schmiedete Not die Freunde für immer zusammen. Aber es scheinen doch verschiedene Personen gemeint zu sein. Unterschiedlich sind ja nicht nur die Bezeichnungen, sondern auch die Zeitangaben. In der Wendung zu jeder Zeit ist eigentlich die Zeit der Bedrängnis schon enthalten. Trotzdem wird nur diese in der zweiten Spruchhälfte herausgegriffen. Vielleicht hat das folgenden Grund: Freundschaften gründen sich oft auf ganz spezielle Interessengemeinschaften, die unabhängig sind von anderen persönlichen Fragen. Das hindert natürlich nicht – falls das einmal erforderlich sein sollte –, auch in einer Notlage zum Freund zu haltens. Den Bruder kann sich keiner aussuchen, er wird geboren. Auch wenn gar keine gemeinsamen Interessen vorliegen sollten: er bleibt der Bruder. Diese bedingungslose Für-einander-da-Sein stellt eine besonders segensreiche Fügung für die Zeit der Not dar. Blutsverwandte sind dazu da, daß sie einander helfen. Für Abraham war es z.B. gar keine Frage, ob er Lot befreien sollte. Ganz selbstverständlich zog er los, um den »Bruder« zu retten.
Es ist natürlich auch denkbar, daß die Weisen öfter eine Kainshaltung beobachtet haben und deshalb mit diesem Spruch daran erinnern wollen, welche Aufgaben ein Bruder am andern hat.
Die Begrenztheit der menschlichen Hilfsmöglichkeiten begrenzt auch den Personenkreis, dem sie zugute kommen können. Das wird noch deutlich in Gal 6,10: »… allermeist aber an des Glaubens Genossen.«

Wuppertaler Studienbibel

Die Grundlage der Freundschaft. Die Sprüche machen deutlich, dass wahre Freundschaft auf Liebe beruht, denn nur die Liebe übersteht die Prüfungen, die Freunde auf ihrem gemeinsamen Lebensweg durchmachen. „Ein Freund liebt zu allen Zeiten, und ein Bruder ist für das Unglück geboren“ (17:17, NKJV). Es ist möglich, viele Freunde zu haben, aber keinen wirklichen Freund. „Ein Mann, der viele Gefährten hat, kann ins Verderben stürzen, aber es gibt einen Freund, der enger zusammenhält als ein Bruder“ (18:24, NIV). Freundschaft ist etwas, das gepflegt werden muss und dessen Wurzeln tief reichen müssen.

Das Volk Gottes muss bei der Wahl seiner Freunde besonders vorsichtig sein. „Der Gerechte soll seine Freunde sorgfältig auswählen, denn der Weg der Bösen führt sie in die Irre“ (12:26, NKJV). „Wer mit den Weisen wandelt, wird weise sein, aber der Gefährte der Toren wird zerstört werden“ (13:20). Freundschaften, die auf Geld (6:1-5; 14:20; 19:4, 6-7) oder Sünde (16:29-30; 1:10-19) beruhen, sind dazu bestimmt, enttäuschend zu sein. Das Gleiche gilt für Freundschaften mit Menschen, die schlecht gelaunt sind (22:24-25), die töricht reden (14:7), die sich gegen Autoritäten auflehnen (24:21-22, NIV) oder die unehrlich sind (29:27). Gläubige müssen Psalm 1,1-2 und 2. Korinther 6,14-18 beherzigen.

Die Eigenschaften einer wahren Freundschaft. Ich habe bereits die Liebe erwähnt, und wahre Liebe führt zu Loyalität. „Ein Freund liebt immer“ (Sprüche 17:17, NIV) und „es gibt einen Freund, der enger zusammenhält als ein Bruder“ (18:24, NIV). Manchmal tun unsere Freunde in einer Notlage mehr für uns als unsere Verwandten! Übrigens sollte diese Loyalität auch für die Freunde unserer Eltern gelten. „Verlasse nicht deinen Freund und den Freund deines Vaters“ (27:10, NIV). Langjährige Freunde in der Familie können von einer Generation zur nächsten ein Segen sein.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Die Beständigkeit einer guten Freundschaft
In Sprüche 17,17 lernen wir, dass ein guter Freund zu aller Zeit liebt und gerade in einer schwierigen Situation besser hilft als ein leiblicher Bruder. Und in Sprüche 18,24 wird deutlich, dass ein solcher Freund, der von Herzen liebt und anhänglicher als ein leiblicher Bruder ist, nicht so oft gefunden wird.
Viele Freundschaften sind nur oberflächlich. In Notzeiten haben sie keinen Bestand. Aber ein wirklicher Freund ist gerade in den Schwierigkeiten zur Stelle und zur Hilfe! Bin ich ein solcher Freund, auf den zu jeder Zeit Verlass ist?

Bleib in mir 2018

Von Freunden verlassen – wirklich?

Jeremia klagt: „Alle meine Freunde lauern auf meinen Fall …“ (V. 10). Alle seine Freunde?
Gab es nicht doch den einen wahren Freund, den Herrn der Heerscharen, der zu aller Zeit liebt und als Bruder für die Bedrängnis geboren wird? (s. Spr 17,17).
Der Herr Jesus ist in Wahrheit der eine [Freund], der liebt und anhänglicher ist als ein Bruder (s. Spr 18,24) – auch wenn du es nicht gleich verspürst. Nichts – weder „Höhe noch Tiefe“ deiner momentanen Gemütsverfassung – kann dich von seiner Liebe scheiden (s. Röm 8,35).
Er hat schon den Ausgang deiner schwierigen Situation im Blick und legt dir als Last „kein Gramm“ mehr auf, als du ertragen kannst (s. 1. Kor 10,13). Dessen darfst du ganz sicher sein!

Bleib in mir 2023

Ursache des Apostelkonzils

Und etliche kamen von Judäa herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr nicht beschnitten worden seid nach der Weise (O. der Sitte, dem Gebrauch) Moses’, so könnt ihr nicht errettet werden.
Elberfelder 1871 – Apostelgeschichte 15,1

Damals kamen einige Christen aus Judäa nach Antiochia und erklärten den Brüdern: »Ihr könnt nicht gerettet werden, wenn ihr euch nicht beschneiden lasst, wie es das Gesetz* Moses vorschreibt!«
Gute Nachricht Bibel 2018 – Apostelgeschichte 15,1

Doch dann kamen einige Leute aus Judäa nach Antiochia und forderten die Männer der Gemeinde auf, sich beschneiden zu lassen, wie es im Gesetz des Mose vorgeschrieben ist. (- Mose 12,3; vergleiche 1. Mose 17,10–14. -) »Wenn ihr euch nicht beschneiden lasst«, lehrten sie, »könnt ihr nicht gerettet werden.«
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Apostelgeschichte 15:1

In manchen Kreisen, werden Ursache und Wirkung vertauscht. Dort wird dann erklärt, dass die Streitfrage der Beschneidung in Jerusalem geklärt werden musste, weil es dort eine „leitende Körperschaft“ gab, die bei Fragen alle Antworten gaben. Aber wer den Vers 1 richtig liest, wird feststellen, dass der Grund, warum die Frage in Jerusalem geklärt werden musste, darin lag, dass DORT die Ursache für die Probleme war! Die „Streitpartei“, die Männer, die den Zank verursachten, kamen aus Jerusalem und Umgebung – und aus diesem Grund ging man in deren „Heimatversammlung“ um dort die Frage zu klären! Man kann also, wenn man die Ursache in Vers 1 übersieht, schnell zu einem falschen Schluß kommen 😉

Bei den Männern, die von Judäa herabkamen nach Antiochia, handelte es sich wohl um dieselben, von denen auch in Gal 2,12 die Rede ist. Sie behaupteten, daß die Beschneidung heilsnotwendig sei. Vielleicht stützten sie ihre Theologie auf alttestamentliche Textstellen wie z. B. 1Mo 17,14 und 2Mo 12,48-49 .
Auf jeden Fall bestand die Gefahr, daß sie mit ihrer Lehre eine Kirchenspaltung herbeiführten, denn Paulus und Barnabas hatten einen nicht geringen Streit mit ihnen.
Die Männer aus Judäa beharrten jedoch auf ihrer Lehre, trotzdem sie in keiner Weise von der Urgemeinde in Jerusalem autorisiert waren. Wie sie den Fall des Kornelius (Apg 10) oder auch das Wirken des Barnabas in Antiochia (Apg 11,22-24) erklärten, wird nicht gesagt. Vielleicht hielten sie die Geschichte des ersteren für eine einmalige Ausnahme und erachteten die Gemeinde in Antiochia (Apg 11) als zu unbedeutend, als daß man sie hätte als Beispiel anführen können, sahen sich nun jedoch, angesichts der Größe, die die Bewegung allmählich erreicht hatte, genötigt, Einspruch einzulegen.
Die Gläubigen in Antiochia hielten es für geraten, die Frage mit den Aposteln und Ältesten in Jerusalem zu besprechen. Mit dieser Aufgabe betrauten sie abermals Paulus und Barnabas und schickten klugerweise noch einige andre aus der Gemeinde als Zeugen mit. Diese Zeugen sollten Paulus und Barnabas vor einer eventuellen späteren Anklage, daß sie die Fakten verdrehten, schützen.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Dieses große Konzil in Jerusalem fällt in die Zeit zwischen der ersten und zweiten Missionsreise des Paulus. Einerseits wurde das Jerusalemer Konzil notwendig aufgrund dessen, was auf der ersten Missionsreise mit der Hinwendung vieler, vieler Heiden zur Annahme des Messias, abgesehen vom Gesetz des Mose und der Beschneidung, geschah. Aber auf der anderen Seite wäre jede weitere Missionstätigkeit von Paulus, wie z.B. seine zweite Missionsreise, unmöglich gewesen, bis diese spezielle Frage ein für allemal geklärt gewesen wäre. Das ist also der Grund, warum wir das Jerusalemer Konzil an diesem speziellen Punkt in der Apostelgeschichte haben.

Der Einfachheit halber wurde diese Studie in vier separate Abschnitte unterteilt: der Anlass, die Erklärungen des Konzils, die Entscheidung des Jerusalemer Konzils und der Bericht an die Kirche in Antiochia.

In Vers 1 wird das Thema klar benannt: Die heidnische Beschneidung. Nach der ersten Missionsreise von Paulus und Barnabas, nachdem sie der Gemeinde in Antiochia Bericht erstattet und einige Zeit mit der dortigen Gemeinde verbracht hatten, wurde das Thema aufgeworfen, als: gewisse Männer aus Judäa herabkamen. Diese Männer waren Mitglieder der Beschneidungspartei, die bereits in Apostelgeschichte 11,2 erwähnt wurde und die Petrus herausgefordert hatten, in das Haus eines unbeschnittenen Heiden zu gehen. Diese Männer waren nicht von der Gemeinde in Jerusalem gesandt worden; sie kamen einfach aus eigenem Antrieb nach Antiochia hinunter. Dass sie nicht von Jerusalem gesandt worden waren, wird in Apostelgeschichte 15,24 deutlich. In Galater 2 bezog sich Paulus auf denselben Jerusalemer Rat, und dies waren dieselben Männer, die in Galater 2,4 als falsche Brüder beschrieben wurden.

