Zürnet, und sündiget nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn,
Elberfelder 1871 – Epheser 4,26
Wenn ihr zornig seid, dann macht es nicht noch schlimmer, indem ihr unversöhnlich bleibt. Laßt die Sonne nicht untergehen, ohne daß ihr euch vergeben habt.
Hoffnung für alle – 1996 – Epheser 4:26
Wenn euch Zorn erfasst, dann verhaltet euch so, dass ihr dabei keine Schuld auf euch ladet! Noch vor dem Sonnenuntergang soll euer Zorn zu Ende kommen.
Roland Werner – Das Buch – Epheser 4,26
Falsche Vorstellungen über Zorn
June Hunt – Handbuch für biblische Seelsorge
Ist Zorn immer eine Sünde? Nein. Zorn ist ursprünglich ein von Gott gegebenes Empfinden. Deine Reaktion auf dieses Empfinden bzw. wie du dieses Empfinden ausdrückst, entscheidet darüber, ob du deinem Zorn erlaubst, zur Sünde zu werden. Das Wort Gottes sagt:
EPHESER 4,26
Zürnet, und sündigt dabei nicht! Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn.
Wie kann ich vermeiden, dass ich mich schuldig fühle, wenn ich zornig werde? Du solltest deinen Zorn als Signal dafür betrachten, dass etwas nicht in Ordnung ist – wie das rote Lämpchen am Armaturenbrett deines Autos. Das Lämpchen zeigt an, dass etwas getan werden muss. Jesus wurde zornig über die Heuchelei und Starrsinnigkeit der religiösen Führer seiner Zeit und ihre übertriebene Ansicht zur Sabbatruhe, wonach das Heilen von Kranken am Sabbat bei Todesstrafe verboten war. Er stellte die verkrüppelte Hand eines Mannes am Sabbat wieder völlig her:
MARKUS 3,5
Und er blickte auf sie umher mit Zorn, betrübt über die Verhärtung ihres Herzens, und spricht zu dem Menschen: Strecke die Hand aus! Und er streckte sie aus, und seine Hand wurde wiederhergestellt.
Die vier Quellen des Zorns
Schmerz – ein verwundetes Herz. Jeder Mensch hat ein von Gott gegebenes Bedürfnis nach bedingungsloser Liebe. Wer auf irgendeine Art und Weise abgelehnt oder verletzt wird, reagiert oft damit, dass er Zorn als Schutzwall verwendet, um Menschen und negative Erfahrungen von sich fernzuhalten.
Ungerechtigkeit – ein verletztes Rechtsempfinden. Jeder von uns folgt einem inneren moralischen Code, der unser Empfinden dafür prägt, was falsch und was richtig ist. Wenn du den Eindruck hast, dass dir oder anderen (vor allem dir nahe stehenden Menschen) Unrecht getan wurde, kann das Zorn zur Folge haben. Wenn du das erlittene Unrecht nicht vergibst, wird sich der daraus resultierende unbewältigte Zorn in deinem Herzen einnisten.
Angst – die Furcht vor einer ungewissen Zukunft. Jeder Mensch wurde mit einem von Gott gegebenen Bedürfnis nach Geborgenheit erschaffen. Wenn du dir Sorgen machst, dich bedroht fühlst oder infolge einer Änderung deiner Umstände zornig wirst, dann reagierst du im Grunde genommen ängstlich. Die Ursache für ein angsterfülltes Herz ist fehlendes Vertrauen auf Gottes vollkommenen Plan für dein Leben.
Enttäuschung – deine Leistung wird abgelehnt. Jeder Mensch hat ein von Gott gegebenes inneres Bedürfnis nach Bedeutsamkeit. Wenn deine eigenen Leistungen nicht deinen Erwartungen entsprechen, ist dein Empfinden für Bedeutsamkeit bedroht. Enttäuschung über nicht erbrachte eigene Leistungen oder die Leistungen anderer ist eine Hauptursache für Zorn.
