…dann gibt es häufig eine Nachricht, wie viele Menschen gestorben sind. Aber wer hat „Achtung“ vor einem Piloten?
Andere Menschen verlangen „Achtung“ und stellen sich oft auf Gottes Platz – und machen ungestraft Fehler!?!
Diese Meldung kam gerade auf n-tv. Nicht nur Lesenswert sondern vom Inhalt auch selbst so erlebt.
„Genügend eigene Sachkunde“
Justizskandale und ihre Ursachen
Es passiert immer wieder, dass unschuldige Menschen verurteilt werden und ins Gefängnis gehen. Die dort verlorenen Jahre können nicht mehr aufgeholt werden. Aber wie kann es dazu kommen, dass Menschen zu Unrecht verurteilt werden?
Für Sabine Rückert ist es erschreckend leicht, im Gefängnis zu landen. Und zwar als Unschuldige, als Opfer eines Justizirrtums. „Das sind keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern das ist ein richtiges Problem“, ist die Gerichtsreporterin der Wochenzeitung „Die Zeit“ überzeugt. Zig verlorene Jahre hinter Gittern können die Folge sein, der berufliche und soziale Ruin. Doch wie kommt es zu solchen Fehlurteilen – und wie könnten sie verhindert werden?
Die Justiz kann sich irren, natürlich. Alles andere wäre eine „geradezu naive Vorstellung“, sagte der Kieler Psychologie-Professor und Gutachter Günter Köhnken bei der Rechtspsychologie-Tagung „Auf der Suche nach der Wahrheit“ im hessischen Gießen. Bei den Ursachen für Fehlurteile wisse er gar nicht, „wo ich anfangen und wo ich aufhören soll“. Dass sich manche Gerichte sogar bei psychologischen Beurteilungen – etwa zur Frage, wie zuverlässig die Aussage eines Augenzeugen ist – „genügend eigene Sachkunde“ attestieren, hält Köhnken für ein riesiges Manko. Und wundert sich zudem, „mit welcher fast grenzenloser Naivität falsche Geständnisse verwendet werden“.
Akribisch arbeiten – fast unmöglich
Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Frankfurt, Christoph Gebhardt, macht einerseits Mängel beim juristischen Wissen für Justizirrtümer verantwortlich: „Da kennt jemand das Recht nicht.“ Das reiche von „leichter Fahrlässigkeit“, wie Gebhardt im Juristenjargon sagt, bis hin zum „bedingten Vorsatz“ – dass nämlich Akten einfach nicht gelesen werden. Dazu komme das Problem der „unzureichenden Sachaufklärung“: Die Ermittler ordneten Erkenntnisse häufig schlicht in ihr – frühes – Bild von der Tat ein. „Dagegen hilft nur, akribisch am Sachverhalt zu arbeiten“, sagt Gebhardt.
Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Klaus Pförtner sieht vor allem die „Berge von Arbeit“ in der Justiz als Hauptschuldigen. Die „unmöglichen Zustände in der Strafjustiz“ ließen es gar nicht zu, „akribisch jede Akte zu bearbeiten“. Und auch die öffentliche Meinung spiele eine Rolle: „Der Stammtisch erwartet keinen Freispruch, sondern dass ein Richter zupackt.“
Opferaussagen oberflächlich behandelt
Doch selbst innerhalb der Justiz scheint das Thema umstritten – abhängig von der Rolle der Beteiligten. Als Pförtner betont, dass es seiner Meinung nach „gar nicht so sehr viele“ Justizirrtümer gebe, kommt es prompt zu einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Hamburger Verteidiger Johann Schwenn. Wie Pförtner diese Behauptung belegen wolle?, poltert der Anwalt. Schließlich würden in Deutschland Jahr für Jahr etwa 90 für falsch erkannte Urteile aufgehoben. Als Verteidiger beklagt Schwenn vielmehr eine Art „Coaching“ von Opfern, um vor Gericht glaubwürdiger zu wirken, als Gefahr bei der Wahrheitsfindung.
Auch die Journalistin Rückert kritisiert die Beurteilung von Opferaussagen als „häufig sehr oberflächlich“. Den wahren Motiven gingen oft weder Psychologen noch Juristen auf den Grund: „Ich habe immer wieder erlebt, dass unter der offensichtlichen Motivlage eine ganz andere lag.“ Nach der Recherche für ihr Buch „Unrecht im Namen des Volkes: Ein Justizirrtum und seine Folgen“ sei sie überzeugt, dass es Fehlurteile vor allem bei Sexualstraftaten gebe und bei Prozessen, in denen Aussage gegen Aussage stehe.
Der Gießener Psychologie-Professor Siegfried Sporer hält generell mehr Skepsis bei Aussagen in Gerichtsverfahren für angebracht: „Wir glauben Aussagen zu viel, ob irrtümlichen oder gelogenen.“ Doch trotz aller Kritik: Wenn er je Verdächtiger wäre, betonte Sporer, dann lieber im deutschen Rechtssystem als im amerikanischen. „In den USA kann doch relativ viel schiefgehen.“
Julia Ranniko, dpa
Nun – dann doch lieber einen barmherzigen und gerechten Richter – wenn möglich einen himmlischen, der sich auch seiner Taten bewußt ist!
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