Wer gestohlen hat, (W. der Stehler) stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, auf daß er dem Dürftigen mitzuteilen habe.
Elberfelder 1871 – Epheser 4,28
Wer vom Diebstahl gelebt hat, muss jetzt damit aufhören. Er soll seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen und zusehen, dass er auch noch etwas für die Armen übrig hat.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Epheser 4:28
Wer bisher ein Dieb gewesen ist, soll aufhören zu stehlen und soll stattdessen einer nützlichen Beschäftigung nachgehen, bei der er seinen Lebensunterhalt mit Fleiß und Anstrengung durch eigene Arbeit verdient; dann kann er sogar noch denen etwas abgeben, die in Not sind.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Eph. 4,28–29
Der Stehler wird zum Geber. Er soll nicht nur das Stehlen lassen, sondern er soll »mit seinen Händen« arbeiten (kopiào, sich abmühen). Geheiligte Hände lassen sich für das Gute (agathòs, tugendhaft) gebrauchen und wollen lieber dem Bedürftigen geben als stehlen. Das Kind Gottes arbeitet nicht lediglich, damit es hat, sondern »damit es hat, um zu geben«.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Christen sollen nicht stehlen, sondern für das, was sie brauchen, arbeiten. Ein Dieb nimmt sich von anderen, was er benötigt, ein Gläubiger aber soll arbeiten und mit eigenen Händen das nötige Gut (agathon; vgl. V. 29) schaffen, damit er dem Bedürftigen abgeben kann. Das ist wahre christliche Nächstenliebe. Arbeit ist in mancherlei Hinsicht von Nutzen: wenn man arbeitet, hat man, was man braucht, tut etwas Sinnvolles (etwas, was einem selbst und anderen von Nutzen ist) und kann überdies andere materiell unterstützen.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Nach den Ermahnungen im Blick auf Lüge und Zorn wendet sich Paulus dem Problem des Diebstahls zu, das – zusammen mit der Frage von Arbeit und Faulheit – auch in anderen jungen Gemeinden eine Rolle spielte: »Der Dieb stehle nicht mehr; vielmehr mühe er sich und schaffe mit seinen eigenen Händen das Gute.«
Wuppertaler Studienbibel
Der »Dieb« bringt »das dauernde, gewohnheitsmäßige Tun« zum Ausdruck, deutet hier aber auf das »Einst« der vorchristlichen Zeit. Auch an dieser Stelle sind die eingefahrenen Geleise des ehemaligen Lebensstils entschlossen zu verlassen: »er stehle nicht mehr«. Gleichzeitig aber ist das Denken und Tun auf »das Gute« auszurichten. Damit wird sehr klar erkennbar, was Paulus mit seiner Mahnung meint, die »Glieder Gott als Waffen der Gerechtigkeit« zu ergeben, damit »sie heilig werden« (Röm 6,13.19). Auf diese Weise gewinnt die »Erneuerung des Sinnes« und das »Anziehen des neuen Menschen« (Eph 4,23f) anschauliche Gestalt.
Das Verbot des Stehlens ist in den Zehn Geboten verankert (2Mo 20,15). Im NT ergibt sich daraus folgerichtig, daß »Diebe« zu den »Ungerechten« (griech.: adikos; vgl. Röm 1,18) gehören, die von der Teilhabe am Reich Gottes ausgeschlossen sind (1Kor 6,10f; vgl. 1Petr 4,5).
Um den »Teufelskreis« von Diebstahl und Arbeitsverweigerung zu durchbrechen, mahnt der Apostel zu gewissenhaftem Arbeitseinsatz. Verwandte Probleme traten bereits früher in der Gemeinde von Thessalonich auf. Daher drängt Paulus ausführlich auf die Korrektur: Der Apostel und seine Mitarbeiter haben mit ihrer eigenen Arbeit für den Lebensunterhalt gesorgt (2Thess 3,7ff; 1Kor 4,12) und erwarten dieselbe Einstellung auch von den Gemeindegliedern. Da Müßiggang dazu führt, »unnütze Dinge zu treiben« (2Thess 3,11), ist solcher »Unordnung« (griech.: ataktos) scharf entgegenzutreten, ggf. die Gemeinschaft mit solchen Mitchristen (zeitweise) zu unterbrechen (2Thess 3,6; vgl. 1Thess 4,11f).
