Denn Jehova wird sein Volk nicht aufgeben

Denn Jehova wird sein Volk nicht verstoßen, und nicht verlassen sein Erbteil;
Elberfelder 1871 – Psalm 94,14

Denn nicht entsagen wird ER seinem Volk,
sein Eigen wird er nicht verlassen.
Buber & Rosenzweig 1976 – Psalm 94:14

Denn Jehova verstösst nicht sein Volk, und sein Erbtheil verlässt er nicht.
van Ess 1858 – Ps 94,14

Wenn wir in die meisten Kommentare und christliche Zeitschriften schauen, wird dieser Vers fast ausschließlich auf „uns Christen“ angewandt: wir brauchen uns nicht zu fürchten, wir brauchen keine Angst haben. Aber wenn wir diesen Vers aus der Sicht des neuen Testaments lesen, dann wird uns Paulus einfallen, der im Brief an die Römer die Behauptung aus diesem Vers aufnimmt, um zu zeigen: Jehovah wird Israel niemals völlig verlassen!


Ps 94:12-15
Aus diesen Versen wird das Vertrauen des Psalmisten zum Herrn deutlich. Wer von Gott gezüchtigt wird, der erfährt Segen, denn er wird aus dem Gesetz unterwiesen. Auch wenn ein Gläubiger von Gottlosen Bedrückung erfährt, kann er sich damit trösten, daß Gott derartige Bedrückungen gebrauchen kann, um ihn zu unterweisen. Gott wird ihm aus dem Unglück Ruhe schaffen, wenn die Gottlosen untergegangen sind. Der Psalmist war sich gewiß, daß Gott sein Volk nicht verlassen (vgl. V. 15 und den Kommentar zu Ps 28,9; 5Mo 4,20 ), sondern Gerechtigkeit wiederaufrichten werde.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

[12–15] Der Beter wendet sich jedoch von den Anrufen an die Frevler ab; denn es liegt nicht mehr in seiner Hand, ob sie Belehrung annehmen. Er hat erkannt, wie glücklich er selbst und seinesgleichen sind, weil sie in der Erziehung Gottes stehen. So dankt er Gott, daß der ihn zurechtweist durch sein Wort und seine Weisung. Wer in solcher Erziehung steht, hat Ruhe selbst in bösen Tagen. Der Gottesfürchtige muß sie ertragen, bis dem Frevler die Grube gegraben wird. Mitten im Beten erkennt der Beter dies, und das genügt ihm – auch wenn er im Augenblick noch in äußerster Bedrängnis lebt. Die Verheißung leuchtet ihm aufs neue auf, als er vor Gott steht: Denn Jahwe wird sein Volk nicht verstoßen. Am Ende wird alle Gerechtigkeit, die sich verzogen hatte, zurückkehren. Dann wird Friede sein.

Wuppertaler Studienbibel

Römerr 11, 1 A: Doch nicht verstoßen hat Gott sein Volk? Das sei ferne.

Zum Ausdruck s. zB Ps 94, 14: Denn nicht verstoßen wird Jahve sein Volk לֹא יִטּוֹשׁ י״י עַמּוֹ. — Targ: לָא יִנְטוֹש י״י עַמֵּיהּ. — LXX: οὐκ ἀπώσεται κύριος τὸν λαὸν αὐτοῦ.

Es ist Gotte unmöglich, sein Volk zu verstoßen.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

    Der zweite Teil des Psalms (Verse 12 bis 22) wendet sich an fromme Gottesfürchtige, die sich gerne aus der Heiligen Schrift unterweisen lassen und Nutzen ziehen möchten aus dem Reden und Handeln Gottes mit ihnen. Die schwere Drangsalszeit, die sie erleben müssen, gereicht ihnen keineswegs zum Schaden, sondern zum inneren Gewinn. Denn der Herr züchtigt die Seinen nie ohne eine nutzbringende Absicht. Darum wird der Gottesfürchtige die Züchtigung des Herrn nicht geringachten und ermattet nicht, wenn er von Ihm gestraft wird. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er. Was sie erdulden, ist zur Züchtigung (Heb 12,5–11). Gottes Ziel ist unter anderem die Unterweisung und Heiligung der Gläubigen (Ps 119,71). Beides geht miteinander, denn ein von Ihm unterwiesenes, geheiligtes Herz genießt die Nähe des Herrn und befolgt Sein Wort. Es möchte Seine Gedanken noch eingehender kennenlernen, um die göttlichen Eigenschaften vermehrt zu erkennen. Dies formt die persönliche Einstellung und das ganze Leben. Die Hoffnung und das Ausharren des Glaubens werden gestärkt. Daraus erwächst Glückseligkeit (Vers 12; Hiob 5,17f; Röm 5,3f; Jak 1,2–4). Die Erprobung selbst wird zumeist mit Angst und Sorgen, auch mit Schmerzen und Tränen erlebt, aber ihre Wirkung ist gesegnet. Die Vertrautheit mit dem Herrn wächst und die Gemeinschaft mit Ihm wird ausgeprägter. Man lernt, dass man nur in Ihm wirkliche innere Ruhe findet (Vers 13). Nicht Gottes Zorn, der auf Genugtuung besteht, hat die Züchtigung ausgelöst, sondern Seine Liebe, die über die Gottesfürchtigen wacht.
    Der durch Leiden Geplagte sollte nach Gottes Absicht fragen und sich selbst in Seinem Licht prüfen. Vielleicht ist es der feste Griff, mit dem wir die irdischen Dinge als persönlichen Gewinn festhalten möchten, den der Herr lösen muss. Wenn man das Weltliche nicht loslassen will, dann muss man es durch Leiden lernen. Möglicherweise sind es Gott nicht wohlgefällige Verhaltensweisen, die mit unserem persönlichen Charakter zusammenhängen und der Berichtigung bedürfen, um uns zu vervollkommnen. Auch eine Gehorsamsverweigerung kann der Anlass sein, dass der Herr härtere Mittel anwendet, nachdem Mahnungen Seines Wortes ungehört verhallt sind. Bisweilen ist Hochmut der Grund dafür, dass Irrtümer nicht eingesehen werden und in geistlicher Erkenntnis keine Fortschritte mehr gemacht werden. Dann hilft der Herr gegebenenfalls mit einer demütigenden Prüfung nach. Dies kann auch notwendig werden wegen der Vernachlässigung des Gebets, des Lesens der Heiligen Schrift und durch das Versäumen der Zusammenkünfte als Gläubige. Manches Mal muss Er einschreiten, weil wir die Reinigung der vorigen Sünden vergessen haben. Wir sind geistlich so blind und kurzsichtig geworden, dass wir unseren Eigenwillen als Verursacher unserer Verfehlungen nicht erkennen (2. Pet 1,9). Härteste Maßnahmen können eine Folge davon sein, dass das Heilige nicht vom Unheiligen unterschieden wurde, das Gewissen abgestumpft ist und kein Selbstgericht mehr geübt wurde (1. Kor 11,29–32; Ps 139,23f). Es gibt vielerlei Keime zum Bösen in unseren Herzen, die der Herr wahrgenommen hat und durch rechtzeitige Züchtigung zu ersticken sucht. Vorsorglich sendet Er züchtigende Schwierigkeiten, um uns aus einem Zustand des Erlahmens und der Bequemlichkeit aufzurütteln und unseren Blick von irdischem Glück weg zu lenken auf Seine Herrlichkeit.
    Der Herr will die Glaubenden nicht beunruhigen. Er möchte uns vielmehr im Glauben und Vertrauen auf Ihn befestigen, selbst dann, wenn Er in heiliger Gerechtigkeit böse Dinge im Leben der Gläubigen unter Zucht stellt. Da Er in Gemeinschaft mit uns sein möchte, kann Er nichts erlauben, was nicht mit Seiner Heiligkeit in Übereinstimmung ist. Er will die Gläubigen nicht unzufrieden machen oder in Zweifel stürzen. Vielmehr möchte Er sie zu Erben Seines Reiches erziehen, um sie in Seine heilige Stadt und in Sein Haus aufzunehmen und unter ihnen zu wohnen und zu wandeln (Vers 14; 2. Kor 6,16–7,1; Heb 12,22f). Dies gilt für die jetzige Zeit des Christentums. Es ist jedoch zu beachten, dass der vorliegende Psalm von Vers 14 an zunächst die Juden, das irdische Volk des HERRN, im Blickfeld hat, das in der noch kommenden Drangsalszeit des Endes durch furchtbare Prüfungen zu gehen hat und dann den Trost der hier vorliegenden Verse dringend nötig haben wird (Vers 15). Ihnen versichert hier der Heilige Geist vorausschauend, dass sie in der Trübsalszeit, die sie zu durchstehen haben (Jer 30,7; Mt 24,21), nicht befürchten müssen, dass der HERR sie verstoßen habe oder verlassen würde. Seine Treue zu Seinem Wort und Seinen Verheißungen schließt dies völlig aus (Jes 29,17–22; Jer 31,36.37; Röm 11,25–29).
    Wenn die im Buch der Offenbarung beschriebenen Gerichtsschläge diese Welt treffen, dann wird sich der HERR vor den Augen aller Völker den Aufrichtigen aus Seinem irdischen Volk Israel zuwenden. Er wird für sie „aufstehen gegen die Übeltäter“ und für sie „auftreten gegen die, die Frevel tun“ (Vers 16; Ps 118,6f; 124,1–8). Dies beweist, dass der HERR Sich der Gerechten, die sich dann aus Israel zu Ihm bekehrt haben, annimmt und Sich mit dem bußfertigen Überrest Israels einsmacht (Jes 49,15f; Jer 31,20). Dann wird offenbar, dass die überlegene, siegreiche Macht auf der Seite des Guten steht und sich damit identifiziert. Das Böse dagegen wird durch Gottes Macht überwunden werden und einem unnachsichtigen Gericht zugeführt. Wenn der HERR Selbst als Israels Messias auf dieser Erde erscheint, hat die Macht des Bösen ein Ende, denn Gottes Gegenwart auf der Erde duldet keinen „Thron des Verderbens“. Dann wird von Satans Machtmitteln nichts übrigbleiben (Vers 20; Ps 9,5.6; Jes 54,17). Auf der ganzen Erde kommt fortan die Gerechtigkeit Gottes zu ihrem Recht. Die Gottesfürchtigen haben nicht vergeblich darauf gehofft, dass das Gericht zur Gerechtigkeit zurückkehren wird und die gottgewollten Ordnungen wiedererrichtet werden (Vers 15). Es hat sich als richtig erwiesen, dass die Gläubigen bei ihrem Vertrauen auf den Sieg der Gerechtigkeit Gottes geblieben sind und keinerlei Pakt oder Übereinkunft mit dem Bösen eingegangen sind. Selbst das Überhandnehmen des Unrechts auf der ganzen Welt hat sie nicht von dem abbringen können, was Gottes Wort als göttliches Recht verkündet. Sie haben ‚auf Edlem bestanden‘ (Jes 32,8) und haben den gebotenen Abstand und die strikte Abneigung gegenüber dem Bösen aufrechterhalten. Die mit Ergebenheit ertragene Drangsalszeit verwandelt sich für sie nach dem Eintreffen des Messias zu einer Quelle der Freude und Genugtuung (Mt 24,29–31).

