Was schreibt die Presse über den Kongreß?
Der Tagesspiegel berichtete am 10.07.:
Zehntausende Zeugen Jehovas im Olympiastadion
50.000 Zeugen Jehovas sind zum Internationalen Kongress nach Berlin gereist. Die Teilnehmer tagen noch bis Sonntag in der WM-Arena.
„Erweist euch als solche, die bereit sind“ – dieses mahnende Tagesmotto begleitet an diesem Freitag 50 000 Menschen auf ihrem Weg ins Olympiastadion, wo noch bis Sonntag nach elf Jahren Pause wieder ein „Internationaler Kongress“ der Zeugen Jehovas stattfindet. Die Großveranstaltung, die unter dem Leitsatz „Wacht beständig!“ steht, wird parallel auch in Hamburg, Dortmund und München abgehalten. Insgesamt in Deutschland mehr als 210 000 Mitglieder aus 25 Ländern erwartet, der Kongress ist öffentlich.
„Nach Berlin kommen viele Delegierte aus osteuropäischen Ländern, Skandinavien, Großbritannien, den USA und natürlich aus Deutschland“, sagt Sprecher Konrad Dinse. 500 Busse sind im Einsatz, um die Besucher in die Stadt zu bringen. Weil die S-Bahn nur eingeschränkt fährt, scheinen viele auf die U-Bahn ausgewichen zu sein; die Züge der Linie U2 zum Olympiastadion waren sehr voll. Dort fand am Donnerstagnachmittag die Auftaktveranstaltung statt.
Etwa 60 Gemeinden mit je bis zu 70 Mitgliedern gibt es in Berlin, wo die Glaubensgemeinschaft nach einem 15-jährigen Rechtsstreit seit Juni 2006 als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wird. Bei den etwa 4000 Berliner Mitgliedern wohnt ein Fünftel der Besucher an diesem Wochenende, die anderen 40 000 übernachten in Hotels, meist leicht erkennbar an ihrem blau-weißen Namensschildchen, das sie tragen.
Die Zeugen Jehovas gelten als äußerst wachsam gegenüber den Anzeichen eines nahenden „Endes aller Dinge“, das von der Gemeinschaft in den letzten hundert Jahren mehrfach prophezeit worden war. Nachdem das vorhergesagte Weltende unter anderem 1914, 1925 und 1975 nicht eingetroffen war, verzichtet die Organisation auf konkrete Jahresnennungen. Auch vor den „Verführungen“ des modernen Lebens wie Sex vor der Ehe, Alkohol-, Medien- oder Drogenkonsum sind die Zeugen Jehovas stets auf der Hut, ein Hochschulbesuch der eigenen Kinder wird, vermeintlich wegen des angeblichen unmoralischen Lebenswandels der Studierenden, von den meisten Familien abgelehnt.
Im Olympiastadion finden auf vier deutsch-, englisch-, polnisch- und russischsprachigen Bühnen zahlreiche Vorträge statt. Am Sonntag dreht sich alles um die Frage: „Wie kann man das Ende der Welt überleben?“ Eva Kalwa
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 10.07.2009)
Im OnlineBlog des Tagesspiegel gab es eine heftige Diskussion um den Artikel
Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 11.7.
Wachsam im Olympiastadion
11.07.2009Von Sarina Pfauth
„Wacht beständig!“ Im Münchner Olympiastadion treffen sich Zehntausende Anhänger der Zeugen Jehovas zu einem Kongress.
Ein Besuch.Es ist ein würdiger Anlass, sagt Peter Glowotz. Deshalb hat er sich einen Anzug angezogen und eine Krawatte umgebunden. Peter Glowotz ist ein älterer Herr aus Mering, ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Kongress „Wacht beständig“ und von Kindesbeinen an bei den Zeugen Jehovas.
40.000 Anhänger der Religionsgemeinschaft sind wie er nach München gekommen, die meisten aus Deutschland, aber auch Delegationen aus Italien, Frankreich, den USA und Japan. Zeitgleich finden in fünf deutschen Städten solche Kongresse statt – alle haben das gleiche Programm, die gleiche Botschaft.
„Der Kongress wird helfen, deutlich zu machen, in welcher Zeit wir leben“, sagt der Redner unten auf dem Rasen des großen Olympiastadions, der von den Rängen nur stecknadelkopfgroß zu sehen ist. Es geht in seinem Vortrag um das Ende der Welt und um die Verführungen, die den Zeugen Jehova bis dahin lauern: Vergnügungen, zu viel essen und trinken zum Beispiel. Der Sprecher warnt mit eindringlicher Stimme: „Wacht beständig!“
Seine Zuhörer sind Männer, Frauen und Kinder. Sie haben Notizbücher auf den Knien und schreiben eifrig mit. Eine gebrechliche Großmutter läuft am Arm ihrer Enkelin, die hohe Pumps trägt, Richtung Toilette. Eine hochschwangere Mutter schiebt ihre zwei kleinen Töchter vor sich her. Alle hier tragen Feststagskleidung, die Männer dunkle Anzügen, die Frauen Röcke, Kleider – oder Kimonos.
Beim Programmpunkt mit dem Titel „Kongresse helfen uns, wachsam zu bleiben“ erzählen mehrere Mitglieder von ihren bisherigen Glaubenserfahrungen. Unter anderem ein neunjähriges Kind, das vom Predigtdienst schwärmt, von den Brüdern und Schwestern und von den Kongressen, von denen es noch nie einen verpasst habe. Es ist keine Kunst zu hören, dass die Sätze auswendig gelernt sind. Der Moderator sagt ab und zu: „Genau!“.
Es ist ein großes Event im Olympiastadion, alles ist genau durchgeplant. Vier Tage lang hören hier die Zeugen Jehovas „Ermunterungen“, wie Glowotz es nennt, „den Blick auf bestimmte Dinge gerichtet zu halten“.
Die Botschaft, die hier verkündigt wird, ist es, die die Zeugen Jehovas zusammenhält. Diese Botschaft macht Rudi Forstmeier, den Beauftragten zur Beratung über neue religiöse Bewegungen der Evangelischen Kirche in München, allerdings besorgt: Die Zeugen Jehovas haben den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Deshalb wollen sie nicht Sekte genannt werden, erzählt er.
Forstmeier hält „Sekte“ jedoch nach wie vor für eine sehr treffende Bezeichnung. „Die Zeugen Jehovas halten sich für die einzig Auserwählten, das ist ein klassisches Sektenmerkmal.“
Alle christlichen Kirchen haben die Botschafft, dass es ein Jüngstes Gericht geben wird und die Menschen bereit sein sollen. Die Zeugen Jehovas aber glauben, als einzige die Wahrheit erkannt zu haben. Wer nicht zu dieser Religionsgemeinschaft gehört, so denken sie, wird in Bälde durch ein göttliches Gericht vernichtet.
„Ich habe schon den Eindruck, dass dort Leute unter Druck gesetzt werden – nicht physisch, aber moralisch und psychisch“, sagt Forstmeier. Ein Vertreter der Zeugen Jehovas habe ihm einmal erzählt, dass jeder Gläubige frei entscheiden könne, ob er Blutkonserven annimmt.
Er habe dann die Wahl, entweder sein Leben auf der Erde noch einige Jahre zu verlängern oder ewiges Leben zu bekommen. Mit Blutkonserve Vernichtung, ohne Blutkonserve Paradies: „Das ist eine sehr relative Freiheit“, findet Forstmeier.
Diese „relative Freiheit“ mache auch das Austreten so schwierig, sagt der Sekten-Experte: „Es ist nicht einfach, wenn man jahrelang geglaubt hat, dass nur die Mitglieder dieser Gemeinde die kommende Katastrophe überleben. Man muss diesen Glauben wirklich ablegen.“
rbb-Nachrichten berichteten:Religion
Zeugen Jehovas-Treffen im Olympiastadion
Zum Auftakt eines Internationalen Kongresses haben sich am Donnerstag tausende Anhänger der Zeugen Jehovas im Berliner Olympiastadion versammelt. Die Religionsgemeinschaft sprach von rund 50.000 Teilnehmern aus vielen Nationen.Bei dem Treffen, das bis zum Sonntag dauert, werden nach Angaben der Religionsgemeinschaft biblische Themen behandelt und in die heutige Zeit übertragen.
Zeitgleich zu der Veranstaltung in Berlin finden Treffen in Hamburg, Dortmund, Frankfurt und München statt.
Die Zeugen Jehovas sind eine christliche Religionsgemeinschaft, die sich im 19. Jahrhundert in den USA gründete. Sie zählt in Deutschland mehr als 100.000 Gläubige.
Stand vom 09.07.2009
der Berliner Kurier berichtete heute:
50 000 Gläubige im Olympiastadion
Das Woodstock der Zeugen Jehovas
50 000 treffen sich im Berliner OlympiastadionBerlin – Als Zeuge Jehovas ist man in Berlin fast so einsam wie ein Hippie in Bagdad. Und jetzt das: Ein riesiges Festival, das ganze Olympiastadion ist voll, begeisterte Leute von überall, beten, singen, ein wahres Glaubens-Woodstock.
Mit einer Engelsgeduld nehmen die 50 000 Besucher (bleiben noch bis Sonntag) das S-Bahn-Chaos auf sich, um zum Stadion zu kommen, kein Fluch ist zu hören von den Menschen mit den blau-weißen Namensschildchen aus ganz Europa, alle Achtung, die meinen es wirklich ernst mit ihren Geboten. 4000 Zeugen Jehovas gibt es angeblich in Berlin, bei ihnen wohnen 10 000 der Besucher, der Rest füllt die Berliner Hotels, die ganze Branche sagt Halleluja in dieser schweren Zeit. Und was machen die Zeugen hier?
„Wacht beständig“, das ist der Titel ihres Kongresses, das ist auch ein Teil ihrer sonstigen Hauptbeschäftigung: Auf Zeichen achten, dass Jesus still und heimlich in die Welt zurückgekommen ist, nur Berufene können es erkennen, und darum geht’s: Dass man im entscheidenden Moment zu den Glücklichen gehört! In der DDR waren die Zeugen Jehovas übrigens verboten, seit 2006 sind sie in Berlin eine anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts.