Tag: 12. November 2024

Wie sollte ich nun dieses große Übel tun!

Niemand ist größer in diesem Hause als ich, und er hat mir gar nichts vorenthalten als nur dich, indem du sein Weib bist; und wie sollte ich dieses große Übel tun und wider Gott sündigen?
Elberfelder 1871 – Genesis 39,9

Niemand ist angesehener in diesem Hause als ich, und nicht hat er das Geringste mir vorenthalten als dich, indem du seine Frau doch bist; und wie sollte ich dies große Unrecht tun und sündigen gegen Gott?
Die Philippson-Bibel – Genesis 39:9

er selber ist in diesem Haus nicht größer als ich,
gar nichts hat er mir vorenthalten
als dich allein, dieweil du sein Weib bist.
Wie sollte ich nun dieses große Übel tun!
an Gott würde ich sündigen!
Buber & Rosenzweig – 1.Mose 39,9

in diesem Hause ist niemand größer als ich; nicht das Geringste hat er mir vorenthalten außer dich, insofern du seine Frau bist: Wie soll ich nun eine so große Schlechtigkeit begehen, und mich gegen Gott versündigen!
Rabbiner Samson Raphael Hirsch – 1.Mose 39:9

Und er setzte den Joseph über sein ganzes Haus;
da kam der Segen des Herrn auf das Haus des Ägypters wegen Joseph
und der Herr ließ ihm alles, was er tat, wohl gelingen.
So überließ der Ägypter dem Joseph alles;
denn er sah, daß der Herr mit ihm war
und daß der Herr alles, was er tat, wohl gelingen ließ.
Joseph aber war schön von Angesicht; gar hübsch war sein Antlitz,
und so hob das Weib seines Herrn ihre Augen auf,
sah Joseph und gewann ihn lieb;
dann bat sie ihn, daß er ihr beiwohnen möge.
Er aber gab sich nicht hin,
sondern dachte an den Herrn
und an die Worte,
die sein Vater Jakob aus den Geschichten Abrahams zu lesen pflegte,
daß kein Mensch mit einem verheirateten Weib Unzucht treiben dürfe
und daß für einen solchen die Todesstrafe
im Himmel vor dem höchsten Gott festgesetzt
und daß die Sünde zu seinen Ungunsten in den ewigen Büchern
vor dem Herrn stets aufgezeichnet werde.
Und Joseph dachte an diese Worte und wollte ihr nicht beiwohnen.
Sie bat ihn ein Jahr lang;
er aber weigerte sich und wollte ihr nicht gehorchen.
Da umarmte sie ihn und packte ihn im Haus,
um ihn zur Beiwohnung zu zwingen.
Sie verschloss nämlich die Haustüre und packte ihn;
da ließ er sein Kleid in ihrer Hand,
zerbrach den Riegel und floh vor ihr

Paul Rießler – Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel

Nun prüfte Gott Josef durch Potifars Frau, um zu sehen, ob er gehorsam war. Als sie den schönen Josef lockte, weigerte er sich, mit ihr ins Bett zu gehen, denn das würde eine Sünde sowohl gegen Gott als auch gegen seinen Herrn sein. Darauf versuchte er, besonnen und weise ihr tägliches Vordringen zu umgehen, indem er sogar vermied, in ihrer Nähe zu sein. Seine Ablehnung wurde dadurch bestärkt, daß er überzeugt war, daß Gott ihn zu einer besonderen Aufgabe berufen hatte. Er konnte den Beweis dafür in seinem Emporkommen aus der Sklaverei sehen. Wenn man den Plan Gottes erfüllen muß, kann man nicht gegen den Gott sündigen, der ihn zustande bringen wird.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Der Abschnitt über Josef und die Frau des Potiphar beginnt in Vers 7 mit dem Vorschlag der Frau. Der Zeitpunkt war: Und es geschah nach diesen Dingen, d. h. nach der Erhebung Josephs zur Autorität im Hause Potiphars. Da geschah es, dass die Frau seines Herrn ihre Augen auf Joseph warf und sagte: Leg dich zu mir!
Doch in 39:8-9 kam die Weigerung Josephs: Aber er weigerte sich und erklärte der Frau seines Herrn, dass er zwei Personen nicht verraten könne. Erstens kann er Potiphars Vertrauen nicht missbrauchen: Siehe, mein Herr weiß nicht, was mit mir im Hause ist; Potiphars Vertrauen in Joseph war vollkommen. Wenn Josef also den Verführungen der Frau nachgeben würde, könnte er damit davonkommen. Aber: Er hat alles, was er hat, in meine Hand gegeben: Er ist in diesem Haus nicht größer als ich; was die funktionale Autorität anbelangt, war Josef Potiphar gleichgestellt. Natürlich war er Potiphar unterstellt, aber Joseph bezog sich auf die funktionale Autorität. Außerdem: Er hat mir auch nichts vorenthalten außer dir, und das aus gutem Grund: weil du seine Frau bist. Josef schloss mit der rhetorischen Frage: Wie kann ich dann diese große Bosheit begehen? Josef kann also das Vertrauen, das Potiphar in ihn gesetzt hat, nicht missbrauchen. Zweitens kann er nicht gegen Gott sündigen und damit sowohl Gott als auch Potiphar verraten.