    Karl Mebus – Die Psalmen – Eine Auslegung für die Praxis

    Dass der Herr sein Volk »nicht verstößt«, zeigt sich ebendaran, dass er aus dem Volk einige lehrt und so zu Glückseligen macht. Paulus beantwortet die Frage, ob Gott sein Volk verstoßen habe, damit, dass er, einer aus der Menge der Kinder Israel, ja auch zum Glauben, zur Rechtfertigung und damit zur ewigen Glückseligkeit geführt worden sei (Röm 11,1). Gott erhält sich einen Überrest nach Wahl der Gnade (Röm 11,5), wie in den Tagen Elias (Röm 11,2–4), so auch in den Tagen des Apostels, und so wird es wiederum sein bei der Wiederherstellung aller Dinge. Oben hatte der Sänger geklagt: »Dein Erbteil bedrücken sie.« Hier kann er bekennen: »Sein Erbteil lässt er nicht …«.

    Benedikt Peters – Die Psalmen

    Kann der Prophet irren? – II

    Und Nathan sprach zu David: Tue alles, was du im Herzen hast, denn Gott ist mit dir.
    Elberfelder 1871 – 1.Chronika 17,2

    Natan sprach zu Dawid:
    Allwas in deinem Herzen ist, machs,
    denn Gottheit ist bei dir.
    Buber & Rosenzweig 1976 – 1.Chronika 17:2

    Und Natan sagte zu David: Alles, was in deinem Herzen ist, tue, denn Gott ist mit dir.
    Die Philippson-Bibel – 1.Chronik 17,2

    Nathan antwortete: »Verwirkliche, was du vorhast, denn Gott ist mit dir.«
    Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Chronik 17:2

    Da wir den Paralleltext schon einmal hatten, heute nur Ergänzungen und andere Kommentare….

    Nachdem Davids Palast fertiggestellt worden war und er dort komfortabel wohnte, fiel ihm die unpassende Umgebung und die Vorläufigkeit des Zeltes der Bundeslade auf. David brachte Gott gegenüber seinen Wunsch zum Ausdruck, dem Herrn einen Tempel (was zumindestens das Wort Haus , V. 4 , nahelegt) zu bauen und wurde dazu zunächst (V. 2 ) von Nathan, dem Propheten, ermutigt. Doch daraufhin erschien Gott Nathan im Traum und verbot den Tempelbau. David erfuhr, daß Gott statt dessen ein Haus für David bauen würde (V. 10 , vgl. V. 25.27 ). „Haus“ heißt hier soviel wie „Dynastie“, „Herrscherhaus“.
    Die göttliche Botschaft für David durch Nathan stimmt fast wörtlich mit 2Sam 7,1-17 überein (vgl. den Kommentar dort). Während 2Sam 7,15 Saul mit Namen nennt, bezeichnet ihn 1Chr 17,13 als Davids Vorgänger. Dies mag auf eine gewisse Zurückhaltung des Verfasser von 1.Chronik gegenüber Saul hinweisen. (Zum Inhalt der Botschaft Nathans, V. 4-14 , vgl. den Kommentar zur Parallelstelle 2Sam 7,4-17 .)

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Nathan, der Prophet. Dies ist die erste Erwähnung des Propheten Nathan. Der bestimmte Artikel deutet darauf hin, dass er zur Zeit Davids gut bekannt war und wahrscheinlich auch den ersten Lesern dieses Buches bekannt war. Aber es gibt keinen Hinweis darauf, woher er kam oder wie er Teil von Davids Hof wurde. Es sollte klar sein, dass es sich nicht um denselben Nathan handelt, der in 5,14 erwähnt wird und einer von Davids Söhnen war. In einigen Sprachen wird es besser sein, hier zu sagen: „ein gewisser Prophet, der Nathan hieß“. Siehe auch die Kommentare zu „dem Propheten Gad“ in 1 Sam 22:5.

    Sieh jetzt: Das Wort, das mit „sehen“ übersetzt wird, ist nicht die emphatische Partikel, die in der RSV normalerweise mit „siehe“ oder „lo“ wiedergegeben wird. Vielmehr ist es ein Verb, das „sehen“ bedeutet. Es wird jedoch ähnlich wie das emphatische Partikel verwendet und lenkt zusammen mit dem Wort „jetzt“ die Aufmerksamkeit auf das, was folgt, und betont es. Die Idee ist fast wie die englische Redewendung „Look at me….“ Deshalb übersetzen mehrere Versionen, darunter auch TEV, es mit „Hier bin ich….“

    Wohnen … wohnt: Für David und die Bundeslade wird dasselbe Wort verwendet, aber in manchen Sprachen ist es nicht möglich, dasselbe Verb für eine Person, die in einem Haus wohnt, und einen Gegenstand, wie die Lade, der sich an einem bestimmten Ort befindet, beizubehalten. Bei der zweiten Verwendung dieses Verbs muss man vielleicht sagen „aber wir bewahren die Bundeslade in einem Zelt auf“ oder „die Bundeslade sitzt in einem Zelt“.

    Der Kontrast zwischen einem Haus aus Zedernholz und einem Zelt ist bedeutsam und sollte sich in der Sprache der Rezeptoren widerspiegeln. David war besorgt darüber, dass die Bundesschatulle in einem einfachen Zelt zurückgelassen wurde, während er in seinem Palast im Luxus lebte. Das Wort Zeder wird in Sprachen, in denen ein solcher Baum unbekannt ist, schwer zu übersetzen sein (siehe FFB, Seite 108). Zedernbäume waren für ihre Größe und Stärke bekannt und wurden von Hiram, dem König von Tyrus, an David gesandt (siehe 5:11). Die Betonung liegt hier auf der Tatsache, dass David in einem sehr starken, dauerhaften Gebäude lebte, während die Bundeslade in einem schwachen und vorübergehenden Bauwerk blieb. Es ist auch zu beachten, dass das Wort, das hier mit Zelt übersetzt wird, nicht das ist, das normalerweise so übersetzt wird, wie in 6,17. Die Bedeutung dieses Wortes ist eher wie „Vorhänge“ (AB) oder „Markisen“ (NJB). Dieses Wort und das gebräuchlichere Wort für „Zelt“ werden zusammen in Hoheslied 1,5; Jer 4,20 und Hab 3,7 verwendet. AT kombiniert die Bedeutungen mit „Zeltvorhänge“. Ähnlich ist es bei MFT: „die Vorhänge eines Zeltes“ und bei Fox: „ein mit Vorhängen versehenes Heiligtum“.

    Roger L. Omanson – Ein Handbuch zum zweiten Buch Samuel

    Was taten die Könige in der Antike, wenn sie keine Kriege zu führen hatten? Nebukadnezar betrachtete seine Stadt und rühmte sich: „Ist das nicht ein großes Babylon, das ich gebaut habe?“ (Dan. 4:30). Salomo sammelte Reichtum und Frauen, empfing ausländische Gäste und schrieb Bücher, während Hiskia offenbar Gelehrte beaufsichtigte, die die Heilige Schrift abschrieben und bewahrten (Spr 25,1). Aus 2 Samuel 7,1-3 geht jedoch hervor, dass der König in seinen Mußestunden über den Herrn nachdachte und sich mit seinem Kaplan Nathan über die Verbesserung des geistlichen Zustands des Königreichs Israel beriet. David war nicht nur ein Herrscher, sondern auch ein Hirte, der sich um sein Volk kümmerte. Wenn er sich ausruhte, dachte er an die Arbeit, die er tun konnte, und wenn er Erfolg hatte, dachte er an Gott und seine Güte für ihn.

    In diesem Kapitel offenbarte der Herr Nathan und David, was gewöhnlich als der davidische Bund bezeichnet wird. Diese Erklärung war nicht nur für David zu seiner Zeit von großer Bedeutung, sondern hat auch heute noch Bedeutung für Israel, die Kirche und die ganze Welt.

    Was der Bund für David bedeutete (V. 1-9). Dass David dem Herrn ein Haus bauen wollte, überrascht uns nicht, denn David war ein Mann nach Gottes eigenem Herzen und wollte den Herrn auf jede erdenkliche Weise ehren. Während seiner Jahre im Exil hatte David dem Herrn gelobt, ihm einen Tempel zu bauen (Ps. 132,1-5), und dass er die Bundeslade nach Jerusalem brachte, war sicherlich der erste Schritt zur Erfüllung dieses Gelübdes. Nun beunruhigte es David, dass er in einem bequemen Steinhaus mit Zedernholzverkleidung lebte, während Gottes Thron in einem Zelt stand, und er teilte seine Last mit Nathan.Dies ist das erste Auftreten von Nathan in der Heiligen Schrift. Gad war Davids Prophet während des Exils (1. Sam. 22,5), und nach Davids Krönung verschwand Gad nicht von der Bildfläche (2. Sam. 24,1-18). Tatsächlich arbeiteten er und Nathan zusammen, um die offiziellen Aufzeichnungen zu führen (1. Chron. 29:25, 29) und die Organisation des Gottesdienstes (2. Chronik 29,25), aber Nathan scheint die prophetische Stimme Gottes zu David während seiner Herrschaft gewesen zu sein. Nathan war es, der David wegen seiner Sünde zur Rede stellte (Kap. 12) und der auch dafür sorgte, dass Salomo zum König gekrönt wurde (1. Könige 1,11ff). David hatte vier Söhne mit Bathseba und nannte einen von ihnen Nathan (1. Chronik 3,1-5). Als Nathan David sagte, er solle tun, was in seinem Herzen sei, bestätigte er damit nicht, dass Davids Wünsche tatsächlich Gottes Wille waren. Vielmehr ermutigte er den König, seinen Wünschen nachzugehen und zu sehen, was der Herr von ihm wollte. Gott antwortete, indem er Nathan eine besondere Botschaft für den König gab, und Nathan überbrachte sie treu.

