Schlagwort: Glaube

nicht viel – aber genug

Das Mehl im Topfe ging nicht aus, und das Öl im Kruge nahm nicht ab, nach dem Worte Jehovas, das er durch Elia geredet hatte.
Elberfelder 1871 – 1.Könige 17,16

der Mehltopf wurde nicht alle,
dem Ölkrug mangelte es nicht,
gemäß SEINER Rede, die er durch Elijahu geredet hatte.
Buber – 1.Könige 17,16

Der Mehlkasten wurde nicht leer, und dem Oelkruge mangelte nichts, nach dem Worte Jehova’s, das er geredet hatte durch Elia.
van Ess 1858 – 1.Könige 17:16

Die Witwe erkannte, daß Elia ein Israelit war, und rief zu Jahwe, er solle bestätigen, daß sie kein Brot hatte; sie hatte nur ein wenig Mehl und Öl, gerade genug für eine letzte Mahlzeit für ihren Sohn und sich selbst . Hier war eine heidnische Frau in Phönizien, die an den Herrn glaubte; sie sagte, sie glaube, daß er lebe ( So wahr der HERR, dein Gott, lebt ; vgl. V. 1 ; 1Kö 18,10 ).
Elia beruhigte ihre Angst vor ihm, ihrem Hunger und ihrem drohenden Tod. Er bat sie, zuerst ihn zu speisen, und dann mit dem, was übrig blieb, sich selbst und ihren Sohn. Dann gab er ihr ein Versprechen aufgrund der Autorität des Wortes Gottes: Sie würde Essen haben bis zum Ende der Dürre!

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Im Gehorsam gegenüber dem Wort des Herrn reiste Elia nach Zarpat, das an der Mittelmeerküste zwischen Tyrus und Sidon liegt. Dort hatte Gott für ihn eine heidnische Witwe vorbereitet, die ihn ernähren sollte. Zunächst zögerte sie, weil sie nur genug Essen für sich und ihren Sohn hatte. Doch der Prophet befahl ihr, zuerst einen kleinen Kuchen für ihn zu machen. Indem sie das tat, setzte sie Gott auf praktische Weise an die erste Stelle. Als sie gehorchte, lernte sie die kostbare Lektion, dass diejenigen, die Gott an die erste Stelle setzen, nie an Notwendigem Mangel leiden. Ihr Topf mit Mehl und ihr Krug Öl wurden nicht mehr leer. Jesus hob hervor, dass Elia zu einer heidnischen Witwe geschickt wurde, und zu keiner der vielen israelitischen Witwen (Lk 4,26).
Während der Dürre sorgte der HERR für seinen Propheten auf sehr demütigende Art und Weise – zuerst durch unreine Vögel und dann durch eine heidnische Frau, die dazu noch eine arme Witwe war. Der König in seinem Palast musste darben, aber Elia hatte alles, was er brauchte. Der Mann Gottes, der der Stimme Gottes gehorcht, wird immer mit allem Notwendigen versorgt, ganz gleich, welche Verhältnisse um ihn herum herrschen.

MacDonald – Kommentar zum Alten Testament

Ahab hatte dem Vegetations- und Wettergott [298] der Phönizier in Samaria einen Baalstempel erbaut. Dadurch konnte das Vertrauen des Volkes zum Herrn allein leicht abgelenkt werden. Wurde doch gerade Baal als „Herr des Himmels“ für den Spender der Fruchtbarkeit angesehen. Sein Herrschaftsgebiet und das der Liebesgöttin Aschera war ja die Natur mit ihrem reichen Liebesleben in der mannigfaltigen Pflanzen- und Tierwelt. Opferte man neben Jahve auch ,,Baal“, so konnte man annehmen, dass das Gedeihen der Herden, die Fruchtbarkeit der Äcker, der Ertrag der Weinberge und die Ernte der Olivengärten um so reicher sein werde.
Israels König und Volk sollte jedoch durch die angekündigte Gerichtsdürre zu der tiefen Erkenntnis geführt werden, dass auch ihr Land Jahves Land ist, und dass dessen Fruchtbarkeit und Segen allein durch Ihn bestimmt wird. Darin lag die Gnade im Gericht für Israel. Denn auch die verschiedenen Gerichtswehen in Israels Geschichte waren keine blinden Zufälligkeiten und wilde Schicksalsschläge, sondern jedesmal gnädige Heimsuchungen Gottes. Israel erlebte in seiner Geschichte immer auf jenen Gebieten am schwersten seine Gerichte, wo seine tiefste Schuld und größten Verirrungen lagen. Das war im Lichte Gottes gesehen für die Zukunft Israels weit mehr Gnade als Gericht. Denn in Gottes Augen war [299] es immer noch besser, durch Gericht zum Leben zu gelangen, als ohne Gericht zu Grunde zu gehen.

Kroeker – Das lebendige Wort Band 5

Die Witwe in Zarpat (1 Könige 17,7-24)
Zarpat oder Sarepta gehörte zu Phönizien, nicht zu Israel. Aber die Hungersnot, die über den gottlosen Ahab und sein Volk kam, war bis an jenen Ort gedrungen. Als der Bach vertrocknete, an dem Gott seinen Knecht Elia durch Raben hatte verpflegen lassen, sah sich der HERR nach einer Witwe um, der Er gebieten konnte, Elia zu versorgen. In einer Hungersnot, wenn alle Vorräte aufgebraucht sind, auch noch für einen Mann kochen, weil er ein Mann Gottes ist, dazu brauchte es Glauben. Bei den «vielen Witwen in Israel» (Lk 4,25.26) fehlte offenbar diese Voraussetzung.
Aber ist es nicht ermunternd zu sehen, wie gut Gott diese Witwe in Sarepta kannte? «Die Augen des HERRN durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist» (2. Chr 16,9). Er hatte den Glauben in ihr gewirkt und nun Verbindung mit ihr. Daher liess Er auch Prüfungen des Glaubens über sie kommen, um diesen zu stärken.
Sie ist mit ihrem Sohn dem Hungertod nahe. Als Elia zu ihr kommt, zeigt sich, was in ihrem Herzen lebt. Auf seine Bitte holt sie ein wenig von dem so raren Wasser. Und was tut sie, als er ihr noch zuruft: «Bereite mir zuerst einen kleinen Kuchen … und dir und deinem Sohn bereite danach zu. Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht ausgehen, und das Öl im Krug nicht abnehmen»? In gläubigem Vertrauen auf dieses Wort geht sie hin und bereitet zuerst für den Knecht des HERRN einen Kuchen, also eigentlich für Gott, der ihn zu ihr gesandt hat.
Wie wurde Er durch diese Hingabe, durch diesen demütigen Gehorsam geehrt! Er blieb ihr nichts schuldig. Bis zum Ende der Hungersnot durfte sie erleben, wie Gottes Hand täglich in ihrem Mehltopf und Ölkrug wirksam war. Auch die erschütternden Erlebnisse des Sterbens und der Auferweckung ihres Sohnes waren weitere Mittel, um die Erkenntnis der Grösse des Gottes Israels und der Zuverlässigkeit seines Wortes in ihr zu fördern. Ja, so wurde das bescheidene Heim dieser Witwe der Ort, wo Er sich in jenen Tagen offenbarte!

Halte fest 1982

Allein während der andauernden Dürre vertrocknete auch der Bach, aus dem der Bote Gottes trank. Denn die Mittel, die Gott je und je braucht, um seine Knechte zu segnen, sind ebenfalls nur vergänglicher Natur und oft den Gesetzen der Zeit unterworfen. Aber Gott, der die Mittel wählt, sieht über diesen Gesetzen und ist Herr auch der Mittel, durch die Er zu segnen vermag. Er war auch hier in der Versorgung seines Knechtes nicht an den Bach Krit gebunden. Als dieser unter der herrschenden Dürre vertrocknete, da sandte Er Elia ins Land der Sidonier zu einer Witwe in der Stadt Sarpat.

Und der Prophet ging. Allein auch das Land Phönizien war bereits von der Hungersnot ergriffen worden. Und als der Prophet der Witwe beim Holzsammeln begegnete, die ihm im Auftrage Gottes während der noch übrig gebliebenen Gerichtszeit dienen sollte, und sie bat: „Bringe mir doch auch einen Bissen Brot,“ da antwortete sie ihm: „So wahr Jehova, dein Gott, lebt, ich habe nichts Gebackenes, sondern nur eine Handvoll Mehl im Fass und ein wenig Öl im Kruge. Und siehe, ich habe ein paar Hölzer aufgelesen und gehe hin und will mir und meinem Sohne etwas zurichten, dass wir essen und darnach sterben11).“

In diesen Worten drückte sich die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung ihrer Seele aus. Zu solch einer [35] Witwe sah sich Elias gesandt. Er ließ sich jedoch durch die Worte des Weibes nicht entmutigen, denn die Worte seines Gottes hatten ihm etwas anderes gesagt. Gott hatte ihn nach Zarpat gesandt und gesagt: „Bleibe daselbst, siehe, ich habe daselbst einer Witwe geboten, dass sie dich mit Nahrung versorge!“

Gewiss waren diese Augenblicke auch für Elias eine schwere Glaubensprobe. Einerseits das klare Wort des Herrn, und andererseits die völlige Mittellosigkeit und innere Verzagtheit der Witwe, die ihn während der Dürre versorgen sollte. Sollte er etwa Gott nicht verstanden haben? Oder sollte sich etwa Gott geirrt haben in der Person, die ihm dienen sollte? Welche innerlichen Kämpfe sich auch immer in der Seele des Propheten zunächst abspielten, alsbald sprach er mit der Gewissheit, wie nur ein in Gott zur Ruhe gekommener Glaube zu sprechen vermag: „Fürchte dich nicht! Geh hin und mache es, wie Du gesagt hast; doch mache mir zuerst ein kleines Gebackenes davon und bringe mirs heraus; aber dir und deinem Sohne sollst du hernach auch etwas machen.“

Und nachdem er dieses gesagt hatte, fügte er die wunderbare Verheißung hinzu: „Denn also spricht Jehova, der Gott Israels: Das Mehlfass soll nicht leer werden, und das Öl im Kruge nicht mangeln bis auf den Tag, wenn der Herr auf Erden wird regnen lassen!“

Wie oft standen sich im Leben der Knechte und Mägde Gottes, die sich senden ließen, empfangene göttliche Offenbarung und die sie umgebenden Verhältnisse in direktem Gegensatz gegenüber. Klar und ohne [36] misszuverstehen war der Auftrag Gottes an Elia gewesen, nach Zarpat zur Witwe zu gehen, der Gott einen Auftrag gegeben hatte, ihn zu versorgen. Trostlos und ohne Hoffnung waren die äußeren Verhältnisse und der innere Zustand der Witwe, zu der der Prophet sich gesandt sah. Da fragte es sich für den Propheten, wie er sich angesichts dieser Gegensätze innerlich einstellen wolle, ob auf den Auftrag hin, den er von Gott empfangen hatte, oder auf die Verhältnisse hin, die er in Zarpat vorfand. Was sollte das Entscheidende für ihn sein, der Auftrag Gottes oder die Macht der Verhältnisse?

Wie nahe hätte es gelegen, sich auf die trostlosen Verhältnisse einzustellen und sich zu sagen: Gott kann dich unmöglich hierher gesandt haben. Hätte Elias das getan, sein Glaube wäre bei jener Gelegenheit nicht der Sieg gewesen, der die Welt überwand. Er hätte versagt und sich unfähig erwiesen, jener armen Witwe mit ihrem Sohne in der Stunde ihrer Not als ein Bote des Lebens zu dienen und ihr jenen Quell zu erschließen, der auch in der Dürre nicht versagen würde.

Aber Elia blieb auf Gott hin eingestellt auch angesichts der Verhältnisse, die er in Zarpat vorfand. Sein Vertrauen behielt seinen Pol in dem Verheißung swort seines Gottes. Sprach zunächst auch alles dagegen, so verlor er doch nicht die innere Ruhe, die er in Gott gefunden hatte. Da wurden ihm diese Verhältnisse zur Gelegenheit für einen seiner köstlichsten Dienste. Zunächst erlebte er eine Gottesoffenbarung, die in der Fassung, [37] die der Prophet ihr gab, bis heute zu einer unversiegbaren Trostquelle für manche Zagende geworden ist.

Wie oft hat das wunderbare Wort: „Und das Mehlfass soll nicht leer werden und das Öl im Kruge nicht mangeln bis auf den Tag, wenn der Herr auf Erden wird regnen lassen“, den Blick bedrängter Seelen von der sie umgebenden Not abgelenkt hin zu dem, der größer ist als jede Not. Wäre nicht zur rechten Stunde dieser Glaubensblick für sie gekommen, sie wären unter ihren Verhältnissen zusammengebrochen und ein Opfer der Not geworden.

Der Prophet hatte der Witwe zwar viel zugemutet, als er sie bat, hinzugehen und ihm zuvor etwas zu backen und zu bringen. Das Wenige, das sie noch besaß, sollte sie zunächst noch an einen Fremdling abgeben und alsdann erfahren, dass das Mehlfass nicht leer wird, und das Öl im Kruge nicht aufhören wird zu fließen. Allein das Weib brachte dieses Opfer, überwand innerlich alle Zweifel und Bedenken und ging hin und diente dem Propheten. Da blieb die Antwort Gottes nicht aus.

Sie sah hinfort Tag für Tag die Erfüllung jener wunderbaren Verheißung , die ihr durch den Mund Elias geworden war. Sie durfte erleben, wer dem Herrn Vorhandenes zu opfern vermag, der gibt sich auch in Zeiten der Dürre nicht aus.