Sie kamen und lehrten die Geschwister. Die griechische Zeitform bedeutet, dass sie anfingen zu lehren, und sie blieben dabei; sie machten sich daran, mit Entschlossenheit zu lehren. Der Begriff „Brüder“ bezieht sich hier auf die heidnischen Gläubigen, denn sie suchten sich die heidnischen Gläubigen aus, weil sie nicht beschnitten waren. Zu diesen heidnischen Gläubigen sagten sie: Wenn ihr nicht beschnitten werdet nach der Art des Mose, könnt ihr nicht gerettet werden. Das war das Diktum, das die Judaisten den Heiden präsentierten: dass gläubige Heiden nicht gerettet werden, bis sie beschnitten sind. Das ist Errettung durch Werke, Errettung durch Rituale. So wie bestimmte Gruppen heute Gläubige lehren: „Du bist nicht wirklich gerettet, bis du getauft bist“, so gab es eine frühere Irrlehre: „Du bist nicht errettet, bis du beschnitten worden bist.“ Beide sind gleichermaßen falsch. Beide beinhalten eine Errettung durch Werke, eine Errettung durch Rituale.

Arnold Fruchtenbaum – Das Konzil von Jerusalem

Während Paulus und Barnabas nach den mächtigen Freuden und Leiden der ersten Missionsreise stillere Tage in der Gemeinde in Antiochia hatten, geschieht etwas, was wir uns sofort in seiner grundlegenden Bedeutung klarmachen müssen, weil es wieder und wieder die Geschichte der Gemeinde Jesu notvoll beeinflußt. „Und einige, herabkommend von Judäa, suchten die Brüder zu lehren.“ Der Verkehr zwischen der Urgemeinde und Antiochia war lebhaft, das haben wir schon gemerkt. Es mag oft Besucher aus Judäa in Antiochia gegeben haben. Aber nun kommen „einige“, deren Namen wir hier so wenig erfahren wie im Galaterbrief, die aber zu „lehren“ suchten, d. h. also ihre Überzeugung nicht nur in persönlichen Gesprächen hier und da äußern, sondern ausdrücklich und öffentlich als die rechte Anschauung vertreten. Diese Überzeugung lautet: „Wenn ihr euch nicht beschneiden laßt nach der Sitte Moses, könnt ihr nicht errettet werden.“ Die Männer, die so lehren, sind Christen und wollen Christen sein! Sie glauben an Jesus als den Messias Israels und Bringer des Gottesreiches. Aber, so sagen sie, damit ist doch die Gottesforderung nicht aufgehoben, daß alle, die zu Gottes Volk gehören und am Heil der Endzeit teilhaben wollen, beschnitten werden müssen. Sie bestreiten gar nicht die Heidenmission als solche, sie begrüßen die Heiden, die sich zu Jesus bekehrt haben. Nur, das genüge noch nicht, so seien sie noch nicht wirklich errettet. Erst die Beschneidung mache sie zu vollen, sicher erretteten Gliedern der Heilsgemeinde. „Jesus und Beschneidung“, das ist ihr Grundsatz. Aber es wird dabei sofort sichtbar, daß der zweite Faktor unwillkürlich den Vorrang bekommt. Jesus allein kann nicht erretten; wie wichtig ist also die Beschneidung!
In der Kirchengeschichte hat sich dieser Vorgang bis heute immer neu wiederholt. Das Christentum wird nicht nur von außen bestritten und angegriffen, sondern auch in der Gemeinde selbst erheben sich die Männer, die mit Nachdruck und aller Bestimmtheit lehren: Wenn ihr nicht dies tut und das tut, was doch als Gottes Gebot biblisch zu belegen ist, dann könnt ihr nicht errettet sein. „Jesus und …“, das ist immer wieder die Formel. Jesus allein und der Glaube an ihn allein reicht nicht aus. Erst wenn noch dieses oder jenes an Tun oder Leistung hinzukommt, erhalten wir das ganze und eigentliche Christenleben. In naiver Form lebt diese Ansicht weithin in vielen Christen: „An Jesus glauben und die Gebote halten“, das heißt ein Christ sein.
Wir spüren alle die verfängliche Kraft solcher „Lehre“. Wir wollen doch rechte und ganze Christen sein. Und vor allem, wir wollen doch klar und gewiß errettet sein! Das macht alle Fragen im Raum der Kirche so schwer und so brennend, daß es dabei immer um der Seelen Seligkeit geht. Zugleich ist das so schwierig, daß diese neuen Lehrer die mächtige Autorität hinter sich haben: „Nach der Sitte Moses“, sagen sie. War Mose nicht der große Mann Gottes? Gründete sich nicht auf ihn das ganze AT? Konnte, mußte es nicht neben Jesus und mit ihm zusammen gelten?

Wuppertaler Studienbibel

Gehorsam aus Liebe oder Vernunft

Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden, und wird ausgehen, die Nationen zu verführen, die an den vier Ecken der Erde sind, den Gog und den Magog, sie zum Kriege zu versammeln, deren Zahl (Eig deren Zahl von ihnen; (ein Hebraismus)) wie der Sand des Meeres ist.
Elberfelder 1871- Offenbarung 20,7–8

Wenn die tausend Jahre abgelaufen sind, in denen der Satan gefangen gehalten wurde, wird er wieder freigelassen werden.  Er wird sich in alle vier Himmelsrichtungen aufmachen, um Gog und Magog (- Auf Ezechiel 38 und 39 zurückgehende symbolische Namen für die Gott feindlich gegenüberstehenden Völker der Endzeit. -), die Völker der ganzen Erde, dazu zu verführen, gemeinsam in den Kampf zu ziehen. Von überallher sah ich ihre Armeen aufmarschieren; sie waren so unzählbar wie der Sand am Meer  und überschwemmten die Erde, so weit das Auge reichte.
Neue Genfer Übersetzung – Offenbarung 20: 7–9a

Und wenn dann die tausend Jahre vorüber sind, wird der Ankläger aus seinem Gefängnis losgelassen werden. Dann wird er wieder ausziehen, um die Nationen in die Irre zu führen, die an den vier Enden der Erde wohnen, ja, den Gog und den Magog, um sie zum Krieg zu versammeln. Ihre Zahl ist so unzählbar wie der Sand des Meeres.
Roland Werner – Das Buch – Offb 20,7–8

warum dienst du persönlich dem Gott der Bibel? Weil du Angst vor IHM hast? Weil du „das ewige Leben“ haben willst? Oder weil du IHN liebst?
Bei der obrigen Bibelstelle fallen mir Gabi & Klaus ein, die vor vielen Jahren darüber diskutierten, ob die Menschen, die „Har-Margedon überleben“ auch wieder abfallen könnten oder ob diese „für immer gerettet“ seien. Heute würde ich die Frage einfach anders stellen: Liebst du Jehovah von ganzen Herzen – dann wirst du wohl sicher alle Prüfungen bestehen – nicht weil du gut bist, sondern weil du immer und zu jeder Zeit auf IHN aus Liebe vertraust. Wenn du aber Gott nur gehorchst, weil man es dir befohlen hat, wird das ganze wohl immer schief gehen….

Nun einige Kommentare zu den obrigen Vers:

Gottes Heilsplan für die Nachkommen Adams im allgemeinen besteht darin, einem jeden während des Millenniums oder Tausendjahrtages das ewige Leben anzubieten unter den Bedingungen des neuen Bundes, der mit dem teuren Blut des Lammes versiegelt ist. Unsterblichkeit, göttliche Natur aber wird dann nicht mehr zu erhalten sein; das sind Gaben, die der Herauswahl dieses Evangeliums-Zeitalters, der kleinen Herde, der Braut, des Lammes Weib, vorbehalten sind. Für die anderen bedeutet das Anerbieten ewigen Lebens Wiederherstellung (Apostelgeschichte 3:19-21) zu Leben und Gesundheit und Vollkommenheit der menschlichen Natur, wie sie Adam, als Ebenbild Gottes, besaß vor seinem Fall aus der Gnade in Sünde und Tod.
Wenn dann am Ende des Millenniums alle gehorsamen Menschen erhalten haben werden, was durch Adam verloren ging und von Christo zurückgekauft wurde, dann werden auch alle, nachdem sie nun volle Erkenntnis gewonnen und deshalb in den Stand gesetzt sind, die Prüfung zu bestehen, einzeln (wie Adam) einer strengen Prüfung unterzogen werden (Offenbarung 20:7-10), und nur die, welche sich bei dieser Prüfung als von Herzen und im äußerlichen Wandel mit Gott und seinen gerechten Anforderungen einverstanden erweisen, werden über das Millennium hinaus in die ewige Zukunft des Zeitalters ohne Ende hinein leben. Die übrigen wird der Zweite Tod auf immer dahin raffen – aus der Mitte des Volkes. – Apostelgeschichte 3:22
Wenn nun auch kein Tod, kein Seufzen und kein Weinen mehr sein soll, so wird das nicht etwa die Folge der Verleihung der Unsterblichkeit an die Überwinder des Tausendjahr-Zeitalters sein, sondern die Folge davon, dass die Menschen zwischen gut und böse und den Früchten beider zu unterscheiden gelernt und dadurch einen Charakter entwickelt haben werden, der sie mit Gott und seiner Gerechtigkeit in vollem Einklang stehen lassen wird, die Folge davon, dass sie eine Prüfung werden bestanden haben, die beweist, dass sie auch dann nicht zu sündigen wünschten, wenn sie dazu Gelegenheit erhielten und keinerlei Strafe sie dafür treffen würde. Sie werden nicht Leben in sich selbst haben, sondern noch abhängen von Gottes Vorkehrungen zur Erhaltung des Lebens (Nahrung). – Offenbarung 21:4, 6, 8; 7:16; Matthäus 5:6

Charles Taze Russell im Jahr 1899 – Die Versöhnung des Menschen mit Gott

Johannes erfuhr aber auch, was am Ende der tausend Jahre geschehen sollte: Der Satan wird losgelassen werden aus seinem Gefängnis, dem Abgrund, und einen allerletzten Versuch unternehmen, die Völker – hier als Gog und Magog – bezeichnet – zum Kampf gegen Christus aufzustacheln. Seine Freilassung wird einen weltweiten Aufstand gegen das Tausendjährige Reich Christi heraufbeschwören. Die Heere, die sich gegen Christus versammeln, werden so riesig sein, daß Johannes schrieb: Ihre Zahl ist wie der Sand am Meer.
Wer sind diese Menschen, die Satan zu diesem Zeitpunkt noch folgen werden? Diejenigen, die die Zeit der Großen Trübsal überleben, werden in ihrem irdischen Leib in das Tausendjährige Reich eingehen. Sie werden Kinder bekommen und die Erde wieder bevölkern ( Jes 65,18-25 ). Doch auch unter den dann herrschenden idealen Umständen, wenn alle Menschen auf der Welt Jesus Christus kennen (vgl. Jer 31,33-34 ), werden manche nur ein Lippenbekenntnis zu ihm ablegen und nicht wirklich glauben, daß sie ihre Rettung ihm verdanken. Wenn dann Satan freigelassen wird, wird offenbar werden, daß sie nicht wirklich zu Christus gehören. Die Heerscharen, die Satan in dem Kampf gegen Christus folgen, werden also diejenigen Menschen sein, die im Tausendjährigen Reich nicht wiedergeboren werden.
Es ist die Frage gestellt worden, ob der hier beschriebene Krieg eine Entsprechung zu Hes 38-39 darstellt, wo ebenfalls von Gog und Magog die Rede ist (Hes 38,2). Es handelt sich jedoch offensichtlich um zwei verschiedene Schlachten, denn die Heere, die an dem Krieg in Hes 38-39 teilnehmen, kommen vor allem aus dem Norden; zu ihnen gehören also nur wenige Völker. In der Schlacht in Offb 20,7-9 dagegen werden alle Völker der Erde mitkämpfen, und die Heere werden aus allen Himmelsrichtungen kommen.
Auch die Einzelheiten der beiden Kriege sind völlig verschieden. In der Schlacht in Hes 38-39 ist z. B. weder von Satan noch vom Tausendjährigen Reich die Rede. Aus dem Kontext von Offb 20,7 wiederum geht eindeutig hervor, daß diese Schlacht am Ende des Tausendjährigen Reiches stattfindet, wohingegen die Schlacht, von der Hesekiel berichtet, in die Ereignisse der Endzeit vor dem zweiten Kommen Christ gehört.
Warum gebrauchte Johannes dann die Begriffe „Gog und Magog“? In der Schrift wird dieser Ausdruck nicht erklärt. Er kann auch hier gestrichen werden, ohne daß sich die Bedeutung des Satzes verändert. In Hes 38 war Gog der Herrscher und Magog das Volk. Beide waren Feinde Israels und hatten sich gegen Gott aufgelehnt. Es wäre denkbar, daß die beiden Namen im Laufe der Zeit eine symbolische Bedeutung angenommen haben, so wie man z. B. vom „Waterloo“ einer Person spricht und mit dem Ort der endgültigen Niederlage Napoleons nur noch die persönliche Niederlage dieses einen Menschen meint. Auf jeden Fall befanden sich auch die Heere, von denen an dieser Stelle die Rede ist, in jenem Zustand der Auflehnung gegen Gott, derer sich die Menschen in Hes 38 schuldig gemacht hatten.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Wenn sich die Weissagung das zum Zweck machte, uns das Zukünftige zu beschreiben, damit wir jetzt schon begriffen, was zuletzt mit der Menschheit geschehe, so müßte Johannes bei dem, was er über die königliche Gegenwart Jesu auf der Erde sagte, verweilen. Drängt sich uns hier nicht eine Menge von Fragen auf, sowie wir uns darauf einlassen, Fragen aufzuwerfen? Von der Gemeinde Jesu ist gesagt worden, daß sie die Verklärung empfangen habe, während für das Weltganze und für die übrige Menschheit die jetzt bestehenden Grundverhältnisse noch nicht verändert sind. Wie sollen wir uns nun den Lebensstand der Auferstandenen und ihre Gemeinschaft mit denen denken, für die die natürlichen Verhältnisse noch fortbestehen? Johannes gibt uns aber kein Gesicht, das uns hierauf eine Antwort geben soll, wie er uns auch kein Gesicht darbietet, das uns die Hochzeitsfeier, die den Christus mit seiner Gemeinde vereint und das Mahl, das er ihr bereitet, vorführen soll. Denn seine Weissagung gehorcht der Regel, die Jesus seinen Jüngern gab und der alle Apostel bei ihren weissagenden Worten untertan sind. Alle Weissagung diente ihnen dazu, um die Hoffnung der Christenheit zu Jesus hinzuwenden und ihr zu sagen, daß sie nach seiner Offenbarung zu verlangen und auf sie sich zu bereiten habe. Das ist ihre Antwort auf jede Frage, die wir an die Zukunft richten mögen. Denn die Christenheit weiß alles, was sie wissen muß, wenn ihr bezeugt wird, daß sich Christus in Herrlichkeit offenbaren werde. Eine andere Darstellung der Zukunft braucht sie nicht, weil sie durch diese Verheißung weiß, was sie empfangen wird, wenn sie bei Jesus bleibt, und was sie verlieren würde, wenn sie ihn verließe. In der Gewißheit, daß der Christus die Seinen dann, wenn er sich offenbart, mit sich vereinen und verklären werde, besitzt sie eine vollständige Hoffnung, die ihr alles gewährt, was sie zur Bewahrung des Christenstands bedarf, so daß neben ihr jede andere Frage müßig ist und darum abgeschnitten wird. Daher steht auch Johannes, nachdem er die Offenbarung Jesu verkündet hat, am Ziel und sieht nicht darin seinen prophetischen Beruf, die Herrlichkeit des ewigen Lebens, das jetzt für den auserwählten Teil der Menschheit beginnt, schon zu beschreiben oder begreiflich zu machen, sondern fügt zur Verkündigung der neuen Erscheinung nur noch den einen Satz hinzu, daß auf die Verklärung der Christenheit die Vollendung aller Dinge folge. Das letzte, alles neu machende Gotteswerk wird aber wieder durch einen Abfall herbeigeführt, durch eine neue Offenbarung der Sünde, die jetzt vollends verwerflich und bösartig wird, weil sie sich gegen den königlich regierenden und gegenwärtigen Christus richtet. Wieder hält alles, was dann der Welt Gottes Größe und Gnade sichtbar macht, die Menschheit nicht davor zurück, nochmals den Kampf gegen Gott zu unternehmen. Es wiederholt sich also nochmals die Regel, daß sich das göttliche Werk in Gerechtigkeit und Gnade dann zeigt, wenn die Sünde mächtig und die Not groß geworden sind, so daß auch hier das Werk des Satans demjenigen Gottes vorangeht und dieses dadurch herbeigeführt wird, daß die menschliche Sünde ihr Ziel erreicht zu haben scheint. Wieder beginnt die Offenbarung der Gnade mit dem gegen die Menschen gerichteten Gericht; aber dieses ist auch hier wieder ein Werkzeug für den herrlichen und gnädigen Willen Gottes, der dann der Welt seine höchste Gabe darbietet, wenn die vollendete Sünde geschehen und durch Gottes Gericht beseitigt worden ist.
Diese Gestaltung des Gesichts war durch die Weissagung Hesekiels gegen das im Norden Asiens wohnende Volk Magog veranlaßt, Hesekiel 38, von dem Hesekiel sagt, es werde, von seinem Fürsten Gog geführt, gegen Jerusalem heranziehen und Israel zu vernichten suchen, bis Gott eingreife und das Heer seiner Feinde vernichte. Die jüdische Gemeinde hat diese Weissagung aufmerksam erwogen, weshalb die Erwartung verbreitet war, das Ende sei dann da, wenn unbekannte Völker, mit Namen Gog und Magog, mit einem mächtigen Heer die Gemeinde angreifen und von Gott gerichtet werden. Im Gesicht des Johannes erhält aber diese Weissagung einen anderen Platz als den, den ihr die vorher vorhandene Beschreibung der letzten Dinge gab, da er den Kampf Gogs gegen die in der Stadt Gottes versammelte Gemeinde nicht vor die Erscheinung des Christus, sondern an den Schluß der tausendjährigen herrlichen Zeit setzt, die seine Offenbarung der Menschheit bringt. Diese Gestaltung der Weissagung kommt daher, daß sie sich zuerst an die Völker wandte, die im römischen Reich vereinigt waren. Bei ihnen sieht Johannes die große Sünde durch die Anbetung des Menschen und durch den Kampf gegen Jesus geschehen, und bei ihnen wird deshalb auch die göttliche Gerechtigkeit und Gnade zuerst offenbar, durch die das Böse überwunden und die für Jesus leidende Gemeinde vollendet wird. Diese Weissagung ersetzt aber diejenige nicht, die den Krieg des Gog beschreibt, weil nicht die ganze Menschheit vom römischen Reich umfaßt wird. Es gibt noch unbekannte Völker, die an den Ecken der viereckigen Fläche wohnen, auf der die Menschheit ihre Heimat hat, während die im römischen Reich vereinigten Völker die Mitte der Erde, ihre Breite, besitzen. In diesen Völkern, die am Rand der Erde wohnen, findet der Satan sein letztes Werkzeug, mit dem er das göttliche Werk aufzuhalten versucht. Durch sie geschieht die letzte Empörung gegen Gottes Willen und die letzte Versuchung derer, denen Gott seine Gnade gab. Vom Satan erregt, ziehen jene Völker in die Gegenden herein, die die Mitte der Erde bilden, mit der Absicht, die zu vernichten, die Gott gehören. Das Gesicht bleibt aber kurz und macht nicht aus der Darstellung dieses Kampfes ein Hauptthema für die Weissagung. Der Sieg gehört Gott, und die letzte gegen ihn kämpfende Schar geht unter, und nun ist die Zeit zu Ende, und das Ewige beginnt.

Adolf Schlatter – Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament

Während die Gnade herrschte durch Gerechtigkeit, wurden die Menschen im Ganzen nicht zu Gott bekehrt; sie werden es auch nicht werden, wenn Christus als König in Gerechtigkeit regiert. Sie werden sich der Macht unterwerfen, der sie nicht zu widerstehen wagen, aber bei vielen wird es nur vorgetäuschter Gehorsam sein. Sünde wird in Schach gehalten werden, aber sie wird noch in den Herzen der Menschen sein. Wir würden, wenn es uns nicht anders gezeigt würde, urteilen, dass an jenem Tage herrlicher und gerechter Regierung das Herz des Menschen verändert werden würde. Natürlich werden einzelne da sein, die zum Herrn umkehren und deren steinerne Herzen verwandelt werden. Diese haben das Gesetz Gottes in ihre Herzen geschrieben, so dass sie sich in demselben erfreuen und im Gehorsam zu wandeln begehren. Gott wollte in vollkommener Gerechtigkeit handeln, indem Er die anderen dem Gericht übergab, aber Er sucht stets Seine Gerechtigkeit zu rechtfertigen in allem, was Er tut, daher erlaubt Er, dass der Mensch erneut von Satan versucht wird, nur um zu beweisen, wie bereitwillig sie ihm unterliegen würden in der Auflehnung gegen Gott und Seinen Christus. Es ist nicht mehr der dritte Teil der Erde, wo Rom einst seinen Einfluss ausübte, sondern es handelt sich hier um die Nationen, die an den vier Ecken der Erde sind. Die Wörter Gog und Magog darf man nicht vermengen mit Gog, dem Lande Magogs, von dem in Hesekiel 38 gesprochen wird. Dort bezieht es sich auf eine einzelne Person, den Fürsten von Rösch (wie es zu lesen ist), den Regenten des Landes Magog. In Hesekiel handelt es sich um einen großen Völkerbund im Norden, der zweifellos von Russland angeführt wird, der unmittelbar nach der Aufrichtung des Reiches Christi in das Land einfällt. Ich denke an ihren am Ende erfolgenden Angriff auf das Land Palästina. Sie sind die Verwüster des Landes und die eingefleischten Feinde der Juden. Aus anderen Stellen können wir entnehmen, dass der Herr den Juden Kraft zum Kämpfen geben wird, indem Er ihre Finger den Krieg lehrt und Seinem Volke die Macht verleiht, einen entscheidenden Sieg über ihre Feinde davonzutragen. So groß wird das Schlachten sein, dass viele Monate dazu gebraucht werden, das Land von den Leichnamen zu reinigen.
In Offenbarung 20 indessen haben wir eine Macht, die Ähnlichkeit hat mit jener, die zu Beginn des Tausendjährigen Reiches das Land zerstört hat, die aber eine weltweite Zusammenziehung von Kräften nach der Zeit der Herrschaft Christi umfasst. Zweifellos wird die Bevölkerung der Erde erheblich zugenommen haben, darum wird gesagt, dass ihre Menge wie der Sand des Meeres ist, Jerusalem, die geliebte Stadt, ist der Zentralpunkt des Angriffs, insbesondere das Heerlager der Heiligen, das sie auszutilgen suchen. Während des Tausendjährigen Reiches war Satan gebunden, und der Herr Jesus herrschte in höchster Macht. Am Ende der tausend Jahre wird das Reich durch Christus an Gott übergeben und Satan wird losgelassen, aber mit welcher Schnelligkeit handelt Gott mit dem Bösen! Es ist die letzte Zeit, wo es Satan erlaubt wird, den Menschen zu versuchen und Gott zu widerstehen, und es ist die letzte Zeit, wo der Mensch auf Erden in Versuchung geführt wird.