    Im ersten Teil der Botschaft erinnerte Gott David daran, dass er zu keiner Zeit einen Stamm oder einen Stammesführer gebeten hatte, ihm ein Haus zu bauen. Gott hatte Mose befohlen, eine Stiftshütte für seine Wohnung zu bauen, und er hatte sich damit begnügt, mit seinem pilgernden Volk zu reisen und bei ihnen zu wohnen, wo immer sie lagerten. Jetzt, da Israel im Land war und Frieden hatte, brauchten sie einen fürsorglichen Führer, keinen Tempel, und deshalb berief Gott David zum Hirten des Volkes Israel. Gott war bei David gewesen, um sein Leben zu schützen und seinen Dienst zu fördern, und hatte Davids Namen groß gemacht. Trotz seines Wunsches und seines Schwurs wollte David den Tempel nicht bauen. Das Beste, was er für den Herrn tun konnte, war, das Volk weiterhin zu weiden und ein gottgefälliges Beispiel zu geben.

    Diese Ankündigung muss David enttäuscht haben, aber er nahm sie gnädig an und dankte dem Herrn für all seine Güte, die er ihm erwiesen hatte. Als Salomo den Tempel einweihte, erklärte er, dass Gott Davids Wunsch nach der Tat akzeptiert hatte: „Wenn es in deinem Herzen war, meinem Namen ein Haus zu bauen, so hast du gut daran getan, dass es in deinem Herzen war“ (1. Könige 8,18 NKJV; siehe 2. Korinther 8,12). Gottes Diener müssen lernen, die Enttäuschungen des Lebens zu akzeptieren, denn wie A. T. Pierson zu sagen pflegte: „Enttäuschungen sind seine Berufungen.“

    Was der Bund für Israel bedeutet (Vv. 10-15). Die Grundlage für Gottes Absichten und seinen Umgang mit dem Volk Israel ist sein Bund mit Abraham (Gen 12,1-3; 15,1-15). Gott erwählte Abraham aus seiner Gnade und versprach ihm ein Land, einen großen Namen, zahlreiche Nachkommen und seinen Segen und Schutz. Er versprach auch, dass die ganze Welt durch Abrahams Nachkommen gesegnet werden würde, und das bezieht sich auf Jesus Christus (Gal 3,1-16). Gott berief Israel dazu, der menschliche Kanal zu sein, durch den sein Sohn und sein Wort in die Welt kommen würden. Der Bund Gottes mit David baut auf diesem Bund mit Abraham auf, denn er spricht von der Nation, dem Land und dem Messias.

    Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series Chronik/Samuel

    Unser Text gibt in einer sprachlich etwas verkürzten Form den Bericht von 2Sam 7,1–16 wieder. Die geringfügigen grammatikalischen und stilistischen Abweichungen betreffen nicht den Inhalt. Nur in V. 13 ist nach der Zusage Gottes: »Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein«, die Strafandrohung aus 2Sam 17,14b weggelassen: »Wenn er sündigt, will ich ihn mit Menschenruten und mit menschlichen Schlägen strafen.«
    Dem Verf. der Chr war bewusst, dass diese eine Nacht, in der Gott selber seinen Propheten Nathan korrigierte und David eine ungeahnte Perspektive für sein zukünftiges Leben zeigte, grundlegende Weichen in der geistlichen Entwicklung Davids stellte. Darum fügte er die Begebenheit in seine Berichterstattung ein.
    [1–2] Mit der Eroberung Jerusalems durch David und seiner Übersiedlung von Hebron in die neue Residenzstadt hatte ein neuer Abschnitt in Davids Leben begonnen. Danach hatte der König Hiram von Tyrus Zedernholz und Baufachleute zu David gesandt, um seinen Palast zu bauen (1Chr 14,1). Auch für Davids große Familie war gesorgt (1Chr 15,1). Alles war vollendet. David konnte sagen: Siehe, ich wohne in einem Zedernhaus. Der Zuwachs an Macht, die königliche Repräsentation, auch die gelungene Überführung der Bundeslade nach Jerusalem – das alles zeigte David die Güte Gottes (vgl. 1Chr 14,2). Aber eines beunruhigte ihn: Die Lade des Bundes des HErrn wohnt unter Zelttüchern. Er dachte an Gott und sein Haus. Immer wieder hatte Gott ihn mit Erfolg in seinen Unternehmungen beschenkt. Jetzt strebte er ein neues Ziel an; jetzt wollte er selber etwas für Gott tun. In seinem Herzen bewegte er den Plan, in Jerusalem ein Gotteshaus zu bauen. Die Bundeslade sollte in einem Tempel einen würdigen Platz finden.
    David teilte seine Gedanken dem Propheten Nathan mit. Während der Prophet Gad David bereits auf seiner Flucht vor Saul begleitet und geistlich beraten hatte (1Sam 22,5), wird der Name Nathans erst im Zusammenhang mit Davids Plänen zum Tempelbau genannt. Beide Propheten haben David während seiner Königsherrschaft entscheidende seelsorgerliehe Dienste getan. Nathan musste David wegen seines Ehebruchs mit Batseba und des Mordes an Uria zurechtweisen (2Sam 12). Gad kündigte David Gottes Gericht wegen der Volkszählung an (2Sam 24,11ff; 1Chr 21,9ff). Nach 2Chr 29,25 wirkten beide Propheten bei der Neuordnung des Gottesdienstes durch David und der Einsetzung der levitischen Sänger mit (vgl. 1Chr 23,25–32; 25,1ff). Nathan wurde von David zum Erzieher seines Sohnes Salomo bestimmt (2Sam 12,25) und hat wohl noch einen Teil seiner Königsherrschaft miterlebt, denn er hat gegen Ende seines Lebens ein Geschichtswerk über die Zeit Davids und Salomos geschrieben. Der Verf. der Chr hat davon gewusst, vielleicht hat diese schriftliche Überlieferung ihm als Quelle gedient.
    Nachdem Nathan von Davids Gedanken zum Tempelbau erfahren hatte, ermutigte er David, seinen Plan in die Tat umzusetzen: Alles, was in deinem Herzen ist, tue. Der weitere Gang der Ereignisse lieferte den Beweis, dass auch ein von Gott berufener Prophet irren konnte, wenn er seine Weisung voreilig gab, ohne zuerst Gott nach seinem Willen zu fragen. Gott ist mit dir. Hier lauerte sogar eine Gefahr, weil Nathan seine ihm von Gott verliehene Autorität ins Spiel brachte, sich gewissermaßen auf Gott berief, als er David für den selbst erdachten Weg Gottes Hilfe zusagte. Und auch David musste es lernen, nicht alles, was aus seinem Herzen kam, mit Gottes Willen gleichzusetzen.
    [3–4] Aber selbst über der irrigen Antwort des Propheten wachte Gott und verhinderte eine falsche Entscheidung. In derselben Nacht, da geschah das Wort Gottes zu Nathan. Gott sandte seinen Diener erneut zum König David, und zwar mit einer Botschaft, die auch den Irrtum Nathans offenbarte. Geh hin und sage meinem Knecht David: So spricht der HErr: Nicht du sollst mir das Haus zur Wohnung bauen. Gottes Wort machte deutlich, dass die spontane Antwort Nathans falsch gewesen war. Obwohl Nathan voreilig geantwortet und sich dabei getäuscht hatte, behielt ihn Gott weiter in seinem Dienst. Als Botschafter Gottes erhielt er sogar Einblick in Gottes Ratschluss. Durch diese Offenbarung seiner Pläne weitete Gott den Blick Nathans und Davids für sein Handeln in der Geschichte.

    Wuppertaler Studienbibel

    wichtigsten Kapitel in der ganzen Bibel. Doch nach all den dramatischen Wendungen in den ersten Kapiteln von 2 Samuel kann es sich so anfühlen, als ob nicht viel passiert. Die ganze „Action“ findet in Form von Gesprächen statt. Aber dieses Kapitel ist sozusagen ein wichtiges Bindeglied zwischen der Verheißung eines Erlösers für Adam und dem Kommen des Erlösers in Jesus. Auf das, was in diesem Kapitel geschieht, wird also überall in der Bibel explizit oder implizit angespielt. Die Worte, die Gott in diesem Kapitel gesprochen hat, prägen noch heute die menschliche Geschichte.

    In Vers 1 heißt es: „Der HERR hatte [David] Ruhe gegeben vor all seinen Feinden um ihn herum“. Am siebten Tag der Schöpfung ruhte Gott (1 Mose 2,1-3). Dies ist der einzige Tag der Schöpfung ohne eine Version der Formel: „und es wurde Abend und es wurde Morgen – der erste Tag“ (1 Mose 1:5, 8, 13, 19, 23, 31). Das deutet darauf hin, dass dieser Sabbat ein Tag ohne Ende ist, eine ewige Ruhe, an der die Menschheit teilhaben soll (Hebräer 4:1-6).

    Doch die Menschheit lehnte Gottes Einladung ab und wurde stattdessen mit ruheloser Arbeit (1 Mose 3,17-19) und friedlosen Konflikten verflucht. Doch Gott versprach seinem Volk gnädigerweise Ruhe – ein Versprechen, das durch jeden Sabbat gekennzeichnet ist. Josua erfüllte dieses Versprechen bei der Eroberung des Landes (Josua 21:43-45) – es wurde zu einem Ort der Ruhe für das wandernde und heimatlose Volk Gottes. Aber diese Erfüllung war nur ein Teilerfolg. Das Volk vertraute Gott nicht voll und ganz und hatte deshalb nicht die Zuversicht, die Bewohner des Landes vollständig zu vertreiben (Richter 2,1-3). Von da an waren die Völker um Israel herum ein Dorn im Auge und störten den Frieden des Volkes. Erst jetzt, unter der Herrschaft Davids, Gottes gesalbtem König, kann das Volk Ruhe vor seinen Feinden genießen (wie in Kapitel 8 näher erläutert wird).

    Der Frieden, den David brachte, wird sich jedoch als kurzlebig erweisen. Davids eigene Sünde wird den Konflikt bis ins Herz der Nation tragen (wie wir in 2 Samuel 11-20 sehen werden). Aber dieser Moment ist ein Bild für die Ruhe, die Jesus bringt. Denn Jesus besiegt die größten Feinde des Volkes Gottes – Sünde und Tod -, damit wir an Gottes ewigem Sabbat teilhaben können. Wenn Jesus sagt: „Kommt her zu mir, alle, die ihr müde und beladen seid, ich will euch erquicken“, dann behauptet er, Gottes Messias zu sein, der gekommen ist, um unsere Feinde zu besiegen und Gottes Reich zu errichten (Matthäus 11,28).

    In der Zwischenzeit, als der Frieden hergestellt war, dachte David an den Bau eines Tempels für Gott (2 Samuel 7,2). David möchte die Bundeslade unterbringen, die sich jetzt in Jerusalem befindet (6,16). Der Kontrast zwischen Davids schönem Zedernpalast und Gottes abgenutztem Zelt (7,2) ist vielleicht sogar ein wenig peinlich.