Einzig Zorn aus Hingabe und Treue zu Gott kann geduldet werden, und dabei muß man sich vor aller Versuchung, sich dabei zu versündigen, hüten. Der Apostel zitiert Psalm 4,4: »Seid erregt, und sündiget nicht! Denket nach in euren Herzen auf eurem Lager, und seid stille! (Selah).« Das hilft uns zu verstehen, daß unsere Gemeinschaft gestört wird, wenn wir die Sonne über unserem Zorn untergehen lassen; damit sündigen wir. Wir geben damit dem Teufel den Raum, in dem er wirken kann (V. 27), siehe auch 6,4. Das Kind Gottes darf sich nicht zur Nachtruhe zurückziehen und dabei die Gefühle hegen, die seinen Zorn erregt hatten.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Bei der zweiten Ermahnung geht es um die Versöhnungsbereitschaft. Zunächst wird festgestellt, dass der Christ, wenn er schon zürnt, nicht sündigen soll. Das ist schwierig genug – denn »des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist« (Jak 1,20). Trotzdem gibt es einen gerechten Zorn über Sünde (vgl. Joh 2,14ff.). Aber der Grat ist schmal, und schnell rutscht der gerechte Zorn selbst in die Sünde ab. Interessanterweise zitiert Paulus hier in V. 26 a aus dem alttestamentlichen Abendpsalm, Ps 4,5. Dort werden die Zürnenden aufgefordert, auf ihrem Nachtlager alles noch einmal zu bedenken und stille zu werden. Paulus greift diesen Zusammenhang auf. Bevor es Nacht wird, soll man den Zorn – auch den gerechten Zorn – ablegen (»Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn«, V. 26 b). Dan im Judentum mit dem Sonnenuntergang der alte Tag endet und der neue beginnt, könnte man diese Aufforderung auch so verstehen: Nehmt den Ärger des Tages nicht mit in den nächsten Tag hinein! Das anschließende »und gebt nicht Raum dem Teufel« (V. 27) wirkt inhaltlich wie eine Begründung (»weil ihr sonst dem Teufel Raum gebt«). Auch der gerechte Zorn kann von dem Teufel (wörtlich: »dem Durcheinanderwerfer«) zum Anlass genommen werden, um Bitterkeit und sündige Gedanken und Verhaltensweisen gegenüber dem Nächsten aufkommen zu lassen. Deshalb ist es als Teil der geistlichen Hygiene wichtig, dass der Christ alles, was ihn bewegt und erregt hat, täglich noch vor der Nacht an Gott abgibt – und es dort auch lässt!
Edition C
Zürnet, aber sündigt nicht. Die Sonne gehe über eurer Erbitterung nicht unter, und gebt dem Verkläger nicht Raum. Schon beim Wort über die Wahrheit hat Paulus einen Spruch der Schrift zwar nicht zitiert, aber im Sinn gehabt, Sacharja 8,16; ähnlich liegt ihm jezt Psalm 4,5 im Sinn. Er spricht seine Regeln gern durch die wohlbekannten Worte der Schrift aus. Durch das verkehrte Verfahren der anderen erhalten wir oft Grund und Recht zum Zorn; dann haben wir aber sorgsam darauf zu achten, daß wir aus ihm keine Versündigung machen. Es ist immer ein gefährlicher Vorgang, wenn der Zorn in uns aufwallt; dann ist uns das Sündigen nahe; dann brauchen wir Wachsamkeit, die nicht nur auf die Bosheit der anderen schaut, sondern auch darauf achtet, wo uns selber die Versündigung naht. Paulus verlangt, daß wir den Bruch der Gemeinschaft unverzüglich aufheben. Altgewordener Groll ist schwer zu tilgen. Bedarf es zur Wiederherstellung der Gemeinschaft einer Verhandlung mit dem Bruder, so sollen wir das rasch tun; können wir ohne eine solche über die Sache Meister werden, so sollen wir sofort verzeihen. Die Sache wird nur gefährlicher, wenn sie vom einen Tag zum anderen hinübergeht. Auch dieser Satz zeigt wie die Ausrottung der Lüge, daß Paulus die einträchtige Gemeinschaft mit den Brüdern zu unserem Hauptanliegen macht, dem jedes andere Interesse nachgesetzt wird. Beim Verkläger, dem wir nicht verstatten sollen, seinen Willen zu tun, denkt Paulus nicht nur an diejenigen Menschen, die auf Verleumdung und Feindschaft ausgehen und deshalb unseren Zorn benützen, um den, den er trifft, oder uns selbst zu beschimpfen. Er denkt vielmehr an den unsichtbaren Verkläger, dem wir dadurch über den Bruder, dem wir zürnen, und über uns selbst Macht einräumen. Im Zorn tun wir selbst vor Gott gegen den Bruder, was der Verkläger tut, und halten ihm sein Unrecht vor, damit es seinen Lohn bekomme. Wir bringen aber auch uns selbst in Gefahr, wenn wir nicht in Gottes Gnade und Barmherzigkeit bleiben, weil Gottes Barmherzigkeit nicht den Unbarmherzigen, sondern den Barmherzigen gehört. Es ist bei uns selbst Schuld genug vorhanden, die aufwachen kann, wenn wir den anderen die Vergebung versagen.
Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament
Dem engen Zusammenhang zwischen Vers 26 und 27 können wir entnehmen, daß Zorn gegenüber dem Nächsten eigentlich das Werk des Teufels ist (4,27.31). Die Warnung vor Zorn wird in Vers 26a durch das Zitat aus Ps. 4,5 ausgedrückt. Der Gerechte fordert dort seine Widersacher auf, ihren Zorn zu stillen und ihre (offensichtlich falsche) Anklage nicht zu veröffentlichen. In der Septuaginta hat man den Satz einem Sprichwort angepaßt, das Zürnen praktisch erlaubt, wenn es nicht mit Sünde verbunden ist, wenn also der Mensch seinen Affekt am selben Tag bezähmt und den Zorn, mit dem er Gottes Gericht in seine Hände nehmen will, Gott überläßt (→ Eph. 6,13). Das ist der Hintergrund der Aussage vom falschen Zorn in Vers 26b.
Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament
Auch die Anweisung über den Zorn erfolgt im Rahmen eines wörtlichen Zitats aus Ps 4,5: »Wenn ihr zornig seid, so sündigt nicht.« Damit erinnert Paulus mahnend an den raschen Übergang vom Zorn zur Sünde. Das Zusammenleben (innerhalb und außerhalb der Gemeinde) schafft vielfältigen Anlaß zum Zorn (vgl. auch Jak 1,19f – möglicherweise von gegensätzlichen Meinungen im Lehrgespräch232). Während der Christ »langsam zum Zorn« (Jak 1,19) sein soll, ist im Blick auf die Vergebung Eile geboten: »Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn.« Die Mahnung zur raschen Beseitigung des Anstoßes will vor allem der verheerenden Wirkung von langandauerndem Streit wehren: »Paulus verlangt, daß wir den Bruch der Gemeinschaft unverzüglich aufheben. Alt gewordener Groll ist schwer zu tilgen. Bedarf es zur Wiederherstellung der Gemeinschaft einer Verhandlung mit dem Bruder, so sollen wir das rasch tun; können wir ohne solche über die Sache Meister werden, so sollen wir sofort verzeihen. Der Groll wird nur gefährlicher, wenn er von einem Tag in den anderen hinübergenommen wird. Auch dieser Satz zeigt wie der über die Ausrottung der Lüge, daß Paulus die einträchtige Gemeinschaft mit den Brüdern zu unserem Hauptanliegen macht, dem jedes andere Interesse nachgesetzt wird.«
Wuppertaler Studienbibel
Hinter all dem steht die Neudeutung des 5. Gebotes in der Bergpredigt Jesu (Mt 5,21ff): Demnach stellt das »Zürnen mit seinem Bruder« (derselbe Begriff wie in Eph 4,26) eine Übertretung des Tötungsverbots dar und macht des Gerichts schuldig. Das wird durch die aus dem Zorn erwachsenden Beleidigungen (»Nichtsnutz«, »Narr«) unterstrichen und mit dem »höchsten menschlichen bzw. letztem göttlichen Gericht« (»Hoher Rat«, »höllisches Feuer«) bedroht. Paulus reiht somit nicht ethische Anweisungen willkürlich aneinander, sondern argumentiert im Rahmen der Vorgaben der Zehn Gebote, die ihre entscheidende Deutung durch Jesus erfahren haben. Nach den Ausführungen zum achten (Lüge) und fünften (Töten – Zorn) Gebot folgen in V. 28 (Stehlen) und 5,3 (Ehebruch – Unzucht, sowie Habsucht) Mahnungen im Zusammenhang mit dem siebten, sechsten, sowie neunten und zehnten Gebot.
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