H.G. Moss – Das Buch der Offenbarung

Ehe wir an die Besprechung dieses kurzen, aber bedeutungsvollen Stückes der Weissagung gehen, drängt sich die Frage auf, wozu Gott diesen letzten Trumpf des Satans überhaupt zulässt? Er hätte den Erzfeind doch gleich beim Anbruch des Tausendjährigen Reiches gänzlich vernichten und für immer beseitigen können? Dieses letzte dem Satan noch gestattete Auftreten ist für die Zeitgenossen des Friedensreiches Christi eine letzte Krisis. Sie sollen nicht vergewaltigt werden durch die Macht und den Segen, womit dieser wunderbare Zeitabschnitt ausgestattet war. Wer trotz all des augenscheinlichen, handgreiflichen Segens des Evangeliums nichtsdestoweniger im Herzen ein Gegner Jesu und seiner Leute geblieben ist, der soll noch eine Gelegenheit haben, sich offen von ihm abzusagen und des Todfeindes Partei zu nehmen. Jene heimlich Unzufriedenen, die doch die ganze Zeit nicht wollten, »dass dieser über sie herrsche«, schon weil das sündige Fleisch nicht auf seine Rechnung kam, werden plötzlich Aufwasser und Anhang bekommen, sobald in der unsichtbaren Welt der Teufel aus seiner tausendjährigen Verbannung freikommt.
Man braucht sich das »Ausgehen« des Satans zur Verführung der Nationen nicht sichtbar vorzustellen; der Umsturz nach dem Weltkrieg zeigte uns in Deutschland deutlich genug, wie gewisse Ideen plötzlich an der Zeitstimmung Nahrung finden und lichterloh emporflammend sich blitzschnell ausbreiten. Da aber andrerseits beim Gericht über den Verführer er sehr persönlich gemeint ist, könnte es ja sein, dass Satan in einer Art Menschwerdung als Führer aller jener christusfeindlichen Elemente erschienen ist. Aber das ist auch nicht notwendig anzunehmen: persönlich bleibt er auch als unsichtbarer Geist.

Was heißt aber »Gog und Magog, die an den vier Ecken der Erde sind…«? Natürlich geht diese Bezeichnung auf Hes 38 und Hes 39 zurück; diese Kapitel bitte ich erst aufzuschlagen und nachzulesen, ehe man hier weiter liest. Verschiedene Andeutungen (Offb 38, 8.11.12) weisen auf Israels Wiederherstellung und gesegnetes Leben im Tausendjährigen Reiche hin. Da soll ein gewaltiges Heer, von Gog, dem Fürsten über die Völker Rosch, Meschech und Thubal geführt, von Norden heranziehen, um das friedliche Israel (wo es keinen Militarismus mehr gibt!) zu überfallen.
Es ist möglich, dass der Einfall der Skythen, von dem Herodot erzählt, dass er zwischen 633-626 vor Christo stattfand, die Unterlage für diese Weissagung bildete. Merkwürdig genug, dass jener Heeresstrom damals Palästina weder geplündert noch verwüstete, sondern auf die Geschenke des ägyptischen Pharao Psammetich hin in Philistäa umkehrte und wieder zurückzog. Ob darauf das Wort Hes 38, 4 hindeutet: »Ich führe dich zurück.«…?
Die meisten Ausleger denken an Russland (Meschech = Moskau, Thubal = Tobolsk). Vielleicht wird Russland, das durch den Weltkrieg und den Bolschewismus so fürchterlich zerrissene Land, weder vom Antichristentum noch vom Tausendjährigen Reiche näher berührt werden und darum jenen rätselhaften Völkersturm gegen das friedliche Palästina ausführen. Vielleicht sind mit dem allen nur Barbarenvölker gemeint, die eine neue Auflage des Bolschewismus über die Welt heraufzuführen versuchen werden. Satanische Züge sind im russischen Bolschewismus hinreichend zutage getreten.

Johannes hat nicht einfach die Weissagung des Hesekiel übernommen, sondern nur Begriff und Namen jener Feinde; er setzt aber hinzu: »an den vier Ecken der Erde«. Soll das heißen: aus Nord und Süd, von Ost und West werden sich die verschiedensten feindlichen Volksgruppen zum Vernichtungssturm gegen den Mittelpunkt des Tausendjährigen Reiches – Jerusalem – in Bewegung setzen, so scheint mir das glaubhaft. Dann würden die vorher genannten unzufriedenen Verschwörer aus dem ganzen Gebiet des Friedensreiches auch darunter zu verstehen sein. Ob es ein buchstäblicher Feldzug mit Heeresmacht und Kanonen oder eine furchtbare fanatische Feindschaft in der Welt der Gedanken, Zeitungen und Verordnungen sein wird, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Vielleicht beides.
Für mein Empfinden hat dieser fast unverständliche Umschwung des beglückenden Friedensreiches einen ähnlich überraschenden und enttäuschenden bitteren Beigeschmack wie der Ausgang des Weltkrieges für Deutschland! Aber es muss wohl auf diese Weise die ganze unberechtigte und sinnlose Feindschaft des Satans an den Tag kommen: er hat seine letzten Trümpfe ausspielen dürfen und hat doch sein Spiel endgültig verloren. Weiter war diese letzte Krisis für die Menschheit notwendig. Es musste durch diese letzte Erkrankung des Menschheitsorganismus der letzte Rest von Widerwilligkeit ausgeschieden und innerlich überwunden werden. Damit sind die Vorbedingungen für das letzte Weltgericht gegeben, das sich gleich nach dem Gericht über den Verführer vollziehen soll.

Samuel Keller – Die Offenbarung Johannis

Zum dritten Mal in diesem Kapitel wird das Verb teleo verwendet, jedesmal mit „vollendet“ übersetzt (V. 3.5.7). Das Verb teleo besagt, dass das Ziel, telos , erreicht worden ist. Das Ziel, das Gott mit dem Tausendjährigen Reich hatte, ist erreicht worden, und nun soll die letzte Prüfung des Menschen beginnen.
Die Freilassung Satans „für eine kleine Zeit“ (V. 3) ist genau so wörtlich zu verstehen wie seine Einkerkerung. Wenn wir die Ergebnisse seiner Freilassung erfahren, verstehen wir auch ihre Ursache. Alle, die in das Millennium in ihrem irdischen Leib eingehen, haben ewiges Leben; alle anderen sind bei der Aufrichtung des Reiches entfernt worden (Mt 25,31-46). Zum ersten Mal seit dem Garten Eden wird die Erde von idealen Zuständen geprägt sein, und da die Sünde unterdrückt, die Krankheit verbannt und kein natürlicher Tod mehr sein wird, wird es zu einer Bevölkerungsexplosion kommen, welche den Schöpfungsauftrag erfüllen wird: „Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan“ (1.Mo 1,28). Während der ganzen Zeit des Tausendjährigen Reiches wird Gerechtigkeit blühen und Friede wird herrschen (wie in Ps 72 beschrieben). Israel wird wieder ihren Platz als Haupt über den Nationen innehaben, und jede Nation wird den König anbeten. Aber die Kinder, die unter diesen idealen Bedingungen geboren werden, werden noch eine sündige Natur haben und werden die Wiedergeburt brauchen. Die Predigt des Evangeliums wird ihnen die Gelegenheit dazu bieten, und jeder Einfluss im Heim, in der Gemeinschaft und durch die Predigt des Evangeliums vom Messias als Retter und König wird zusammen mit dem obligatorischen dreimaligen Erscheinen pro Jahr zu den Festen des HERRN zusammenwirken und viele zum persönlichen Glauben an Christus führen. Man würde erwarten, dass ein jeder Mensch, der in dieser glücklichen Zeit geboren wird, Christus freudig aufnehmen und an den irdischen und geistlichen Segnungen des Reiches teilhaben müsse, dies um so mehr, als der Satan gebunden ist und die Menschen nicht mehr verführen kann. Die während des Millenniums geborenen Kinder werden ihre Eltern an Zahl weit übertreffen, und die Erde wird am Ende gewiss mehrere Milliarden Bewohner haben. Aber die menschliche Natur bleibt sich auch unter diesen idealen Bedingungen gleich: sie steht i Feindschaft zu Gott. Da die Menschen wissen, dass offene Auflehnung unter der Regierung Seines ehernen Stabes den sofortigen Tod nach sich zieht (Hes 32,20), wird die innere Auflehnung unter einer äußeren Form des Wohlverhaltens verborgen bleiben. Die Psalmen haben diese Art geheuchelten Gehorsam angekündigt (Ps 18,44; 66,3; 81,15). Elberf übersetzt im Text jeweils: „Sie unterwerfen sich mit Schmeichelei“, während in der Fußnote steht: „sie heuchelten Gehorsam“. Dies bietet dem Satan ein große Angriffsfläche, so bald er aus seinen Gefängnis losgelassen wird. Er wird dafür sorgen, dass die innere Ablehnung zur offenen Rebellion wird. Die Absicht des Himmels ist es gewesen, zu zeigen, dass das Menschenherz auch unter den günstigsten Bedingungen von Frieden, Wohlfahrt und göttlichem Schutz sich nicht verändert hat. Der Mensch wird sie nicht zum Kind Gottes entwickeln. W. Hoste schreibt dazu: „Dies ist der Beweis, dass der Mensch ohne die Gnade Gottes und die neue Geburt in seinem Herzen nur böse ist und ein Feind Gottes bleibt.“

Nachdem die Menschen in den tausend Jahren, da der Satan in seinem Gefängnis war, nichts gelernt haben, macht sich der Satan zum letzten Mal auf, die Menschen unter seinem Banner zu versammeln. Die Bibel sagt es deutlich, dass alle Nationen auf Erden während des Millenniums unter der segensreichen Regierung des Messias standen: „Die Könige von Tarsis und von den Inseln werden Geschenke entrichten, es werden Abgaben darbringen die Könige von Scheba und Seba. Und alle Könige werden vor ihm niederfallen, alle Nationen ihm dienen“ (Ps 72,10-11). Weitere Stellen, die Seine weltumspannende Regierung ankündigen, sind Jes 2,2-4; 65,20-22; 66,18-24; Hes 36,38; Sach 8,4-5.20-23; 14,16-18. Trotzdem trifft Satan „an den vier Ecken der Erde“ auf offene Ohren. Der Ausdruck kann ein Hinweis sein auf seinen Weltweiten Erfolg, oder auch darauf, dass die Rebellion von den Randgebieten her beginnt. Man hatte immer anerkannt, dass die Mitte des Reiches in Israel ist mit Jerusalem als dessen Hauptstadt. Es ist möglich, dass Abtrünnige und Rebellen, die sich weigerten, sich der Herrschaft Christi zu beugen, sich an die Ränder des Reiches verzogen, und dass der Satan nun hier die willigsten Hörer findet und von da anfängt, seine Armee zu mustern.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

ein Teil unserer Bestimmung

und wir sandten Timotheus, unseren Bruder und Mitarbeiter Gottes (O. unter Gott) in dem Evangelium des Christus, um euch zu befestigen und zu trösten (O. zu ermuntern) eures Glaubens halber, auf daß niemand wankend werde in diesen Drangsalen. (Denn ihr selbst wisset, daß wir dazu gesetzt sind;
Elberfelder 1871 – 1.Thessalonicher 3,2–3

und unseren Bruder Timotheus zu euch zu schicken, der als Mitarbeiter Gottes zusammen mit uns das Evangelium von Christus verkündet. Wir gaben ihm den Auftrag, euch im Glauben zu stärken und zu ermutigen, damit keiner von euch durch die Verfolgungen, denen ihr ausgesetzt seid, in seinem Vertrauen auf Gott erschüttert wird. Ihr wisst ja selbst, dass solche Leiden zu unserem Leben als Gläubige gehören.
Neue Genfer Übersetzung – 1.Thessalonicher 3:2–3

Er ist unser Bruder und ein Mitarbeiter Gottes in der Aufgabe, die gute Botschaft des Messias zu verbreiten. Der hatte den Auftrag, euch zu stärken und darin zu ermutigen, an eurem Vertrauen auf Gott festzuhalten, damit keiner in diesen Anfeindungen aus der Bahn geworfen wird. Denn ihr selbst wisst ja, dass das ein Teil unserer Bestimmung ist.
Roland Werner – Das Buch – 2009 – 1.Thessalonicher 3,2–3

Warum planen manche christliche Gruppen „eine Verfolgungswelle“? Hat Gott nicht alles im Griff? Und ist es nicht unsere Aufgabe, für Christus verfolgt zu werden??

So ist das »Stärken und Ermuntern« direkt mit der Abwehr von Erschütterungen des Glaubens verbunden. Das griech. Verb, das wir mit »erschüttern lassen« wiedergegeben haben, kommt im NT nur hier vor. Im außerbiblischen Sprachgebrauch bedeutet es »mit dem Schwanz wedeln«, von daher dann auch »schöntun«, »schmeicheln«. Somit nehmen manche Ausleger die Übersetzung »sich bewegen/betören lassen« an: Die Christen würden somit in Gefahr stehen, sich von den Gegnern den Glauben ausreden zu lassen. Dies paßt nur gezwungen zu »in diesen Bedrängnissen«. Daher findet sich in den frühen Übersetzungen und bei den griechischen Auslegern die Deutung »bewegen«, »erschüttern«, für die inzwischen auch ein außerbiblischer Beleg entdeckt wurde.
Paulus hofft nicht nur darauf, daß ein Großteil der Gemeinde im Glauben beständig bleiben möge. Vielmehr soll »keiner« angesichts der Umstände aufgeben. Dem entspricht, daß Paulus nach 2,11 jeden einzelnen der thessalonischen Christen ermahnt hat, sein Leben in der Gemeinschaft mit und im Gehorsam gegenüber Gott zu führen.
Was steht hinter »diesen Bedrängnissen«? Die Thessalonicher waren selbst Augenzeugen der Verfolgungen, die Paulus und seine Mitarbeiter wegen der Predigt von Jesus Christus in ihrer Stadt erfahren haben (vgl. Apg 17,5ff.). Als Ohrenzeugen sind sie über ähnliche Vorgänge in Philippi unterrichtet (1. Thes 2,2). Sie selbst sind von ihren Landsleuten angefeindet worden, als sie begannen, an Jesus Christus zu glauben (1,6; 2,14). Offenbar setzt sich dieser Druck auch in der Gegenwart fort, nicht nur bei den Missionsbemühungen des Paulus, sondern auch für die Gemeinde in Thessalonich. Wie im Deutschen, so verweist auch im Griechischen der Begriff ursprünglich auf ein »Zusammendrängen«, »Einengen« und meint daher auch ein »Bedrängen«, »Quälen«; dadurch entstehen »Druck« und »Hitze« (vgl. 1. Petr 4,12).
Allerdings bedeuteten solche »Bedrängnisse« keineswegs etwas Außergewöhnliches und Befremdliches (1. Petr 4,12), sondern etwas Vorhersehbares, Naheliegendes und Normales (vgl. Apg 14,22). Christen sind dazu »bestimmt« (derselbe Begriff begegnet auch in Phil 1,16: Paulus ist »bestimmt« zur Verteidigung des Evangeliums). Darin äußert sich kein resignativer Fatalismus, sondern eine nüchterne Wahrnehmung der Situation der Christen in der Welt. Wer die Sachlage kennt, wird von derartigen Vorkommnissen nicht überrascht und in falscher Weise verunsichert. Um diesen Realismus ist es Paulus zu tun. Ihn hat Jesus seinen Jüngern vermittelt: Mt 5,11f.; 10,17–23; 23,34; 24,9f. So verstanden soll die Bedrängnis nicht zum Abfall, sondern zu Geduld, Bewährung und Hoffnung (Röm 5,3f.) und somit zum Erweis der Kostbarkeit des Glaubens (1. Petr 1,6f.) führen.

Edition C Bibelkommentar

Das Ziel ist konkret und genau umrissen: »Auf daß niemand wankend werde in diesen Drangsalen. Denn ihr selbst wißt, daß wir dazu gesetzt sind«. »Wankend werden« ist Infinitiv Präsens Passiv von saino (mit dem Schwanz wedeln, schöntun, mit Schmeichelei betören). In diesem Sinn findet sich das Wort nur hier im NT und steht in scharfem Kontrast zu Timotheus‘ Arbeit der Befestigung. Es ist nicht »durch« (GN) sondern »in« (alle anderen Üss) diesen Drangsalen; sie durchlitten sie tatsächlich. Sowohl unser Herr selbst als auch alle Apostel weisen auf diese Bestimmung zum Leiden hin und machen darauf aufmerksam, daß Verfolgung und Drangsal das jedem Gläubigen beschiedene Los in der Zeit Seiner Verwerfung sein wird: »Dies habe ich zu euch geredet, auf daß ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Drangsal‘, aber seid guten Mutes, i c h habe die Welt überwunden« (Joh 16,33). Petrus schreibt: »Geliebte, laßt euch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Versuchung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes; sondern insoweit ihr der Leiden des Christus teilhaftig seid, freut euch, auf daß ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freuet« (1.Petr 4,12.13).

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Ich habe keinerlei Anlass, ich sehe auch nirgends in der Schrift, da wird nie ein düsteres Bild gezeichnet von der Endzeit. Ich glaube, dass es die glorreichste Stunde der Kirche sein wird. Das ist so wichtig, dass Jesus von Wehen spricht. Wehen sind nämlich nichts Schlimmes. Wehen sind keine Krankheit. Wehen bringen nämlich etwas hervor, und dieses Etwas ist das hier. Wenn es keine Wehen gäbe, bliebe das Baby da drin. Das ist für beide Beteiligte ein paar Monate lang schön, aber für immer auch nicht. Das heißt, die Wehen bringen ein neues Leben zur Welt. Das ist nicht ein Gottesgericht, ein zorniger Gott schmettert seine Pfeile auf die Erde, sondern die Erde ist in den Geburtswehen, bis die Söhne Gottes hervorbrechen. Deswegen ist es wirklich Unsinn zu glauben, dass da vorher irgendwo Leute wegentrückt werden. Da fliegen wir weg und dann stürzen die Flugzeuge alle ab, weil die Christen alle Piloten waren. Das ist Unsinn, denn inmitten dieser Trübsal wird die Braut Christi vorbereitet durch Leiden und Herrlichkeit, durch Nordwind und Südwind. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns beschäftigen mit den vielen Christen, die schon jetzt Verfolgung erleiden, nicht, weil ich sage, das kommt auch zu uns. Das ist nicht, worauf ich hinaus will. Sondern weil das normaler Bestandteil des christlichen Lebens ist. Es ist normal, und manchmal sind mir Westler sehr weinerlich. Wenn wir benachteiligt werden und verspottet werden als Christen, müssten wir manchmal fast sagen: Gewöhne dich dran, das ist normal. Jesus hat gesagt: Mich haben sie gekreuzigt, was meinst du, was sie mit meinen Jüngern tun werden?

Es ist ein herrlicher Ruf einmal mehr, ich habe es so oft schon gesagt: Jesus ist nicht gekommen, um uns glücklich zu machen. Er beruft uns zu etwas bedeutend Größerem als zu persönlichem Glück. Bei diesem Ding hier dabei zu sein, bei dieser großen Invasion, das ist etwas bedeutend Herrlicheres, also werde ich da auch glücklich. Also stell dir Soldaten vor, denen der General sagt: Wir nehmen dieses Land ein und ich weiß, wir nehmen es ein. Es wird Blut, Schweiß und Tränen kosten, aber es ist eine herrliche Sache. Der eine Soldat sagt: Werde ich aber auch immer warm schlafen und wird es mir gut dabei gehen? So ein Soldat ist ein Feigling. Ein Soldat ist zu etwas anderem berufen. Wir sind auf dieser Erde als Botschafter dieses Königreichs. Wir sind Teil dieser Invasionsarmee. Kein Wunder, wenn die uns nicht mögen. Es wäre schlimm, wenn sie es täten. Einmal mehr der Vergleich: Wenn du im Schützengraben bist, schießt die ganze Zeit und es schießt nie jemand zurück, ist das kein gutes Zeichen, sondern ein Zeichen, dass du in die falsche Richtung schießt, mein Freund. Wenn da nie Widerstand kommt, stehst du auf verlorenem Posten. Da kommt nie etwas zurück. Wenn du schießt und da schießt jemand zurück, dann sagen Leute: Aber ich habe so viele Anfechtungen, habe so viele Widerstände. Ja, herzlichen Glückwunsch! Das heißt, dass du dich überhaupt bewegst, dass du in eine Richtung gehst. Was wäre das für eine Armee, die sagt: Immer, wenn jemand schießt, gehen wir in die andere Richtung. Klar, wir leben in dieser Zeit des Kampfes. Aber, ich habe das Buch fertig gelesen, wir siegen am Schluss, es geht gut aus. Diese Wehen bringen etwas hervor. Sie bringen die Fülle der Söhne Gottes hervor, sie bringen neuen Himmel und neue Erde hervor. Die Wehen sind keine schlimmen Schmerzen. Tatsächlich lernt eine Mutter im Geburtsvorbereitungskurs, mit den Wehen zu kooperieren, mit denen zu atmen, nicht gegen die zu sein, sich nicht zu verkrampfen. Auf eine ähnliche Art und Weise werden wir als Braut Christi lernen zu kooperieren mit dem Herrn inmitten der Erschütterungen. Das wird die herrlichste Stunde der Kirche sein.

Johannes Hartl – Lebensfragen und Herausforderungen

Gottes Versprechen

und sprach: Ich schwöre bei mir selbst, spricht Jehova, (Eig ist der Spruch Jehovas) daß, weil du dieses getan und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast, ich dich reichlich segnen und deinen Samen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und dein Same wird besitzen das Tor seiner Feinde; und in deinem Samen werden sich segnen (O. gesegnet werden) alle Nationen der Erde: darum, daß du meiner Stimme gehorcht hast.
Elberfelder 1871- Genesis 22,16–18

Bei mir schwöre ich
– SEIN Erlauten –
ja, dieweil du dieses getan hast, hast deinen Sohn, deinen Einzigen, nicht vorenthalten,
segne, ja segne ich dich,
mehren will ich, mehren deinen Samen
wie die Sterne des Himmels und wie den Sand der am Ufer des Meers ist,
ererben soll dein Same das Hochtor seiner Feinde,
segnen sollen einander mit deinem Samen alle Stämme der Erde,
dem zu Folge daß du auf meine Stimme gehört hast.
Buber & Rosenzweig – 1.Mose 22,16–18

Bei mir habe ich geschworen, spricht Gott, dass, weil du dieses vollbracht, und hast mir deinen Sohn, deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten,
werde ich unbedingt dich segnen und unbedingt deine Nachkommen vermehren wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, welcher am Ufer des Meeres ist, und dein Same wird das Tor seiner Feinde erben,
und es werden sich durch deinen Samen alle Völker der Erde segnen, als Folge dessen, dass du meiner Stimme gehorcht hast.
Rabbiner Samson Raphael Hirsch – 1.Mose 22:16–18

Hat Jehovah sich geiirt? ODer hat ER gelogen? Oder warum gibt es heute so viele Menschen, die den Worten Jehovahs aus 1.Mose 22 widersprechen, und sagen, dass Gott durch die Christen in der einen oder anderen Gemeinde „das Heil“ bringen würde? Warum glauben so viele Menschen, dass Jehovah die 144000 aus den „Heiden“ wählen müßte? Dann hätte Jehovah sich wohl geirrt oder gar gelogen, als ER Abraham versprach aus dem Samen Abrahams den Segen bringen zu lassen! Was hätte wohl Abraham gesagt, wenn er diese „neuzeitliche Auslegung“ hören würde? Ganz klar: Abraham würde erklären, dass durch einen seiner Ururur…enkel der Hauptsegen kommen würde – durch Jehoschuah, den Messias! und dass durch weitere Nachkommen von ihm dann der Segen zu allen Volksstämmen der Erde verbreitet werden!
Ich persönlich glaube ja, dass Jehovah die gesamte Geschichte der Menschheit von Anfang an kannte, und deshalb sich genau so ausdrückt wie wir es lesen können: durch Israel wird der Segen über die gesamte Erde kommen – und ja der „zukünftige König“ der von Zion aus die gesamte Erde beherrschen wird, heißt Jesus Christus – ein Nachkomme von Abraham und Isaak und Jakob.