    In Deuteronomium 12,10-11 hatte Mose das Volk davor gewarnt, Gott nach den Wegen der Völker anzubeten. Sie sollten die Anbetung in einem Tempel zentralisieren, damit sie richtig geregelt werden konnte. Der Auslöser dafür war, dass Gott ihnen Ruhe vor ihren Feinden geschenkt hatte – genau die Situation, in der sie sich jetzt befanden. Davids Instinkt ist also gut und wird zunächst vom Propheten Nathan gelobt (2 Samuel 7,3).

    Tim Chester – 2 Samuel für dich

    Sei zu den älteren Frauen wie zu deiner Mutter

    Einen älteren Mann fahre nicht hart an, sondern ermahne ihn als einen Vater, jüngere als Brüder; ältere Frauen als Mütter, jüngere als Schwestern, in aller Keuschheit. (O. Reinheit)
    Elberfelder 1871 – 1.Timotheus 5,1–2

    Fahre einen Älteren nicht hart an. Wenn du ihn zurechtweisen musst, dann sprich zu ihm, als ob er dein Vater wäre. Ebenso sollst du die jungen Männer ermahnen wie Brüder, die älteren Frauen wie Mütter und die jungen Frauen wie Schwestern, mit der gebotenen Zurückhaltung.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Timotheus 5:1–2

    Einem älteren Mann begegne mit Achtung, und rede mit ihm wie mit einem Vater, wenn du ihn ermahnen mußt. Die jungen Männer behandle als deine Brüder. Sei zu den älteren Frauen wie zu deiner Mutter und zu den jüngeren wie zu deinen Schwestern, aufrichtig und zurückhaltend.
    Hoffnung für alle – 1996 – 1.Tim 5,1–2

    Schon spannend heute, wie man übers Internet und Zoom heute miteinander umgeht! Gelten diese biblischen Regeln denn heute nicht mehr?

    Vom Umgang untereinander

    Daß unter Umständen geredet werden muß, ist keine Frage, nur wie zu reden ist. Paulus sieht, was Geschlecht und Alter betrifft, in den verschiedenen Gruppen der Gemeinde Parallelen zu den natürlichen Familien. So schreibt er:

    »Einen Älteren fahre nicht an!« Das griech. Zeitwort bedeutet »draufschlagen«, »schelten«, »schroff anfahren«. Da wird es z. B. in der Gemeinde bekannt – was auch Timotheus beobachtet daß einer seine vielleicht kränkliche Frau nicht der Liebe Christi gemäß behandelt (vgl. Eph 5,25–33), oder daß jemand lieber nach dem Wein greift als seine Pflicht zu erfüllen und für die Seinen zu sorgen, oder daß sich ein anderer von evangeliumswidrigen Gedanken der Umwelt infizieren läßt und diese sogar in Gesprächen mit Gemeindegliedern weiterverbreitet. Hier soll Timotheus bei der Begegnung mit diesen Menschen nicht seinem Ärger freien Lauf lassen. Nicht der Zorn soll seine Worte bestimmen; denn »des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist« (Jak 1,20). Mit rotem Kopf läßt sich auch die Erziehungsarbeit unter Kindern nicht recht tun und ebensowenig der Dienst des Ermahnens unter Erwachsenen, insbesondere unter Alten. Dabei soll der junge Timotheus auf jeden Fall die Ehrerbietung nicht vergessen. So schreibt ihm Paulus: »Einen Älteren … ermahne wie einen Vater.« So wird ihm auch viel eher etwas abgenommen. Wenn wir von der Fürbitte herkommen und unter Gebet ermahnen, dann werden wir in solcher Weise »von Gottes Geist gezügelt« (so kann Röm 8,14 übersetzt werden).

    »Die jüngeren Männer (ermahne) wie Brüder«: So bleibt, auch wenn auf einige Fehler aufmerksam gemacht werden muß, die zurechthelfende Liebe bewahrt und ebenso auch die Demut in dem Wissen: »Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an« (1 Sam 16,7). Der Ermahnende weiß, daß auch er, vielleicht im Blick auf andere Lebensbereiche, der Ermahnung bedürftig ist, möglicherweise gerade jetzt, mehr als er’s bisher erkannt hat. Verächtlich und lieblos darf er den andern auf keinen Fall behandeln.

    »Die älteren Frauen (ermahne) wie Mütter«: Auch wenn sie hier etwas falsch gemacht haben oder über eine längere Zeit hin in ein Fehlverhalten hineingeraten sind, so mögen sie doch während vieler Jahre in großer Treue ihre Aufgaben erfüllt und auch willig ein Kreuz getragen haben. Auf jeden Fall ist ihnen gegenüber Respekt geboten. Timotheus mußte bedenken: Ich bin erst kurz hier und weiß im Grund wenig über die Gemeindeglieder. Auch können die Auskünfte, die ich von andern erhalten habe, einseitig und verzeichnet sein. Manches Mal kann eine Beurteilung, die wir über jemanden erhalten, mehr über den Urteilenden als über den zu Beurteilenden aussagen.

    »Die jüngeren Frauen (ermahne) wie Schwestern, mit allem Anstand«, aller »Keuschheit«, »Zurückhaltung«: Einerseits war Timotheus unter Umständen auch zur Seelsorge an ihnen gerufen; dazu war eine offene Begegnung unerläßlich. Andererseits durfte er als junger, wohl unverheirateter Mann eine taktvolle Distanz nicht vergessen. Es wäre Schwärmerei, zu meinen, ein solch entschiedener Christ wie Timotheus sei – bis hin zu den Gedanken (vgl. Mt 5,28) – auf diesem Gebiet nicht mehr versuchlich. Wir sind noch nicht im Himmel, sondern in dieser Welt hier und tragen irdische Leiber; das gehört zu dem heilsgeschichtlichen Ort, an dem wir uns noch zu bewähren haben. Es wäre Schwärmerei, so zu tun, als ob wir über den gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Ort schon hinaus wären. Die innere Vollmacht des Timotheus im Dienst und die Erhörlichkeit seiner Gebete könnten in Frage gestellt sein, wenn er sich hier auch nur ein wenig gehenließe. Auch wäre die Gemeinschaft der Gemeinde empfindlich gestört, wenn ein so wichtiger Mann wie Timotheus irgendwelche Gemeindeglieder bevorzugen würde; das würde auch den übrigen nicht entgehen.
    Alles in allem: Es ist für den klaren Gang einer Gemeinde, für die Fruchtbarkeit ihres Wirkens und für das Bestehen der Anfechtungen auch von außen her entscheidend wichtig, daß diejenigen, die im Dienst der Gemeinde stehen, auch bei den seelsorgerlichen Gesprächen mit den einzelnen Gemeindegliedern den Gesamtcharakter der Gemeinde Jesu als einer Familie der Kinder Gottes im Blick behalten und bedenken, wen sie im einzelnen vor sich haben und welche Haltung – auch rein menschlich – ihnen gegenüber geboten ist. Jakobus schreibt: »Wenn es jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt …« (Jak 1,5). Und die Väter sagten: »Der Heilige Geist hat Takt.«

    Edition C Bibelkommentar Neues Testament

    Wie der Mitarbeiter bestimmte Personen vor Falschem bewahren kann, schließt Paulus anhand konkreter Beispiel an. Das Verb ἐπιπλήσσω wird von ἐπί („darauf“) und πλήσσω („schlagen“) abgeleitet, d.h. Timotheus sollte nicht auf Ältere verbal daraufschlagen, d.h. sie nicht hart anfahren oder tadeln oder rügen. Vgl. Aesopus, Fabulae 1.13: „παῖς ἐκ διδασκαλείου τὴν τοῦ συμφοιτητοῦ δέλτον ἀφελόμενος τῇ μητρὶ ἐκόμισε. τῆς δὲ οὐ μόνον αὐτὸν μὴ ἐπιπληξάσης, ἀλλὰ καὶ ἐπαινεσάσης αὐτὸν ἐκ δευτέρου ἱμάτιον κλέψας ἤνεγκεν αὐτῇ“. „Ein Knabe, der einem Mitschüler eine Schreibtafel entwendete, gab sie seiner eigenen Mutter. Diese nun rügte ihn nicht nur nicht, sondern bewunderte es sogar, als er als nächstes sogar ein Gewand, das er gestohlen hatte, ihr brachte“.

    Die Konstruktion setzt sich fort, indem Frauen wie Mütter zu ermahnen bzw. ermuntern sind. Im Umgang mit jüngeren Schwestern ist auf Reinheit zu achten, d.h. zwischenmenschliche Dinge zwischen den Geschlechtern spielen keine Rolle.

    P. Streitenberger – 1. Timotheus

    Während das Wort „älterer“ Mann (presbyteros) das gleiche ist, welches in V. 17 im Plural erscheint, so ist doch aus seiner Verbindung mit den verschiedenen Altersgruppen her klar, daß es hier nicht um ein Glied der Ältestenschaft von 4,14 geht, sondern einfach um einen „älteren“ Mann. Die Aussage setzt voraus, daß in seinem Leben etwas nicht stimmt. Mit dem Alter kommt nicht automatisch Immunität gegenüber Fehlern. Jedoch ist dem Alter gegenüber immer Respekt angebracht, daher die Anweisung „fahre nicht hart an, sondern ermahne“. Das Zeitwort „hart anfahren“ (epiplesso) findet sich nur hier im Neuen Testament und ist weit stärker als das in 2.Tim. 4,2 gebrauchte Wort. Es bedeutet buchstäblich „schlagen“, „mit einem Schlag hämmern“, und deshalb ist die übertragene Bedeutung des Wortes: jemanden „mit Worten erschlagen“.
    Der Aorist zeigt, daß er mit solcher Härte gar nicht erst beginnen sollte. Vielmehr sollte er „ermahnen“ (parakaleo), das eine gute Übersetzung des bereits in 1,3; 2,1 verwendeten Zeitwortes ist und Trost und Ermunterung umfaßt aber auch, soweit er angebracht ist, einen ermahnenden Ton enthält. Es geht hier nicht darum, daß falsches Verhalten heruntergespielt wird, sondern daß die Sache wie von einem pflichtbewußten Sohn behandelt werden sollte, der das Versagen eines geliebten Vaters korrigieren möchte. Höflichkeit und Respekt sind unbedingt nötig.
    Grammatikalisch werden alle Altersgruppen von dem Zeitwort „ermahne“ regiert, es wird also Torheit oder Versagen vorausgesetzt. Es gibt aber wenig Zweifel, daß Paulus von diesem speziellen Punkt auf die Beziehungen im allgemeinen übergeht. Das gesamte Verhalten gegenüber jedem einzelnen sollte familiäre Zuneigung offenbaren und vor allem individuellen Respekt. Jüngere Männer (die Steigerungsform des Komperativ wird bei allen Eigenschaftswörtern verwendet) sollen als Brüder behandelt werden (nicht mit hochnäsiger Herablassung), ältere Frauen sollen behandelt werden, wie ein pflichtbewußter Sohn seine Mutter behandelt (nicht mit geringschätzender Verachtung), jüngere Frauen als Schwestern (nicht mit ungebührlicher Vertraulichkeit). Während streng genommen „in aller Keuschheit“ mit dem Zeitwort konstruiert werden kann und dann alle Anweisungen regieren würde, ist es natürlich besonders angebracht in Verbindung mit den jüngeren Frauen. Keuschheit (hagneia) ist das gleiche Wort wie in 4,12 und beinhaltet eine innere Reinheit der Gedanken, die sich in völliger Integrität des Verhaltens offenbart.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Das Ende aller Dinge steht nahe bevor. Werdet also besonnen und nüchtern zum Gebet

    Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet (Eig zu den Gebeten)
    Elberfelder 1871 – 1.Petrus 4,7

    Das Ende der Welt ist nahe. Seid besonnen und nüchtern, damit nichts euch am Beten hindert.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Petrus 4:7

    Die Zeit, in der alles zu seinem Ziel kommt, steht nahe bevor. Seid daher wachsam und besonnen und lasst euch durch nichts vom Beten abhalten.
    Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Petr 4,7

    Denkt daran: Das Ende steht unmittelbar bevor. Seid wachsam und nüchtern! Hört nicht auf zu beten.
    Willkommen daheim – 1. Petr 4:7

    Jeder Christ, egal welcher Konfession, erwartet die baldige Wiederkunft Jesu – und damit das „Ende dieses Zeitalters“!

    Der Abschnitt knüpft an den Gedanken des Weltgerichts am Ende der Zeiten an. Petrus stellt fest, dass das Ende von allem – das Wort „Dinge“ ist in der Übersetzung sinngemäß hinzugefügt worden – „nahe gekommen“ ist. Weil sie in dieser besonderen Zeit leben, ruft er seine Leser zur Besonnenheit auf und dazu, die Lage „nüchtern“ einzuschätzen und dementsprechend zu beten.

    Mainka – 1. Petrus

    Obgleich die Gläubigen vernehmen, dass ihr Glück anderswo ist als in der Welt, so spiegeln sie sich doch ein langes Leben vor, und diese verkehrte Einbildung macht sie träge und sorglos, so dass sie ihren Eifer nicht völlig dem Reiche Gottes zuwenden. Darum möchte sie der Apostel aus der Schläfrigkeit des Fleisches aufwecken, indem er an das nahe Ende aller Dinge erinnert. Er gibt damit zu verstehen, dass man nicht träge an dieser Welt haften darf, die wir ja nach kurzer Zeit verlassen müssen. Er denkt dabei nicht an das persönliche Ende eines jeden Menschen, sondern an die gesamte Erneuerung der Welt und will sagen, dass in Bälde Christus kommen wird, um allen Dingen ein Ende zu machen. Es ist nicht zu verwundern, dass die Sorgen der Welt uns in Beschlag nehmen und wie im Schlaf erhalten, dass der Anblick der gegenwärtigen Dinge unsere Augen blendet, – denn fast alle Menschen versprechen sich eine Ewigkeit in dieser Welt, wenigstens denken sie fast niemals an das Ende. Würde aber die Posaune Christi in unsere Ohren schallen, so müsste sie alle unsere Gefühle aufs tiefste erschüttern und könnte uns nicht in solcher Erstarrung lassen. Übrigens könnte man einwenden, dass, seitdem Petrus dies schrieb, eine lange Reihe von Zeitaltern verflossen sei und man doch noch nichts vom Ende gesehen habe. Aber die Zeit dünkt uns nur darum so lang, weil wir ihre Länge mit den Maßstäben dieses vergänglichen Lebens messen. Könnten wir die ewige Dauer des zukünftigen Lebens anschauen, so würden viele Jahrhunderte uns wie ein Augenblick dünken, wie auch der zweite Petrusbrief (3, 8) lehrt. Übrigens sollen wir uns an den Grundsatz halten: seitdem Christus einmal erschienen ist, bleibt für die Gläubigen nichts anders übrig, als mit gespanntem Gemüt ständig seiner zweiten Ankunft entgegenzuharren. Dass wir (V. 8) mäßig und nüchtern sein sollen, dürfte sich mehr auf die Seele als auf den Leib beziehen. Stimmt doch diese Mahnung mit dem Wort Christi überein (Mt. 25, 13): „Wachet, denn ihr wisset weder Tag noch Stunde.“ Denn wie Schlemmerei und Nachgiebigkeit gegen den Schlaf den Leib beschweren und ihn zu seinen Pflichten untüchtig machen, so machen die eitlen Sorgen oder die Ergötzungen dieser Welt die Seele trunken und taumelig. Dass wir nüchtern sein sollen zum Gebet, deutet auf die allernotwendigste Übung, in welcher die Gläubigen sich vornehmlich bewegen müssen, weil alle ihre Stärke vom Herrn kommt. Der Apostel will etwa sagen: da ihr in euch selbst nur zu schwach seid, so bittet vom Herrn, dass er euch stärke. Dabei prägt er uns auch ein, dass man ernstlich und nicht obenhin beten muss.

    Calvin – 1. Petrusbrief

    Nun wird das Miteinander-Leben der Christen in der Gemeinde konzentriert zum Thema. Wichtig sind zwar auch die »Außenbeziehungen« der Christen; wichtiger aber sind ihre Innenbeziehungen, denn da sind wir zu Hause, das ist unser Wachstumsboden.

    Den Lästerern droht das Endgericht (das besagt die Mahnung im vorhergehenden Abschnitt). Und das ist nicht mehr fern, sondern: »Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge«, schreibt Petrus. Die Gemeinde Jesu lebt unter dem Horizont der letzten Zeit (vgl. Mt 10,22; 13,39ff; 24,3, 14; 1 Kor 1,8; 10,11; 15,24; Hebr 9,26; Offb 1,8). »Es ist nahe gekommen«, das meint keine übersteigerte Naherwartung, sondern darin wird ernstgenommen, daß mit dem Kommen Jesu Christi die Endzeit begonnen hat. Es ist das endgültige Handeln Gottes (vgl. Hebr 1,2). Niemand weiß das Datum des Endes, das Datum der Wiederkunft Jesu Christi (vgl. Mt 24,36; Apg 1,7), aber Christen leben so, daß der Herr sie jederzeit bereit findet. Das »Ende aller Dinge« ist ja ihre Heilsvollendung. »Gnade« hat von daher einen tröstlichen, ja einen Hoffnungsklang. Dieses »Ende« ist kein Ende in Schrecken. Wir Christen warten nicht auf den Weltuntergang; wir ersehnen vielmehr die Heilsvollendung, die öffentliche Wiederkunft unseres Herrn. Das Wort für »Ende« hat im Griechischen auch die Bedeutung »Ziel«. Gott kommt zum Ziel seines Heilsplanes und wird ihn endgültig verwirklichen.
    Leben in der Hoffnung auf die Heilsvollendung geschieht zuerst im beständigen »Gebet«. Die Mehrzahl im Griechischen (»zu Gebeten«) weist auf die vielfachen Formen des Bittens, in Bitte und Fürbitte, Dank, Klage und Anbetung, und auch auf die Beharrlichkeit (vgl. Apg 6,4; Röm 12,12; Eph 6,18; Kol 4,2; 1 Tim 4,13). So zeigen die Christen ihr »Besonnen-Sein«. »Besonnenheit« (eigentlich »Verstand haben«) hat der, der das bedenkt, diesen Blick hat, daß diese Welt auf ein Ende zugeht, daß ihr ein Ziel gesetzt ist. Deshalb erbittet er im Gebet alles von Gott und richtet sich damit auf ihn aus. Wer betet, schließt sich an das Ewige, den Ewigen an, mitten in der vergehenden Zeit. Darin ist er »nüchtern«; er läßt sich also nicht vom Vergänglichen berauschen, flieht nicht in Verdrängung des Endes in den Sinnenrausch. Christen leben bewußt, mit Durchblick und alles vor ihren Herrn bringend und von ihm erwartend.

    Edition C Bibelkommentar

    Gott sagte zu Noah: „Das Ende alles Fleisches ist vor mich gekommen;“ hier sagt Er: „Es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge.“ Die Endgerichte werden niemals wieder „alles Fleisch“ (die Menschheit) vernichten. Es sind, „alle Dinge“ verbunden mit diesem Bereich fleischlichen Strebens, die zerstört werden. …
    Jene werden leben „wie in den Tagen bevor die Flut kam“ und warten auf das Kommen des Sohnes des Menschen. Da das Ende einer Sache besser als der Anfang ist, sollen wir wiederum versuchen, der Gesinnung Christi nach zueifern, der immer den Ausgang im Blick hatte.
    „Es ist nahe gekommen“ ist nicht so sehr ein zeitlicher Begriff wie ein lokaler. Es ist dies die göttliche Sicht der Dinge. Immerhin ist die Ewigkeit für uns nicht, wie Dichter träumen, auf irgendeiner „wunderschönen Trauminsel.“ Sie ist vielmehr nur ein Atemzug oder ein Herzschlag weit entfernt. Dies ist in einem bestimmen Sinne für uns alle zutreffend und „daher“ sollten wir eingedenk dieser Tatsache unser Leben führen. Der Gläubige tut dies, wenn er sich „nüchtern“ hält.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    und eine andere Sicht:

    In Vers 7a sagt Petrus: Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Das bedeutet, dass Gericht sehr nahe bevorsteht. Das Gericht, das er im Blick hat, ist das Geschehen 70 n. Chr. Dies war das Gericht über die unverzeihliche Sünde (Mt 12). Im Lichte des kommenden Gerichts sagt Petrus: seid nun – das heißt: Aus diesem Grunde sollt ihr die folgenden sechs Anweisungen ausleben.

    Die erste Anweisung lautet: Seid besonnen (V. 7b). Das griechische Wort bezeichnet jemanden, der bei gesundem Verstand ist – im Gegensatz zu einem von Dämonen besessenen Menschen (Mt 5,15; Lk 8,35). Es bezieht sich auf jemanden, der vernünftig ist; einsichtig; jemanden, der seinen klaren Verstand behält. Diese jüdischen Gläubigen sollen in all ihren Reaktionen Selbstbeherrschung und Ausgewogenheit zeigen.

    Die zweite Anweisung lautet: Seid nüchtern zum Gebet (V. 7c). Im Gegensatz zur Trunkenheit sollen diese Gläubigen nüchtern zum Gebet sein; im Gegensatz zu einem von Alkohol benebelten Geist sollen sie den nüchternen Verstand vorweisen, der sich durch Gebet auszeichnet und somit auf die Dinge Gottes konzentriert ist.

    Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe

    ganz besonders auf das achten, was wir gehört haben

    Deswegen sollen wir um so mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa abgleiten. (O. daran vorbeigleiten, es verfehlen)
    Elberfelder 1871 – Hebräer 2,1

    Das alles macht deutlich, dass wir uns nicht entschieden genug an die Botschaft halten können, die wir gehört haben, weil wir sonst in der Gefahr sind, vom Weg abzukommen.
    Neue Genfer Übersetzung 2013 – Hebräer 2:1

    Deswegen müssen wir ganz besonders auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht auf Abwege kommen.
    Das Buch – 2009 – Hebr 2,1

    Darum ist es nötig, daß wir den Dingen, die wir gehört haben, mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit schenken, damit wir niemals abgleiten.
    neue Welt Übersetzung – Bi12 – Hebr 2:1

    Das im vorigen Abschnitt Gesagte enthält wichtige Implikationen für die Leser, wie das einleitende „darum“ zeigt. Weil der Sohn so hoch über allem steht und am Ende über alle seine Feinde siegen wird, tun die Leser gut daran, desto mehr auf diese Wahrheiten zu achten. Wenn sie das nicht tun, laufen sie Gefahr, am Ziel vorbei(zu)treiben (pararyOmen; ein Wort, das nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament vorkommt). Die Adressaten des Hebräerbriefes zeichnen sich offenbar durch geistliche Unreife und Trägheit aus (vgl. Hebräer 5,11-12 ), und wenn dieser Zug nicht bekämpft wird, können sie leicht von dem rechten Weg, der ihnen verkündet worden war, abkommen. Vielleicht dachte der Verfasser des Briefes hier an die Übersetzung von Sprüche 3,21 in der Septuaginta, wo ebenfalls das Wort pararyOmen verwendet ist: „Mein Sohn, laß sie nicht aus deinen Augen weichen, bewahre Umsicht und Klugheit.“

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Paulus fasst die Gefahr in zwei Sätzen zusammen: Wir dürfen nicht wegtreiben von dem, was wir gehört haben (V. 1), und dürfen „eine so große Errettung“ nicht missachten (V. 3 EB).
    Die Elberfelder Übersetzung gibt Vers 1 mit „damit wir nicht etwa vorbeigleiten“ wieder. Das erklärt sich vom griechischen Wort pararreö. Es kann sowohl für ein Schiff benutzt werden, das vom Kurs abkommt (und daher am Ziel vorbeitreibt), als auch für einen Ring, der vom Finger rutscht. Wenngleich sich beide Bilder erheblich unterscheiden, ist ihre Absicht deutlich: etwas Wichtiges geht verloren. Obwohl man mit dem richtigen Kurs ausgelaufen ist, haben Wind und Strömung einen unbemerkt abgetrieben. Oder, um das Bild zu wechseln: Der Ring ist einem während der Arbeit vom Finger gerutscht, ohne dass man es gemerkt hat.
    Wie können wir solch einen Verlust verhindern? Wir sollen „umso mehr auf das achten, was wir gehört haben“ (Kap. 2,1 EB). Das bedeutet, sorgfältig darauf zu achten und zu überprüfen, dass wir auf dem richtigen Kurs bleiben und das nicht verlieren, was wir als kostbares Gut bewahren sollen.
    Beziehungen bestehen nicht von allein weiter. Wir müssen etwas tun, um sie lebendig zu erhalten. Eine Beziehung, die nicht enger wird, fängt an, sich zu lockern. Sobald uns Freundschaft selbstverständlich wird, beginnen wir sie zu verlieren. Viele Ehepaare fragen sich nach zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren, woran ihre Beziehung gestorben ist. Was ist passiert? Wo ist die Liebe geblieben? Meistens ist nichts Gravierendes geschehen, was die Liebe schwinden ließ. Das Problem wurde durch das verursacht, was nicht geschehen ist. Die Beziehung wurde nicht genügend gepflegt und ging daran zugrunde.
    Ähnlich ist es mit dem Glauben. Jesus ist uns wichtig und unentbehrlich geworden – ebenso die Erlösung, die wir durch ihn erlangt haben. Aber diese Beziehung muss gepflegt werden, sie wächst nicht ohne unser Zutun. Jeden Tag müssen wir danach streben, ihn besser kennen zu lernen, ihn aufrichtiger zu lieben und ihm treuer zu dienen. Geschieht das nicht, strandet unser Glaubensschiff früher oder später auf der Sandbank frommer Gewohnheit oder sitzt eines Tages auf der Klippe der Nachlässigkeit fest.

    William G. Johnsson 2003 – Studienreihe zur Bibel

    Der Apostel unterscheidet in seinem Brief deutlich zwischen einer evangelistisch-missionarischen Verkündigung, durch die Menschen zum Glauben an Jesus Christus gerufen, [1] in der die Grundlagen für das Leben in der Nachfolge gelegt werden (Hbr 6, 1–2), und einer vertiefenden Unterweisung für Gläubige (Hbr 5, 12–14), die der gesunden Entfaltung des geistlichen Lebens dient. In unserem Vers ist „das Gehörte“ die erweckliche Predigt, die die Hebräerchristen zum Glauben an Jesus Christus rief und den Gläubiggewordenen Hilfe für die ersten Schritte im neuen Leben bot. Daran sollen sie festhalten. Das apostolische Wort ist eine Mahnung an Gläubige, die von jeder Generation gehört werden muß: Es gibt Grundwahrheiten der Heiligen Schrift — der Hbr denkt dabei besonders an den Opfertod Jesu zu unserer Erlösung, Heiligung und Vollendung (Hbr 10, 8–18), auf denen unser Glaubensleben ruht, über die wir bei allem Wachstum in der geistlichen Erkenntnis nie hinausgelangen, ohne die wir nicht leben können. Wir sollen auf das Wort Gottes achten, uns täglich Zeit dafür nehmen, es aufmerksam lesen und hören, uns innerlich damit beschäftigen (Apg 17, 11). „Auf das Wort achten“ (grie proséchein) ist nicht nur der Weg, um zum lebendigen Glauben an Jesus Christus zu kommen (Apg 8, 6. 12), sondern auch die notwendige Voraussetzung, um im Glauben zu bleiben.
    Warum haben wir unbedingt daran festzuhalten? Dem Apostel geht es darum, daß wir „das uns gesetzte Ziel nicht verfehlen“. Wer nicht im Worte Gottes lebt, begibt sich in Gefahr, vom rechten Weg abzukommen, im geistlichen Leben zu erlahmen und Irrlehren anheimzufallen. Aber noch viel mehr: Das Ziel des Christen besteht nicht nur darin, bekehrt und gerettet zu werden. Jesus hat gesagt: „Ich habe euch erwählt und gesetzt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe!“ (Jo 15, 16). Gottes Absicht ist es, die Gläubigen wesensmäßig umzugestalten, uns Jesus ähnlich zu machen (Rö 8, 29); sein Ziel ist es, daß Christus in uns Gestalt gewinnt (Gal 4, 19)! Die Gesinnung Jesu und seine Liebe sollen in unseren alltäglichen mitmenschlichen Beziehungen zutage treten (Phil 2, 5). So soll unser ganzes Leben zu einem Zeugnis des Evangeliums werden, durch das andere Menschen den Weg zu Jesus Christus finden. Paulus richtet seinen ganzen Dienst an den Gemeinden darauf aus, „jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen“ (Kol 1, 28f). Das ist das Ziel, auf das hin der Heilige Geist im Leben der Gläubigen wirkt, und dieses Ziel sollen wir nicht verfehlen. Es gibt im Leben der Christen die verhängnisvolle Möglichkeit, daß wir wohl bekehrt und wiedergeboren sein können und doch Gottes Wort überhören und seinen Willen in unserem Leben nicht verwirklichen. Dann bringt unser Leben keine Frucht für die Ewigkeit, dann wird der Gerichtstag des Herrn offenbaren, daß unser irdisches Leben einem Bau aus Holz, Heu und Stroh gleicht, der im Feuer verbrennt (1 Ko 3, 11–15); wir haben so das uns gesetzte Ziel verfehlt!

    Wuppertaler Studienbibel

    Die Warnung in diesen ersten Versen von Kap.2 ist ein Einschub. Der Gegenstand der Erhabenheit Christi über die Engel wird in V.5 wieder aufgenommen werden, doch jetzt wechselt der Schreiber kurz zu einem ernsten und mit Nachdruck behandelten Thema, worin er eine Warnung in bezug auf jede Vernachlässigung der großen Errettung aussprechen wird. Es ist, als würde er in seinem Nachsinnen innehalten, weil er sich persönlich über die Größe Christi freut, aber auch weiß, daß die Nachlässigkeit einiger zu ihrem ewigen Verlust führen könnte. Solche Warnungen werden im gesamten Brief immer wieder aufgegriffen (siehe 3,7-19; 6,1-8;10,26-31).
      Die Warnung beginnt in der Elberfelder Bibel mit „deswegen“. Nach einem einfachen und verläßlichen Grundsatz beim Lesen der Heiligen Schrift sollten wir jedesmal, wenn wir „deswegen“ oder „darum“ lesen, „warum?“ fragen. Dieses Wort geht immer einer zwingenden Schlußfolgerung oder einer überzeugenden praktischen Anwendung dessen voraus, was gerade geschrieben worden ist. Nach einem allgemein bekannten Muster legt Paulus in seinen Briefen wichtige Lehren dar und sagt dann „darum“, wobei er sogleich zu praktischer Gottseligkeit aufgrund der Wahrheit mahnt, die er eben erläutert hat. Im Römerbrief können die Wörter „deswegen“, „daher“, „darum“ und „deshalb“, in Einklang mit der sich über den gesamten Brief erstreckenden inspirierten Argumentation
    14mal gezählt werden (vgl. dort die etwa 150malige Erwähnung von „denn“).
      Dieses hier mit „deswegen“ übersetzte Wort entspricht zwar nicht ganz dem so oft im Römerbrief vorkommenden, doch damit wird genau das gleiche beabsichtigt und bezweckt. J.N. Darby übersetzt: „Aus diesem Grund …“ Angesichts der im vorhergehenden Kapitel so ausführlich nachgewiesenen Größe Christi ist die Botschaft des Heils wie auch die Verantwortung der Hörer von entsprechend großer Tragweite. Wir haben die Größe Seiner Person und die Gnade Seines Hingehens nach Golgatha gesehen. Wir haben die Herrlichkeit Seiner erhabenen Stellung und den Glanz Seiner überragenden Größe gegenüber den Engeln betrachtet. Angesichts dieser unvergleichlichen Vortrefflichkeit liegt auf denen, die diese Botschaft hören, die Verantwortung, sie anzunehmen. Die Botschaft ist wunderbar und herrlich, unübertroffen und beispiellos. Aus diesem Grund müssen wir ihr Beachtung schenken.
      Viele Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten rief das Pronomen „wir“ hervor. Wer ist damit gemeint? Die einfachste Antwort scheint zu sein, daß wir es sind, welche die frohe Botschaft der großen Errettung in Christus gehört haben und hören. Alle Hörer tragen eine schwerwiegende Verantwortung in bezug auf ihre Reaktion, ganz gleich, wer sie sind. Doch im unmittelbaren Zusammenhang spricht der Autor als Jude. Israel empfing als erstes das Evangelium. Der Grundsatz gilt natürlich für alle, doch diese Warnung betrifft zunächst das Volk, zu dem der Messias kam. Beachten wir, daß der Schreiber „wir“ und nicht „ihr“ sagt. Er schließt sich mit ein, indem er sich selbst das auferlegt, was er von anderen fordert. Interessant ist, was J.M. Davies dazu bemerkt: „Fünfmal kommt das Pronomen ‚wir‘ in diesen Versen vor, ‚uns‘ einmal. Dies muß genauso verstanden werden, wie Petrus es gebrauchte, als er und Johannes vor dem Synedrium standen … Er klagte sie an, die Bauleute zu sein, die den Stein verworfen hatten, der zum Eckstein geworden ist. Auch ist in keinem anderen das Heil, denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir errettet werden müssen (Apg 4,5-12).“
      Wieviel haben wir aus Gnade über den Sohn gehört! Welch ein gepriesenes, herrliches Evangelium ist uns zu Ohren gekommen! Wir sollen unbedingt darauf achten, mehr noch, ihm mit Ernst, ja, mit größerem Ernst, Beachtung schenken. Unsere Aufmerksamkeit sollte überaus groß sein. Die Botschaft verlangt es. Es ist nur recht und billig sowie vernünftig, auf die Offenbarung des Heilandes zu achten, die so groß ist wie Er selbst. Doch es wird die traurige Möglichkeit ins Auge gefaßt, daß einige von dem Gehörten abgleiten (vgl. Anm. Elberf) oder daran vorbeitreiben (vgl. Luther ’56, Jerusalemer und GN).
      Vielleicht ist das Bild eines undichten Gefäßes angebracht. Man hat Wasser hineingegossen, doch es geht verloren, es fließt ab. Wie viele gibt es, denen durch Freunde und Verkündiger mit Ernst die Wahrheit des Evangeliums ans Herz gelegt worden ist, doch sie wollen nicht darauf achten! Die Verlockungen der Welt sind groß: Ihre Schätze und Plätze ziehen sie zu stark an, ihr Tun und Treiben beansprucht sie zu sehr, so daß die kostbaren Worte der Wahrheit des Evangeliums mißachtet werden und verlorengehen. Ab er einige sehen ein anderes Bild vor sich, das der Text zuläßt. Die Hörer gleiten an der Botschaft vorbei. Sie treiben wie ein Schiff ohne Lotse oder Anker dahin. Sie treiben vom sicheren Hafen ab oder daran vorbei, ohne vertäut zu sein. Sie erleiden Schiffbruch und nehmen ein tragisches Ende. Für einige wird dies die unbeschreibliche, unvorstellbare Tragik des Abfalls sein, ein Herausfallen aus einer Vorrechtsstellung, in die sie durch Gnade gebracht worden sind.
      Natürlich kann der aufrichtige Gläubige nicht abfallen. Das wahre Gotteskind kann nie verlorengehen. Doch die Warnung ist notwendig, weil es heute wie damals diejenigen gibt, die der Wahrheit des Evangeliums nur gedanklich zugestimmt haben und den Anschein erwecken, als hätten sie ihr geglaubt und sie angenommen. Sie pflegen Gemeinschaft mit Christen, sehen sogar wie Christen aus und reden wie Christen. Und doch haben sie im Herzen nie wahrhaft Buße getan und Christus als Heiland und HERR erkannt! Es ist bedeutsam, daran zu erinnern, daß diese Hebräer wahrscheinlich der zweiten Generation der Christen angehörten, die in judenchristlichen Häusern aufgewachsen und deren Eltern unbestritten gläubig waren. Intellektuell stimmten sie dem Evangelium zu, in dem sie unterwiesen worden waren, doch im Grunde ihres Herzens waren sie Juden und liefen ständig Gefahr, der Verlockung des Judaismus zu erliegen und von dem, was sie gehört hatten, abzugleiten. Aufgrund der wiederholten Warnungen dieses Briefes sollten wir daher unser Herz prüfen und auf unsere Berufung sowie Erwählung achthaben.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Deswegen müssen wir um so mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa am Ziel vorbei gleiten. Denn wenn das durch Engel verkündete Wort fest war und jede Übertretung und jeder Ungehorsam gerechte Vergeltung empfing, wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Rettung missachten? Sie ist ja, nachdem sie ihren Anfang damit genommen hatte, dass sie durch den Herrn verkündet wurde, uns gegenüber von denen bestätigt worden, die es gehört haben, wobei Gott zugleich Zeugnis gab durch Zeichen und Wunder und mancherlei Machttaten und Austeilungen des Heiligen Geistes nach seinem Willen.

    An dieser Stelle behandelt der Verfasser die erste der fünf Abweichungen, um die erste seiner fünf Warnungen auszusprechen. Diese Warnung basiert auf dem, was er zuvor aufgezeigt hat: Der Messias ist den Engeln überlegen. Bevor der Autor fortfährt, um eine weitere Beweiskette anzubringen, gibt er eine väterliche Warnung vor der Gefahr des Abweichens. Daher beginnt er in Vers 1 mit dem Wort deswegen, um die Anwendung vorzustellen, die sich aus der zuvor erörterten Wahrheit ergibt: Da Jesus den Engeln überlegen ist, müssen wir … auf das achten (besondere Aufmerksamkeit), damit wir nicht … vorbei gleiten. Das hier benutzte griechische Wort für vorbeigleiten wird sonst für Boote verwendet, die von ihrem Ankerplatz losgebunden worden sind und nun auf dem Wasser treiben. Es bedeutet „vorbeiströmen“, „abgleiten“, „hinuntergleiten“, „in den Wind hineingleiten“, „aus der Erinnerung verschwinden“. Die Septuaginta verwendet in Jesaja 44,4 dasselbe Wort auch für fließendes Wasser. Gemeint ist Folgendes: Die Empfänger dürfen nicht zulassen, dass ihnen das, was sie gelernt haben, davon fließt, entgleitet oder aus der Erinnerung verschwindet. Bei der Anwendung geht es darum, dass die durch den Sohn übermittelte Offenbarung weit mehr ernste Verpflichtungen mit sich bringt als solche Offenbarungen, die durch Engel oder Menschen übermittelt wurden. Engel sind den Menschen überlegen und eine Offenbarung, die durch Engel zu uns kam, enthielt Verpflichtungen, doch der Sohn ist höher als Engel.

    Daher bringt die Offenbarung durch den Sohn gewichtigere Verpflichtungen und auch ein schwereres Gericht mit sich, falls sie ignoriert wird. Der Ausdruck was wir gehört haben bezieht sich auf das Wesentliche der lehrhaften Wahrheiten, zu denen die Gläubigen Zugang gehabt haben. Sie müssen ihre besondere Aufmerksamkeit auf die neue Offenbarung richten, die durch den Sohn übermittelt wurde.

    Arnold Fruchtenbaum – Der Hebräerbrief

    Er, der Gott, der voller herzlicher Gnade ist

    Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christo Jesu, nachdem ihr eine kleine Zeit gelitten habt, er selbst wird euch vollkommen machen, (O. vollenden, alles Mangelnde ersetzen) befestigen, kräftigen, gründen.
    Elberfelder 1871 – 1.Petrus 5,10

    Ihr müsst jetzt für eine kurze Zeit leiden. Aber Gott hat euch in seiner großen Gnade dazu berufen, in Gemeinschaft mit Jesus Christus für immer in seiner Herrlichkeit zu leben. Er wird euch Kraft geben, sodass euer Glaube stark und fest bleibt und ihr nicht zu Fall kommt.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Petrus 5:10

    Der Gott aber, der euch seine Gnade auf jede erdenkliche Weise erfahren lässt und der euch durch Jesus Christus dazu berufen hat, an seiner ewigen Herrlichkeit teilzuhaben, auch wenn ihr jetzt für eine kurze Zeit leiden müsst – dieser Gott wird euch mit allem versehen, was ihr nötig habt; er wird euch ´im Glauben` stärken, euch Kraft verleihen und eure Füße auf festen Boden stellen.
    Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Petr 5,10

    Diese Verheißung faßt den ganzen Brief zusammen. Zuerst stellt Petrus den Gemeinden noch einmal Gott und sein ganzes Heil vor Augen. Er ist »der Gott aller Gnade«, der Gott, der uns seine ganze Gnade zuwendet. »Er hat euch berufen«, das war ganz und gar Gottes Tun, das sie zu Christen gemacht hat. Er verheißt das Heilsziel der »ewigen Herrlichkeit«. Und das »in Christus Jesus«. Das meint die neue Herrschaft, unter der wir leben, in der Macht und Liebe Jesu Christi. Wir gehören zu ihm, wie die Rebe zum Weinstock (vgl. Joh 15,5f).
    Dieser Gott und Herr läßt die Seinen auch und gerade im Leiden nicht. »… die ihr eine kleine Zeit leidet« – das ist ja tiefer Trostzuspruch schon durch die Zeitangabe. Es ist eine »kurze Zeit«, die doch in Gottes Herrlichkeit führt. Gott wird seine Treue jetzt, in dieser »kleinen Zeit«, an den Seinen erweisen. Er selbst wird sie »aufrichten« (eigentlich, »gehörig einrichten, ausrüsten«), wird sie wieder zurechtbringen – das ist wohl gemeint – sie, die versagt haben oder die Schaden gelitten haben. Seine Treue läßt nicht los.

    Edition C Bibelkommentar Neues Testament

    In all diesen Herausforderungen können sie sich auf Gott verlassen. Er ist der „Gott aller Gnade“ (vgl. z.B. 1Petr 1,10.13; 5,5.12) und hat sie „berufen … zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus“ (vgl. 1Petr 3,9: „… weil ihr dazu berufen worden seid, dass ihr Segen erbt!“). Sie haben zwar bereits „eine kurze Zeit gelitten“ (vgl. 1Petr 1,6: „ …ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, in mancherlei Versuchungen betrübt worden seid.“). Gott aber wird sie …
    • … „vollkommen machen“: Er „wird die ‚zurechtbringen‘, die versagt oder Schaden gelitten haben; er wird vollenden, was bruchstückhaft ist.“ (Goppelt, 344).
    • … „stärken“: Er „wird die ‚stärken‘, die schwach und wankend werden, dass der Glaube ‚fest‘ (V.9) bleibt.“ (Goppelt, 344).
    • … „kräftigen“: Er „wird ‚kräftigen‘, er wird zur Erfüllung der Berufung und zur Abwehr des Widersachers Kraft geben.“ (Goppelt, 344).
    • … „gründen“: Er „wird der Gemeinde wie den einzelnen einen festen Standort auf dem Grund geben, den das Evangelium weist (vgl. 1Petr 2,6).“ (Goppelt, 344).

    Mainka – 1. Petrus

    In Vers 10 erwähnt Petrus den Gott aller Gnade; er lenkt damit unsere Blicke ganz zu diesem wunderbaren Gott und erhebt uns gleichzeitig über die Leiden, die nicht wert sind, verglichen zu werden mit der ewigen Herrlichkeit, zu der wir berufen sind in Christo Jesu. Wir stimmen deshalb mit dem Apostel ein: „Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Ja, fürwahr, Er ist der Gott aller Gnade. Er erweist sie, seitdem der Mensch in Sünde fiel, Er erweist sie ganz besonders seit dem Kreuz von Golgatha, Er erweist sie Juden und Heiden, Reichen und Armen, Gebildeten und Ungeschulten, Er erweist sie jedes Jahr neu, Er erweist sie selbst den Menschen, die Ihn ablehnen, und Er erweist sie uns, Seinen Kindern, indem Er uns Tag für Tag, Stunde für Stunde trägt, bis wir am Ziel, der ewigen Heimat, dem Vaterhaus, angelangt sind.

    Ermunterungen und Ermahnungen 1965

    Der Apostel hat in seinem Brief großen Wert darauf gelegt, seine Leser darauf einzustimmen, Bedrängnisse so zu ertragen, daß in ihrem Leben die Gnade Gottes offenbar wird. In seinem abschließenden Segenswort befiehlt er sie dem Gott aller Gnade an (vgl. 1 Petrus 4,10). Alle seine seelsorgerlichen Ermahnungen fließen noch einmal in diesem Segen zusammen. Das Leiden der Christen wird nur eine kleine Zeit dauern, die Herrlichkeit in Christus Jesus, zu der sie berufen sind, aber wird ewig währen (vgl. Röm 8,17.18; 2Kor 4,16-18 ). (Hier gebraucht Petrus zum achten Mal in seinem Brief das Wort „Herrlichkeit“: 1 Petrus 1,7.11.21.24;2,20;4,14;5,1.10 .) Gott selbst wird sie aufrichten, stärken (stErixei; vgl. 2Thes 2,17), kräftigen (sthenOsei; das Wort steht nur an dieser Stelle im Neuen Testament) und gründen (themeliosei, „gegründet“; vgl. Eph 3,17; Kol 1,23).

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Die Grundlage für den Wunsch und das Verlangen des Petrus für seine Leser wird in dem lieblichen Titel deutlich, den er nun gegen Ende seines Briefes verwendet: „der Gott aller Gnade“. Welch erfreuende Schlußbemerkung für jene zerstreuten Gläubigen. Sie befanden sich mitten in einer äußeren Notlage. Da war ein grausamer Feind, der sich an ihre Fersen heftete und versuchte, durch Verfolgung ihren Frieden zu erschüttern. Sie waren Heilige und königliche Priester, die im Leiden Unterwerfung lernten. Aber sie hatten einen Retter, der „durch den Tod gegangen war und jeden Feind glorreich überwunden hatte.“ Er thront jetzt zur Rechten der Macht, Engel und Gewalten und Mächte sind Ihm jetzt unterworfen. Leiden, Prüfungen und Erprobungen müssen sein für die Gläubigen, aber ihr Gott ist „der Gott aller Gnade“. „Aller Gnade“ läßt an Seine Großzügigkeit denken, wie viel auch immer sie brauchen. „Aller Gnade“ betont auch nachdrücklich das vielfältige Spektrum; was immer sie auch jemals benötigen.
    Dieser Gott hat Sein Volk durch das ewige Evangelium „zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen,“ das ist der Zustand der Herrlichkeit, das Reich der Herrlichkeit. Sie werden sich im Glanz „der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi“ sonnen.
    In der noch verbleibenden Zeit dürfen wir nicht darüber erstaunt sein, wenn Prüfungen kommen und es „für eine Zeit“ Leiden gibt. Doch in und durch diese Leiden wird der gleiche Gott, der das Werk in uns begann, dieses auch vollführen, es zur Vollendung bringen, uns befestigen und die Kraft zur Verfügung stellen, die wir für den Kampf benötigen, für schwerstes Leiden und höchsten Dienst, und Er wird uns völlig gründen auf den einzigen sicheren Eckstein, auserwählt und kostbar.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Einsicht kann uns helfen, mit Milde zu reagieren

    Die Einsicht eines Menschen macht ihn langmütig, und sein Ruhm ist es, Vergehung zu übersehen.
    Elberfelder 1871 – Sprüche 19,11

    Einsicht macht einen Menschen geduldig, und eine Zier ist’s für ihn, über Verfehlungen hinwegzusehen.
    Die Philippson-Bibel – Sprüche 19:11

    Die Lebensklugheit eines Menschen macht ihn langsam zum Zorn ,
    und sein Prachtschmuck ist es, über Verfehlungen hinwegzugehen.
    Jantzen & Jettel – Spr 19,11

    Warum aus Maulwurfshügeln Berge machen?

    HAST du je einen Maulwurf gesehen? Vielleicht nicht, denn dieses mausähnliche Tier verbringt den größten Teil seines Lebens unter der Erdoberfläche. Der Maulwurf ist ein kleines, grabendes Säugetier, das in manchen Gegenden nur etwa 15 cm lang wird, wegen seines Pelzes und seiner Gewohnheit, unermüdlich zu graben und auf Insekten Jagd zu machen, aber nicht wenig geschätzt wird.
    Der ständig grabende Maulwurf verunstaltet zwar oft Rasenplätze und Gärten, doch seine Hügel sollten eigentlich als geringfügige Ärgernisse betrachtet werden, weil sie im allgemeinen höchstens 5 bis 10 cm hoch sind.
    Der Maulwurfshügel ist gerade, weil er so klein ist, sprichwörtlich geworden. Ein bildlicher Maulwurfshügel ist daher etwas, was Ärgernis erregen kann, aber niemals zu einem ernsten Problem werden sollte. Warum machen denn manche Menschen aus Maulwurfshügeln Berge? Aus verschiedenen Gründen, von denen sie einige oft vielleicht selbst nicht einmal kennen, weil, wie die Bibel sagt, das Herz „arglistig ist . . ., mehr als alles“. — Jeremia 17:9.


    Aus Maulwurfshügeln Berge zu machen ist töricht und unfair, verrät Lieblosigkeit und oft auch einen Mangel an Glauben. Es ist töricht, weil es niemanden glücklich macht, sondern Leid und Schmerz in der Welt eher noch erhöht. Wir lesen: „Die Einsicht eines Menschen macht ihn langmütig, und sein Ruhm ist es, Vergehung zu übersehen.“ Ein weiser Mensch weiß, daß man nichts Gutes erreicht, wenn man Kränkungen oder Beleidigungen gleichsam durch ein Vergrößerungsglas sieht und so aus einer Kleinigkeit eine große Streitfrage macht. — Sprüche 19:11.

    Wachtturm – 15.Juli 1964

    Die Langmut wird in den Sprüchen mehrfach gerühmt ( Sprüche 14,29 a; 15,18 b; 16,32; 25,15). Sie entspringt und ist ein Kennzeichen der Weisheit ( REKel ; der Begriff wird auch in Sprüche 12,8; 13,15; 16,22; 23,9 gebraucht). Im Gegensatz dazu steht der Hitzkopf und der Ungeduldige ( Sprüche 14,17.29 b; 15,18 a; 19,19; 22,24; 29,22 ). Ein kluger, geduldiger Mann wird durch Menschen, die ihm entgegenstehen, nicht so leicht aufgebracht; er übersieht ihre Angriffe (vgl. Sprüche 12,16 ), denn er weiß, daß das Aufstauen von Groll oder der Versuch der Rache nur mehr Probleme schafft. Wer sie übersieht, dem gereicht es zum Ruhm, d. h. es ist ehrenhaft.

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Gott ist langmütig, »langsam zum Zorn« (Ps 103,8). Der Mensch, der wahrhaft »Einsicht« besitzt, sêkæl (siehe 3,4 zur Erklärung des Wortes), wird seinem Gott ähnlich, denn die höchste Einsicht, die einer haben kann, ist Einsicht in Gottes Wesen und Willen, und die macht »macht ihn langmütig« (14,29a; 16,32). Diese Einsicht steht einem jeden offen, der sie begehrt: Die Bibel ist ein offenes Buch, und Gott gibt dem Bittenden gerne die Weisheit, die ihm fehlt (Jak 1,5). Wer Weisheit empfangen hat und Erkenntnis besitzt, wird mitfühlend und geduldig, und das macht ihn tüchtig, Niedergeschlagene zu trösten und Irrende zu ermahnen (siehe Röm 15,14).
    Leute, die stets schnell mit Kritik kommen und keine Geduld haben mit den Fehlern anderer, verraten damit nur, wie wenig Einsicht sie besitzen. Erkennten sie Gott besser, hätten sie von sich selbst ein wirklichkeitsnäheres Bild, und damit würden sie geduldiger und barmherziger gegenüber wirklichen oder eingebildeten Fehlern anderer.

    »Kleine Fehler zu entdecken, ist seit jeher die Eigenschaft solcher Köpfe gewesen, die wenig oder gar nicht über die Mittelmäßigen erhaben waren. Die merklich Erhabenen schweigen still oder sagen nur etwas gegen das Ganze, und die großen Geister schaffen [nur], ohne zu tadeln« (Georg Christoph Lichtenberg, 1742–1799).

    Der Weise kann Sünde zudecken (10,12) und vergeben (Eph 4,32; Kol 3,13); der Christ kann über »Vergehung« hinwegsehen, daran vorbeigehen, wie das hier verwendete Verb câbar wörtlich sagt. Das ist gerade »sein Ruhm«; er hat damit Teil an Gottes Ruhm, der an den Häusern eines schuldigen Volkes vorbeiging, als er die Häuser der Ägypter heimsuchte (2Mo 12,13). Gott, der Heiland, spricht: »Um meines Namens willen verziehe ich meinen Zorn, und um meines Ruhmes willen bezwinge ich ihn, dir zugut, um dich nicht auszurotten« (Jes 48,9).

    Benedikt Peters – Das Buch der Sprüche