Tag: 16. März 2025

Eltern gehorchen ?

Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn, denn das ist recht.
Elberfelder 1871 – Epheser 6,1

Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern! So möchte es der Herr, dem ihr gehört; so ist es gut und richtig.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Epheser 6:1

 Ihr Kinder, gehorcht euern Eltern, denn ihr steht in des Herrn Gemeinschaft!* Ein solcher Gehorsam ist recht und billig – er entspricht dem Willen Gottes.
Ludwig Albrecht – Eph 6,1

Ihr Kinder, seid euren Eltern gehorsam, weil ihr ja auch zu Jesus, dem Herrn, gehört. Denn so ist es richtig und gerecht.
Das Buch – 2009 – Eph 6:1

Gehorsam – nicht gern gehört – weder jetzt noch in der Vergangenheit. Aber da die Familie das Werkzeug Gottes für den Menschen ist, muß es eine Führung geben – und diese Führung kann nur dann gut funktionieren, wenn die Eltern die Maßstäbe Gottes lieben und IHN ehren.
Den folgenden Vers hatten wir schon einmal

Ein dem Geist unterstelltes Leben (Eph 5,18) ist auch für eine gute Beziehung zwischen Eltern und Kindern nötig. Die Wendung „in dem Herrn“ bedeutet nicht, daß die Kinder nur dann gehorchen müssen, wenn die Eltern Christen sind. Wie aus Kol 3,20 ganz klar hervorgeht, ist der Gehorsam eines Kindes gegenüber seinen Eltern Gott wohlgefällig, weil ein solches Verhalten recht (dikaion) ist, d. h., daß das Prinzip des kindlichen Gehorsams für die ganze menschliche Gesellschaft Gültigkeit hat. Zur Unterstützung dieser These ( Eph 6,2 a.3) zitiert Paulus das fünfte Gebot ( 2Mo 20,12; 5Mo 5,16). Nach den Worten des unmittelbar anschließenden Nebensatzes ist dies das erste Gebot, das eine Verheißung hat. In Wirklichkeit handelt es sich hier jedoch um das zweite Gebot, das eine Verheißung hat (vgl. 2Mo 20,6).
Manche Exegetensind der Ansicht, daß Paulus hier meinte, es sei das erste Gebot, das Kinder lernen müssen. Doch das ist unrichtig; auch Kinder müssen zuallererst das erste, nicht das fünfte der zehn Gebote lernen. Es ist also wahrscheinlicher, daß Paulus sagen wollte, daß dieses Gebot insofern das „erste“ sei, als es sich bei ihm um ein „vorrangiges“ Gebot handelt, d. h. daß es für Kinder von besonderer Bedeutung ist und als solches für die Kinder eine Verheißung hat. Die Verheißung für die Kinder, die ihren Eltern gehorsam sind, lautet, daß es ihnen wohl gehen werde und sie lange leben auf Erden. Darin steckt das allgemeine Prinzip, daß Gehorsam zu Selbstdisziplin führt, die wiederum Stabilität bewirkt und somit die Aussicht auf ein langes Leben schenkt. (Umgekehrt ist es unwahrscheinlich, daß ein undisziplinierter Mensch lange leben wird. Ein Israelit, der seinen Eltern ständig ungehorsam war, besaß also nicht das Privileg, sich eines langen, gesunden Lebens im Land Israel zu erfreuen. Ein Beispiel dafür waren Elis Söhne Hofni und Pinhas; 1Sam 4,11.) Obwohl diese Verheißung Israel im Alten Testament gegeben worden war, hatte sie ihre Gültigkeit zur Zeit des Paulus ebensowenig verloren wie heute.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Die ausführlichsten Angaben des Apostels Paulus über die Pflichten der verschiedenen Mitglieder eines Haushalts (einschließlich der Sklaven) finden wir in Kolosser 3,18 bis 4,1 und Epheser 5,22 bis 6,9. Aber auch Texte wie 1. Timotheus 2,1–15; 5,1.2; 6,1.2.17–19; Titus 2,1 bis 3,8 und 1. Petrus 2,13 bis 3,7 enthalten zu diesem Thema Aussagen, die im Ton und in der Struktur ähnlich sind. Solche Haustafeln waren nicht auf das Neue Testament beschränkt, sondern zu jener Zeit in der Ethikliteratur durchaus verbreitet. Der Unterschied zwischen ihnen liegt darin, dass sie in der Bibel von christlichen Gesichtspunkten geprägt sind.
Nach der Aufzählung der Pflichten der Männer und Frauen kommt Paulus in Epheser 6,1–4 zu denen der Eltern und Kinder. Und wie seine Anweisungen eine hohe Meinung von der Ehe widerspiegeln und viel dazu beitrugen, den Frauen mehr Rechte zu geben, so stellte er auch die Kinder auf eine höhere Ebene. Die meisten von uns wissen gar nicht, wie nachhaltig sich das Christentum auf unsere Sicht von Frauen und Kindern ausgewirkt hat, weil wir in einer Umwelt leben, die sich durch biblische Wertvorstellungen in großem Umfang verändert hat. Man braucht nur die Zeitumstände näher zu betrachten, in der Paulus seine Briefe schrieb, um den Gegensatz festzustellen.