Jakob Kroeker – Gottes Segensträger

Der Vorrat war gerade für ein letztes Essen – und dieser Vorrat blieb genau das – für jeweils ein letztes Essen…
Wir würden es ja gern sehen, wenn der Segen bedeuten würde, dass unsere Vorratsschränke voll wären – aber wenn es nur genug für den heutigen Tag ist, dann sind wir meist enttäuscht. Oder? Aber lehrte Jesus nicht beten, um Brot für diesen Tag zu bitten? Warum sind wir dann darauf aus, das kommende Jahr abgedeckt zu wissen?

rauben, fortreißen; wegführen; entrücken

danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und also werden wir allezeit bei dem Herrn sein.
Elberfelder 1871 – 1.Thess 4,17

 danach werden wir, die wir noch am Leben sind, mit ihnen zusammen hinweggerissen und auf Wolken emporgetragen werden in die Höhe, zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir allezeit beim Herrn sein.
Zürcher Bibel 2007 – 1.Thessalonicher 4,17

Danach werden wir – die Gläubigen, die zu diesem Zeitpunkt noch am Leben sind – mit ihnen zusammen in den Wolken emporgehoben – werden wir – die Lebenden, die übrigbleiben – mit ihnen zusammen in/auf Wolken weggeführt werden in die Luft. – , dem Herrn entgegen, und dann werden wir alle für immer bei ihm sein.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Thes. 4,17

Danach werden wir, die Lebenden, die überleben, mit ihnen zusammen in Wolken entrückt werden, um dem Herrn in der Luft zu begegnen. So werden wir immer beim Herrn sein.
neue Welt Übersetzung – 2018 – 1.Thessalonicher 4:17

ἔπ-ειτα dann, danach. ἅμα zugleich, gleichzeitig. ἁρπαγησόμεθα Fut. Pass. ἁρπάζω107 rauben, fortreißen; wegführen; entrücken (B 2b). νεφέλη Wolke. ἀπ-άντησις8 Begegnung; Einholung (politischer term. tech.: einem Herrscher bei seiner offiziellen Ankunft [παρουσία] entgegengehen, ihn empfangen u. feierlich geleiten); εἰς ἀπάντησιν entgegen od. zur Einholung (vgl. EWNT 1, Sp. 275). ἀήρ6 ἀέρος ὁ Luft. ἐσόμεθα Fut. εἰμί.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Man beachte, daß dieser schnelle Übergang in ein geistiges Leben, von dem Paulus hier spricht, „zur Zeit der letzten Posaune“ vor sich geht. In dem angeführten Brief an die Thessalonicher zeigt Paulus, daß die „Posaune Gottes“ erschallen wird, wenn der Herr „herabkommen“ wird, das heißt, wenn er seine Aufmerksamkeit der Erde zuwenden und seine geliebten Nachfolger auferwecken wird. Zu jener Zeit werden „die in Gemeinschaft mit Christus Verstorbenen . . . zuerst auferstehen“ (1 Thessalonicher 4:16).
Wie steht es aber mit den gesalbten Christen, die noch auf der Erde leben, wenn die „Posaune Gottes“ erschallt und Christus „herabkommt“, um die in Gemeinschaft mit ihm Verstorbenen aufzuerwecken? „Danach“, erklärt Paulus, „werden wir, die Lebenden, welche überleben, mit ihnen [den Christen, die vor Christi Wiederkunft starben] zusammen in Wolken entrückt werden zur Begegnung mit dem Herrn in der Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein“ (1 Thessalonicher 4:17).
Bei den Christen, die „in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune“, auferweckt werden, handelt es sich um solche, die sterben, nachdem Christus ‘herabgekommen ist’. Danach — nachdem Christus die in Gemeinschaft mit ihm Verstorbenen auferweckt hat — brauchen Christen, die die Hoffnung haben, in den Himmel zu kommen, nicht mehr im Tode zu schlafen. Wenn sie sterben, werden sie sofort verwandelt werden, „in einem Augenblick“, und werden sich denen, die bereits zu himmlischem Leben auferweckt worden sind, anschließen. Sie sterben als Menschen, werden aber mit einem geistigen Leib auferweckt.

Erwachet! 22.Oktober 1979

Danach werden wir, die Lebenden, die am Leben bleiben, mit ihnen zusammen in Wolken entrückt, dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein. Deswegen fahret fort, einander mit diesen Worten zu trösten.“ — 1 Thessalonicher 4:13-18, NW.
In symbolischen Worten wird an dieser Stelle das Werk der Posaunen-Proklamation der Wahrheit nach der Geburt des Königreiches im Jahre 1914 gezeigt, doch in diesem Studium wird unsere Aufmerksamkeit besonders auf die Tatsache gelenkt, daß die lebenden Glieder seines Leibes, die zur Zeit des Bauens des Tempels auf Erden sind, zu ihm versammelt werden, denn gemäß den Worten des Paulus an Timotheus haben sie „sein Kundwerden liebgehabt“. (2 Timotheus 4:8, NW) Als Jesus in den Himmel auffuhr, verhüllte ihn eine Wolke, so daß seine Nachfolger auf Erden ihn nicht mit ihren buchstäblichen Augen sehen konnten, aber die Wolke war ihnen ein offenkundiges Zeichen seiner Auffahrt. (Apostelgeschichte 1:9) Daß die Wolken seine Gegenwart darstellen, wird auch von Jesu eigenen Worten in Matthäus 26:64 bestätigt. Die Versammelten sind wahrlich „bei dem Herrn“, und wenn sie ihm auf Erden treu bleiben, werden sie nach ihrem Tode und ihrer Auferstehung bei ihm im Himmel sein. Der wunderbare Akt Gottes: die Auferstehung der verstorbenen Tempelglieder und das Versammeln des irdischen Überrests derselben — das ist der Aufbau des Tempels!

Wachtturm 1.Juli 1953

Was bedeutet es, wenn in 1Thessalonicher 4:17 gesagt wird, daß ‘wir, die Lebenden, welche überleben, entrückt werden zur Begegnung mit dem Herrn in der Luft’? (USA).
Hier wird auf die Miterben Jesu Christi Bezug genommen, die während seiner Gegenwart in Königsmacht am Leben sind.
Der Vers, um den sich die Frage dreht, ist am besten zu verstehen, wenn man ihn im Lichte des Themas betrachtet, das der Apostel Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher behandelte. Wir lesen: „Ferner, Brüder, wollen wir nicht, daß ihr hinsichtlich derer unwissend seid, die im Tode schlafen, damit ihr nicht betrübt seid wie auch die übrigen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir den Glauben haben, daß Jesus gestorben und wieder auferstanden ist, so wird Gott auch die im Tode Entschlafenen durch Jesus mit ihm bringen. Denn dies sagen wir euch durch Jehovas Wort, daß wir, die Lebenden, die bis zur Gegenwart des Herrn am Leben bleiben, denen keineswegs zuvorkommen werden, die im Tode entschlafen sind; denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes, und die in Gemeinschaft mit Christus Verstorbenen werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, welche überleben, mit ihnen zusammen in Wolken entrückt werden zur Begegnung mit dem Herrn in der Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein. Somit fahrt fort, einander mit diesen Worten zu trösten“ (1. Thess 4:13-18).
Man kann erkennen, daß es bei dieser Betrachtung um die Auferstehung der Miterben Christi geht. Alle Miterben, die vor Christi Gegenwart in Königsmacht starben, blieben im Todesschlaf. All diese Verstorbenen sollten jedoch, nachdem seine Gegenwart begonnen hätte, zu unsterblichem, geistigem Leben auferweckt und mit ihrem Herrn vereint werden. Welch ein tröstender Gedanke dies doch für die Christen in Thessalonich war angesichts der Drangsale, die sie erduldeten! (1. Thess 1:6).
Die Bibel liefert aber keinen Anhaltspunkt für die Schlußfolgerung, daß Jesus buchstäblich vom Himmel herabkäme und daß die Auferweckung und Verherrlichung derer, die im Tode schlafen, für Menschenaugen auf der Erde sichtbar wäre. Warum ist dies für Menschenaugen unsichtbar? Weil Jesus Christus als Geistperson im Himmel „in einem unzugänglichen Lichte wohnt“ und ihn als solche Geistperson „keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann“ (1. Tim 6:16). Seine Stellung läßt sich somit mit derjenigen seines himmlischen Vaters vergleichen (Hebräer 1:2, 3). Es kann daher gesagt werden, daß Jesus Christus in demselben Sinne ‘herabfährt’ oder ‘herabkommt’, wie dies in der Bibel von Jehova Gott gesagt wird. Über ihn lesen wir zum Beispiel: „Er ging daran, die Himmel zu neigen und herabzufahren; und dichtes Dunkel war unter seinen Füßen“ (2. Sam 22:10). „Jehova geht aus seiner Stätte, und er wird gewißlich herabkommen und auf die Höhen der Erde treten“ (Micha 1:3). Offenbar hat Gott nicht buchstäblich seine Wohnstätte in den unsichtbaren Himmeln verlassen, sondern er hat den Menschen auf der Erde seine Aufmerksamkeit zugewandt, indem er seine Macht ihnen gegenüber kundtat. In ähnlicher Weise würde, wie der Apostel Paulus zeigte, Jesus Christus bei seiner Gegenwart seine Aufmerksamkeit der Erde zuwenden und seine Macht ausüben, um seine Miterben, die im Tode schlafen, aufzuerwecken.
Sollte ihre Auferstehung für menschliche Augen sichtbar sein? Das kann ganz einfach nicht der Fall sein. Wieso nicht? Weil sie ‘mit Jesus Christus in der Gleichheit seiner Auferstehung vereint’ werden (Römer 6:5). Sie erfahren eine Auferweckung gleich der seinen. Und im Zusammenhang mit Jesu Auferweckung sagt die Heilige Schrift, daß er „im Geiste lebendig gemacht wurde“ (1. Petr 3:18). Um von seinen Jüngern gesehen zu werden, mußte sich Jesus materialisieren, das heißt einen Fleischesleib annehmen. Das diente ihnen als Beweis dafür, daß er tatsächlich lebendig gemacht worden war (Apg 1:3). Seine Auferstehung allerdings war für menschliche Augen unsichtbar. Nicht weil die Wächter an Jesu Grab sahen, wie er auferweckt wurde, sondern wegen des Engels, der den Stein vom Grab wegwälzte, ‘zitterten sie und wurden wie Tote’ (Matthäus 28:3, 4).
Die Auferweckung der Miterben Jesu Christi ist ebenfalls unsichtbar. In ihrem Falle deutet die Bibel aber nicht an, daß sie in der Umgebung der Erde bleiben und unmittelbar nach ihrer Auferweckung Mitchristen erscheinen und ihnen kundtun würden, daß sie am Leben seien.
Gestützt auf all das, verstehen wir, daß der Hinweis auf die „Lebenden“, die „entrückt“ werden, nicht bedeuten kann, daß ihr Leib aus Fleisch und Blut aufwärts zu schweben beginnt „zur Begegnung mit dem Herrn“ Jesus Christus, was einige Leute als „Entrückung“ bezeichnen. Jesus wird nicht in der buchstäblichen Luft auf einer buchstäblichen Wolke sein, denn er ‘wohnt in einem unzugänglichen Lichte’, in den höchsten Himmeln, dem unsichtbaren, geistigen Bereich. Trotzdem muß sich das ‘Entrücktwerden’ auf etwas beziehen, was sich in Verbindung mit der Auferstehung ereignet.
Könnte es damit zu tun haben, daß sie aus der verurteilten Menschenwelt „entrückt“ werden? Könnte es sich darauf beziehen, daß sie emporgehoben werden, ‘mitsitzend in den himmlischen Örtern in Gemeinschaft mit Christus Jesus’, da sie mit ihm für das himmlische Erbe bestimmt worden sind? (Eph 1:3; 2:6). Nein, das behandelte Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher nicht.
Der Hinweis auf das ‘Entrücktwerden’ war etwas, womit die Christen in Thessalonich einander trösten konnten, wenn Miterben Jesu starben. Die Tatsache, daß die Miterben jetzt von der verurteilten Welt getrennt sind, ist offensichtlich kein echter Trost, wenn Glieder der Versammlung des Volkes Gottes sterben. Außerdem konnte die Tatsache, daß sie von der Welt getrennt und mit Jesus nur in geistigem Sinne vereint waren, für sie nicht bedeuten, ‘allezeit beim Herrn zu sein’. Wenn Christi Miterben ihren irdischen Lauf einmal vollendet haben, gibt es diesen Zustand, von der Welt getrennt und mit Jesus nur in geistigem Sinne vereint zu sein, nicht mehr, da sie dann bei der Auferstehung persönlich bei ihrem Herrn sein werden, und zwar für immer. Und natürlich wird auch die verurteilte Welt vergehen. Darüber hinaus könnte jemand jetzt auf der Erde eine bestimmte Zeit von der Welt getrennt sein, später jedoch wegen Untreue seine Aussicht auf die Belohnung, nämlich bei dem Herrn Jesus Christus zu sein, verlieren (Offb 2:10).
Die Worte des Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher zeigen somit, daß zwischen der Auferstehung derer, die vor Christi Gegenwart in Königsmacht sterben, und der Auferstehung derer, die während jener Gegenwart ihren irdischen Lauf vollenden und sterben, ein Unterschied besteht. Dieser Unterschied ist aus Offenbarung 14:13 zu erkennen, wo wir lesen: „Glücklich sind die Toten, die von dieser Zeit an [das heißt von Jesu Kommen in königlicher Herrlichkeit an] in Gemeinschaft mit dem Herrn sterben. Ja, spricht der Geist, mögen sie ruhen von ihren mühevollen Arbeiten, denn die Dinge, die sie getan haben, gehen gleich mit ihnen.“ Miterben Christi, die vor seiner Gegenwart starben, mußten im Tode schlafen, was jedoch nicht auf diejenigen zutrifft, die ihren irdischen Lauf während seiner Gegenwart vollenden. Sie werden sogleich zu himmlischem Leben auferweckt. Sie stehen von ihren mühevollen Arbeiten auf der Erde ab und nehmen sogleich den Dienst im Himmel auf. Als unsichtbare Geistpersonen werden sie sozusagen in Wolken (ein Symbol für Unsichtbarkeit) „entrückt“, um für immer bei ihrem unsichtbaren Herrn zu sein. Das stimmt auch mit den Worten, die der Apostel Paulus an die Korinther schrieb, überein: „Wir werden nicht alle im Tode entschlafen [das heißt im Todeszustand bleiben und einer künftigen Auferstehung harren], wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick“ (1 Kor 15:51, 52).
Was Paulus in 1Thessalonicher 4:13-18 schrieb, war somit im wesentlichen folgende ermutigende Botschaft: Gesalbte Christen, die vor der Gegenwart des Herrn sterben, schlafen im Tode. Wenn diese erwartete Gegenwart beginnt, werden sie als unsterbliche Geistgeschöpfe zu himmlischem Leben auferweckt. Gesalbte Christen, die während jener Gegenwart am Leben sind, schlafen jedoch nicht im Tode. Wenn sie sterben, werden sie sogleich verwandelt und in den Himmel aufgenommen, um für immer bei Christus zu sein.

Wachtturm 1.September 1974

Was bedeutet es aber, daß sie „in Wolken“ entrückt werden? Wolken schweben hoch am Himmel und zeigen daher eine Erhöhung an. Außerdem ist das, was in den Wolken oder darüber vorgeht, für uns auf der Erde verborgen. Geistige Leiber benötigen keine buchstäblichen Wolken, um für uns unsichtbar zu sein. In 1Thessalonicher 4:17 sind also symbolische Wolken gemeint, durch die sozusagen dem menschlichen Auge verborgen bleibt, daß die auferweckten Christen zur Begegnung mit ihrem hoch erhöhten Herrn entrückt werden. Denken wir daran, daß Jesus Christus am 40. Tag nach seiner Auferstehung in den Himmel auffuhr und während seiner Auffahrt durch „eine Wolke“ von den Augen seiner Jünger hinweggenommen wurde (Apg 1:9).
Was beweist all das? Folgendes: Der Herr Jesus Christus kommt nicht herab, um direkten Kontakt mit der Erde aufzunehmen. Wolken, in denen nach der Darstellung die auferweckten Christen ihrem himmlischen Herrn begegnen, schweben hoch über der Erde. Außerdem heißt es, daß die auferweckten Christen ihrem Herrn „in der Luft“ begegnen, nicht auf dem Erdboden, weder auf dem Ölberg in Jerusalem noch an irgendeinem anderen Ort der Erde. Überdies ist der „letzte Tag“, an dem sie entrückt werden, kein gewöhnlicher 24-Stunden-Tag. Es ist eine Zeitspanne, die erst dann endet, wenn der letzte geistgezeugte Christ, der an der „ersten Auferstehung“ teilhat, zu himmlischem Leben auferweckt worden ist (Offb 20:4, 6; Joh 6:54). Die Erfüllung biblischer Prophezeiungen läßt erkennen, daß wir bereits an diesem besonderen „letzten Tag“ leben.

Wachtturm 1.Oktober 1979

Das ist also die eine Meinung, die sich im laufe der Zeit verändert hat.

Die meisten Christen werden den Vers anders erklären:

Die Entrückung
Ermunterung + Ermahnung – Jahrgang 1953 – Seite: 94 – Verfasser: GB
„… in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft“. (1 Thessalonicher 4,17)

Es wird bald eine große Versammlung in der Luft geben, die größte, welche je stattfand. Sie wird manche überraschende Einzelheiten haben und vollständig verschieden sein von allem, was man bisher gesehen hat.Der Ort
des Versammeltseins wird weder auf der Erde noch im Himmel sein, sondern in der Luft. (1 Thessalonicher 4,17.)

Wer wird dabei sein?
Wer irgend gereinigt ist von seinen Sünden durch das Blut Christi, aus allen Stämmen und Nationen, sowohl die, welche in ihren Gräbern schlafen, als auch die, welche im Augenblick noch lebend sind auf der Erde. Nicht einer wird fehlen. Alle werden bekleidet sein mit herrlichen Leibern, auferstanden, umgestaltet für den Himmel, für die ewige Herrlichkeit!

Wer wird nicht dabei sein?
Alle, die das Heil nicht angenommen haben, sind keine Erlösten. Der Gesetzesmensch und jeder, der sein Vertrauen auf die toten Werke gesetzt hat, statt auf Christum, der Spötter, der Gottlose und alle, die „ohne Christus“ sind, werden nicht dabei sein.

Der Anziehungspunkt.
Einer der herrlichsten Züge dieser Versammlung ist, daß sie als Ziel hat, „dem Herrn zu begegnen“. Myriaden Seiner Erlösten werden die herrliche Person Christi umgeben. Welche Freude für den Herrn, umgeben zu sein von der Menge derer, welche die Frucht der Mühsal Seiner Seele sind, nachdem Er Seine Seele in den Tod gegeben hat. Und wenn die Erlösten auch Sein Angesicht sehen werden, das ehemals so entstellt war wie kein anderes, doch jetzt in himmlischer Herrlichkeit strahlt, – welche Freude wird jedes Herz erfüllen!

Die Stunde dieses Versammeltseins.
Ein anderer auffallender Charakter dieser großen Versammlung ist, daß nicht eine einzige Person dieser ganzen Körperschaft weiß, wann sie stattfinden wird. Es könnte am Morgen sein, am Nachmittag, am Abend, oder während der stillen Nachtstunden. Es könnte dieses Jahr, diese Woche oder heute sein. Jeder soll in der Erwartung, in beständigem Wachen sein, jeden Augenblick den Ruf der Zusammenkunft zu vernehmen. Keine Glocke wird erschallen; sie werden versammelt werden durch den „Zuruf“, „die Stimme eines Erzengels“ und „die Posaune Gottes“. So mächtig, so stark wird die Stimme dessen erschallen, der ruft, daß in einem Augenblick jedes Glied der gläubigen Gemeinde sich an seinem Platze befinden wird bei dem großen Zusammentreffen in der Luft.

Nach der Begegnung.
Aber leider! Es gibt nach der Begegnung etwas Ernstes und tief Trauriges. Hört die Worte der Menge, welche draußen vor der verschlossenen Tür steht: „Herr, Herr, tue uns auf!“ Diese Bekenner ohne Leben aus Gott haben auf ihren Lippen das Wort „Herr“. Aber war Er je ihr Herr? Vielleicht waren sie getauft und konfirmiert, vielleicht waren sie Glieder einer Kirche, doch sie waren nie „von neuem geboren“. Und was sagt der Herr als Antwort auf ihren Ruf? „Wahrlich, Ich sage euch, Ich kenne euch nicht“. Es bestand zwischen ihren Seelen und Christus nicht das Band des Glaubens, und jetzt werden sie auf ewig verworfen!

– Die Zeit vergeht, und mit welcher Schnelligkeit vergeht sie! Seht, wie die Uhr die Sekunden so schnell anzeigt! Jedes Tick-Tack redet von der schnellen Flucht der Zeit und von der nahenden Ewigkeit. „Die Ankunft des Herrn ist nahe“. Aber welche Gnade, daß der Herr des Hauses sich noch nicht erhoben hat, um die Tür zu schließen. Christus allein ist der einzige Retter, und der Retter für alle. Sein kostbares Blut, vergossen am Kreuz, reinigt von aller Sünde. Der Preis der Erlösung ist bezahlt worden; das Werk ist vollbracht. Seine Liebe bewirkt die Reinigung in dem Augenblick, da wir Ihn als unseren Erretter im Glauben ergreifen.
Lieber Leser, bist du bereit, wenn Christus diese Nacht käme? Wenn nicht, so ist jetzt der Augenblick, dich zu entscheiden; nicht den nächsten Monat, nicht die nächste Woche, nicht morgen, sondern jetzt.

Ermunterung und Ermahnung 1953


Und dann noch zur Harmonie noch eine dritte Meinung:

Die „Entrückung“

Einige Christen glauben, dass 1 Thessalonicher 4,16-17 beschreibt, wie alle Gläubigen von der Erde genommen werden, tot oder lebendig, bei einer Erscheinung Jesu vor dem in Offenbarung 19 beschriebenen zweiten Kommen.

Denn der Herr selbst wird herabkommen vom Himmel mit einem Befehlsgeschrei, mit der Stimme eines Erzengels und mit dem Schall der Posaune Gottes. Und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. Dann werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zusammen mit ihnen entrückt werden in den Wolken dem Herrn entgegen in die Luft, und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein (1 Thess 4,16-17).

Diese frühere Rückkehr Jesu wird von Gläubigen, die diese Idee annehmen, „Entrückung“ genannt. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort rapiemur (von rapio, was „entführen“ bedeutet) ab, das der Übersetzer der lateinischen Vulgata für das griechische Wort harpazō (ἁπιτάζω) verwendet hat, das in 1 Thessalonicher 4,17 mit „entrückt“ übersetzt wird.

Andere Christen lehnen jedoch die Vorstellung ab, dass 1 Thessalonicher 4 von einem anderen Ereignis spricht als von der in Offenbarung 19 beschriebenen Wiederkunft Jesu auf die Erde. Für sie gibt es nur eine Wiederkunft Jesu in der Zukunft. Also, wer hat Recht?

Harmonisierung

Die Antwort auf diese Frage lautet: „Es kommt darauf an.“ Wenn wir alle Stellen im Neuen Testament lesen würden, die von Jesu zukünftiger Wiederkunft sprechen, zusammen mit alttestamentlichen Stellen, die von einer endgültigen, kulminierenden Heimsuchung Gottes auf der Erde sprechen, die dem Bösen ein Ende setzen wird („der Tag des HERRN“), würden wir sofort feststellen, dass sie in den Details oder Beschreibungen nicht übereinstimmen. In 1 Thessalonicher 4,16-17 zum Beispiel kehrt Jesus scheinbar in der Luft zurück und sammelt die Gläubigen in den Wolken, während der Prophet Sacharja die physische Ankunft des durchbohrten Herrn auf dem Ölberg mit seinen Heiligen am Tag des HERRN voraussagte (Sach 12,10; 14,1-5; vgl. Offb 19,14

Die Interpreten sind gezwungen, eine Entscheidung zu treffen: Sollen wir diese Verse nehmen und sie in zwei Ereignisse aufteilen, oder sollen wir sie harmonisieren? Der erste Ansatz ergibt zwei Ereignisse: eine Entrückung und ein zweites Kommen. Die Harmonisierung, der zweite Ansatz, eliminiert die Entrückung und lässt nur ein Ereignis übrig: die Wiederkunft. Die Harmonisierung ist eine bewährte Methode, die häufig von Auslegern verwendet wird, um Unstimmigkeiten zwischen den Evangelienberichten über das Leben Jesu zu beseitigen. Sie wird auch verwendet, um die alttestamentlichen Berichte der israelitischen Geschichte, die in Samuel, Könige und Chronik aufgezeichnet sind, in Einklang zu bringen. Aber viele sehen die harmonisierten Unterschiede als „Ungereimtheiten“ zwischen biblischen Prophezeiungen.

Die Bibel telegrafiert nicht, welcher Interpretationsansatz richtig ist. Es gibt keinen Anhang zur Auslegung im Anschluss an das Buch der Offenbarung. Beide Ansichten beruhen auf Entscheidungen, die wir dem Text gegenüber treffen. Keine von beiden ist als die „biblische Position“ selbstverständlich. Diese Erkenntnis sollte uns dazu veranlassen, in Demut und Nächstenliebe miteinander umzugehen, ganz gleich, welche Position wir einnehmen.

Worauf wartet Jesus?

Ich erinnere mich an die traumatische Erfahrung, als ich als Teenager den Film „Ein Dieb in der Nacht“ sah. In dem Film ging es darum, dass Jesus jeden Moment wiederkommen könnte – wie ein Dieb in der Nacht, eine Beschreibung, die aus 1. Die Botschaft: Wenn wir nicht gläubig waren, konnten wir vom Herrn zurückgelassen werden. Der Film hat nicht zu meiner Entscheidung geführt, meinen Glauben auf Christus zu setzen, aber er hat einen gewünschten Effekt erzielt – er hat mir Angst gemacht. Ist die Vorstellung von der baldigen Wiederkunft Jesu biblisch?

Jesus warnte seine Nachfolger, für seine Wiederkunft bereit zu sein; selbst er kannte weder den genauen Tag noch die genaue Stunde, zu der sie stattfinden würde (Mt 24,36). Deshalb würde er unerwartet wiederkommen (24,50). Andere Stellen, die nach Jesu Auferstehung geschrieben wurden, deuten darauf hin, dass seine Wiederkunft sehr bald sein könnte (1 Korinther 1,7; Titus 2,13), ja sogar „unmittelbar bevorsteht“ (Phil 4,5; Jak 5,8-9).

Zweitausend Jahre sind vergangen, seit diese unverblümten Aussagen gemacht wurden, was viele zu der Annahme führt, dass sie missverstanden worden sind. Zusätzliche Hindernisse für die Vorstellung einer „baldigen“ Wiederkunft ergeben sich aus anderen Schriftstellen. Das Neue Testament legt nahe, dass bestimmte Zeichen oder Ereignisse der Wiederkunft Jesu vorausgehen würden. Zum Beispiel musste der Tempel zerstört werden (Mt 24,2), und es würde himmlische Zeichen geben, die seine Rückkehr ankündigen (Mt 24,30; Lk 21,11).

In drei seiner Gleichnisse deutete Jesus an, dass seine Wiederkunft nicht sofort, sondern mit Verzögerung erfolgen würde (Lk 19,11-27; Mt 25,5.19) – zumindest bis zum Tod des greisen Petrus (Joh 21,18). Paulus glaubte, offenbar auf der Grundlage von Matthäus 24,14, dass das Evangelium alle heidnischen Nationen erreichen müsse, bevor der Heilsplan Gottes erfüllt sei und Jesus wiederkommen würde (Röm 11,12.25).

Sogar in 1 Thessalonicher 5, dem Kapitel, in dem der Satz vom „Dieb in der Nacht“ vorkommt, wird angedeutet, dass Gläubige eine Art Vorahnung über den Zeitpunkt seiner Wiederkunft haben werden. Beachten Sie, wie Paulus Substantive und Pronomen verwendet, um Gläubige als fähig zu kennzeichnen, etwas zu erkennen, was Ungläubige nicht erkennen können:

Was nun die Zeiten und Jahreszeiten betrifft, Brüder, so habt ihr es nicht nötig, euch etwas schreiben zu lassen. Denn ihr wisst selbst, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Während die Menschen sagen: „Es ist Friede und Sicherheit“, dann wird plötzliches Verderben über sie kommen, wie Wehen über eine schwangere Frau kommen, und sie werden nicht entkommen. Ihr aber, Brüder, seid nicht in der Finsternis, dass dieser Tag euch überrasche wie ein Dieb. Denn ihr seid alle Kinder des Lichts, Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht und nicht von der Finsternis. So lasst uns nun nicht schlafen, wie die anderen, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein (1 Thess 5,1-6).

Wenn Gläubige ein gewisses Gespür dafür haben, wann der Herr wiederkommen wird, kann die Vorstellung, dass die Wiederkunft Jesu zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfolgen könnte, falsch sein. Um dieses Problem zu lösen, argumentieren viele Christen, dass 1 Thessalonicher 5 sich auf die Wiederkunft Jesu in Harmagedon bezieht, dass es aber eine frühere Wiederkunft (eine Entrückung) geben wird, die vor jedem Zeichen oder Hinweis geschehen wird. 1 Vielleicht ist es am besten, wenn wir die Wiederkunft Jesu nicht als unmittelbar bevorstehend bezeichnen, sondern als unmittelbar bevorstehend denken. Diesem Gedanken kann man aus beiden Perspektiven zustimmen.

Michael S. Heiser – Ich fordere Sie auf, mich nicht mit der Bibel zu langweilen

nur wenn Zeugen gefunden werden?

Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit, (O. Heiligung; eig. Geheiligtsein; so auch v 4. 7.) daß ihr euch der Hurerei enthaltet, daß ein jeder von euch sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit zu besitzen (O. zu erwerben) wisse, nicht in Leidenschaft der Lust, wie auch die Nationen, die Gott nicht kennen;
Elberfelder 1871 – 1 Thess 4,3–5

Gott will, dass ihr ganz und gar ihm gehört. Hütet euch deshalb vor einem sexuell unmoralischen Leben. Jeder von euch soll lernen, seinen Körper unter Kontrolle zu haben, so wie es Gott gefällt und in den Augen der Menschen anständig ist. (Wörtlich: Jeder von euch soll sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und in Ehren halten. – Nach einer anderen Deutung ist mit »Gefäß« die Ehefrau gemeint, mit welcher der Mann gottgefällig und rücksichtsvoll zusammenleben soll.)
Hoffnung für Alle – 1 Thessalonich 4,3–4

Gott möchte, dass wir ganz radikal alleine ihm gehören! Und da, wo Gott ist, ist für Pornos kein Platz mehr. Das gilt auch für andere ungute Sexsachen. Jeder soll nur mit seiner Ehefrau rummachen und liebevoll mit ihr umgehen, so wie Gott es will. Unkontrollierte Geilheit und Sexsucht sind Merkmale von Menschen, die keine Ahnung von Gott haben
VolxBibel – 1.Thessalonicher 4,3–5

Denn dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung, daß ihr euch enthaltet von der Hurerei.

NuR 9 (151b): Woher, daß die Israeliten heilig genannt werden, wenn sie sich vor Ehebruch u. Unzucht hüten? Weil es heißt: So zeiget euch als heilig u. seid heilig; denn ich bin Jahve euer Gott Lv 20, 7. Hieraus folgt, daß er zu der Zeit, da sie heilig sind, ihr Gott ist. Was steht hinterher geschrieben? Und beobachtet meine Satzungen u. tut sie; denn ich bin Jahve, der euch heiligt Lv 20, 8. Wann heiligt Gott Israel? Wenn sie seine Satzungen beobachten. Und welches sind diese Satzungen? Die betreffs der Unzucht. ‖ Ferner s. bei 4, 4 B.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

Nach griechischem und römischem Recht war der Geschlechtsverkehr mit Prostituierten erlaubt; vorehelicher Geschlechtsverkehr war für Männer nach römischem Recht nur mit einer Angehörigen der Oberschicht (das so genannte stuprum ) verboten. Das Judentum war in dieser Hinsicht sehr viel strenger; Geschlechtsverkehr war ausschließlich in der Ehe erlaubt (wenngleich sich in der Literatur natürlich immer wieder Beispiele für Männer finden, die der Versuchung vor oder außerhalb der Ehe erlagen). Paulus verurteilt alle Formen sexueller Unzucht. Er vertritt die alttestamentliche Überzeugung, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr mit einer anderen als der ihm anverlobten Frau Ehebruch gegenüber dieser seiner künftigen Frau bedeutet und damit gleich verwerflich ist wie die Sünde, die wir heute unter Ehebruch verstehen ( 5.Mose 22,13-29 ). (Das soll nicht heißen, dass der voreheliche Geschlechtsverkehr zwischen Verlobten erlaubt war, sondern nur, dass die voreheliche Beziehung zu einer anderen Frau als der Verlobten als Kapitalverbrechen galt.)
1 Thess 4:4 : »Gefäß« (Schlachter, Elberfelder, Menge) war in der griechischen und jüdischen Diasporaliteratur eine Metapher für »Körper«, gelegentlich auch für »Frau« (in manchen jüdischen Schriften und nach einer bestimmten Deutung auch in 1.Petr 3,7 ). Hier ist wahrscheinlich an »Körper« allgemein gedacht; allerdings gehen die Meinungen der Ausleger in diesem Punkt auseinander.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Voran stellt Paulus, wie bei allen aus dem Heidentum gesammelten Gemeinden, die Keuschheit, da es für sie besonders schwer war, hier mit den alten Gedanken und Gewohnheiten zu brechen. Die wilde Lust, die den Mann zur Dirne führt, bildet einen völligen Gegensatz gegen den Willen Gottes, der uns unseren Platz und unser Ziel vor ihm zuteilt. Er will uns heiligen; indem er uns mit sich vereint, erhalten wir an der Reinheit und Würde Anteil, die alles kennzeichnet, was Gott gehört. Darum sollen wir uns so halten, wie es für die ziemt, die mit Gott verbunden sind. Die Unzucht entehrt aber den Menschen und macht ihn gemein. Darum streitet sie gegen die Gnade Gottes, die uns für ihn heiligt. Aus ihr ergibt sich für die Behandlung und den Gebrauch unseres Leibes, dass wir ihn als das Eigentum Gottes ehren und ihm zur Verfügung halten. Dem widerspricht ein zur Leidenschaft entzündetes Verlangen nach der Frau. Den Leib nennt Paulus ein Gerät, weil er das Werkzeug ist, mit dem wir die Verrichtungen vollziehen, an die die Erhaltung des Lebens gebunden ist. Es braucht aber den Verstand, um dieses Werkzeug richtig zu verwenden. Wenn der Leib das Mittel ist, die leidenschaftliche Begehrung zu erwecken und zu befriedigen, ist er verkehrt benützt. Das Vermögen, ihn richtig zu gebrauchen, ist uns damit gegeben, dass wir Gott kennen. Dagegen sind die Heiden gegen ihre Begehrungen wehrlos, weil sie in keiner Beziehung zu Gott stehen; damit fehlt ihnen die Schutzwehr gegen die Versuchung, der Begierde nachzugehen, ebenso auch das positive Ziel, das uns voll beschäftigt und uns in der Liebe Gottes zeigt, wozu der Leib zu gebrauchen und wie das Leben zu füllen ist. Darum haben diese Begierden in den Heiden Raum und gewinnen über sie die Herrschaft. Mit der Erkenntnis Gottes ist aber der Gemeinde die Heiligung verliehen und damit die Erlösung von der Knechtung gegeben, die das Merkmal des heidnischen Lebens ist. Darum wird jede Störung einer fremden Ehe zur Sünde. Der Bruder soll in seinen Rechten, die ihm seine Ehe gibt, ungekränkt bleiben. Je inniger und brüderlicher der Verkehr in einer Gemeinde ist, um so wichtiger wird diese Regel. Paulus stellt sie unter den Schutz der göttlichen Rechtsverwaltung. Gegen solche Übergriffe kehrt Gott sein Gericht.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Und nun erleben wir einmal richtig mit, wie die herzliche Gedankenarbeit des diktierenden Paulus einen Satz formt und ihn dann im Diktieren umformt und die Satzkonstruktion ändert. „Wir mahnen, daß, wie ihr empfingt von uns das wie ihr müßt wandeln . . .“, nun mußte es weitergehen: „daß ihr so auch wandelt.“ Aber da steht es vor Paulus, daß diese Mahnung mißverständlich, ja fast verletzend wäre. Die Thessalonicher wandeln ja schon so! Das „Werk des Glaubens“ geschieht ja in der Gemeinde, Gott sie Dank! Es gibt in Thessalonich noch nicht all die Schwierigkeiten, mit denen es Paulus in Galatien und Korinth und Kolossä zu tun bekommen wird. Der Diktierende schiebt darum diese Feststellung ein: „wie ihr ja auch wandelt.“ Aber was soll nun aus dem angefangenen „daß“ werden? Wir bitten und mahnen euch in dem Herrn Jesus, daß ihr – ja was denn nun? Wozu muß noch gebeten und gemahnt werden, wenn doch die Thessalonicher schon wandeln, wie sie es von den Boten Jesu gelernt haben? O, die apostolische Zeit war nicht so rasch zufrieden! Wieder fällt deshalb das Stichwort „überströmen“. Wir sahen im 2. und 3. Kapitel in die echte Liebe hinein, die hinter der ganzen Arbeit des Paulus und seiner Gefährten steht. Liebe aber denkt nicht an die kühle Erfüllung notwendigster Verpflichtungen und weiß nichts von einem mittelmäßigen, leicht zu erreichenden Ziel. Liebe will die ganze Fülle, will dies reiche, lebendige „Überfließen“. Auch hier wird deutlich, daß es nicht mehr um „Gesetze“ geht, mit denen man durch entsprechende Leistungen „fertig“ werden kann, sondern um ein neues Leben nach dem Herzen Gottes und Jesu, für dessen Wachstum es keine Grenzen gibt. Daß „ihr noch mehr überströmt“, ihr Thessalonicher! Das ist die Spitze des ganzen Satzes.

„Denn dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung.“ Auch hier haben wir daran zu denken, daß „Wille“ mehr ist als unser „Möchten“, das wir mit dem Wort „Wille“ schmücken. „Gottes Wille“‚ – damit wird unsere „Heiligung“ ein unabdingbares, notwendiges Ziel.

Aber nun sind wir fast betroffen, wenn wir sehen, wie diese „Heiligung“ gar nichts „Großes“, gar nichts Besonderes meint, sondern |67| „einfach“, „daß ihr euch enthaltet von der Unzucht“. „Heiligung“ ist also eine sehr nüchterne, sehr praktische, aber eben darum auch sehr notwendige und doch auch sehr große Sache. Sie betrifft in dieser griechischen Hafenstadt besonders das Gebiet unseres Lebens, das ebenso auch heute wie zu jeder Zeit ein Kampfplatz besonderer Art ist: unser geschlechtliches Leben. Geschlechtsverkehr „in Leidenschaft des Begehrens“ war in der hellenistischen Welt jener Zeit selbstverständliches „Recht“ des Mannes. Warum sollten auch „die Völker, die Gott nicht kennen“, sich hier etwas versagen, was unsere Triebe verlangen und was dem Leben eine so bunte Fülle zu geben vermag? Aber – nun gehören ja die Thessalonicher nicht mehr zu diesen „Völkern“ A . Sie kennen Gott und wissen, daß dieses Gottes ernster, unbedingter Wille ihre Heiligung ist. Und das heißt für das Geschlechtsleben, „daß jeder von euch wisse sein eigenes Gerät zu gewinnen in Heiligung und Ehre“.

Der Satz ist in unserer Übersetzung genauso „unverständlich“ gelassen, wie er im griechischen Wortlaut vor uns steht. Was ist hier gemeint?

Das Wort „Gerät, Gefäß“ ist bei den Rabbinern vielfach für die Frau verwendet worden. Darin muß keine Geringschätzung des Weibes liegen. Zum mindesten kann solch ein Ausdruck so in den Sprachgebrauch übergehen, daß ein ursprünglich geringschätziger Sinn nicht mehr darin gespürt wird. So können wir etwa von einem Kind sagen: „Was für ein süßer Balg!“, ohne den ursprünglich verächtlichen Klang in „Balg“ zu merken oder gar zu wollen. An unserer Stelle jedenfalls, wo vom „Gewinnen“ dieses „Gerätes“ „in Heiligung und Ehre“ die Rede ist, kann eine abwertende Beurteilung der Frau unmöglich gemeint sein. Wir würden also übersetzen müssen: „daß jeder von euch sein eigenes Weib zu gewinnen wisse in Heiligung und Ehre.“ Nur innerhalb der Ehe ihrer lebenslangen und bedingungslosen Liebe und Treue kann sich menschliches Geschlechtsleben echt und dem Willen Gottes gemäß entfalten.

Die nächste Parallele zu unserer Stelle wäre dann 1 Ko 7,2. Dort wie hier geht der Blick des Paulus nicht unmittelbar zu den inneren Werten der Ehe und Familie, wie wir es vom modernen Denken her erwarten. Sehr nüchtern wird vielmehr die Macht des geschlechtlichen Triebes gesehen, der in die „Unzucht“, d. h. in eine zuchtlose und erniedrigende Befriedigung hineinzuführen droht. Die volle Freiheit |68| von ihm ist nicht jedes Mannes „Gabe“ (1 Ko 7,7 ). Darum soll „jeder seine eigene Frau haben“ (1 Ko 7,2 ), „jeder sein eigenes Weib gewinnen“. An unserer Stelle würde dann über 1 Ko 7 hinaus ein sehr wesentliches Wort dazu gesagt, wie eine rechte Ehe zustande kommen soll: „in Heiligung und Ehre, nicht in Leidenschaft des Begehrens.“ Die Ehe als solche, als bloße Institution schützt uns noch nicht vor der zügellosen Gewalt des Triebes. Wieviele Ehen kommen zustande durch die „Leidenschaft des Begehrens“ und tragen darum den Keim des Unglücks und der Ehenot von vornherein in sich, weil der Ehegatte nicht als das Du, als Person geschätzt und geliebt, sondern nur als Objekt der eigenen ichhaften Lustbefriedigung genommen wurde. So darf eine Ehe in der Gemeinde Jesu nicht zustande kommen! Die Ehe darf nicht der Raum sein, auf dem sich alle „heidnischen“ Leidenschaften mit staatlicher und kirchlicher Sanktion meinen ausleben zu können. Schon die „Gewinnung“ der Frau hat „in Heiligung und Ehre“ zu geschehen. In „Heiligung“: hier schließen ja „Heilige“ den Bund miteinander. In „Ehre“: jeder hat in dem anderen das erlöste Gotteskind, den Erben ewiger Herrlichkeit zu sehen und zu achten. Das „Wandeln würdig des Rufes“ wird hier konkret.

Wuppertaler Studienbibel

Der Satzanfang »denn das« weist hier nicht auf das zuvor Gesagte (so 1Thess 5,18), sondern auf das Folgende. Dabei können »der Wille Gottes« und »eure Heiligung« in verschiedener Weise einander zugeordnet werden. Es ist möglich, in der Aussage eine Antwort auf die Frage »Worin besteht der Wille Gottes?« zu sehen. Allerdings versteht sich von selbst, dass die hier gegebene Antwort, »eure Heiligung«, nur ein Teilaspekt sein kann (vgl. 1Tim 2,4; Röm 2,18; 12,2: 1Thess 5,18).

Daher kann umgekehrt gedeutet werden: »Eure Heiligkeit ist es, die Gott will, und die darin besteht, dass ihr euch fernhaltet etc.«. Damit wird die dem Willen Gottes gemäße Heiligung für zwei Bereiche konkretisiert, für die auch die thessalonische Gemeinde angesichts der Beeinflussung durch die Umwelt entsprechend anfällig war: die Ordnung der Geschlechtlichkeit und das Verhältnis zum Geld. Auf diese Weise können die Infinitive »fernhalten«, »wissen«, »verfehlen« und »übervorteilen« eng auf die »Heiligung« bezogen werden.

Im Gegenüber zu 1Thess 3,13 (»Heiligkeit«) spricht unser Vers von der »Heiligung«. Dabei liegt der Akzent auf der Veränderung des Lebens unter dem Wirken des Heiligen Geistes in Richtung auf das Ziel der Heiligkeit. Wie oben zu 1Thess 3,13 ausgeführt, gehört es zum Wesen des christlichen Glaubens, die Heiligkeit Christi als Geschenk zu empfangen. Zugleich befindet sich der Glaubende im Wachsen, und das heißt auch: im Prozess der Heiligung. Dieser bezieht sich auf konkrete Bereiche des Lebens, die einer Veränderung auf das hin bedürfen, was Gott gefällig ist. Dies schließt neben der Abwehr der Sünde das Zunehmen in der Liebe ein. Beides findet sich in der Feststellung verbunden: »Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.« (Röm 13,10).

Die erste Konkretion bezieht sich auf die »Unzucht«. Das NT versteht darunter jede Form sexueller Beziehung außerhalb der Ehe. Paulus thematisiert dieses Problem an verschiedenen Stellen, wobei in jedem Fall eine scharfe Trennlinie zwischen »Unzucht« und dem einem Glaubenden entsprechenden Verhalten gezogen wird (1Kor 5,1.9ff.; 1Kor 6,9.13ff.; 2Kor 12,21; Gal 5,19; Kol 3,5). Umgekehrt sind es daher vor allem die sexuellen Verkehrungen der Schöpfungsordnung, an die Gott die Heiden zur Strafe hingibt: Röm 1,24ff.

Davon hat sich der Christ »fernzuhalten«. Offenbar war dies ein geläufiger Begriff in der ethischen Unterweisung der frühen Christenheit (vgl. Apg 15,20.29; 1Thess 5,22; 1Petr 2,11; auch 1Tim 4,3 weist indirekt darauf hin). Gemeint ist damit eine vollkommene Abwendung von entsprechenden Praktiken, nicht nur eine vornehme Distanz. Angesichts der in der heidnischen Umwelt üblichen Verhältnisse wird die Hinkehr zum lebendigen Gott gerade an diesem Punkt auch die entsprechende Abkehr von vertrauten Gewohnheiten unübersehbar gemacht haben.

Gerhardt Maier – Edition C

Wie anders die folgende Aussage:

Erfahren Älteste, dass jemandem aus der Versammlung Kindesmissbrauch vorgeworfen wird, werden sie alles tun, um gesetzlichen Anzeigepflichten nachzukommen, und dann eine Untersuchung gemäß biblischen Verfahrensweisen einleiten. Bestreitet der Beschuldigte den Vorwurf, befassen sich die Ältesten mit der Aussage von Zeugen. Ein Rechtskomitee wird gebildet, wenn die Anklage von mindestens zwei Zeugen gestützt wird – von dem, der die Beschuldigung vorbringt, und von einer zweiten Person, die das gemeldete oder andere Missbrauchsvergehen seitens des Beschuldigten bestätigt. Fehlt ein zweiter Zeuge, bedeutet das nicht, dass der Beschuldiger die Unwahrheit gesagt hat. Selbst wenn sich eine Anklage nicht durch zwei Zeugen stützen lässt, ist den Ältesten bewusst, dass eine schwere Sünde vorliegen könnte, die tiefe Wunden gerissen hat.

Wachtturm Studienausgaben Mai 2019

Nein! Wer sich spezielle Bilder von Kindern im Internet anschaut, oder sich anzüglich Minderjährigen nähert, wer sich der Ehefrau eines anderen anzüglich nähert usw. usf. – und die Gemeinde tut nichts – oder noch schlimmer, geht gegen die Anzeigenden vor…. dort ist ganz deutlich, der Geist Jehovahs nicht mehr vorhanden. Denn Paulus schreibt nicht, dass man mehrere Zeugen benötigt, sondern das solche Menschen Jehovah NICHT KENNEN!

Zum Abschluß ein interessanter Vergleich:

Können Sie sich einen Soldaten vorstellen, der in die Schlacht geht mit dem Ziel, “nicht zu sehr getroffen zu werden?” Schon der Gedanke ist lächerlich. Sein Ziel ist es, überhaupt nicht getroffen zu werden! Doch, wenn wir uns nicht zu einer Heiligung ohne Kompromisse verpflichtet haben, sind wir wie jener Soldat, der mit dem Ziel in die Schlacht geht, nicht zu sehr getroffen zu werden. Wir können sicher sein, wenn dies unser Ziel ist, werden wir getroffen werden – nicht von Kugeln, aber von stets neuer Versuchung.

CMV-Materialsammlung

Liebe, Geduld und Freundlichkeit sollen bei dir immer am Start sein.

Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge; strebe aber nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes.
Elberfelder 1871 – 1 Tim 6,11

Du aber gehörst Gott, deshalb fliehe vor alldem! Jage dagegen der Gerechtigkeit nach, der Gottesfurcht, dem Glauben, der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit!
Gute Nachricht Bibel – 1.Timotheus 6,11

Du aber gehörst Gott und stehst in seinem Dienst. Halte dich daher – Wörtlich Du aber, Mensch Gottes, halte dich. Der Titel Mann Gottes bzw. Mensch Gottes wurde in alttestamentlicher Zeit für führende Persönlichkeiten von Gottes Volk gebraucht; im späteren jüdischen Schrifttum bezeichnet er darüber hinaus alle, die dem wahren Gott dienen. – von all diesen Dingen fern! Dein Ziel soll etwas anderes sein: ´ein Leben, das erfüllt ist von` Gerechtigkeit, Ehrfurcht vor Gott, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Freundlichkeit.
Neue Genfer Übersetzung – 1. Tim 6:11

Aber du, Timotheus, gehörst Gott; deshalb sollst du dich davon fernhalten. Bemühe dich um ein Leben, so wie Gott es will: geprägt von der Ehrfurcht vor Gott, von Glauben und Liebe, geführt mit Geduld und Sanftmut!
Neues Leben – 1 Tim 6,11

Timotheus! Du darfst da auf keinen Fall mitmachen! Versuche um jeden Preis, anders draufzukommen als die! Dein Ziel soll es sein, ein Leben zu führen, das Gott geil findet! Setz alles dran, dass dir nichts wichtiger ist als Gott! Versuch immer, im Vertrauen auf ihn zu leben! Liebe, Geduld und Freundlichkeit sollen bei dir immer am Start sein.
VolxBibel – 1 Tim 6,11

Die Moralisten ermahnten ihre Leser häufig, vor dem Laster zu »fliehen«. Die Hetiter gebrauchten den Ausdruck »Gottesmensch« als Charakterisierung herausragender religiöser Gestalten, im A.T. dagegen bezog er sich auf die Männer, die Gott sich zu Sprechern erwählt hatte. Wenn der Begriff in der späteren jüdischen Literatur einmal auftaucht, so meist mit der alttestamentlichen Bedeutung, die wohl auch Paulus hier beabsichtigt.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Timotheus ist Gottes Eigentum; das bedeutet für ihn das selige Erlöstsein von der Geldgier. Weil er Gott gehört, hat er ein anderes Ziel und einen anderen Besitz als die Reichen; deshalb hat er auch nicht eine Wurzel für jede Bosheit, sondern die Wurzel zu allem Guten in sich und darum auch nicht Tod und viele Schmerzen, sondern die Verheißung des Lebens jetzt und einst vor sich. Aber die falschen Güter können auch den locken, der in der Gemeinschaft mit Gott steht; auch er hat auf die Mahnung zu hören: „Fliehe davor!“ Dazu gehört notwendig ein zweites Wort, das angibt, wonach das Verlangen sich strecken und die Arbeit zielen soll.

Die Gerechtigkeit steht voran, weil das Gerechtfertigtsein und Rechttun vor Gott die Bedingung und Voraussetzung für alles ist, was uns durch die Gnade Gottes als gute Gabe zuteil werden kann. Neben die großen Hauptfunktionen des Christenstandes: Gott ehren, glauben, lieben, tritt noch die Widerstandskraft gegenüber dem Leiden und die Fähigkeit, unerschüttert menschliche Unart und Sünde zu ertragen und ihr die Unüberwindlichkeit der Vergebung und die Liebe entgegenzusetzen. Das sind Ziele, nach denen zu laufen sich lohnt.

Schlatter, – Erläuterungen zum Neuen Testament

Timotheus wird nun als Prototyp eines Menschen Gottes angesprochen, der vor der Gier nach Reichtum fliehen soll, dafür aber den Tugenden, die Gott bevorzugt, nachjagen, d.h. sie konsequent verfolgen und ihnen nacheifern soll. Die genannten Eigenschaften sind die Gegensätze der genannten Ungerechtigkeiten, die die Geldgier verursacht.

P. Streitenberger

So schreibt der Apostel Paulus seinem jungen Mitbruder Timotheus: »Aber du, Gottesmensch, fliehe das!« (V. 11 a)
17.1.1 Was? Vorausgeht die Beschreibung dessen, was der große Angler – der Satan, der uns aus der Gemeinschaft mit Jesus und seiner Gemeinde. aus dem, was für uns Lebenselement ist, herausholen will – vielen als »Köder« vor die Augen hält (V. 9). Weder auf Geld noch Geltung, weder auf das Angebot einer wirtschaftlich gesicherten Existenz, noch auf Ehrung und Bewunderung durch Menschen soll Timotheus hereinfallen; bei nichts soll er »anbeißen«. Und auch wir sollen es nicht.

17.1.2 »Fliehe!«: Entschlossen abwenden soll er sich von dem allem, damit es ihm nicht zur Versuchung wird. Hier ist entschlossene Flucht eine tapfere Tat (vgl. 1Mose 39,12; Sir 21,2). Wenn der Fisch sich rechtzeitig vom Köder abgewandt hätte, Eva von der verbotenen Frucht, David von Batseba und dem Gedanken an sie, wäre die Faszination, der Zauber der Verführungsmacht überwunden gewesen (vgl. 1Mose 3,6; 2Sam 11,2). – Jesus gibt uns teil an seinem Sieg; wir können auch alle bösen Gelüste in seinen Tod geben, seitdem er Sünde und Satan überwunden hat (1Kor 15,57; Gal 5,24).

17.1.3 Als »Gottesmensch« wird Timotheus angesprochen. Er ist von Jesus mit Blut und Leben aus der Sklaverei von Sünde und Satan losgekauft worden; das hatte nach der Rechtsordnung jener Zeit die Wirkung, dass das Eigentum an ihm auf den ihn so »Ablösenden« überging, Und was Jesus erworben hat, das hat er für den Vater erworben; er wollte ja nichts für sich; das letzte Buch der Bibel sagt: »Du hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft« (Offb 5,9 vgl. 1Kor 6,20). Und wenn dann ein Mensch noch dazu von Herzen ja sagt und sein Leben Jesus Christus und damit Gott anvertraut, wenn er sich von Gottes Geist dazu bewegen lässt, dann hat das für ihn die volle Wirkung (Joh 3,16; Röm 1,16). In das Wesen des eingeborenen Sohnes wird er als Gotteskind gestaltet, in das Wesen Gottes, des Vaters (Mt 5,45.48; Gal 4,19). Und er wird von Jesus Christus in Dienst gestellt, »Knecht Gottes«, »Magd des Herrn«, »Mitarbeiter Gottes« (vgl. Mt 10,5ff.; Lk 1,38; 5,10; Röm 1,1; 1Kor 3,9; Jak 1,1). So war Timotheus ein »Mensch Gottes«. Und so dürfen auch wir das sein.

17.2 »Jage aber nach der Gerechtigkeit, der Frömmigkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmut«, fährt Paulus fort (V. 11)
»Jage nach …«: Das erste Wort ist zu betonen, denn das Ziel eilt nicht, uns voran, fort, sondern wir eilen mit aller Kraftanstrengung zu dem für uns feststehenden Ziel hin; es »narrt« uns nicht. Das Bild des Laufs lag damals in der ganzen griechischen Welt wozu seit Jahrhunderten auch die Westküste Kleinasiens mit Ephesus gehörte – den Menschen sehr nahe. In den Sportstadien spannten die Sportkämpfer alle Kräfte an; sie kämpften bis zum Umfallen und schonten sich nicht. Wie viel mehr sollten das Christen tun angesichts ihres großen Ziels und wo doch der Herr, wenn man sich nur an ihn hält, erreicht wird (Phil 1,6; 1Thess 5,23ff.)! Der Hebräer-Brief sagt in diesem Sinn: »Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens« (Heb 12,1-2 a). Paulus sagt im Blick auf sich selbst:« Ich … jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus« (Phil 3,14; vgl. 1Kor 9,24-27). Nun heißt er auch Timotheus so zu »jagen«, zu laufen, und ebenso uns alle, die wir an Jesus glauben.

17.3 Welche Ziele sollen wir mit dem, was wir sind und tun, schon in diesem Leben verfolgen? Wonach ist zu »jagen«?
17.3.1»… nach der Gerechtigkeit«: Unser Herr Jesus Christus gefiel auch in seinen Erdentagen Gott ganz (Mt 3,17); er war Gott recht, vor ihm ganz gerecht. In Christus, im Glauben eingehüllt in seine Gerechtigkeit, sind auch wir Gott recht (2Kor 5,21). So sagt Gott zu uns ja, jetzt, wenn wir vor ihn treten und ihn bitten, und auch dann einmal, wenn wir vor sein Gericht gerufen werden. »Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel werd eingehn.« Nun ist es überaus wichtig, dass wir nicht wieder, im Tun und Lassen, im Reden und Schweigen, nicht in Gedanken und Stimmungen, aus Christus heraustreten. Und wenn wir so in Christus bleiben, dann ist er als der heilige, uns neuschaffende Geist in uns (Joh 15,4f.; 2Kor 3,17 a). So werden wir von innen her in Jesu Wesen gestaltet (Gal 4,19). In allem ganz in der Jesus -Spur zu bleiben, das ist die gelebte Gerechtigkeit vor Gott. Dies schließt ein, dass wir auch Menschen gegenüber gerecht zu werden trachten und uns bemühen, auch ihnen nichts schuldig zu bleiben. Das alles gehört dazu, dass wir für die große Zukunft bereit sind, für die Stunde, da unser Herr kommt oder er uns im Tode ruft (vgl. Lk 12,42-46; Röm 13,11ff.).

17.3.2 » … nach … der Frömmigkeit«: Nach einem steten, bewussten Leben vor Gott (1Mose 17,1; vgl. das zu 1Tim 4,7 Ausgeführte). Diese Frömmigkeit lebte unser Herr in seinen Erdentagen aufs vollkommenste. Er rückte alles bewusst ins Licht des Vaters (vgl. Mk 1,35; Lk 6,12-16; Joh 2,4; 17,1ff.). Dabei bat er ihn auch um die Korrektur aller seiner Wünsche, einschließlich des Wunsches, leben zu dürfen: »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!« (Lk 22,42). Das heißt, auch in unserem Leben nach der Frömmigkeit zu »jagen«: dass wir darum ringen, Gott in unserem Leben ganz Gott sein zu lassen, ihm das Leben anzuvertrauen und es im Bewusstsein seiner steten Gegenwart ihm zu Gefallen zu führen. Das schließt die Willigkeit ein, Gott auch unsere brennendsten, am meisten ans Herz gewachsenen Wünsche und Pläne zu übergeben. Wie sehr wird das doch die Gemeinde Jesu nötig haben, insbesondere dann, wenn sie durchs Leiden und ein endzeitliches Dunkel gehen soll (vgl. Mt 24,9; Apg 14,22).

17.3. 3 » … nach … dem Glauben«: Dazu ist nötig, dass es unser großes Anliegen ist, in jeder Lage das Vertrauen zu Jesus, zu dem lebendigen Gott, durchzuhalten, in der festen Gemeinschaft, im steten Umgang mit ihm zu bleiben, auch in der Ganzhingabe unseres Lebens an ihn und ebenso im felsenfesten Vertrauen auf seine Verheißungen (etwa: Mt 7,7; 1Kor 15,58; 2Kor 5,17; Phil 1,6; 1Joh 1,7.9; Offb 3,21). Wir wollen den Verheißungen unseres Gottes mehr glauben als unseren eigenen Augen. »Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat« (Heb 10,35). »Uns ist geboten, auszuharren und bei den Verheißungen zu bleiben« (J. Chr. Blumhardt).

17.3. 4 » … nach … der Liebe«: Wie hat uns doch unser Herr Jesus geliebt, bis in den Tod, »als wir noch Feinde waren« (Röm 5,10)! Nach keiner noch so enttäuschenden Erfahrung mit Menschen hat er gesagt: »Nun aber Schluss!« »Wie er die Seinen geliebt hatte …, so liebte er sie bis ans Ende« und gab auch Blut und Leben für sie hin (Joh 13,1). Und für die, die ihn zu Tode quälten, legte er mitten in den größten, von ihnen verursachten, Schmerzen bei Gott, dem großen Richter über alle Welt, Fürsprache ein (Lk 23,34). Auch Judas, der Jesus hinterhältigerweise an seine Todfeinde verkaufte und auslieferte, wusch Jesus liebevoll die Füße.

Es kostet uns große Mühe, solche Liebe allen gegenüber durchzuhalten. Dan gilt es, uns in die Gemeinschaft mit Jesus hineinzubeten und ihm, seinem Geist in uns, Raum zu geben, bis in die Gedanken und Stimmungen. Wir in ihm und er in uns, so wird unser Leben tatsächlich neu, Jesus -ähnlich, und bringt gottgefällige Frucht (Joh 15,4f.; 2Kor 3,17 a; 2Kor 5,17; Gal 5,22; vgl. Röm 8,14).

17.3.5 » … nach … der Geduld« (wörtlich: nach dem »Darunter bleiben«): Unser Herr hat große Geduld mit uns. Und wir sind dieser Geduld sehr bedürftig. Dan ist es wichtig, wenn wir Jesus ähnlich werden wollen (vgl. Gal 4,19), dass wir in gleicher Weise Geduld üben. Möglicherweise hatte hier auch Paulus mit sich selbst einige Mühe: Ein so tatkräftiger, in solcher Weise mit dem Evangelium vorwärts stürmender Mann musste wahrscheinlich nicht wenig innere Kraft darauf verwenden, mit den Leuten anderer Gangart Geduld zu üben.

Das Erfordernis der Geduld nennt die Schrift im Besonderen auch im Blick auf die Letzte Zeit; in dem großen Kapitel des letzten Buches der Bibel über den Antichristen kündigt sie für diese Zeit an: »Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen« (Offb 13,10), das willige Darunterbleiben und das hochgemute, getroste und der Hoffnung gewisse Vertrauen. Zu dieser Geduld, die als Erste genannt wird, gehört wesentlich auch das Ausharren an dem heilsgeschichtlichen Ort des »Nicht -Sehens -und-doch -Glaubens«, solange Gott das noch will. Gewiss ist es recht, um die Wiederkunft Jesu zu bitten (Offb 22,17), um Gottes Ehre willen, damit das »Seufzen der Kreatur« gestillt wird, damit dem Feind, der unablässig die Menschen verführen will, »das Handwerk gelegt« wird und damit die Kinder Gottes vom Glauben zum Schauen gelangen (Röm 8,19-22; Offb 21,3). Aber das sich Ausstrecken nach dem Ziel darf nicht ungeduldig werden. Wenn unser Herr kommt, gehen die Türen der Gnade für die Menschen zu. Die Frist, während der das Gnadenangebot Gottes angenommen werden kann, ist dann vorbei. Wir Menschen werden dann bei den von uns getroffenen Entscheidungen festgelegt. Wie wir uns jetzt Jesus gegenüber entscheiden, so wird einmal über uns entschieden, und so werden wir Menschen einmal geschieden. Allein wer Jesus jetzt annimmt, der wird dann von ihm angenommen, was größte Bedeutung hat. So sind wir bei aller Freude auf den großen Tag Jesu Christi dennoch auch für die Gnadenfrist dankbar, die Gott uns und andern und uns im Blick auf andere immer noch gewährt. Petrus schreibt: »Die Geduld unseres Herrn erachtet für eure Rettung« (2Petr 3,15).

17.3.6 » … nach … der Sanftmut«: Wie war doch unser Herr sanftmütig, unaufdringlich, behutsam, etwa gegenüber einem Dorf in Samaria, das ihn nicht aufnahm (Lk 9,51-56). Ja, auch heute kommt er noch so, als der erhöhte Herr spricht er: »Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an« (Offb 3,20). Wer klopft, drängt sich nicht auf; er gebraucht nicht das Brecheisen oder schlägt die Türe ein, sondern er fragt, ob man ihn überhaupt aufnehmen will. Das Wort steht im Sendschreiben an die lau gewordene, abgefallene Gemeinde in Laodizea. Auch zu einer solchen Gemeinde und zu derartigen Menschen kommt er noch immer so. Er hat auch selbst seine Sanftmut hervorgehoben (Mt 11,29). Dan wollen auch wir nach dieser Sanftmut »jagen«, auch schwache und geringe Leute nicht einfach geschwinde »vereinnahmen« und auch bei Evangelisationen usw. keine irgendwie gearteten Tricks anwenden, kein »psychologisches Brecheisen« einsetzen, um die Leute zu »Entscheidungen« zu führen, die doch unecht sind, und um schnelle Erfolge melden zu können. Gott hat mit jedem einzelnen Menschen seine Zeit (vgl. Joh 6,44). So dürfen wir hierbei nichts erzwingen wollen. Doch damit auch wir an die Türen der Leute in seinem Sinn klopfen, nimmt er, Jesus, uns als seine Mitarbeiter mit. Lasst uns dazu willig, demütig, sanftmütig und mutig sein!

Gerhardt Maier – Edition C

Glauben & was?

Und nachdem er sie nach draußen geführt hatte, sagte er: „Ihr Herren, was muss ich tun, damit ich gerettet werde?“ 31 Sie aber sagten: „Vertraue auf den Herrn Jesus Christus, dann wirst du gerettet werden, du und dein Haus!“
Leonberger Bibel – byzantinischen Text von Robinson-Pierpont 05 – Apg 16,30–31

Und nachdem er sie nach draußen geführt hatte, sagte er: „Ihr Herren, was muss ich tun, damit ich gerettet werde?“ 31 Sie aber sagten: „Vertraue auf den Herrn Jesus, dann wirst du gerettet werden, du und dein Haus!“
Leonberger Bibel – Nestle-Aland 28 – Apg 16,30–31

Glaube an Jesus Christus & eine Kirche? Das hatten wir im August 2020

Aber reicht der Glaube denn aus? Und Glaube an was? Einfach nur, dass es einen Jesus gegeben hat? Oder einfach dass Jesus ein guter Mensch war?

Die Frage nach der Rettung ist ein wichtiges Motiv im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte ( Lk 3,10; 10,25; 18,18; Apg 2,37 ); der Aufseher hielt Paulus und Silas eventuell für Inkarnationen der Götter, die »retten/ befreien/heilen« können (im entsprechenden griechischen Begriff sind alle drei Bedeutungen mitgedacht); plausibler ist allerdings, dass er mit der Lehre von dem einen, wahren Gott des Judentums vertraut war.
Apg 16:31-32 : Bei den Römern wurde erwartet, dass die Mitglieder eines Haushalts die Religion des Familienoberhauptes annahmen, und selbstverständlich auch, dass der Haushaltsvorstand der Verehrung der römischen Götter in vorbildlicher Weise oblag. Die hier beschriebene Bekehrung eines ganzen Haushaltes geht jedoch nicht auf diese automatische Weise vonstatten – die Knechte und Mägde müssen zunächst selbst das Wort Gottes hören.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Der Kerkermeister in Philippi fragte: »Was muss ich tun, dass ich errettet werde?« Der Apostel Paulus antwortete: »Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden« (Apg 16,30.31). Aber was bedeutet es nun, an den Herrn Jesus Christus zu glauben? Viele Menschen haben eigenartige Vorstellungen über diese entscheidende Frage. Hier einige typische, unbiblische Beispiele dafür, was Menschen mit dem Begriff »ich glaube« verbinden: Menschen meinen, an den Herrn Jesus zu glauben,
weil sie anerkennen, dass der Herr Jesus hier auf Erden lebte und starb.
weil sie Seine hochstehende Moral bewundern.
weil sie sich einer religiösen Gruppe angeschlossen haben.
weil sie zu Gott beten.
weil sie ein Gebet, ein Glaubensbekenntnis oder eine sonstige religiöse Formel nachgesprochen haben.

Ist das der Glaube an Christus, wie ihn die Bibel lehrt? Verändert diese Art von Glauben das Leben der Menschen? Gibt dieser Glaube die feste Gewissheit, in den Himmel zu kommen?

Jean Gibson – Training im Christentum

Glaube, der rettet
Der persönliche Glaube eines Menschen ist die Grundlage für seine Beziehung zu Gott. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu nahen (s. Heb 11,6) und durch Glauben werden wir gerechtfertigt, nicht aus Werken (s. Gal 2,16).
Das entspricht auch der Antwort von Paulus auf die Frage des Gefängnisaufsehers in Philippi. Dieser Mann hatte erkannt, dass er verloren war. Er wusste genau, dass er Hilfe brauchte. Und er fragt, was er tun muss, um errettet zu werden. Die Antwort von Paulus ist so einfach und so klar: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden“ (Apg 16,31). Das ist das einzige, was ein Mensch „tun“ kann und letztlich ist selbst dieser Glaube ein Geschenk Gottes (s. Eph 2,8).
Das nimmt jedoch nichts weg von der Verantwortung, die jeder Mensch hat, dem Aufruf Gottes zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus zu folgen. Diese ernste Verantwortung müssen wir unseren Kindern unbedingt vorstellen und ihnen einerseits die Liebe Gottes und andererseits die schrecklichen Konsequenzen des Ungehorsams gegenüber dieser Aufforderung Gottes vorstellen. Dabei spornt uns an, was Paulus in Apostelgeschichte 16,31 weiter sagt: „… du und dein Haus.“
Gott will ganze Häuser retten! Das macht schon die Geschichte Noahs deutlich. Und auch in der heutigen Zeit ist es für Gott ein großes Anliegen, ganze Häuser zu retten. Dazu ist natürlich der persönliche Glaube jedes Einzelnen nötig. Im Haus des Gefängnisaufsehers in Philippi wurde auf diesem Weg das ganze Haus gerettet!

Bleib in mir 2019

Wirkliche Rettung bringt allein Jesus Christus, und sie wird angeeignet durch den »Glauben«, durch das gehorsame Vertrauen auf ihn. Unsere Stelle macht einmal mehr die zwei Brennpunkte des Glaubens deutlich: a) Es handelt sich tatsächlich um ein »Wenn -dann -Geschehen«. Glaube ist keine einseitige Handlung Gottes am Menschen, die mit oder ohne dessen Zustimmung oder Beteiligung vor sich gehen würde. Das »und« (griech. kai) ist hier unbedingt konsekutiv zu verstehen, das heißt: es drückt eine Konsequenz, eine Folge der ersten Handlung aus. Darum haben wir es richtig mit »dann« übersetzt. »Schaffet, dass ihr gerettet werdet, mit Furcht und Zittern«, schreibt Paulus gerade der Gemeinde in Philippi in einem späteren Brief (Phil 2,12). Ohne den Entschluss des Menschen zum Glauben geht es nicht. Obwohl wir dies festhalten, sehen wir aber auch den zweiten Brennpunkt: b) dass unser Glauben – Können ein Geschenk und Werk Gottes in uns und an uns ist.

Ganz entsprechend fährt nämlich Paulus an der genannten Stelle fort: »… denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen« (Phil 2,13). Also ist doch der Glaube Gottes Sache? Wie kann man beides in einen Brennpunkt vereinbaren? Ich meine so: Tatsächlich könnten wir Menschen uns nicht frei für oder gegen Gott entscheiden. Wir sind ja – Martin Luther drückt es mit dem Bild von Pferd und Reiter aus – »Gerittene«, »Besessene«, nämlich vom Teufel Besessene, der freiwillig seinen Platz nie und nimmer räumen würde. Aber unter dem Hören des Wortes Gottes kann es geschehen, dass wir für vielleicht nur kurze Zeit durch Gottes Macht von dieser Besessenheit befreit werden, dass ein Machtvakuum entsteht, in dem wir nun tatsächlich Entscheidungsfreiheit gewinnen, von Gott geschenkte Entscheidungsfreiheit, auf die wir uns nichts einbilden dürfen. Dann können wir sagen, wer uns fernerhin besitzen soll, Gott oder der Böse. Haben wir damit uns selbst errettet? Gewiss nicht! Denn ohne Gottes Eingreifen wäre diese Möglichkeit nie entstanden. Zudem ist es ja sein Geist, der uns durch das Evangelium zum Glauben ruft und im Glauben erhält.

Es muss für uns schwer verständlich bleiben, dass sich der Glaube des Gefängnisdirektors nicht nur auf ihn selbst rettend auswirkt, sondern dass sein ganzes »Haus« in die Rettung einbezogen wird. Uns hindert am Verständnis der erst neuzeitliche Individualismus, bei dem nur etwas gilt, was ich entschieden, gesagt, getan habe. Menschen früherer Zeiten sahen sich aber viel mehr in die Gemeinschaft eingebunden, in der sie lebten, sei es die Familie im engeren und weiteren Sinne, sei es die Stadtgemeinschaft der polis, sei es die Volks – und Staatsgemeinschaft. Wir dürfen es nicht zu einfach abtun, wenn im Mittelalter der germanische Stammeshäuptling auch die Religion seiner Untertanen mitbestimmte. Andererseits leben wir nicht mehr im Altertum. Die Emanzipation des einzelnen ist so weit fortgeschritten, dass gewiss die individuelle Entscheidung für den Glauben unumgänglich ist. Schließlich könnte man erwägen, ob im vorliegenden Fall die Zusage nicht Verheißungscharakter gehabt haben könnte in dem Sinne, dass Paulus dem Beamten die Errettung seiner Familie in Aussicht gestellt hat, falls er selbst als Erster den Schritt zu Jesus tun würde.

Gerhard Maier – Edition C

Auch hier ist eine Geschichte Gottes vorhergegangen, die wir nicht kennen. Wieviel dieser Mann von der Wirksamkeit des Paulus in den Wochen vorher gehört hatte, wissen wir nicht; Lukas ist sehr schweigsam. Aber die Frage nach dem Heil wird nicht in wenigen Minuten äußerer Erschütterung in einem toten Herzen geboren; wohl aber kommt sie in solchen Minuten zu sich selbst und bricht endlich heraus, wenn sie ein aufgewachtes Herz schon lange im Verborgenen beunruhigt hat. Das aber ist das Kostbare am Evangelium, dass es auf diese Frage die einfache, eindeutige Antwort hat: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, und gerettet werden wirst du und dein Haus.“ Das unterscheidet das Evangelium von allen andern Religionen und Weltanschauungen, dass es nicht irgendwelche Leistungen vom Menschen fordert, nicht neue religiöse Methoden empfiehlt, nicht geheimnisvolle Erkenntnisse vermittelt, sondern zu dem einen, kindlich leichten Schritt aufruft: Hier ist Jesus – vertrau dich ihm an! Darin liegt die ganze Errettung. Wie aber haben wir den Zusatz zu verstehen: „Du und dein Haus“? Liegt hier eine spezielle Zusage für diesen einen Fall, weil Paulus und Silas hier die Gewissheit hatten, dass alle Hausgenossen ebenfalls zu dem rettenden Glauben durchdringen würden? Oder darf jedermann, der zu Jesus kommt, sich die Zusage aneignen: auch meine Frau, auch meine Kinder werden gläubig werden? Wir werden die Eigenart eines Hauses der alten Welt mit berücksichtigen müssen. Es umfasste nicht nur Frau und Kinder, sondern vor allem auch die Schar der dem „Hause“ zugehörigen Sklaven. Es ist in unserem Text offensichtlich an eine Gruppe erwachsener Menschen gedacht, denen „das Wort Gottes gesagt“ wird. Diese Menschen haben die Ereignisse der Nacht miterlebt, sie standen nun mit unter der Verkündigung und jetzt wird auch ihnen wie dem Hausherrn zugesichert: die Rettung ist für euch da, wenn ihr den Schritt zu Jesus wagt. Das Wort der Boten Jesu will nicht behaupten, dass das Gläubigwerden des Hausherrn mechanisch die Rettung aller Hausbewohner in sich schließt. An Onesimus, der dem „Hause“ des Philemon zugehörte, wird sehr deutlich, dass es ohne die persönliche Entscheidung für Jesus nicht ging. Gerettet war Onesimus nicht schon, als Philemon Christ wurde, sondern erst als er selber bei Paulus in Rom zum Glauben kommt. Aber das dürfen wir allerdings tröstlich wissen, dass Gott uns als diesen, mit unserem Hause fest verbundenen Menschen sieht und darum seine rettende Gnade herzlich für die Unsern bereithält und unser Gebet für sie erhört. Andererseits dürfen wir nicht vergessen, was der Herr selbst über den Riss gesagt hat, der um seines Namens willen gerade auch durch Häuser und Familien gehen wird.

Wuppertaler Studienbibel

In den Versen 29-30 wird die Reaktion des Kerkermeisters beschrieben. Er rief nach Licht und sprang hinein, und fiel zitternd vor Angst vor Paulus und Silas nieder (V. 29). Er brauchte Fackeln, um in den fensterlosen Innenraum sehen zu können. Die Tatsache, dass er in den Raum sprang, zeigt, dass er eifrig war, aber er hatte Angst, weil er etwas Göttliches in den Ereignissen sah, die gerade geschehen waren. Er hatte buchstäblich eine Heidenangst und wollte wissen, was er tun musste, um gerettet zu werden. Also fiel er zitternd vor Paulus und Silas nieder, um sie anzubeten. Dann holte er sie aus dem inneren Gefängnis heraus (V. 30) und ließ die anderen Häftlinge dort zurück, weil er offensichtlich erkannte, dass dieses übernatürliche Ereignis irgendwie mit Paulus und Silas zusammenhing. Dann stellte er die entscheidende Frage: Meine Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden? Diese Frage bezog sich ausschließlich auf die geistliche Errettung, denn da alle Gefangenen anwesend waren, wusste der Kerkermeister, dass er nicht von Rom hingerichtet werden würde. Auch er hatte das Gebet und den Gesang von Paulus und Silas gehört und wusste, dass sie tatsächlich die Botschaft der geistlichen Errettung hatten.

Die Antwort der Jünger findet sich in Vers 31: Sie sagten: Glaube an den Herrn Jeschua, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus. Der Kerkermeister musste an das Evangelium glauben, und das Ergebnis würde die geistliche Errettung sein. Manchmal wird dieser Vers dahingehend fehlinterpretiert, dass, wenn eine Person in einer Familie gerettet wird, die anderen früher oder später auch gerettet werden, aber zu viele Gläubige haben gesehen, wie Mitglieder ihrer Familien ohne den Herrn gestorben sind. Paulus hat nicht versprochen, dass die Familie des Kerkermeisters gerettet werden würde. Die Formulierung „glaubt an den Herrn Jeschua, den Messias“ galt sowohl für den Kerkermeister als auch für sein Haus. Beide mussten glauben, um gerettet zu werden. In den strengen römischen Familien jener Zeit war der Vater jedoch der paterfamilias, das Oberhaupt des Hauses, und er hatte eine so große Autorität, dass seine Entscheidung zu glauben die anderen dazu bringen würde, ebenfalls zu glauben, und das taten sie auch.

Nachdem Paulus und Silas dem Kerkermeister das Wesentliche des Evangeliums erklärt hatten, setzten sie ihren evangelistischen Dienst fort: Und sie redeten das Wort des Herrn zu ihm und zu allen, die in seinem Haus waren (V. 32). Es ist offensichtlich, dass der Kerkermeister Paulus und Silas zu sich nach Hause geholt hatte. Sie erklärten ihm das Heil genauer, was den Kerkermeister zum Messias führte. Dies führte auch zur Errettung seines Hauses, zu dem seine Familie und seine Bediensteten gehörten.

In den Versen 33-34 werden die vier Ergebnisse der Rettung durch den Kerkermeister beschrieben. Erstens behandelte er die Wunden, die Paulus und Silas durch die Schläge am Tag zuvor erlitten hatten (V. 33): Er nahm sie noch in der Nacht zu sich und wusch ihnen die Striemen ab. Das ist das erste Mal, dass diese Wunden behandelt wurden, seit sie zugefügt worden waren, das erste Mal, dass irgendeine Form von medizinischer Hilfe geleistet wurde. Zweitens wurde er getauft, er und alle die Seinen, sofort. Die Tatsache, dass „alle seine“ erwähnt werden, zeigt, dass auch sie glaubten. Sie wurden ohne Verzögerung getauft. Dies ist ein natürlicher Akt nach der Errettung. Die Bibel lehrt nicht, dass man als Kind gerettet wird oder vor dem Glauben getauft wird. Wenn ein Mensch geglaubt hat, ist er für die Taufe qualifiziert. Der Kerkermeister und seine Familie hatten geglaubt; deshalb wurden sie getauft. Die dritte Folge war Gastfreundschaft (V. 34a): Er nahm sie in sein Haus auf. Es war nicht ungewöhnlich, dass ein Gefängniswärter in der Nähe des Gefängnisses wohnte. Das Haus könnte sogar über dem Gefängnis gelegen haben. Die Taufen könnten in einem römischen Bad durchgeführt worden sein, wie es in allen Städten üblich war. Die Wohlhabenden hatten ihr eigenes Bad im Hof, und dieser Kerkermeister könnte eines gehabt haben. Er setzte ihnen Essen vor. Dies war das erste Essen, das Paulus und Silas seit ihrer Prügelstrafe zu sich nahmen. Eines der Kennzeichen eines wahren Gläubigen ist die Gastfreundschaft (Hebr. 13,2). Das vierte Ergebnis war die Gemeinschaft (V. 34b): Der Kerkermeister freute sich sehr mit seinem ganzen Haus, weil er an Gott glaubte. Der letzte Teil des Verses zeigt, dass sie alle einzeln glaubten und deshalb an der Gemeinschaft der Heiligen teilhaben konnten.

Arnold Fruchtenbaum – Apostelgeschichte


Wir wollen Gott ernst nehmen und uns bemühen

Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.
Elberfelder 1871 – 2 Kor 7,1

Uns, meine Lieben, gelten diese Zusagen! Wir wollen uns darum von allem reinigen, was Körper und Geist beschmutzt. Wir wollen Gott ernst nehmen und uns bemühen, vollends ganz sein heiliges Volk zu werden.
Gute Nachricht Bibel – 2 Korinther 7,1

Meine lieben Freunde! All dies hat uns Gott versprochen. Darum wollen wir uns von allem trennen, was uns verunreinigt – sei es in unseren Gedanken oder in unserem Verhalten. In Ehrfurcht vor Gott wollen wir immer mehr so leben, wie es ihm gefällt.
Hoffnung für Alle – 2.Korinther 7,1

Auch diesen Vers hatten wir schon einmal.

Nicht-palästinische Juden sprachen häufig vom reinen, unbefleckten Herzen; das Bild vom unbefleckten Fleisch bezog sich auf zeremonielle Reinheit (die Handwaschung oder rituelle Eintauchung). Paulus meint hier sowohl die körperliche als auch die geistliche Reinheit (s. die Ausführungen zu 5,10 und 1.Kor 6,20 ) – d.h., die Enthaltung von der Sünde.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Die harte Ermahnung zur Trennung von Welt, Satan und Götzendienst ist keine zwingende Forderung, sondern ausgesprochen auf dem Grund des Evangeliums, der herrlichen Verheißungen – auch erfüllten Verheißungen -, die die Gemeinde umfangen. Auch die Anrede »Geliebte« betont dies. Hier redet nicht ein harter Herr, sondern der gnädige Gott, der uns Vater sein will. Aus der Gabe wächst die Aufgabe, ermöglicht durch den Geist Gottes. Das Wort Gottes hat wirkende Kraft; die Verheißungen tun, was sie aussagen. Die Korinther können zur Heiligung aufgerufen werden – nicht als ihr Verdienstwerk, sondern als durch Gott ermöglichtes Tun. »Wir sollten uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes«, schreibt Paulus deshalb. Der Sohn will dem Vater gemäß leben; diese neue Willensrichtung, die die Sünde, eben die Befleckung wegtun, ablegen will, ist die Bewegung der Heiligung, das »Jagen nach der Heiligung« (vgl. Hebr 12,14; auch 1Thess 4,3-7; 2Thess 2,13; 1Tim 2,15; 1Petr 1,2; Hebr 12,19). »Fleisch und Geist« meinen hier den Glaubenden in seiner Gesamtheit, außen und innen (vgl. 1Kor 7,34; 1Thess 5,23). »Jede Befleckung« soll abgetan werden, denn Sünde in jeder Form trennt von Gott und stört die Gemeinschaft untereinander. So die Korinther dieses wieder entschlossen wollen und tun, Ja sagen zum Drängen des Heiligen Geistes in ihnen, dann wird die Gemeinschaft mit den falschen Dienern Christi aufhören und die Liebesgemeinschaft mit Paulus wieder wachsen.

Solche »Heiligung soll vollendet werden« (eigentlich: »zu einem Ende geführt werden«) – nicht aus eigener Kraft, sondern »der angefangen hat das gute Werk in uns, der wird es auch vollenden« (Phil 1,6), aber wir dürfen beharrlich wollen. Dies ist nicht als Perfektionismus misszuverstehen, denn es geht um die ständig neue Reinigung, wenn uns die Sünde überrascht. Solches wächst aus der »Furcht Gottes«. Wieder ist das nicht die sklavische Furcht, sondern die bangende Furcht des Kindes, das um die Abscheu des Vaters vor der Sünde weiß und ihn nicht betrüben will.

Die Furcht Gottes treibt uns. Die bangende Furcht des Kindes: Wird mein geliebter Vater von mir auch nicht betrübt? Das ist etwas völlig anderes als die Sklavenfurcht.

Gerhadt Maier – Edition C

Darum geht der Apostel in den abschließenden Sätzen dieses Abschnittes ausdrücklich von den „Verheißung en“ und nicht von den Geboten und Forderungen aus und unterstreicht es: „Da wir nun diese Verheißung en haben, Geliebte.“ Gerade jetzt redet Paulus seine Korinther als „Geliebte“ an, geliebt von ihm und geliebt von Gott. „Diese Verheißung en“ nennt er sie um ihrer Größe und Schönheit willen. Sie sind lauter „Evangelium“, lauter überströmende Gnade. Darum fordern sie nicht nur folgerichtig eine entsprechende Gestaltung unseres Lebens, sondern wirken in uns den Willen zur völligen Reinigung: „So wollen wir uns von jeder Befleckung des Fleisches und Geistes reinigen, indem wir Heiligkeit vollenden in Furcht Gottes.“ Der Apostel rechnet damit, dass auch die Korinther „wollen“, aus eigener, klarer Einsicht und aus der eigenen Freude an dem hohen Lebensstand, den sie als „Söhne“ und „Töchter“ A des Allherrschers haben dürfen. „Von jeder Befleckung des Fleisches und Geistes“ wollen wir uns reinigen. Die Worte „Fleisch“ und „Geist“ gebraucht Paulus hier nicht in dem besonderen Sinn, den sie sonst bei ihm haben können, wenn er mit „Fleisch“ unser natürliches Ichwesen meint und bei „Geist“ an den Geist Gottes denkt. Er verwendet sie jetzt ähnlich, wie er in 1 Kor 7,34 von „Leib und Geist“ und 1 Thess 5,23 von „Leib, Seele und Geist“ spricht. Unser äußeres Leben und unser inneres Sein ist von Natur seit dem Sündenfall befleckt und wird immer aufs neue verunreinigt. Es ist wichtig, dass dabei ausdrücklich auch von der „Befleckung des Geistes“ gesprochen wird. Der Idealismus meint, der „Geist“ sei in sich selbst das Edle und Göttliche im Menschen. In Wahrheit aber kann gerade der menschliche Geist gefährlichste und böseste Befleckung an sich tragen, den Stolz, die lieblose Kälte, die Selbstüberhebung. Darum muss gerade auch unser Geist tiefgehend gereinigt werden. Denn vor dem heiligen Gott können nur Reine bestehen. Wer unreiner Lippen ist, kann in der Gegenwart Gottes nur rufen: Wehr mir, ich vergehe (Jes 6,5). Darum bedürfen wir der steten Reinigung B , die mit unserer Bekehrung nicht schon ein für allemal vollzogen ist. Es geht um die Reinigung von |163| „jeder“ Befleckung. Wir können hier nicht auswählen und nach unserer eigenen Meinung einzelne Befleckungen als unwichtig bestehen lassen. Der Wille zur Reinigung von „jeder Befleckung“ wäre aber gelähmt, wenn wir von vornherein damit rechneten, dass die Reinigung nicht gelingt und die „Heiligkeit“ nicht erreicht wird. Darum spricht Paulus davon, dass wir „Heiligkeit vollenden“ C . Wir tun es „in Furcht Gottes“. Der Neue Bund unter der Gnade, das Leben in der Kindschaft Gottes, schließt die „Furcht“ nicht aus, sondern ein, wie es uns die Apostelgeschichte gerade aus der ersten Zeit der Gemeinde zeigt (Apg 5,5;5,11;9,31). Auch die gnadenvollste Nähe, die Gott als „Vater“ seinen „Söhnen“ und „Töchtern“ schenkt, weckt als Nähe zu dem gegenwärtigen, heiligen Gott die „Furcht“ D , die jede Sünde als unverträglich mit Gott scheut und „die Heiligkeit vollendet“. Einmütig hat das Petrus mit Paulus der Gemeinde gesagt: „Und da ihr den als Vater anrufet, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeglichen Werk, so führet euren Wandel, solange ihr hier als Fremdlinge lebt, mit Furcht“ (1 Petr 1,17). Die Erlösung mit dem teuren Blut Christi macht das nicht überflüssig, sondern ist ein erneuter und mächtiger Grund zur Heiligung (1 Petr 1,18 f), zu einer Heiligung, die mit ihrem Ernst wirklich „die Heiligkeit vollendet“ und sich nicht mit bloßen Ansätzen zur Heiligung begnügt.

Wuppertaler Studienbibel

Es gibt zwei wichtige Punkte, die uns nützlich sein werden, wenn wir der Verflachung entgehen wollen:
Der erste Punkt, der unsere Herzen bewegen soll, ist die Selbstaufopferung des Herrn für uns, die Verlorenen. Der Geist Gottes ruft uns zu: „Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib!“ (1 Korinther 6,20). Dieses Bewusstsein sollte ein mächtiger Antrieb sein zu der Hingabe eines ungeteilten Herzens auf dem ganzen Weg. Wo das Herz die Liebe des Herrn erwägt, da ist auch das Verlangen vorhanden, dem Herrn zu leben!
Der zweite Punkt, der auf uns mächtig einwirken und uns beeinflussen sollte, ist die stündliche Erwartung der Wiederkunft des Herrn, und darum „uns zu reinigen, wie er rein ist“. Was schreibt Petrus diesbezüglich? „Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! … Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet, so befleissigt euch, ohne Flecken und tadellos von ihm erfunden zu werden in Frieden“ (2 Petrus 3,11.14). Unsere Herzen sollen durch die Aussicht, bald beim Herrn zu sein, angespornt werden; sich nicht allein vom Bösen fern zu halten, sondern alles tun, was dem Kommenden entspricht und Ihn ehrt, so dass Er dann sein Wohlgefallen darüber zum Ausdruck bringen kann. Wer die Erscheinung des Herrn liebt, der übt sich auch, im Lichte seiner Erscheinung zu wandeln.

Carl Lopata – Betrachtungen über die Briefe des Apostels Johannes

Die Liebe des Herrn Jesus Christus wird uns drängen, diese Liebe nicht abzuweisen, sondern entsprechend zu handeln.

Leib und Geist zusammengefügt?

Ja, du bists,
der bereitete meine Nieren,
mich wob im Leib meiner Mutter!
Danken will ich dir dafür,
daß ich furchtbar bin ausgesondert:
sonderlich ist, was du machst,
sehr erkennts meine Seele.
Buber & Rosenzweig – Ps 139,13–14

Denn du besaßest (O. bildetest) meine Nieren; du wobest mich in meiner Mutter Leibe. Ich preise dich darüber, daß ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, und meine Seele weiß es sehr wohl.
Elberfelder 1871 – Psalm 139:13–14

Auch diesen Vers hatten wir schon im Mai 2020 – aber aus gegebenen Anlaß nun aus einem anderen Blickwinkel. Bitte lies aber auch den „alten Artikel“, denn ich werde die alten Zitate und Bibelübersetzungen nicht zweimal einstellen.

