Man kennt Kleidergröße und Urlaubsfotos des anderen, bevor man sich auch nur ein Mal getroffen hat.Die Zeiten von Blickkontakt und Anlächeln sind vorbei, junge Leute daten sich heute in Netzwerken wie Facebook.Und das ist kompliziertFrüher, ganz früher, da war man „zusammen“, wenn man die Eltern des anderen kennenlernen durfte. Musste.
Man kennt Kleidergröße und Urlaubsfotos des anderen, bevor man sich auch nur ein Mal getroffen hat. Die Zeiten von Blickkontakt und Anlächeln sind vorbei, junge Leute daten sich heute in Netzwerken wie Facebook. Und das ist kompliziert. Früher, ganz früher, da war man „zusammen“, wenn man die Eltern des anderen kennenlernen durfte. Musste. Heute ist eine Beziehung ernst, wenn beide ihren „Beziehungsstatus“ bei StudiVZ oder Facebook ändern.
Die beiden Online-Netzwerke sollten ursprünglich das Kennenlernen unter Studenten vereinfachen, per Klick kann man zum „Freund“ werden. In diversen Gruppen kann man sich unterhalten und Bilder zeigen – so spielen zurzeit Zigtausende Facebook-Nutzer das „Lying Down Game“ und tauschen Fotos, die sie liegend an möglichst skurrilen Orten zeigen.
Aber das Wichtigste ist: Jeder Nutzer besitzt eine Profilseite, auf der er sich vorstellt – eben bis hin zum „Beziehungsstatus“. Im StudiVZ heißt es dann unter der Rubrik „Persönliches/Beziehungsstatus“: vergeben. Facebook zeigt allen Freunden auf der Startseite an: Philipp ist jetzt in einer Beziehung. Er kann auch angeben, mit wem. Daneben ein rotes Herz.
Klingt ganz nett und einfach? Ist es aber nicht. Soziale Netzwerke machen Frauen das Dating-Leben schwer. Das fängt schon beim Kennenlernen an. Wenn ein Mann etwas von mir will, soll er den Mut haben, mich anzusprechen. Im Sinne von anschauen, Hemmung überwinden, hingehen, Mund öffnen und Wörter sagen. Leider ist es inzwischen immer mehr so, dass ich beim Einloggen ins StudiVZ eine Meldung erhalte: Manuel hat dich gegruschelt. Hierfür reicht ein Klick auf mein Profil. Gruscheln ist eine Wortschöpfung aus grüßen und kuscheln, die sich StudiVZ sogar hat patentieren lassen. Ich kann nun zurückgruscheln oder auf „ausblenden“ klicken.
Leonard Baumgardt, ein Jurist, der sich selbst „Online Dating Coach“ nennt, hat das E-Book „VZAppeal – Frauen bezaubern im StudiVZ“ geschrieben und sieht das Prozedere so: „Gruscheln ist das Äquivalent zum Blickkontakt im echten Leben. Er gruschelt sie, wenn sie zurückgruschelt, dann kann er sie ansprechen.“ Anschreiben. Ein Vorgehen für Weicheier? Auch Baumgardt findet: „Natürlich ist ein solches Ansprechen für die Frau weniger wert, da es ihn viel weniger Mut kostet.“
Ich war schon auf Partys und habe am nächsten Tag Nachrichten von mir völlig Unbekannten bekommen: „Wir waren gestern beide bei Manuel. Wie geht’s dir?“ Es reicht die Kenntnis eines Vornamens, um ihm das Gefühl zu geben: Ich muss sie heute Abend nicht ansprechen, ich suche sie dann morgen im Internet.
Das Online-Anschreiben gipfelt oftmals in geistreichen Ergüssen wie: „Na, wie geht’s?“, „Hey Süße!“ oder gar „Schreibst du?“ So etwas muss unbeantwortet bleiben.
Um Männern dabei zu helfen, erfolgreicher zu mailen, hat Baumgardt (selbst übrigens Single) sein E-Book veröffentlicht. Das kann gegen Gebühr heruntergeladen werden und bietet sogar Muster-Mails, deren Erfolg der 26-Jährige verspricht und auch getestet haben will. Fragt sich nur, an wem. Als erste Kontaktaufnahme empfiehlt er zum Beispiel: „Ich muss sagen, du hast eine interessante Nase.“ Das soll sie aus der Reserve locken.
Wünscht man sich da nicht ein ganz altmodisches Kennenlernen à la „Möchtest du etwas trinken?“, nachdem man sich zu Hause chic gemacht hat, um auszugehen und klassisch angebaggert zu werden?
Stattdessen geht es um Profiloptimierung. Oder wie im Film „Er steht einfach nicht auf dich“ so nett gesagt wird: „Wenn ich mich für das andere Geschlecht attraktiver und begehrenswerter machen will, dann gehe ich nicht los und lasse mir die Haare schneiden, sondern ich frisiere mein Profil.“
Wenn man sich dann kennengelernt hat, wie und wo auch immer, geht der Stress durch StudiVZ und Co. aber erst richtig los. Kaum weiß man den Namen des anderen, wird er im Internet gesucht. Facebook ist hier eher ungeeignet, da man die meisten Nutzerprofile nicht einsehen kann, solange man nicht „befreundet“ ist. Im StudiVZ ist meist mehr sichtbar. Wie viele Freunde hat er, in welchen Gruppen ist er Mitglied, was zeigen seine Fotos?
Man kann so leicht herauslesen, was er mag, wie er tickt – und er umgekehrt genauso. Ein erstes Date wird danach oft recht unspannend: Ich war voriges Jahr in New York. Ja, ich weiß, hab ich schon in deinem Fotoalbum gesehen. Ach so.
Welches Mädchen schreibt was auf seine Pinnwand? Und was antwortet er? Ärgerlich ist, wenn dieses Mädchen seine Seite für Nicht-Freunde gesperrt hat. Dann muss man sich aus einer Kommunikations-Hälfte seine Antworten zusammenreimen. Das ist nicht immer einfach. Auch möchte man ihm nicht zu früh die Freundschaft anbieten. Wenn er es aber nicht tut, bleibt sein Profil und damit so viele Informationen unsichtbar. Ich habe eine Freundin, die sich für solche Situationen ein Spionage-Profil angelegt hat. „Christiane“ heißt ihr Phantom, als Bild dient eine Disney-Prinzessin. Diese bietet dann dem jeweiligen Objekt der Begierde die Freundschaft an. Dann können sämtliche Online-Aktivitäten kontrolliert werden.
Facebook, zunächst cyberstalking-unfreundlich, bietet so viele Informationen, wenn man denn erst mal „befreundet“ ist. Wann ist er online? Wie lange? Was macht er? Das lässt sich tatsächlich mitverfolgen, denn Facebook verkündet alle Aktivitäten auf seiner Profil-Seite: Michael hat ein Foto kommentiert (welches?), Michael gefällt ein Link (warum?), Michael hat ein Foto hochgeladen. Wenn er doch Zeit hat, bei Facebook diverse Quiz zu machen, warum antwortet er dann nicht auf ihre Nachricht?
Aber bevor hier Mitleid mit den Ausspionierten aufkommt: Männer sind noch viel schlimmer. Ein Freund erzählte mir, dass es unter seinen Kumpels weit verbreitet sei, Fake-Profile mit den Fotos weiblicher Models zu kreieren. Von diesen Profilen aus schreiben sie sich dann selbst Nachrichten auf die Pinnwand wie: „Toll, dich kennengelernt zu haben, war wirklich ein schöner Abend.“ „Echte“ Frauen sollen ihn dann für einen tollen Typen halten.
Auch kleine Notlügen müssen im Zeitalter der Online-Netzwerke viel besser geplant und abgestimmt werden. Er schickt eine SMS, er sei im Stress – postet aber: „Mir ist langweilig“. Er ist entlarvt. Man fühlt sich schlecht. Und überprüft, ob er im StudiVZ vielleicht etwas anderes postet. Doch auch andersrum muss man aufpassen. Einen hartnäckigen Verehrer versuchte ich zu vertrösten, indem ich ihm sagte, ich sei ab sofort für drei Monate in München. Tatsächlich fuhr ich erst Wochen später, was ich dann online verkündete. Auch ihm.
Selbst nach ein paar echten Dates wird es durch die Portale nicht entspannter. Er will sich melden. Zählt es schon, wenn er mich gegruschelt hat? Nein! Manch einer möchte einem gar weismachen, er habe sich „gemeldet“, da er schließlich das Profil angeklickt habe.
Einst schrieb mir jemand, den ich einige Wochen kannte: „Ich war in Paris und habe Steven Spielberg gesehen!“ Seine Schwester hinterließ ihm ungefähr zur gleichen Zeit ein „Wow!“ auf seiner Pinnwand, woraufhin ich natürlich ihre durchsuchte. Da schrieb er (unvorsichtig): „Ich lief mit einem Mädchen durch Paris und habe Spielberg gesehen.“ Eine Formulierung, die viel Raum lässt für Spekulationen. Und Online-Recherche. Welche seiner Facebook-Freundinnen könnte gerade in Paris sein? Wie viele Mädchen in Paris kennt er? Und was posten die?
So vergehen leicht ein paar Stunden. Stunden, in denen man sich vor sich selbst peinlich ist. Die einen nicht weiterbringen und deren vermeintliche Erkenntnisse einem nicht wirklich nutzen. Zu viel muss man interpretieren, zu viel interpretiert man fehl. Es sind Stunden, in denen man goldfroh ist, dass er nicht weiß, was man gerade macht.
Doch man macht es, weil man es heute kann. Chattet im sogenannten Plauderkasten von StudiVZ, befreundet sich online, bevor man sich real richtig kennt, schickt SMS, in denen man verabredet, sich bei Facebook zu „treffen“.
Alles läuft schriftlich, online, virtuell. Mary aus „Er steht einfach nicht auf dich“ jammert: „Ich weine der Zeit nach, als man nur eine Telefonnummer hatte. Heute loggt man sich überall ein und checkt verschiedenste Portale, nur um sich über sieben Geräte eine Abfuhr zu holen. Das ist anstrengend.“ Das ist es. Doch eines ist dann zumindest klar. Man weiß genau, wenn es vorbei ist. Wenn der Ex sein Profil ändert und auf der Facebook-Startseite dann ein zerbrochenes Herz erscheint.
Die hier beschriebenen Dinge gelten sicherlich auch für schülerVZ.
Deswegen interessant, weil die Zeitschriften WT und Erwachet schon seit Jahren davor warnt, sich in sogenannten Communitys und oder auch Charts zu bewegen, weil man ja nicht wirklich weiß, mit wem man da spricht.
Ausserdem wurden auf dem Kreiskongress „unsere geistige Gesinnung bewahren“ in einer Vortragsreihe unter dem Unterpunkt „Zeiträuber meiden“ solche Dinge angesprochen.
Wir sollten also sehr umsichtig sein, wenn wir uns im Internet bewegen und uns auch dessen bewußt sein, dass unsere Daten, die wir irgendwann mal – selbst wenn es aus Jux ist – im Net hinterlassen – auch noch nach Jahren gelesen werden können (selbst wenn wir sie zwischenzeitlich gelöscht haben) und dass potientelle Arbeitgeber vor einem Einstellungsgespräch nach uns googeln und uns dann entsprechned beurteilen.
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