Sei uns gnädig, Jehova, sei uns gnädig! denn reichlich (O. genugsam) sind wir mit Verachtung gesättigt; Reichlich (O. genugsam) ist unsere Seele gesättigt mit dem Spotte der Sorglosen, mit der Verachtung der Hoffärtigen.
Elberfelder 1871 – Psalm 123,3–4
Sei uns gnädig, Ewiger, sei uns gnädig, denn wir sind längst der Schmach übersatt, 4 längst ist unser Leben des Spottes der Übermütigen übersatt, der Verachtung der Hochmütigen.
Die Philippson-Bibel – Psalm 123:3–4
Denn wir sind in unserem Innern der Verspottung durch die Stolzen übersatt. Wir können den Hohn der Hochmütigen nicht mehr ertragen.
Bruns 2013 – Ps 123,4
Wir haben das Gespött dieser selbstsicheren und überheblichen Gegner satt! Wir können es nicht länger ertragen, daß uns diese Hochmütigen verachten!
Hoffnung für alle – 1996 – Ps 123:4
Der Psalmist bat Gott um Gnade, weil das Volk mit Verachtung gesättigt war, das heißt, daß es viel Spott von den Stolzen ertragen hatte. Trotz der Verspottung seines Glaubens bat es um Gottes Gnade, bis er antworten würde.
Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar
Eine zweifache dringende Bitte um Gnade steigt zum Thron Gottes auf von dem Volk, das mehr als genug Verachtung erfahren hat. Tag für Tag sind Spott und Verachtung die Speise, die den Juden von den heidnischen Oberherren serviert wird. Zu lange haben sie die verletzenden und ätzenden Bemerkungen der Sorglosen ertragen (Sach 1,15). Zu lange haben sie unter der Arroganz der stolzen Babylonier leiden müssen, die sie gefangen hielten (Jer 50,31–32). Nun können sie es nicht mehr aushalten. Genug ist genug! Sie fühlen: Die Zeit der Befreiung ist da.
MacDonald – Kommentar zum Alten Testament
Und so schütten sie ihr drängendes Gebet vor dem aus, der ihre einzige Zuflucht und Sicherheit in einer Welt voll Antisemitismus und Diskriminierung ist – zu dem Freund der Unterdrückten und Niedergetretenen.
לה ist dativus ethicus, wie Ps 120,6; 122,3; wörtlich: »(zu) sehr/lange für sie ist satt, satt genug = übersatt unsere Seele« (vgl. die gleiche Wendung »lange genug für sie musste wohnen meine Seele« in Ps 120,6). – Die Aufeinanderfolge der beiden determinierten Formen הלעג השׁאננים in V 4b wird entweder als appositionelle Verbindung oder als Breviloquenz erklärt (»des Spottes, nämlich des Spottes der Selbstsicheren«); andere schlagen eine leichte Textänderung vor: לשׁאננים »von Selbstsicheren« statt השׁאננים (analog לגאיונים »von Hochmütigen« in V 4c). – Das Ketiv לגאיונים (von גאיון »hochmütig«: hapax legomenon) ist dem Qere לגאי יונים (zwei Wörter: גאי status constructus Plural »die Hochmütigen«, יונים Partizip Plural »die Unterdrücker«) vorzuziehen; dass der Qere-Vorschlag darauf abziele, in den יוֹנִים eine Anspielung auf die יְיָנִים »Griechen« = »die hellenistischen Herrscher« des 3. und 2. Jh. zu meiden, ist wegen der lautlichen Differenz wenig wahrscheinlich; eher könnte das Qere durch sprachliche Gründe ausgelöst sein (die Vokalisierung des Ketiv müsste lauten: לְגַאֲיוֹנִים).
Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament
»reichlich ist unsere Seele gesättigt«: Zweimal haben die Knechte um Gottes Gnade gebeten, zweimal wiederholen sie auch ihre Klage. So groß und so vielfältig die Bedrängnis eines Pilgers auch sein mag, die »mannigfaltige Gnade Gottes« (1Petr 4,10) genügt. Und dem »Gott aller Gnade« (1Petr 5,10) darf der bedrängte Heilige seinen Schmerz klagen. Er muss sich nicht verstellen; er muss seinen Kummer nicht verbergen; aber er muss ihn dem Herrn sagen. Und er muss es im Glauben sagen (Jak 1,6), das heißt im Vertrauen, dass Gott immer in Weisheit, in Treue und in Liebe handelt. Wie dumm sind wir, wenn wir den Gram in uns hineinfressen oder wenn wir unser Leid den Menschen klagen, aber nicht dem, der alles weiß und alles lenkt! »Vertraut auf ihn allezeit, o Volk! Schüttet euer Herz vor ihm aus! Gott ist unsere Zuflucht« (Ps 62,9).
Benedikt Peters – Die Psalmen
»mit dem Spott der Sorglosen«: Der stumme Spott der Sorglosen, die Gott vergessen und die Heiligen verachten, stach einen heiligen Mann wie Asaph (Ps 73,21). Es quälte die Gerechten in den Tagen Maleachis, als andere Gott versuchten und davonkamen (Mal 3,15). Auch Hiob, der Knecht des HERRN, litt unter dem Unverstand seiner Freunde: »Ich muss einer sein, der seinem Freund zum Gespött ist … der Gerechte, Vollkommene ist zum Gespött! … Die Zelte der Verwüster sind in Ruhe, und Sicherheit gibt es für die, die Gott reizen« (Hi 12,4.6). Wie brannte der Spott der Feinde der Juden, die keine Verbannung gekannt und den Kummer und die Mühsal der Zurückgekehrten nie gekostet hatten, Nehemia in der Seele, sodass er nicht anders konnte, als zu seinem Gott zu rufen: »Höre, unser Gott, denn wir sind zur Verachtung geworden …« (Neh 3,36). Wir haben alle seine Gnade nötig, und sie wird uns frei gegeben, wenn wir sie erbeten. Darum rufen wir zu ihm und erfahren immer wieder, dass in seiner Gegenwart Bitteres süß wird und dass der Spott der Sorglosen unsere Freude im Herrn nur mehren kann.
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V. 4 – »Wer Spott und Verachtung recht tragen und um Christi und Gottes Ehre willen erdulden kann, der hat ein großes Stück vom wahren Christentum erlangt« (Starke, zitiert bei Dächsel).
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V. 4 – »die Sorglosen«: šaᵓanân, wie in Jes 32,9; Am 6,1; Sach 1,15; vom Verbalstamm šᵓn, »ruhig, wohlgemut sein« (Jer 30,10; Spr 1,33; Hi 3,18).
»die Stolzen«: gaᵓajônîm, von gaᵓajôn, »stolz«, das nur an dieser Stelle belegt ist. Es ist abgeleitet vom Verb gaᵓâh, »sich erheben«, das auch das Nomen gêᵓâh, »Hochmut« (Spr 8,13), bildet. Die Masoreten haben das Wort gemäß dem Qere in zwei Wörter zerlegt und gəᵓêj jônîm vokalisiert: »die Stolzen der Unterdrücker«.
Psalm 123 ist kurz und repetitiv. Er sagt uns in den Versen 3-4, dass die Bedrängnis durch den Spott der Hochmütigen verursacht wurde … durch die Verachtung der Stolzen. Auch hier gibt es eine Verbindung zu Nehemias Geschichte (siehe Ne 2,19-20; 4,1-6). Der Vergleich zwischen denen, die zu Gott beten, und den Sklaven besteht darin, dass beide nach Hilfe suchen. Wo sich reale Macht und Bosheit gegen eine gerechte Sache richten, weiß das Volk Gottes, was zu tun ist. Sie bleiben geduldig bei ihrer Aufgabe und beten unablässig zu ihrem Gott um Erbarmen .
NIV Bible Speaks Today
Erbarme dich endlich über uns, Herr. Das Warten auf Barmherzigkeit (V. 2) wird zu einem Gebet: Erbarme dich unser. Die spezifische Barmherzigkeit ist die Befreiung von denen, die den gläubigen Pilgern Verachtung und Hohn entgegenbringen. Diejenigen, die es sich bequem machen, können sich auf die untreuen Israeliten beziehen, die sich nicht um Frömmigkeit bemühen und stattdessen lieber den Luxus genießen (z. B. Jes 32,9; Amos 6,1), oder sie können sich auf die Heiden beziehen, die dem wahren Gott gegenüber gleichgültig sind (Sach 1,15). Ebenso sind die Stolzen hochmütig in ihrem Unglauben (vgl. Ps 94,2). Zu vielen Zeiten in der Geschichte des Volkes Gottes wurde es von den Machthabern bedroht.
Crossway Bibles 2008
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