Was Paulus tat, um das Evangelium frei verkündigen zu können und keiner finanziellen Unterstützung zu bedürfen, das soll den Briefempfängern die Mittel zur Unterstützung anderer verschaffen. Dies ist das »Gute«, das zugleich das materielle »Gut« meinen kann. Da die christliche Gemeinde Leib Christi ist, für den das gegenseitige Geben und Nehmen grundsätzlich gilt, stellt der »Ausgleich« eine zentrale Funktion des gemeinschaftlichen Lebens dar: Dazu gehört die Teilhabe an Freude oder Leid (1Kor 12,26), aber auch der Ausgleich des Mangels durch den Überfluß anderer.b Dabei richtet sich der Blick zunächst auf die Mitchristen, berücksichtigt darüber hinaus jedoch den Bedürftigen allgemein: »Laßt uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen« (Gal 6,10; vgl. Tit 3,14; 1Joh 3,17).
Schon seit den Zehn Geboten gehört »Du sollst nicht stehlen!« (2Mose 20,15) zum biblischen Ethos. Das gilt nun auch für Christen. Auch wenn das Gesetz Moses in Christus »weggetan« ist (vgl. zu Eph 2,14-15), macht Paulus durch verschiedene Anklänge an das AT in diesem Abschnitt deutlich, dass auch das neue Gottesvolk ethische Maßstäbe hat, die keineswegs hinter denen des AT zurückbleiben. Sie mögen Gewohnheitsdiebe gewesen sein, wie in V. 28 a das griech. Wort für »der Dieb«, wörtl. »der Stehlende« (eine Partizipform, die eine fortgesetzte Handlung ausdrückt), nahelegt. Jetzt gilt: er »stehle nicht mehr«! Aber es bleibt nicht bei diesem Verbot des Stehlens. An die Stelle der alten Gewohnheit muss ein neues Verhalten treten: »Vielmehr soll er sich anstrengen und mit seinen eigenen Händen das Gute schaffen, damit er dem, der Mangel hat, etwas zu geben hat« (V. 28 b). Hat man früher auf Kosten anderer gelebt, lässt man sich nun die Hilfe für den anderen etwas kosten. War man früher auf das Nehmen aus, arbeitet man nun, um geben zu können. Der Dieb hat es sich leicht gemacht, wenn er erntete, wo er nicht gesät hat. An die Stelle dieses Verhaltens tritt nun die Bereitschaft zu harter Arbeit (»sich anstrengen«, »sich plagen«!). Hart arbeiten gehört zum christlichen Ethos. Aber nicht nur arbeiten, um für sich zu raffen – dann wäre nur ein Egoismus an die Stelle des anderen getreten! Die harte Arbeit ist vielmehr eingebettet in eine Gebestruktur. Durch harten Einsatz werden Mittel (»das Gute«) erarbeitet, die in die Lage versetzen, anderen zu helfen. Hab und Gut ist offenbar etwas Gutes, wenn man es nicht ergaunert, sondern hart erarbeitet, um es nicht nur für sich zu verbrauchen, sondern da einzusetzen, wo Not ist.
Gerhard Maier – Edition C
Daß nun den anderen ihr Eigentum unverletzt bleibt, genügt Paulus noch nicht. Der christliche Sinn schließt mehr in sich: die Freude am Helfen. Darum mutet Paulus dem, der früher vom Diebstahl lebte, jetzt die tapfere Arbeitsamkeit zu als das, wodurch er den alten Menschen abtut und den neuen anzieht. Statt daß er früher fremde Arbeit ohne Recht für sich benützte, arbeitet er jetzt mit der eigenen Hand nicht nur für sich, sondern dazu, daß er geben kann. So kommt in die Anstrengung seiner Arbeit ein innerer Adel hinein. Er tut sie nicht nur, weil er muß, um selbst die Lebensmittel zu haben, sondern verschafft so der Liebe die Mittel, durch die sie ihr Werk vollführt.
Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament
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