Arnold Fruchtenbaum – Genesis

Josefs spontane Antwort ist ein kategorisches Nein. Seine moralische Vortrefflichkeit wird umso mehr gewürdigt, wenn man bedenkt, dass er ein Sklave ist und dass sexuelle Promiskuität ein ständiges Merkmal aller Sklavengesellschaften war. Außerdem hätte eine ehrgeizige Person durchaus die Ansicht vertreten können, dass die aufdringliche Frau ihm eine seltene Gelegenheit bot, seine persönlichen und egoistischen Interessen zu fördern.

Josef ist sich seiner untergeordneten Position bewusst und wagt es nicht, Zorn zu zeigen. Auch predigt er nicht. Er erklärt nur seine persönlichen Gründe, warum er ihre Annäherungsversuche ablehnt, und zwar in einer Reihenfolge, die seine Vorstellung von ihrer Wertehierarchie widerspiegelt. Zuerst verweist er auf den Vertrauensmissbrauch, der damit einhergehen würde, dann auf die Verletzung der Eigentumsrechte des Ehemanns an seiner Frau und schließlich auf den religiösen und moralischen Charakter des Vergehens. Der zweite dieser Gründe spiegelt die heidnische Rechtstheorie wider, nach der Ehebruch vor allem eine private Verletzung, ein Affront und eine Demütigung für den Ehemann war. Die dritte Argumentationslinie entspricht der israelitischen Auffassung von Moral, die ihren Ursprung und ihre Sanktion im göttlichen Willen und nicht in sozialen Konventionen oder utilitaristischen Erwägungen hat.

vor Gott verwendet Josef hier ʾelohim, nicht YHVH, weil er zu einem anderen Volk spricht.

Nahum M. Sarna – Der JPS Tora-Kommentar

Joseph hatte wegen des Hasses seiner Brüder in einer Grube gelitten, aber jetzt würde er wegen der Begierde einer bösen Frau einer noch größeren Gefahr ausgesetzt sein. „Denn eine Hure ist eine tiefe Grube, und eine Verführerin ist ein enger Brunnen“ (Spr 23:27, NKJV).

Die Frau des Potiphar behandelte Joseph auf demütigende Weise, indem sie ihn in ihr Bett einlud. Sie mag sich gedacht haben: „Ist er nicht ein Jude und dazu noch ein Sklave? Und arbeitet er nicht für meinen Mann und damit auch für mich? Da mein Mann nicht da ist, habe ich das Sagen, und Josef ist mein Angestellter. Es ist seine Aufgabe, Befehle entgegenzunehmen.“ Sie behandelte Josef wie eine Sache, nicht wie einen Menschen; und als ihre Annäherungsversuche zurückgewiesen wurden, wandte sie sich gegen ihn.

Ganz gleich, wie viel die Menschen über „Liebe“ reden und Sex außerhalb der Ehe verteidigen, die Erfahrung ist falsch, billig und erniedrigend. Unzucht und Ehebruch verwandeln einen reinen Fluss in einen Abwasserkanal und machen freie Menschen zu Sklaven und dann zu Tieren (5:15-23; 7:21-23). Was als „Süße“ beginnt, wird bald zu Gift (5,1-14). Josef wollte weder seine Reinheit noch seine Integrität opfern, nur um der Frau seines Herrn zu gefallen.

Es kostete Joseph viel Mut und Entschlossenheit, diesen Kampf Tag für Tag zu führen, aber er war erfolgreich. Er erklärte ihr, warum er nicht kooperieren wollte: (1) Sie war die Frau eines anderen Mannes, und dieser Mann war sein Herr; (2) sein Herr vertraute ihm, und er wollte dieses Vertrauen nicht missbrauchen; (3) selbst wenn niemand sonst davon erfuhr, würde Gott es wissen und unzufrieden sein. Alles, was sie wollte, war ein Augenblick des Vergnügens, aber für Josef war das eine große Bosheit gegen Gott (Gen 39,9).

Warren W. Wiersbe- Sei Commentary Series