Gott bestätigte wieder seinen Bund mit Abraham (vgl. 1Mo 15,5.18-21; 17,3-8 ). Seine Nachkommen sollten zahlreich wie die Sterne sein (vgl. 1Mo 15,5; 26,4 ), wie der Sand am Ufer des Meeres (vgl. 1Mo 32,13 ) und »wie der Staub auf Erden« (vgl. 1Mo 13,16; 28,14 ). Gott fügte dann noch ein anderes Element hinzu: Die Nachkommen Abrahams sollten über die Städte ihrer kanaanitischen Feinde siegen. Das geschah später bei der Landnahme durch Josua.
Die Belehrungen über die wahre Verehrung Gottes sind zeitlos gültig: (1) Der Glaube gehorcht völlig dem Wort Gottes. (2) Der Glaube übergibt das Beste Gott und hält nichts zurück. (3) Der Glaube wartet auf den Herrn zur Erfüllung aller seiner Bedürfnisse. Gott sorgt nicht, bevor nicht auch persönliche Opfer gebracht werden. Wahre Verehrung Gottes kostet viel. Das galt zu jeder Zeit für Israel, wenn sie ihre Opfer darbrachten. Jene Gaben sollten im Glauben dargebracht werden und Gott stillte alle Bedürfnisse eines jeden, der bereitwillig Gott anbetete.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Da Gottes Segen vom Glauben abhängt und sich der Glaube durch Gehorsam zeigt, wurde Abrahams Glaube erneut auf die Probe gestellt, als Gott ihm befahl, Isaak als Opfer darzubringen. Wieder einmal wurde Abrahams Glaube durch seinen Gehorsam unter Beweis gestellt. Abrahams Glaube, dass Isaak der einzige Erbe Gottes sein könnte, war so stark, dass er glaubte, Gott müsse ihn von den Toten auferwecken, um die Verheißung zu erfüllen (Hebr. 11:17-19).
Wie zuvor reagierte Gott auf den Gehorsam des Glaubens. Er sagte zu Abraham: „Ich schwöre bei mir selbst, spricht der Herr, dass ich dich segnen und deine Nachkommenschaft so zahlreich machen werde wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Meer, weil du dies getan und deinen einzigen Sohn nicht zurückbehalten hast. Deine Nachkommen werden die Städte ihrer Feinde in Besitz nehmen, und durch deine Nachkommen werden alle Völker der Erde gesegnet werden, weil du mir gehorcht hast“ (Gen 22,16-18). Auch hier versprach Gott Abraham, dass er der Empfänger der Segnungen des Bundes sein würde. Der Bund basierte nicht auf Gehorsam, und auch die Beständigkeit des Bundes beruhte nicht auf Gehorsam – vielmehr war der Empfang der Segnungen des Bundes an Gehorsam gebunden. Vergiss nicht, dass ein unbedingter Bund auch bedingte Segnungen haben kann. Auf der Grundlage des Glaubens, der zum Gehorsam geführt hatte, würde Abraham also die Segnungen der Verheißungen und des Bundes erfahren.

J. Dwight Pentecost – Dein Reich komme – Gottes Reichsprogramm und Bundesverheißungen in der Geschichte nachspüren

Die Einleitung zur fünften Bekräftigung des Abrahams-Bundes beginnt in Vers 15 mit einem Ruf: Und der Engel Jehovas rief Abraham zum zweiten Mal aus dem Himmel. Dies ist die zweite Erscheinung des Engels Jehovas in dieser Begebenheit, aber es ist die zehnte Erscheinung Gottes insgesamt vor Abraham, und diesmal ist es der Engel Jehovas. Dieser Ruf ist auch die fünfte und letzte Bekräftigung des Abrahams-Bundes.
Mose 22:16 gibt die Grundlage für die erneute Bestätigung, die mit einer göttlichen Erklärung beginnt: Bei mir selbst habe ich geschworen, sagte Jehova, was der feierlichste Eid war, den Gott leisten konnte. Er wird auch in Jesaja 45:23, Jeremia 22:5, 49:13 und 51:14, Amos 6:8 und Hebräer 6:13-14 verwendet. Dann fuhr Gott fort, die Grundlage der Bekräftigung zu formulieren: Weil du das getan hast und deinen Sohn, deinen einzigen Sohn, nicht zurückbehalten hast.
In 2.Mose 22,17-18a nennt Gott einige der Bestimmungen des Bundes, wobei er vier Dinge erwähnt. Erstens: Gott sagt, dass ich dich segnen werde, wenn du segnest. Zweitens sagt Gott, dass ich deinen Samen vermehren werde, wobei er zwei Beispiele anführt: wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meeresufer, was zeigt, dass es sich um synonyme Ausdrücke handelt. Drittens: Gott fährt fort: Dein Same wird das Tor seiner Feinde einnehmen. Viertens schließt Gott ab: In deinem Samen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden. Wie in der ersten Aussage des Abrahambundes, so verspricht Gott auch hier in der letzten Bekräftigung des Bundes gegenüber Abraham eindeutig den Segen der Heiden.
Mose 22,18b bekräftigt dann die Grundlage für diese Bestätigung des Abrahamsbundes: weil du meiner Stimme gehorcht hat.

Arnold Fruchtenbaum – Genesis

Abraham hat bewiesen, dass er bereit ist, seine Nachkommenschaft im Gehorsam gegenüber Gottes Willen aufzugeben. Deshalb ist es angemessen, dass alle früheren Verheißungen jetzt noch einmal bekräftigt werden. Die Formulierung weist mehrere ungewöhnliche Elemente auf. Alle bisherigen Segnungen sind reine Taten der göttlichen Gnade; jetzt werden sie zum ersten Mal als Belohnung für Abrahams Hingabe an Gott präsentiert. Zum ersten Mal werden sie auch mit einem feierlichen Schwur eingeleitet, bei dem Gott bei seinem eigenen Wesen schwört; (- Für Gott, der bei sich selbst schwört, vgl. Jes. 45:23; Jer. 22:5; 49:13; Amos 6:8 -) und sie werden mit der prophetischen Formel „Der HERR verkündet“ (hebr. neʾum YHVH) eingeleitet. Auch beim Inhalt der Segenssprüche gibt es zwei Neuerungen: Der Sand wird als Metapher für die Menge verwendet, und der Nachkommenschaft des Patriarchen wird der Sieg über ihre Feinde versprochen.


Es wird oft behauptet, dass die Geschichte der Akedah eine Polemik gegen Menschenopfer ist und somit einen Wendepunkt in der Religionsgeschichte darstellt, der den Übergang von der rituellen Tötung von Menschen zum Ersatz von Tieren markiert. Ein solches Verständnis der Erzählung lässt sich weder durch die Geschichte noch durch die biblische Tradition stützen. Die Geschichte von Kain und Abel in 1. Mose 4,3f., die erste Opfererzählung in der Bibel, widerspricht dem, denn sie betrachtet ein Tier oder die Produkte des Bodens als natürliche Bestandteile einer Opfergabe. Auch Noah opfert beim Verlassen der Arche Tiere und Vögel, wie in 8,20 berichtet wird. Isaaks unschuldige Frage (V. 7) auf dem Weg nach Morija geht davon aus, dass Gott normalerweise ein Schaf geopfert wird, während der Ersatz des Widders für Isaak eine spontane Geste Abrahams ist, die auf seine eigene Initiative zurückgeht und nicht göttlich angeordnet wurde. Außerdem war das Tieropfer in der gesamten antiken Welt schon immer die akzeptierte Norm. Das musste so sein, schon allein deshalb, weil die alten Heiden glaubten, dass die Götter für ihr eigenes Überleben das Fleisch der Tiere brauchten, das die Menschen ihnen gaben.

Es ist seltsam, dass Abraham nicht gegen die Unmenschlichkeit der göttlichen Aufforderung protestiert, seinen Sohn auf dem Altar zu opfern. Und die Geschichte enthält keine ausdrückliche Verurteilung oder Ablehnung einer solchen Praxis durch Gott. Ein Zeitgenosse hätte daraus schließen können, dass das Menschenopfer nur in diesem Fall begnadigt wurde, aber dass das Opfer bei anderer Gelegenheit durchaus vollzogen werden könnte. Aus all diesen Gründen kann die Behauptung, die Akedah sei ein Protest gegen Menschenopfer, nicht aufrechterhalten werden.

In der Tat ist ein solcher Protest nicht nötig. Die Akedah hat nichts mit heidnischen Menschenopfern gemein, die praktiziert wurden, um eine zornige oder unaufmerksame Gottheit zu besänftigen, wie in 2 Könige 3:21-27. In solchen Fällen ergreift der Anbeter die Initiative. Im Fall von Abraham gibt es keine Notlage, kein drohendes Unheil, das abgewendet werden muss. Es ist Gott selbst, der die Bitte vorbringt, und es ist Gott, der das Opfer unterbricht. In ihrer jetzigen Form ist die Erzählung das Produkt einer religiösen Haltung, die schon lange auf die Vorstellung konditioniert ist, dass der israelitische Monotheismus mit Menschenopfern unvereinbar ist. Eine unbestreitbare Atmosphäre des Besonderen und Einzigartigen durchdringt die Episode. Die Bitte Gottes wird als etwas völlig Außergewöhnliches behandelt, etwas, das ein Mensch von sich aus niemals tun würde. Mehr noch: Sie stellt den Mann des Glaubens so sehr auf die Probe, dass seine Reaktion keineswegs vorhersehbar ist. Es ist selbstverständlich, dass man normalerweise vor einer solchen Tat wie einem Kinderopfer zurückschrecken würde. Gottes Bitte ist so eindeutig schockierend und unwiederholbar, dass der Leser im Voraus darüber informiert wird, dass Gott Abraham nur auf die Probe stellt und das Opfer nicht für seine eigenen Bedürfnisse will. Es ist übrigens erwähnenswert, dass die Autoren, die sich auf die „Versuchung“ Abrahams beziehen, einen veralteten Gebrauch des Wortes verwenden. Im heutigen Sprachgebrauch ist dies eine äußerst unpassende Beschreibung des Geschehens, das nur Leiden und Qualen mit sich brachte.

Warum wird Abraham geprüft? Seit dem ersten Ruf Gottes an ihn in Haran hat keine seiner Erfahrungen bewiesen, dass seine Hingabe an Gott bedingungslos und grenzenlos war, unbeeinflusst von den vielen glorreichen Verheißungen, die er erhielt, oder dem Reichtum, den er erlangte. In dieser Hinsicht haben Abraham und Hiob einen gemeinsamen Umstand, und die Frage des Widersachers nach der Uneigennützigkeit von Hiobs Frömmigkeit (Hiob 1,9) trifft auch auf den Patriarchen zu. Abraham ist dazu bestimmt, ein neues Volk zu gründen, ein Volk, das mit einer einzigartigen Bestimmung in der Familie der Völker ausgestattet sein soll. Deshalb muss er eindeutig beweisen, dass er würdig ist, Gottes Auserwählter zu sein. Seine völlig uneigennützige Hingabe an Gott muss zweifelsfrei bewiesen werden.

Daraus ergibt sich die Ungewöhnlichkeit der Prüfung, und genau diese Ungewöhnlichkeit erklärt, warum Gott und nicht sein Engel sie vorlegen muss, im Gegensatz zum Befehl, sie zu unterlassen. Es wäre nicht angemessen, wenn Abraham aufgefordert würde, sich selbst zu opfern, denn er würde dies sicherlich tun, um seinen Sohn zu bewahren, und er wüsste immer noch, dass die göttlichen Verheißungen eingehalten werden. Die Opferung seines Sohnes ist also die entscheidende letzte Prüfung, die man sich ausdenken kann.

Die Akedah muss in diesem Licht gesehen werden, und nur in diesem Licht. Der Fokus liegt ausschließlich auf Abraham. Alles andere ist aus der Sicht des Erzählers irrelevant und aufdringlich. Deshalb erfahren wir auch nichts über Sara oder die Gefühle Isaaks

Der JPS Tora-Kommentar – Genesis

Ohne Barmherzigkeit wird das Gerichtsurteil über den ergehen, der selbst unbarmherzig gehandelt hat. Und doch ist es so: Die Barmherzigkeit Gottes behält das letzte Wort über das Gericht.

Roland Werner – Das Buch – Jak 2,13

Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat. Die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht (O. triumphiert über das Gericht.)
Elberfelder 1871 – Jakobus 2,13

Wer selbst kein Erbarmen gehabt hat, über den wird auch Gott erbarmungslos Gericht halten. Wenn aber jemand barmherzig war, dann gilt: Das Erbarmen triumphiert über das Gericht.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Jakobus 2:13

Gott wird nämlich kein Erbarmen haben mit dem, der selbst unbarmherzig ist. Er wird das Urteil über ihn sprechen. Wer aber barmherzig ist, braucht sich nicht zu fürchten: Bei ihm triumphiert das Erbarmen über das Gericht.
Hoffnung für Alle – Jakobus 2,13

Denn ein unbarmherzig Gericht ergeht über den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat, und Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht. Mt 5,7; 7,2; 18,34; 25,34f; Lk 16,9; Tit 3,14; 1,16; Weish 6,5f.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Jakobus 2:13

Schon „komisch“ diesen Vers ausgewählt zu sehen, bei einer Gemeinschaft, die es Eltern untersagt, mit Kindern Gemeinschaft zu pflegen, wenn diese nicht mehr Mitglied der Glaubensorganisation sein wollen – aber es zeigt, dass „sie es wissen“ und gegen „besseres Wissen“ diese Regeln fest legen. Aber was wollte Jakobus mit dieser Aussage?

(Vgl. Sach 7,9; Mt 5,7; 18,21–35). Obwohl Gott nicht verpflichtet ist, Gnade zu zeigen, bestimmt er doch freiwillig, sie reichlich zu gewähren. Er behält das göttliche Privileg für sich selbst vor, Gnade zu zeigen, wem er will (Röm 9). Durch sein Gesetz sind wir aufgefordert, Herzenshärte mit Gnade zu begegnen. Er warnt uns davor, dass, wenn wir keine Gnade gewähren, auch wir letztlich keine Gnade von ihm empfangen werden.

Reformations-Studien-Bibel

Unbarmherziges Gericht […] nicht Barmherzigkeit getan, die Rabbinen bezeichneten dies als „Maß für Maß,“, wobei es sich um das Grundprinzip der göttlichen Gerechtigkeit handelt (vgl. bSan 90a), das sich bereits im Tanach zeigt (z.B. Ex 22,20–26). Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht, obwohl der Ausdruck „Denn du bezwingst [hebr. kovesch] mit deinem Erbarmen das Prinzip des Rechts“ (SifBem 134) zusammen mit einem Schriftbeleg aus Mi 7,19–20 in vielen rabbinischen Lehren auftaucht, entsprechen diese nicht ganz dem, was Jakobus meint: Ihm geht es nämlich um die ethische Haltung der Person, die um göttliche Barmherzigkeit bittet. Die engste rabbinische Parallele dafür ist BerR 33,3 zu Gen 8,1: „Wehe den Frevlern, welche das Maß der göttlichen Barmherzigkeit [hebr. rachamim] in das Maß der Gerechtigkeit verwandeln [hebr. din] [d.h. die ungebremste Gewalt, die von der Generation der Sintflut verübt wurde, und der göttliche Zorn, der sie im Gegenzug traf], Heil aber den Frommen, welche die Eigenschaft der Gerechtigkeit in Barmherzigkeit verwandeln“ [z.B. Noah, indem er alle Lebewesen auf der Arche fütterte].

Das Neue Testament – jüdisch erklärt

Absoluter Gehorsam ist ein weiterer Schlüssel zu geistlicher Reife. Ein Christ muß so reden und handeln (Imperativ Präsens), wie Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. Gottes Gesetz bringt durch seine weisen Begrenzungen wahre Freiheit (vgl. Jak 1,25). Ungehorsam gegenüber diesem Gesetz dagegen bringt Abhängigkeit. Gegenüber denen, die nicht Barmherzigkeit geübt haben, erweist sich das Gericht Gottes als ein unbarmherziges Gericht. Doch wie die Liebe über das Vorurteil triumphiert, so triumphiert die Barmherzigkeit … über das Gericht. Das Verb „triumphieren“ oder „sich erheben über“ (katakauchatai) steht außer an dieser Stelle nur noch in Jak 3,14 und Röm 11,18.
Gott hat unveränderliche Gesetze erlassen. Wer geistliche Reife erstrebt, muß diesen Gesetzen zu jeder Zeit voll und ganz gehorchen. Der Gläubige ist deshalb dazu aufgerufen, seinen Bruder liebevoll, barmherzig und mit beständiger Zuneigung zu behandeln.
Jakobus

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Jak spricht von einem Gericht, das nicht nur kühl und sachlich Recht oder Unrecht feststellt. Er redet von der Barmherzigkeit. Es kann ein unbarmherziges oder ein barmherziges Gericht ergehen. Ob wir das eine oder das andere erfahren, richtet sich danach, wie wir mit Menschen, insbesondere mit unseren Brüdern und Schwestern umgegangen sind. Ein unbarmherziges Gericht erwartet die, die selber nicht Barmherzigkeit geübt haben. Ein barmherziges Gericht bekommen die, die selber Barmherzigkeit geübt haben. Jeder wird mit dem Maß gemessen, mit dem er selber gemessen hat (Mt 7,2; 18,29.34).
»Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht« bedeutet: wer Barmherzigkeit geübt hat, wird im letzten Gericht auch Barmherzigkeit erfahren und so aus dem Gericht »siegreich« hervorgehen. »Wer sich des Armen erbarmt, der leiht dem HERRN, und der wird ihm vergelten, was er Gutes getan hat« (Spr 19,17).
Mit der Barmherzigkeit ist an dieser Stelle nicht die Barmherzigkeit Gottes gemeint. Das Wort steht im Gegensatz zu dem zuvor erwähnten unbarmherzigen Handeln, das dem Armen die nötige Ehrerbietung schuldig bleibt. Dennoch wird man sich daran erinnern, dass Jesus von denen Barmherzigkeit verlangt, denen selber Barmherzigkeit widerfahren ist: »Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist« (Lk 6,36; Mt 18,23–35). Jak meint die Barmherzigkeit von Menschen, die ihrerseits bereits die Barmherzigkeit Gottes erlangt haben und davon leben.
Der Abschnitt 2,1–13 ist voll ernster Ermahnungen; er endet aber mit einem Jubelruf: Die Barmherzigkeit wird triumphieren, sie wird jubeln, sich gegen das Gericht »rühmen« (so wörtl.). Damit ist nicht gemeint, dass sich der Barmherzige in Selbstruhm erhebt. Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht, weil sie es nicht zu fürchten braucht.

Hans-Jürgen Peters – Wuppertaler Studienbibel

Die Bedeutung der Barmherzigkeit im Gericht (V. 13).

13 a) Die erfahrene Barmherzigkeit. „Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht“: Wer kann denn da noch selig werden, wenn hier (im Bild des Schülers gesprochen) sozusagen eine volle Eins als Durchschnittszeugnis verlangt wird? Jakobus gibt die Antwort mit dem Wort „Barmherzigkeit“, grie „éleos“ A .
A) „Kyrie eleison“, der alte Gebetsruf der Kirche, hängt sprachlich damit zusammen und bedeutet: „Herr, erbarme dich.“

Ins Blickfeld trat die Barmherzigkeit Gottes erstmalig in der atst Geschichte, als es auf des Messers Schneide stand, ob Gott das von ihm erwählte Volk wieder verwerfen müsse. Hier wurde ausgesprochen: Gott übt nicht nur Barmherzigkeit, er ist Barmherzigkeit. Barmherzigkeit ist geradezu die Summe seines Wesens, sein Name (2 Mo 33,19;34,6). Das Gericht einer vergeltenden Gerechtigkeit sagt: Der Mensch muß sterben. Die Barmherzigkeit sagt: Der Mensch soll leben. Die richtende Gerechtigkeit fordert, daß der Mensch in Ewigkeit von Gott geschieden sei. Die Barmherzigkeit Gottes will den Menschen ganz nah bei sich haben. Und nun triumphiert die Barmherzigkeit über das Gericht. Wie ist es dazu gekommen? Die Barmherzigkeit Gottes ist „erschienen“ (Lk 1,78.79). So jubelt en Zeuge der Geburt des Sohnes. Nun war die Barmherzigkeit Gottes im Vollsinn da und am Werk. Dieser Eine machte sozusagen die volle „Eins“ So bezeugte der Vater: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Und nun hat Jesus mit uns Menschen getauscht: „Er ist für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir in ihm würden die Gerechtigkeit Gottes“ (2 Kor 5,21). Unser Herr hat unser miserables Zeugnis übernommen und alle Folgen daraus getragen; er ließ sich an unserer Statt wie eine völlig unbrauchbare Schülerarbeit „durchkreuzen“. Und umgekehrt gibt er uns sein hervorragendes Zeugnis, so daß wir uns auch vor dem letzten Gericht nicht zu fürchten brauchen. Auf diese Weise triumphiert in unserem Leben einmal in Ewigkeit die Barmherzigkeit über das Gericht; die Barmherzigkeit hat und spricht das letzte Wort A .
A) Interessant ist die Entstehung der deutschen Wörter „erbarmen“ und „Barmherzigkeit“. Als einst gotische Missionare vom heutigen Siebenbürgen her donauaufwärts nach Süddeutschland kamen, waren sie in derselben Lage, in der sich oft auch unsere Missionare unter der heidnischen Volksstämmen befinden: Sie fanden nicht die Wörter, die Wortgefäße vor, in denen die biblische Botschaft ausgedrückt werden konnte, z. B. der biblische Begriff der Barmherzigkeit. So mußten auch sie schon zu neuen Wortbildungen greifen. Es war ein Zeitwort „arman“, „armen“ vorhanden, das „arm machen“, „berauben“ bedeutete. Das kannten unsere germanischen Vorfahren offenkundig. Nun verwandelten die Missionare dieses Zeitwort durch die Vorsilbe „ab“ in die gegenteilige Bedeutung. Darauf setzten sie noch eine verstärkende Vorsilbe davor „ir“ oder „er“; das „a“ fiel dabei weg. So entstand „erbarmen“ = ganz und gar von der Armut befreien. Und schließlich wurde daraus „barmherzig“ und „Barmherzigkeit“ = ein Herz haben für die Armen und sie ganz und gar von der Armut befreien.


b) Die geübte und nicht geübte Barmherzigkeit. In der Bibel steht von der Barmherzigkeit Gottes, ehe von der Barmherzigkeit des Menschen die Rede ist (2 Mo 34,5.6;Ps 103,4.8). Jesus selbst war zunächst der große „barmherzige Samariter“, der von „Jerusalem“ nach „Jericho“, von der himmlischen Herrlichkeit in diese Welt hinabging (Phil 2,6-8) und unter Einsatz seines Lebens sich des unter den Mörder und Räuber, den Feind, gefallenen Menschen annahm. Doch Gott will, daß wir die empfangene Barmherzigkeit weitergeben. „Weil uns denn Barmherzigkeit widerfahren ist, so werden wir nicht müde“ (2 Kor 4,1). Der Mensch geht der Gnade, der Vergebung und der Barmherzigkeit, die er empfangen hat, wieder verlustig, wenn er sich weigert, sie auch andern Menschen weiterzugeben. „Das Gericht wird erbarmungslos gegen den ergehen, der kein Erbarmen bewiesen hat“: Wir können und müssen uns die Seligkeit nicht verdienen. Durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit wird sie uns geschenkt. Doch wir können ihrer wieder verlustig gehen, wenn wir unser Vergeben und unsere Barmherzigkeit überhaupt andern Menschen vorenthalten.

Im Gleichnis vom Schalksknecht (Mt 18,21 ff) sagt Jesus von dem Mann, der 100 Millionen veruntreut hat und nun um Stundung bittet (eine unsinnige Sache, denn er kann ja seine Schulden nie zahlen). Durch die Barmherzigkeit seines Herrn empfing er noch viel mehr als er erbeten hatte, nicht nur Zahlungsaufschub, sondern Erlaß. Doch als er nachher seinem Mitknecht unbarmherzigerweise die Stundung von auch nur hundert Mark verweigerte, da ging er der empfangenen Barmherzigkeit wieder verlustig; er hatte sie nicht wahrhaft als Barmherzigkeit empfangen, sonst hätte er so nicht handeln können A .
A) Rechte Barmherzigkeit reicht auch bis zu den Tieren: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs“ (Spr 12,10). Der Wurm im Staub ist nicht tiefer unter dem Menschen als der sündige Mensch unter Gott.

Unsere Unbarmherzigkeit kann sehr verschiedene Gestalt haben. Sie kann auch darin bestehen, daß wir unsere wirklichen oder vermeintlichen Qualitäten sehr ins Licht rücken, und andere darüber verzagt und gegen ihren Schöpfer bitter werden. „Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz; prüfe und erfahre, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege“ (Ps 139,23.24).

Zu diesem „bösen Weg“, zu dieser Versagung der Liebe und Barmherzigkeit gehört, so sagt uns Jakobus, auch das „Person-Ansehen“. Auch dieses führt zu einem erbarmungslosen Gericht. Bleiben wir uns dessen eingedenk, daß wir alle auf dem Weg sind zu dem großen Gerichtstag mit den schweren Folgen der versagten Barmherzigkeit.

F. Grünzweig – Wuppertaler Studienbibel

Wenn der Verkehr so geschieht, wie er im Vorangehenden dargestellt ist, geschieht lauter Unbarmherzigkeit. Unbarmherzig handeln die, die die Christen verurteilen und hinrichten, unbarmherzig aber auch die Christen, sowohl wenn sie den Armen verachten, als wenn sie dem Reichen schmeicheln. Da findet nirgends ein ποιῆσαι ἔλεος statt, ein Handeln, durch das das, was den anderen bedrückt, mitempfunden und hilfreich beseitigt würde. Und doch steht über allen das sie richtende Gesetz, vor dem es für den Übertreter keine Entschuldigung gibt. Gibt es etwas, was ihn rettet? Ist er unbarmherzig, dann rettet ihn nichts. Das Boshafte und Verwerfliche, das unser Verhalten zu der uns den Tod bringenden Verschuldung macht, ist die Unbarmherzigkeit. Diese verdammt und vernichtet das Gesetz unerbittlich. Dadurch aber, daß das Gesetz gegen die Unbarmherzigkeit streitet, bereitet es uns den Weg in die Freiheit, die über seinem Gericht steht und es mit Zuversicht und Jubel erwartet. Zum Geber der Freiheit und der Gerechtigkeit wird das Gesetz für den Barmherzigen.
Indem Jakobus von dem zur Hilfe bereiten Erbarmen spricht, nennt er dem, der sich auf das Gebot beruft: „Du sollst deinen Nächsten lieben“, den Prüfstein, an dem er erkennen kann, ob seine Liebe mehr sei als verschönte Eigensucht. Wenn ihm die Liebe da fehlt, wo er helfen soll, wenn er nur im Reichen den Nächsten sieht, den er lieben muß, dann ist seine Berufung auf das Gebot der Liebe Selbstbetrug.
ποιεῖν τὸ ἔλεος, so handeln, daß daraus hilfreiches Erbarmen wird, ist eine alte hebräische Formel.1 Sie gibt das Positive zu den Verboten der zweiten Tafel des Dekalogs und faßt alles zusammen, was diese verlangen. Daraus, daß Jakobus unsere Pflicht an jenen Verboten maß, entstand folgerichtig der Satz, das Gericht verdamme den Unbarmherzigen. Aber nicht nur im sprachlichen Ausdruck bewahrt Jakobus die Gemeinschaft mit dem Rabbinat, sondern die ganze Gedankenreihe: Recht und Barmherzigkeit, דִּין und חֶםֶד, die Zweiheit der Normen, die beide heilig sind, ihr Unterschied, der sich für unser Denken zum Gegensatz verschärfen kann, und der Vorrang der Barmherzigkeit, die stärker ist als das Recht, das alles war befestigtes Eigentum der jerusalemischen Theologie. Tritt damit auch eine Annäherung an jenen Gedanken ein, den Jakobus mit Vers 10 verworfen hat, der im gütigen, hilfreichen Werk die Deckung für die Sünde sucht? Aber gerade weil der Satz, der den Übertreter des einen Gebotes ohne Ausflucht schuldig heißt, unantastbare Gewißheit und heilige Geltung hat, hat die Frage den tiefsten Ernst, was es für ein Verhalten gebe, auf das das Gesetz keine Verdammung legt. Wenn wir nichts als sündigen könnten, wären wir verloren. In treuem Anschluß an die Verheißung, die Jesus den Barmherzigen gegeben hat, sagt Jakobus: Größer als das vergeltende Recht ist die helfende Barmherzigkeit. Das ist so, weil Gott barmherzig ist, und deshalb gibt es für die Verschuldeten nicht nur ein angstvolles Entrinnen vor dem Gericht des Gesetzes, sondern einen freudigen Empfang seines Spruchs, weil der barmherzige Gott die Barmherzigen vom Urteil des Gesetzes befreit.
Wieder wird der Jubel hörbar, mit dem der Brief 1, 2 begann. Jakobus steht als der Schuldige vor Gott, nun aber nicht so, daß die Angst nach Erbarmung riefe; die aus der Angst geborene Bitte um Barmherzigkeit kennt er nicht. Gottes Barmherzigkeit hat Gottes Herrlichkeit in sich und steht mit Gottes Vollmacht über dem Recht und Gericht. Darum hat Jakobus, der alle schuldig heißt, den freisprechenden Spruch Gottes nicht nur Vergebung, Erlaß der Strafe, ἄφεσις, sondern, wie Paulus, Rechtfertigung genannt.
Denen, die ihre Rede vom Eid rein halten und bei der Wahrheit bleiben, sagt Jakobus: „Ihr fallt nicht unter das Gericht“, ihr kommt nicht in seine Gewalt, 5, 12. Wer nicht unter das Gericht gestellt wird, rühmt sich gegen dasselbe. Dem, der den Bruder aus der Verirrung zurückführt, sagt er, er könne die Menge seiner Sünden zudecken, 5, 20. Sind die Sünden bedeckt, so werden sie nicht gerichtet. Die Formeln des Jakobus sind nicht weniger zuversichtlich als die des Johannes, wenn er dem Glaubenden sagt, er komme nicht in das Gericht.
Wir hören durch dieses Wort, was Jakobus aus einem Knecht des Gesetzes zu einem Knecht Jesu gemacht hat. Im Gesetz fand er nirgends etwas, was ihm helfen könnte; es ist ganz gebrochen. Was ihm hilft, ist das Erbarmen, und dieses hat er bei Jesus gefunden. Wir erfahren, was das Kreuz Jesu für Jakobus bedeutet hat; es war ihm die Offenbarung des göttlichen Erbarmens.

Schlatter – Der Brief des Jakobus

In V.13 wird uns ein unfreundlicher und unbarmherziger Mensch vorgestellt. Am Tag der Beurteilung wird er gerettet werden, doch so wie durchs Feuer. Indem wir dies wissen, geziemt es uns mit Sicherheit, barmherzig zu sein. Mit anderen Worten: Wir sollen die Gnade Gottes an Mitmenschen – Heilige wie Sünder – weitergeben, denn die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht. Die Welt bezeichnet denjenigen, der keine Barmherzigkeit erweist, umgangssprachlich als Rauhbein (A.d.Ü.: Textangleichung). (1) A.d.Ü.: Hier wurde bei der Versangabe eine Ergänzung vorgenommen. (2) A.d.Ü.: vgl. Anm. zu 1,5 (3) A.d.Ü.: In Anlehnung an den Bibeltext heißt es „ihr“ im Original. Die deutsche Wiedergabe vermeidet einen Wechsel des Subjekts.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Nach dem Aufruf zum Reden und Handeln in Vers 12 liefert Jakobus in Vers 13 die Grundlage für diesen Aufruf: Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat. Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht. Das Gesetz des Messias vergibt also dementsprechend Barmherzigkeit oder Gericht. Das Wort denn bietet die Erklärung für das, was in Vers 12 geschrieben wurde. Die Erklärung lautet: Das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat. Das Gericht bezeichnet hier das Gericht aus Vers 12, vor allem den Richterstuhl Christi (2Kor 5,10). Der Gerichtsmaßstab vor dem Richterstuhl ist das Gesetz der Freiheit oder Gesetz des Messias. Das Wort geübt ist ein Aorist, der aufzeigt, dass im Leben eines Menschen ein Mangel an Barmherzigkeit andern gegenüber charakteristisch war. Das Wort Barmherzigkeit betont die äußerlichen Erweise von Mitleid und Mitgefühl, gezeigt durch freundliche Handlungen. Mangelnde Barmherzigkeit kommt vor dem Richterstuhl des Messias wie ein Bumerang zurück. Die Worte ohne Barmherzigkeit sind im Griechischen nur ein Wort. Dieses Wort kommt nur hier vor; es ist ein negatives Adjektiv. Die zuvor in diesem Kapitel beschriebene Behandlung des Armen spiegelt einen Mangel an Barmherzigkeit; jedoch triumphiert [Barmherzigkeit] über das Gericht. Das griechische Wort triumphieren bedeutet „sich über etwas rühmen, sich über etwas erheben“. Es wird nur drei Mal gebraucht: hier, nochmals in 3,14 und außerdem in Römer 11,18. Auch steht im Griechischen dieses Wort an betonter Stellung.

Die Kernaussage: Barmherzigkeit zu erzeigen, bedeutet Barmherzigkeit zu erhalten; Gericht zu zeigen, bedeutet Gericht zu empfangen. Jedoch triumphiert Barmherzigkeit sieghaft über Verdammung. Gott möchte nicht verdammen; er möchte lieber Barmherzigkeit erzeigen. Wer jedoch keine Barmherzigkeit erzeigt, wird Verdammnis erhalten.

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief