Jesus und die Ehebrecherin (Johannes 8:1 ff)

Immer wieder lese ich in Foren und Website, dass die Frau, von der in Johannes 8:1-11 berichtet wird, nach dem mosaischen Gesetz hätte gesteinigt werden müssen…
Doch ist dem wirklich so – oder zeigt derjenige, der dies behauptet einfach nur, dass er das mosaische Gesetz nicht kennt? Und wenn es Mose vorgeschrieben hat, haben wir dann nicht hier einen Punkt gefunden, wo Jesus Christus gegen das Gesetz verstoßen hat??

Um es kurz zu machen, habe ich hier aus einem Vortrag von Arnold Fruchtenbaum den jüdischen Hintergrund reinkopiert:

Lasst uns noch ein weiteres Beispiel anschauen, Johannes 8, 1-11. Wie wir gesagt haben, hatten die Pharisäer nie die Möglichkeit, Jesus wegen der Übertretung eines mosaischen Gesetzes anzuklagen, nur wegen der Übertretung des Mischna-Gesetzes und das machte keinen Eindruck auf ihn. Was nun hier geschieht, ist ihr Versuch, Jesus dazu zu bringen, etwas gegen das mosaisches Gesetz zu sagen. Es wird ihr einziger Versuch bleiben. In den Versen 1 und 2 bringen sie eine Frau zu Jesus und sagen, dass diese des Ehebruchs schuldig sei, Vers 3. Und in Vers 4 sagen sie: „Meister, diese Frau ist während der Tat beim Ehebruch ertappt worden.“ Sie wollen damit Jesus wissen lassen, dass es keinen Zweifel an ihrer Schuld gibt. Sie stellen den Punkt heraus, dass sie auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt wurde. Nun, Vers 6 sagt uns, dass sie dies sagten, um ihn zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten. Der Punkt dieses Verses ist, dass dies lediglich eine Falle war, denn mit der Art und Weise, wie sie diesen Fall vorbrachten, haben sie sich selber verraten, weil sie sagten, sie hätten sie auf frischer Tat ertappt. Nun man kann beim Ehebruch nicht auf frischer Tat ertappt werden, wenn nicht wenigstens zwei Leute daran beteiligt sind. Es ist möglich einen Einzelnen anzuklagen, aber um auf frischer Tat ertappt zu werden, bedarf es mindestens zwei Personen. Nun, ich lebe in Kalifornien und dort sind es gewöhnlich drei oder mehr. Also wo ist die andere Hälfte dieser Beziehung? Aber das ist ja nicht ihr Ziel.
In Vers 5 sagen sie zu ihm, dass Mose im Gesetz geboten hat, so jemanden zu steinigen. Und sie fragen ihn, was denn er dazu sagt. Nun, hier geht es nicht um die Überlieferung der Alten, hier geht es um das Gesetz von Mose. Und sie möchten ihn dazu bringen, etwas zu sagen, das dem Gesetz Mose widerspricht. Wenn sie erfolgreich wären, würde dies seinen eigenen Anspruch, das Gesetz vollkommen zu halten, wertlos machen. Zuerst antwortet Jesus gar nichts. Vers 6 sagt, dass er sich bückte und mit dem Finger auf die Erde schrieb. Sie fuhren damit fort eine Antwort von ihm zu verlangen. Er gab ihnen aber keine, denn in Vers 8 schreibt er wiederum etwas mit seinem Finger auf den Boden. Ich finde es sehr interessant, wie viele Kommentare über das Johannesevangelium uns zu erzählen versuchen, was er denn da geschrieben hat. Ungeachtet der zweitausend Jahre, gibt es dort wohl immer noch etwas, das sie auf dem Boden lesen können. Im griechischen Text liegt die Betonung nicht auf dem Schreiben, sondern auf dem Finger. Im Griechischen kann man dieselbe Sache auf verschiedene Weise ausdrücken, aber das, was man betonen möchte, stellt man dabei an den Anfang des Satzes. Und was hier am Anfang des Satzes steht, hat etwas mit seinem Finger zu tun. Warum liegt die Betonung auf dem Finger? Der Grund für die Betonung des Fingers ist, dass dieser Finger der Autor dieses Gesetzes ist.
Gott gab Mose 613 Gebote, 603 davon auf einer Rolle geschrieben, mit einem Stift und von einem Menschen. Aber zehn davon wurden in Stein graviert. Und vier Mal wird uns im Alten Testament gesagt, dass die zehn Gebote mit dem Finger Gottes in Stein geschrieben wurden. Eines dieser Zehn ist das Gebot gegen den Ehebruch. Also ist der Grund dafür, dass die Betonung auf dem Finger liegt, der, herauszustellen, dass er der Urheber des Gebotes ist. Er weiß ganz genau, was das Gesetz Mose über dieses Gebot sagt. Er weiß alles, was Mose über dieses Gebot gesagt hat und über seine Bestrafung. Nun, die Antwort, die er gibt, steht in Vers 7: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!“ Er sagt nicht, wer völlig sündlos ist, werfe den ersten Stein, denn wenn er das gesagt hätte, hätte er das mosaische Gesetz gebrochen. Das mosaische Gesetz erforderte keine Vollkommenheit des Ausführenden, bevor jemand hingerichtet werden konnte, ansonsten hätte niemand unter dem mosaischen Gesetz hingerichtet werden können.
Aber das mosaische Gesetz befahl ja die Hinrichtung für bestimmte Sünden. Eine davon ist der Ehebruch. Also sagt er nicht, nur wer vollkommen ist, werfe den ersten Stein, sondern er sagt hier folgendes: Wenn ihr die Frau aufgrund des mosaischen Gesetzes verurteilen wollt, dann müsst ihr sie richten auf der Basis all dessen, was das mosaische Gesetz über diese Sünde und deren Bestrafung sagt. Ja, das mosaische Gesetz sagt tatsächlich, dass jemand, der des Ehebruchs schuldig ist, gesteinigt werden muss. Aber das ist nicht alles, was Mose darüber geschrieben hat. Mose hat auch geschrieben, dass niemand zu Tode gesteinigt werden darf, außer auf die Aussage zweier oder dreier Zeugen hin. Diese haben sie hier, denn sie sagen ja, dass sie auf frischer Tat ertappt wurde. Aber auch das ist noch nicht alles, was Mose darüber geschrieben hat. Mose hat auch geschrieben, dass die zwei oder drei Zeugen, aufgrund deren Aussage jemand zu Tode gesteinigt wird, dafür verantwortlich sind, den ersten Stein zu werfen. Aber auch das ist noch nicht alles, was er schrieb. In 5 Mose 13 und ebenso in Kapitel 17, als er über die wahren und treuen Zeugen in einer Gerichtsverhandlung schrieb, führt er auch den Punkt an, dass die zwei oder drei Zeugen, auf deren Aussage hin jemand verdammt werden sollte, und die auch verantwortlich dafür waren, den ersten Stein zu werfen, nicht derselben Sünde schuldig sein durften, derentwegen sie den anderen anklagten.
Im Zusammenhang mit dem mosaischen Gesetz, und das ist der besondere Kernpunkt hier, sagt er folgendes: Wenn eure zwei Zeugen nicht der gleichen Sünde schuldig sind, dann lasst sie vorangehen und den ersten Stein werfen. Genau so wie Mose es befohlen hat. Und was geschah? Einer nach dem anderen gingen sie weg. Vielleicht traf es auf einige unter ihnen zu, dass sie nicht unschuldig waren. Vielleicht war unter ihnen derjenige, mit dem sie beim Ehebruch ertappt worden war. Schließlich blieb sie allein zurück. In Vers 11 fragt Jesus nun: Hat dich niemand verurteilt? Sie sagt: Nein, niemand Herr. Er antwortet: Dann verdamme auch ich dich nicht. Er entschuldigt nicht ihre Sünde, denn er warnt sie dann: Geh hin und sündige nicht mehr. Aber hier ging es um eine offizielle Verurteilung nach dem Gesetz Mose. Weil die zwei oder drei Zeugen nicht gewillt waren, den ersten Stein zu werfen, gab es keine legale Grundlage, sie nach dem mosaischen Gesetz zu richten. Das war der einzige Versuch, den die Pharisäer unternahmen, Jesus dazu zu bringen, dem mosaischen Gesetz zu widersprechen, und er schlug fehl. Sie versuchten das nie wieder. Von diesem Zeitpunkt an klagten sie ihn nur noch wegen der Übertretung des Mischna-Gesetzes an, wie auch schon vorher.

Ztat von:
Fruchtenbaum
Hoehepunkte im Leben Jesu aus jüdischer Sicht


Anmerkungen dazu aus anderen Nachforschungen:

Deut 17:7 „Die Hand der Zeugen soll ZUERST an ihm sein, ihn zu töten….“
Deut 13;10
Deut 19:15 ff der Zeuge darf auf KEINEN FALL selbst dieser Sünde verfallen sein

daraus folgt:
1. der Ehebrecher fehlt nur scheinbar bei dieser Geschichte …
2. mindestens einer der beiden Zeugen ist auch des Ehebruchs schuldig
3. es gab keine zwei Zeugen, die nicht des Ehebruches mit dieser Frau schuldig waren
4. da Jesus nicht Zeuge des Ehebruchs war, konnte er auch nicht den ersten Stein werfen….
außerdem gab es zusätzliche Gesetze damals, die die Zeugen noch weiter einschränkten: man musste denjenigen persönlich gewarnt haben, dass er auf eine schwere Sünde hinsteuert…und nur wenn derjenige weiterhin sündigte, durfte man diesen Anklagen. Das tut Jesus eben hier indem er ihr sagt, „sündige nicht weiter“….
da Menschen nicht gegen sich selbst aussagen durften – also nicht selbst einer Todeswürdigen Sünde anklagen durften…
… da es keine zwei Zeugen gegen die Sünderin gab, die nach dem mosaischen Gesetz als Zeugen ausgesagt hätten, gab es auch keine zwei Zeugen die die ersten Steine geworfen haben….und damit durfte/konnte Jesus nach dem mosaischen Gesetz gar nichts gegen die Sünderin unternehmen…. jedenfalls nicht mehr, als sie mündlich zu verwarnen….

Wenn man sich mit dem Gesetz auseinandersetzt, dann erkennt man schnell, dass die Geschichte des „Gemeinschaftsentzuges“ so nämlich NICHT zu begründen ist….

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