Denn du hast meine Nieren bereitet. David fährt zwar in derselben Lehre fort, geht aber einen kleinen Schritt weiter und sagt, es sei nicht zu verwundern, dass der, der die Nieren oder das Herz bereitet hat, auch die geheimsten Gedankengänge der Menschen durchforscht. Er bezeichnet also die Nieren als eine Richtertribüne, von der aus Gott sein Gericht ausübt. Es ist auch, sagt er, nicht zu verwundern, dass die Ränke und Ausflüchte unseres Herzens den nicht täuschen, der uns noch im Mutterleibe so klar durchschaut hat, als ob wir mitten im hellen Lichte gestanden hätten. Damit ist uns klar, was David veranlasste, von der Erschaffung des Menschen zu sprechen.
Dasselbe hat er im folgenden Vers im Auge, dessen Worte zwar verschiedene Auslegung zulassen, dessen Sinn aber leicht verständlich ist. Er besagt, dass David wunderbar gebildet worden ist, so dass es ihn mit gerechter Bewunderung und mit Schrecken erfüllen muss. Und das drängt ihn, in einen Lobpreis Gottes auszubrechen. Daher kommt ja unser fleischlich sicheres Sichgehenlassen, weil wir nicht genug erwägen, wie wunderbar der himmlische Werkmeister uns geformt hat. Hierauf geht David vom Einzelnen zum Allgemeinen über und ruft aus, alle die Werke Gottes, denen unsere Blicke begegnen, seien ebenso viele Wunder, die unsere Seelen mit Macht zu ihm ziehen sollen. Denn erst das ist (wie wir schon anderswo sagten) eine rechte Betrachtung der Werke Gottes, die in Bewunderung ausschlägt. Wenn er nun beifügt: Das erkennt meine Seele wohl – nämlich die Wunder, die doch unser Verstand nicht zu fassen vermag – so will er damit nichts anderes sagen, als dass er bescheiden und nüchtern darnach trachten und dazu tüchtig werden will, die Wunder Gottes zu spüren und seine unendliche Herrlichkeit und Hoheit anzubeten. Es ist also hier nicht ein solches Erkennen gemeint, bei welchem unsere natürlichen Sinne sich der Wunder bemächtigen, die ja nach Davids Bekenntnis unbegreiflich sind (wie denn die Weltweisen in ihrer Vermessenheit Gott alles Geheimnisvolle nehmen wollen); sondern es wird nur das gläubige Aufmerken angedeutet, das uns erweckt, Gott die Ehre zu geben.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

V 13.III Rückblick auf die Erschaffung des Beters durch Gott (V 13–18). Der Abschnitt V 13–16 versammelt verschiedene Vorstellungen zur Menschenschöpfung. V 13 Das Verb קנה V 13a trägt im älteren Sprachgebrauch die Bedeutung »käuflich erwerben« (vgl. Ps 74,2; 78,54) und erlangt erst in nachexilischer Zeit die schöpfungstheologische Bedeutung von »erschaffen«. Das »Innerste« (wörtlich die »Nieren«) legt sich vom Eingangsmotiv der Prüfung JHWHs von »Herz und Nieren« her nahe. Hier zielt der Begriff nicht auf die Erschaffung eines Körperteils, sondern auf die Erschaffung des ganzen Menschen von seinem Inneren her. V 13b zieht das Bild des Webens heran: Wie der Weber mit dem Weberschiffchen eine kunstvolle Textur wirkt (vgl. Ijob 10,11; Spr 8,23). Der Psalmist geht auf die vorgeburtliche Existenz im Mutterschoß zurück wie in Ps 22,10 und Jer 1,5.
V 14. Erschaffung des Beters und seine Existenz vor Gott. V 14 erschließt sich von V 6 her. Aus dem rätselhaften Wissen JHWHs, das den Beter irritierte, ist nun die Zustimmung zum Wirken JHWHs im Dank geworden. Die Erschaffung seiner Person wird nun unter die »furchterregenden Machttaten« JHWHs eingereiht. Diese bezeichneten bisher in Ps 45,5; 65,6; 106,22 vornehmlich Gottes Taten in der Geschichte. Hier werden sie auf die Erschaffung des Menschen angewandt. Das Verb פלא Nifal »wunderbar sein« bezeichnet in absoluter Verwendung hier die Erschaffung. Der anschließende partizipiale Nominalsatz unterstreicht die Aussage in geläufigerer Diktion, vgl. Ps 104,24 und 138,8. V 14b dokumentiert das verständnisvolle Verstehen des Beters. Stilistisch rahmen die Aussagen zu Dank/Bekenntnis und Verstehen/Erkenntnis des Beters die Schöpfungstaten JHWHs. So drückt der gesamte Vers den neuen Einklang von Gott und Beter aus.

Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament

Daß der Mensch bis auf den Grund und allenthalben Gotte offenbar ist, wird nun aus der Entstehung des Menschen begründet. Die Entwickelung des Kindes im Mutterleibe galt der isr. Chokma als eins der größten Geheimnisse Koh. 11, 5.; hier preist der D. dieses Werden als ein Wunder der allwissenden und allgegenwärtigen Allmacht Gottes. קָנָה bed. hier nicht beschaffen acquirere, sondern herrichten condere, und סָכַךְ bed. nicht: schirmen wie 140, 8. Iob 40, 22., eig. überflechten, verzäunen, sondern: flechten, durchweben, näml. mit Knochen, Sehnen und Adern, wie שׂכֵךְ Iob 10, 11. Die Nieren werden hervorgehoben, um sie, den Sitz der zartesten geheimsten Gefühlsregungen, als Werk deß der Herz und Nieren prüft zu bez. Die προσευχή wird v. 14 zur εὐχαριστία: ich danke dir, daß ich unter furchtbaren d. i. Schauer, näml. des Staunens, erregenden Umständen (נוֹרָאוֹת wie 65, 6) wundersam entstanden bin; נִפֽלָה (= נִפְלָא) ist das Pass. zu הִפְלָה 4,4. 17,7 und bed. ausgesucht oder ausgesondert, in ausgesuchter, absonderlicher d. i. wundersamer rätselhafter Weise gewirkt s. Hitz. hält נִפְלֵיתָה (du hast dich wunderbar bewiesen) nach LXX Syr. Vulg. Hier. für die richtige LA, aber der Ged. der dadurch gewonnen wird kommt ja in der folg. Zeile 14b zum Ausdruck, welche bei dieser LA zur Tautologie herabsinkt. צֹצֶם (collektiv s. v. a. עֲצָמִים Koh. 11, 5) ist das Gebein, das Knochengerüst und von da aus allgemeiner der Wesensbestand als Inbegriff der Wesensbestandteile. אֲשֶׁר schließt sich, ohne Conjunction (quod) sein zu müssen, an das Suff. von עָצְמִי an. רֻקַּם „bunt gewirkt oder auch gestickt w.“ (√קר wov. wie רקם رقم transpon. قرم1 sticken so auch رقش bunt machen, bes. auch von figurirter blumiger Rede) ist hier von der Durchäderung des Körpers und der bunten Färbung seiner einzelnen Glieder, bes. der Eingeweide, gemeint, viell. aber allgemeiner mit zurücktretender Farbenvorstellung von der dem unentwickelten Anfange folgenden Contourirung und Gestaltung der Glieder und des Organismus überhaupt.2 Der weibliche Schoß heißt hier סֵתֶר (vgl. Aeschylos’ Eumen. 665: ἐν σκότοισι νηδύος τεθραμμένη, und die Bez. der Bildungsstätte des Fötus als „dreifache Finsternis“ im Koran, Sur. 39, 8), nach Baers LA סֶתֶר, dessen Segol in Pausa bleibt; es heißt sogar in kühner Benennung תַחְתִּיּוֹת אָרֶץ Erdnnterstes d. i. Erdinnerstes (s. zu 63, 10), als geheime Werkstatt irdischen Ursprungs, mit gleichem Rückbezug auf die erste Entstehung des Menschenleibes aus Staub von der Erde wie wenn Iob 1, 21 sagt: „nackt bin ich hervorgegangen aus meiner Mutter Leibe und nackt werde ich dahin zurückkehren“ — שָׁמָּה, näml. εἰς τὴν γῆν τὴν μητέρα πάντων Sir. 40,1. In der Entstehung jedes Menschen wiederholt sich nach der Anschauung der Schrift die uranfängliche Schöpfungsweise Iob 33, 6 vgl. 4. Die Erde war der Mutterschoß Adams und der Mutterschoß, aus dem das Adamskind hervorgeht, ist die Erde, von der es genommen. גֹּלֶם heißt hier der eiförmig zusammengefaltete Embryo, v. גָּלַם (√ גל) zusammenwickeln (vgl. glomus Knäuel), im Talmud von jederlei noch ungestalteter Masse und Rohmaterial, z. B. dem zu einem Gefäße zu formenden Holze oder Metalle (Chullin 25a, worauf schon Saadia verweist).3 Uebrigens vgl. ähnliche Rückblicke in den embryonalen Zustand Iob 10, 8–12. 2 Macc. 7,22 f. (Psychol. S. 209 ff.).4 Zu in libro tuo macht Bellarmin die richtige Bem.: quia habes apud te exemplaria sive ideas omnium, quomodo pictor vel sculptor scit ex informi materia quid futurum sit, quia videt exemplar. Nach רָאוּ normirt sich die Bed. des Impf. יִכָּתֵבוּ zu mitvergangenheitlichem scribebantur; Subj. sind die Tage יֻצָּרוּ die schon gebildet waren. Gewöhnlich übers. man: „die Tage die erst gebildet werden sollten.“ Wenn יֻצָּרוּ s. v. a. יְיֻצָּרוּ sein könnte, so wäre das vorzuziehen, aber diese Abwerfung des Präformativs ist nur im impf. Pi. der VV. פ״י und zwar nach Waw convertens וַיְיַבֵּשׁ = וַיַּבֵּשׁ Nah. 1, 4 (vgl. Caspari zu Obad. v. 11) zugelassen

Delitzsch – Biblischer Commentar über das Alte Testament

Aber wie kommt es, dass einige Bibelübersetzer das Wort für Nieren mit Geist / Seele usw übersetzen, und damit der Theorie vorschub leisten, die Seele könnte vorher irgendwo im Himmel gewesen sein, bevor der Embryo geschaffen wurde? Schauen wir uns die Bedeutung des Wortes an – dann verstehen wir, dass die „nicht wörtliche Übersetzung“ den Sinn versucht wiederzugeben, dabei aber am Ziel vorbei schießt, und damit der „falschen Lehre“ Tür und Tor öffnet, ohne es zu wollen!

Nieren Beim Sünd- und Dankopfer gehören die N. mit dem → Fett der Eingeweide zu den Teilen des Opfertieres, die auf dem Altar verbrannt wurden (2Mo 29,133Mo 3,4).

In bildlicher Verwendung stehen auch die N. für das Innere des Menschen, Sitz und Zentrum von Leben (Hiob 16,13Klgl 3,13→ Leber; → Galle) und Empfindung. Sie schmerzen (Ps 73,21). Gott, der sie bereitet hat (Ps 139,13), prüft → Herz und N. (Ps 7,10Jer 11,2017,1020,12Offb 2,23) und erforscht sie (Ps 26,2). 

Lexikon zur Bibel

Nieren. 1) eigentlich als Organ des Leibes, Hi. 16, 13; Klagel. 3, 13, auch von Tieren, bei welchen die in Fett eingelagerten N. zu den besten Opferstücken gehörten, 2 Mo. 29, 13. 22; 3 Mo. 3, 4; 5 Mo. 32, 14; Jes. 34, 6 und sonst; 2) uneigentlich als Sitz und Ursprung von Gemütsbewegungen in Freude, Spr. 23, 16, und Leid, Ps. 73, 21; Klagel. 3, 13, Willensaffekten, Hi. 19, 27, namentl. von Gewissensregungen, die bes. auf die N.einen beängstigenden Eindruck machen, Ps. 16, 7. Diesen Sitz und Ursprung der inneren Triebe hat Gott gebildet (Ps. 139, 13), wie er auch Herzen und N. prüft und läutert, Ps. 7, 10; 26, 2; Jer. 11, 20; 17, 10; 20, 12; Off. 2, 23, und deswegen Herzenskündiger heißt, Ap. 1, 24; 15, 8.

Calwer Bibellexikon

Niere

Dieses Körperorgan (hebr. kelajot), das die Giftstoffe aus dem Blut aussondert, wird in der Bibel manchmal als Sitz der Weisheit und der Einsicht betrachtet (Ps 16,7; 26,2; Spr 23,16). Dies wird durch die Aufgabe und Funktion der Nieren erklärt. Nach Gottes Wort beginnt die Weisheit des Menschen nämlich mit der Furcht des HERRN, und „die Furcht des HERRN ist: das Böse hassen“ (Spr 1,7; 8,13; 9,10). Zur Unterscheidung von Gut und Böse muss man nach Hebräer 5,14 geistlich erwachsen sein und geübte Sinne haben. Die Absonderung von der Welt und allem Bösen ist also ein Zeichen göttlicher Weisheit und geistlicher Reife. – Die Nieren und das daran befindliche ⇨Fett spielten bei den ⇨Opfern eine wichtige Rolle, denn sie wurden immer auf dem Altar dargebracht (2. Mo 29,13; 3. Mo 3,4 usw.).

Lexikon Biblische Bilder und Symbole

Nieren Sie galten als Sitz der Gemütsbewegungen in Freude und Leid (Ps 73,21), der Gewissensregungen, überhaupt des inneren Lebens (Jer 20,12; Klgl 3,13). Nieren, →Herz und Eingeweide wurden als Zentrum des Willens und der Persönlichkeit betrachtet, ohne dass man zwischen ihnen eindeutig unterschieden hätte. Die revidierte Lutherbibel verwendet deshalb manchmal, weil es eher unseren Empfindungen entspricht, »Herz« für »Nieren« (Hiob 19,27; Ps 16,7; Jer 12,2).

Kleines Lexikon zur Lutherbibel

Eines der Körperteile von Opfertieren, die für Opfergaben an Gott verwendet wurden. Die Nieren sollten zusammen mit ihrem Fett auf dem Altar verbrannt werden (Ex 29,13; Lv 3,4-15) und repräsentierten das Blut, das die Israeliten nicht essen durften.
Im übertragenen Sinne werden die Nieren als Sitz der menschlichen Gefühle (Ps 73,21) und der rationalen und moralischen Fähigkeiten (Ps 16,7; Jer 12,2) betrachtet. Sie sind eng mit dem „Herzen“ und der „Seele“ verbunden und stehen für das innerste Selbstbewusstsein des Menschen. Die NLT übersetzt das hebräische Wort in mehreren Passagen mit „Geist“, „Herz“ und „Seele“.
Wie im AT Jehova die innersten Gedanken des Menschen kannte (z.B. Pss 7:9; 26:2; Jer 20:12), so wird Christus im Buch der Offenbarung als derjenige identifiziert, der „den Verstand und die Herzen erforscht“ (Rv 2:23), was eine indirekte, aber klare Identifikation Jesu mit Jehova darstellt. Dies ist der einzige Hinweis auf die Nieren im NT.

Tyndale Bibelwörterbuch