In seiner Zeit hatten traditionelle römische Vorstellungen vom Familienleben und von der Erziehung in hohem Maße Einfluss auf die griechisch-römische Welt genommen. In der römischen Kultur hatte der Vater eine fast absolute, legale Macht über die Glieder seines Haushalts, wie aus den Erklärungen von Dionysius von Halicarnassus hervorgeht. Er schrieb: „Die römische Gesetzgebung gab dem Vater praktisch die volle Macht über seinen Sohn: Wenn er es für richtig hielt, konnte er ihn einkerkern, geißeln oder in Ketten legen lassen; er konnte ihn auf den Feldern arbeiten lassen oder ihn töten; und das selbst dann, wenn der Sohn bereits am öffentlichen Leben teilnahm, zu den höchsten Richtern gehörte oder wegen seines Eifers für das [römische] Reich gefeiert wurde.“
Darüber hinaus hatte der pater familias (der regierende Vater) eines römischen Haushalts die Macht, ein ungewolltes, neugeborenes Kind den Elementen auszusetzen, missgebildete Kinder ertränken zu lassen oder unerwünschte Töchter als Sklavinnen zu verkaufen. Erst sein Tod beendete die Herrschaft des Vaters über seine Kinder.
Die Juden waren den Römern in ihrer Einstellung gegenüber Kindern weit voraus, aber auch sie waren nicht so fortschrittlich, wie sie hätten sein sollen. Das zeigt sich z. B. in den Aussagen des apokryphen Buches Jesus Sirach, wo es in Kap. 30 heißt: „Wer seinen Sohn liebt, gibt ihm häufig den Stock zu spüren“ (V. 1 GNB, vgl. V. 12), und den Vätern geraten wird, nicht mit ihren Söhnen zu spielen, keine Scherze mit ihnen zu machen oder sie zu verhätscheln (siehe V. 7–10).
Die Prinzipien, die sich im Leben Jesu zeigen (siehe Mt 19,13–15) und in den Schriften des Neuen Testamentes ausgeführt werden, haben allmählich die Ansichten der Gesellschaft über Kinder und deren Erziehung verändert. Paulus war ein Vorreiter davon. Schon die Tatsache, dass er den Kindern einen Abschnitt widmet, zeigt, dass sie in der christlichen Familie der damaligen Zeit einen Platz hatten. Sicher hatten die Aussagen Jesu dazu beigetragen, der gesagt hatte: „Wer solch ein Kind mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf“ (Mt 18,5 GNB) oder: „Lasst die Kinder doch zu mir kommen und hindert sie nicht daran; denn für Menschen wie sie steht Gottes neue Welt offen.“ (Mk 10,14 GNB)
Paulus gibt zunächst und ausführlicher den Kindern Ratschläge. Er fordert sie auf: Gehorcht euren Eltern im Herrn. Beachten wir: Das sagte er nicht zu Frauen. In dem, was er den Kindern sagt, liegt ein autoritärer Ton, der in seinen Ermahnungen an die Frauen fehlt.
Doch selbst dieser Gehorsam sollte nicht so unbegrenzt sein, wie man zunächst meinen kann, wenn man Kolosser 3,20 liest („Gehorcht euren Eltern in allem.“ EB). Er sollte im Herrn geschehen. Das ist eine wichtige Einschränkung, weil nicht alle Eltern Christen waren und nicht alle Gläubige mit ihren Anweisungen, die sie ihren Kindern gaben, im Recht waren. Im Herrn zu gehorchen signalisierte die Tatsache, dass man auch in der Familie „Gott mehr gehorchen [muss] als Menschen“ (Apg 5,29). Wenn also ein Elternteil sein Kind auffordert, zu stehlen oder die Gebote Gottes in anderer Weise zu übertreten, ist es die Pflicht des Kindes aufgrund dieses Prinzips, sich zu weigern, sofern es dazu bereits reif genug ist.
Doch der Apostel ist anscheinend überzeugt, dass solche Situationen in einem christlichen Haushalt selten vorkommen. Er gibt drei Gründe dafür an, warum Kinder ihren Eltern gehorchen sollen. Erstens: Denn das ist recht. Paulus sieht das sicher richtig, denn in einer Gesellschaft, in der Kinder aufhören, ihren Eltern zu gehorchen, bricht jegliche Ordnung zusammen, weil die Familie das Fundament der Gesellschaft ist. An anderen Stellen bewertet Paulus Ungehorsam den Eltern gegenüber als das Zeichen einer dekadenten Kultur (siehe Rö 1,28–30; 2 Tim 3,1.2). In Kolosser 3,20 äußert er sich ausführlicher als in seiner Aussage in Epheser 6,1. Dort schreibt er: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem, denn dies ist wohlgefällig im Herrn.“

George R. Knight – Der Brief an die Epheser

Wenn der Schreiber die Kinder direkt anspricht und zum Gehorsam »im Herrn« auffordert, zeigt das, daß er an christliche Kinder denkt. Kinder müssen ihren Eltern gehorchen (V. 1) und Vater und Mutter ehren (V. 2). »Gehorchen« (hypakoùo) heißt, das Ohr neigen, sich unterordnen und Anweisungen annehmen. Im Fall von Frau und Ehemann (5,22) ordnet sie sich unter (hypotàsso, was eine Frage göttlicher Ordnung ist. Bezeichnenderweise wird dieses Wort auch vom Herrn verwendet in Luk 2,51.) Solcher Gehorsam ist »im Herrn«, womit nicht allein der Beweggrund genannt ist: damit, daß man Christus als Herrn bekannt hat, wird die Loyalität Ihm gegenüber auch zu einem Schutz. Paulus fügt hinzu: »…denn das ist recht« (dikaion, recht, gerecht). Wo die Menschen nur das Licht der Natur besaßen, weder von Gottes Gnade noch vom fünften Gebot wußten, wurde dennoch Ungehorsam gegenüber den Eltern verurteilt (Röm 1,30). Die Richtigkeit dieses Gehorsams ist dem Mensch ins Herz geschrieben, was die Schuld des Ungehorsams gegenüber den Eltern in diesen letzten Tagen (2.Tim 3,2) um so größer macht. Das christliche Kind gehorcht nicht allein im Herrn, sondern hat auch das Beispiel des Herrn selbst, dem es nacheifern soll (Luk 2,51). In der Parallelstelle in Kol 3,20 lautet die Begründung: »denn dies ist wohlgefällig im Herrn.«

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt